Fokus
Seite 7 Technische Universität Darmstadt | hoch3 | Oktober 2014
Gute Wahl Bild: Katrin Binner
Algorithmen für die Verbindungsauskunft von morgen Seit rund zwanzig Jahren arbeitet Professor Karsten Weihe zusammen mit der Deutschen Bahn an algorithmischen Fragestellungen rund um die Verbindungsauskunft. Grundlagenforschung eröffnet dabei immer wieder neue Zukunftsperspektiven. Ein eindrucksvolles Ergebnis hat Professor Weihe sofort parat: »Wir konnten zeigen, dass bei so ziemlich allen realen Verbindungsanfragen eine einstellige oder sehr kleine zweistellige Zahl von Zugverbindungen ausreicht, um garantiert jedes Fahrgastprofil abzudecken.« Diese Aussage beruht auf umfangreichen Sammlungen von Kundenanfragen an die Reiseauskunft der Bahn im Internet. Der Verbindungssucher MOTIS der Arbeitsgruppe berechnet – wie die Fahrplanauskunft der Bahn – für jede Verbindungsanfrage eine kleine Liste von möglichen Zugverbindungen. Das Besondere an MOTIS ist, dass der eilige Geschäftsmann garantiert eine möglichst schnelle Verbindung darin finden wird und der arme Student stattdessen eine möglichst billige. Und auch für jede andere denkbare Gewichtung von Fahrzeit, Fahrpreis und Bequemlichkeit ist eine sehr gute Verbindung dabei. Schnell, bequem, günstig
Professor Karsten Weihe mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeitern Dr. Mathias Schnee (r.) und Mohammad Keyhani (l.)
Eigentlich wäre aus theoretischen Gründen zu befürchten, dass eine alle Kundenprofile abdeckende Liste von solchen sogenannten Pareto-Optima astronomisch groß wird. Die Erkenntnis der Arbeitsgruppe ist: Für beinahe alle realen Verbindungsanfragen ist diese Liste so kurz, dass sie dem Kunden problemlos in Gänze präsentiert werden könnte. Um
dieses Ergebnis zu erzielen, haben Weihe und seine Arbeitsgruppe raffinierte algorithmische Techniken entwickelt, die zudem so effizient sind, dass eine Verbindungsanfrage meist in Sekundenbruchteilen beantwortet wird. Dieses Ergebnis ist schon ein paar Jahre alt. Inzwischen kann MOTIS viel mehr, zum Beispiel Auskünfte über alternative Verbindungen im Verspätungsfall. Aktuell wird MOTIS für multimodale Auskunft gerüstet, insbesondere für die Integration von Carsharing, Bikesharing, Taxifahrten am Ankunftsort oder Fahrt zum Abfahrtsbahnhof mit eigenem Fahrrad oder Auto. Flexibilität eingebaut
MOTIS leistet bei der Bahn gute Dienste in der Qualitätssicherung der Verbindungsauskunft. In der Innovationsallianz geht es aber immer auch um Grundlagenforschung. So konnte die Arbeitsgruppe im letzten Jahr prinzipiell ein Problem lösen, vor dem viele Bahnreisende immer wieder stehen: so spät wie möglich abfahren, aber dennoch mit 99-prozentiger Sicherheit rechtzeitig am Ziel ankommen, auch wenn die ursprünglich geplante Verbindung durch Verspätungen nicht mehr möglich ist und die Route während der Zugreise flexibel angepasst werden muss. Professor Weihes komplexer algorithmischer Ansatz berechnet die garantiert letzte Möglichkeit, das Ziel mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit rechtzeitig zu erreichen – sicher eine gute Nachricht für jeden, der beispielsweise an einem Tag mit engem Terminkalender per Bahn noch einen Flieger erwischen muss.
Handeln wie eine kleine Softwarefirma Bild: Katrin Binner
Vom Bachelorpraktikum zum Open-Source-Projekt Im Rahmen des Bachelorpraktikums des Fachbereichs Informatik entwickelten vier Studierende ein flexibles Displaysystem zur Anzeige von Terminplänen, Raumbelegungen und Medien auf Basis der Raspberry-Pi-Plattform. Das Bachelorpraktikum stellt eine Pflichtveranstaltung im fünften Semester des Bachelorstudiengangs Informatik an der TU Darmstadt dar. Hierbei müssen Teams von vier Studierenden als kleine Softwarefirma agieren und in ca. 900 Arbeitsstunden ein vorgegebenes Projekt realisieren. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde durch das Fachgebiet Bahnsysteme und Bahntechnik sowie das Fachgebiet Security Engineering ein Projekt für das Eisenbahnbetriebsfeld ausgeschrieben. Die Lernfabrik Eisenbahnbetriebsfeld (EBD) ist ein Kooperationsprojekt zwischen der TU Darmstadt, dem Akademischen Arbeitskreis Schienenverkehr e.V. und der Deutschen Bahn AG. Das EBD besteht aus einer mit realen Stellwerken und originalgetreuer Dispositionssoftware gesteuerten Modellbahnanlage, die es ermöglicht, den Bahnbetrieb zu simulieren und so eine optimale Umgebung für die Aus- und Weiterbildung von Fahrdienstleitern, Disponenten und Studierenden schafft. Für Studierende werden in diesem Umfeld regelmäßig Lehrveranstaltungen und Praktika angeboten.
seine Konfiguration und Daten dynamisch von einem Server und kann anschließend auch offline betrieben werden. Die Erstellung einer Konfiguration der Anzeigen sowie das Einstellen der Inhalte kann durch den Nutzer betriebssystemunabhängig, bequem und intuitiv über ein Web-Interface vorgenommen werden. Open-Source-Basis
Aufgrund des großen Anklangs, den das System bei einer ersten Präsentation fand, wird eine Weiterentwicklung im Rahmen von darauf aufbauenden Praktika stattfinden. Außerdem erfolgte eine Veröffentlichung auf Open-Source-Basis, wodurch eine Nutzung und Beteiligung durch alle an dem Projekt Interessierten ermöglicht wird. Das System kann im Live-Betrieb bei einer der Lehrveranstaltungen der beiden Fachgebiete oder dem Besuch einer der öffentlichen Veranstaltungen im EBD betrachtet werden. isabel schütz/christian schlehuber
Flexibles Anzeigesystem
Um den dortigen Lehrgangsteilnehmern tagesaktuelle Informationen darstellen zu können, wurde ein flexibles Anzeigesystem geschaffen. Eines der Hauptziele bestand in einer einfachen Nutzerführung zum Einstellen von Inhalten bei einer guten Erweiterbarkeit. Desweiteren sollte eine schnelle und einfache Positionierung des Systems innerhalb des Gebäudes ermöglicht werden. Anhand dieser Vorgaben wurde ein System auf Basis des Raspberry-Pi-Einplatinencomputers geschaffen. Dieses lädt
Am Eisenbahnbetriebsfeld: Isabel Schütz und Christian Schlehuber
www.verkehr.tu-darmstadt.de/bs www.seceng.informatik.tu-darmstadt.de www.eisenbahnbetriebsfeld.de www.akabahn.de www.sourceforge.net/projects/pingui-project