National Integrity System Bericht Schweiz

Page 90

Exekutive

Interne Struktur und Organisation Gemäss der Schweizerischen Bundesverfassung wirkt der Bundesrat als oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes.2 Er ist aus sieben Mitgliedern zusammengesetzt und wird von der Bundesversammlung für die Dauer von vier Jahren gewählt, wobei bei der Zusammensetzung darauf geachtet wird, dass die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen vertreten sind.3 Den Vorsitz der Regierung führt der Bundespräsident, der von der Bundesversammlung aus den Mitgliedern des Bundesrates gewählt wird und ein Jahr im Amt ist.4 Seit 1959 setzt sich die Regierung aus den vier grössten Parteien zusammen, welche gemäss ihrem Wähleranteil im Bundesrat vertreten sind.5 Ein wichtiges Merkmal der schweizerischen Politik ist das auch im Bundesrat geltende Konkordanzsystem, wonach Konflikte durch die Suche von Kompromissen möglichst einvernehmlich gelöst werden sollen. Gemäss dem Kollegialprinzip trifft der Bundesrat seine Entscheide im Kollegium, wobei jedes Mitglied gegen aussen die Position der Mehrheit vertreten muss. Das Departementalprinzip besagt schliesslich, dass jeder Bundesrat einem der sieben Departemente der Bundesverwaltung vorsteht und die in den einzelnen Departementen anstehenden Geschäfte im Bundesrat vertritt.6

2 3

4

5

Assessment a) Kapazität 6

Ressourcen (Praxis) In welchem Ausmass verfügt die Regierung über angemessene Ressourcen um ihre Pflichten wirksam wahrzunehmen?

Score: 50 Die Bundesverwaltung hat rund 35‘800 Stellen und die Regierung verfügt mit der Bundeskanzlei über eine eigene Stabsstelle mit 168 Stellen. Damit ist die Regierung gemäss dem externen Experten in personeller Hinsicht ausreichend ausgestattet. In Krisenlagen zeigt sich allerdings, dass der Bundesrat zunehmend überfordert ist, was aber vielmehr mit der individuellen Besetzung der Regierungsmitglieder als mit strukturellen Problemen zu tun hat.7 Zwar wurden verschiedene Regierungsreformen diskutiert, so z.B. die Erhöhung der Anzahl Staatssekretäre, um die Regierung zu entlasten, bisher konnte jedoch keines dieser Reformprojekte umgesetzt werden. Auch in technischer8 und finanzieller Hinsicht ist die Regierung mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet, um die ihr zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.9 Im Bereich Korruptionsprävention und -bekämpfung treffen die soeben gemachten Angaben allerdings nicht zu. Als die IDAG Korruptionsbekämpfung beispielsweise im Jahre 2008 ein formelles Mandat erhalten hat, um als Koordinationsgremium zur Korruptionsbekämpfung auf nationaler Ebene zu fungieren, wurden für die Verrichtung der damit verbundenen Tätigkeiten zwei Vollstellen beantragt, die jedoch von der Regierung nicht bewilligt worden sind. Ein illustra-

2011

7

8

9

91

Art. 174 BV. Art. 175 Abs. 1, 3 und 4 BV. Damit kennt die Schweiz kein eigentliches parlamentarisches Regierungssystem im engeren Sinn, da die Regierung auf vier Jahre fest gewählt ist und nicht durch ein Misstrauensvotum abgewählt werden kann, vgl. KLÖTI Ulrich, ‹Regierung›, in: KLÖTI et al. (Hrsg.), Handbuch der Schweizer Politik, 4. Auflage (Zürich, Verlag Neue Zürcher Zeitung, 2006), 154 f. Art. 176 Abs. 1 und 2 BV. Der Bundespräsident übernimmt Repräsentationsaufgaben und hat im Übrigen die Stellung eines «primus inter pares», vgl. KLÖTI 2006: 161. Bis 2003 setzte sich der Bundesrat aus je zwei Vertretern der FDP (nach der Fusion mit der liberalen Partei seit dem 1.1.2009 FDP.Die Liberalen), der CVP und der SPS sowie einem Vertreter der SVP zusammen, was als parteipolitische Zauberformel bezeichnet worden ist. Diese Zusammensetzung änderte sich im Jahr 2003 nach massiven Gewinnen der SVP bei den Parlamentswahlen: Die SVP gewann auf Kosten der CVP einen Bundesratssitz hinzu (KLÖTI, 2006: 156 f. und http://www.nzz.ch/ nachrichten/politik/schweiz/fusion_von_fdp_ und_liberalen_beschlossen_1.1167187.html [besucht am 26. Januar 2011]). Heute besteht die Regierung aus einem Vertreter der SVP, der Bürgerlich demokratischen Partei (BDP), der CVP und je zwei Vertretern der SP und der FDP. KLÖTI 2006: 160 ff. Der Bundesrat plant derzeit eine Regierungsreform, nach welcher das Parlament die Bundespräsidenten und Vizepräsidenten künftig frei – und nicht mehr wie heute nach dem Anciennitätsprinzip – wählen soll, wobei die Amtsdauer zwei Jahr betragen soll. Zudem soll es zukünftig mehr Staatssekretäre geben, vgl. http://www.nzz.ch/ nachrichten/politik/schweiz/nicht_mehr_ jeder_wird_bundespraesident_1.6032903.html [besucht am 16. Februar 2011]. Anderer Ansicht ist Andreas Ladner, der es für durchaus denkbar hält, dass institutionelle Reformen (z.B. ein konstantes Präsidium, die Stärkung der Position der Stellvertreter und die Entlastung von operativen Tätigkeiten) den Bundesrat in Krisensituationen handlungsfähiger machen könnten, vgl. schriftliche Auskunft von Andreas Ladner vom 4. Mai 2011. Zurzeit wird gerade ein neues, komplexes elektronisches Geschäftsverwaltungsmodell eingeführt, mit dem es in Zukunft möglich sein wird, auch über Jahre hinweg die Entstehungsgeschichte von Dokumenten lückenlos zurückzuverfolgen, vgl. SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT, ‹Die Bundeskanzlei BK›, in: Der Bund kurz erklärt 2011 (Bern: Bundeskanzlei BK, 2010), 46. Interview mit Pierre Tschannen, befragt durch Reto Locher, Bern, 15. März 2011. Gemäss der Verordnung der Bundesversammlung über Besoldung und berufliche Vorsorge der Magistratspersonen vom 6. Oktober 1989 beträgt die Jahresbesoldung der Mitglieder des Bundesrates 404’791 Franken. Damit werden die Mitglieder der Landesregierung für ihre Tätigkeit ausreichend entschädigt.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.