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Fotos: PR (1), HHU Susanne Kurz, Raimar von Wienskowski
Wie erfinden wir uns neu als Wissensgesellschaft, Anja Steinbeck?
Längst liegt Wissen nicht mehr in den Händen einzelner Privilegierter. Ob die Schriften Aristoteles oder Interviews mit Zuckerberg – jeder Text ist nur einen Klick entfernt. Frei zugängliche Datenbanken halten heute so viel Wissen vor, wie kein Mensch erfassen kann. Dennoch beklagen Bildung und Forschung seit Jahren, dass die Fachkenntnisse des Nachwuchses abnehmen. Online ersetzen zweifelhafte Inhalte Fakten. Für mich stellt sich daher weniger die Frage, wie wir uns als Wissensgesellschaft neu erfinden, sondern wie Universitäten – als Keimzellen und Impulsgeber – auf die neuen Herausforderungen reagieren. Blicken wir zuerst auf die Forschung: Nicht das fehlende Wissen ist ein Problem, sondern die Flut an Wissen und die unterschiedliche Qualität von Informationen. Wissenschaftler*innen
Prof. Dr. Anja Steinbeck, Rektorin Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf
greifen auf ein erprobtes System zurück, um Wissen zu generieren, verifizieren oder falsifizieren. Vor dem Hintergrund zweier Grundprinzipien der Wissensgesellschaft wird die Weiterentwicklung einer offenen, transparenten Kultur wichtigste Aufgabe der Wissenschaft sein. Dazu gehören etwa Open Access und Open Data. Kommen wir zur Lehre: In der Wissensgesellschaft von morgen brauchen wir Menschen, die selbstbestimmt und kritisch mit der Masse an Wissen umgehen können. Für Unis bedeutet das: Nicht mehr die Ausbildung zum Universalgelehrten oder Fachexperten steht im Fokus. Es wird enorm wichtig sein, junge Menschen auszubilden, die sich für eine wissensbasierte, egalitäre Gesellschaft einsetzen, die feine Antennen für soziale Ungleichheiten haben und sich verantwortlich fühlen für die Zukunft. Praktisch kann das heißen, in die Curricula der Studiengänge stärker überfachliche Befähigungen wie Datenkompetenz oder Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit einzubauen. Die Qualität unserer künftigen Gesellschaft wird nicht von Rechenleistung abhängen. Sondern von Menschen, die kreativ, innovativ und verantwortungsbewusst sind.
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Wen erreicht Außenwerbung, wenn alle zu Hause sitzen, Kai-Marcus Thäsler? Die Währung der Außenwerbung ist Mobilität. Mobilität von Konsumenten, die unterwegs sind und Werbung im öffentlichen Raum sehen. Frequenz und Sichtbarkeit von OOH-Werbeträgern bestimmen die Kontaktchancen per Plakaten, Riesenpostern, Säulen und digitalen Spots. Nun schränken die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung die Mobilität ein. Tatsächlich haben die Lockdowns aus Media-Sicht nur einen beschränkten Einfluss auf die Reichweite von OOH-Kampagnen. Werberelevante Mobilität gibt es nach wie vor. Der von vielen wahrgenommene Rückgang bezieht sich vor allem auf die Wiederholungskontakte. Die Nettoreichweite – gerade in den kaufstarken Zielgruppen – sinkt kaum. Fast jeder ist im Laufe einer Woche draußen unterwegs. Gerade zum Jahresende sind die Innenstädte belebt, die Straßen wieder voll, die Supermarkt-Parkplätze hoch frequentiert. Der zweite Lockdown fällt zudem in die dunkle Jahreszeit, in der digitale, beleuchtete und hinterleuchtete Plakate besonders stark ins Auge fallen. Viele Menschen verbringen derzeit ihre Freizeit an der frischen Luft. Diese
183 · turi2 edition #13 · Agenda 2021
Kai-Marcus Thäsler, Geschäftsführer Fachverband Außenwerbung
Spaziergänger sind durch OOH-Werbeträger nun noch besser erreichbar. Verstärkt wird die Wirksamkeit von Kampagnen im öffentlichen Raum durch die höhere Aufmerksamkeit und Offenheit für die Umgebung - im Vergleich zur häuslichen Lean-BackSituation. Eine Studie des Werbe-Anbieters JCDecaux und dreier Mediaagenturen legt nahe, dass OOH-Kampagnen zuletzt höhere Aufmerksamkeitsund bessere Erinnerungswerte erzeugen. Grund ist das deutlich reizreduzierte Umfeld. Außenwerbung erreicht ihre Zielgruppen also nach wie vor. Vermutlich wird sich in der Rückschau herausstellen, dass Werbungtreibende, die jetzt im öffentlichen Raum präsent sind, mit ihrer Kommunikation besonderen Eindruck hinterlassen haben.