Stadionsprecher*in Die Männer und Frauen am Mikro waren nicht ans Telefon zu kriegen. Das Foto zeigt Michael Trippel, Urgestein beim 1. FC Köln Fan sein gehört unbedingt dazu – ansonsten fällt der Torjubel für die Heimmannschaft zu leise oder unglaubwürdig aus. Als Stadionsprecher*in tut man gut daran, sich mit Leib und Seele „seinem“ Verein zu verschreiben, um ihn mit passender Einlaufmusik, ritualisierten Sprüchen und Jubelrufen bei Spielen zu unterstützen. Die meisten Vertreter*innen ihrer Zunft üben den Job jahrzehntelang aus; hat sich der Heimspielgänger einmal an die vertraute Stimme gewöhnt, will er sie nicht mehr missen. Jede*r Sprecher*in pflegt seinen eigenen Stil. Viel Geld bringt das Engagement nur wenigen: Michael Trippel, seit mehr als 20 Jahren am Mikro für den 1. FC Köln, bekommt 450 Euro im Monat – er arbeitet hauptberuflich in der Pharmaindustrie.
Der Ordner
Im Grünwalder Stadion stehe ich als Ordner an einem Zugang zum Innenbereich, der neben der Bank mit den Gästespielern und der Fotografenzone liegt. Ich überprüfe Akkreditierungen, behalte die Fans auf den Plätzen im Auge und passe auf, dass keiner der Journalisten seine Kamera länger auf den Rasen legt: Der ist heilig! Abgesehen davon, dass es strenge Regelungen und Schulungen vom DFB gibt, wie wir uns zu verhalten haben, ist es wichtig, dass man bestimmt-freundlich auftritt. Viele Fans sind betrunken. Es geht um Stolz und Ehre – aber man kennt seine Pappenheimer. Die meisten reagieren auf uns Ordner besser als auf die Polizei. Ich gehe gern ins Stadion, auch wenn ich meist mit dem Rücken zum Spiel stehe: Die Schlachtrufe und die Giesinger Urgesteine mit Lederhose und Piercings faszinieren mich immer wieder. Übrigens auch Pyrotechnik – ich finde nicht, dass man sie grundsätzlich verbieten sollte. Stattdessen sollte es im Stadion separate Bereiche geben, in denen Pyrotechnik erlaubt ist. Durch Corona bibbern natürlich gerade alle ein bisschen: Wir Ordner sind Minijobber – wenn keine Spiele stattfinden, verdienen wir nichts. Wir haben auch noch keine Ansage, wann wir wieder gebraucht werden.
Fotos: Anne Wild (1), dpa (1)
Dorin Popa steht bei Spielen des TSV 1860 München meist mit dem Rücken zum Spielfeld. Das stört ihn nicht, sagte er im Telefongespräch am 27. März
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