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kommt der nächste | Wann Finanzcrash, Georg Meck?
Georg Meck
ist seit Oktober 2021 Chefredakteur von „Focus Money“
tarisiert wird die Furcht der Kundschaft durch den Handel mit Goldbarren oder Büchern, im Idealfall mit beidem. Da tun sich Synergieeffekte auf. Latenter Antikapitalismus trifft auf Verschwörungstheorie – darauf lässt sich ein Vermögen errichten. Für die Crash-Propheten wohlgemerkt, nicht für ihr Publikum. Wer aus Angst vor dem Crash lieber in Kartoffeln investiert als in Aktien, macht selten ein gutes Geschäft. Das eigene Gemüsebeet, und sei es noch so schön anzuschauen, trägt in aller Regel weniger Früchte als ein ETF-Depot, das das wachsende Produktivvermögen der Welt abbildet. Bisher hat die kapitalistische Wirtschaftsordnung noch jeden Schock weggesteckt. Selbst von Kriegen erholt sich die Börse erstaunlich schnell. So sicher wie der Absturz folgt auf das Gewitter die Sonne. Der nächste Börsenboom kommt bestimmt.
ein Baby ein | Braucht Portfolio, Noah Leidinger?
Noah Leidinger
ist die Stimme des OMR-Podcasts „Ohne Aktien wird schwer“
Noah Leidinger spricht über seinen Job im turi2.de/podcast
Ja! Ein Baby braucht ein Portfolio und der Grund dafür liegt auf der Hand. Wir steuern in Deutschland und vielen Staaten Europas auf eine gigantische Rentenlücke zu. Schon jetzt kann der Staat nicht mehr die gesamte Rente mit Beitragszahlungen finanzieren und die Zuschüsse des Bundes werden in Zukunft weiter anwachsen. Das liegt zum einen am zunehmenden Durchschnittsalter der Bevölkerung – die Lebenserwartung steigt und die Geburtenrate sinkt. Dadurch gibt es in Zukunft mehr Rentner, aber weniger Beitragszahler. Außerdem legen die Rentenkassen die Gelder sehr konservativ an, was bei niedrigen Zinsen und steigender Inflation nicht nachhaltig sein kann. Wer also eine sichere und auskömmliche Rente will, der muss selbst vorsorgen und das macht am Kapitalmarkt gerade in jungen Jahren enorm viel Sinn. Denn zumindest in der Vergangenheit haben breit gestreute globale Aktienportfolios eine sehr ordentliche Rendite gebracht – allerdings auch mit erheblichen Schwankun-
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gen. Wer in Aktien investiert, sollte das also nur mit einem langfristigen Zeithorizont von mehr als zehn Jahren tun. Und wer hat einen längeren Anlagehorizont als ein Neugeborenes? Dazu kommt natürlich der Zinseszinseffekt, der stärker wirkt, je länger der Zeitraum ist. Aber ein Baby-Portfolio macht nicht nur rein finanziell Sinn. Die Investition in Aktien ist auch einer der besten Wege, um über die Wirtschaft zu lernen. Was passiert eigentlich, wenn man sein Geld in eine Aktie von Disney, Apple oder Mattel investiert? Woher kommt der Wert dieser Firmen? Wie verdient Disney eigentlich Geld mit seinen Filmen und wieso kann Apple so hohe Preise für seine Handys verlangen? All das sind Fragen, an die man Kinder über ihr eigenes Portfolio heranführen und sie so für Wirtschaft begeistern kann. Und eine Begeisterung für Wirtschaft sowie ein Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge bringt langfristig wahrscheinlich nochmal deutlich mehr Rendite als das eigene Portfolio.
Fotos: Michael Tinnefeld für Focus Money, PR, Marco Fischer
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Der nächste Crash kommt bestimmt. Wie der Blitz zum Donner gehört und die Krise zum Boom, so gibt es keine Börse ohne gelegentlichen Absturz der Kurse. Dumm nur, dass niemand genau weiß, wann es so weit ist. Sonst würden all die schlauen Regulierer, Aufseher und Politiker das Verderben ja abwenden. Tun sie aber nicht, allenfalls höchst selten. Und weil das so ist, hat sich der Berufsstand der Crash-Propheten herausgebildet – Bescheidwisser, die von der Illusion leben, der großen Meute den entscheidenden Schritt voraus zu sein. Ein krisensicheres Gewerbe mit dem unschlagbaren Vorteil, dass irgendwann eintritt, wovor die Propheten permanent warnen. Bis es so weit ist, leben sie vom Heulen und Zähneklappern ihrer Gefolgschaft. Darauf lässt sich ein hübsches Geschäftsmodell bauen, im politischen Betrieb ebenso wie im kommerziellen Bereich. Mone-