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P U BL I C VA L U E 2016

ERWEITERT DAS ROLLENVERSTÄNDNIS! MAG. A PATRICIA KÄFER, DR. IN DANIELA KRAUS FJUM

Für Journalistinnen und Journalisten ist die Berichterstattung über Flucht, Migration und Asyl alles andere als leicht: Wo liegen die Trennlinien zwischen distanzierter Berichterstattung und sozialem Engagement? Wie sollen wir umgehen mit Hasspostings und Filter-Bubbles? Denkanstöße kann der aktuelle Diskurs über Konstruktiven Journalismus geben. Populär gemacht in Europa vom Chefredakteur des Dänischen Rundfunks, Ulrik Haagerup, geht es darum, nicht nur über Krisen und Katastrophen zu berichten. Stattdessen können, so die Idee, auch positive Entwicklungen zum Thema gemacht und Lösungsansätze präsentiert werden – nicht zuletzt deshalb, weil das Publikum der negativen Nachrichten überdrüssig ist. Gerade die aktuelle Refugee-Berichterstattung ist geprägt von Krisenrhetorik. Im Zusammenhang mit Terrorangst wird sie gelegentlich zur Kriegsrhetorik. Der Zugang des Konstruktiven Journalismus könnte diesem Trend entgegensteuern – und neue Themenzugänge eröffnen. Warum nicht über Start-Ups berichten, die innovative Ansätze in der Entwicklungshilfe präsentieren? Oder über solche im Management von Flüchtlingscamps? Kilian Kleinschmid, bekannt als „Bürgermeister“ des 100.000 Personen-Camps Zaatari in Jordanien und aktuell Berater der österreichischen Bundesregierung für das Flüchtlingslager Traiskirchen, hat kürzlich in Wien die „Innovation and Development Agency“ gegründet. Dort werden unter anderem Do-It-Yourself (DIY)-Labs unterstützt, die die kostengünstige Anfertigung von 3D-Druckern für die Herstellung von Prothesen für Kriegsversehrte ermöglichen. Oder den Know-how-Transfer innovativer Stadtentwicklungsideen in Krisengebiete. Die Universität Oxford wiederum erforscht und sammelt im „Humanitarian Innovation Project“ ganz neue Ansätze im Umgang mit Flucht und Migration: Wirtschaftssyteme in Refugee Camps, Community Building, Wasseraufbereitung sind nur einige Themen, die dort diskutiert werden. Es gäbe jede Menge spannende Geschichten, die zu einer konstruktiven Debatte beitragen können – kaum ein Thema eignet sich dafür so gut wie Migration. Doch kann Konstruktiver Journalismus nicht nur thematisch neue Sichtweisen eröffnen, sondern auch in Bezug darauf, wie Journalismus passiert. In der Grunddefinition von Haagerup wird der Zugang als eine bestimmte „Denkweise“ bezeichnet: „Constructive journalism is a way of thinking. [...] It also takes into account

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