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Taytays Eras

Taylor Swift ist unbestreitbar eine der einflussreichsten Musikerinnen unserer Zeit. Mit ihren zutiefst persönlichen Texten spricht ihre Musik eine mit ihr wachsende, reifende Generation an: Es ist eine Katharsis, die sie im Laufe ihrer Karriere von Country bis Indie transportiert, ein Seelenstriptease direkt vor und für ihre „Swifties”. Jedes Album markiert den Beginn einer neuen emotiven Ära (daher auch der aktuelle Tourname „Eras”), die sich durch eine einzigartige Ästhetik –Easter Eggs und Farbkaleidoskope – auszeichnet, die zum Konzept der Alben passen. All dies geht Hand in Hand mit ihrer wandelbaren, stets aufwühlenden Stimme und ihren starken Texten, die sich stets an ein neues Klanggewand anschmiegen.

Der Country-Darling

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Man schrieb das Jahr 2006, und ein junger aufstrebender Country-Star namens Taylor Swift betrat die Welt der Musik mit nichts als einer Gitarre und einem Paar Cowboystiefel. Nachdem sie jahrelang in Bars in Nashville aufgetreten war, in der Hoffnung, einen Plattenvertrag zu bekommen, brachte die Singer-Songwriterin im Alter von nur 16 Jahren ihr erstes, selbstbetiteltes Album „Taylor Swift” heraus – und schon bald eröffnete die junge Sängerin für etablierte Country-Acts, während sukzessive eigene Songs wie „Teardrops on My Guitar” und ihre Debütsingle „Tim McGraw” ebenfalls die Charts erklommen. Rasch wurde Swift zum „Darling”, zum „süßen Mädchen von Nebenan” des Genres, sofort erkennbar am hippiesken Look mit ihren blonden Locken, den geblümten Sommerkleidchen und den unverkennbaren Cowboystiefeln.

Alters zum Trotz als Ikone für eine Generation. Umgehend gewann sie ihren ersten Grammy (von mittlerweile 12) für das „Album des Jahres” und ging als jüngste Künstlerin in dieser Kategorie im Alter von 20 Jahren in die Geschichte ein – bis die 18jährige Billie Eilish im Jahr 2020 ihren Rekord brach. Nostalgisch erinnern wir uns an die glitzernden Ballkleider, den geflügelten Eyeliner, Herzchen ohne Ende und an Swifts Glückszahl 13. „Fearless” war geprägt von Magie, Neugier, Glückseligkeit, aber auch von einem Aufräumen mit der Jugend. „Es war das Tagebuch der Erkundungen eines Teenagermädchens, das mit jedem neuen Riss kleine Lektionen lernte”, erinnert sich Swift zurück.

Theatralik

Nach dem Erfolg von „Fearless” musste sich Taytay wie jeder aufstrebende Star beweisen. Ihr 2010 erschienenes Album „Speak Now” war ihr erstes (und einziges) fast ausschließlich selbstgeschriebenes Album, ein überaus persönliches, das sich auf die Übergangszeit zwischen Jugend und Erwachsensein, Unschuld und Verständnis, Country und Pop konzentrierte. Swifts „Speak Now”-Tour war geprägt vom Broadway und ein wahrhaft wundersames Spektakel mit Pyrotechnik und Luftakrobaten – fast, als hätte sie auch beim Cirque du Soleil etwas abgeschaut. Geprägt war die Ära nicht nur von der umgarnenden Farbe Lila, sondern auch von einer olfaktorischen Märchenwelt, brachte Swift damals doch auch ihre „Wonderstruck”-Parfümlinie auf den Markt. Alle Sinne bedienen, so die Idee.

Rot

Shorts, Hemden und Vintage-Kleider. Swifts Wechsel von ihrer charakteristischen „Märchen-Prinzessinnen”-Ästhetik zu einem reiferen Stil war natürlich auch ein Spiegelbild ihres veränderten Sounds an der Schwelle zum Erwachsensein: Sie experimentierte mit Klängen aus dem Pop, Rock und sogar EDM und Dubstep, klang dabei wie NME damals schreib wie „eine Person mit gebrochenem Herzen: Es war alles durcheinander, ein zerbrochenes Mosaik von Gefühlen, die am Ende irgendwie alle doch zusammenpassen. Glücklich, frei, verwirrt, einsam, am Boden zerstört, euphorisch, wild und von vergangenen Erinnerungen gequält.”

Das globale Pop-Phänomen „1989” gilt heute als vielleicht ikonischste ihrer „Eras”, war es doch Swifts erstes reines Pop-Album und mit allgegenwärtigen Hits von „Shake It Off” bis „Style” war Swifts Präsenz so ziemlich überall zu spüren. Mit einher ging auch ihr Umzug nach New York und erneut ein neuer Modestil: Sie schnitt sich die Haare zu einem kurzen Bob, trug Crop-Tops, Skater-Röcke und figurbetonte Kleidung, die ihre Verwandlung vom Country-Schätzchen zum Mega-Popstar endgültig vollendeten.

The Dark Side

Mit der Veröffentlichung ihres zweiten Albums „Fearless” begann Swift im Jahr 2008, sich einen Namen zu machen. Mit mittlerweile zu Klassikern gereiften Stücken wie dem programmatischen „Love Story” etablierte sie sich im Handumdrehen ihres

Wenn man an ihre „Red”-Ära denkt, kommen einem wahrscheinlich roter Lippenstift und schwarze Fedoras in den Sinn – und natürlich, dass sie ihre Locken gegen glattes Haar mit Pony tauschte, einhergehend mit einem musikalisch kantigeren Stil. Der Glitzer verschwand zu Gunsten taillierter

Nach diesem Höhepunkt fand sich Taylor Swift plötzlich inmitten schlechter Presse und negativer öffentlicher Kritik wieder –und alles begann mit ihrer berüchtigten Fehde mit Kanye West und Kim Kardashian. Nachdem sie monatelang aus der Öffentlichkeit verschwunden war, feierte Swift 2017 mit ihrem sechsten Album „Reputation” ein ikonisches Comeback – und es ist unnötig zu erwähnen, dass es sie wieder von einer neuen, reiferen, dabei aber auch abgehärteten Seite zeigte. In ihrer Leadsingle „Look What You Made Me Do” erklärte sie „die alte Taylor tot” und legte offiziell ihren Status als „braves Mädchen” ab. Entsprechend den düsteren As- pekten ihrer Elektro-Pop-Phase war auch ihr Stil deutlich kantiger: Ihr klassischer roter Lippenstift wurde dunkler und sie trug übergroße Sweatshirts, paillettenbesetzte Bodys und jede Menge oberschenkelhohe Stiefel. Und wie könnten wir „Bleachella” vergessen, als sie ihre Haare zu einem ausgefallenen Platinblond bleichte?

Optimismus

Mit „Lover” entfernte sie sich um 180 Grad von der Düsternis und läutete ihre siebte Ära mit der fröhlichen Leadsingle „ME!” ein, mit einem Musikvideo voller Schmetterlinge, Regenbögen und bunter Pastellfarben. Die Ästhetik spiegelt den strahlenden Optimismus von „Lover” wider und signalisiert, dass die „alte Taylor” vielleicht doch nicht tot ist. „Ich habe beschlossen, dass ich in diesem Leben durch die Dinge definiert werden möchte, die ich liebe –nicht durch die, die ich hasse”, schrieb Swift zum Albums damals. Mit diesem Optimismus zogen auch viele farbenfrohere (wenngleich nicht erneut märchenhaftschreierische) Looks in Swifts Garderobe ein – Fransen, Glitzer, pastellfarbene und nicht selten an die Siebziger angelehnte Herrenmode. Und natürlich gab es auch jede Menge Pink – auch in den Spitzen ihrer nun wieder gelockten Haare.

Folklore

Die Corona-Pandemie. Tristesse und Depression überall, und Taylor Swift reist mit uns (so wie viele Städter tatsächlich) mit „Folklore” in waldige und rurale Landschaften: Die Fotografien in Cottage-Äs-

Gracie Abrams

Auf ihrer sechsten Konzerttour und zweiten reinen Stadiontour haben Taylor Swift in den Staaten bereits zahlreiche KünstlerInnen für sie eröffnet, darunter auch Paramore und Phoebe Bridgers. Besonders hervorzugeben ist aber auch der Jungspund Gracie Abrams, Tochter des Regisseurs J. J. Abrams, der etwa „Armageddon”, „Mission: Impossible III”, „Stark Trek” und einige „Star Wars”-Filme verantwortete. Abrams debütierte 2020 mit ihrer „Minor”-EP und veröffentlichte im Jahr darauf „This Is What It Feels Like”, bevor sie im Frühjahr 2023 mit ihrem ersten Longplayer „Good Riddance” einen wahren Hype auslöste. Man könnte sich die Sache leicht machen thetik versprechen ein gefühlsintensives Album, das sich um fast biedermeierliche Folk-Geschichten dreht – nicht unähnlich zu etwa Phoebe Bridgers oder Lana Del Rey. Eingebettet in die grau-blau-grüne Bilderwelt: „Exile”, die sagenhafte Kollaboration mit Bon Iver. Auch losgelöst von der pandemischen Tristesse war das Album ein wahres Meisterwerk voller Selbstreflexion und Melancholie – zumal auch Swift von einem „Liebesdreieck” spricht, das sich vermutlich auf „Cardigan”, „Betty” und „August” bezieht, die, zusammengenommen, eine Geschichte zwischen Herzschmerz, Verrat und Sehnsucht weben. Bereits im Dezember 2020 schoss Swift das zweite Album ihrer Indie-Folk-Ära nach, „Evermore”. Zwischen beiden Alben lassen sich viele Parallelen ziehen – etwa bei der Bildsprache von „Willow” und „Cardigan”, aber auch dem auf „Evermore” genannten Co-Autor „William Bowery”, hinter dem niemand anders als Swifts damaliger Freund Joe Alwyn steckt, der bereits bei „Folklore” mittätig war.

Mitternächtliche Reminiszenzen „Midnight”, Taylor Swifts 10. Studioalbum, das freilich Punkt Mitternacht veröäffentlicht wurde, ist eine Sammlung von 13 Songs (da haben wir wieder ihre Glückszahl!), die sie (so die fast unglaublich-romantisch anmutende Geschichte) im Laufe ihrer Karriere in 13 verschiedenen Nächten geschrieben hat. Demnach enthält das Album auch Elemente aus all den verschiedenen Epochen, die in diesem Artikel in aller Sentimentalität nochmals durchgespielt wurden. Das Anhören des Albums ist eine Erfahrung des Wiedererlebens ihrer Karriere – besonders hervorzuheben die lang ersehnte Zusammenarbeit zwischen Swift und Lana Del Rey. Obwohl „Midnights” für Außenstehende mehr als überraschend veröffentlicht wurde, wurde es in weniger als 24 Stunden zum meist gestreamten Album an einem einzigen Tag und machte Swift zur meist gestreamten Künstlerin an einem einzigen Tag auf Spotify (!). Mit dem Album kehrte Swift auch zu den sehr persönlichen Texten zurück, ihrem Markenzeichen, von dem sie sich auf „Folklore” und „Evermore” zu Gunsten der Wald-und-Wiesen-Romantik (zumindest oberflächlich) gelöst hatte. n Taylor Swift gastiert am 9. und 10. August 2024 im Ernst-Happel-Stadion. Der Ticketverkauf beginnt am 11. Juli um 12 Uhr für alle die Fans, die sich zwischen 20. und 23. Juni auf oeticket.com vorregistriert haben. und Gracie als typisches „Nepo Baby“ bezeichnen, doch ihre wohlbehütete Herkunft lässt die 23-jährige Songwriterin mit ihrer Musik spielerisch links liegen: Denn ihre zwölf neuen Songs der leisen Schule sind nicht nur durch die Vita der Produzentin (Taylor Swift!) auf weltweiten Erfolg getrimmt. Sie sind blütenrein gemacht, niedlich, mild, einfühlsam und poetisch, mit einer magnetischen Zurückhaltung. Aktuell konzertiert Gracie diesen Herbst allein in zahlreichen deutschen Städten, die Konzerte sind jedoch restlos ausverkauft. Da kann man nur hoffen, dass sie vielleicht auch in Wien im Vorprogramm von Taylor Swift zu hören ist ...

Rückblickend ist das Album auch eine gute Grundlage für die „The Eras Tour”: Ein Album, das auf die bewegte Karriere fußt, aus ihr lebt, indem sie in ihr gräbt, ist doch der perfekte Startschuss dafür, eben diese Karriere auch nochmals „livehaftig”, gemeinsam mit den Swifties, zu durchleben, oder? Denn wie es bekanntlich heißt: Live spürt man mehr!

EM-HALBFINALE ÖSTERREICH vs. ITALIEN

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Kick-Off: 17 Uhr