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Aus dem Norden

AUS DEM NORDEN

Mika Heinonen

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VON PHILIPP WYSS

Seit dieser Saison schwingt mit Mika Heinonen ein neuer Häuptling das Zepter an der Bande des Ustermer

Fanion teams. In seiner aktiven Laufbahn als Spieler bei Vantaa FT sowie Helsingin IFK und SS Viikingit aus Helsinki gewann der 41-jährige Finne zwei Meister- sowie einen Europacup-Titel. Zudem kann er auf zwei Einsätze im finnischen Nationalteam zurückblicken. Danach wechselte er ins Trainermetier, startete als Assistenzcoach von SS Viikingit und wirkte als Headcoach bei den Esport Oilers aus Espoo und dem M-Team aus Helsinki, das er von der 1. Division in die höchste Liga führte. Nach einer einjährigen Uni hockey- Auszeit entschied sich Heinonen für einen Wechsel ins Ausland und den Job als Headcoach beim UHC Uster. Nach sieben Meisterschaftsrunden ist es an der Zeit, dem Ustermer Coach etwas auf den Zahn zu fühlen.

Mika, glaubst du an schlechte Omen?

Vielleicht ein klein wenig (lächelt).

Was ging dir dann durch den Kopf, als gleich zu deinem Auftakt in Uster eine Krankheitswelle dich und deine Familie sowie das ganze Team heimgesucht und zeitweise ausser Gefecht gesetzt hat?

Natürlich denkt man in solch einer Situation hin und wieder, warum das ausgerechnet in diesem Moment und weshalb gerade mir respektive uns passieren muss. Aber ich habe schon viel erlebt, und das einzige, was dir bleibt, ist einfach weiterzumachen, ohne dich mit negativen Gedanken zu belasten.

Wie kamst du zum Unihockey?

Ich war lange auch als Eishockeyjunior aktiv, bevor ich definitiv zum Unihockey wechselte. Der Entscheid fiel mir einfach, denn ich war wirklich gut. Mika Kohonen [der spätere dreifache Weltmeister] und ich waren die einzigen beiden Spieler, die direkt in die Junioren-Nationalmannschaft aufgeboten wurden, ohne zuvor die zahlreichen Camps und Trainings besuchen zu müssen, um uns einen Platz im Team zu erkämpfen.

Was für ein Typ Spieler warst du?

Ich würde mich als Spielmacher mit gutem Defensivverhalten, der auch seine Scorerpunkte machte, bezeichnen. Allerdings hatte ich immer ein gutes Team um mich herum. Das war auch der Grund für meine beiden Meistertitel und den Erfolg auf europäischem Parkett.

Weshalb reichte es nur zu zwei Einsätzen im richtigen Nationalteam?

Ich hatte einen guten Start in der Nationalmannschaft. Nach den ersten beiden Spielen erlitt ich aber eine üble Rückenverletzung, mit der ich den Rest meiner Karriere zu kämpfen hatte und wegen der ich meine aktive Laufbahn dann auch beenden musste und letztlich Trainer wurde. Da ich am Finnischen Sportinstitut Vierumäki studiert hatte, waren die Voraussetzungen dazu gegeben, hinzu kamen die Erfahrungen als Spieler im Eishockey und im Unihockey. Ich denke, ich kann als Coach einiges vermitteln, und es macht mir auch Spass, das zu tun.

Wie lief es denn sportlich als Coach in Finnland?

Bei meinem Start als Headcoach bei den Oilers hatten wir ein sehr junges Team. Viele trauten uns den Einzug in die Playoffs nicht zu. Wir spielten aber ziemlich gut und waren die ganze Saison in der Region von Platz 3 bis 6 klassiert. Wir hatten dann grosses Verletzungspech direkt vor den Playoffs, spielten trotzdem eine ganz tolle Serie. Gegen SS Viikingit, damals ein absolutes Topteam, mussten wir uns erst im entscheidenden fünften Spiel in der Verlängerung geschlagen geben. Generell würde ich sagen, dass wir während meiner Zeit bei den Oilers gut gespielt haben und die Resultate auch nicht übel waren. Bei meinem ersten Jahr beim M-Team stiegen wir gleich von der 1. Division in die Salibandyliiga auf. In der folgenden Saison schafften wir den Klassenerhalt. Diese beiden Jahre waren resultattechnisch aus meiner Sicht perfekt; wir haben das bestmögliche aus dem Team herausgeholt. Danach entschied ich mich für eine Auszeit vom Unihockey und arbeitete eine Saison als Assistenzcoach mit Eishockey-Junioren, nicht zuletzt, weil meine Jungs selber spielten. Wir hatten eine gute Saison und brachten auch einige Junioren ins Fanionteam.

Was war deine Motivation, einen Job im Ausland anzunehmen? Und weshalb fiel die Wahl auf den UHC Uster?

Ich denke, es war genau die richtige Zeit dafür. Jetzt oder nie! Meine Söhne sind acht und sechs Jahre alt, und ich wollte noch etwas Neues in meinem Leben ausprobieren. Natürlich ist das auch mit Risiken verbunden, aber mit 41 Jahren bin im perfekten Alter, neue Herausforderungen anzunehmen, aus beruflicher wie familiärer Perspektive. Die Entscheidung für Uster war einfach, weil ich viele Freunde habe, die schon in der Schweiz gespielt oder als Coach gearbeitet haben oder dies noch tun. Alle fanden nur gute Worte über den UHC Uster. Sportchef Thomas Schwarz und Niko Juhola haben meine Entscheidung ebenfalls positiv beeinflusst.

Du verbrachtest dein bisheriges Leben in der finnischen Hauptstadt-Metropolregion von Helsinki, Espoo und Vantaa. Keine Angst vor dem neuen Leben in der schweizerischen Provinzstadt?

Ich habe zwar in der Metropolregion gearbeitet, aber wir haben auf dem Land gelebt. Das ist für uns also überhaupt kein Problem.

Hattest du schon die Gelegenheit, die Stadt und Region Uster etwas zu erkunden? Was ist dir aufgefallen?

Die ganze Familie mag diese Stadt. Wir treiben allgemein gerne Sport wie Schwimmen, Klettern oder Wandern. Hier in Uster und im Zürcher Oberland bestehen viele tolle Möglichkeiten dazu.

Was sind deiner Meinung nach die grössten Unterschiede zwischen dem schweizerischen und dem finnischen Unihockey?

Hier spielt die Physis eine grössere Rolle, und die Spieler sind vielleicht etwas schneller… und teilweise etwas überstürzt im Spiel mit dem Ball. In Finnland sind die technischen Skills etwas ausgeprägter, und es wird im grossen Ganzen vielleicht auch ein klein wenig smarter gespielt.

Was hat dich in der Schweiz bisher am meisten überrascht?

Auf sportlicher Ebene ganz klar die viele Theorie, die hierzulande gewälzt wird. Theorie ist zwar notwendig, aber meiner Meinung nach nicht in diesem Ausmass.

Was sind die Unterschiede zwischen dem Ustermer Team, das du bei deiner Ankunft angetroffen hast und jenem Mitte Oktober 2018?

In zweieinhalb Monaten veränderst du nicht viel. Vielleicht machen wir etwas weniger einfache Fehler bei Ballbesitz und verteidigen etwas besser als gesamtes Team. Konkret treten wir im grossen Ganzen wahrscheinlich etwas smarter auf. Aber vielleicht sollte diese Frage besser jemand anderes beantworten.

Bist du mit dem Start in die Saison zufrieden?

Wir könnten einige Punkte mehr auf dem Konto haben, aber auch einige weniger. Angesichts unserer Situation mit den vielen verletzten Spielern müssen wir mit den Resultaten zufrieden sein, aber unser Spiel ist noch nicht zufriedenstellend. Es war jedoch nicht einfach in den ersten Wochen. Teilweise hatten wir nicht mal genug Spieler, um in den Trainings fünf gegen fünf spielen zu lassen.

In welchen Punkten muss sich das Team vor allem noch steigern?

Zu Beginn haben wir uns vor allem dem Thema Defensive gewidmet; meiner Meinung nach der wichtigste Punkt überhaupt. Viel Aufmerksamkeit schenken wir auch dem smarten Spiel, mit und ohne Ball sowie insbesondere auch bei sich verändernden Situationen während einer Partie.

Du bist während des Spiels ein sehr ruhiger Coach, der keine lauten Anweisungen auf das Feld schreit und irgendwie dem Charakter des finnischen «Iceman» zu entsprechen scheint. Was für eine Art Coach bist du wirklich? Wie arbeitest du mit dem Team während des Trainings und während der Spiele?

Wie ich schon erwähnt habe, arbeite ich nicht viel mit Theorie. Wir müssen gewisse Schwerpunkte behandeln, nicht mehr. Ich will, dass sich die Spieler aufs Spielen konzentrieren können, ohne zu viel nachdenken zu müssen. Ich will nicht, dass sie vor und während des Spiels nervös sind. Wir müssen mit einer gewissen Lockerheit auftreten, aber immer härter arbeiten als unsere Gegner; das ist die Voraussetzung für positive Resultate. Ich werde sauer, wenn jemand während eines Spiels oder während des Trainings nicht 100 Prozent gibt. Allgemein versuche ich zu jedem einzelnen Spieler einen guten Draht zu haben, ihm zuzuhören, mit ihm zu reden und ihm die grösstmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Ich hoffe, dass die Spieler das auch gemerkt haben. Ich versuche zudem, auch in den Trainings ein hohes Tempo anzuschlagen: also nichts mit dasitzen und dem Coach zuhören. Ich mache das, damit wir am Spieltag auch diesbezüglich bereit sind und von Anfang an mitgehen können. Ebenfalls ein wichtiger Punkt ist der Spassfaktor in der Mannschaft, dass viel gescherzt und gelacht wird. Das fördert den Teamgeist. Ich will, dass sich jeder innerhalb dieses Teams wohlfühlt und jeder dazu bereit ist, dem anderen zu helfen.

Mit Joel Kanebjörk hast du einen – leider immer noch verletzten – Ausnahmespieler im Team. Wie hilft er der Mannschaft neben dem Feld? Und was erwartest du von ihm, wenn er denn endlich auf dem Spielfeld ins Geschehen eingreifen kann?

Nun, ich verfüge derzeit über einen wirklich sehr guten Assistenztrainer… Joel ist aufgrund seiner Erfahrung sehr wichtig für uns, insbesondere auch auf mentaler Ebene. Er hat den vollen Respekt des ganzen Teams. Ich denke, wir sollten ihm die Zeit geben, bis er wirklich wieder 100-prozentig fit ist, und dann schauen wir, wie er dem Team helfen kann. Er ist der designierte Captain der Mannschaft und wird ganz viel Leadership ins Team bringen.

Wie verbringt Mika Heinonen seine Zeit neben dem Unihockey?

Ich coache derzeit auch Eishockey-Junioren in Dübendorf, weil meine Söhne dort spielen. Wie schon gesagt, ist die ganze Familie sportlich sehr aktiv, und wir beschäftigen uns mir vielen verschiedenen Spielen. Vor allem mit meiner Frau Anna geh auch ich oft wandern. Zu Hause spielen wir ebenfalls alles Mögliche, wie Playstation, Brettspiele oder auch Unihockey. Und natürlich ist auch die Entspannung sehr wichtig, mit Sport oder TV schauen und natürlich gutem Essen (lässt ein Augenzwinkern folgen).

Weisst du, dass du einen Namensvetter hast, der ebenfalls im Sportbereich zu Hause ist? Mika Heinonen ist auch der Name eines finnischen Badmintonspielers, der es auf immerhin neun nationale Meistertitel im Doppel und im gemischten Doppel gebracht hat. Kennst du ihn? Und wie ist es um deine Badminton-Künste bestellt?

Ich habe schon von ihm gehört, kenne ihn aber nicht persönlich. Ich bin ausgebildeter Sportlehrer; wenn mich also jemand im Badminton herausfordern will, stehe ich zur Verfügung (grinst). Und sollte es wirklich mal zu einem Spiel gegen meinen Namensvetter kommen, bin ich sicher, dass Mika Heinonen gewinnt (grinst noch etwas stärker).

Bericht im letzten Unihockey.ch

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