#13 Gnade

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„Gott hat ihn erwählt, ohne dass er dafür irgendwelche Bedingungen erfüllt hat.“

Paulus ist ein großes Vorbild, dem es nachzufolgen gilt. Mit großem Eifer und Ernst hat er einen maßgeblichen Beitrag zum geistlichen Aufbau der weltweiten Gemeinde geleistet. Er selbst betont, dass er „viel mehr gearbeitet [habe] als sie alle“. Diese Feststellung erweckt den Eindruck, als ob Paulus sich auf ein Podest stellt und mit stolzen Augen auf andere herabschaut. Dies war allerdings nicht seine Absicht, da er seinem Vergleich mit anderen eine entscheidende Bemerkung hinzufügt: „nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist.“ Paulus hat die anderen Diener weit übertroffen, aber letztlich war sein unermüdlicher Einsatz das Resultat der wirksamen Gnade Gottes. In einem weiteren Brief an die Gemeinde in Korinth betont er diesen Gedanken nochmals: „Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott“ (2. Kor. 3,5). Das Leben von Paulus veranschaulicht in eindrücklicher Weise das Ausmaß und die Wirksamkeit der souveränen Gnade Gottes. Es lohnt sich, diese Gnade anhand seines Lebens zu ergründen. Völlige Verdorbenheit. Trotz seines vorbildlichen Lebens bekennt Paulus seine Verdorbenheit: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm. 7,18). Er sieht in seinem Inneren alles andere als einen guten Kern, der zur Entfaltung gebracht werden muss. Seine erschütternde Selbsterkenntnis steht im Einklang mit dem Urteil Gottes über das menschliche Herz, dessen „Dichten und Trachten [...] böse von Jugend auf“ ist (1. Mose 8,21). Unsere Herzen sind von Natur aus böse und somit gegen den heiligen Gott gerichtet. Manche Vorgänge in unserem Herzen treiben uns zur Verzweiflung und rauben uns jegliche Hoffnung auf Veränderung. Die tyrannische Herrschaft der Begierden nimmt uns die Fähigkeit zur Selbstbestimmung, sodass wir nicht Herr unser selbst sind und Dinge tun, die wir nicht tun wollen. Unser innerer Zustand ist oft erbärmlich, sodass wir mit Paulus in unserer Verzagtheit ausrufen müssen: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem

todverfallenen Leibe?“ (Röm. 7,24). Der Erlöser ist allein Jesus Christus – die fleischgewordene Gnade Gottes (vgl. Tit. 2,11). Gegen unsere Verderbtheit hilft allein diese heilsame Gnade Gottes. Sie befähigt uns, die verdorbene Sündennatur zu überwinden. Nach ihr dürfen wir uns ausstrecken und sie am Thron der Gnade erbeten. Da wir nichts Gutes aus uns selbst hervorbringen können, soll diese Gnade Gegenstand unseres Begehrens sein wie beim Zöllner, der im Tempel betete: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Bedingungslose Erwählung. Paulus hatte Gott nichts anzubieten. Als Apostel erachtete er seine religiösen Errungenschaften vor seiner Bekehrung um Christi willen für Dreck. Zudem stellte er fest, dass in seinem Fleisch nichts Gutes wohnt. Als religiöser Fanatiker, der die Gemeinde verfolgte, wäre er aus menschlicher Sicht der Letzte gewesen, Kandidat für die göttliche Erwählung zu sein. Dennoch sagte Gott über ihn nach der Damaskus-Stunde: „Dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel“ (Apg. 9,15). Paulus hat sich selbst nicht für den Dienst als Apostel nominiert. Gott hat ihn erwählt, ohne dass er dafür irgendwelche Bedingungen erfüllt hat. Ein Akt der Gnade war diese Auserwählung, die unabhängig von vorausgesehenen Reaktionen des Menschen ‚Paulus‘ stattfand. Denn was hätte Gott wohl bei einem geistlich toten Eiferer wie Paulus vorausgesehen? Ablehnung für das Evangelium! Gottes Erwählung war auch schon im Fall des Volkes Israel bedingungslos (vgl. 5. Mose 7,7-8). Gott erwählt, wen er will. Diese Wahrheit hat Gott auch schon Mose offenbart, als er zu ihm sprach: „Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich“ (2. Mose 33,19). Die Erwählung lässt die souveräne Gnade Gottes im höchsten Glanz erstrahlen. Es ist unfassbare Gnade, vom himmlischen Vater zum ewigen Leben auserwählt zu sein. C.H. Spurgeon beschreibt die Wirkung der Lehre von der Erwählung: „Ich kenne nichts, absolut nichts, was demütigender für uns ist als die Lehre der Erwählung.

ausgabe 13 – 09


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