Die Kirche in Etzdorf Inmitten von Feldern und Wiesen duckt sich Etzdorf zwischen die sanften Hügel des „Heidelandes“. Der Turm der Kirche weist erst aus nächster Nähe auf das Heidedorf hin. Doch das immerhin seit 230 Jahren. Das Dorf selbst ist sehr viel älter. Urkundlich lässt es sich seit 1194 als „Etzelntorpf“ nachweisen und befand sich damals im Besitze des Theodoricus de Etzelntorpf. Die Freiherrn von Etzdorf saßen bis 1837 hier auf ihrem Rittergut. Ackerbau, Viehzucht und Obstanbau prägten seit jeher das Leben der Dorfbewohner. Auch als das Gut an Georg von Sachsen-Altenburg ging. Die ihm 1838 zum Geburtstag auf dem Dorfplatz gepflanzte Linde verging, die noch ältere siebenarmige, von den Etzdorfern „Sieben Schwestern“ genannt, steht noch auf der Pfarrwiese. Das Gut wechselte mehrfach den Besitzer, der letzte, Paul Knof, wurde 1945 im Rahmen der Bodenreform enteignet. Seit 1953 Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, dann Altersheim, erwarb es nach der „Wende“ die Agrargenossenschaft Buchheim-Crossen, die sich mehr und mehr als wesentliche wirtschaftlich-kulturelle Triebkraft für die Gemeinde und das Umland etabliert. Das geistliche Zentrum bilden Pfarrhaus und Kirche. Die geheimnisvollen Schriftzeichen der Wetterfahne auf dem Turmknopf der Kirche enträtseln sich schnell als Initialen ihres Stifters, des Freiherrn Friedrich Ludwig Otto von Etzdorf. Ihre Vorgängerin, eine kleine gotische Kirche, vermutlich im 14. Jahrhundert erbaut, erwies sich 1777 als so baufällig, dass sie abgerissen werden musste. Dem Zuge der Zeit folgend, ließ Otto von Etzdorf an ihrer Stelle ein stattliches Gotteshaus im Stile des den ländlichen Bedürfnissen angemessenen schlichten „Bauernbarock“ errichten. Die Grundsteinlegung fand am 5. Mai statt. In einer Urkunde aus dem Knopf berichtet der damalige Pfarrer Johann Christian Leberecht Seidel darüber:“... Der Anfang dieser gottesdienstlichen Handlung wurde auf freiem Platze unter einer sehr großen Menge Volkes sowohl Einheimischen als Fremden mit dem Lied ‚Hilf uns, Herr, in allen Dingen’ gemacht, alsdann hielt ich Endesgesetzter eine Rede über die Worte 1. Chronik 23.10: Machet Euch auf und bauet Gott ein Heiligtum. Nach dieser Rede wurde der Grundstein vom Herrn Kammerjunker v. Etzdorf selbst gelegt ...“. Er vergaß nicht, Gott zu bit-
ten, das Bethaus vor Wetterschlag, Feuer und Verwüstung zu behüten und die, die frommen Herzens ein- und ausgehen, zu segnen. Übrigens kostete dazumal ein Scheffel Korn vier Thaler, Weizen zwei und 16 Groschen. Aus einer Mark Silber wurden zehn Reichsthaler geschlagen. Am 23. September 1779 konnte die Gemeinde ihre Kirche feierlich einweihen. Ganz ging Pfarrer Seidels Bitte allerdings nicht in Erfüllung. 1840 beschädigte ein Sturm das Kirchendach. Mehrfach schlug der Blitz ein. In einer Urkunde von 1847 berichtet Pfarrer Moritz Theodor Frommelt von nötigen Ausbesserungen an Dach, Fenstern, Läden und Türen: „Ohne Unglück erfolgte die oft sehr gefährliche Reparatur. Zwar brach am 8. September auf der Südseite des Turmes ein Teil des Gerüstes und drei Maurergesellen namens Pfeifer, Franke und Hilpert aus Eisenberg stürzten von der Höhe der Schallöcher in des Schullehrers Garten herunter, aber ohne Schaden zu nehmen, denn alle drei schritten unmittelbar darauf wieder wohlgemuth an ihre Arbeit.“ Den sonst eher schlichten, 1985/86 in der Farbauffassung des Bauernbarock „malerisch“ erneuerten Innenraum der Kirche dominiert der prächtige Kanzelaltar. Zwei Gestalten aus dem Alten Testament flankieren die Kanzel: Moses mit den Gesetzestafeln und sein Bruder Aaron, als jüdischer Priester, auf der Brust zwölf Steine als Symbole für die zwölf Stämme Israels. Über dem Baldachin der Kanzel schwebt der wiederauferstandene Christus. Ein Pelikan mit seinen Jungen symbolisieren die Auferstehung vom Tod, zwei Putten mit Folterwerkzeugen in den Händen, in gebührendem Abstand, das überstandene Martyrium. „Eins ist not“ – drei Worte an der Kanzel, die mit Bezug auf ein Gleichnis in der Bibel meinen, dass alle Güter dieser Welt nichts bedeuten gegen die Liebe zu Gott. Dem Kanzelaltar gegenüber nimmt der barocke Orgelprospekt den Blick gefangen. Die Orgel, 1779 vom Uhlstädter Orgelbaumeister Christian Voigt geschaffen, einem Schüler des berühmten Ehrenfried Gerhardt, büßte 1917 ihre zinnernen Pfeifen zugunsten der Kriegsrüstung ein, erhielt nach Ende des Krieges solche aus Zinkblech und eine „moderne“ tiefere Tonlage. In den folgenden Jahrzehnten verkam die Orgel langsam bis zur Unbespielbarkeit. Erst 1998 konnte die Kirchgemeinde mit der Restaurierung des his-
torisch wertvollen Instruments beginnen. Katharina von Etzdorf, eine Nachfahrin des Kirchenstifters, stiftete ihrerseits einen bedeutenden Betrag für seine Erhaltung. „Ihre Familie fühlte sich stets Etzdorf und seiner Kirche verbunden, obwohl ihr die DDR-Behörden 1989 die wunschgemäße Beerdigung ihres Mannes Hasso, vorher Botschafter der Bundesrepublik in Großbritannien, in der Familiengrabstätte auf dem Etzdorfer Friedhof verwehrten. Erst 1998 konnten wir seine Urne hierher umsetzen. Auch Katharina von Etzdorf fand nach ihrem Tode 2005 hier ihre letzte Ruhestätte.“ Pfarrer Ulrich Katzmann, seit 1986 Seelsorger in Etzdorf, gedenkt ihrer dankbar, die sein Kirchspiel auch in ihrem Erbe großmütig bedachte. Dank weiterer Beiträge der Landeskirche, der Agrargenossenschaft und der Kirchgemeinde selbst konnte die Orgelbaufirma Bochmann aus KohrenSalis das Schmuckstück unter sorgsamer Nutzung der verbliebenen Substanz in alter Pracht und in der ursprünglichen barocken Tonstimmung wiederherstellen. „Unsere Kirche birgt eigentlich keine besonderen Schätze. Ich sehe das Kirchenensemble selbst als kunstvolles Ganzes, als Schatz für unser Dorf an. Als Ort der Begegnung, der Besinnung, der Zuversicht. Die hohe Kanzel über dem Altar, der erhabene Raum, der aufragende Turm sollen die Menschen ermutigen, den Blick zu erheben. Ihn nicht aus Angst vor Stolpersteinen auf den Boden zu heften, sondern voll Vertrauen nach oben zu richten. Denn - ‚Eins ist not’ “, sinniert Pfarrer Katzmann. Er deutet auf die Sitzreihen ohne Mittelgang hin, die auf Zusammengehörigkeit zielen. Die Gepflogenheit, dass die Frauen unten, die Männer auf der ersten und die jungen Leute auf der zweiten Empore saßen, gehört der Vergangenheit an. Auch in der Gutsherrenloge sitzt kein Gutsherr mehr. Die Wappen derer von Etzdorf und derer von Klitzing schmücken verdientermaßen noch Loge und Kirchentür. Vom Turm her hallt der Klang der drei eisernen Glocken übers Dorf und übers Heideland. Die bronzenen wurden, wie die Orgelpfeifen, während des I. Weltkrieges umgeschmolzen. Zu unchristlichen Zwecken.
Evangelisch-lutherisches Pfarramt An der Pfarre 2 · 07613 Etzdorf · Telefon/Fax: 03 66 91/4 32 33 ulrich.katzmann@t-online.de 14