Februarheft

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MUSIKTHEATER

Weise spiegelt. Später unterhielten wir uns nur noch über Beziehungen: funktionierende wie nicht funktionierende, über Funktionen in Beziehungen, sinnvolle wie weniger sinnvolle, gewünschte wie aufgezwungene, über das Funktionieren und das Ende von Beziehungen, wenn alles funktioniert, über Erwartungen, Süchte und Sehnsüchte, und darüber, dass manchmal ein Ortswechsel hilfreich sein kann. Beziehungen sind Experimente. NOTIZ VOM 3. MÄRZ 2016

– Goethe sieht im Verhalten chemischer Verbindungen zueinander das Muster menschlicher Beziehungen. Die Komposition von Wahlverwandtschaften ist eine Versuchsanordnung. Eine Theorie. Am Anfang einer deduktiven Theorie steht ein Axiom, eine grundlegende Aussage, eine Wertschätzung. Das erste Axiom heißt Charlotte. Es ist die Bedingung, dass es Charlotte gibt. Wichtig ist zu sagen, dass ein Axiom, bezogen auf eine Theo­rie, unbewiesen ist. Die Theorie ist allerdings das Vergessenwollen des Sterbens: Das eigene Leben im anderen finden. – Armin Petras hat Goethes 1809 erschienenen Roman Die Wahlverwandtschaften nicht behutsam überschrieben. Vielmehr kann man von einer literarischen Neubebauung sprechen. Um im architektonischen Bild zu bleiben: Das Gebiet, das der Roman durchschreitet, wurde gleichermaßen entkernt wie zeitgemäß neu kartographiert. Geblieben sind Goethes zentrale Figuren, und, vielleicht am bedeutsamsten, die grund-

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