Demographische Entwicklung im ländlichen Raum in Burkina Faso

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Studie zur

Demographischen Entwicklung im ländlichen Raum in Burkina Faso Stand, Konsequenzen, Ansätze und Perspektiven

Im Auftrag von: Dr. Dirk Florent Thies, Programm ‚Nachhaltige Agrarwirtschaftsförderung‘ (GIZ/PDA)

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH 65726 Eschborn Deutschland


Impressum Herausgeber Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Programm ‚Nachhaltige Agrarwirtschaftsförderung‘, Burkina Faso Auftragsverantwortlicher Dr. Florent-Dirk Thies Sitz der Gesellschaft Bonn und Eschborn Friedrich-Ebert-Allee 40 53113 Bonn T +49 228 44 60-0 F +49 228 44 60-17 66

Dag-Hammarskjöld-Weg 1-5 65760 Eschborn T +49 6196 79-0 F +49 6196 79-1115

info@giz.de www.giz.de In Kooperation mit Gruppe ‚Neue Gesellschaftspolitische Themen‘; OE 4350 Autoren: Dr. Thomas Ott, Dr. Boris Scharlowski Mit Unterstützung von: Dr. Hans-Heiner Rudolph, Nadine Schniederjohann, Redaktion und Layout: Nadine Schniederjohann Stand: August 2012 Die GIZ ist für den Inhalt der vorliegenden Publikation verantwortlich.


Inhalt 1. Einleitung ........................................................................................................................ 5 1.1 Ziel und Methode der Studie ............................................................................................ 6 1.2 Burkina Faso – Rahmenbedingungen ............................................................................... 7 1.3 Schwerpunkte der deutschen EZ/TZ............................................................................... 11 2. Demographische Entwicklung Burkina Fasos................................................................. 12 2.1 Natürliche Bevölkerungsentwicklung ............................................................................. 15 2.1.1 Fertilität.................................................................................................................... 15 2.1.2 Mortalität ................................................................................................................. 20 2.2 Migration und Urbanisierung ......................................................................................... 23 2.3 Bevölkerungsentwicklung und -struktur – aktueller Stand ............................................ 26 2.4 Szenarien der zukünftigen demographischen Entwicklung Burkina Fasos .................... 29 3. Ansätze, Programme und Politiken zum Thema Demographie und ländlicher Raum ..... 32 3.1 Die nationale Bevölkerungspolitik .................................................................................. 33 3.2 Internationale Organisationen ....................................................................................... 35 3.3 Bilaterale Organisationen ............................................................................................... 37 3.4 NROs ............................................................................................................................... 38 3.6 Der Agrarsektor .............................................................................................................. 40 3.7 Demografische Handlungsfelder für den Agrarsektor ................................................... 42 3.7.1 Bildung ..................................................................................................................... 42 3.7.2 Gesundheit und Familienplanung ............................................................................ 43 3.7.3 Frauenförderung ...................................................................................................... 43 3.7.4 Jugendförderung ...................................................................................................... 44 3.7.5 Dezentralisierung/ Urbanisierung............................................................................ 45 4. Übersicht über Programme der deutschen EZ ................................................................ 46 4.1 Programm ‚Développement de l’Agriculture‘ (PDA) ...................................................... 46 4.2. Programm ‚Santé Sexuelle, Droits Humains‘ (PROSAD) ................................................ 47 4.3 Andere Projekte .............................................................................................................. 48 4.3.1 Programm ‚d’appui à la Décentralisation et au Développem. Communal‘ (PDDC) 48 4.3.2 Programm ‚Eau et Assainissement‘ (PEA) ................................................................ 48

3


5. Empfehlungen zum Thema Bevölkerungsentwicklung und ländlicher Raum.................. 50 5.1 Zu Charakter und Dimension der Empfehlungen ........................................................... 50 5.2 Handlungsfelder ............................................................................................................. 50 5.2.1 Nationale Ebene ....................................................................................................... 51 5.2.2 Regionale Ebene ...................................................................................................... 52 5.2.3 Lokale Ebene ............................................................................................................ 53 5.3 Mehrwert eines eigenen Bevölkerungsvorhabens in Burkina Faso ............................... 57 6. Zusammenfassung ........................................................................................................ 60 7. Bibliographie ................................................................................................................ 63 8. Anhang ......................................................................................................................... 67 8.1 Abkürzungen ................................................................................................................... 67 8.2 Abbildungsverzeichnis .................................................................................................... 68 8.3 Tabellenverzeichnis ........................................................................................................ 69 8.4 Interviewpartner............................................................................................................. 70 9. Glossar .......................................................................................................................... 72

4


1. Einleitung Aus übergeordneter Perspektive erscheint der Zusammenhang zwischen Landwirtschaft und Bevölkerungsentwicklung im Entwicklungskontext zunächst offenkundig: Die Landwirtschaft ist die Grundlage zur Ernährung der Bevölkerung; gleichzeitig stellt sie in den frühen Modernisierungsphasen den wichtigsten Wirtschafts- und Arbeitsmarktsektor dar. Sehr viel schwieriger - und bislang weitgehend unbearbeitet - ist die Frage, welchen Einfluss die Landwirtschaftspolitik bzw. landwirtschaftliche Entwicklungshilfeprojekte auf die Bevölkerungsentwicklung eines Dorfes, einer Region oder eines ganzen Landes nehmen können. Diese Frage ist die Grundlage für die vorliegende Studie, die im Auftrag des Programms « Développement de l'Agriculture » (PDA) der GIZ erstellt wurde. Ausgangspunkt für das Interesse dieses Landwirtschaftsprojektes an demographischen Fragestellungen ist die Erkenntnis, dass in Burkina Faso die erzielten Produktivitätsfortschritte nicht mit dem rapiden Bevölkerungswachstum Schritt halten können. Aus räumlicher Perspektive lässt sich das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Bevölkerungswachstum unter dem Begriff der Tragfähigkeit [capacité porteuse] eines Raumes zusammenfassen1 - wie viele Menschen „trägt“ ein Land? Im demographischen Kontext ist es wichtig zu beachten, dass der Begriff der Tragfähigkeit keine feststehende Grenze beschreibt. Durch technologischen Fortschritt (Mechanisierung, Bewässerung, Düngung etc.) kann die Tragfähigkeit einer Region ausgeweitet werden. Burkina Faso hat in den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit bemerkenswerte Fortschritte bei der Bekämpfung der Kinder- und Säuglingssterblichkeit, der Gesundheitsfürsorge und der Wasserversorgung erzielt. Dem daraus resultierenden Rückgang der Mortalität steht insbesondere im ländlichen Raum eine anhaltend hohe Fertilität gegenüber. Die Folge ist ein rapides Bevölkerungswachstum von über drei Prozent per annum bzw. eine rechnerische Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb von 24 Jahren. Die nur schwer beherrschbaren Folgen dieser Bevölkerungsexplosion gefährden nicht nur die Ernährungssicherheit, sondern auch Frieden und Stabilität im Land bzw. in ganz Westafrika. Diese Studie möchte einen kleinen Beitrag leisten, die demographischen Herausforderungen und mögliche Handlungsoptionen aufzuzeigen. Der Umgang mit demographischen Szenarien bedeutet jedoch kein Patentrezept. Während der Landwirt i.d.R. in einem Jahreszyklus von Bodenbearbeitung, Aussaat und Ernte denkt, ist die Perspektive des Demographen sehr viel langfristiger. Selbst unmittelbar eintretende Verhaltensänderungen entfalten ihre Wirkung frühestens im Zeitraum einer Generation. Dennoch, auch wenn wichtige Variablen - etwa die Zahl der „potenziellen Mütter“ - für die nahe Zukunft bereits feststehen, ist die zukünftige Bevölkerungsentwicklung nicht linear festgeschrieben. Sie wird vielmehr innerhalb eines sich öffnenden Prognosekorridors verlaufen. Je schneller und zielsicherer gehandelt wird, desto eher wird es möglich sein, den tatsächlichen Verlauf an die positiven Zukunftsszenarien anzunähern. Daraus ergibt sich eine besondere Rolle und Verantwortung für Politik und Gesellschaft. 1

Vgl. Birg 2011: 31

5


1.1 Ziel und Methode der Studie Die vorliegende Studie fasst die Ergebnisse einer Fact-Finding Mission zusammen, die Dr. Thomas Ott und Dr. Boris Scharlowski vom 16. bis 21. Juli 2012 im Auftrag des BMZgeförderten Programms « Développement de l'Agriculture » (PDA) in Burkina Faso durchgeführt haben. Die Teilnehmer der Mission danken den Projektleitern und -mitarbeitern der BMZ-finanzierten Projekte « Programme Développement de l'Agriculture » und « Programme Santé Sexuelle, Droits Humains » (PROSAD) für die logistische Unterstützung während ihres Besuchs. Neben einer Reihe von teilstrukturierten Interviews mit Mitgliedern von Regierung und Verwaltung, Repräsentanten internationaler, staatlicher und nicht-staatlicher Organisation sowie Vertretern der Zivilgesellschaft (vollständige Liste im Anhang), standen der Mission Projektmitarbeiter für mehrere intensive Workshop-Sitzungen zur Verfügung, in denen Fragen der Bevölkerungsentwicklung sowie mögliche Handlungsoptionen gewinnbringend diskutiert werden konnten. Der Fokus der Studie liegt auf der bedarfsorientierten Analyse von Stand und Konsequenzen der demographischen Szenarien und Herausforderungen für Burkina Faso, mit spezieller Betonung der Landwirtschaft. Aus einer Bestandsaufnahme der existierenden Ansätze, Programme und Politiken sollen sowohl neue Strategien als auch Perspektiven für die weitere Zusammenarbeit abgeleitet werden. Ziel der Studie ist: •

die aktuellen Entwicklungen und demografischen Szenarien und ihre Konsequenzen für den Agrarsektor aufzuzeigen,

die Dringlichkeit und den Handlungsbedarf, insbesondere für die Regierung, benennen

innovative Lösungswege zu erarbeiten und zu diskutieren.

6


1.2 Burkina Faso – Rahmenbedingungen Im folgenden Abschnitt wird ein stichpunktartiger Überblick zu einigen länderbezogenen Aspekten Burkina Fasos gegeben. Eine umfassende Einführung in die natur- und kulturräumlichen Grundlagen Burkina Fasos bietet neben dem klassischen Band von Pallier (1978) der Atlas du Burkina Faso (Editions Jeune Afrique 2001). Für deutschsprachige Leser seien auch die Länderkunden von Krings (2006) und Hammer (2005) empfohlen, die beide jedoch aus der übergeordneten Perspektive der Sahelländer geschrieben sind. Das Binnenland Burkina Faso nimmt laut Human Development Index (HDI) 2011 Rang 181 von 187 aufgeführten Ländern ein. Mit einem mittleren Bruttoinlandsprodukt von 435 Euro pro Kopf und Jahr gehört es zu den ärmsten Ländern der Welt. 2011 lebten in Burkina Faso rund 16 Millionen Menschen, das Bevölkerungswachstum liegt bei jährlich knapp über 3 Prozent. Es wird eine Verdopplung der Bevölkerung in 25 Jahren prognostiziert. Diese Aussichten stellen das Land vor erhebliche Probleme bei der Ernährungssicherung, nachhaltigem Ressourcenschutz und der Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Diensten, Wasser, Energie und anderem. Insgesamt lebt fast die Hälfte der Bevölkerung Burkina Fasos unter der absoluten Armutsschwelle. Die Analphabetenrate der Erwachsenen lag 2007 bei fast drei Vierteln, wobei der Anteil bei den Frauen deutlich höher ist. Da die burkinischen Frauen kaum Zugang zu Bildung und Ausbildung, zu Betriebsmitteln und zu bezahlter Arbeit haben, sind sie die Hauptleidtragenden der herrschenden Armut.2 Tab. 1: Entwicklungsindikatoren (* geschätzt) Indikator

Jahr

Wert

Rang im internationalen Vergleich

Human Development Index

2011

0,331

181

274.200 km²

75

Fläche -

Ackerland

2005

17,7 %

-

Dauerkulturen

2005

0,2 %

-

Bewässerte Fläche

2003

300 km²

Bevölkerung

07/2012 *

17.275.115

61

Jährliche Wachstumsrate

2012 *

3,1 %

9

Bruttogeburtenrate

2012 *

43,2 ‰

5

2012 *

6,1

6

Bruttosterblichkeitsrate

2012 *

12,5 ‰

25

Müttersterblichkeit

2010

3,0 ‰

38

Kindersterblichkeit

2012 *

79,8 ‰

9

Zusammengefasste ziffer

2

Fruchtbarkeits-

Vgl. GIZ Länderportrait Burkina Faso [http://www.giz.de/de/weltweit/329.html]

7


Lebenserwartung bei der Geburt

2012 *

54,1 ans

Medianalter

2012 *

17,0 ans

Urbanisierungsgrad

2010

26,0 %

Urbanisierungsrate

(2010-15 sch.)

ge-

202

6,2 %

Religionen -

Muslime

60,5 %

-

Christen

23,2 %

-

Animisten

15,3 %

-

Andere/keine

1,0 %

Gesundheitsausgaben p.a.

2009

6,4 % des BIP

Ärztedichte

2008

0,06 ‰

Krankenhausbettdichte

2006

0,9 ‰

Untergewichtige Kinder (<5 Jahre)

2006

37,4 %

8

HIV/AIDS Prävalenz (Erwachsene)

2009 *

1,2 %

40

Bildungsausgaben p.a.

2007

4,6 % des PIB

77

Alphabetisierungsrate

2003 *

21,8 %

-

Männer

29,4 %

-

Frauen

15,2 %

93

Bruttoinlandsprodukt (BIP)

2011 *

22,3 Mrd. $US

123

BIP-Wachstumsrate

2011 *

5,6 %

55

BIP pro Kopf

2011 *

1.500 $US

199

BIP nach Sektoren

2011 *

-

Landwirtschaft

34,7 %

-

Industrie

23,3 %

-

Dienstleistung

42,0 %

Bevölkerung in absoluter Armut

2004

46,4 %

Quelle: CIA World Factbook [https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook/geos/countrytemplate_uv.html]

8


Burkina Faso weist ein tropisches Klima (Typ soudano-sahélien) auf, welches durch den Wechsel zweier sehr unterschiedlicher Jahreszeiten geprägt ist: die von Juni bis September andauernde Regenzeit mit Niederschlagsmengen zwischen 350 Millimetern (Norden) und maximal 1.200 Millimetern (Südwesten) sowie die Trockenzeit (Oktober bis Juni), die durch einen trocken-heißen Wind aus der Sahara (Harmattan) geprägt ist. Auf Basis der Niederschlagsintensität und Dauer der Regenzeit lässt sich das Land in drei große Klima- und Vegetationszonen unterteilen,3 die auch die naturräumlichen Grundlagen für Ackerbau und Viehzucht bilden: •

Sahelische Zone im Norden des Landes: aride Zone mit weniger als 500 mm Jahresniederschlag und eine große Amplitude der Durchschnittstemperatur (15 bis 45 °C).

Sudanesisch-sahelische Zone zwischen 11° 3' und 13° 5' nördliche Breite: Übergangszone sowohl in Bezug auf die Niederschläge als auch die Temperaturen.

Sudanesisch-guineische Zone im Süden des Landes: Mehr als 900 mm Jahresniederschlag bei vergleichsweise ausgeglichenem Jahresgang der Durchschnittstemperaturen.

Etwa 80 % der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, in der Regel in Form der Subsistenzwirtschaft; sie trägt 32 % zum Bruttoinlandsprodukt bei. In Abhängigkeit der beschriebenen naturräumlichen Gegebenheiten und der durch schlechte bzw. nicht vorhandene Infrastruktur häufig stark eingeschränkten Möglichkeiten des Marktzugangs haben sich verschiedene Bewirtschaftungszonen herausgebildet.4 Schwerpunkte des Ackerbaus liegen im Süden und Südwesten, wo Sorghum, Hirse, Mais, Erdnüsse, Reis und Baumwolle angebaut werden.5 Burkina Faso ist der wichtigste Baumwollexporteur Afrikas. Dementsprechend hat das Land mit dem Verfall der Weltmarktpreise für Baumwolle zu kämpfen. Als Reaktion versucht die Regierung, die Wirtschaft zu diversifizieren: es wird verstärkt in den Getreideanbau aber auch in den Bergbau (insbesondere Gold und Zink) investiert. Wichtigster Umschlagplatz für die Exportwaren ist der Hafen von Abidjan in Côte d'Ivoire. Die Krise im Nachbarland wirkt sich noch immer dämpfend auf die Exportwirtschaft und die wirtschaftliche Entwicklung Burkina Fasos aus. Die mittlerweile seit zehn Jahren anhaltende Krise in Côte d'Ivoire führte auch zu einer großen Zahl von Rückwanderern nach Burkina Faso. Neben weiter steigendem Bevölkerungsdruck (Rückwanderer und mangelnde Abwanderungsmöglichkeiten) fehlen in Burkina Faso auch die Finanztransfers der Gastarbeiter, die von der Banque Centrale des États de l'Afrique de l'Ouest (BCEAO) auf mehrere dutzend Milliarden Francs CFA pro Jahr geschätzt wird.6 Die Verwaltung des Landes findet unterhalb der Staatsregierung auf vier Ebenen statt (vgl. Abb. 1): Die Regionen (13) werden von Gouverneuren geleitet, die Provinzen (45), an deren Spitze ein Hochkommissar steht und die Departements (350), die einem Präfekten unterste3

Vgl. Editions Jeune Afrique 2001: 66-72 Eine ausführlichere Betrachtung des burkinischen Agrarsektors erfolgt in Kapitel 3.2. 5 Vgl. Editions Jeune Afrique 2001: 93-101 6 http://fr.wikipedia.org/wiki/ %C3 %89conomie_du_Burkina_Faso 4

9


hen. Die administrative Basis bilden 351 Kommunen, darunter 49 städtische (mehr als 10.000 Einwohner) und 302 ländliche (weniger als 10.000 Einwohner). Abb. 1: Verwaltungseinheiten in Burkina Faso

10


1.3 Schwerpunkte der deutschen EZ/TZ7 Die deutsche internationale Zusammenarbeit ist seit 1973 in Burkina Faso tätig. Deutschland ist fünftgrößter bilateraler Geber und damit ein wichtiger Partner. Die aus der internationalen Zusammenarbeit stammenden Gelder sind für Burkina Faso lebensnotwendig. Zuschüsse und Auslandskredite machen rund 70 Prozent des Staatshaushaltes aus. Die GIZ arbeitet in Burkina Faso hauptsächlich im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Aktivitäten der GIZ konzentrieren sich schwerpunktmäßig auf den Südwesten und den Osten des Landes sowie auf die Hauptstadt Ouagadougou. Die deutsch-burkinische Zusammenarbeit im Auftrag des BMZ hat gegenwärtig die Schwerpunkte Landwirtschaft, Dezentralisierung und Wasser. Außerhalb dieser Schwerpunkte wird ein Programm zu den Themen „Sexuelle Gesundheit, Menschenrechte/Frauenrechte“ (PROSAD) durchgeführt sowie eine länderübergreifende Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft. Die Beratung des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen konzentriert sich auf die Unterstützung beim Monitoring der Umsetzung der Armutsminderungsstrategie und des Aufbaus von Ressourcen, Kompetenzen und Leistungsfähigkeit (Capacity Building) im Rahmen wirtschaftspolitischer Analysen und im Bereich öffentlicher Finanzen. Mehrere Projekte zu Demokratie- und Zivilgesellschaftsförderung werden durchgeführt, insbesondere in den Bereichen Medien-, Menschenrechts- und Jugendförderung. Das regionale Programm des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) leistet einen Beitrag zur friedlichen und gerechten Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie zur Förderung der friedlichen grenzüberschreitenden Transhumanz (Wanderweidewirtschaft). Die Querschnittsthemen Armutsminderung, Partizipation und Gender sind Bestandteil der verschiedenen Programme und Projekte.

7

Vgl. GIZ Länderportrait Burkina Faso [http://www.giz.de/de/weltweit/329.html]. In den Kapitel 4 und 5 wird jenseits der hier aufgeführten Aspekte die demographische Relevanz ausgewählter EZ-Vorhaben in Burkina Faso herausgearbeitet.

11


2. Demographische Entwicklung Burkina Fasos Die Zahl der Einwohner Burkina Fasos hat sich zwischen 1950 (4,3 Mio.) und 2010 (16,5 Mio.) in etwa vervierfacht (vgl. Abb. 2). Das durchschnittliche jährliche Wachstum lag zuletzt bei 3,1 %. Die Bevölkerungsdynamik Burkina Fasos ist durch hohe Geburten- und Sterblichkeitsraten (vgl. Tab. 2), zirkuläre Migrationsbewegungen und eine wachsende, vornehmlich in die Hauptstadt Ouagadougou gerichtete Landflucht gekennzeichnet. Etwa 20 % der burkinischen Bevölkerung lebt im Ausland, hauptsächlich in Côte d'Ivoire. Abb. 2: Bevölkerungswachstum in Burkina Faso, 1950-2050 65 60 55 50 Einwohner [Millionen]

45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

historisch

mittel

niedrig

hoch

konstante Fertilität

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=1]

12


Tab. 2: Zeitliche Entwicklung verschiedener Bevölkerungsindikatoren 1960

1975

1985

1991

1996

2006

Bruttogeburtenrate (0/00)

50

46

49,6

45,2

46,1

46

Bruttosterblichkeitsrate (0/00)

32

24

17,5

16,4

14,8

11,8

Natürliche Wachstumsrate ( %)

1,8

2,2

3,21

2,88

3,13

3,42

Männer auf 100 Frauen ( %)

97,9

100,6

92,8

96

93,1

93,4

Haushaltsgröße

5,2

5,7

6,2

6,6

6,3

5,9

Bevölkerungsdichte (pro km2)

16,4

20,6

29,4

33,5

38,1

51,8

Quelle: INSD, Enquêtes démographiques (1960/61 et 1991) et recensements (1975, 1985, 1996 et 2006)

Burkina Faso wies im Jahr 2010 eine Bevölkerungsdichte von etwa 61 Einwohnern pro Quadratkilometer auf. Analog zum Bevölkerungswachstum stieg die Dichte von 21 Einwohner pro km² (1975) über 33,5 Einw./km² (1991) und 40,5 Einw./km² (2000) auf 51,8 Einw./km² zum Zeitpunkt der Volkszählung 2006 an. Die Durchschnittswerte überdecken erhebliche Unterschiede auf der Ebene der Provinzen und Regionen. Die Spannweite reicht auf der Ebene der Provinzen von 10,8 Einw./km² in Kompienga (Region Est) auf 615,8 Einw./km² in der Hauptstadtprovinz Kadiogo (Centre) (vgl. Abb. 3). Abb. 3: Bevölkerungsdichte in den Regionen, 2006

Datenquelle: INSD, RGPH 2006

13


Betrachtet man das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum auf der Ebene der Provinzen für den Zeitraum zwischen den beiden letzten Volkszählungen (1996 bzw. 2006), fällt zunächst der herausragende Wert für die Hauptstadtprovinz Kadiogo (Centre) (7,6 %) ins Auge (vgl. Abb. 4). Sehr hohe Werte erreichen auch die Provinzen Kompienga (7,8 %) im Osten und Comoe (6,3 %) im Südwesten (Région des Cascades). Während letztgenannte Spitzenwerte insbesondere auf hohe Geburtenraten zurückzuführen sind, ist das Wachstum der Hauptstadtregion vor allem durch die sehr hohen Wanderungsgewinne bestimmt. Diese Beobachtung wird noch unterstrichen durch die vergleichsweise geringen Wachstumsraten in den der Region Centre benachbarten Provinzen, die von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle unter dem nationalen Durchschnittswert (3,3 %) liegen. Abb. 4: Bevölkerungswachstumsrate in den Regionen

Datenquelle: INSD, RGPH 2006

Im Folgenden werden ausgewählte Komponenten und Einflussfaktoren der demographischen Entwicklung Burkina Fasos analysiert sowie ein Ausblick auf demographische Entwicklungsszenarien des Landes im Zeitraum bis 2050 gegeben.

14


2.1 Natürliche Bevölkerungsentwicklung 2.1.1 Fertilität In Bezug auf die Häufigkeit der Lebendgeburten, weist die Volkszählung 20068 eine rohe Geburtenrate von 45,8 ‰ (Geburten pro 1000 Einwohner) aus. Einem Niveau von 48,4 ‰ in ländlichen Gebieten stehen die Städte mit 38,1 ‰ gegenüber. Auf Ebene der Regionen beträgt die Differenz zwischen der höchsten (Région Est, 54,7 ‰) und der niedrigsten Geburtenrate (Région Centre, 27,2 ‰) 17,5 ‰. Abb. 5: Rohe Geburtenrate, 1950-2050 50 Geburten pro 1000 Einwohner

45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

historisch

mittel

niedrig

hoch

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

In historischer Perspektive ist festzustellen, dass die Fertilität nach einem starken Anstieg in den 1980er Jahren, zu Beginn des 21. Jahrhunderts zwar immer noch sehr hoch, aber dennoch deutlich zurückgegangen ist (vgl. Abb. 5). Fortschritte in der Gesundheitsversorgung, der Alphabetisierung, der Bekämpfung von Hunger und Armut, der wirtschaftlichen Entwicklung, der Teilhabe von Frauen und nicht zuletzt beim Zugang zu Empfängnisverhütung haben sich mit zeitlicher Verzögerung in einem Rückgang der Fertilität niederschlagen. Der Zensus 2006 ermittelte eine Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer (Durchschnittliche Kinderzahl pro Frau) von 6,2 auf der nationalen Ebene. Ein deutlicher Gegensatz zeigt sich zwischen Stadt und Land. Die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau liegt in den ländlichen Gebieten bei 6,8, während sie in den Städten „nur“ 4,6 beträgt.

8

Vgl. Ministère de l’économie et des finances, Comité national du recensement (2009a)

15


Abb. 6: Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer, 1950-2050

Zahl der Kinder pro Frau

8 7 6 5 4 3 2 1 0

historisch

mittel

niedrig

hoch

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

Die am stärksten urbanisierten Regionen und Provinzen des Landes zeichnen sich durch relativ geringe Fruchtbarkeitswerte aus (vgl. Abb. 8). Die Regionen Centre und Hauts-Bassins mit den beiden größten Städten des Landes weisen Durchschnittswerte von 4,3 bzw. 5,7 Kindern pro Frau auf. Am anderen Ende der Skala liegt die Region Est mit durchschnittlich 7,7 Kindern pro Frau. Es folgen die Regionen Sud-Ouest (7,3), Sahel und Boucle du Mouhoun (jeweils 7,0) sowie Centre-Nord (6,7). Abb. 7: Rohe Geburtenrate im regionalen Vergleich, 2006

Datenquelle: INSD, RGPH 2006

16


Zum Teil lässt sich der Stadt-Land-Unterschied in der Fertilität auf die oben beschriebenen Determinanten der Fertilität zurückführen, denn in städtischen Regionen „haben die Menschen (…) einen besseren Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung“, so auch zu modernen Verhütungsmitteln.9 Frauen in Städten heiraten zudem meist später und auch der Anteil der weiblichen Erwerbstätigen liegt höher. Abb. 8: Fertilität und Urbanisierung, 2006

Datenquelle: INSD, RGPH 2006 Tab. 3: Demografische Charakteristika im regionalen Vergleich, 2006 Regionen

Jährliche Wachstumsrate ( %)

Bruttogeburtenrate (P1000)

Zusammengefasste Fruchtbarkeits-ziffer

Bruttosterblichkeitsrate (P1000)

Lebenserwartung bei der Geburt

Kinder- und Jugendsterblichkeitsquote (P1000)

Boucle du Mouhoun

2,1

42,5

7,0

12,7

55,5

154,2

Cascades

4,8

46,9

6,2

12,2

54,3

164,7

Centre

6,3

37,0

4,3

5,6

66,8

80,2

Centre-Est

2,9

47,5

6,5

15,3

51,8

184,3

CentreNord

2,6

48,8

6,7

13,4

54,2

160,8

CentreOuest

2,3

45,0

6,1

14,3

53,6

168,1

CentreSud

1,9

43,2

6,1

11,7

58,8

136,7

Est

3,6

54,4

7,7

11,8

56,5

142,6

9

Sippel et al. 2011:52

17


HautsBassins

3,6

44,6

5,7

x

57,9

133,4

Nord

2,2

45,5

6,5

14,0

54,1

161,3

Plateau Central

2,0

46,0

6,4

13,2

55,6

149,0

Sahel

3,2

48,5

7,0

11,9

55,1

153,0

Sud-Ouest

2,5

39,6

7,3

12,4

55,3

151,5

National

3,1

45,8

6,2

11,8

56,7

141,9

Quelle: INSD, RGPH 2006

Das Niveau der Fruchtbarkeit wird neben dem Stadt-Land-Gegensatz durch weitere Faktoren beeinflusst. Die Ergebnisse der Volkszählung 2006 zeigen, dass Familienstand, Einkommen und Bildungsabschluss weitere wichtige Bestimmungsfaktoren sind. Während die TFR bei monogam (7,6) und polygam (7,4) verheirateten Frauen am höchsten ist, liegen die Werte für unverheiratete (1,5), verwitwete (3,3) und geschiedene (3,9) Frauen deutlich darunter. Zur Messung des Zusammenhangs von Wohlstand und Fertilität wurden die Haushalte in Einkommensquintile unterteilt. Am Ende der fruchtbaren Lebensphase haben Frauen im ärmsten Fünftel im Durchschnitt 6,8 Kinder zur Welt gebracht, während die Gruppe der Frauen in der höchsten Einkommensgruppe eine durchschnittliche Kinderzahl von 4,0 aufweisen. Der Bekämpfung der Armut im Land kommt somit auch in demographischer Hinsicht eine wichtige Rolle zu. Frauen ohne Schulbildung weisen mit durchschnittlich 6,5 Kindern pro Frau signifikant höhere Werte auf, als Frauen mit Grundschulbildung (4,9), Frauen, die eine weiterführende Schule (3,4) besucht haben oder Frauen mit höherer Bildung (2,4) (vgl. Abb. 10). Unter den genannten Faktoren kommt der Bildung die wichtigste Rolle zu: „Education is absolutely crucial for paving the way for development and it is important for men and women alike. A country’s fertility rate (...) is, however, predominantly influenced by women’s level of education.“10 Längere Schulbildung verzögert die Zeitpunkte von Eheschließung und erster Geburt. Frauen mit Sekundarbildung streben eine geringere Familiengröße an, als Frauen mit weniger oder keiner Bildung. Gebildete Frauen sind i.d.R. besser über Verhütungsmethoden informiert.11

10 11

Sippel et al. 2011: 44 Eine Sichtung der Literatur zum Zusammenhang von weiblicher Bildung und Fertilität findet sich bei Sippel et al. (2011):44.

18


Abb. 9: Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer je Bildungsniveau 350

Fertilitätsrate (Promille)

300 250 200 150 100 50 0 15-19

20-24

25-29

30-34

35-39

40-44

45-49

Altersgruppe ohne

primäre

sekundäre

höhere Bildung

Datenquelle: INSD, RGPH 2006

Erfahrungen belegen, dass ein Rückgang der Fertilität insbesondere durch folgende Faktoren erreicht werden kann:12 • • • • •

bessere Bildung und Ausbildung insbesondere für Mädchen und Frauen, Bekämpfung der Kindersterblichkeit, mehr Mitsprachemöglichkeiten von Frauen in Familie und Gesellschaft, besserer Zugang zu Sexualaufklärung und Verhütungsmitteln, Schaffung von Lebensperspektiven, z. B. durch bessere Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten, neue Familienbilder, etc.

12 Sippel 2011: 6

19


2.1.2 Mortalität Im Hinblick auf die Sterblichkeit können aus den Zahlen der Volkszählung von 2006 positive Rückschlüsse gezogen werden.13 Im Vergleich zu 1960 ist die Sterblichkeitsrate von 27 ‰ auf etwa 12 ‰ im Jahr 2006 zurückgegangen (vgl. Abb. 11). Diese Entwicklung reflektiert die Anstrengungen beim Aufbau der Gesundheitsversorgung, die Verbesserung der Ernährungssituation im Land sowie die Fortschritte bei der Versorgung mit Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen.14 Abb. 10: Bruttosterblichkeitsrate, 1950-2050

Rohe Sternerate (Promille)

30 25 20 15 10 5 0

historisch

mittel

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

Unterschieden nach Geschlechtern liegt die männliche Mortalität leicht über der weiblichen. Von 1996 bis 2006 sank die männliche Sterblichkeit von 16,3 ‰ auf 12 ‰. Im gleichen Zeitraum ging die weibliche von 13,5 ‰ auf 11,3 ‰ zurück. Anders ausgedrückt kamen auf 100 weibliche Todesfälle 106 männliche. Wie bei der Fertilität gibt es ein erhebliches Stadt-LandGefälle: im ländlichen Raum ist die Mortalität mit 13,1 ‰ fast doppelt so hoch wie in den Städten (6,8 ‰). Dieser Unterschied spiegelt die vergleichsweise gute Ausstattung der Städte mit Einrichtungen des Gesundheitssektors und der Trinkwasserversorgung wider. Burkina Faso weist nach wie vor eine der höchsten Müttersterblichkeitsraten in ganz Afrika auf,15 was auf das niedrige Niveau der sozio-ökonomischen Entwicklung des Landes und das hohe Fertilitätsniveau zurückzuführen ist. In der Altersgruppe von 15 bis 49 Jahren registrierte der Zensus 2006 307 Todesfälle pro 100.000 Lebendgeburten. Extrem hohe Werte ver13

Vgl. Ministère de l’Economie et des Finances, Comité national du recensement (2009b) Vgl. hierzu auch Agence Française de Développement 2011a: 24 15 Vgl. hierzu insbesondere Amnesty International 2009 14

20


zeichnen die Regionen Sahel (597) und Est (391), demgegenüber steht die Hauptstadtregion Centre mit vergleichsweise geringen 142 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten. Überall dort, wo Mütter einem hohen Mortalitätsrisiko unterliegen, sind auch die Neugeborenen in besonderer Gefahr. Schlechter Gesundheitszustand und Unterernährung der Mütter, unzureichende Betreuung vor, während und nach der Geburt erhöhen das Risiko. Von 1996 bis 2006 ging die Säuglingssterblichkeit (unter einem Jahr) von 107,1 ‰ auf 97,9 ‰ zurück. Im gleichen Zeitraum sank die Kleinkindsterblichkeit (1 bis 4 Jahre) von 75,1 ‰ auf 55,3 ‰. Tab. 4: Kindersterblichkeit nach Regionen 2006 (in ‰) Sterblichkeit der unter 1-Jährigen

Sterblichkeit der 1 bis 4-Jährigen

Sterblichkeit der unter 5Jährigen

Boucle du Mouhoun

97

60

154

Cascades

102

64

165

Centre

55

23

80

Centre-Est

111

75

184

Centre-Nord

102

65

161

Centre-Ouest

104

67

168

Centre-Sud

84

47

137

Est

92

56

143

Hauts-Bassins

88

50

133

Nord

103

65

161

Plateau Central

96

59

149

Sahel

98

62

153

Sud-Ouest

97

61

152

Burkina Faso

91,7

55,3

141,9

Quelle: INSD, RGPH 2006

Kinder unter 5 Jahren sind die gefährdetste Gruppe der Bevölkerung. Das Mortalitätsniveau in dieser Altersgruppe kann ebenso wie die Lebenserwartung bei der Geburt als Maß für den Zustand der Gesundheitsversorgung im Land dienen. Von 1.000 Kindern die 1996 geboren wurden, starben durchschnittlich 174,2. Zuvor war dieser Wert auf etwa 142 zurückgegangen.

21


Weiterhin ist die Kindersterblichkeit ist eine wichtige indirekte Steuerungsgröße der Fertilität. Wenn Eltern nicht wissen ob und wie viele Kinder überleben, bekommen sie i.d.R. viele Kinder, um sicher zu gehen, dass zumindest einige das Erwachsenenalter erreichen.16 Ein Rückgang der Kindersterblichkeit schlägt sich direkt in einer Verbesserung der Lebenserwartung bei der Geburt nieder. Diese stieg von 53,8 Jahren 1996 auf 56,7 Jahre im Jahr 2006. Für den Zeitraum 1996-2006 ergibt sich eine durchschnittliche jährliche Zunahme von 0,3 Jahren (vgl. Abb. 12). Sinkt die Kindersterblichkeit, lässt sich beobachten, dass mit einer zeitlichen Verzögerung auch die Fertilität zurückgeht. Abb. 11: Lebenserwartung, 1950-2010

Lebenserwarttung bei Geburt (Jahre)

80 70 60 50 40 30 20 10 0

Männer

Frauen

Männer

Frauen

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

16

Vgl. hierzu auch Sippel et al. (2011): 46.

22


2.2 Migration und Urbanisierung Burkina Faso ist, wie der gesamte Sahelraum, von intensiven Wanderungsbewegungen geprägt.17 Im Ergebnis der Volkszählung von 2006 wurden etwa 22 % der Bevölkerung als (interne oder internationale) Migranten eingestuft (vgl. Tab. 5).18 Angesichts des hohen natürlichen Bevölkerungswachstums stellt die internationale Migration das wichtigste „demographische Entlastungsventil“ des Landes dar. Trotz der Krise im Nachbarland ist Côte d'Ivoire nach wie vor das wichtigste Zielland der grenzüberschreitenden Wanderung. Tab. 5: Verteilung der Bevölkerung Burkina Fasos nach Migrantenstatus und Geschlecht Männlich Anzahl

Weiblich %

Anzahl

Gesamt %

Anzahl

%

Nicht-Migranten

5.032.528

74,3

5.256.563

72,5

10.289.091

73,4

Internationale Migranten

472.430

7,0

421.196

5,8

893.626

6,4

Interne Migranten

950.827

14,0

1.249.737

17,2

2.200.564

15,7

Migranten insgesamt

1.423.257

21,0

1.670.933

23,0

3.094.190

22,1

Nicht definiert

312.954

4,6

321.027

4,4

633.981

4,5

Gesamt

6.768.739

100,0

7.248.523

100

14.017.262

100,0

Quelle: Ministère de l’Economie et des Finances, Comité national du recensement 2009c: 19

Für die demographische Entwicklung im Land selbst ist die Binnenwanderung von größerem Interesse. Hierbei ist zunächst festzustellen, dass sich der Anteil der Geschlechter mit zunehmender Entfernung der Wanderung von einem Übergewicht der Frauen zu einer Dominanz der Männer verschiebt. Während der Frauenanteil bei den Wanderungen zwischen den Kommunen und zwischen den Provinzen deutlich überwiegt, liegen die Männer bei den Wanderungen zwischen den Regionen und über die Staatsgrenze leicht vorne (vgl. Tab. 5). In regionaler Hinsicht (vgl. Tab. 6) dominiert die Hauptstadtregion (Centre) als Zielgebiet mit einem jährlichen Wanderungsgewinn von fast 400.000 Menschen. Mit Abstand folgt die Region Hauts Bassins (115.246) mit der zweitgrößten Stadt des Landes. Wanderungsüberschüsse weisen auch die Regionen Cascades und Est auf. Dies sind die Regionen mit dem höchsten landwirtschaftlichen Potenzial Hohe Wanderungsverluste weist der dürrebedrohte Norden aus, ebenso die Regionen rund um die Hauptstadtregion.

17 18

Blion 1995; Dabire 2007; Kabbanji/Piche 2006; Ouedraogo/Piche 2007; Songre 1974 ; Wouterse/Berg 2011 Vgl. Ministère de l’Economie et des Finances, Comité national du recensement (2009c)

23


Tab. 6: Regionale Verteilung der Migranten Regionen

Immigranten

Emigranten

% Immigranten

% Emigranten

Saldo

Boucle du Mouhoun

101.556

140.017

7,6

10,5

-38.461

Cascades

88.280

26.911

6,6

2,0

61.369

Centre

475.601

91.507

35,7

6,9

384.094

Centre-Est

53.458

76.063

4,0

5,7

-22.605

Centre-Nord

43.407

128.434

3,3

9,6

-85.027

Centre-Ouest

91.846

118.094

6,9

8,9

-26.248

Centre-Sud

45.358

114.504

3,4

8,6

-69.146

Est

56.869

36.942

4,3

2,8

19.927

Haut-Bassins

238.086

122.840

17,9

9,2

115.246

Nord

32.966

244.897

2,5

18,4

-211.931

Plateau Central

43.920

131.118

3,3

9,8

-87.198

Sahel

20.600

52.298

1,5

3,9

-31.698

Sud-Ouest

40.441

48.763

3,0

3,7

-8.322

Total

1.332.388

1.332.388

100,0

100,0

0

Quelle: Ministère de l’Economie et des Finances, Comité national du recensement 2009c: 30

Die zunehmende Urbanisierung19 speist sich also vor allem aus dem Zustrom von Menschen auf der Suche nach Arbeit und Einkommen. Bislang können jedoch nur die beiden großen Städte Ouagadougou und Bobo-Dioulasso von dieser Urbanisierungswelle „betroffen“. Aufgrund der sehr viel höheren Fertilität im ländlichen Raum wächst die ländliche Bevölkerung derzeit noch schneller als die Stadtbevölkerung (vgl. Abb. 15). Erst für die kommenden beiden Jahrzehnte prognostizieren die UN ein „Aufholen“ der Stadtbevölkerung.

19

Vgl. Ministère de l’Economie et des Finances, Comité national du recensement (2009d)

24


Abb. 12: Städtische und ländliche Bevölkerung, 1950-2050 25

Einwohner [Millionen]

20

15

10

5

0

ländlich

städtisch

ländlich

städtisch

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=1]

Wie in Abschnitt 2.1.1 beschrieben, weist die städtische Bevölkerung wesentlich geringere Fertilitätsniveaus auf als die der Bewohner des ländlichen Raums. Aus demographischer Sicht muss die Urbanisierung daher von staatlicher Seite gelenkt werden, d.h. sie sollte mit einer Politik der Dezentralisierung (vgl. Abschnitt 3.3.5) verknüpft werden, um die negativen Begleiterscheinungen der Verstädterung einzudämmen und ein Anwachsen Ouagadougous zur Megastadt zu verhindern.

25


2.3 Bevölkerungsentwicklung und -struktur – aktueller Stand Fertilitäts- und Mortalitätsraten bestimmen die sog. natürliche Bevölkerungsentwicklung eines Landes und geben Aufschluss über Wachstum und Struktur der Bevölkerung. Das Modell des demografischen Übergangs stellt ein idealtypisches Ablaufschema dar, um die Entwicklung einer Bevölkerung mit hoher Geburten- und Sterberate zu einer mit niedriger Geburten- und Sterberate zu beschreiben. Das Modell lässt sich prinzipiell auf alle Länder anwenden und wurde von Demographen auf der Grundlage historischer Beobachtungen in Europa und Nordamerika erstellt.20 Abb. 13: Modell des demographischen Übergangs

Quelle: Heineberg 2004:75.

In der 1. Phase führen hohe Geburts- und Sterberaten zu einer gleichbleibend großen Bevölkerung. In Phase 2 sorgen sinkende Sterberaten bei weiterhin hohen Geburtenraten für ein rapides Bevölkerungswachstum, bevor in Phase 3 die Geburtenraten ebenfalls sinken und sich das Wachstum verlangsamt. In Phase 4 pendeln sich Geburten- und Sterberate schließlich auf einem niedrigen Niveau ein. Liegt die Geburtenrate niedriger als das Reproduktionsniveau, kommt es im Laufe der Zeit zu einem Schrumpfen der Bevölkerung. Bei niedrigen Geburten- und Sterberaten sowie einer Zunahme der Lebenserwartung kommt es zu einer Alterung der Gesellschaft. Burkina Faso befindet sich – ähnlich wie viele andere Länder in Subsahara-Afrika – in Phase 2, des demographischen Übergangs (vgl. Abb. 14); der Phase des größten Bevölkerungswachstums.

20

Vgl. Chesnais 1985

26


Abb. 14: Burkina Faso im demographischen Übergang 55 Geburten-/Sterberate (Promille)

50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0

Rohe Geburtenrate

mittel

Rohe Sterberate

mittel

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

Die demographische Dynamik zwischen 1950 und 2010 schlägt sich auch deutlich in den entsprechenden Bevölkerungspyramiden nieder (vgl. Abb. 13). Die hohe Fertilität zeigt sich in der extremen Verbreiterung der Pyramidenbasis, der explosionsartigen Zunahme der jungen Altersgruppe. Im Zensus 2006 waren 48 % der Bevölkerung jünger als 15 Jahre. Abb. 15: Bevölkerungspyramiden, 1950 und 2010

100+ 95-99 hommes

90-94

femmes

85-89 80-84 75-79 70-74 65-69 60-64 55-59 50-54 45-49 40-44 35-39 30-34 25-29 20-24 15-19 10-14 5-9 0-4

2

1

0

1

27

2


100+ 95-99 hommes

90-94

femmes

85-89 80-84 75-79 70-74 65-69 60-64 55-59 50-54 45-49 40-44 35-39 30-34 25-29 20-24 15-19 10-14 5-9 0-4

2

1

0

1

2

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

28


2.4 Szenarien der zukünftigen demographischen Entwicklung Burkina Fasos Wie im Eingangskapitel erwähnt, ist die demographische Perspektive eine sehr langfristige. Vor diesem Hintergrund sollen, nach dem Blick auf den aktuellen Stand in 2.3, im Folgenden einige Szenarien der Bevölkerungsentwicklung Burkina Fasos bis 2050 vorgestellt werden, wie sie sich aus den oben beschriebenen Entwicklungen ableiten lassen. Dabei stehen sich in der Regel drei Szenarien (hoch, mittel, niedrig) gegenüber, die sich noch um ein sehr unwahrscheinliches viertes Szenario (dauerhaft konstante Fertilität) ergänzen lassen.21 Abb. 16: Szenarien des burkinischen Bevölkerungswachstums, 2010-2050 65 60 55 50

Einwohner [Millionen]

45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 2010

2015 mittel

2020

2025

2030

niedrig

hoch

2035

2040

2045

2050

konstante Fertilität

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=1]

Legt man die Daten der UN zugrunde, wird sich die Bevölkerungszahl Burkina Fasos von etwa 16,5 Millionen Einwohnern 2010 auf etwa 46,7 Millionen 2050 steigern (mittleres Szenario; vgl. Abb. 16). Im niedrigen Szenario steigt die Zahl auf etwa 41,8 Millionen Einwohner. Der obere Rand des Entwicklungskorridors liegt bei 51, 8 Millionen Einwohnern. Bliebe die Fertilität auf heutigem Niveau, wären gar 61,3 Millionen Einwohner zu erwarten. Zwischen dem unteren und oberen Ergebnis der Vorausschätzungen liegen also etwa 10 Millionen Menschen. Die Statistiker des ‚Institut National de la Statistique et de la Démographie‘ (INSD) 21

Aus Platzgründen wurden die Entwicklungen bis 2010 in die Grafiken in den voranstehenden Abschnitten integriert.

29


kommen auf Basis der Volkszählung 2006 zu etwas geringeren Prognosen für 2050 (vgl. Tab. 8). An der „Sprengkraft“ der Aussage ändert sich jedoch nichts. Tab.7 : Bevölkerungsindikatoren 2007 und 2050 (je Szenario) Indikator

2007

2050 niedrig

2050 mittel

2050 hoch

Gesamtbevölkerung

14 251 000

37 825 000

45 827 000

56 515 000

Jährliche Wachstumsrate (in %)

3,24

1,23

1,89

2,88

Städtische Bevölkerung (in %)

23,31

57,9

57,7

57,5

Anteil der unter 15-Jährigen (in %)

48,0

28,0

35,0

42,0

Anteil der 15- bis 64- Jährigen (in %)

49,0

67,0

61,0

55

Anteil der über 65-Jährigen (in %)

3,0

5,0

4,0

3,0

Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer

6,2

2,1

3,0

4,6

Geburten pro Jahr (in Tausend)

663 000

711 000

1 145 000

1 958 000

Rohe Geburtenrate

46,5

18,8

25 ,0

34 ,7

Verbreitung von Kontrazeptiva (in %)

17,0

71,5

60,0

38,5

Lebenserwartung bei der Geburt (in Jahren)

57,0

70,0

70,0

69,9

Jährliche Todesfälle

176,7

222,2

252,3

305,2

Rohe Sterblichkeitsrate

12,4

5,8

5,5

5,4

Kindersterblichkeitsrate

90,9

44,1

44,1

44,1

Sterblichkeitsrate der 0- bis 4-Jährigen

140,1

59,8

59,8

59,8

Quelle: Ministère de l’économie et des finances, Comité national du recensement 2009e: 41

Alle drei Szenarien gehen von einem weiteren Rückgang der Mortalität aus. Durch ein Sinken der Kindersterblichkeit könnte die Lebenserwartung bei Geburt um 13 Jahre steigen. Hinsichtlich des durchschnittlichen jährlichen Bevölkerungswachstums geht das INSD von 2,9 % (hoch), 1,9 % (mittel) und 1,2 % (niedrig) aus. Dementsprechend betrüge die Verdoppelungszeit der Bevölkerung 24, 37 oder 56 Jahre. Für die durchschnittliche Kinderzahl ergibt sich im niedrigen Szenario ein Wert 2,1, dem Grenzwert zum Bestandserhalt (Reproduktionsniveau). Im mittleren Szenario werden 3, im hohen fast 5 Kinder pro Frau angenommen. Noch anschaulicher wird die hinter diesen Zahlen verborgene Dynamik durch einen Blick auf die Bevölkerungspyramide für 2050 (vgl. Abb. 17). Da wir 40 Jahre in die Zukunft blicken, sind die Zahlen für die Alterskohorten jenseits des Alters von 40 Jahren bereits bekannt. Je weiter man in die jüngeren Altersgruppen hinunter blickt, desto breiter wird die Basis der Pyramide für die jeweiligen Szenarien. Während sich im niedrigen Szenario ein urnenförmi-

30


ger Altersaufbau abzuzeichnen beginnt, sind die anderen Schätzungen durch eine Verbreiterung der Basis gekennzeichnet. Abb. 17: Bevölkerungsstruktur Burkina Fasos im Jahr 2050 den drei Szenarien niedrig, mittel, hoch entsprechend

100+ 95-99 90-94 85-89 80-84 75-79 70-74 65-69 60-64 55-59 50-54 45-49 40-44 35-39 30-34 25-29 20-24 15-19 10-14 5-9 0-4

m niedrig w niedrig m mittel w mittel m hoch

6

5

4

3

2

1

0

1

2

3

4

5

6

Datenquelle: UN Population Division, World Population Prospects [http://esa.un.org/unpp/index.asp?panel=2]

Abschließend sei noch einmal der Blick auf den demographischen Übergang Burkina Fasos (Abb. 14) gerichtet. Abgebildet ist jenseits von 2010 das mittlere Entwicklungsszenario. Es wird deutlich, dass im wahrscheinlichsten Fall erst nach 2100 mit einem Abschluss der demographischen Transition zu rechnen ist. Aufgrund der damit verbundenen Herausforderungen, sollte das Land bestrebt sein, diesen Zeitpunkt so weit wie möglich in Richtung Gegenwart zu verschieben.

31


3. Ansätze, Programme und Politiken zum Thema Demographie und ländlicher Raum Das hohe Bevölkerungswachstum stellt zweifellos die größte Herausforderung für die Entwicklung Burkina Fasos dar. In diesem Kapitel wird dargelegt, mit welchen Instrumenten die Regierung diese Herausforderung angeht und wie die regierungsinternen und -externen Gesprächspartner diese Instrumente bewerten. Außerdem werden für das Thema Demographie und ländlicher Raum relevante Ansätze und Programme von internationalen, multi- und bilateralen sowie Nichtregierungsorganisationen dargestellt. Im zweiten Schritt wird der Blick auf den Landwirtschaftssektor und seine potentiellen Beiträge zur Dämpfung des Bevölkerungswachstums verengt. Im dritten Teil werden schließlich benachbarte Handlungsfelder der Bevölkerungspolitik und ihre Verzahnung mit der Landwirtschaft bzw. der Entwicklung des ländlichen Raumes (vgl. Abb. 18) betrachtet. Die Darstellungen und Analysen werden mit Ergebnissen aus Interviews während der Mission verbunden. Verweise auf konkrete Gesprächspartner sind durch Zahlen in eckigen Klammern mit der Liste im Anhang referenziert. Abb. 18: Demographische Handlungsfelder

32


3.1 Die nationale Bevölkerungspolitik Bereits 1983 beauftragte die Regierung Burkina Fasos den damals neu gegründeten Conseil National de Population (CONAPO) mit der Koordinierung aller Aktivitäten der Bevölkerungspolitik. Erklärtes Ziel war die stärkere Berücksichtigung demographischer Fragen im Entwicklungsprozess. Diese allgemeine Zielsetzung wurde in der ersten Fassung der « Politique Nationale de Population » (PNP) konkretisiert und in zwei « Programmes d’action en matière de population » (PAP) für den Zeitraum 1991 bis 1995 bzw. 2001 bis 2005 operationalisiert. 1993 wurde mit dem Ziel der Effektivitätssteigerung und Arbeitsverstetigung ein Secrétariat Permanent (SP/CONAPO) geschaffen, welches als zentraler Ansprechpartner für alle bevölkerungspolitischen Fragen dienen soll. Die PNP wurde im Jahr 2000 erstmals überarbeitet, um die soziokulturellen und ökonomischen Entwicklung zu reflektieren und insbesondere die Berücksichtigung der Ziele der « Conférence internationale sur la population et le développement » (CIPD) im Jahr 1994 zu gewährleisten. Die aktuelle Revision der PNP für den Zeitraum 2010 bis 2030 erfolgte auf den Ergebnissen des umfassenden Zensus von 2006 (Recensement général de la population et de l’habitation, RGPH). Als Hauptziel nennt die PNP die Reduktion des jährlichen Bevölkerungswachstums von 3,1 % (2006) auf 2,25 % im Jahre 2030. Über fünf strategische Achsen soll dieses Ziel in der Politik verankert werden: Gesundheitswesen und Familienplanung, Bildung und Aufklärung, Übernahme der bevölkerungspolitischen Ziele in die Fachpläne auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene, Umsetzung einer nationalen Migrationspolitik, demographisches Capacity Building (vgl. Ministère de l’Economie et des Finances 2010: 26f.). Auf der Ebene der Fachministerien sind es vor allem das Gesundheitsministerium [Interview 12] (Plan stratégique de sécurisation des produits contraceptifs, Plan nationale de développement sanitaire) und das Raumordnungsministerium [Interview 2] (Ministère de l’Administration Territoriale, de la Décentralisation et de la Sécurité), die bevölkerungspolitische Ziele explizit in die jeweiligen Fachpläne aufgenommen haben. In den Plänen und Projekten des Landwirtschaftsministeriums [www.agriculture.gov.bf; Interview 4] spielen demographische Aspekte bislang keine größere Rolle. Nach fast 30 Jahren Tätigkeit fällen die nationalen Gesprächspartner ein eher positives Urteil über die Arbeit des CONAPO auf der nationalen Ebene. Es sei gelungen, einen Wissenstransfer in die Ministerien und die Zivilgesellschaft zu etablieren und die demographischen Probleme im allgemeinen Regierungshandeln zu verankern [1]. Die Vertreter des AFD und der EU konstatieren hingegen einen mangelnden Einfluss und eine zu geringe Effizienz der Arbeit des CONAPO [5,11]. Als großes Defizit haben viele unserer Gesprächspartner den mangelnden Einfluss des CONAPO auf die regionale und kommunale Ebene benannt [2, 5, 12, 13]. Es mangele an der Umsetzung der nationalen Bevölkerungspolitik in konkrete Projekte vor Ort. Auch die Akteure der CONAPO selbst haben diesen Fehler erkannt; das SP/CONAPO möchte die Ziele der PNP in den Einzelplänen der Ministerien noch stärker verankern. Auch am Aufbau von regio33


nalen und kommunalen Strukturen wird gearbeitet [1]. In den meisten Regionen haben die Gouverneure mittlerweile Commissions Thématiques de Population et Développement (CTPD) als regionale Diskussions- und Koordinierungskreise eingerichtet. Unterschiedlich beurteilt wird die bevorstehende Umstrukturierung bzw. Herabstufung des CONAPO, in deren Rahmen die Einheit der Direction Générale de L‘Economie et de la Planification (DGEP) unterstellt wird und damit zumindest partiell ihre Eigenständigkeit ein-büßt. Für die meist außerhalb der Administration angesiedelten Skeptiker verliert der CONAPO damit seinen Querschnittscharakter [5,11]. Der Vertreter einer bevölkerungspoliti-schen NGO befürchtet gar das mittelfristige Verschwinden des CONAPO [7]. Die Befürworter hingegen sehen die Vorteile in einer verbesserten Wirkung auf der regionalen Ebenen der Administration, insbesondere den 13 Directions Régionales de l'Economie et de la Planification (DREP) [6]. So betonte der Gesprächspartner aus der DGEP, dass mit der Um-strukturierung ein Bedeutungszuwachs sowie ein Perspektivwechsel hin zu einer volkswirt-schaftlichen und planerischen Sichtweise erfolgen werde [2]. Neben der politischen Komponente zählen die Erhebung, Aufbereitung und Analyse von statistischen Daten zu den Kernbestandteilen des demographischen Capacity Building. Burkina Faso kann in diesem Bereich auf vier seit 1975 durchgeführte Volkszählungen zurückgreifen. Nach 1985 und 1996 fand der jüngste Zensus 2006 statt. Mit der Durchführung und Auswertung der Volkszählungen ist das Institut National de la Statistique et de la Démographie (INSD) beauftragt. Die Ergebnisse der Volkszählung und weiterer Erhebungen stehen der Allgemeinheit in Form von Publikationen und Datensammlungen auf der Website des INSD (http://www.insd.bf/) zur Verfügung. Hinzu treten detaillierte Analysen der Daten, die unter dem Dach des Ministère de l’Economie et des Finances veröffentlicht wurden. Das INSD wird in seiner Arbeit durch Experten des UNFPA beraten und unterstützt. So analysiert der UNFPA die sektoralen Pläne der Ministerien im Hinblick auf die Konformität mit der nationalen Bevölkerungspolitik und weist das INSD auf vorhandene Datenlücken in sektoraler oder regionaler Hinsicht hin [6]. Der Direktor des INSD ist in Personalunion Direktor des Institut Supérieur des Sciences de la Population (ISSP) der Universität Ouagadougou. Auf diese Weise wird eine praxisorientierte Ausbildung der Studierenden, qualifizierter Nachwuchs für das INSD und die Bildung von „demographischen Netzwerken“ unter den Absolventen erleichtert.

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3.2 Internationale Organisationen Als eines der ärmsten Länder der Welt steht Burkina Fasos im Fokus der Vereinten Nationen und ihrer Unterorganisationen sowie weiterer internationaler Organisationen wie der Weltbank oder den großen humanitären Hilfsorganisationen. Im Mai 2011 hat die burkinische Regierung die Zusammenarbeit mit den drei UN-Unterorganisationen UNFPA, UNDP und WFP für die Periode 2011 bis 2015 fortgeschrieben. Der United Nations Population Fund (UNFPA) [burkinafaso.unfpa.org; Interview 6] arbeitet bereits seit 1973 in Burkina Faso. Die Förderung begann mit der Finanzierung der ersten Volkszählung im Jahr 1975. Das sechste gemeinsame Programm (Budget 14,5 Mio. US$, Laufzeit 2005-2010) arbeitete in den drei Handlungsfeldern 1) Reproduktive Gesundheit, 2) Bevölkerung und Entwicklung, 3) Geschlechtergerechtigkeit) in den Regionen Sahel, Centre Est und Est. Mit 7,9 Mio. US$ Projektmitteln lag der Schwerpunkt des Programmes aus finanzieller Perspektive auf dem Handlungsfeld „Reproduktive Gesundheit“. Zielsetzung hier war die Erhöhung der Bereitschaft für freiwillige HIV/AIDS-Tests, die Verbreitung von Kondomen als Verhütungsmittel unter Jugendlichen und die Steigerung des Anteils medizinisch betreuter Geburten. Das demographische Capacity Building war ein Schwerpunktthema des zweiten Handlungsfeldes „Bevölkerung und Entwicklung“. Die mit 3 Mio. US$ ausgestattete Komponente unterstützte das Mainstreaming von Bevölkerungsfragen und Menschenrechten in Politiken, Programmen und Strategien zur Armutsminderung. So berieten und unterstützten die Experten des UNFPA das nationale Statistikamt (INSD) bei der Verbesserung von Zugang zu und Qualität von soziodemographischen Daten. Des Weiteren analysierten der UNFPA die sektoralen Pläne der Ministerien im Hinblick auf die Konformität mit der nationalen Bevölkerungspolitik und wiesen das INSD auf vorhandene Datenlücken in sektoraler oder regionaler Hinsicht hin. Das dritte Handlungsfeld richtete sich auf die Verbesserung institutioneller Mechanismen zum Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen. Das UNFPAProgramm wird von 2011 bis 2015 mit der dargelegten geographischen Ausrichtung und der thematischen Unterteilung in die drei Handlungsfelder fortgesetzt. Die Food and Agricultural Organization (FAO) und das World Food Programme (WFP) engagieren sich in den Bereichen Nahrungssicherheit und Aufbau lokaler Märkte. Das WFP legt dabei einen Schwerpunkt auf Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und auf die Verbesserung landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten durch lokale Beschaffungen sowie Anreicherung und Verarbeitung lokaler landwirtschaftlicher Erzeugnisse. UNICEF und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützen Projekte im Gesundheitssektor, der Familienplanung und der Geschlechtergerechtigkeit. Insbesondere die Projekte von UNICEF sind basisnah auf die Reduzierung der Mütter- und Kindersterblichkeit ausgerichtet. So unterstützt UNICEF beispielsweise die Impfung von Kindern und Müttern, HIV/AIDS-Prävention bei Jugendlichen, Sanitärversorgung und Hygieneerziehung in Schulen und Familienhilfen. Die Projekte der WHO leisten einen Beitrag zur Umsetzung der nationalen burkinischen Entwicklungsstrategie im Gesundheitssektor und sind in vier strategische Achsen untergliedert: 1) Stärkung des Gesundheitswesens, 2) Verbesserung der Mütter-, 35


Säuglings- und Kindergesundheit, 3) Bekämpfung übertragbarer und chronischer Krankheiten, 4) übersektorale Gesundheitsförderung. Die Weltbank finanziert derzeit 14 Projekte in Burkina Faso. Den Aufbau des Landwirtschaftssektors [Interview 10] unterstützt sie im Rahmen ihrer übergeordneten Programme für Westafrika (West African Agricultural Productivity Program, WAPP; Programme d’amélioration de la productivité agricole et de la sécurité alimentaire, PAPSA). Neben der Verbesserung der Ernährungssituation stehen Fragen des Marktzuganges im Blickpunkt. Das PAPSA-Projekt läuft bis 2016 und arbeitet entlang dreier Handlungsfelder: 1) Verbesserung Nahrungsmittelproduktion durch neue Technologien auf Haushaltsebene, 2) Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln durch Verbesserung der Managementkompetenzen von Stakeholdern, 3) Organisationsentwicklung Capacity Building von Dienstleistern und Produzentenorganisationen. Aus demographischer Perspektive sind ebenfalls die von der Weltbank finanzierten Projekte zur Verbesserung der reproduktiven Gesundheit und zum Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung zu erwähnen. Bereits in den Römischen Verträgen wurde die Entwicklungshilfe als eines der Ziele der heutigen EU definiert. In den Verträgen von Yaoundé (1963), Lomé (1975) und Cotonou (2000) wurde die Partnerschaft zwischen den AKP-Staaten und der EU sowie ihren Mitgliedsstaaten weiterentwickelt. Die letzte Fortschreibung des Vertrages von Cotonou wurde 2010 in Ouagadougou unterzeichnet. In diesem Vertrag wurden fünf Pfeiler der Kooperation festgeschrieben: politische Zusammenarbeit, Förderung von Mitbestimmungskonzepten, Armutsbekämpfung, (Welt-) Handelspolitik, Reform der finanziellen Zusammenarbeit. Die Europäische Union unterhält in Burkina Faso eine große Delegation [5], die unter dem Rahmenprogramm 2008-2012 Projekte mit den Schwerpunkten Armutsbekämpfung, Verkehrsinfrastruktur, Trinkwasser- und Energieversorgung, regionale (westafrikanische) Integration, Demokratisierung und Aufbau der Zivilgesellschaft bearbeitet. Über diese Projekte hinaus wird im genannten Zeitraum eine Budgethilfe von mehr als 340 Millionen Euro gewährt. Demographische Aspekte stehen nicht im Vordergrund der geförderten Projekte, jedoch zielen die Projekte im Bereich Trinkwasser- und Energieversorgung auf einen verbesserten des Zugangs der ruralen Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen. Die dadurch erreichte Gesundheitsrendite kann sich indirekt auf demographische Aspekte auswirken. Die Afrikanische Entwicklungsbank [www.afdb.org] finanziert in Burkina Faso insbesondere Projekte zum Auf- und Ausbau der Infrastruktur, daneben auch Vorhaben im Bildungs- und Gesundheitswesen.

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3.3 Bilaterale Organisationen Neben der GIZ (vgl. Kap. 4) sind auch zahlreiche bilaterale Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit in Burkina Faso engagiert. Die Projekte umfassen „klassische“ Aufgabenfelder aus den Bereichen Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und (Land-) Wirtschaftsförderung. Die Agence Française de Développement (AFD) [www.afd.fr; Interview 11] ist einer der wichtigsten Entwicklungspartner des Landes. Mit der Unabhängigkeit wurde 1960 ein „Document Cadre de Partenariat“ unterzeichnet, in dem drei Hauptsektoren der Zusammenarbeit vereinbart wurden: Bildung und berufliche Bildung, Wasser- und Sanitärversorgung sowie ländliche und städtische Infrastruktur. Diese Felder machen – neben einem Zuschuss zum Staatshaushalt in Höhe von ca. 40 Millionen Euro (2006-2010) – die Schwerpunkte der Zusammenarbeit aus. Fragen der Bevölkerungsentwicklung sind als Querschnittsthema in die Projekte eingebunden. Im Jahr 2011 wurde hierzu unter dem Titel „Comment bénéficier du dividende démographique? La démographie au centre des trajectoires de développement dans les pays de l’UEMOA“ eine breit angelegte Studie für die Staaten der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) und Ghana, Guinea, Mauretanien und Nigeria vorgelegt (Agence Française de Développement 2011b). Neben der zusammenfassenden Publikation wurde auch eine Detailstudie zur Bevölkerungsentwicklung Burkina Fasos umfasst (Agence Française de Développement 2011a). Nach Angaben der OECD [www.aidlows.org] stehen die Niederlande an zweiter Stelle in der Rangliste der nationalen Geldgeber für Burkina Faso. Die Kooperation wurde Mitte der 1970er Jahre begonnen [leburkinafaso.nlambassade.org/lambassade/cooperationbilaterae.html]. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Armutsbekämpfung, Menschenrechte, Bildung und Gesundheit. In wirtschaftlicher Hinsicht konzentriert man sich auf die Stärkung des Privatsektors und die Vermittlung von Partnerschaften zwischen burkinischen und niederländischen Unternehmen. Seit 2009 unterhält die Organisation USAID eine offizielle Präsenz in Burkina Faso. Bereits davor wurden seit 2004 Programme aus den Bereichen landwirtschaftliche Produktivität und Gesundheit (Mutter und Kind) unterstützt. Neben diesen landesspezifischen Programmen ist Burkina Faso in übergeordnete Projekte aus dem Gesundheits- (u.a. Tropenkrankheiten, HIV/AIDS) und Landwirtschaftssektor eingebunden. Die schweizerische Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) bzw. Diréction du Développement et de la Coopération (DDC) zählt Burkina Faso seit 1976 zu ihren Schwerpunktländern. Die Programme aus den Bereichen Bildung, Wirtschaftsförderung und Capacity Development konzentrieren sich hauptsächlich auf die armen Regionen im Norden, im Zentrum und im Osten des Landes. DANIDA [burkinafaso.um.dk/fr/danida-fr/], die Organisation der dänischen Entwicklungszusammenarbeit, engagiert sich im Kampf gegen die Korruption sowie der generellen Armutsbekämpfung in Burkina Faso. Neben den Themen Bildung und Gesundheit werden auch landwirtschaftliche Programme aufgelegt. Zusätzlich zu der institutionellen Unterstützung im

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Rahmen des „Programme national du secteur rural“ (PNSR) liegen die Schwerpunkte in den Bereichen dezentrale ländliche Entwicklung und Mikrokredite.

3.4 NROs Zahlreiche internationale Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen sind in Burkina Faso insbesondere in den Feldern Armutsbekämpfung und Aufbau des Gesundheitswesens tätig. Die in ganz Westafrika tätige NGO Equilibre & Populations [www.equipop.org; Interview 7] unterhält seit 2008 ein Büro in Ouagadougou. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit haben sich von der allgemeinen Regierungsberatung in Bevölkerungsfragen zu konkreten Projekten mit dem Fokus auf Aufklärung und sexuelle Gesundheit junger Frauen verschoben. In der jüngeren Vergangenheit unterstützte das „Programme d'appui solidaire pour la santé génésique“ (PASSAGE) den Aufbau regionaler Gesundheitszentren und die Schaffung zielgruppenspezifischer Angebote unter dem Label „ami des jeunes“. Hierzu wurden auch Informationsmaterialien entwickelt und verbreitet. Regionaler Schwerpunkt des Programms war die Hauptstadtregion Centre. Die Agency for Cooperation and Research in Development (ACORD) [www.acordinternational.org] mit Sitz in London und Nairobi arbeitet seit 1983 in Burkina Faso. Schwerpunkte der Arbeit liegen im ländlichen Raum, insbesondere im subsaharischen Norden, wo Projekte zu den Themen Nahrungssicherheit, HIV/AIDS und Frauenrechte durchgeführt werden. Besondere Zielgruppe ist die (halb-)nomadische Bevölkerung, die mit besonderen Herausforderungen etwa beim Zugang zu Gesundheits- und Bildungseinrichtungen konfrontiert ist. Die Association Burkinabé pour le Bien-Etre Familial (ABBEF) [www.abbef.org; Interview 9] wurde 1985 unter dem Dach der „International Planned Parenthood Federation“ (IPPF) etabliert. Hauptziel ist die Bereitstellung von Gesundheits- und Familienplanungsdiensten für die arme Bevölkerung. In diese Zielstellung eingebunden sind Programme zu Frauenrechten und zur Beteiligung von Jugendlichen. Amnesty International engagiert sich in Burkina Faso insbesondere im Hinblick auf die Rechte und die Gesundheitsversorgung von Frauen und Müttern. Unter dem Titel „Donner la vie, risquer la mort“ wurde eine umfangreiche Dokumentation zu diesem Themenkomplex erstellt (Amnesty International 2009). Die 2001 gegründete Association pour la Gestion de l’Environnement et le Développement (AGED) [www.agedburkina.org] hat sich der Entwicklung ländlicher Kommunen unter Berücksichtigung der Bewahrung natürlicher Ressourcen verschrieben. Wichtigstes Betätigungsfeld ist der Bereich der (beruflichen) Bildung. Die Organisation Population Council [www.popcouncil.org] mit Sitz in New York begann 1989 mit der bevölkerungspolitischen Arbeit in Burkina Faso. Arbeitsschwerpunkte sind Familienplanung, Gesundheit und Frauenrechte.

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Das Population Media Center wurde 1998 gegründet und hat seinen Sitz in Vermont, USA. Es arbeitet weltweit und nutzt Unterhaltungsmedien zur Bewusstseinsbildung und Förderung von Verhaltensänderungen in den Bereichen Bevölkerungsentwicklung und reproduktive Gesundheit. Seit April 2012 unterstützt es die Ausstrahlung von zwei Radiosendungen mit 156 Folgen zu den Themen reproduktive Gesundheit, insbesondere bei Heranwachsenden, Genderbeziehungen und public health. (http://population media.org/where/burkina-faso/) Population Action International (PAI) engagiert sich in Burkina Faso im Kampf gegen HIV/AIDS und unterstützt die lokalen Partnerorganisationen Initiative Privée et Communautaire de Lutte contre le VIH/SIDA (IPC/BF) sowie Union Des Religieux et Coutumiers du Burkina Contre le SIDA (URCB/SIDA). Family Care International (FCI) arbeitet seit 1995 in Burkina Faso und unterhält lokale Büros in Ougadougou und Dori. Die Arbeitsschwerpunkte liegen auf der Schaffung von Zugang zu professioneller Geburtshilfe sowie in der Prävention und Behandlung von Scheidenfisteln zur Reduzierung von Müttersterblichkeit und Krankheiten. Population Services International (PSI) arbeitet seit 1991 durch die eigens gegründete NRO PROMACO in Burkina Faso. PROMACO nutzt den Peer-to-Peer-Ansatz um für HIVInfektionen besonders gefährdete Gruppen wie Minenarbeiter, Sexarbeiter aber auch Marktfrauen zu erreichen. PROMAC verteilt Kondome sowie besondere Condome für Frauen und seit 2009 auch eine Pillensorte namens „Planif“. Marie Stopes International arbeitet seit 2009 in Burkina Faso. Die NGO unterhält eine Klinik sowie weitere Gesundheitszentren im Land. Von dort aus erreicht sie die ländliche Bevölkerung durch drei mobile Einheiten mit Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Familienplanung. Um eine größere Breitenwirkung für ihre eigenen Leistungen zu erreichen, hat die NGO ein Franchisenetzwerk mit verschiedenen privaten Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen aufgebaut.

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3.6 Der Agrarsektor Die Bevölkerung im ländlichen Raum ist durch traditionelle Lebens- und Denkweisen bestimmt. In vielen Regionen ist die Polygamie eine wichtige Form der Partnerschaft. Kinder werden einerseits als „Geschenk Gottes“ betrachtet. Diese Haltung wird durch die religiösen Autoritäten verstärkt. Andererseits werden die Kinder als Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und zur Alterssicherung benötigt [2, 3, 7, 9]. Das kulturelle Milieu wird „weitergegeben“, da es kaum andere Referenzpunkte gibt [3]. Auch landwirtschaftliche Produktionsformen werden tradiert. Ebenso ist das staatliche Rechtssystem von religiösen, kulturellen und ethnischen Einflüssen geprägt [6, 13]. Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftssektor Burkina Fasos. Achtzig Prozent der Menschen leben von der Landwirtschaft, meist in Form der Subsistenzwirtschaft. Trotz steigender Produktivität gelingt es derzeit nicht, die Bevölkerung im Land eigenständig zu ernähren; etwa 15 % der Bevölkerung sind auf internationale Hilfe (z. B. World Food Program) angewiesen [15]. Die Probleme der Landwirtschaft in Burkina Faso sind vielfältig. Sie ist sehr anfällig für externe „Schocks“, beispielsweise im Hinblick auf das Klima (Dürren, Starkregen und Überschwemmungen) oder Preisschwankungen auf dem Weltmarkt (z. B. Baumwolle) [10, 15]. Die Subsistenzwirtschaft ist durch hohen Arbeitseinsatz sowie den Mangel an Wissen und Kapital geprägt. Der Zugang zum Weltmarkt wird durch die Binnenlage des Landes stark beeinträchtigt, da die notwendigen Transporte per LKW sehr viel teurer sind als Schiffstransporte. Die mangelnde Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur verhindert die Herausbildung eines nennenswerten nationalen Agrarmarktes [10, 15]. So ist die fruchtbarste Region des Landes (Boucle du Mouhoun) nur sehr unzureichend per Straße an den Rest des Landes angebunden [2]. Als großes Modernisierungshemmnis erweist sich auch der mangelnde Zugang zu und die Durchsetzung von Gesetzen und Verordnungen [10, 15], ein Umstand, der u.a. den Aufbau von Wertschöpfungsketten erschwert. Die vorhandenen Märkte sind bislang überwiegend informeller Natur, die Produzenten sind durch mangelnde Information (z. B. Preistransparenz, Qualitätsanforderungen) benachteiligt [2, 10]. Etwa 55 % der nutzbaren Flächen werden landwirtschaftlich genutzt [4]. Unter den klimatischen Bedingungen in weiten Teilen des Landes sind jedoch lange Brachephasen zur Regeneration erforderlich. So folgen in der Region Sahel im Norden auf ein Jahr der Ernte, sieben Jahre Brache. Wird die Brachezeit verkürzt, degradieren die Böden und können nicht mehr genutzt werden [15]. Durch das hohe Bevölkerungswachstum geraten auch unter Naturschutz stehende Flächen, etwa die Waldgebiete (forêts classés) im Südwesten, unter Druck [13]. Die bearbeiteten Parzellen werden immer kleiner, was moderne Anbaumethoden weiter erschwert und unrentabel werden lässt [15]. Vorrangiges Ziel der internationalen Hilfsprogramme und der Landwirtschaftspolitik ist zunächst die Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung [2, 10]. Hierzu hat die Weltbank Programme wie das West African Agricultural Productivity Program (WAPP) oder das Programme d’amélioration de la productivité agricole et de la sécurité alimentaire (PAPSA) aufgelegt. 40


Es soll ein Wandel – so wurde in dem Gespräch geäußert – weg von der Subsistenzlandwirtschaft hin zu einer modernen Landwirtschaft, die die Versorgung des Landes leisten kann, bewerkstelligt werden. Hierzu muss ein professioneller Agrarsektor mit größeren Betriebseinheiten (bspw. in Form von Kooperativen oder Genossenschaften) entstehen, die genügend Kapital für die Mechanisierung erwirtschaften können [2]. Die Verbesserung der Produktivität durch Mechanisierung, Düngung oder Bewässerung sowie die notwendige Anpassung an den Klimawandel erfordern eine fortwährende Aus- und Weiterbildung der Bauern. Hierzu wird der Aufbau von Landwirtschaftskammern und Interessenvertretungen wie die Confédération Paysanne du Faso (CPF) oder die Union des producteurs agricoles (UPA) gefördert. Weiterhin subventioniert die Weltbank Investitionen in Produktionsmittel, Lager sowie den Aufbau von Produktionskooperativen und weiterverarbeitenden Betrieben. Letztere spielen eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Beteiligung der Frauen (vgl. Abschnitt 3.7.3). Auch einige Programme, die nicht zu vollständig auf die Landwirtschaft ausgerichtet sind, haben positive Effekte auf diese (siehe Abschnitt 3.3.5 Dezentralisierung). Mehrere Gesprächspartner empfahlen die Förderung von Klein- und Mittelstädten. Diese sollen als auf die naturräumlichen Bedingungen spezialisierte Marktregionen und Standorte der entsprechenden weiterverarbeitenden Branchen dienen [2, 10]. In unserem Gespräch mit dem Staatssekretär des Landwirtschaftsministeriums wurde deutlich, dass eine Operationalisierung der nationalen Bevölkerungspolitik im Landwirtschaftssektor bislang nicht erfolgt ist. Ein „demographischer Dialog“ zwischen den Ministerien findet auf der Arbeitsebene zu wenig statt. Das Bevölkerungswachstum wird nur als Herausforderung bei der Sicherstellung der Ernährung wahrgenommen, direkte Einflussmöglichkeiten des Agrarsektors auf die Bevölkerungsentwicklung werden kaum gesehen [4]. Dennoch bieten sich der Landwirtschaft interessante indirekte Handlungsfelder, die im Weiteren näher diskutiert werden.

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3.7 Demografische Handlungsfelder für den Agrarsektor 3.7.1 Bildung Seit der Unabhängigkeit ist der Anteil der Erwachsenen (15 Jahre und älter), die Lesen und Schreiben können, von etwa 5-10 % auf gegenwärtig mehr als 30 % angestiegen. Unter den Jugendlichen (15-24 Jahre) stieg die Alphabetisierungsquote im gleichen Zeitraum von 10 % auf über 40 %. Darüber hinaus wurde die Einschulungsquote im Jahr 2009 auf 78 % geschätzt.22 Diese positive Entwicklung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Aufbau der Bildungsinfrastruktur nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten kann [12]. Lese- und Schreibkenntnisse in der Nationalsprache sind unverzichtbare Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft und die berufliche Weiterqualifikation. Daneben ist es Aufgabe der Schulen, den Bewusstseinswandel für die demographischen Herausforderungen zu befördern [12]. Hierzu zählt nach Meinung der Experten aus den NGOs insbesondere der Aufklärungsunterricht, der bislang nicht im Kanon bzw. der Lehrerausbildung verankert ist [7, 9]. Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen Bildungsabschluss der Mutter und dem Rückgang der Kinderzahl [6] (vgl. hierzu auch Abschnitt 2.1.1). Neben der Bereitstellung von Schulen im ländlichen Raum zählt der Ausbau der Kapazitäten für die berufliche und akademische Ausbildung zu den größten Problemen [1, 10]. Als Beispiel nannte die Generalsekretärin des SP/CONAPO den Verlust landwirtschaftlicher Berater in den Regionen des Landes. Es existierte bislang ein System aus Landwirtschaftsberatern, und Agraringenieuren, die Bauern vor Ort mit neuen Anbautechniken vertraut gemacht haben. Viele Berater sind in den Ruhestand gegangen oder in der Hierarchie aufgestiegen. Von unten käme kaum Nachwuchs nach, da die Ausbildungskapazitäten aus Geldmangel reduziert wurden bzw. die Zahl der Absolventen bei weitem nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken. Dieser Mangel an Landwirtschaftsexperten stellt einerseits ein großes Hemmnis für die Modernisierung des Agrarsektors dar. Andererseits wurde in mehreren Gesprächen deutlich, dass die landwirtschaftliche Beratung eine wichtige Zugangsoption zur ländlichen Bevölkerung darstellt, die verstärkt für die demographische Aufklärung genutzt werden sollte [1, 6, 9]. Mit dem Mangel an landwirtschaftlichen Beratern bleibt somit ein wichtiges Handlungsinstrument weitgehend ungenutzt.

22

Vgl. Agence Française de Développement 2011a

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3.7.2 Gesundheit und Familienplanung Burkina Faso hat in Sachen sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie Familienplanung Fortschritte gemacht – aber es bleibt noch vieles zu tun. Im Jahr 2010 benutzten nur 16 % der Frauen in Burkina Faso ein Verhütungsmittel gegenüber 14 % im Jahr 2003. In den Städten liegt der Anteil bei 34,3 % (ländlicher Raum 11 %).23 Wie im Bildungsbereich hält der Ausbau der Gesundheitsinfrastruktur nicht mit dem wachsenden Bedarf Schritt [12]. Selbst wenn die ländliche Bevölkerung vom Sinn des Einsatzes von Verhütungsmethoden überzeugt ist, fehlt häufig der Zugang: „Die Gesundheitszentren sind oft weit von den Häusern der Menschen entfernt, vor allem im ländlichen Raum. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind unzuverlässig und teuer. Obwohl die Zahl der Zentren in den letzten Jahren zugenommen hat, gibt es immer noch große Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten.“24 Die burkinische Bevölkerungspolitik verzichtet bewusst auf eine staatlich verordnete Begrenzung der Fertilität. Einige Gesprächspartner führen dies auf die Rücksichtnahme gegenüber religiösen Autoritäten zurück. Hoffnung setzt man auf den Einsatz von LangzeitKontrazeptiva [13]. Aus administrativer Sicht besteht der Nachteil, dass die Einrichtungen des Gesundheitssektors in sog. „Districtes sanitaires“ räumlich anders strukturiert sind, als der Rest des Staates. Räumliche Kongruenz existiert erst wieder auf der kommunalen Ebene. Dies erschwert das koordinierte Vorgehen und die Kooperation des Gesundheitssektors mit anderen Ressorts. Ein angestrebter Verbund von Landwirtschafts- und Familienplanungsberatung wird dadurch auf der regionalen Ebene nahezu unmöglich [5]. 3.7.3 Frauenförderung Die burkinische Gesellschaft steht im Hinblick auf die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Rolle der Frauen in der Gesellschaft vor großen Herausforderungen. Insbesondere im ländlichen Raum ist die Rollenverteilung durch tradierte Verhaltensmuster und Abhängigkeiten geprägt. Sehr häufig wird der Einsatz von Empfängnisverhütung durch Ehemänner kontrolliert und behindert [12]. Auch wird den Mädchen häufig der Zugang zu Schulbildung erschwert oder ganz verwehrt [3]. Alle unsere Gesprächspartner haben die Förderung der Frauen als zentrale „Stellschraube“ der Bevölkerungspolitik benannt. Wörtlich zitiert sei der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium: „Die Frauen sind der einzige Schlüssel“[4]. Die Frauenfrage ist jedoch stets in Bezug auf beide Geschlechter zu diskutieren. So entgegnete eine Interviewpartnerin: „Aber es ist der Mann, der den Schlüssel bewacht“[5].

23 24

Ministère de l’Economie et des Finances/Institut National de la Statistique et de la Démographie (2011):14. Amnesty International 2009: 38

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Im traditionellen System der Landwirtschaft kommt den Frauen als Arbeitskraft und Produzentin eine wichtige Rolle zu. Sie tragen häufig mehr als die Hälfte zum Familieneinkommen bei. Demgegenüber haben Frauen - von einigen regionalen Ausnahmen abgesehen - in der Regel keinen Zugang zu Boden und somit auch nicht zu Krediten [13]. Während der Bodenbesitz von Frauen für einige Gesprächspartner [5, 12] eine grundlegende Voraussetzung darstellt, weisen andere auf das hohe Konfliktpotential dieser Forderung hin [3, 15]. Die Parzellen werden traditionell in einer Art Lehnssystem vergeben. Der Dorfälteste oder eine andere Autorität unterteilt das Land und weist es den Familien zur Bearbeitung zu [13]. Wenn überhaupt erhalten Frauen häufig nur minderwertige Parzellen. Ein Katasterwesen nach westlichem Vorbild existiert nicht bzw. befindet sich in einer frühen Phase des Aufbaus [14]. Ein solches System würde die Übertragung von Land in neu erschlossenen Arealen erleichtern.25 Unabhängig von der Frage des Landbesitzes kommt den Frauen traditionell eine führende Rolle bei der Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte zu. Hier liegen nach Ansicht der meisten Interviewpartner die größten Potenziale der Frauenförderung [2, 10, 15]. Ziel ist die Auflösung informeller Strukturen und der Aufbau kleiner Unternehmen und Kooperativen unter weiblicher Führung entlang der Wertschöpfungskette. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg geht erfahrungsgemäß ein sozialer Aufstieg und ein Rückgang der Kinderzahl einher [5]. Größtes Hemmnis auf diesem Weg sind die bereits diskutierten Schwierigkeiten des Marktzuganges. 3.7.4 Jugendförderung Das hohe Bevölkerungswachstum führt zu einem immer stärkeren Anwachsen der jungen Generation. Ziel muss es sein, so wurde in den Interviews betont, den jungen Menschen Arbeitsplätze und eine positive Lebensperspektive zu geben [1, 6]. Hierzu sei es erforderlich, dass sich die Jugendlichen vor Ort einbringen können. Konkret fordert UNFPA [6], dass junge Menschen befähigt werden müssen, ihre Bedürfnisse in die Regionalräte und Regionalpläne einbringen zu können. Schnittmengen ergeben sich im Handlungsfeld der Jugendförderung insbesondere mit der Bildungs- und Gesundheitspolitik. Besondere Zielgruppe sind auch hier junge Frauen, die oft nur schwer erreicht werden können, da viele nicht zur Schule gehen (dürfen). Gerade hier wäre der Zugang zu Aufklärungsunterricht besonders wichtig. Viele junge Frauen arbeiten als schlecht oder gar nicht bezahlte Haushaltshilfen in den Städten, wo sie mit vielfältigen Formen der (sexuellen) Ausbeutung konfrontiert werden [6, 7].

25

Zur Frage des Zugangs von Frauen zum Boden vgl. Projet Dimitra (2008); Thorsen/Reenberg (2000).

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3.7.5 Dezentralisierung/ Urbanisierung Die Abwanderung in die großen Städte ist in vielen Entwicklungsländern das wichtigste „demographische Ventil“. Auch in Burkina Faso stellen die beiden großen Städte Ouagadougou und Bobo-Dioulasso, neben der Emigration in die Nachbarländer, die wichtigsten Wanderungsziele dar. Der Entlastung des ländlichen Raumes stehen die bekannten Probleme in den Großstädten wie Armutssiedlungen, Kriminalität und Umweltbelastungen gegenüber. Die Mehrzahl der Gesprächspartner steht der weiteren Urbanisierung positiv gegenüber. Mit dem Zuzug in die Stadt würde ein Modernisierungsprozess einhergehen, in dem insbesondere die Frauen von den „Fesseln der traditionellen Rollenbilder“ befreit würden. Zusätzlich würde der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Familienplanung wesentlich erleichtert. Hieraus würde auch ein spürbarer Rückgang der Fertilität resultieren (vgl. Abschnitt 2.1.1). Die Interviewpartner sind sich jedoch einig, dass die Zuwanderung nicht in die Großstädte, sondern in das zu fördernde Wachstum der Klein- und Mittelstädte gerichtet sein sollte. Die regionalen Zentren sollen als Standorte für die weiterverarbeitenden Betriebe und als Absatzmarkt für die landwirtschaftlichen Produkte dienen [2, 4]. Aus staatlicher Sicht ergeben sich zudem Vorteile (economies of scale) beim Ausbau der Infrastruktur (z. B. Wasserversorgung, Gesundheit) [12].

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4. Übersicht über Programme der deutschen EZ 4.1 Programm ‚Développement de l’Agriculture‘ (PDA)26 Das Programme Développement de l’Agriculture (PDA – Entwicklung der Landwirtschaft) ist ein Programm der deutsch-burkinischen Zusammenarbeit unter der Federführung des Ministère de l’Agriculture et de l’Hydraulique (MAH – Landwirtschafts- und Hydraulikministerium). Die Umsetzung des Programms wird für 12 Jahre im Auftrag des BMZ von der GIZ begleitet (2004-2016). PDA ist hauptsächlich in den Regionen Est, Sud-Ouest und in der Provinz Sissili aktiv. Das Programm unterstützt die burkinischen Partner darin, den Übergang zu einer marktorientierten Landwirtschaft zu fördern und so umfassendes wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen. Insgesamt leistet es einen Beitrag zur Einkommenssteigerung und Verbesserung der Ernährungssicherheit der ländlichen Bevölkerung. Damit trägt das Vorhaben auch bedeutend zum Umgang mit demographischen Herausforderungen bei. Die Aktivitäten des Programms wer-den entlang zweier Komponenten konzipiert und umgesetzt: • •

Verbesserung des Förderrahmens für die Intensivierung und Marktintegration einer nachhaltigen Landwirtschaft Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten (Sesam, Cashew, Maniok und lokaler Reis), einschließlich der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten und Bewässerungskulturen.

Das Programm arbeitet nach dem Wertschöpfungskettenansatz. Er basiert auf der Annahme, dass durch die Analyse der Engpässe und deren Behebung auf allen Stufen der Produktionskette und des Werdeganges eines landwirtschaftlichen Produktes, eine Erhöhung der Wertschöpfung insgesamt erzielt werden kann. So werden beispielsweise Verarbeitungs- und Vermarktungsbetriebe bei der Verbesserung ihrer Betriebsabläufe, bei der Verbesserung der Qualität bis zur Einrichtung von internationalen Qualitätsstandards sowie bei Vermarktungsstrategien beraten, um dadurch die Absatzchancen für Primärprodukte zu sichern und zu erhöhen. Private Unternehmen werden in die Entwicklungsmaßnahmen einbezogen, sodass kleine landwirtschaftliche Betriebe Zugang zu neuen Märkten erhalten. So entstehen Arbeitsplätze, wird Know-how geschaffen und Einkommen für die Menschen der Region erwirtschaftet. Beraten werden landwirtschaftliche Produzentinnen und Produzenten in den beiden Regionen Osten und Südwesten und der Provinz Sissili sowie Verarbeitungs- und Vermarktungsbetriebe der Wertschöpfungsketten Sesamsaat, Cashewnüsse und Attiéké (Maniok-Couscous, ein Gericht für den nationalen Markt). Um die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Produktion, Verarbeitung und Vermarktung effizienter zu gestalten, unterstützt das Programm den Dialog zwischen den Ministerien für Landwirtschaft, Viehwirtschaft, Umwelt und 26

Vgl. Website des Programme de Développement de l'Agriculture [http://www.pda.bf/]. Dort finden sich vielfältige Informationen zu den konkreten Projekten und Maßnahmen des Programmes. Die Zielstellungen des PDA Programmes erläutert auch der Beitrag von Thies/Janus (2008).

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Handel auf zentraler und regionaler Ebene, zwischen Regional- und Gemeindeverwaltungen sowie zwischen Branchen- und Berufsverbänden, privaten Dienstleistungsunternehmen und Export- und Vermarktungsfirmen. Zur Förderung der Wertschöpfungsketten hat das Partnerministerium einen nationalen Aktionsplan verabschiedet. Für die Umsetzung wurde eigens eine Abteilung für ländliche Wirtschaftsentwicklung eingerichtet und gemeinsam mit informellen Branchenverbänden spezifische Aktionspläne für die Wertschöpfungsketten Sesamsaat und Maniok/Attiéké erarbeitet. Im Laufe der Programmlaufzeit hat sich eine deutliche Steigerung der Produktionszahlen abgezeichnet. So hat sich beispielsweise die Menge des lokal produzierten Attiéké zwischen 2007 und 2009 um mehr als 80 % erhöht. Die Sesamsaatexporte haben sich in dem Zeitraum mehr als verdreifacht und die Anzahl der Verarbeitungsbetriebe ist von 3 auf 13 gestiegen. In einem neuen Trainingssystem zur Förderung unternehmerischer Kompetenzen in der Landwirtschaft wurden 27 Trainer ausgebildet und 1.350 Teilnehmer geschult. Auf der Ebene der Haushalte konnten mehr als 16.500 Produzenten und Produzentinnen ihr Einkommen um durchschnittlich 14 % erhöhen. Geht man von einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von acht Personen aus, konnten mehr als 100.000 Personen indirekt erreicht werden. Die Periode mit Nahrungsmittelengpässen in diesen Haushalten wurde im Durchschnitt um drei Wochen verkürzt.

4.2. Programm ‚Santé Sexuelle, Droits Humains‘ (PROSAD) Das Vorhaben hat eine Laufzeit von 9 Jahren, politischer Träger ist das Wirtschaft- und Finanzministerium (Ministère de l'Economie et des Finances). Ziel des Programms ist die Anhebung des Wissensstandes von Frauen, Männern und Jugendlichen im Hinblick auf ihre Rechte sowie die Verbesserung ihrer Möglichkeiten, diese Rechte einzufordern. Das Vorhaben zeichnet sich dadurch aus, dass es sowohl Beratungsleistungen auf der nationalen und regionalen Ebene erbringt als auch die Nähe zu den Zielgruppen wahrt. Es arbeitet zusammen mit den Kommunen, Nichtregierungsorganisationen, dörflichen Selbsthilfevereinigungen, traditionellen und religiösen Autoritäten und den Betroffenen selbst. Beratungs- und Förderschwerpunkte sind: sexuelle und reproduktive Gesundheit Jugendlicher; Familienplanung und Bevölkerungspolitik; Förderung von Frauenrechten; Schutz von Mädchen und Frauen vor Gewalt, insbesondere weibliche Genitalverstümmelung; Förderung von Kinderrechten und Bekämpfung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit und des Kinderhandels, sowie die Förderung des Schulbesuchs vor allem von Mädchen. Eine besondere Bedeutung kommt der Aufklärungsarbeit durch zielgruppenspezifische Kommunikationsformen zu. Neben Theatergruppen oder Filmvorführungen mit anschließenden Diskussionen, Nutzung audiovisueller Medien in den jeweiligen lokalen Sprachen, hat das Vorhaben Kommunikationsformen mitentwickelt die den Dialoge in kleinen Gruppen und Familien fördern. Vom Programm entwickelte und erprobte innovative Ansätze werden in staatliche Politiken und Programme integriert. Gemeinsam mit den Partnerministerien wurden Unterrichtsmodule entwickelt und erprobt. Die Module werden von den beiden Bil47


dungsministerien in die Lehrerausbildung aufgenommen. Durch die Programmleistungen erfolgt vor allem eine Stärkung der Rechte von Frauen, die sich dann wiederum für die Wahrung der Rechte ihrer Kinder einsetzen. Darüber hinaus kommt es zu einer Verbesserung des Selbstbewusstseins und der gesellschaftlichen Stellung von Frauen in den Gemeinden. Das Vorhaben leistet einen wesentlichen Beitrag zu dem demographischen Themen Familienplanung, Aufklärung und Life Skills. Auch in der Zukunft könnte das Vorhaben einen sichtbaren Mehrwert zum Thema Politikberatung, Innovationsförderung und sektorübergreifende Zusammenarbeit im Bereich Bevölkerungsdynamik leisten. Es stellt in demographischer Hinsicht eine ideale Ergänzung zum PDA-Programm dar. PROSAD verfügt einerseits über die notwendigen Kenntnisse in Fragen der Familienplanung, der Gesundheitsfürsorge sowie der Frauen- und Jugendförderung. Andererseits hat man umfangreiche Erfahrungen mit der Beratung und Aufklärung im ländlichen Raum Burkina Fasos gesammelt.

4.3 Andere Projekte 4.3.1 Programm ‚d’appui à la Décentralisation et au Développement Communal‘ (PDDC) Im Rahmen des Projektziels sollen die Beteiligung der Bevölkerung am Reformprozess sowie die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen durch die Gebietskörperschaften im Rahmen der Dezentralisierungsreform schrittweise verbessert werden. Das Programm verfolgt einen Mehrebenansatz mit Beratungskomponenten auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene (letztere in den beiden Schwerpunktregionen Ost und Südost). In der Verfolgung dieses Zieles, arbeitet das Programm u.a. mit dem kommunalen Spitzenverband AMBF (Association des Municipalités du Burkina Faso) zusammen und hat erfolgreich die Gründung eines kommunalen Netzwerkes in den Schwerpunktregionen (RCESO Réseau des Communes de l’Est et du Sud-Ouest) angeregt. Das Programm stärkt den politischen Träger MATD (Ministère de l’Administration Territoriale et de la Décentralisation) sowie die Akteure der subsidiären Ebenen (Gouverneursämter, dekonzentrierte technische Dienste, Regionalrat, Bürgermeisteramt, und Gemeinderäte) in ihrer Aufgabenwahrnehmung und Steuerungsfähigkeit. 4.3.2 Programm ‚Eau et Assainissement‘ (PEA) Ziel des Programmes ist die Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung in ausgewählten Klein- und Mittelstädten Burkina Fasos. In den Dezentralisierungsprozessen in Burkina Faso wird die Verantwortung für Planung, Bau und Betrieb der Wasser- und Sanitärversorgung zunehmend auf die Kommunen übertragen. Viele Gemeinden sind dieser neuen Aufgabe jedoch kaum gewachsen. Kommunale und regionale Erfahrungen mit der Wasserwirtschaft fehlen, auf nationaler Ebene fehlen schlüssige Konzepte, um das Problem zu lösen. Parallel halten Ausbau und Betrieb der Wasser- und Sanitärversorgung kaum Schritt mit der ständig steigenden Nachfrage nach sauberem Trinkwasser und der Forderung nach hygienischer Sanitärversorgung. In den rasch wachsenden Randgebieten von Klein- und Mittelstädten ist die Versorgung der Einwohner völlig unzureichend. Darunter leidet beson48


ders die arme Bevölkerung. Neben der wasserwirtschaftlichen Komponente stärkt das Programm organisatorische Kompetenzen in Kommunen und Regionen. Dies unterstützt den Dezentralisierungsprozess im Land, der als eine entscheidende Maßnahme zur Armutsreduzierung gesehen wird. Dem Ausbau der Wasser- und Sanitärinfrastruktur kommt eine wichtige Rolle bei der Reduzierung der Mortalität zu. Sinkende Mortalität und insbesondere ein Rückgang der Kindersterblichkeit zählt zu den wichtigsten Einflussgrößen des generativen Verhaltens. Die Programme PDA und PEA sollten Kooperationsmöglichkeiten prüfen.

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5. Empfehlungen zum Thema Bevölkerungsentwicklung und ländlicher Raum 5.1 Zu Charakter und Dimension der Empfehlungen Vor dem Hintergrund der Bevölkerungsszenarien und -trends (Kapitel 2) sowie der beschriebenen Politiken, Interviews und Ansätze aus dem staatlichen, nichtstaatlichen und internationalen Bereich (Kapitel 3) werden im Folgenden einige Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit dem Thema Demographie im Kontext von Agrarwirtschaft und Ländlicher Entwicklung in Burkina Faso formuliert. Die Vorschläge verstehen sich im Sinne von möglichen Denk- und Diskussionsanstößen als optional. Dabei decken sie unterschiedliche • • • • •

Dimensionen (von operativ bis strategisch) Zeithorizonte (von kurz-über mittel- bis längerfristig) Ebenen (von national, über regional bis lokal) Ausrichtungen (von sektoral bis sektorübergreifend) sowie Vorgehensweisen ab.

Auf der einen Seite soll dadurch die Komplexität, das Spannungsverhältnis und das Panorama der möglichen innovativen Ansätze deutlich werden, dass dem Thema Demographie inne wohnt. Auf der anderen Seite werden aber durch den konkreten Praxis- und Projektbezug die Komplexität reduziert und die Umsetzung unterstützt. Alle hier angedeuteten Vorschläge, im Sinne eines möglichen Maßnahmenkatalogs, können auf Nachfrage weiter vertieft und erläutert werden. Die Vorschläge wenden sich an die TZ/EZ-Programme, Partnerorganisationen und politisches Umfeld. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die laufenden bilateralen EZ-Vorhaben, wollen aber auch zukünftige Projekte bzw. Komponenten anregen, wie etwa ein eigenständiges demographiebezogenes Politikberatungsvorhaben. Dadurch würde das Thema Bevölkerungspolitik sichtbar positioniert und demographische Ansätze und Perspektiven in aktuellen Vorhaben integriert. Die Vorschläge tragen nicht zuletzt den großen Potenzialen, Synergien und langjährigen Erfahrungen in der EZ in Burkina Faso Rechnung, z. B. im Landwirtschaftsund Gesundheitsbereich.

5.2 Handlungsfelder Die Vorschläge sind unterteilt in drei Ebenen (national, regional und lokal). Diese Ebenen entsprechen der administrativen und räumlichen Gliederung des Landes. Darüber hinaus spiegelt diese Struktur ebenfalls die verschiedenen Ebenen der Zusammenarbeit zwischen der nationalen Regierung bzw. dem Landwirtschaftsministerium und der GIZ wider. Während die Maßnahmen auf nationalem Niveau eher auf der ‚Makroebene‘ zu verorten sind, stellen die regional- und lokalbezogenen Überlegungen eher praktische Vorschläge dar und beziehen sich häufig auf landwirtschaftliche bzw. ländliche Aspekte.

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5.2.1 Nationale Ebene Auf nationaler Ebene stehen Sensibilisierung, Information und Aufklärung der politischen Entscheider im Vordergrund. Verschiedene Maßnahmen werden vorgeschlagen: •

Sensibilisierung von Entscheidungsträgern Es wird empfohlen die Anstrengungen zur Sensibilisierung der politischen Entscheidungsträger weiter zu verstärken. Diese richten sich an die Mitglieder der Regierung und an interessierte politische Entscheidungsträger. Dazu werden geeignete Materialien und Visualisierungen entwickelt, die den Handlungsdruck im Bereich Demographie und Landwirtschaft sichtbar machen.

Nutzung des Demographietools DeCiDe DeCiDe ist ein von der GIZ entwickeltes, IT-gestütztes Politikberatungsinstrument für Entscheidungsträger. Es visualisiert den Zusammenhang zwischen Herausforderungen und Handlungsoptionen und hilft, Strategien und Politiken aus demographischer Perspektive zu priorisieren. Es wird empfohlen, dieses als leistungsfähiges Instrument zur Sensibilisierung von politischen Entscheidungsträgern und Vertretern der jeweiligen Verwaltungen zu nutzen.

Übernahme und regionale Anpassung der nationalen Bevölkerungspolitik Gegenwärtig hat die nationale Bevölkerungspolitik (verabschiedet im April 2012) rein normativen Charakter, ohne entsprechende Anwendung durch andere Ministerien oder regionale Administrationen. Dennoch ist die Ausrichtung der sektoralen Politiken (Gesundheit, Bildung, Beschäftigung etc.) an der nationalen Bevölkerungspolitik sowie deren Anwendung auf den verschiedenen regionalen und kommunalen Ebenen von höchster Bedeutung. Durch ihre technische Beratung wird die deutsche EZ die burkinische Regierung bei ihren Koordinationsanstrengungen bei der Anwendung der genannten Politik durch weitere Ministerien und bei der Umsetzung auf regionaler und kommunaler Ebene unterstützen.

Training von politischen Entscheidungsträgern und Multiplikatoren Auf der Grundlage der weiter oben erwähnten Maßnahmen zur Information und Sensibilisierung wird vorgeschlagen, unter den Mitarbeitern des Landwirtschaftsministeriums und anderen verantwortlichen Ministerien potenzielle Multiplikatoren zu identifizieren. Neben dem Training von Entscheidungsträgern ist es allerdings ebenfalls notwendig, Experten aus der Administration auszubilden. Das Training (Capacity Development) dieser Personen sollte sich auf die Stärkung der Fähigkeiten konzentrieren, demographische Daten zu sammeln, zu interpretieren und zu analysieren sowie vorausschauende politische Strategien und konkrete Maßnahmen zu entwickeln. Das Einverständnis der Teilnehmer vorausgesetzt, wird vorgeschlagen, diese in ein System von ‚demographischen Botschaftern‘ zu integrieren.

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Interministerielle Koordination Im Rahmen der technischen und institutionellen Zusammenarbeit wird vorgeschlagen, die Anstrengungen der burkinischen Regierung hinsichtlich der interministeriellen Koordination im Bereich der Demographie zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wird es notwendig sein, den Prozess der Transformation der SP CONAPO in die DPP zu unterstützen sowie die Anstrengungen, die intersektorale Koordination auf regionaler Ebene voranzubringen, zu fördern (siehe dazu auch das Unterkapitel ‚Entwicklung einer regionalen interadministrativen Koordinationseinheit‘).

Förderung von demographiebezogenen Netzwerken und Plattformen Es wird empfohlen, den Austausch zwischen Vertretern der Regierung, der Verwaltung und der internationalen sowie nationalen Organisationen zu vertiefen, indem professionelle Netzwerke aufgebaut werden. Ein Ausdruck davon könnte die Einrichtung einer „Demographie-Plattform“ sein, in deren Rahmen Akteure aus dem staatlichen und nichtstaatlichen Bereich Trends, ‚Good Practices‘ und innovative demographische Methoden austauschen.

Entwicklung einer „Demographiecheckliste“ Es wird vorgeschlagen, die Entwicklung und Abfassung einer Demographiecheckliste zu fördern. Diese Liste soll dazu dienen, die aktuellen Gesetzesinitiativen und politischen Entscheidungen auf ihre demographische Bedeutung zu überprüfen (‚Demographierelevanz‘). Diese Maßnahme sollte mit den Anstrengungen von UNFPA auf regionaler Ebene abgestimmt werden.

Entwicklung geeigneter Methoden des Monitorings und der Evaluierung Monitoring der staatlichen Demographiestrategie und Durchführung eines Demographieberichts im zweijährigen Turnus. Da gerade auf regionaler und lokaler Ebene die konkreten Folgen der eingeschlagenen Maßnahmen zu beobachten sind, findet man hier das ideale Umfeld zur Evaluierung der Ergebnisse konkreter Projekte. Daher empfiehlt es sich, ein Monitoring- und Evaluierungssystem zu installieren. Die gewonnen Erkenntnisse dienen anschließend als Grundlage für die Überprüfung der Ausrichtung der nationalen Politiken und Aktionspläne.

5.2.2 Regionale Ebene Die regionale Ebene bildet die Schnittstelle zwischen der nationalen und der lokalen Ebene. Auf dieser Ebene ist es von vorrangiger Bedeutung, die nationalen Vorgaben an die spezifischen Voraussetzungen der Regionen anzupassen. •

Aufbau regionaler Koordinationsstrukturen Aus demographischer Sicht mangelt es in Burkina Faso auf regionaler Ebene an strukturierten Initiativen der Koordination und der Kooperation. Daher wird vorgeschlagen, regionale und interadministrative Koordinationsstrukturen - analog zur nationalen Ebene aufzubauen. Dabei würde eine solche Initiative die Anstrengungen der DREP, die inter52


sektorale Koordination auf regionaler Ebene voranzutreiben, unterstützen. Eine solche Maßnahme müsste in enger Abstimmung mit UNFPA erfolgen. •

Entwicklung von regionalen Demographieplänen In enger Abstimmung mit der nationalen Bevölkerungspolitik sollte die deutsche EZ die konzeptionelle Entwicklung regionaler Demographiepläne unterstützen. Dies würde zur Übersetzung und Anpassung der nationalen Ziele an die regionale Ebene beitragen und die notwendige intersektorale Harmonisierung unterstützen. Ein weiteres Instrument zur Übersetzung und Anpassung der nationalen Standards an die regionalen Gegebenheiten stellt die demographische Checkliste dar (s.o.), die ihrerseits an den spezifischen Kontext jeder Region angepasst werden muss. Diese Initiative sollte in enger Abstimmung mit UNFPA erfolgen.

Innovationsmesse zum Thema Demographie und Landwirtschaft Es wird vorgeschlagen, einen regionalen Wettbewerb und eine Ausstellung zu innovativen und nachhaltigen Ansätzen im Bereich Demographie und Landwirtschaft in einem Dreijahresturnus durchzuführen. Diese Maßnahme sollte im Verbund zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen erfolgen.

5.2.3 Lokale Ebene Im Wesentlichen schlagen wir vor, bis zu drei Pilotmaßnahmen in den Bereichen Agrarwirtschaft/ Ländliche Entwicklung/ Demographie durchzuführen. Die im Rahmen der durchgeführten Maßnahmen gewonnenen Erkenntnisse sollten regelmäßig evaluiert und dokumentiert werden, um anschließend i.S.v. ‚Good Practices‘ auf regionaler und nationaler Ebene berücksichtigt werden zu können. •

Identifizierung geeigneter Gemeinden und Schlüsselakteure Zu Beginn der Aktivitäten müssen geeignete Gemeinden aus der Gruppe der bereits an GIZ-Vorhaben beteiligten Kommunen identifiziert werden. Zur Erreichung des Ziels ist es unerlässlich, Schlüsselpersonen (lokale und religiöse Autoritäten) mit einzubeziehen.

‚rapid rural apraisals‘ zu demographischen Kernthemen in ausgewählten Gemeinden Zum besseren Verständnis der jeweiligen demographischen Herausforderungen und Bedarfe in den verschiedenen Regionen Burkina Fasos müssen kurze partizipativ orientierte lokale Befragungen durchgeführt werden.

Ausbildung von Multiplikatoren Um die lokalen Sensibilisierungsmaßnahmen zu vertiefen und um zu einer nachhaltigen Wirkung beizutragen, wird vorgeschlagen, ein System lokaler Multiplikatoren zu schaffen. Diese sollten zu den Grundfragen der Demographie und Möglichkeiten der Sensibilisierung ausgebildet werden. Die Multiplikatoren sollten eine herausragende Rolle in der Umsetzung lokaler Aufklärungskampagnen spielen (siehe nachfolgend).

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Durchführung lokaler Aufklärungskampagnen Die ländliche Bevölkerung muss über die demographischen Probleme und die Bedrohung der Lebensgrundlagen durch die Bevölkerungsexplosion aufgeklärt werden. Vor diesem Hintergrund kann auch eine verstärkte Information über die Notwendigkeit und Techniken der Familienplanung erfolgen. Die Agrarwirtschaftsberatung kann hier als „Türöffner“ in traditionellen Milieus fungieren. Im Rahmen der Sensibilisierung der Dorfbewohner wird vorgeschlagen, gemeinsam mit anderen Akteuren (z. B. PROSAD) lokale Aufklärungskampagnen durchzuführen. Ziel der Kampagnen ist, die Gemeindemitglieder für die spezifischen Folgen eines unbegrenzten Bevölkerungswachstums zu sensibilisieren und über die Möglichkeiten einer nachhaltigen Entwicklung aufzuklären. Verschiedene Medien sollen zur Erreichung des Ziels genutzt werden. Im Rahmen der lokalen Entwicklungspläne wird über konkrete Maßnahmen der Unterstützung diskutiert. Im gleichen Zuge soll ein intergenerationaler Dialog initiiert werden. Diese Aufklärungskampagnen sollen von den lokalen Autoritäten unterstützt werden.

Überprüfung der lokalen Entwicklungspläne Auf der Grundlage der weiter oben genannten Instrumente, sollte die deutsche EZ die Überprüfung lokaler Entwicklungspläne (PDC) unterstützen. Dabei ist es notwendig, diese mit der nationalen Bevölkerungspolitik sowie den nationalen und regionalen Demographieplänen in Einklang zu bringen. Darüber hinaus sollte auf lokaler Ebene mit der jeweiligen Bevölkerung über konkrete demographische Herausforderungen gesprochen und gemeinsam mit ihr Pläne für die weitere Dorfentwicklung entwickelt werden.

Durchführung lokaler Diskussions- und Lernforen Jenseits der Einbindung von Schlüsselfiguren (Bürgermeister, Gemeinderäte, religiöse Autoritäten etc.) ist es notwendig, Mittel und Wege zu finden, um einen Großteil der Bevölkerung der beteiligten Gemeinden einzubeziehen. In diesem Rahmen wird vorgeschlagen, lokale Diskussions- und Lernforen zu etablieren. Ein Beispiel stellen Generationendialoge zwischen Jung und Alt zur Geschichte und Zukunft des Ortes dar. Eine weitere Möglichkeit bietet der strukturierte Austausch zwischen den Männern des Dorfes, wie es im Rahmen der sog. « école des maris » geleistet wird. Darüber hinaus könnte die Vorbereitung von Jugendlichen aus dem landwirtschaftlichen Bereich auf die Herausforderungen der Migration einen wichtigen Akzent setzen.

Übertragung, Anpassung und Verbreitung geeigneter Methoden Die bereits auf der lokalen Ebene erprobten Instrumente und Methoden sollen ausgewertet, als ‚Good Practice’-Sammlung systematisiert und verbreitet werden. Dadurch wird auch ein Beitrag zum ‚Scaling-up‘ von Pilotmaßnahmen geleistet.

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Die bisher aufgeführten Maßnahmen auf lokaler Ebene dienen in erster Linie dazu, die Bewohner einer Gemeinde über das Thema Bevölkerungsentwicklung zu informieren, dafür zu sensibilisieren und zu einem veränderten Verhalten einzuladen. Allerdings greifen solche Aktivitäten zu kurz, wenn sie nicht die Bedürfnislagen der Angesprochenen erkennen und keine Lösungsangebote machen können. Partnerorganisationen und TZVorhaben spielen dabei eine besondere Rolle, vor allem die Vorhaben PDA und PROSAD. Zusätzlich zu den bereits formulierten Empfehlungen wird daher folgendes vorgeschlagen: •

Gesundheit und Hygiene Dem Ausbau des kommunalen Gesundheitswesens sowie der Wasser- und Sanitärinfrastruktur kommt eine wichtige Rolle bei der Reduzierung der Mortalität zu. Sinkende Mortalität und insbesondere ein Rückgang der Kindersterblichkeit zählt zu den wichtigen Einflussgrößen des generativen Verhaltens. Die Programme PDA und Programme Eau et Assainissement (PEA) sollten Kooperationsmöglichkeiten prüfen.

Nahrungssicherheit Hauptaufgabe des Landwirtschaftssektors ist und bleibt die Ernährungssicherung der Bevölkerung. Diese Aufgabe kann bei weiter wachsender Bevölkerung nur durch eine Intensivierung und Modernisierung erfüllt werden. Die hierzu notwendigen Schritte wie Ausund Weiterbildung der Landbevölkerung, Aufbau weiterverarbeitender Betriebe, Gründung von Kooperativen und Genossenschaften entfalten neben ihrer Wirkung in der Landwirtschaft auch demographische Konsequenzen.

Demographiepaket Im Kontext einer demographischen Fokussierung des Vorhabens sollte die vorrangig landwirtschaftliche Beratungstätigkeit des PDA-Programmes um ein „Demographiepaket“ ergänzt werden. Hierzu ist eine verstärkte Kooperation der Projekte und Berater vor Ort erforderlich. Die landwirtschaftlichen Berater müssen über demographisches Grundwissen verfügen, um die Landbevölkerung über die Zusammenhänge aufklären zu können. Für vertiefende Aufklärung sollte das Landwirtschaftsprogramm auf Spezialisten, etwa aus dem PROSAD-Programm, zurückgreifen können. Durch die ganzheitliche Betrachtung von Landwirtschaft, Gesundheitsfürsorge und Familienplanung erweitern sich Zugangsmöglichkeiten zur Bevölkerung vor Ort. Zugleich besteht die Chance auf konkrete Verbesserungen für die Rolle der Frauen in der Dorfgesellschaft sowie eine erhöhte Akzeptanz familienplanerischer Instrumente bei wachsendem Verständnis für den Zusammenhang der Knappheit von Land und Nahrungsmitteln bei stark wachsender Bevölkerung.

Bildung und Ausbildung und Stärkung der Frauen Bei der Reduktion der Fertilität kommt der Bildung insbesondere der Mädchen und Frauen eine wichtige Rolle zu. Ein Vorhaben aus dem Bereich der Landwirtschaft kann dabei über fachspezifische Programme zum Ausbau des Aus- und Weiterbildungssektors bei55


tragen. Besondere Angebote für Frauen und Mädchen sollten entwickelt und angeboten werden. Speziell geeignete Frauen sollten zu Landwirtschaftsberaterinnen qualifiziert werden. Sie wären als Vorbilder und Rollenmodelle zweifach wirksam. Wo immer möglich, sollte Frauen der Zugang zu Bildung und Eigentum am Boden ermöglicht werden. Darüber hinaus (und vor allem dort, wo Bodenzugang kurz- und mittelfristig nicht möglich ist) sollte die traditionelle Rolle der Frauen bei der Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte in Form von Arbeitsplätzen und Einkommen gestärkt werden. Zudem sollte der Aufbau kleiner Unternehmen und Kooperativen unter weiblicher Führung entlang der Wertschöpfungskette gefördert werden.

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5.3 Mehrwert eines eigenen Bevölkerungsvorhabens in Burkina Faso Um einen positiven, entwicklungsfördernden Einfluss auf Bevölkerungsdynamiken zu nehmen, bedarf es der Verankerung von demographiebezogenen Ansätzen als Querschnittsthema in zahlreichen anderen Sektoren.27 Dazu sind allerdings auch übergeordnete strategische und fachliche Konzepte sowie Koordinierungsstrukturen erforderlich. Demographie ist somit ein Querschnittsthema und zugleich ein Themenbereich mit einem eigenständigen strategischen und fachlichen Profil. Ein eigenes Bevölkerungsvorhaben könnte die Kapazitäten der relevanten politischen, zivilgesellschaftlichen und privaten Akteure und Strukturen bei der Umsetzung sektorübergreifender, ganzheitlicher Maßnahmen zur nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung stärken. In Ergänzung zu den Programmen anderer internationaler und bilateraler Geber sowie NROs, die sich hauptsächlich in speziellen demographierelevanten Sektoren engagieren (z. B. Ernährungssicherung, Aufbau lokaler Märkte, Beratung statistischer Ämter, Bildung, Wasser – vgl. Kap. 3), könnte ein eigenes Demographievorhaben die zuständigen staatlichen Einheiten auf nationaler und dezentraler Ebene (CONAPO, Commissions Thématiques de Population et Développement - CTDP) bei der Verbesserung ihrer Steuerungs- und Führungskapazitäten beraten. In der Bevölkerungspolitik 2010 wurden folgende Entscheidungs- und Umsetzungsstrukturen beschrieben (die CTDP wurden durch den Autor ergänzt) : Nationalversammlung/ Ministerrat Entscheidungsinstanzen zu Bevölkerungsfragen

SP/CONAPO Beratungsstruktur, Politikentwicklung

SP/CONAPO, CTDP, regionale Direktionen für Wirtschaft und Planung Koordination zur Umsetzung der Bevölkerungspolitik

Lokale staatliche Einheiten, Gemeindeorganisationen, Vereine, NRO, Privatsektor Umsetzungsstrukturen auf lokaler Ebene

Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, funktioniert die Zusammenarbeit zwischen nationaler, regionaler und lokaler Ebene nur mangelhaft, es kommt kaum zur Durchführung konkreter intersektoraler Projekte zur nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung. 27

May 2012:271 ff.

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Die fachliche und organisatorische Kapazitätsentwicklung durch ein Bevölkerungsvorhaben könnte folgende Bereiche umfassen: auf der nationalen Ebene: •

• •

Verbesserung der fachlichen, Entscheidungs- und Steuerungskapazitäten des SP/CONAPO und übergeordneter Strukturen (z. B. Ministerrat, Generaldirektion für Wirtschaft und Planung) bei der Umsetzung der Bevölkerungspolitik, z. B. Personalund Budgetplanung, Entwicklung und Verbreitung von Leitlinien und Förderkriterien für Ansätze zur nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung, Geberkoordination, Informationsmanagement, Öffentlichkeitsarbeit Etablierung von Strukturen der intersektoralen Kooperation (z. B. intersektorale Arbeitsgruppe, Kommission) unter Beteiligung von Vertretern der relevanten Sektorministerien auf nationaler und dezentraler Ebene (insbesondere Landwirtschaft, Gesundheit, Bildung/ Jugend, Beschäftigung, Infrastruktur, Stadtentwicklung). Bereitstellung bedarfsorientierter Fortbildungsangebote für politische Entscheidungsträger und Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen, die sich an der internationalen Diskussion zum Thema Demographie orientieren. Erarbeitung von sektorspezifischen Informationen und Beratungstools Beratung bei der Durchführung von Situations- und Bedarfsanalysen unter Einbeziehung der relevanten staatlichen und nicht-staatlichen Akteure auf unterschiedlichen Ebenen sowie bei der Harmonisierung, Aufbereitung und Verbreitung demographiebezogener Daten aus verschiedenen Sektoren Beratung beim Aufbau eines Monitoring-Systems zur Verfolgung der Umsetzung der Bevölkerungspolitik und Ermittlung der Wirkungen von Maßnahmen zur nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung Unterstützung der SP/CONAPO bei der regelmäßigen Berichterstattung an hohe politische Entscheidungsträger sowie bei der Lobbyarbeit Verbesserung der Vernetzung zwischen Staat, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Wirtschaft und Wissenschaft bei der Planung und Umsetzung sowie beim Monitoring demographierelevanter Maßnahmen

auf der dezentralen Ebene: •

Beratung der zuständigen staatlichen Einheiten auf regionaler bzw. kommunaler Ebene (CTPD und andere) bei der Entwicklung und Umsetzung sowie beim Monitoring lokaler und regionaler Aktionspläne zur nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung Integration demographischer Aspekte in die Raum- und Regionalplanung, z. B. zur besseren Vernetzung ländlicher Gemeinden mit kleinen bzw. mittleren urbanen Zentren und Anbindung der ländlichen Bevölkerung an soziale Infrastruktur, Bildung, Märkte etc. Beratung bei der Einbeziehung von Ansätzen der nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung in die Analyse und den Aufbau lokaler bzw. regionaler Wertschöpfungsketten; Schaffung von Möglichkeiten der Beteiligung und Verbesserung der Lebenssituation für breite Bevölkerungsschichten, inkl. benachteiligter Gruppen 58


Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen (z. B. Gemeindeorganisationen, Zusammenschlüsse von Landarbeitern, Frauen- und Jugendorganisationen) zur Beteiligung an Konzepten zur ländlichen Entwicklung und Raumplanung sowie an der Analyse von Wertschöpfungsketten. Aufbau sektor- und institutionenübergreifender Netzwerke zur Umsetzung regionaler und lokaler Bevölkerungsstrategien (Staat, NROs, Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen, Forschungsinstitute, Wirtschaft, Kammern) Schulung von relevanten NROs und anderen Einrichtungen zu demographiebezogenen Fragestellungen sowie in Projektmanagement, Qualitätskriterien bei der Durchführung von Maßnahmen zur nachhaltigen Bevölkerungsentwicklung, Monitoring, Lobbying sowie Mittelakquise und –verwaltung Integration von demographischen Aspekten in die Curricula und Angebote formaler und non-formaler (Aus-) Bildungsträger; Stärkung non-formaler Informations- und Lernangebote als Ergänzung oder Alternative zum formalen System, vor allem im ländlichen Raum (z. B. Gemeinde- und Jugendzentren, mobile Angebote, Radio/ TV) Förderung des Dialogs zwischen den Generationen und Geschlechtern zu Fragen der demographischen Entwicklung und Armutsbekämpfung sowie zum Einfluss traditioneller Verhaltensweisen und Rollenmuster auf nachhaltige Bevölkerungsentwicklung Bereitstellung von Informationen sowie bedarfs- und lebensweltorientierten Weiterbildungsangeboten zu modernen nachhaltigen landwirtschaftlichen Methoden, Marktentwicklung, Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten in Kooperation mit Landwirtschaftskammern, Unternehmen, Ausbildungseinrichtungen, NROs ( Eröffnung von Beschäftigungsperspektiven für Frauen und junge Menschen, die keinen Zugang zu Land haben); Ausbildung landwirtschaftlicher Berater/ Multiplikatoren Bereitstellung von Angeboten zur Ersparnismobilisierung sowie zu nachhaltigen Finanzdienstleistungen zur Existenzgründung, insbesondere für Frauen und junge Menschen

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6. Zusammenfassung Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Produktivitätsfortschritte der Landwirtschaft nicht mit dem rapiden Bevölkerungswachstum Burkina Fasos mithalten können, befasst sich die vorliegende, im Auftrag des GIZ Programmes « Développement de l'Agriculture » (PDA) erstellte Studie, mit der Frage, über welche Einflussmöglichkeiten der Landwirtschaftssektor im Hinblick auf die demographische Entwicklung verfügt und welche Unterstützung durch die technische Zusammenarbeit erfolgen könnte. Die Studie basiert auf einer intensiven Recherche der vorliegenden Dokumente sowie auf einer einwöchigen Fact-Finding Mission in deren Verlauf teilstrukturierte Interviews mit Mitgliedern von Regierung und Verwaltung, Repräsentanten internationaler staatlicher und nicht-staatlicher Organisation sowie Vertretern der Zivilgesellschaft geführt wurden. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in Workshops mit Mitarbeitern EZ-Projekte PDA und PROSAD vertieft. Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftssektor Burkina Fasos. Achtzig Prozent der Menschen leben von der Landwirtschaft, meist in Form der Subsistenzwirtschaft. Trotz steigender Produktivität gelingt es derzeit nicht, die Bevölkerung im Land zu ernähren. Die Probleme der Landwirtschaft in Burkina Faso sind vielfältig. Sie ist sehr anfällig für externe „Schocks“, beispielsweise im Hinblick auf das Klima oder Preisschwankungen auf dem Weltmarkt. Die Subsistenzwirtschaft ist durch hohen Arbeitseinsatz sowie den Mangel an Wissen und Kapital geprägt. Der Zugang zum Weltmarkt wird durch die Binnenlage des Landes stark beeinträchtigt. Die mangelnde Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur verhindert die Herausbildung eines nennenswerten nationalen Agrarmarktes. Burkina Faso zählt zu den ärmsten Ländern der Welt und nimmt laut Human Development Index (2011) Rang 181 von 187 aufgeführten Ländern ein. 2011 lebten in Burkina Faso rund 16 Millionen Menschen, das Bevölkerungswachstum liegt bei jährlich knapp über 3 Prozent. Es wird eine weitere Verdopplung der Bevölkerung in den nächsten 25 Jahren prognostiziert. Der Zensus 2006 ermittelte einen landesweiten Durchschnitt von 6,2 Kindern pro Frau (TFR). Es zeigen sich jedoch auffällige Gegensätze zwischen Stadt und Land: während die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau im ländlichen Raum bei 6,8 liegt, beträgt die TFR „nur“ 4,6 für die in Städten lebenden Frauen. Weitere Unterschiede ergeben sich in Abhängigkeit von Familienstand und Armut sowie insbesondere im Hinblick auf den Schulbesuch. Frauen ohne Schulbildung weisen mit einer TFR von 6,5 signifikant höhere Werte auf, als Frauen mit Grundschulbildung (4,9), Frauen, die eine weiterführende Schule (3,4) besucht haben oder Frauen mit höherer Bildung (2,4). Fortschritte beim Aufbau der Gesundheits- und Trinkwasserversorgung sowie eine Verbesserung der Nahrungssituation führten zu einem deutlichen Rückgang der Mortalität und einem Anstieg der Lebenserwartung. Dennoch weist Burkina Faso nach wie vor eine der höchsten Müttersterblichkeitsraten in ganz Afrika auf, was auf das niedrige Niveau der sozioökonomischen Entwicklung des Landes und das hohe Fertilitätsniveau zurückzuführen ist. Das Wanderungsgeschehen ist einerseits durch die (temporäre) Migration in die Nachbarländer (insbesondere Côte d’Ivoire) und andererseits durch eine anhaltende Landflucht ge60


kennzeichnet. Aufgrund der sehr viel höheren Fertilität im ländlichen Raum wächst die ländliche Bevölkerung derzeit noch schneller als die Stadtbevölkerung. Die demographische Dynamik zwischen 1950 und 2010 schlägt sich deutlich in der Bevölkerungspyramide nieder. Durch den Rückgang der Mortalität und den Anstieg der Lebenserwartung ist sie in die Höhe gewachsen, die Menschen werden älter. Die hohe Fertilität schlägt sich in der extremen Verbreiterung der Pyramidenbasis und der explosionsartigen Zunahme der jungen Altersgruppe nieder. Im Zensus 2006 waren 48 % der Bevölkerung jünger als 15 Jahre. Legt man die Daten der UN zugrunde, wird sich die Bevölkerungszahl Burkina Fasos von etwa 16,5 Millionen Einwohnern 2010 auf etwa 46,7 Millionen 2050 steigern (mittleres Szenario). Im besten Fall (niedriges Szenario) steigt die Zahl auf etwa 41,8 Millionen Einwohner. Der obere Rand des Entwicklungskorridors liegt bei 51, 8 Millionen Einwohnern. Bliebe die Fertilität auf heutigem Niveau wären gar 61,3 Millionen Einwohner zu erwarten. In der Zusammenschau der Entwicklung von Geburten- und Sterberate wird deutlich, dass im wahrscheinlichsten Fall (mittleres Szenario) erst nach 2100 mit einem Abschluss der demographischen Transition zu rechnen ist. Das Land muss bestrebt sein, diesen Zeitpunkt so weit wie möglich in Richtung Gegenwart zu verschieben. Auf nationaler Ebene begegnet die Regierung der demographischen Herausforderung mit einer dezidierten „Politique Nationale de Population“. Mit der Erarbeitung und Umsetzung dieser Politik ist der Conseil National de Population (CONAPO) beauftragt. Auch wenn die Arbeit des CONAPO insgesamt positiv zu würdigen ist, bestehen Defizite bei der Umsetzung der bevölkerungspolitischen Ziele in konkrete Projekte in den Regionen und Kommunen des Landes. Als Pluspunkt ist daneben die Arbeit des Institut National de la Statistique et de la Démographie (INSD) zu bewerten, welches für die Durchführung und Analyse der Volkszählungen verantwortlich zeichnet. Die Studie zeigt interessante und wirkungsvolle Ansätze von internationalen, bilateralen und Nichtregierungsorganisationen auf. Dabei wird deutlich, dass das komplexe Thema Bevölkerungsdynamik nur gemeinsam angegangen werden kann in einer gezielten Zusammenarbeit unter Nutzung bestehender und Schaffung neuer Synergien. Gleiches gilt für die EZ-Vorhaben, die im Auftrag des BMZ durchgeführt werden. Alle Vorhaben weisen deutliche demographische Bezüge auf. Eine verstärkte Zusammenarbeit, mit Fokus auf demographische Herausforderungen und Chancen könnten sicher einen sichtbaren Mehrwert zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung des Landes leisten. Ausführlich behandelt der Bericht das Thema Empfehlungen in Bezug auf Bevölkerungsentwicklung, ländlicher Raum und generell in Bezug auf das Thema Demographie. Die hier aufgenommenen Vorschläge verstehen sich im Sinne eines möglichen Maßnahmenkatalogs und könnten auf Nachfrage weiter vertieft werden. Die Vorschläge wenden sich an die TZ/EZProgramme, Partnerorganisationen und politisches Umfeld. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die laufenden bilateralen EZ-Vorhaben, wollen aber auch zukünftige Projekte bzw.

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Komponenten anregen, wie etwa ein eigenständiges demographie-bezogenes Politikberatungsvorhaben. Die Vorschläge sind unterteilt nach den drei Ebenen national, regional und lokal. Sie reichen von der Sensibilisierung und dem Training von Entscheidungsträgern und Multiplikatoren, Anpassung der nationalen Bevölkerungspolitik, Stärkung interministerieller Koordination bis hin zur Entwicklung regionaler Demographiepläne sowie innovativer Maßnahmen auf lokaler und Gemeindeebene. Zu letzteren gehören vor allem die Durchführung lokaler Aufklärungskampagnen sowie Diskussions- und Lernforen inklusive Generationendialogen. Wichtig ist die Etablierung von effektiven Monitoringsystemen, damit die Integration einer demographischen Perspektive auch nachhaltig ist.

62


7. Bibliographie AGENCE FRANÇAISE DE DÉVELOPPEMENT (2011a): Comment bénéficier du dividende démographique ? La démographie au centre des trajectoires de développement dans les pays de l’UEMOA, Analyse pays Burkina Faso. Paris. AGENCE FRANÇAISE DE DÉVELOPPEMENT (2011b): Comment bénéficier du dividende démographique ? La démographie au centre des trajectoires de développement dans les pays de l’UEMOA ainsi qu’en Guinée, au Ghana, en Mauritanie et au Nigeria. Paris. AMNESTY INTERNATIONAL (2009): Donner la vie, risquer la mort. La mortalité maternelle au Burkina Faso. London. ASHFORD, L. (2005): Taking Stock of Women’s Progress, Washington. [www.prb.org/pdf05/TakingStockWomens.pdf]. BIRG, H. (2011): Geschichte der Bevölkerungswissenschaft. In: Bundeszentrale für Politische Bildung (Ed.): Bevölkerungsentwicklung. Informationen zur politischen Bildung 282, Bonn, 30-35. BLION, R. (1995): Les Burkinabè de Côte-d'Ivoire entre "intégration" et circulation migratoire. Mondes en developpement 23 (91), 81-93. CHESNAIS, J-C. (1985): La théorie originelle de la transition démographique : validité et limites du modèle in : Editions de l’ORSTOM- Les Changements ou les transitions démographiques dans le monde contemporain, Journées démographiques de l’ORSTOM 1985, Paris 23-25 Septembre 1985, 7-23. DABIRE, B. (2007): Les déterminants familiaux de l’émigration rurale au Burkina Faso, UEPA, vol 22 n°1, octobre 2007, pp. 117-143. DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR TECHNISCHE ZUSAMMENARBEIT (GTZ) (2004) (ED.): Landesweites Monitoring von Strategien nachhaltiger Armutsbekämpfung / PRSPs, Band 2: Länderstudie Burkina Faso, Eschborn. [http://www.giz.de/Themen/de/SID-C0A3748F28928448/dokumente/de-prsp-laenderstudie-burkinafaso.pdf]. ÉDITIONS JEUNE AFRIQUE (2001, 4): Atlas Burkina Faso. Paris. FERRY, B. (HG.) (2007): L'Afrique face à ses défis démographiques: un avenir incertain, Paris / Nogent-sur-Marne. GAUSSET, Q. ; YAGO-OUATTARA, E.; BELEM, B. (2005): Gender and trees in Péni, South-Western Burkina Faso. Women's needs, strategies and challenges. Geografisk tidsskrift 105 (1), 67-76. GUENGANT J.-P. (2007): La démographie africaine entre convergences et divergences. Dans: Ferry, B. (Ed.): L'Afrique face à ses défis démographiques. Un avenir incertain. Paris, 27-121. GUENGNANT, J.-P. (2012): How can we capitalize on the demographic dividend? A Savoir 9, Paris. 63


HAMMER, T. (1992): Angepasste Strategien zur Entwicklung des ländlichen Raums : das Beispiel Burkina Faso aus der Sicht einer theorie- und praxisorientierten Entwicklungsgeographie. .Europäische Hochschulschriften. Reihe IV, Geographie ; Bd. 11 Bern ; New York. HAMMER, T. (2005): Sahel. Perthes Regionalprofile, Gotha. HEINEBERG, H. (2004): Einführung in die Anthropogeographie/ Humangeographie. INSTITUT NATIONAL DE LA STATISTIQUE ET DE LA DÉMOGRAPHIE (2009): Projections démographiques de 2007 à 2020 par région et province. Ouagadougou. INSTITUT NATIONAL DE LA STATISTIQUE ET DE LA DÉMOGRAPHIE (2010): Annuaire statistique 2009, Ouagadougou. KABBANJI, L. & PICHE, V. (2006): Politiques migratoires et migrations de travail des burkinabè vers la Côte d’Ivoire. Département de Démographie, Université de Montréal. Communication présentée dans le cadre du Colloque international « Population et Travail » de l’AIDELF, Portugal, 18-22 Septembre 2006. 13 p. KARSCH, M. / R. MÜNZ (2011): Demographische Dividende [http://www.berlininstitut.org/onlinehandbuchdemografie/bevoelkerungsdynamik/auswirkungen/demografischedividende.html] KERN, F. & STAMM, V. (1994): Handel, Märkte und dezentrale Entwicklung in Burkina Faso. Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie 38 (3), 152-162. KOBIANÉ J.F. (2000): Evolution de la fécondité et planification familiale au Burkina Faso. Dans: Vimard P. / Zanou B. – Politiques démographiques et transition de la fécondité en Afrique, Paris, 189-210. KRINGS, T. (2006): Sahelländer : Mauretanien, Senegal, Gambia, Mali, Burkina Faso, Niger ; Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik, Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft. LANDOLT, M. (2011): Stone lines against desertification. Rural 21 (1), 36-37. MCMILLAN, M.S.; Masters, W.A.; Kazianga, H. (2011): Rural Demography, Public Services and Land Rights in Africa: A Village-Level Analysis in Burkina Faso. National Bureau of Economic Research Working Paper No. 17718 [http://www.nber.org/papers/w17718]. MINISTÈRE DE L’ECONOMIE ET DES FINANCES (2010): Politique Nationale de Population 2010-2030. Ouagadougou. MINISTÈRE DE L’ECONOMIE ET DES FINANCES/INSTITUT NATIONAL DE LA STATISTIQUE ET DE LA DÉMOGRAPHIE (2011): Enquête Démographique et de Santé (EDS-IV) et à Indicateurs Multiples (MICS) EDSBF-MICS IV. Burkina Faso 2010. Rapport Préliminaire.Ouagadougu.

64


MINISTÈRE DE L’ÉCONOMIE ET DES FINANCES, COMITÉ NATIONAL DU RECENSEMENT (2009a): Recensement général de la population et de l’habitation de 2006, Analyse des résultats définitifs, Thème 6: Natalité – Fécondité. Ouagadougou. MINISTÈRE DE L’ÉCONOMIE ET DES FINANCES, COMITÉ NATIONAL DU RECENSEMENT (2009b): Recensement général de la population et de l’habitation de 2006, Analyse des résultats définitifs, Thème 7: La Mortalité. Ouagadougou. MINISTÈRE DE L’ÉCONOMIE ET DES FINANCES, COMITÉ NATIONAL DU RECENSEMENT (2009c): Recensement général de la population et de l’habitation de 2006, Analyse des résultats définitifs, Thème 8: Les Migrations. Ouagadougou. MINISTÈRE DE L’ÉCONOMIE ET DES FINANCES, COMITÉ NATIONAL DU RECENSEMENT (2009d): Recensement général de la population et de l’habitation de 2006, Analyse des résultats définitifs, Thème 9: La croissance urbaine au Burkina Faso. Ouagadougou. MINISTÈRE DE L’ÉCONOMIE ET DES FINANCES, COMITÉ NATIONAL DU RECENSEMENT (2009e): Recensement général de la population et de l’habitation de 2006, Analyse des résultats définitifs, Thème 16: Projections démographiques 2007-2050. Ouagadougou. MINISTÈRE DE LA SANTÉ (2005): Plan stratégique de sécurisation des produits contraceptifs 20062015. MINISTÈRE DE LA SANTÉ (2008): Processus de mise en œuvre de la stratégie de distribution à base communautaire de contraceptifs pour la promotion de la planification familiale au Burkina Faso. MINISTÈRE DE LA SANTÉ (2011): La distribution à base communautaire de contraceptifs (DBC) pour réduire les besoins non satisfaits en planification familiale. Documentation de l’expérience conduite par PROSAD/GTZ dans les régions sud-ouest et de l’est du Burkina Faso (2007-2009). MINISTÈRE DE LA SANTÉ (2011): Plan nationale de développement sanitaire 2011-2020. MINISTÈRE DE LA SANTÉ (2011): Politique nationale de santé. MINISTÈRE DE L'ÉCONOMIE ET DES FINANCES, BUREAU CENTRAL DE RECENSEMENT (2009): Recensement général de la population et de l'habitation de 2006. Projections demographiques, 2007-2050. Ouagadougou. NETHERLANDS MINISTERIE VAN BUITENLANDSE ZAKEN, INSPECTIE ONTWIKKELINGSSAMENWERKING EN BELEIDSEVALUATIE (2002): Health, nutrition and population : Burkina Faso, Mozambique, Yemen : evaluation 1995 – 1999. Den Haag. OUEDRAOGO, D. & PICHE, V. (2007): Dynamique migratoire, insertion urbaine et environnement au Burkina Faso. Ouagadougou. PALLIER, G. (1978): Géographie générale de la Haute-Volta. U.E.R. des lettres et sciences humaines de l'Université de Limoges.

65


PROJET DIMITRA (2008): L’accès des femmes à la terre en Afrique de l’Ouest: problématique et pistes de solutions au Sénégal et au Burkina Faso (http://www.fao.org/fileadmin/templates/dimitra/pdf/mbour2008_brochure_fr.pdf). SINARÉ, T. & ILBOUDO, T. (2003): Profil démographique et socio-économique du Burkina Faso : 1960-2000. Institut du Sahel (CERPOD), Bamako. SIPPEL, L.; KIZIAK, T.; WOELLERT, F.; KLINGHOLZ, R. (2011): Africa's Demographic Challenges. How a young population can make development possible, Berlin. SONGRE, A. (1974): Mass emigration from Upper Volta. Facts and implications. Ekistics 37 (221), 263-267. SYSTÈME DES NATIONS UNIES AU BURKINA FASO (2010a): Plan cadre des Nations Unies pour l’aide au développement, UNDAF 2011-2015 [http://burkinafaso.unfpa.org/docs/UNDAF_2011_2015.pdf] SYSTÈME DES NATIONS UNIES (2010b): Rapport pays de suivi la mise en œuvre des objectifs du millénaire pour le développement. THIES, F.D. & H. JANUS (2008): Perspektiven einer nachhaltigen Agrarwirtschaftsförderung in Burkina Faso. THORSEN, D. & REENBERG, A. (2000): Marginal producers or breadwinners : Women's cropping strategies and access to agricultural key resources in Boulgou province, Burkina Faso. Geografisk tidsskrift 100, 47-60. UNION FOR AFRICAN POPULATION STUDIES (2003): Population et développement en Afrique de l'ouest : bibliographie annotée 1990-2001. Etudes et recherches de l'UEPA, numéro spécial. Dakar. UNITED NATIONS, DEPT. OF ECONOMIC AND SOCIAL AFFAIRS, POPULATION DIVISION (2007): Prospects for fertility decline in high fertility countries. New York. VIMARD, P. & ZANOU, B. (2000): Politiques démographiques et transition de la fécondité en Afrique. Paris, Montréal. WOUTERSE, F. & BERG, M. (2011): Heterogeneous migration flows from the Central Plateau of Burkina Faso. The role of natural and social capital. Geographical Journal 177 (4), 357366.

66


8. Anhang 8.1 Abkürzungen AFD

Agence Française de Développement

BCEAO

Banque Centrale des États de l'Afrique de l'Ouest

BMZ

Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

EZ

Entwicklungszusammenarbeit

CFA

Communauté Financière d'Afrique

CIPD

Conférence internationale sur la population et le développement

CONAPO

Conseil National de la Population

CPF

Confédération Paysanne du Faso

CSPS

Centre de Santé et de Promotion Sociale

TZ

Technische Zusammenarbeit

CTPD

Commission Thématique de Population et Développement

DGEP

Direction Générale de L‘Economie et de la Planification

DREP

Direction Régionale de l'Economie et de la Planification

GIZ

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

HDI

Human Development Index

INSD

Institut National de la Statistique et de la Démographie

MAH

Ministère de l’Agriculture et de l’Hydraulique

MATD

Ministère de l’Administration Territoriale et de la Décentralisation

NGO

Non-Governmental Organization (Nichtregierungsorganisation)

PAP

Programme d’action en matière de population

PAPSA

Programme d’amélioration de la productivité agricole et de la sécurité alimentaire

PDA

Programme Développement de l'Agriculture

PDDC

Programme d’appui à la Décentralisation et au Développement Communal

PEA

Programme Eau et Assainissement

BIP

Bruttoinlandsprodukt

PNP

Politique Nationale de Population

PROSAD

Programme Santé Sexuelle, Droits Humains

RGPH

Recensement général de la population et de l’habitation

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AIDS

Acquired Immunodeficiency Syndrome

SP

Sécretariat Permanent

TFR

Total Fertility Rate (Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer)

UNFPA

United Nations Population Fund

UPA

Union des producteurs agricoles

WAPP

West African Agricultural Productivity Program

ZFD

Ziviler Friedensdienst

8.2 Abbildungsverzeichnis 1

Verwaltungseinheiten Burkina Fasos

10

2

Bevölkerungswachstum in Burkina Faso, 1950-2050

12

3

Bevölkerungsdichte in den Regionen, 2006

13

4

Bevölkerungswachstumsrate in den Regionen, 1996-2006

14

5

Rohe Geburtenrate, 1950-2050

15

6

Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer, 1950-2050

16

7

Rohe Geburtenrate im regionalen Vergleich, 2006

16

8

Fertilität und Urbanisierung, 2006

17

9

Zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer je Bildungsniveau

19

10

Bruttosterblichkeitsrate, 1950-2050

20

11

Lebenserwartung, 1950-2010

22

12

Städtische und ländliche Bevölkerung, 1950-2050

25

13

Modell des demographischen Übergangs

26

14

Burkina Faso im demographischen Übergang

15

Bevölkerungspyramiden, 1950 und 2010

27

16

Szenarien des burkinischen Bevölkerungswachstums, 2010-2050

29

17

Bevölkerungsstruktur Burkina Fasos im Jahr 2050 den drei Szenarien niedrig, 31 mittel, hoch entsprechend

18

Demographische Handlungsfelder

27

32

68


8.3 Tabellenverzeichnis 1

Entwicklungsindikatoren

7

2

Zeitliche Entwicklung verschiedener Bevรถlkerungsindikatoren

13

3

Demografische Charakteristika im regionalen Vergleich, 2006

17

4

Kindersterblichkeit nach Regionen 2006 (in โ ฐ)

21

5

Verteilung der Bevรถlkerung nach Migrantenstatus und Geschlecht

23

6

Regionale Verteilung der Migranten

24

7

Bevรถlkerungsindikatoren 2007 und 2050 (je Szenario)

30

69


8.4 Interviewpartner [1]

BARRY, Delphine W. Secrétaire Permanente Conseil National de Population (CONAPO) www.spconapo.org

[2]

BASSOLE, Wilfried Directeur de l'orientation et de la planification stratégique Direction Générale de l’Économie et de la Planification (DGEP) www.dgep.gov.bf

[3]

BAYA, Banza Directeur général Institut national de la statistique et de la démographie (INSD) www.insd.bf

[4]

COMPAORE, Adama Secrétaire Général Ministère de l’Agriculture et de l’Hydraulique www.agriculture.gov.bf

[5]

GALLAGHER, Lorraine Chargé de programme Section Economie et Secteurs Sociaux Délégation de l’Union Européenne au Burkina Faso eeas.europa.eu/delegations/burkina_faso

[6]

KABORE, Saidou Population and Development Programme Analyst United Nations Population Fund (UNFPA) www.unfpa.org

[7]

NGOUANA, Rodrigue Directeur Bureau de l’Afrique Ouest Équilibres & Populations www.equipop.org

[8]

OUATTARA, Bamory Directeur Général Institut National de la Statistique et de la Démographie (INSD) www.insd.bf

[9]

OUEDRAOGO, Boureihiman Directeur Exécutif Association Burkinabé pour le Bien Être Familial (ABBEF) www.abbef.org

[10]

OUEDRAOGO, Elisée Agro-Économiste Principal Banque Mondiale 70


www.worldbank.org [11]

PERROT-MINNOT, Jean-Benoit Chargé de mission Macroéconomie et Développement humain Agence Française de Développement (AFD) www.afd.fr

[12]

SANON, Djénéba Directrice de la santé de la mère et de l’enfant Ministère da las Santé www.sante.gov.bf

[13]

BADIL, Telse SOME, Alain ZOUNGRANA, Guy ZAKARI, Congo GIZ PROSAD

[14]

TAPSOBA, Claude Obin Directeur Général Institut Géographique du Burkina (IGB) www.igb.bf

[15]

THIESS, Dirk-Florent GIZ PDA www.pda.bf

[16]

DERMÉ, Maïmouna Directrice Générale Ministère de la Promotion de la Femme www.mpf.gov.bf

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9. Glossar Altersspezifische Fertilitätsrate

Die Zahl der von Frauen eines bestimmten Alters (z. B. 25 bis 30 Jahre) lebend geborenen Kinder bezogen auf 1 000 Frauen in der betreffenden Altersgruppe.

Bevölkerungsdichte

Die Bevölkerungsdichte ist die durchschnittliche Anzahl an Einwohnern pro Flächeneinheit (meist Quadratkilometer) für ein bestimmtes Gebiet (in diesem Fall die Fläche eines Staates).

Bevölkerungsentwicklung

Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen.

(natürliche) Bevölkerungswachstum

Das Bevölkerungswachstum gibt die Veränderung der Bevölkerungszahl zwischen zwei Zeitpunkten an. Die Bevölkerungsentwicklung (negatives oder positives Bevölkerungswachstum) setzt sich aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und dem Migrationssaldo (Differenz zwischen Immigranten und Emigranten) zusammen. Die Formel für die Bevölkerungswachstumsrate (Veränderung der Bevölkerungszahl zwischen zwei Zeitpunkten in Prozent), die sich hieraus ergibt, lautet:

Bevölkerungswachstumsrate

= Geburtenrate – Sterberate + Nettomigrationsrate

Demographisches Momentum

Das demographische Momentum (auch Trägheitseffekt genannt) bezeichnet die Eigenschaft von Bevölkerungen, die Tendenz von Bevölkerungswachstum oder -rückgang auch noch nach Eintritt des Reproduktionsniveaus beizubehalten. Selbst nachdem die Fertilität das Reproduktionsniveau erreicht hat kann die Bevölkerung noch mehrere Jahrzehnte weiter wachsen, da hohe Fertilitätsraten in der Vergangenheit zu einer starken Besetzung der jungen Altersgruppen geführt haben, die nun ins fertile Alter eintreten.

Die Fertilitätsrate beschreibt die durchschnittliche Zahl der lebendgeborenen Kinder, die eine Frau in ihrem Leben bekommt. Bei eiZusammengefasste Fruchtbarner Fertilitätsrate von ca. 2,1 Kindern pro Frau (Reproduktionskeitsziffer bzw. Ersatzniveau) bleibt die Bevölkerung eines Landes konstant, allerdings nur bei geringer Säuglings- und Kindersterblichkeit sowie bei geringen Migrationsbewegungen. Bei hoher Säuglings- und Kindersterblichkeit ist eine höhere Fertilitätsrate notwendig, um die Bevölkerung konstant zu halten. Fertilität/ Fertilitätsrate/

Geburtenrate/ Geburtenziffer

Die Geburtenrate bezeichnet die Zahl der lebendgeborenen Kinder pro Jahr je 1000 Einwohner eines Gebietes.

Kindersterblichkeit

Anteil der Kinder, die ihr fünftes Lebensjahr nicht erreicht haben, bezogen auf 1.000 Lebendgeborene.

Kohorte/ Alterskohorte

Unter einer Kohorte versteht man demographisch eine Personengruppe mit einem gemeinsamen zeitbezogenen Charakteristikum, 72


am häufigsten das Geburtsjahr. Beispielweise bilden alle Personen, die im gleichen Jahr geboren wurden, eine Geburts- oder Alterskohorte. Krankenhausbettdichte

Maß für die Gesundheitsversorgung einer Bevölkerung. Zahl der Einwohner pro verfügbares Krankenhausbett.

Lebenserwartung bei der Ge- Die durchschnittliche Zahl der zu erwartenden Lebensjahre einer burt Person, unter der Annahme, dass die gegenwärtigen altersspezifischen Sterberaten konstant bleiben. Medianalter

Das Medianalter ist jenes Lebensalter, das eine Bevölkerung statistisch in zwei gleich große Gruppen teilt. 50 % der Bevölkerung sind jünger, und 50 % sind älter als dieser Wert.

Migrationsrate (Netto-)

Die (Netto-)Migrationsrate bezeichnet den Wanderungssaldo pro Jahr bezogen auf 1000 Einwohner einer Bevölkerung.

Mortalität

Anzahl der Todesfälle im Verhältnis zur Gesamtzahl der Bevölkerung in einem bestimmten Zeitraum.

Müttersterblichkeitsrate

Jährliche Sterbefälle von Frauen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt je 100 000 Lebendgeborene.

Reproduktionsniveau

Das Reproduktionsniveau ist die durchschnittliche Kinderzahl je Frau (Fertilitätsrate), die erforderlich wäre, um den Bevölkerungsbestand bei der gegenwärtigen Sterbewahrscheinlichkeit und ohne Berücksichtigung von Wanderungsbewegungen konstant zu halten. Für Länder mit einer geringen Säuglings-, Mütter- und Kindersterblichkeit gilt in der Regel ein Wert von 2,1 als Reproduktionsniveau.

Säuglingssterblichkeit

Die jährliche Anzahl der vor Vollendung des 1. Lebensjahres gestorbenen Säuglinge bezogen auf 1 000 Lebendgeborene im Kalenderjahr.

Sterbeziffer/ Sterberate

Die Sterberate gibt die Zahl der Gestorbenen pro Jahr je 1000 Personen einer Bevölkerung an.

Ungedeckter Bedarf

Die Anzahl der verheirateten Frauen, die entweder keine weiteren Kinder bekommen wollen oder mindestens zwei Jahre bis zur nächsten Schwangerschaft warten möchten, aber keine Verhütungsmethode anwenden.

Verstädterung/Urbanisierung

Zunahme des Anteils der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung des Landes. Dabei ist es jedoch von administrativen Festlegungen abhängig, welche Art von Besiedelung als städtisch betrachtet wird. Urbanisierung kann prinzipiell auf drei Weisen erfolgen: durch Bevölkerungszunahme in den Städten (durch natürliches Bevölke73


rungswachstum und/ oder durch Migration), durch Entstehen neuer Städte aus bisher nichtstädtischen Ansiedlungen sowie durch Eingemeindung von vorher nichtstädtischen Gebieten in bestehende Städte. Verstädterungsquote/ -grad

Anteil der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung eines Landes.

Verstädterungsrate

Zuwachsrate des Anteils der städtischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung.

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