Die Kirche in Rausdorf Über die frühe Geschichte der Rausdorfer Kirche gibt es nur Vermutungen. Das Kirchdorf um das Rittergut war immer Filial der Kirchgemeinde Großbockedra und die Kirche stand stets unter dem Patronat der Rausdorfer oder Großbockedraer Gutsbesitzer. Möglicherweise bereits im 13. Jahrhundert. Erwähnt wird sie im Zusammenhang mit einem Kleinadeligen namens Holt von Ruwinsdorf, dem das Gut 1378 gehörte. Ruwinsdorf hört sich ja ein bisschen wie Rausdorf an. Fest steht, dass im Jahre 1695 die von Tümplings, wohl eine Nebenlinie derer, die in Tümpling bei Camburg saßen, die Kirche weitgehend neu aufbauten. 1865 erfolgte dann der Umbau in ihre heutige Gestalt. Der Rechteckbau der Saalkirche, deren Walmdach ein Dachreiter mit welscher Haube ziert, erhielt an der Westseite die Vorhalle mit dem markanten Giebel. Die Orgel auf der Ostempore musste der Kanzel über dem Altar weichen, die vorher an der Südseite stand. Sie erhielt nun ihren Standort auf der Westempore, zwar etwas versteckt hinter zwei Säulen, doch bietet sich so Platz für weitere Musiker oder Sänger neben dem Organisten. Das zweimanualige Instrument baute vermutlich der Uhlstädter Orgelbauer Christian Sigismund Vogt um 1772. Die Stadtrodaer Orgelbauer Poppe disponierten es 1887 und 1902 um. Die wenigen damals vorhandenen Fenster wurden zugemauert und Öffnungen für acht kleine und zehn größere Rundbogenfenster ins Mauerwerk gebrochen, die seither das neoromanische Äußere des Bauwerks prägen und viel Licht in das Innere bringen. Die schnörkellos schön gestalteten Leistenrahmenfenster fügen sich gut in den schlichten Kirchenraum ein. Die Rahmen und zum Teil auch das damals noch mundgeblasene Fensterglas stammen noch original aus dem Jahr ihres Einbaus. Allerdings nagte der Zahn der Zeit erheblich an Kitt und Farbe. Nassfäule zerstörte das Holz. Abhilfe tut not. Zwar können die Rausdorfer durch Eigenleistungen die Kosten für die teure originalgetreue Restauration erheblich senken, doch ganz ohne Geld geht es nicht. Deshalb suchen sie Fensterpaten, die die verbleibenden Kosten übernehmen. Für ein kleines Fenster 100 €, für ein großes 150 €. Neben Gottes Segen wird ihnen dafür der Dank der Gemeinde zuteil und ewige Erinnerung an die gute Tat durch ein Messingschild
am Spendenobjekt. Einige Fensterpaten fanden sich bereits. Die Idee zu dieser Aktion rührt von der bemerkenswerten Geschichte um das Altarfenster im Ostgiebel her. Dort befand sich über der Sakristei früher ein farbiges Bleiglasfenster. Nach dessen Zerstörung wurde die Öffnung in den 70er Jahren zugemauert. Ließ das alte Fenster schon nicht viel Licht herein, verdüsterte sich nun das Kirchenschiff noch mehr. Kein Wunder also, dass die Kirchgemeinde sich ein neues wünschte. „Die Erfüllung dieses Wunsches ermöglichte uns dann eine Familie aus dem Dorf, die sich großherzig erbot, die Kosten dafür zu übernehmen“, erzählt die Kirchenälteste Britta Schlenzig, „Ulrich Sittner, Bauberater des Kirchkreises Eisenberg, bestärkte uns darin, nicht das historische Fenster zu rekonstruieren, sondern ein eigenes zu schaffen. Mit Feuereifer wälzten wir einschlägige Bücher, machten uns kundig über sakrale Symbolik. Helles Licht sollte dominieren, die strahlende Sonne, dazu das Kreuzes und das Symbol der Dreieinigkeit erscheinen. Ein Entwurf meiner Mitstreiterin Catrin Schneider kam dem sehr nahe. Mit dem Glasgestalter Wolfgang Funk aus Weida, der dem Künstlerstammtisch auf der Osterburg angehört, berieten wir uns. Er gestaltete uns dann das Fenster, noch schöner als wir es uns vorgestellt hatten. Das helle Grün der Zuversicht, das Blau des unendlich weiten Himmels, die symbolischen Sonnenstrahlen, die mit den wirklichen der Morgensonne die Kanzel in ein unwirkliches Licht tauchen. Es erfüllt den Kirchenraum zu jeder Tageszeit, zu jeder Jahreszeit mit einem eigenen Schein.“ Das Zitat aus Matthäus 5,14 im Fenster drückt die gemeinsame Freude beim Schaffensprozess, den Stolz auf das Geschaffene und die Hoffnung auf sein langes Überdauern aus: „Ihr seid das Licht der Welt“. Klein und bescheiden darunter: Gest. von Fam. K. u. P. E. Wer still spendet, spendet für andere, wer laut spendet, spendet für sich. „Hilf dir selbst, dann hilft Dir Gott“. Diese Art der „von oben“, auch vom weltlichen „Oben“ unterstützten Selbsthilfe gilt den Rausdorfern, ob kirchlich gebunden oder nicht, schon seit Jahren als Grundprinzip für ihr unermüdliches persönliches Engagement, wenn es um ihre Kirche geht. Seit sie sich entschlossen, sie wieder instand zu setzen. Eigentlich begann das bereits mit dem Umbau der ehe-
maligen Patronatskapelle an der Südseite zu einem Gemeinderaum. Doch der Verfall des Gebäudes ließ sich dadurch nicht aufhalten. Die gefährlich marode Haube des Dachreiters wurde entfernt, schließlich der Zugang gesperrt und die Kirche entwidmet. Sie stand auf Abriss. Die Euphorie der Wiedervereinigung ermutigte wohl die Rausdorfer, angeregt vom Kirchenkunstverein, sich dafür stark zu machen, dass sie doch im Dorfe bleibt. Nach baulichen Sicherungsarbeiten wurden Dach, Turm und Uhr instand gesetzt. Immer wieder fanden sich viele Frauen und Männer, auch Kinder, zu Arbeitseinsätzen ein. Hackten Putz ab, gruben das Fundament frei, sägten, hämmerten, reparierten, malerten, bastelten. Infolgedessen zeigen sich die Westfassade und der gesamte Innenraum bereits in neuem „altem“ Glanz. Über der Kanzel schwebt der alte barocke Stuckengel in gemalten Wolken. Nur die fünf gotischen Schnitzfiguren vom Altar befinden sich im Apoldaer Kirchenarchiv. Noch. Die Arbeitseinsätze entwickelten sich zu einer freudvollen und nützlichen Form der Geselligkeit. Mit Bestand bis heute. Besinnung, Zuversicht und Zusammenhalt der Gemeinde fördern auch geistliche Zeremonien, wie das Tischabendmahl am Gründonnerstag, an dem immer viele Gemeindemitglieder teilnehmen. Als es 2005 einmal nicht so recht vorwärts ging, der Schwamm ihnen zu schaffen machte und sie das schöne alte Kirchengestühl verbrennen mussten, kam Ina Müller auf die Idee einer Verkaufsausstellung für Advents-, Weihnachts- und Grabschmuck, und sie bastelte mit zwei Freundinnen dafür in ihrer Waschküche. Seitdem findet der „Basar“ jedes Jahr zum Volkstrauertag statt und an die zwanzig Frauen und Männer werken quasi das ganze Jahr über mit viel Phantasie an Kreationen für die verschiedensten Anlässe. Wie begehrt die Exponate sind, zeigt der Jahr für Jahr wachsende Andrang. Oft gelangten die Besucher nur schubweise in die Kirche. Der Erlös dient der weiteren Kirchenerneuerung. Auch der von 27 Sorten Kuchen, die die Dorffrauen dann backen. Traurigkeit und Freude liegen für die Rausdorfer dicht bei einander. Nicht nur am Volkstrauertag.
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