hoch3 #5/2013

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Seite 21   Technische Universität Darmstadt  |  hoch3  |  Oktober 2013

Eine für alle

Elektrotechniker in Ehren Professor Manfred Glesner Bild: Katrin Binner

Hiwis werden vielseitig eingesetzt – und genießen das Vertrauen ihrer Vorgesetzten

Als Hiwi am Fachgebiet Unternehmensführung arbeitet Nathalie Stolz den Mitarbeitern zu, die sie gerade brauchen. Als Rädchen im Getriebe fühlt sie sich aber nicht – weil die Meinung der Hiwis von den Chefs gefragt und geachtet ist. Wenn die wissenschaftlichen Mitarbeiter oder der Chef des Fachgebiets Unternehmensführung und Logistik die Unterstützung eines Hiwis brauchen, finden sie diese ziemlich sicher in Raum 138 in der Hochschulstraße 1. Dort nämlich wechseln sich bis zu zehn Hiwis ab: Zwei Stunden pro Woche muss jeder von ihnen vor Ort sein. Ansonsten dürfen sie den Laptop, den ihnen der Fachbereich stellt, auch zu Hause aufklappen. Außerdem sind die Hiwis nicht bestimmten Mitarbeitern zugeordnet, sondern können von jedem Aufgaben zugewiesen bekommen – je nachdem was gerade ansteht. Zuerst den Überblick bekommen

Klingt clever organisiert, effizient und flexibel. Zumal die Hiwis die Abwechslung schätzen: »Ich finde diese Lösung gut, weil wir so in verschiedene Aufgaben von Forschung und Lehre reinschnuppern können. Zugleich lernen wir viele Leute aus dem Fachgebiet kennen«, sagt Nathalie Stolz, die seit vier Semestern dabei ist. In dieser Zeit hat die 23-Jährige umfassende Literaturrecherche zu Transport- und Logistik-Management betrieben, Power-Point-Folien für Lehrveranstaltungen oder die Präsentation von Forschungsergebnissen gestaltet, war als Klausuraufsicht eingeteilt und hat bei der Korrektur geholfen. Zu den aufwändigeren Aufgaben gehört die Evaluation von Vorlesungen am Fachgebiet: Da vergleicht Stolz die Ergebnisse und schaut, wo das Angebot verbessert werden kann und sollte. Neulich hat die Master-Studentin mit Hiwi-Kollegen ein Planspiel angeleitet und das Kooperationsverhalten der Teilnehmer beim Erwirtschaften und Teilen von Gewinnen beobachtet – solche Planspiele sind Teil der Forschungsarbeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter. Und seit kurzem ist sie für den Web-Auftritt des Fachgebietes zuständig, muss also aktuelle Infos zu Personalien, Forschungsaktivitäten und Lehrangebot einpflegen. Und sich dann fokussieren

Natürlich: Einen tiefen inhaltlichen Einblick in die Themen Logistik und Transport gewinnt Nathalie Stolz über ihren Hiwi-Job nicht. Aber darum ging es ihr auch nicht, als sie sich im vierten Semester am Fachgebiet vorstellte. »Taschengeld aufbessern, Neugier auf das, was hinter den Kulissen abläuft«, nennt Stolz als Motivation. Eine Tutorin hatte sie damals auf ihr Interesse an einem Hiwi-Job angesprochen, nachdem die Studentin eine Klausur in Unternehmensführung als Beste bestanden hatte. Wie das Lehrangebot zustande kommt, wie Prüfungen abgewickelt werden und vieles mehr – das hat Nathalie Stolz mittlerweile he­ rausgefunden. Ganz nebenbei ist bei ihr, die eigentlich auf das Thema

Master-Studentin Nathalie Stolz recherchiert, korrigiert, evaluiert …

Unternehmensführung fokussiert war, das Interesse an der Logistik gewachsen: »Sichtbar sind für uns in erster Linie ja nur die Laster auf der Autobahn. Aber was sich dahinter an Planung, an Technik und Arbeit verbirgt, finde ich das Faszinierende.« Ihr Fachwissen wird sie deshalb nun auch jenseits ihres 20-Stunden-Jobs vertiefen: im Masterstudium, später mit der Masterarbeit. Die guten Kontakte zu potenziellen Betreuern hat sie ja schon. Und vor allem fühlt sie sich wohl im Team »Unternehmensführung und Logistik«: Nicht als eine Nummer, die nur Aufträge abarbeitet, sondern als vollwertige Person, die in den Alltag dort eingebunden wird. Das hat ganz wesentlich damit zu tun, dass der Chef – Professor Ralf Elbert – alle sechs Wochen seine studentischen Hilfskräfte einberuft: Dann bringt er die Runde auf den Stand, was es Neues aus der Forschung am Fachbereich gibt und welche Projekte anstehen. Und: Er fragt die Hiwis nach ihrer Meinung zu Lehrangebot und Lehrinhalten, im Bewusstsein, dass sie dichter dran sind an den Studierenden als er selbst. Auch vertrauliche Informationen werden den Hiwis nicht vorenthalten. »Das ist für mich ein echter Vertrauensbeweis«, sagt Nathalie Stolz: »Und der Beweis dafür, dass ich nicht irgendein x-beliebiger Hiwi bin.« eva keller

damit endet die vierteilige serie über studentische beschäftigungsverhältnisse, start in der ausgabe 2-2013: bit.ly/YGlcLg

Zeitmaschine 175. Geburtstag des Polarfoschers Carl Weyprecht Fast 130 Tage sonnenlose Finsternis, die dramatischen Eispressungen mit ihren knisternden, pfeifenden, knackenden, knirschenden und krachenden Geräuschvarianten: Eindrucksvoll beschreibt Carl Weyprecht die Wirkung des Eises während der Österreich-Ungarischen Nordpol-Expedition 1872 – 1874. Das Ziel der Expedition, die Suche nach der Nordostpassage mit Seeweg zum Pazifik, wurde durch das unerwartet frühe Einfrieren des Expeditionsschiffes »Tegetthoff« im Polareis nicht erreicht. Jedoch war dadurch die Voraussetzung für die Entdeckung der letzten größeren unbekannten Landmasse im Polargebiet geschaffen. Durch die NordostDriftung des Eises gelangte das manövrierunfähige Schiff nach einem äußerst widrigen Jahr im Polareis vor das von Carl Weyprecht und Julius Payer benannte Franz-Josef-Land. Carl Weyprecht wurde am 08. September 1838 in Darmstadt geboren und erkannte früh seine Neigung für das Seeleben und die Erforschung der Polarregionen. Nach dem Besuch der Höheren Gewerbeschule in Darmstadt, Vorläuferschule der TU Darmstadt, trat er in den Dienst der ÖsterreichischUngarischen Marine ein, der ihn in Länder im Mittelmeerraum sowie nach Südamerika brachte. Während eines Zusammentreffens mit dem Kartografen und Geografen August Petermann in Frankfurt – einem Pionier der deutschen Polarforschung – schmiedete man dann erste Pläne für eine deutsche Nordpolexpedition.

Zur Vorbereitung der großen österreichischen Polarexpedition unternahm Carl Weyprecht gemeinsam mit dem österreichischen Julius Payer endlich die erste Erkundungsfahrt ins nördliche Polarmeer, gefolgt von der großen Nordpolexpedition 1872 – 1874, bei der Weyprecht mit seiner Mannschaft nahezu zwei Jahre als verschollen galt. Weyprecht war nicht auf Entdeckungsabenteuer aus. Sein Name steht aufgrund seiner exakten und wissenschaftlichen Herangehensweise für eine neue Richtung in der Polarforschung und insbesondere für die internationale Arktisforschung durch sein Projekt der Errichtung von Beobachtungsstationen rund um das arktische Gebiet. Das 1. Internationale Polarjahr 1882/83 realisierte Weyprechts großartiges Konzept: 13 Nationen richteten feste Stationen in der Arktis ein. Wey­ precht erlebte diesen Erfolg nicht mehr. Er starb 1881 an den Spätfolgen der Polarexpedition. Mittlerweile existieren mehrere hundert Stationen im Polarraum. In Darmstadt wurde nur wenige Monate nach seinem frühen Tod eine Straße nach ihm benannt, und zahlreiche Veranstaltungen und Ehrungen erinnern seither an ihn. irmgard rebel die autorin ist mitarbeiterin im uni-archiv der tu darmstadt

Manfred Glesner, Professor im Ruhestand und Leiter der Forschungsgruppe Mikroelektronische Systeme, ist 70 Jahre alt geworden. Glesner genießt internationales Ansehen für seine Forschung und Lehre über Entwürfe hochintegrierter Schaltungen und Systeme, die Anwendungen u.a. in Kommunikations- und Medizintechnik sowie Konsumelektronik finden. Er erhielt zahlreiche hochdotierte und internationale Auszeichnungen, darunter den »Ordre des Palmes Académiques« der Republik Frankreich und einen Platz im International Advisory Board der technischen Universität Tallinn (Estland). Ihm zu Ehren wurde an der TU zu einem wissenschaftlichen Ehrenkolloquium eingeladen. Das Thema: die Mikroelektronik in Zeiten nach Moores Gesetz. Gordon Moore, Mitbegründer der Firma Intel, sagte schon 1965 voraus, dass sich aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung die Anzahl der Schaltkreiskomponenten auf einem Chip alle 18 Monate verdoppeln und sich in absehbarer Zeit ein Ende der technischen Entwicklung abzeichnen werde (Moore’s Law). Diese Voraussage ist heute immer noch gültig – das Ende ist nicht in Sicht. Zum Stand der Mikroelektronik heute und einem möglichen Paradigmenwechsel tauschten sich während des Kolloquiums Wegbegleiter, Doktoranden, Alumni, Kollegen und Freunde von Manfred Glesner aus.

TU-Kernphysiker erhält Ehrendoktorwürde Auszeichnung in Bukarest Professor Norbert Pietralla, Direktor des Instituts für Kernphysik der TU Darmstadt und Senatsmitglied, ist seit kurzem neuer Ehrendoktor der Polytechnischen Universität von Bukarest. Der 46-Jährige hat bei Professor Dr. Peter von Brentano über experimentelle Forschungen zur Struktur schwerer Atomkerne und deren Untersuchung mit Photonuklearen Reaktionen promoviert, die er unter anderem am supraleitenden Darmstädter Elektronen Linearbeschleuniger (S-DALINAC) der TU Darmstadt betrieb. Als Stipendiat im Rahmen des Emmy Noether-Programms der DFG verbrachte er zwei Jahre an der US-amerikanischen Yale University, bevor er ab dem Jahre 2001 in Köln eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe aufbaute, wo er sich auch habilitierte. Nach einem dreijährigen Aufenthalt an der State University of New York trat er an der Universität zu Köln eine Professur an. 2006 wechselte er an den Fachbereich Physik der TU Darmstadt. In seinen Jahren in den USA entwickelte Pietralla eine Methode zum Studium photonuklearer Kernreaktionen mit quasi-monochromatischen, polarisierten Gammastrahlen. Diese Methode ist wesentliche Motivation für den Bau von Anlagenteilen an dem durch EU-Förderung in Höhe von insgesamt 293 Millionen Euro in Bukarest entstehenden internationalen Forschungszentrum Extreme Light Infrastructure – Nuclear Physics (ELI – NP).


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