Kirchenschätze

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Die Klosterkirche in Bad Klosterlausnitz Der imposante Kirchenbau im Stile einer romanischen Pfeilerbasilika mit seinen beiden trutzigen Türmen überragt den schon seit 1880 als Sommerfrische und Heilbad beliebten, heute durch drei renommierte Rehabilitationskliniken, seine Beschaulichkeit und die ihn umgebende reizvolle waldreiche Landschaft wohl bekannten Kurort Bad Klosterlausnitz. Die Bezeichnung Klosterkirche stimmt allerdings nur insofern, als es sich um einen nach bestem Wissen über die sakrale Baukunst des 12. Jahrhunderts in den Jahren von 1863 bis 1866 errichteten, vermutlich etwas kleineren Nachbau der Kirche des einstigen Augustiner Chorfrauenstifts Lausnitz unter Nutzung noch erhaltener Substanz handelt. Eine meisterhafte Leistung des Preußischen Landeskonservators und Architekten Alexander Friedrich von Quast in einer Zeit, als Preußen nicht nur „Geschichte“ bauen ließ, sondern sie auch zu konservieren begann. Dadurch blieb ein kirchenhistorisch bedeutsames sakrales Bauwerk erhalten, dessen Ursprung fast 900 Jahre zurückliegt. Im Jahre 1131 suchte eine adlige Witwe namens Cuniza einen von der Welt abgeschiedenen Platz, um sich der Trauer um ihren verblichenen Gemahl hinzugeben und sich fürderhin Gott zuzuwenden. Sie fand ihn hier an der „Lusenice“, am „Sumpfwasser“, in einer von dichtem Wald bedeckten Gegend, in der nur der Einsiedler Sigibodo hauste. Markgraf Heinrich von Groitzsch wies ihr Land zur Errichtung eines Klosters zu. Im folgenden Jahr gründete sie das Augustiner-Nonnenkloster, in das zunächst neun Jungfrauen aus Halle einzogen. Ein St. Marien geweihtes Holzkirchlein entstand ganz in der Nähe der Einsiedlerhütte Sigibodos an der Heltzigquelle. Das sumpfige Gelände um das ursprüngliche „Kloster an der Lusenice“ erwies sich bald als ungeeignet für dessen Erweiterung. Ein festerer Standort bot sich „auf einem harten Fels“ an, auf dem dann 1152 der Grundstein für eine neue Kirche gelegt wurde und auf dem die heutige steht. Mit der Aufhebung des Klosters im Verlaufe der Reformation wandelte sich die Klosterkirche in ein protestantisches Gotteshaus. Am 15. April 1526 predigte hier zum ersten Male ein evangelischer Geistlicher aus Eisenberg. Vom 6. Mai desselben Jahres an wirkte Pfarrer Hieronimus Albrecht als erster evangelischer Seelsorger in Lausnitz. Sieben verbleibende

Augustinerinnen erwirkten lebenslanges Wohnrecht in ihrer Klausur. Die beiden letzten starben 1543. Die Legende sagt, dass Farnesia und Anoetnezza auf dem Wege zu einem Kranken der Blitz erschlug. Die Kreuzsteine, die den Ort des tragischen Geschehens einst markierten, verschwanden schon vor langer Zeit. Zwei Bildnisse in der Kirche gelten als Porträts der beiden Frauen. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt die Legende von kostbarem Kirchengerät, das die Nonnen im Klosterkeller vergraben haben sollen, als sie vor des Volkes Zorn fliehen mussten. Es sollte nicht den „Ketzern“ in die Hände fallen. Viele Schatzsucher gruben später danach. Auch Herzog Christian ließ den Keller durchwühlen. Vergeblich. So wartet der Schatz wohl noch auf den Glücklichen, der ihn hebt. Die Nonnen fristeten wohl ein eher karges Leben, zu dessen Unterhalt außer der „Mitgift“ der Stiftsdamen allerdings auch Pachten und Bußgelder aus den Privilegien des Jagdrechts, des Fischereirechts und der niederen Gerichtsbarkeit beitrugen. Das Kloster erhielt auch zeitweise das Recht zum Ablasshandel. Gläubige wallfahrteten zu besonderen kirchlichen Feiertagen von weit her hier hin. Das Leben mit Beten und Gesang und Pfründen versiegte mit der Reformationszeit allmählich und die Kirche verfiel. Das Elend der Menschen während des Dreißigjährigen Krieges und die Not danach trugen dazu bei. Die baufälligen Klostergebäude wichen zwischen 1720 bis 1722 einem herzoglichen Jagdschloss. 1857 musste die nun ebenfalls baufällige Kirche ihre Pforten endgültig schließen. „Da gab es aber schon Pläne, die Kirche wieder aufzubauen.“, erklärt Pfarrer Kersten Borrmann bei seiner Führung mit „den Augen statt mit den Füßen“ durch die Basilika, „Karl Friedrich Schinkel brachte aus Italien die Idee der Bewahrung alter Baudenkmäler nach Preußen und Preußens Landeskonservator Quast folgte dieser Idee. Da es keine Bauunterlagen über die Vorgängerin gab, nahm er die etwa zur gleichen Zeit gebauten Basiliken in Paulinzella und Thalbürgel zum Vorbild. Die Kirchgemeinde konnte sich eigentlich solch einen bombastischen Bau nicht leisten. Doch der Landesherr Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg kam ihr da entgegen, finanzierte die Kirche, sie kostete letztendlich 123 000 Mark, und kassierte dafür den Kirchenwald. So konnte

1863 die Grundsteinlegung erfolgen. Die Einweihung fand am 31. Oktober 1866 statt. Seit 1966 steht der Restaurationsbau unter Denkmalschutz.“ Das Westportal und das Mittelschiff, mit den durch zwölf die Apostel symbolisierenden Säulen abgegrenzten Seitenschiffen, erinnern tatsächlich deutlich an die Klosterbasilika in Thalbürgel. In der Bad Klosterlausnitzer allerdings dominiert ein hohes Kruzifix den Altarraum. Der Corpus Christi wurde aus e i n e m Eichenstamm geschnitzt und übertrifft mit 2,50 m Höhe alle bekannten Kruzifixe im sächsisch-thüringischen Raum. Der es schuf, bleibt wohl unbekannt. Die Gestaltungsmerkmale kennzeichnen es als spätromanisches Werk aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Möglicherweise gehörte es einst zu einer Kreuzigungsgruppe. Faszinierend, wenn der Schein der Morgensonne den Heiland in Gegenlicht hüllt. Abends verdreifachen Scheinwerfer das Kreuz durch seine Schatten an der Wand unter der Himmelskuppel. Deren acht Segmente stehen für die sieben Tage der Schöpfung und den Tag nach ihrer Vollendung, den Tag der Auferstehung, des Ursprungs. Jeweils 52 goldene Sterne für den sich ewig wiederholenden Ablauf der Jahre. Für das stete Werden, Vergehen und Wiedererstehen. 130 Jahre lang oblag dem jeweiligen Staat die so genannte Baulastpflicht, die 1873 das Herzogtum Sachsen-Altenburg übernahm. Seit 2003 gehört die Kirche der Kirchgemeinde Bad Klosterlausnitz und Weißenborn. Eine wichtige Voraussetzung dafür, das denkmalgeschützte Bauwerk zu restaurieren, denn nun konnte die Kirchgemeinde Fördermittel dafür erhalten. Schon seit 1997 sammelte sie, um den erforderlichen Eigenanteil dazu aufzubringen. Auch einhellige Gemeinderatsbeschlüsse trugen dazu bei. „Die Kirche ziert unser Wappen, wir werben damit, also unterstützen wir die Restaurierung des historisch bedeutenden sakralen Bauwerks.“ Dank der Restauratoren Christiane Opitz und Thomas Bermig, dank der engagierten und akribischen Arbeit der meist ortsansässigen Handwerker präsentiert sich die Klosterkirche seit 2008 wieder innen wie außen als Schmuckstück des schmucken Kurortes. Von Menschenhand wie für die Ewigkeit gefügt, ragt sie über die alten Linden und Eichen ringsum hoch hinaus.

Evangelisch-lutherisches Pfarramt Kirchgasse 3 · 07639 Bad Klosterlausnitz · Telefon: 03 66 01/8 30 50 pfarramt-bad.klosterlausnitz@t-online.de · www.elk-bad-klosterlausnitz.de 6


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