Verstehen
Technische Universität Darmstadt | hoch3 | September 2011
Seite 10
Junger Sturm und Drang Preisträger von Jugend forscht experimentieren zwei Wochen an der TU Darmstadt
Bild: Katrin Binner
Zwei Schüler und Jugend-forscht-Preisträger suchen Alternativen zu den bisher in der Praxis üblichen Rotoren von Windrädern. An der TU Darmstadt haben sie ihre Ideen mit Experten weiter vorangetrieben.
Matthias Göbel (16) und Philipp Menge (15) hatten eine Idee. Warum nicht mal die gängigen Flügel an Windkrafträdern gegen Flettner-Rotoren austauschen? Der Gedanke nahm Form an, in unzähligen Modellen feilten die beiden Schüler an der Aerodynamik. Das brachte den Darmstädtern den zweiten Platz im Landeswettbewerb von Jugend forscht ein. Und obendrauf den Sonderpreis der TU Darmstadt: ein zweiwöchiges Praktikum mit den Profis, auf Einladung des TU Darmstadt Energy Centers.
Simulation für die nächste Bewerbung „Die Industrie hat sich auf Flügel eingeschossen. Aber das heißt ja nicht, dass es nicht auch anders geht“, sagt Philipp. Vielleicht ist der zylindrische Flettner-Rotor ja energieeffizienter? Oder zumindest billiger in der Herstellung? Die ersten fünf Tage des Praktikums verbringen die Zehntklässler des Ludwig-Georgs-Gymnasiums bei den Fluidsystemtechnikern im Fachbereich Maschinenbau. „Wir haben uns zum Beispiel mit Wellenenergie beschäftigt“, erzählt Matthias. Die zweite Woche im Fachgebiet Regenerative Energien des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik hat konkret mit ihrer Erfindung zu tun: „Hier haben wir eine Computersimulation unseres Modells erstellt“, berichtet Philipp. Mit Hilfe des PCs könne schneller und genauer errechnet werden, wie das Modell optimiert werden kann. Mit der verbesserten Anlage wollen beide erneut an „Jugend forscht“ teilnehmen.
Ausdauer zeigen Das Skript, mit dem sie arbeiten, ist aus dem Hauptstudium. Philipp gibt sich aber bescheiden: „Wir wenden die Formeln an, auch wenn wir nicht alles verstehen.“ Mit der professionellen Infrastruktur an der TU hoffen die Preisträger, Hinweise darauf zu erhalten, dass ihre Windkraftanlage mit Flettner-Rotor einen höheren Wirkungsgrad erzielt als die gängigen Windkrafträder. Ein Vorteil des Flettner-Rotors sei die günstige Herstellung, so Philipp. Das mache ihn beispielsweise attraktiv für Entwicklungsländer. Dr. Peter Engel, Betreuer der beiden, ist angetan vom Engagement der Schüler. Zwar ist er aufgrund der ersten Ergebnisse etwas skeptisch – der Wirkungsgrad könnte zum Beispiel höher sein –, aber die Idee an sich sei gut. Auch sein Chef, Professor Thomas Hartkopf, zeigt sich beeindruckt. Genauestens lässt er sich von Engel Bericht erstatten. Die jungen Praktikanten ermutigt er, vor allem Ausdauer zu zeigen. Ein naturwissenschaftlich-technisches Studium werden Matthias und Philipp wohl beide ansteuern. Aber auf die TU Darmstadt wollen sie sich noch nicht festlegen: „Erst mal will ich jetzt ein gutes Abi machen“, sagt Philipp. „Und dann muss man sehen, ob das Portfolio der TU stimmt.“ Martina Borusewitsch Wollen als Windrad-Experten erneut bei Jugend forscht erfolgreich sein: Matthias Göbel (links) und Philipp Menge absolvierten ein TU-Praktikum.
Kreative Lösungswege Junge Forscher im Schulalter bringen frischen Wind ins Labor
Die TU Darmstadt schreibt jährlich einen Sonderpreis zum Landeswettbewerb Jugend forscht aus. Das Praktikum, das die Gewinner absolvieren, führt in unterschiedliche Fachbereiche und Schwerpunkte an der TU. In diesem Jahr war das Energy Center an der Reihe. Mit Dr. Tanja Drobek, Koordination Studiengang „Energy Science and Engineering“, sprach Martina Borusewitsch über die Ideen der jungen Forscher.
Gibt es einen wechselseitigen Nutzen? Die jungen Leute haben spannende Ideen und stellen Fragen, die man sich vielleicht gar nicht mehr stellt, wenn man schon länger im Geschäft ist. Die Fragen haben oft einen Alltagsbezug und können spannende Ergebnisse liefern. Die Schüler stecken nicht im üblichen Laborbetrieb. Daher kommt ein neuer Blickwinkel dazu – das ist sehr bereichernd für die Universität.
Welche Vorteile hat ein früher Kontakt? Frau Drobek, was ist dran an den Ideen der Schüler bei Jugend forscht? Die Schüler arbeiten mit viel Engagement. Sie tüfteln und basteln oft sehr lange mit Akribie und einer Begeisterung, die bewundernswert ist. Sie beschäftigen sich dabei mit Dingen, die im Forschungsalltag manchmal abseits stehen und die man normalerweise nicht angehen würde. Und sie finden oft auch neue, kreative Lösungswege.
Was erwarten TU und Praktikanten voneinander? Wir erwarten viel Neugier, dass die Schüler Fragen stellen, Interesse an der Sache haben. Die Schüler erwarten, in ihrem Thema weiterzukommen, neuen Input zu bekommen, zu erfahren, wie man wissenschaftlich an Themen herangeht. Für die Schüler ist es eine große Chance anzuschauen, wie eine Universität funktioniert, was da läuft und ob ihnen das Thema, mit dem sie sich beschäftigen, eine berufliche Perspektive bietet.
Ich denke, für die TU Darmstadt bietet sich die Chance, gerade die Jugendlichen kennenzulernen, die an Forschungsthemen interessiert sind und viel Engagement zeigen. Sie sind bereit, ihre Freizeit zu investieren, um an interessanten Projekten zu tüfteln. Sie tragen den Kontakt in ihre Schulen und sind ein Brückenkopf zu anderen Schülern und engagierten Lehrern.