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PaulRemitz über

PaulRemitz

im Videofragebogen turi2.de/koepfe

»IchmagdenBegriff Sterbennicht.IchbevorzugeTransformation«

Hinter dem Erfolg eines Unternehmens steckt immer ein kluger Kopf. Paul Remitz, CEO der Omnicom Media Group Germany, spricht über Medien im Wandel und die Demokratie zersetzende Kräfte, die Macht der Agenturen und wie Deutschland den Turnaround schafft

»UnsereBranchehatunterfalschen VoraussetzungenGlaubenssätzegebildetund vielesineinefalscheRichtunggetrieben«

Paul, Du zählst zu den wichtigsten Werbemanagern in Deutschland. Du führst die Omnicom Media Group Germany gerade an die Spitze der Branche. Das ist doch kein Grund, Schwarz zu tragen.

Schwarz hat für mich eine grundsätzlich positive Bedeutung. In Ägypten zum Beispiel, wenn der Nil über die Ufer getreten war, machte der schwarze Nilschlamm den Boden fruchtbar. Schwarz steht dort also für Kreativität. Für mich steht Schwarz auch für die Region, aus der ich stamme, aus dem Ruhrgebiet. Die Bergmänner waren alle schwarz von Kohle im Gesicht und haben Schwarz getragen. Untertage sind alle gleich. Das ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt und Teil der Geschichte und Kultur Deutschlands. Ich könnte aber auch antworten: Schwarz ist einfach praktischer.

Wir haben in den Achtzigern gemeinsam Marketing studiert, da stand die Farbe Schwarz für Coolness und technologischen Fortschritt. Der technologische Fortschritt hat auch unsere Medienlandschaft zu einer anderen werden lassen. Welche Medien nutzt du heute?

Ich nutze überwiegend digitale Medien, um mich zu informieren oder unterhalten zu lassen. Ich habe diverse Newsletter abonniert, wie zum Beispiel den vom „Handelsblatt“ und turi2 oder auch Digiday Daily. Ich höre auch mal Podcasts, allerdings weniger für den Job, sondern eher, wenn es um Sport geht. Vor allen Dingen aber bin ich ein totaler Hörbuch-Fan. Hörbücher sind definitiv das Medium, das ich am meisten nutze – nicht nur Krimi, auch Fachliteratur. Zehn Minuten Hörbuch, danach bin ich voller Energie, das ist besser als jedes Red Bull.

Für die werbetreibenden Unternehmen und Agenturen bieten TikTok, Insta und Co reichlich Optionen, noch näher an uns Konsumentinnen heranzutreten und zu interagieren. Ist das für euch Werber der Himmel auf Erden?

Auf den ersten Blick schienen die digitalen Plattformen attraktiv. Die werbungtreibende Industrie träumte von einer besseren Zielgruppen-Segmentierung. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Plattformen haben nicht zu einer erhöhten Transparenz beigetragen. Zielgruppen-Daten sind nur sehr eingeschränkt zugänglich. Wir haben es mit „Walled Gardens“ zu tun. Einen verlässlichen Datenpool aufzubauen, ist unfassbar aufwendig. In Sachen Praktikabilität und Effizienz-Steuerung sind TikTok und Co alles andere als der Himmel auf Erden.

Siehst du den Schwarzen Peter bei den Plattformen?

Niemand ist hier frei von Sünde. Die genaue Zielgruppen-Ansprache im Online-Marketing, das individuelle Targeting wurde von uns lange als Königsdisziplin gesehen. Unsere Branche hat unter falschen Voraussetzungen Glaubenssätze gebildet und vieles in eine falsche Richtung getrieben. Dabei haben wir vergessen, darauf zu achten, was wirklich zählt, nämlich: Wie steigere ich als Marke meine Relevanz beim Konsumenten?

Welche gesellschaftlichen Folgen hat das?

Auf den Plattformen von Facebook, YouTube, TikTok und Co wird auch Content ausgespielt, der ein Risiko für unsere Demokratie darstellen kann. Pluralität von Meinungen ist wünschenswert. Was aber derzeit passiert, ist, dass stark polarisierende oder extreme Inhalte durch auf Algorithmen basierte Aussteuerung vermehrt eine überproportionale Aufmerksamkeit erfahren. Es geht häufig nur noch um die Suche nach der Bestätigung und nicht mehr um die Auseinandersetzung mit Themen und Argumenten. Die Folge: Der Diskurs polarisiert immer stärker. Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Informationen überwiegend aus Social Media beziehen, stark anfällig für Verschwörungstheorien sind. Das trifft junge Menschen besonders, denn sie sind mit den Medientechniken noch nicht so vertraut.

»AufTikTokundCo wirdContentausgespielt, dereinRisikofürunsere Demokratiedarstellenkann«

Du bist gegenüber den Algorithmen skeptisch?

Eine rein Algorithmusbasierte Ausspielung von Content auf Basis trivialer Daten und KPIs, wie wir sie noch haben, birgt Risiken. Nicht, weil Algorithmen per se nicht gut sind – Algorithmen richtig eingesetzt können wesentlich zur Entscheidungsfindung beitragen. Aber die sozialen Medien sind weit weg von dem Niveau, das es braucht, um Fake News, Hate Speech, Diskriminierendes und Fehlinformationen ausreichend gut herauszufiltern. Wir sehen in den Nachrichten, wie gespalten eine der großen Demokratien der Welt ist, die USA. Und wir wissen, dass die Art und Weise, wie wir Informationen suchen, aufnehmen und verarbeiten, dabei eine erhebliche Rolle spielen.

Du siehst unsere Demokratie in Gefahr?

Die Möglichkeiten und Freiheiten, die wir in einem demokratischen Land wie Deutschland genießen, sehen wir oft als selbstverständlich an. Aber Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Die Economist Intelligence Unit, ein Ableger der Wochenzeitung „The Economist“, bewertet den Zustand globaler Demokratien in 167 Ländern. Wie wird gewählt? Wie pluralistisch ist eine Regierung aufgestellt? Wie steht es um die politische Partizipation? Welche Freiheiten haben Bürger? Traurige Erkenntnis: Die Zahl der demokratischen Länder ist rückläufig. Von 167 Staaten sind unter 50 Prozent demokratisch. Kommunikation spielt

»ZehnMinutenHörbuch, danachbinichvoller Energie,dasistbesserals jedesRedBull«

bei der öffentlichen Meinungsbildung eine große Rolle. Wir müssen ein Auge darauf haben, wie Informationen verbreitet werden. Qualitätsmedien spielen da eine entscheidende Rolle.

Julia Jäkel, damals noch Verlagschefin von Gruner + Jahr, appellierte 2017 an die werbungtreibende Wirtschaft, qualitätsvollen Journalismus durch eine kluge Verteilung der Werbebudgets zu fördern und zu unterstützen. Bei Gruner + Jahr wurden im Herbst 2022 die Firmenschilder demontiert, das Verlagshaus gibt es so nicht mehr. Müssen deine Kolleginnen und du euch nicht an die eigene Nase fassen?

Bereits 2016 hatten die Staatskanzlei SchleswigHolstein und die Bayerische Landesanstalt für Neue Medien eine Studie in Auftrag gegeben, um herauszufinden, ob die Budget-Allokationen von Agenturen die Medienvielfalt schädigen oder nicht. Damals war die Werbebranche in ihrer Genese aber noch nicht so weit, diese Themen in einem politischen Kontext zu sehen. Julia Jäkels Einwand wurde reduziert auf das wirtschaftliche Überleben eines einzelnen Verlagshauses. Aber ich bin nicht nur CEO einer Agenturen-Gruppe, ich bin ein Unternehmenschef, der eine gesellschaftliche Verantwortung hat, der er nachkommen muss.

Haben alle diesen Weitblick?

Ich glaube, dass wir uns heute nach den Erfahrungen mit den sozialen Medien, mit Trump, Hate Speech und Fake News auf einem anderen Niveau befinden. In Zeiten demokratieschädigender und kriegstreibender Propaganda müssen wir ganz genau darauf achten, von wo welche Informationen kommen und mit welcher Intention sie verbreitet werden.

Welche Schlüsse ziehst du für dich und eure Kunden daraus?

Wir haben die Effizienz immer über alle Parameter gestellt, weil sie so einfach zu messen ist. Effizienz kann ich als harte Größe reporten. Qualität zu messen, ist eine wesentlich komplexere Herausforderung. Doch wie bei Green Media müssen wir KPIs entwickeln, bei denen der Qualitätsaspekt berücksichtigt wird. Zugleich müssen wir als Agentur den Kunden in seinem Bewusstsein schärfen, dass Investitionen in Qualitätsmedien für den Erhalt der Medienvielfalt zwingend notwendig sind.

Du willst mit Werbespendings die Qualitätsmedien am Leben halten. Zieht da jeder mit?

Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder in einer freiheitlichen Grundordnung Lebende gefordert ist, auch Verantwortung zu übernehmen. Denn Demokratie kann sich durchaus wehren gegen extreme und zersetzende Kräfte. Es ist an der Zeit, den Begriff der „wehrhaften Demokratie“ neu aufzuladen und wieder nach vorn zu bringen. Am Beispiel Twitter sehen wir übrigens, wie sensibel auch große Werbetreibende reagieren können, ganz einfach indem sie aufgehört haben, dort weiter Content auszuspielen. Das wäre so vor vier oder fünf Jahren vermutlich noch nicht der Fall gewesen.

Welche Zukunft gibst du dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk?

Auf jeden Fall brauchen wir in Deutschland weiterhin einen öffentlichrechtlichen Rundfunk. Die Frage ist, in welcher Struktur. Wir haben spätestens durch Corona die Relevanz von kuratierten Nachrichten erkannt. Selbst die privaten Sender bauen ihr Informationsprogramm aus.

Und dennoch geht das Sterben von Qualitätsmedien weiter.

Ich mag den Begriff „Sterben“ nicht. Ich bevorzuge den Begriff „Transformation“. Dinge verändern sich. Dinge gehen von einem Zustand in einen anderen über. Ja, man kann traurig sein, dass es Gruner + Jahr so nicht mehr gibt. Man kann aber auch schauen, welche Chancen sich daraus ergeben, wo die Potenziale im Neuen liegen. Wir haben eingangs über die Farbe Schwarz, die Bergleute und das Ruhrgebiet gesprochen. Eine Region, die mal für Kohle und Stahl stand. Welch’ unfassbare Transformation hat dieses Gebiet hingelegt! Natürlich kann ich an Kohle und Stahl festhalten, das ist aber, wie wir wissen, nicht die sinnvollste Alternative. Wir müssen uns als Gesellschaft und als Land nach vorn orientieren.

Woher wissen wir, wo vorn ist?

Richtschnur für unser Handeln kann nur die Nachhaltigkeit sein. Nachhaltigkeit im Sinne von wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Jeder, der unternehmerisch tätig ist, muss das beherzigen und Antworten finden auf: Wie baue ich das Unternehmen auf, damit es nachhaltig profitables Wachstum generiert? Wie schaffe ich es, ökologisch nachhaltig zu sein und Ressourcen nicht weiter auszunutzen? Denn unsere Ressourcen sind endlich, also wie kommen wir hin zu einer Kreislaufwirtschaft? Und wie werden wir sozial nachhaltig? Wir müssen integrativ denken, sodass wir bestimmte Gesellschaftsgruppen und Regionen dieser Erde nicht abhängen, sondern teilhaben lassen an Wachstum und Wohlstand. Das gilt nach außen wie nach innen. Denn schließlich möchte ich auch, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich mit uns als Arbeitgeber identifizieren können und wohlfühlen.

Ist Deutschland für die Transformation, die du forderst, gut aufgestellt?

PaulRemitz Geb. 1965 in Essen 1987 BWL-Studium,

FH Wiesbaden 1991 Media Manager DMB&B in Frankfurt, Hamburg und London sowie TV

Negotiator in New York 1996 Director Media & CRM

EU Kraft Foods Europe 2009 Managing Director

Business Development

GroupM Germany 2010 CEO MediaCom

Germany 2018 CEO Omnicom Media

Group Germany

»WirbraucheneineInnovationskultur,inderTechnologie TeilderLösungundnichtdesProblemsist«

In meinem Leben gibt es viele Berührungspunkte mit den USA: Ich arbeitete stets für US-zentrierte Unternehmen, das tue ich ja auch jetzt, ich habe in New York gearbeitet, mein Sohn studiert und lebt in den USA. Ich bin also regelmäßig in den Staaten. Wenn ich nun die deutsche mit der USKultur vergleiche, dann spüre ich in Deutschland eine Orientierung zum Defizit und zum Problem, während der Amerikaner in seinem ersten Reflex eher die Möglichkeit und die Chance sucht. Obamas Wahlslogan „Yes, we can“ setzte auf: Wir können es schaffen, wir können es machen. In Deutschland sind wir eher misstrauisch und vorsichtig. Bei allen neuen Ideen suchen wir einen Haken und vermuten böse Hintergedanken.

Wie viel Transformation kann sich Deutschland leisten?

Betrachtet man den prozentualen Anteil am Bruttoinlandsprodukt, der für Investitionen in Innovationen zur Verfügung steht, so liegt Deutschland im globalen Vergleich auf Platz 8. Für ein Land, das keine Bodenschätze hat, ist das zu wenig. Ich verstehe, dass wir im Ländervergleich hinter den USA und Japan liegen – aber auch hinter Belgien und Österreich? Das Land, das am meisten in Innovation investiert, ist übrigens Israel. Da wird sehr viel Forschung und Entwicklung für militärische Technologie betrieben. Die findet dann ihren Weg auch in die Wirtschaft. Klar ist, wer nicht in Innovation investiert, ist irgendwann nicht mehr relevant am Markt.

Schafft Deutschland den Übergang zur Wirtschaft 4.0?

Wir können es schaffen. Dazu brauchen wir aber eine Innovationskultur, in der Technologie Teil der Lösung und nicht des Problems ist. Also nicht weniger Technologie, sondern die Frage muss lauten: Wie nutze ich Technologie, um Lösungen herbeizuführen? Das impliziert: Wir brauchen massive Investitionen in eine vernetzte Ökonomie. Also eine Infrastruktur, die cloudbasiert ist. Das Thema hat Europa viel zu lange den globalen Playern überlassen. Und wir müssen in weitere Schlüsseltechnologien investieren – und zwar hier vor Ort, in heimatnahen Märkten, damit die Versorgung im Falle von Krisen und Pandemien gewährleistet bleibt.

Wie sollten sich Unternehmen aufstellen, damit sie den Wandel gestalten und am Markt bestehen?

Ich votiere für dezentrale Strukturen. Wir müssen Unternehmen in dieser komplexen, sich expandierenden und transformierenden Welt viel mehr als einen Organismus betrachten, ein Organ, das aus einzelnen Zellen besteht. Jede dieser Zellen handelt autark und gleichzeitig vernetzt. Die Aufgabe des Top-Managements ist, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die Ziele vorzugeben. Die Geschäftsführung ist in einer dezentralen Struktur der Enabler, nicht mehr und nicht weniger. Die End-to-endVerantwortung liegt in der jeweiligen Unit. Wenn ich an zentralen Strukturen festhalte, wird mein Unternehmen langsam, denn ich benötige zu viele ineffiziente Ressourcen zur Kontrolle und Verwaltung.

Welche Konsequenz ziehst du für die Omnicom Media Group als dienstleistende Agentur?

Die Kommunikationsindustrie zählt neben Finanzdienstleistern und Versicherungen zu den Treibern der digitalen Transformation. Wir haben uns als Agenturgruppe dementsprechend aufgestellt und sukzessive erweitert. Von elf Unternehmen sind nur drei klassische Mediaagenturen. TRKKN ist zum Beispiel ein reines Technologieunternehmen. Wir bieten neue Dienstleistungen und Produkte an. Wichtige Beratungsfelder sind heute E-Commerce, Retail-Media und Marketing-Technologie.

Was bedeutet das für dich als Führungskraft?

Führungskräfte haben häufig ein hohes Kontrollbedürfnis. Dabei liegt im Loslassen und Verantwortung übertragen die Lösung. Mein Hauptjob besteht also darin, Managerinnen und Manager zu finden und in die Agentur zu holen und ihnen Verantwortung zu übergeben. Mein Job ist zu definieren: Welche Vision, und daraus abgeleitet, welche Ziele soll die Agentur erreichen? Und wie baue ich die Organisation, damit wir diese Ziele erreichen?

Was erwartest du von deinen Managerinnen?

Nicht weniger als von mir. Absolut notwendig sind Kompetenzen in Führung, Strategie und Selbstmanagement. Also: Wie organisiere ich mich selber, wie entwickle ich meine Mitarbeitenden weiter, wie fördere, aber auch wie fordere ich, wie empowere ich und an welcher Stelle lasse ich los?

Was erwartest du von den Mitarbeitenden?

Ich glaube, dass in selbstständigem Handeln sehr viel Positives steckt, denn wer wird schon gerne im Leben bevormundet? Sicherlich gibt es Menschen, die lieber im Lean-BackModus sind. Das sind aber nicht die Leute, die eine Agentur und ein Unternehmen voranbringen. Also selbstständiges Denken und Handeln erwünscht.

Woher nimmst du deine Motivation? Was treibt dich an?

Zum einen ist das die Arbeit mit Menschen. Mich reizt die Frage: Wie bringe ich mein Team auf ein Level, von dem es selbst nicht wusste, dass es das erreichen kann? Es gibt zwei Formen des Lernens. Beim horizontalen Lernen wende ich bei ähnlich gelagerten Problemen einfach die gleichen Muster an. Es

ZurOmnicomMediaGroup GermanygehörendieMediaundKommunikationsagenturenOMD,PHDund Hearts&SciencesowieverschiedeneSpezialagenturen undBeratungen.DieGruppe berätmehrals200werbungtreibendeUnternehmenund istmitmehrals1.800Mitarbeitendenansiebendeutschen Standortenvertreten–in HamburgmitBlickaufdieElbe

»Führungskräftehabenhäufigeinhohes Kontrollbedürfnis.DabeiliegtimLoslassenund VerantwortungübertragendieLösung«

gibt aber auch die Form des vertikalen Lernens, bei dem neue Strukturen und neue Muster erkannt und ausprobiert werden. Wie also bringe ich mein Team in das vertikale Lernen rein? Und der zweite Punkt, der mich motiviert: Ich befinde mich heute in einer Position, in der ich die unterschiedlichen Unternehmen weiterentwickeln kann und neue Unternehmen integriere oder gründe. Ich kann mit meinem Team festlegen, in welche Geschäftsfelder wir investieren, und ich schaue, wo liegen die nächsten Herausforderungen, von denen unser Kunde heute noch nichts ahnt. Und wenn sie dann offensichtlich werden, dann kommen wir um die Ecke und können sagen: Hier ist die Lösung.

Wie ist das Durchschnittsalter in eurer Agentur?

36 Jahre. Aber das Alter einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters interessiert mich eigentlich nicht. Was zählt, ist die Einstellung zu Themen, die Agilität und Bereitschaft, sich einzubringen.

Wie kompatibel sind ältere Mitarbeitende in einer Branche, die sich so rasch wandelt?

Jede pauschale Antwort wäre eine falsche Antwort. Ich glaube nicht, dass man per se voraussetzen kann, dass Menschen mit Lebenserfahrung weniger agil und weniger aktiv sind als jüngere Menschen. Du könntest aber die Gegenthese aufmachen, dass die jüngere Generation so im Lean-Back-Modus ist, dass sie gar nicht versteht, was es braucht, um in so einem schnellen Geschäft wie dem unseren mitzuarbeiten. Worauf ich hinaus will: Es kommt nicht auf das Alter, sondern auf die Einstellung und die Kompetenzen an, die jemand mitbringt. Und da kann Erfahrung durchaus auch förderlich sein.

Der Werbebranche eilt nicht der Ruf einer ausgeglichenen Work-LifeBalance voraus, wie sie die junge Generation fordert. Welche Zugeständnisse müsst ihr machen, um den Nachwuchs für euch zu begeistern?

In der Frage schwingt mit, dass Arbeit nichts mit Balance zu tun hat und dem eigenen Wohlbefinden womöglich entgegensteht. Mein Ziel als Unternehmer ist, den Mitarbeitenden ein Umfeld zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen, in dem sie sich beruflich wie privat weiterentwickeln können, in dem sie ihren eigenen Interessen nachgehen können, in dem sie sich verwirklichen können. Das muss der Anspruch sein, auch wenn ich kein Träumer bin und weiß, wie schwer dieses Ziel zu erreichen ist, und dass wir es auch nicht jedem werden recht machen können.

Welche Maßnahmen setzt die Omnicom Media Group um?

Wir bieten zahlreiche Schulungen und Trainings an, bei denen es natürlich nicht nur darum geht, wie ich ein besserer Mediaplaner werde. Weiterentwicklung bedeutet für uns im besten Fall, dass ich was für den Beruf wie für mich persönlich mitnehme. Wir führen Mental-Health-Wochen durch, bei denen wir zeigen, wie ich mit Stress und Druck umgehen kann. Wir haben zum Beispiel „die bewegte Mittagspause“ und bieten die Option, je nach privater Lebenssituation oder -konzept von zu Hause und auch vom Ausland aus zu arbeiten. Und wir haben ein Mentoring-Programm, bei dem du dir eine Vertrauensperson im Unternehmen wählen kannst, um Dinge zu erfragen und zu besprechen. Zudem sind wir eine Organisation, die Corporate Social Responsibility aktiv lebt. Wir laden alle dazu ein, sich zu engagieren und bieten die Möglichkeit, während der Arbeitszeit an Projekten mitzuwirken.

Brauchst du Ausgleich zum Job? Und wie sieht der aus?

Ich glaube jeder braucht Phasen, in denen er Abstand zum Job kriegt und neue Perspektiven entwickeln kann. Mir gelingt das gut bei der Gartenarbeit, wenn ich mit den Händen in der Erde wühle. Und mir gelingt das, wenn wir im Flieger in die USA sitzen. Zehn Stunden, in denen ich für niemanden erreichbar bin und bedient werde.

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