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Die Goldhaube

Die Krone der bürgerlichen Frau aus der Biedermeierzeit

Goldhauben wurden schon ab dem 17. Jahrhundert von Bürgerinnen in den Städten getragen, später auch auf dem Land. Anfang des 19. Jahrhunderts, zur Bieder meierzeit, erreichte die Goldhaube ihre bislang größte Bedeutung in der Trachtenkultur und etablierte sich auch im Passauer Raum. Von dort aus hat sich die Tradition auch zu uns in den Bayeri schen Wald verbreitet. Mit dem Rückgang der Trachten popularität, Anfang des 20. Jahrhunderts , gerieten auch die Goldhauben immer mehr in Vergessenheit, werden aber heute, im Aufwind eines neuen Trachtenbewußtseins, wieder gepflegt und getragen.

Die Haube besteht aus einem gefütterten Drahtgerüst, sie ist mit goldfarbenen Materialien reich verziert, mit Flitter, Folien, vergoldeten Perlchen und Bouillon, also fein ausgewalztem Metall, und spiegelt so den Wohlstand der Trägerin wieder. Die Hauben, die es auch, nicht minder aufwendig hergestellt, in schwarz gibt, sind alle ähnlich aufgebaut. Das Mittelstück ist mit einer Fältelung ausgearbeitet, oben vorne sitzt der „Knauf“ mit einer gebuckelten Stickerei, von da schließt sich nach hinten die schwarze Schleife an. Historisch besonders erwähnt wird die reich verzierte Linzer Goldhaube. Die Renaissance der Goldhaube beginnt bei uns, speziell in Passau, in den 1970er Jahren. Zu dieser Zeit fertigen die meisten Frauen dieser Trachtenbewegung ihre Kopfbedeckung unter fachkundiger Anleitung noch selbst. Kirchliche Feiern wie Fronleichnam, Kräuterweihe, Erntedankfest, Dultumzüge und das Goldhaubentreffen in Kirchham sind willkommene Gelegenheiten sich zu zeigen.

In Hauzenberg gibt es aktuell 32 Frauen, die sich der Tradition der Goldhauben, der Tracht und damit einem „Immateriellen Kulturerbe in Bayern“ verschrieben haben. Seit etwa 1993 wird die etwas in Vergessenheit geratene Goldhaubentradition auch in Hauzenberg gelebt und gepflegt. Seither kommen immer wieder neue Mitglieder hinzu. Es sind viele Altersschichten vertreten, Ziel ist es, möglichst häufig an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, um die aufwendige Tracht und das eigene Haupt, gekrönt mit der Goldhaube würdig auszuführen. Manche der Goldhauben wurden vererbt oder sind dem handwerklichen Geschick der Mitglieder oder spezieller Haubenmacherinnen zu verdanken. Früher gab es Kurse bei Christa Köberl von der VHS Wegscheid. Aktuell gibt es Angebote nur noch in Oberösterreich, wo das filigrane Handwerk, für das man wirklich sehr viel Geduld braucht, vermittelt wird. Für die Tracht selbst und die komplette Ausstattung gibt es exakte Vorgaben, die strengstens eingehalten werden müssen. Die beiden Ansprechpartnerinnen der Hauzenberger Goldhaubenfrauen, Margarete Kainz (Bild Seite 13 rechts) und Anna Klinger (links) haben der ui Redaktion Rede und Antwort gestanden und die kleinen Geheimnisse der Gemeinschaft verraten.

Eine Goldhaube wiegt ca. 600 g, die Materialkosten belaufen sich auf ca. 1.000 €. Hinzu kommt noch sehr viel Handarbeit. Je nach Muster braucht die Trägerin gut und gerne bis zu 700 Stunden. Wer keine Haube geerbt hat oder keine Zeit zum Sticken, aber die notwendigen finanziellen Mittel hatte, ließ sich eine anfertigen. Etwa die 94 jährige Hilde Anetzberger beherrschte dieses Handwerk und hat so manche Haube für andere gestickt.

Im Jahre 1993, so berichten die beiden leidenschaftlichen Goldhauben-Trägerinnen wurde die Gruppe in Hauzenberg wiederbelebt und so wurden zusammen mit einer Trachtenschneiderin in Österreich Goldhaubenkleider angefertigt. Es gibt einen Leitfaden für die korrekt gekleidete Goldhaubenfrau. Das Kleid, das zur Haube gehört, besteht aus Seide oder Halbseide und wird nach historischen Vorlagen angefertigt. Weiße gehäkelte Handschuhe, sogenannte Stutzl, bei Beerdigungen in schwarz, ein schwarzer Spitzenschirm, ein Wiener Schal mit türkischem Muster, auf das Kleid abgestimmt, ein weißer Unterrock, weiße Kniestrümpfe und schwarze bequeme Lederschuhe gehören zur Grundausstattung, ebenso ein Beutel aus dem Kleiderstoff oder eine Perlentasche mit Bügel oder ein Gobelintäschchen mit einem weißen Spitzentaschentuch. Ein Kropfband oder Granatschmuck runden das Ensemble ab. Seit Jahren kommt auch noch ein kleines Biedermeiersträußchen hinzu, welches bei den Umzügen in der Hand gehalten wird. Nachdem die beiden Damen für den Fototermin die edle Tracht angelegt haben, strahlen sie auf besondere Weise Stolz und Würde aus und wirken, als habe eine wundersame Verwandlung stattgefunden.

Mittlerweile ist die Hauzenberger Gruppe gut vernetzt mit den anderen Goldhaubengruppen aus Stadt und Landkreis Passau, aus dem Abteiland und Oberösterreich. An große Ereignisse an denen die Goldhaubenfrauen u.a. teilgenommen haben erinnern sich die beiden gerne. So wurden 2006 über 1.000 Goldhaubenfrauen aus

Stadt und Landkreis Passau sowie Österreich in Rom vom Papst Benedikt empfangen. Ein historisches Ereignis gab es 1997 mit einem Auftritt bei der Steubenparade in New York und 2002 in der Partnerstadt Krumau. Da Umzüge, etwa wie beim Oktoberfest in München, schon einmal sieben Kilometer lang sein können und man dann frühzeitig in vollem Schmuck sich ab fünf Uhr morgens auf den Weg machen muss, ist eine gewisse Ausdauer gefordert.

Beim Frühjahrstermin wird der Jahresplan verteilt. Die Kommunikation und Terminabstimmung während des Jahres erfolgt in der Goldhauben Whats App Gruppe. Zum Jahresabschluß findet eine Weihnachtsfeier statt.

Interessierte Mädchen und Frauen sind in der Hauzenberger Gruppe jederzeit willkommen. Wer sich informieren möchte kann sich gerne bei den beiden Ansprechpartnerinnen

Margarete Kainz: Tel. 0171 1504091 oder Anna Klinger: Tel. 0151 26761855 melden.

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