TIM_10_11_Kultur unter freiem Himmel_g.qxp_Layout 1 18.02.21 11:26 Seite 1
Österreich kann sich nicht nur sehen, sondern auch hören lassen: Umgeben von Natur und Historie entdecken wir gerade in Corona-Zeiten den Rhythmus und das kollektive Menschsein in uns neu, etwa im Theater im Park oder der Donaubühne Tulln
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denn je das beruhigende Gefühl, alles sei im Fluss, alles sei eins. Wir sind eins. Noch intensiver wirkt natürlich die Freiheit der Natur in Zeiten wie diesen ein: Das Draußensein und Erleben ist eine willkommene Abwechslung zu Homeoffice und Lockdown, und noch dazu – wie bereits der letzte Sommer gezeigt hat – eine absolut sichere und risikobefreite Umgebung, in der widrigen Umständen zum Trotz Kultur gemeinsam erlebt werden kann. Womit wir beim Zusammengehörigkeitsgefühl wären, das in Krisenzeiten noch bedeutsamer als sonst ist: „Events sind eine bedeutsame Ressource für Vergemeinschaftung“, erklärt Prokop. Aufgrund „zunehmender Individualisierung, Fragmentierung und Differenzierung“ fühle sich jeder dazu angehalten, „neue Zugehörigkeiten zu schaffen“. Denn „das zunehmend im Alltag als Einzelkämpfer auftretende Individuum sieht hier eine Möglichkeit, sich als Teil eines ‚größeren Ganzen‘ zu fühlen – zumindest für den Moment.“ Der Natur-Effekt trägt zudem
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ie Baumkronen wiegen sich rauschend im Wind, ein Fluss plätschert vorbei, die Jahresund Tageszeiten folgen einem strengen, aber harmonischen Rhythmus – unsere Umwelt ist Entertainment pur, die ursprünglichste aller Lady Gagas! Naheliegend, dass sich immer mehr Kulturveranstaltungen dieses einnehmende Setting zunutze machen: „Pop-Events und Kultur-Festivals werden durch die Besonderheit der oft außergewöhnlichen Veranstaltungsorte aufgewertet“, bestätigt Rainer Prokop, Musiksoziologe an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Und auch Georg Hoanzl, neben Kabarettist Michael Niavarani einer der beidenVerantwortlichen hinter dem Wiener Theater im Park, weiß ob der Wertigkeit des Umfelds Bescheid: „Damit der Künstler seine Kraft, seine Wirkung, seine Gedankenwelt entfalten kann ist die Poesie des Räumlichen ganz, ganz wichtig.“ Dabei ist die Verbindung zwischen Kultur und Natur historisch gesehen nicht neu, sowohl Komponisten als auch Philosophen ließen sich von jeher von ihr inspirieren. Kultur und Natur sind also tief in uns verwurzelt – Open-Air-Events sind also so etwas wie ein existenzialistisches Konglomerat des Menschseins. Wir werden eins mit der Natur und haben mehr
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TEXT: MANUEL SIMBÜRGER, STEFAN BAUMGARTNER