Kirchenschätze

Page 13

Schlosskirche »St. Trinitatis« zu Eisenberg Die Kapelle des Schlosses Christiansburg gilt als schönstes sakrales Bauwerk des Barock in Thüringen und als eines der bedeutenden Zeugnisse der thüringischen Barockgeschichte. Sie entstand 1677, nachdem Herzog Christian, einer der sieben Söhne die Herzog Ernst den Frommen beerbten, die Ämter Camburg, Eisenberg, Roda und Ronneburg zu einem Kleinstaat vereinte und Eisenberg zu seiner Residenzstadt erkor. Eisenberg kam schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu Wohlstand. Wohlhabende Innungen versetzten es in die Lage, seine Kirche zu erweitern, den Markt zu pflastern. Ein neues Rathaus entstand und Stadtschultheiß Sebastian Schlagk baute die spätere Superintendentur, schöne Bauwerke im Stile der Spätrenaissance. Das Stadtmuseum „Klötznersches Haus“ stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Nach dem Dreißigjährigen Krieg blühte die Stadt unter Christian, nun „von SachsenEisenberg“, wieder auf. Doch als er hier einzog, fand er die kaum benutzte Burg in desolatem Zustand vor. Bruder Herzog Friedrich I. von Sachsen-Gotha und Altenburg unterstützte ihn beim Umbau, bestellte dazu den Fürstlich-Sächsischen Landbaumeister Christian Wilhelm Gundermann, der wiederum den Weimarer Baumeister Johann Moritz Richter d. J. hinzu zog. Sie bauten dem ersten und einzigen Herrscher über das Herzogtum Sachsen-Eisenberg ein prächtiges barockes Residenzschloss. Zunächst galt es, schnell Wohnräume zu schaffen und zu möblieren, denn Christians Hochzeit mit Prinzessin Christiana von Merseburg stand unmittelbar bevor. Das junge Paar zog im März 1677 ein. Sie hielten große Tafel, mit Wildbret aus den umliegenden Wäldern, Lachs aus der Saale, Frankenwein und Bier aus Naumburg und Eisenberg. Die Mitgift der Braut fiel wohl reichlich aus. Christian liebte Christiane über alles, doch sie starb zwei Jahre später im Kindbett. Da es in Eisenberg keine Familiengrabstätte gab, musste er seine Gemahlin in Merseburg beisetzen. Christians einsamer Trauer entsprang vermutlich der Gedanke, eine Schlosskapelle zu bauen, als würdige Grabstätte für sich und sein künftiges Adelsgeschlecht. Am 30. April 1680 legte er dazu eigenhändig den Grundstein. Für ein prachtvolles Bauwerk, das einerseits die sinnenfreudigere Frömmigkeit der postreformatori-

schen Zeit widerspiegelt, andererseits das Repräsentationsbedürfnis der mit absolutistischem Machtanspruch in den Kleinstaaten herrschenden kleinen Könige „von Gottes Gnaden“ untereinander charakterisiert. Seine Schöpfer Bartolomeo Quadri und Giovanni Caroveri, die auch die Prunkräume des Schlosses gestalteten, kamen aus dem damaligen Zentrum der europäischen Stukkaturkunst am Comer und Luganer See in Oberitalien. Sie schufen ein barockes Gesamtkunstwerk, wie es in Europa nur ganz wenige gibt, in Thüringen sowieso kein weiteres. Die Kapelle entstand auf Wunsch des Herzogs als Querkirche. Der Fürstenempore, mit direktem Zugang vom Schloss aus, steht der Kanzelaltar mit der Orgel gegenüber. Zwei Galerien mit grazilen Brüstungen, getragen von schlanken korinthischen Säulen, verbinden beides harmonisch mit einander. Kunstvolle Stukkaturen mit reichlich Putten umrahmen das Bildnis Herzog Christians, sein Familienwappen und die Bildnisse seiner Ehefrauen Christiane und Sophia Maria, rechts und links am Chorbogen, die phantastischen Deckengemälde Johann Oswald Harms, das Altarbild, die Orgel. Die Illusionsmalereien an den Wänden ergänzen den geschlossenen Eindruck des Raumes. Unmöglich, diesen zu beschreiben. Es hilft nur, hinzugehen und zu schauen. Museologe Jörg Petermann zeigt Gästen gern und kompetent die Schätze vor: „Die ersten Restaurationsarbeiten gab 1901 Herzog Ernst von Sachsen-Altenburg in Auftrag. Zur DDR-Zeit stand die Kapelle wohl auf der Denkmalliste, doch Material und ‚Baukapazität’ dafür nicht zur Verfügung. Die Illusionsmalereien wurden mit Latex überstrichen. Glücklicherweise fertigten klug Vorausschauende davon Schablonen an, die wir 1990 im Stadtmuseum entdeckten, so dass später danach gearbeitet werden konnte. Doch vorher brach die ‚Apokalypse‘ über die Orgel herein, das heißt ein Teil dieses Deckenfrescos stürzte ab. Zwei riesige morsche Deckenbalken waren aufgrund eines ‚historischen’ Baufehlers durch die Wand über der Orgel gebrochen. Wegen Einsturzgefahr blieb die Kirche geschlossen. Schon im Vorfeld der politischen Wende entwickelte der Jenaer Architekt Fritz Bürglen ein Konzept zur Sanierung des Dachstuhls und drei Eisenberger Handwerksbetriebe – Maurermeister Klaus Röhrborn, die Zimmerei Fritz Sturm und

die Schlosserei Kurt Weller - gingen spontan mit ‚lus, jetze mach mer ...’ an dessen Ausführung. Erfreulicherweise wählte das Landesamt für Denkmalpflege in Erfurt die Schlosskapelle als Vorzeigeobjekt für eine professionelle Restauration mit ansässigen Firmen aus. Nun gab es reichlich DM. Zweieihalb Millionen.“ Unter der Leitung des Blankenhainer Architekten Dieter Müller und Jörg Petermann als Koordinator stellten die Firmen, Handwerker und Kunsthandwerker „mit Enthusiasmus und von lokalem Stolz beflügelt“ die Kirche St. Trinitatis in „alter“ Pracht pünktlich zu ihrem 300sten Geburtstag am 1. Advent 1992 fertig. Die Eheschließung mit Sophia Maria von Hessen-Darmstadt, einer passionierten Sängerin, belebte das Musikleben am Eisenberger Hof. Eine eigene Hofkapelle gab Konzerte und begleitete Opern zu höfischen Festen im Kaisersaal. Und Herzog Christian beauftragte mit Kontrakt vom 23. Oktober 1683 den „Orgelmacher und Bürger zu Leipzig“ Christoph Donat mit dem Bau einer Orgel in der Schlosskapelle. Für 550 Taler, dazu „Kost, Licht, Lagerstatt und Herberge“. Donat stellte die Orgel allerdings nicht wie verabredet zu Neujahr 1683 fertig, sondern erst im Januar 1688. Außerdem mit Mängeln, die er auf eigene Kosten beheben musste. Was offenbar nur ungenügend gelang. Hoforganist Gottlob Lorenz Rittersdorf stellte bereits 1731 erhebliche Schäden durch billiges Material fest. Der in Thüringen berühmte Orgelbauer des Altenburger Hofes, Tobias Gottfried Heinrich Trost bekam eine Generalreparatur übertragen. Für 350 Taler. Die Mängel erwiesen sich aber als so gravierend, dass ihre Behebung um 126 Taler teurer kam. Später reparierten erst ein Urenkel Donats, dann der Dorndorfer Orgelbauer Gerhardt und schließlich die Rodaer Poppes die Orgel. 1917 verschwanden die zinnernen Orgelpfeifen, zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Die Orgel verfiel. Von 1959 bis 1963 stellte der Weimarer Orgelbaumeister Gerhard Kirchner nach Archivunterlagen die Orgel bespielbar wieder her. Schließlich vollendete die Firma Euler Orgelbau aus Bautzen das Werk. Die Orgel erklingt nun wieder wie zu Bachs Zeiten. Herzog Christian regierte nur 30 Jahre, doch er hinterließ mit der Schlosskapelle und der Donat-Trost-Orgel bedeutende Schätze des Thüringer Barock und der Thüringer Orgelbautradition.

Stadtverwaltung Eisenberg Markt 27 · 07607 Eisenberg · Telefon 03 66 91/7 34 54 www.stadt-eisenberg.de 13


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Kirchenschätze by TiPs - Issuu