Fotos: Selina Pfrüner, PR (6)
Freiheit feiern
It’s the people, stupid!
Ina Tenz, Podcast-Produzentin ABC Communications
Jürgen Kornmann, Marketingchef Deutsche Bahn
Mein wichtigstes Learning aus 2020 ist, kein schlechtes Gewissen zu haben. Wenn man wie ich eine halbe Ewigkeit täglich in einen Sender gegangen ist, fühlt es sich erst komisch an, von überall arbeiten und im Anschluss noch ein Pferd reiten oder Rasen mähen zu können. Häufig kam der Gedanke, gar nicht „richtig“ zu arbeiten. Statt die Flexibilität zu genießen, blieb das mahnende Gewissen nach genügend Output. Durch Corona und Home-Office waren aber plötzlich viele meiner Kontakte in derselben Situation. Mittlerweile feiere ich meine Freiheit und die Ergebnisse. 2020 ist so viel entstanden: spannende Projekte, neue Netzwerke und ein Lebensgefühl von Unabhängigkeit und Effizienz. Mein Vorsatz für 2021: den eigenen Anspruch aus der Radiowelt in ein imaginäres Album packen und ins Regal stellen – und die wunderbarsten Orte dokumentieren, von denen ich Calls machen werde.
Nötiges Nichtwissen Julia Krittian, Unternehmenssprecherin MDR
In einem Jahr voller Veränderungen bekommt für mich die „alte“ Erkenntnis – Es geht um Zusammenhalt! – neues Gewicht. Viele haben sich 2020 doch gefragt: Was bedeutet das alles für unsere Demokratie? Oder im Kleinen: Was heißt es, wenn die Kita den Laternenumzug absagen muss, um vor Ansteckung zu schützen, zeitgleich Corona-Leugner in der Innenstadt Polonaise tanzen und der Polizeihubschrauber bis tief in die Nacht über dem Viertel kreist? Krise heißt eben auch Widersprüche, Unbekanntes, mitunter womöglich Fehlentscheidungen, Korrekturen und ganz sicher Herausforderungen. Auch für Medien. Medien bieten Raum für Dialog, bauen Brücken, sichern die Basis für den gesellschaftlichen Diskurs. Wo Fakten aber ignoriert, sogar bewusst negiert werden, schwindet die Grundlage für kritischen Austausch. Nun bin ich schon in meiner vorherigen Funktion als „Tagesschau“-Korrespondentin erschreckend ernsthaft gefragt worden, ob Angela Merkel abends in der Redaktion anruft. 2020 erreicht aber eine neue Dimension. Verschwörungstheorien finden sich mittlerweile in fast jeder Timeline, ploppen in vielen Gruppenchats auf. Für mich heißt das, übrigens nicht nur 2021: Wir brauchen mehr Transparenz in journalistischen Prozessen, offene Kommunikation auch über das, was wir nicht wissen und ganz wichtig: Vielfalt! Denn mir persönlich fehlen gerade in der Krise auch die Stimmen der Frauen. Der Familien. Der Kinder.
97 · turi2 edition #13 · Agenda 2021
Am 12. März 2020 macht es bei mir gleich zweimal „Klick“. Gerade kündigt sich der erste Lockdown mit vielen leeren Plätzen im Zug an. Doch die Zugbegleiterin Frau Hager betreut die verbliebenen Reisenden so souverän, emphatisch und zugewandt, als ob ihr das Virus nichts anhaben könne. Ich bitte sie um ein Foto für Linked-in: In den folgenden Wochen wird es über 800.000 Mal angesehen und überwältigend positiv kommentiert. Der erste Klick-Moment. Nummer zwei: It’s the people, stupid! Statt geplanter Kampagnen kommunizieren wir „Sicher reisen. Gemeinsam geht das“ und erzielen so Rekordwerte bei den Image- und Kundenzufriedenheitswerten. Mein Learning: Unsere Mitarbeiter*innen vermitteln die Systemrelevanz der Bahn am glaubhaftesten und sympathischsten. Mein Vorsatz für 2021 lautet, diese Botschaft weiterhin bestmöglich zu nutzen.