turi2 edition #11 Fußball (in schweren Zeiten)

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BIBIANA STEINHAUS

Auf ewig Erste Ihr Debüt als Bundesliga-Schiedsrichterin der Herren markierte das Ende einer Männerdomäne. Ihre größte Leistung aber ist, dass heute kaum mehr jemand darüber redet

150 · turi2 edition #11 · Fußball

Foto: picture alliance

A

m 10. September 2017 erreicht Bibiana Steinhaus Ewigkeitsstatus. Sie leitet die Partie Hertha BSC Berlin gegen Werder Bremen, Endstand: 1:1. Das öffentliche Interesse ist gewaltig, auch über die Landesgrenzen hinweg. In keiner anderen europäischen Spitzenliga ist eine Frau für die Rechtsprechung auf dem Fußballplatz zuständig – bis heute. Und Bibiana Steinhaus wird für alle Zeiten die Frau sein, die das erste Mal ein Fußball-Bundesligaspiel der Männer geleitet hat. Heute löst die eine Bundesliga-Schiedsrichterin neben 25 Schiedsrichtern in deutschen Stadien keinen Oha-Effekt mehr aus. Für Steinhaus ein gutes Zeichen. Schon mit dem zweiten Spiel, erinnert sie sich, kehrte weitgehend Normalität ein: „Ab dann ging es nur noch um Leistung.“ Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Im Februar 2019 nimmt das iranische Staatsfernsehen kurzerhand das Spiel FC Augsburg gegen FC Bayern München aus dem Programm, weil die große Blonde in den kurzen Hosen nicht ins vorgeschriebene Bild passt. Die im Hauptberuf als Polizeibeamtin tätige Steinhaus ist in Bad Lauterberg im Harz geboren, beim dortigen SV hat sie selbst aktiv Fußball gespielt. Durch ihren Vater, ebenfalls engagierter Unparteiischer, kommt sie zur Schiedsrichterei. Ihre ersten Einsätze hat Bibiana Steinhaus mit 16, vier Jahre später leitet sie Spiele der Frauen-Bundesliga – und steigt bei den Männern in die Oberliga Nord auf. Ehe sie 2017 in der ersten Männer-Bundesliga pfeifen darf, hat sie bereits zehn Jahre lang in 80 Zweitliga-Begegnungen ihr Können unter Beweis gestellt. Anfangs, so erzählt sie in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“, habe sie versucht, in der Gruppe der Schiedsrichter möglichst wenig aufzufallen – mit kurzen Haaren und den gleichen Outfits wie ihre männlichen Kollegen. Darauf pfeift sie nun. „Ich will nicht der bessere Mann sein, sondern meine Authentizität bewahren“, sagt die viermalige Weltschiedsrichterin des Jahres. Als sie anfing, gab es nur männlich geschnittene Schiri-Kleidung. Sportartikelhersteller haben mittlerweile – nicht zuletzt dank Steinhaus – ihr Sortiment frauenfigürlich erweitert. Roland Karle


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