Kirchenschätze

Page 12

Die Stadtkirche »St. Peter« in Eisenberg Altsteinzeitliche Funde am Etzdorfer Berg deuten auf über 50 000 Jahre Siedlungsgeschichte in diesem Gebiet hin. Im Keller des Stadtmuseums „Klötznersches Haus“ befindet sich ein 14 Meter tiefer Schacht, möglicherweise eine Kultstätte slawischer Siedler, und eine in den Fels gehauene, kreuzförmige Krypta, wohl aus der frühen Missionszeit um das 9. Jahrhundert. Die „alte“ Stadt fiel 1189 Brand und Plünderung zum Opfer. Eine neue entstand auf dem Bergsporn in Richtung Kursdorf, wo damals bereits eine Burg stand. Die älteste bekannte urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1196 und bezieht sich auf den Zehnten von den Weinbergen „zu Ysenberch“ für das Kloster Altzelle bei Nossen. 1219 zogen Nonnen der Zisterzienser von dort in ein kleineres „Zum heiligen Kreuz“ zwischen alter und neuer Stadt. Mit der Klostergründung entstand offenbar eine Kapelle „St. Petri“. Sie bildete, mehrfach erweitert, das „Fundament“ für die 1586 in der heutigen Form fertiggestellte Stadtkirche „St. Peter“. Die dominiert mit ihrem wuchtigen Wehrturm neben dem zweitürmigen Renaissance-Rathaus den Marktplatz. Inmitten weiterer sehenswerter Baudenkmäler aus dieser Zeit, dem „Klötznerschen Haus“, jetzt Stadtmuseum mit lauschigem Museumscafé, und dem des einstigen Stadtschultheißen Sebastian Schlagk, später und bis heute Superintendentur. Der Brunnen davor, mit dem sagenhaften Eisenberger Mohren, entstand 1727. Gründonnerstag. Das Abendlicht flutet durch die hohen farbigen Fenster des Chores ins Kirchenschiff. Hundert Andächtige lauschen versunken der Leidensgeschichte Christi in der Passion nach dem Matthäusevangelium, die der Eisenberger Kantor und Organist Sven Werner schuf. Den Litaneien des Evangelisten und den Jesus, Pilatus, Judas, Petrus und andere biblische Gestalten verkörpernden Sängern, von Orgel und Kammerorchester zurückhaltend untermalt, im Dialog mit dem kraftvoll vielstimmigen, mitreißenden Gesang der Kantorei St. Peter. Dabei schweift der Blick wie magisch angezogen immer wieder über das musikalische Ensemble hinauf zum Kruzifix im gotischen Chor. Jesus an einem Gabelkreuz. Sein Körper wirkt, durch die emporstrebende Form des Kreuzes getragen, eigenartig gelöst. Gleichsam beflügelt. Sein Antlitz scheint nach allen Demütigungen und

Leiden verklärt: „Es ist vollbracht.“ Die Auferstehung spiegelt sich schon in ihm wider. Das barocke Kunstwerk fand sich 1918 auf dem Boden der Gottesackerkirche, der heutigen katholischen Kirche der Stadt. Das „Heilige Abendmahl“ rechts an der Wand des Kirchenschiffes gehörte, wie auch die Bilder von der Geburt Christi, von seiner Kreuzigung und von der Ausgießung des Heiligen Geistes, zu einem von der Werkstatt des Geraer Malers Samuel Claus während des Dreißigjährigen Krieges zwischen 1622 und 1629 geschaffenen Altar. Das „Abendmahl“ hing ständig über dem Altarsockel, dazu jeweils den thematisierten Ereignissen entsprechend zu den „Kirchenjahreszeiten“ ab Weihnachten, Ostern und Pfingsten eines der anderen. „Dieser Altar verschwand mit der Erneuerung des Kirchenschiffs in den Jahren 1878 bis 1880. Statt zweier Emporen gab es nun nur noch eine, gestützt auf gründerzeitgemäße gusseiserne Säulen. Der Hofbildhauer Kühn gestaltete einen neuen, nebst einer aus Eichenholz geschnitzten Kanzel. Den bis heute genutzten marmornen Taufstein stiftete damals Prinzessin Marie von Sachsen-Altenburg. Die durch die frühere Ofenheizung völlig verrußten Altarbilder wurden nach der Wende sorgfältig restauriert. Auch die Bildnisse der Eisenberger Superintendenten neben der Orgel“, weist Ulrich Sittner, seit 1988 Küster von St. Peter, auf einige historische Schätze der Kirche hin und gleichzeitig auch auf ein modernes Kunstwerk: Eine abstrakte Skulptur des Namenspatrons, die die Jenaer Künstlerin Elly Viola Nahmmacher zur Wiedereinweihung der Kirche 1990 schnitzte. Ein allegorischer Lebenslauf des Apostels in vielen verschlüsselten, nur dem Bibelkundigen oder durch Ulrich Sittner Belehrten erschließbaren Symbolen. Auch eine Erinnerung an die Friedensgebete in St. Peter gegen Ende der DDR -Ära. Durch die kunstvoll farbigen, ebenfalls nach biblischen Motiven gestalteten Glasfenster des Chores und durch die seitlichen Wappenfenster erhellt das Tageslicht den sakralen Raum. Es reflektiert auf den metallisch glänzenden Pfeifen der Orgel an der Stirnwand gegenüber dem Altar. „Die erste Orgel erklang hier bereits 1538. Mehrfach umgebaut, blieb bis heute der neugotische Prospekt der von den Gebrüdern Poppe in Roda gebauten Orgel

erhalten, in den 1977 die Gothaer Orgelbaufirma Böhme eine neue einpasste. Wegen akutem Engpass an Zinn und Zink mussten dazu die alten Orgelpfeifen eingeschmolzen werden. Offenbar gelang den Gießern aber damit keine gute Legierung. Jedenfalls fallen die Pfeifen jetzt nach und nach regelrecht in sich zusammen. Das Instrument stellt insofern keinen kunsthistorischen Schatz dar. Leider. Es bleibt jedoch dessen ungeachtet unverzichtbar für das kulturelle Leben in unserer Kirche und so von hohem ideellem Wert. Nicht nur für die musikalische Begleitung des Gottesdienstes am Sonntagvormittag und zu Festgottesdiensten. Es erklingt regelmäßig zu anspruchsvollen Konzerten und geistlichen Matineen. Auch zu Vernissagen von Ausstellungen, die Künstler und andere Engagierte hier in der Kirche zeigen. Besonders freut mich aber, dass ich junge Leute im Orgelspiel unterrichten kann.“ Sven Werner prägt seit vielen Jahren das musikalische Geschehen in St. Peter, spielt in der Schlosskirche St. Trinitatis, in den Dorfkirchen von Saasa, Petersberg, Tünschütz und anderswo. Er komponiert, „weil ein Kantor sowieso improvisieren, die Stimmung in der Kirche aufnehmen und sich ihr anpassen können muss, oder ein Thema auf ein musikalisches Ensemble zuschneidern“. Oder weil für einen Choral geeignete Noten fehlen. Gemeinsam mit den Musikern Anette und Carsten Tupaika initiierte er die DVD „Klingende Schätze“, eine musikalische Jahresreise in zwölf „Bildern“ durch bezaubernde Landschaften und Kirchen des Saale-Holzland-Kreises. Gestaltet mit Chören und musikalischen Ensembles aus der Region. In bewegenden bewegten Bildern festgehalten vom Team „mExtra film- und fernsehproduktion“ um Torsten Eckold. Den begeisternden Schlussakkord setzt im winterlichen zwölften Bild das „Halleluja“ aus Händels „Messias“, dargeboten von den Kantoreien St. Peter Eisenberg und St. Johannis Neustadt, begleitet vom Reussischen Kammerorchester Gera. Unter Sven Werners Stabführung, in der Stadtkirche St. Peter zu Eisenberg.

Stadtkirchenamt Markt 11 · 07607 Eisenberg · Telefon 03 66 91/2 51 10 suptur-eisenberg@gmx.net 12


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Kirchenschätze by TiPs - Issuu