Touring 06 / 2013 deutsch

Page 46

46 touring | Nachgefragt Nr. 6 | 4. April 2013

Er verziert edle Gefährte mit einzigartigen Tattoos Vincent Saudan ist eine von zehn Personen, welche die Kunst des Pinstripings beherrschen. Dabei bekommen Autos, Motorräder und Helme hübsche Zierlinien. Was für Utensilien verwenden Sie? Ich benutze die amerikanische Farbe «One-Shot» und einen Spezialpinsel, mit dem man in einem Zug klare und gleichmässige Linien anbringen kann, ohne zu oft neue Farbe aufnehmen zu müssen. Denn beim freihändigen Arbeiten an einer Karosserie, einem Motorrad oder einem Helm sind Fehler nicht erlaubt.

Der 28-jährige Freiburger Vincent Saudan ist begeisterter Pinstriper und leidenschaftlicher Fan der amerikanischen Kultur der 50er Jahre.

Die Linierung muss also auf Anhieb perfekt sein? Mehr oder weniger. Ganz am Anfang lassen sich Details noch mit Terpentinersatz korrigieren, doch wenn in der Schlussphase einen Fehler passiert, muss man alles wegmachen. Welches ist ihr schönster Erfolg? Das Armaturenbrett eines Chevrolets aus dem Jahr ����. Ich begann mit ein paar Skizzierungen unter der Windschutzscheibe. Dem Besitzer gefiel es, und er bat mich weiterzumachen. Was für Erwartungen haben Ihre Kunden? Sie möchten vor allem ein Element ihres Fahrzeugs hervorheben und die Kurven betonen. Daher beginne ich zumeist mit kleinen Pinselstrichen auf der Motorhaube, um die Türgriffe herum oder unterhalb des Nummernschildes.

«Bei der Linierung einer Karosserie darf man nicht patzen.» Verlangen Ihre Kunden ein bestimmtes Motiv, oder lassen sie Ihrer Inspiration freien Lauf? Diejenigen, die das Pinstriping nicht so gut kennen, kommen mit sehr klaren Vorstellungen. Die Kenner hingegen lassen mir freie Hand. Ich versuche, die Kunden davon zu überzeugen, mir nicht zu viele Vorgaben zu machen, denn es soll ja eine einmalige Form entstehen. Welches sind Ihre treuesten Kunden? Die Motorradfahrer, ganz klar. Ich weiss nicht mehr, wie viele Helme und Motorräder ich schon liniert habe.

Jacques-Olivier Pidoux

Wie sind Sie auf das Pinstriping gekommen? Vincent Saudan: Entdeckt habe ich dieses Handwerk an amerikanischen Autotreffs. Darauf habe ich mir im Internet Videos mit den grossen Meistern der Kunst angeschaut. Nach einigen Versuchen war ich nahe daran aufzugeben, da meine Werke nicht sehr überzeugend waren. Doch mit der Übung entwickelte ich schliesslich meinen eigenen, von der «alten Schule» inspirierten Stil. Heute besuche ich ungefähr ein Mal im Monat Autotreffs, wo ich meine Dienstleistung all denen anbiete, die ihr Fahrzeug verschönern wollen.

Warum sind Sie, als Bewunderer edler Fahrzeuge, Möbelschreiner und nicht vielmehr Automechaniker geworden? Ich habe diese Leidenschaft erst im Alter von �� Jahren entdeckt, als ich einen alten VW-Bus in einer Garage sah. Ich begann dann ganz allein, diesen Bus zu reparieren und umzubauen. Inzwischen besitze ich sechs weitere VWs aus den ��er und den ��er Jahren, an denen ich mit Freunden herumbastle. Interview: Jacques-Olivier Pidoux


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.