Top Magazin Heilbronn 2016-01

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werte

Unsere Welt, unsere Werte Lebenswerte Gesellschaft Eine Gesellschaft wird erst lebenswert, wenn sich Regeln und Freiheiten die Waage halten, wie es das austarierte System unseres Grundgesetzes vorsieht. Es sichert uns unter anderem Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung, freie Entfaltung oder die Unantastbarkeit der Würde zu. In den vier Ausgaben des top magazins 2016 unterhalten wir uns jeweils mit einem Gesprächspartner über die Bedeutung unserer verschiedenen westlichen Werte und beleuchten diese Werte und ihre Grenzen und auch, wo Prozesse noch im Gange sind, um dem sich ändernden gesellschaftlichen Leben Rechnung zu tragen oder dem Wohl der Gemeinschaft gerecht zu werden.

Bei der Gleichberechtigung hakt’s Artikel 3 GG (Grundgesetz) Sie ist seit Januar Bürgermeisterin der Stadt Schwaigern und das top magazin HEILBRONN sprach mit Sabine Rotermund (51), verheiratet, drei Kinder (27, 25 und 16 Jahre alt) über die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Diese sei für sie im Beruf so selbstverständlich wie in der Partnerschaft. TM: Sie haben sich als Amtsleiterin für Bildung, Familie und Kultur, dem größten Ressort am Sinsheimer Rathaus, auf den Bürgermeisterposten beworben, hatten also bereits eine Führungsposition. Spielt berufliche Gleichberechtigung für Sie noch eine Rolle? Natürlich, denn auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen im gebärfähigen Alter bei Bewerbungen immer noch auf subtile Art ausgebootet werden. Nach einer vierjährigen Familienpause und anschließendem Halbtagsjob war der Einstieg in die Vollzeit nur mit Unterstützung meines Mannes möglich. Wenn Kinder da sind, müssen auch die Männer Verantwortung übernehmen und Verständnis zeigen. Das gilt für Partner wie für Chefs, denn auch die sind oft genug Väter. Doch da hakt’s immer noch. Die traditionelle

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Frauenrolle verschwindet in den Köpfen nicht so schnell.

TM: Sie sind die erste Frau auf dem Chefsessel im Schwaigerner Rathaus. Die Wahl haben Sie gegen zwei ebenfalls qualifizierte Männer gewonnen. Ein gelungenes Beispiel für Gleichberechtigung? Wenn man davon absieht, dass ich während des Wahlkampfs gefragt wurde, wie ich denn diesen zeitintensiven Job mit meiner Familie vereinbaren könne, waren hier wohl letztendlich die fachliche Qualifikation und die Überzeugungskraft in der Öffentlichkeit ausschlaggebend. Ohne Ansehen des Geschlechts. Was ich mir generell bei allen Bewerbungen wünsche, denn da zählen die beste Qualifikation und der persönliche Eindruck. So habe ich es bisher immer gehalten.

gat zwischen Job und Familie müssen immer noch überwiegend die Frauen hinbekommen. Wenn die Kinderbetreuung garantiert ist, wird das Berufsleben planbarer. Daran müssen auch die Kommunen noch arbeiten. Ohne Unterstützung vom Partner wird es für uns aber kompliziert bleiben, vor allem, wenn auch die Großeltern nicht einspringen können. Das trifft Alleinerziehende besonders hart. Da sind mehr Toleranz und variable Arbeitszeiten vonseiten der Chefs gefordert. Es geht einfach viel Potenzial verloren, wenn Frauen ausgebremst werden. Kein Mann kann den gesellschaftlichen Wandel auf Dauer ignorieren.

TM: Vielen Dank für das interessante Gespräch. Text und Foto: Astrid Anna Link

TM: Was muss denn passieren, damit Partner und Chefs die Frauenpower mehr fördern? Ein bisschen hat sich in den letzten Jahren schon bewegt, indem auch Männer ihre Elternzeit beansprucht haben. Aber den Spa-

Frühling 2016 · top magazin HEILBRONN

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