Stagione Magazin #2/2014

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The a ter an der Wien-Ma g azin

2. Ausg ab e 2014/15

Novemb er / D ezemb er 2014

DAS NEUE OPERNHAUS

In Kooperation mit

S TA G I O N E

#2


Wien Am Kohlmarkt 4 01 535 30 53 D端sseldorf Martin-Luther-Platz 32 0211 135 40 92 Frankfurt Grosse Bockenheimerstr. 13 069 219 96 700 Hamburg Neuer Wall 39 040 430 94 90 M端nchen Residenzstrasse 6 089 238 88 50 00 Akris Boutique auf www.akris.ch


INHALT

Liebe Leserin, lieber Leser!

4 Oper im November Les Pêcheurs de Perles

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Oper im Dezember American Lulu

8 Tanz im Dezember Weihnachtsoratorium 10

Kabarett in der Hölle Die letzte Nacht

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Konzert von und mit Michael Heltau

Demofonte und King Arthur konzertant

Silvesterkonzerte mit Wagner oder Strauss

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Im Portrait: Viktorija Bakan

16 Premiere in der Kammeroper Händels Rinaldo 19

EDITORIAL

Ensemble: Alle Künstlerinnen & Künstler im Überblick

Nach dem erfolgreichen Saisonstart werden die kommenden, vorweihnachtlichen Produktionen mit vier szenischen Premieren die elementaren Säulen unserer Programms mustergültig repräsentieren und einen Bogen von der barocken Oper über die französische Romantik zum Musiktheater der Gegenwart bis hin zum zeitgenössischen Tanz spannen. Mit ihrer Vergegenwärtigung von Puccinis La bohème in der Kammeroper hat Lotte de Beer bewiesen, dass Operngeschichten jede Generation ansprechen und gegenwärtige Themen reflektieren können. Im Theater an der Wien wendet sich die niederländische Regisseurin in unserer November-Premiere der selten gespielten Oper Les Pêcheurs de Perles von Georges Bizet zu. In diesem schwierig zu deutendem Werk, das eine exotische Geschichte mit der traumhaften Musik Bizets verbindet, wird die Regisseurin mit Diana Damrau in der Hauptrolle unsere Mediendemokratie einer futuristischen Prüfung unterziehen. Der wichtigsten österreichischen Komponistin der Gegenwart ist die Premiere im Dezember gewidmet. Olga Neuwirth hat Alban Bergs Lulu einer Neuinterpretation aus weiblicher Sicht unterzogen und als vom Jazz inspirierte American Lulu vollendet. In Neuwirths Deutung wird Lulu zu einer Afroamerikanerin, deren Schicksal vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Protestbewegungen der 1960er und 1970er Jahre erzählt wird. Den weihnachtlichen Höhepunkt stellt John Neumeiers Choreographie zu Bachs Weihnachtsoratorium dar. Nachdem Hamburgs Ballettintendant mit überwältigendem Erfolg 2007 für das Theater an der Wien die ersten drei Teile des Weihnachtsoratoriums choreografiert hatte, schuf er jetzt ein neues, aus Bachs sämtlichen sechs Kantaten bestehendes Werk. In der Talentschmiede Kammeroper gibt die junge deutsche Regisseurin Christiane Lutz ihr Debüt und wird mit dem neuen Jungen Ensemble Händels Rinaldo unter der bewährten musikalischen Leitung von Rubén Dubrovsky erarbeiten. Diese vier Projekte verdeutlichen nicht nur unser programmatisches Konzept vom Barock bis zur Gegenwart und unser großes Spektrum im Musiktheater, sie zeigen mit zwei Regisseurinnen und einer Komponistin auch, dass die Gattung Oper keine Geschlechterfragen zu scheuen braucht. Ich wünsche Ihnen wiederum bewegende Stunden im Theater an der Wien und bedanke mich für Ihre aktive und kritische Teilnahme. Herzlichst Ihr

Intendant Roland Geyer

Das Tempo machT Die musik ... schnell, ursprünglich munter, fröhlich sehr breit etwas breit

Sta|gio|ne, <lat.-it.> die, -, -n: „Jahreszeit“ 1. Spielzeit eines Operntheaters 2. Ensemble eines Operntheaters. Kennzeichnend für den Stagionebetrieb ist, dass ein Stück über eine längere Zeit gespielt wird. Je eine Inszenierung wird über mehrere Abende oder Wochen hintereinander angesetzt, es kommen nur frisch geprobte Inszenierungen zur Aufführung.

langsam, ruhig gehend, schreitend sehr lebhaft, sehr lebendig

... und wir halten Schritt! 12_5404_001_113x52_4C_RZ.indd 1

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PREMIERE IM NOVEMBER

Perlenfischer – Die Herausforderung Lotte de Beer inszeniert Georges Bizets selten aufgeführte Oper Les Pêcheurs de Perles Mit Les Pêcheurs de Perles komponierte Georges Bizet zwar sein bereits siebtes Bühnenwerk, aber seine erste Oper, die auch auf einer renommierten Bühne aufgeführt wurde. Der Direktor des Théâtre Lyrique in Paris war das Wagnis eingegangen, dem 25-jährigen Bizet den Auftrag zu einer großen Oper zu erteilen und wünschte sich ganz der Mode der Epoche folgend ein exotisches Thema. Die erfahrenen Dramatiker Michel Carré und Eugène Cormon erhielten den Auftrag für das Libretto, griffen auf ihr eigenes Werk Les pêcheurs de Catane zurück und wollten die Geschichte ursprünglich in Mexiko spielen lassen, siedelten die Handlung aber im noch exotischeren Ceylon an.

LES PÊCHEURS DE PERLES Oper in drei Akten (1863) MUSIK VON GEORGES BIZET LIBRETTO VON EUGÈNE CORMON UND MICHEL FLORENTIN CARRÉ In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung

Jean-Christophe Spinosi

Inszenierung

Lotte de Beer

Bühne

Marouscha Levy

Kostüme

Jorine van Beek

Licht

Alex Brok

Video

Finn Ross

Dramaturgie

Peter te Nuyl

Leila

Diana Damrau

Nadir

Dmitry Korchak

Zurga

Nathan Gunn

Nourabad

Nicolas Testé

ORF Radio-Symphonieorchester Wien Arnold Schoenberg Chor (Ltg. Erwin Ortner) Neuproduktion des Theater an der Wien

PREMIERE Sonntag, 16. November 2014, 19:00 Uhr

AUFFÜHRUNGEN 19. / 22. / 25. / 28. / 30. November 2014, 19:00 Uhr

EINFÜHRUNGSMATINEE Sonntag, 16. November 2014, 11:00 Uhr

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Bizet erhielt das Textbuch erst im Juni 1863 und lieferte seine Partitur pünktlich am 15. August ab. Die Premiere wurde reserviert aufgenommen, die hölzerne Geschichte kritisiert und die Oper nach achtzehn Vorstellungen abgesetzt. Nur Hector Berlioz, damals der gefürchtetste Kritiker in Paris, verwies auf „eine beträchtliche Anzahl schöner, ausdrucksvoller Stücke voller Feuer und Farbenreichtum“ und sprach „von überwältigender Originalität“ der Musik. Selbst die Librettisten sollen nach der Premiere beschämt zugegeben haben, dass sie sich mehr bemüht hätten, wenn sie gewusst hätten, wie schön die Musik sei. Nach ihrer Vergegenwärtigung von La bohème in der Kammeroper unterzieht die niederländische Regisseurin Lotte de Beer auf der großen Bühne an der Wien Bizets schwer zu deutende Oper ihrer szenischen Interpretation: „Bizets Musik ist berührend und hat Ewigkeitswert. Sie hebt alles auf ein höheres Niveau und deshalb wird diese Oper auch immer wieder gespielt. Das Libretto ist für uns im 21. Jahrhundert natürlich problematisch, aber die Oper enthält auch alle Elemente für gute Unterhaltung.“ De Beer vermutet, dass das Libretto in Eile geschrieben worden ist. „Die Grundelemente der Handlung sind klassisch, aber die Zufälligkeit, dass alle drei Hauptfiguren, ohne es zu wissen, auf einer Insel landen, scheint nicht genügend durchdacht.“ Auf dem vorkolonialistischen Ceylon haben sich der Fischer Zurga und der Jäger Nadir geschworen, ihrer Freundschaft wegen auf Leila zu verzichten, in die sie sich beide verliebt hatten. Leila selbst hat als geweihte Jungfrau ihrerseits geschworen, niemals einem Mann anzugehören, um mit ihren Gebeten das Meer zu beruhigen und die gefährliche Arbeit der Perlenfischer unterstützen zu können. „Dass zwei Männer in eine Frau verliebt sind und deshalb zu streiten beginnen, ist nachvollziehbar. Soweit kann man sich die Handlung vorstellen. Aber dass alle drei innerhalb einer halben Stunde sich auf irgendeiner fremden Insel wiedertreffen, ist purer Zufall. Die einzelnen Elemente scheinen aneinander geknüpft zu sein, ohne dass jemand mit Überblick einmal eingeworfen hätte, die Handlung braucht mehr Logik.“ Die Regisseurin musste einen Grund finden, warum die Zufälligkeiten der Handlung passieren. „Ich musste eine Erklärung finden, warum diese drei Personen, die eine gemeinsame Geschichte haben, plötzlich auf dieser Insel aufeinandertreffen.“ Lotte de Beer fand diese Lösung in der Medienkultur von heute: „Ein Produzent und ein Regisseur haben sich die Show Perlenfischer – The Challenge


Lotte de Beer

ausgedacht, in der eine Frau der Sexualität abschwört, um etwas Höheres zu finden. Ich glaube, in unserer Zeit dient Religion häufig dazu, nicht Gott zu dienen, sondern Gott soll den Menschen dienen.“ Um die Dramatik von außen anzuheizen, werden zwei Exfreunde dieser Frau auf derselben Insel ausgesetzt. „Die Liebe ist echt, alles andere ist pures Entertainment. Ich wollte ein Setting mit drei Personen erstellen, die vorher nicht wussten, dass sie aufeinander treffen. Leila kommt nach Ceylon, um sich spirituell zu finden und wird dann völlig von der Situation überrascht.“ Ceylon selbst steht dabei für „Orientalismus pur“ und dient ausschließlich als Hintergrund. „Die Fernsehprogramme zeigen keinen tropischen Strand, weil sie etwas über die Menschen, die dort leben, aussagen wollen, sondern verwenden ihn als reine Kulisse. Das ist unsere heutige Form von Exotismus.“ Die Inszenierung zeige noch vor Beginn der Handlung eine ferne Insel mit armseligen Hütten, die aber von einem Kamerateam abgebaut werde, weil ihnen der Strand als Deko für ihre Show gefalle. „Auf diesem Strand wird eine Reality-TV-Show aufgezeichnet, in der die Menschen zwar echt sind, der Rest aber inszeniert wird. Die Einheimischen der Insel werden als Statisten bezahlt und in lächerliche, exotische Kostüme gesteckt. Riesige Muscheln werden für die Showelemente aufgestellt. Die ganze Insel wird zur Showbühne.“ Einen wesentlichen Teil der Partitur hat Bizet dem Chor gewidmet. „Der Chor übernimmt eine wichtige Funktion in dieser Oper und ist der eigentliche Grund, warum mir die Idee mit der Fernsehsendung eingefallen ist. Er ist immer anwesend und agiert beinahe wie ein Protagonist. Der

Chor entscheidet am Anfang, dass Zurga zum Anführer gewählt wird, und am Ende sind es dieselben Personen, die seinen Tod fordern. Das Verhältnis zwischen Demokratie und Medien schien mir dabei besonders interessant. Unsere Demokratie wird von der Unterhaltungsindustrie mitbestimmt, und unser Entertainment ist mittlerweile demokratisch angehaucht. Alle Shows sind interaktiv und die Zuschauer können mitbestimmen.“ Der Hohepriester Nourabad wird in Lotte de Beers Deutung zum „Hohepriester des Fernsehens. Nourabad ist der Kommentator und das Libretto wirkt beinahe so, als ob es in diesem Sinne geschrieben wurde. Als Moderator ist Nourabad selbstverliebt und nur mit sich und der Kamera, aber nicht mit seinen Kandidaten beschäftigt. Er ist ein ehrgeiziger Opportunist, der bereit ist die Show bis zum Tod eines Kandidaten zu begleiten, wenn es seiner Karriere förderlich ist.“ Die Fernsehshow überschreitet letztlich alle Grenzen, das Publikum kann über Leben und Tod eines Protagonisten entscheiden. Es erhebt sich in eine gottgleiche Rolle und fordert ein Menschenleben. De Beer: „Das Publikum will Blut sehen.“ In Holland werde seit Jahren darüber diskutiert, ob es in Fernsehshows passieren wird, dass ein Mensch vor laufender Kamera hingerichtet wird. „Es ist noch nicht passiert, aber es ist das letzte Tabu des Fernsehens. Es gab in Holland bereits eine Fernsehsendung, in der man jemanden live beim Sterben verfolgen konnte.“ Ob Hinrichtungen live im Abendprogramm eines Tages mediale Realität werden könnten, kann Lotte de Beer nicht beantworten, nur: „Ich befürchte, wir sind nicht weit davon entfernt.“

STAGIONE #2 | 5


OPER IM DEZEMBER

Notizen zu American Lulu Von Olga Neuwirth Extreme haben mich immer fasziniert, Extreme der Sinnlichkeit und der Abstraktion, beides findet man in Alban Bergs Lulu. Es ging mir nicht darum, einen authentischen Alban Berg wieder zu erschaffen, sondern aus der Perspektive einer Frau, einer Komponistin meiner Generation, einen neuen Blick auf diese mystische Frauengestalt (mal als „Rätsel-Weib“, „Schlange“, „Dämon-Weib“, „Sphinx“ oder „Kindweib“ angesehen und von berühmten wissenschaftlichen „Weib“-Interpreten wie Krafft-Ebing oder Sigmund Freud und seinem Kreis gedeutet) zu werfen. Es waren alles immer Blicke von Männern auf diese Frauengestalt Lulu. Dieser männliche Blick auf weibliche Hauptfiguren in Opern hat mich schon immer irritiert. Der Film, den ich bereits als Kind gesehen habe, nämlich Otto Premingers Carmen Jones von 1954, in dem er die Oper Carmen in den Süden der USA verlegt und ausschließlich mit Afroamerikanern besetzt, hat mich angeregt, meine Neubetrachtung von Alban Bergs Lulu nach New Orleans und New York City zu verlegen. Basierend auf Bergs Idee, Wedekinds Drama, das um 1900 spielt, in einen neuen gesellschaftlichen Kontext zu versetzen, nämlich um 1930, entschied ich mich, meine Neuinterpretation in die USA der 1950er und 1970er Jahre zu verlegen nämlich vor den Hintergrund des „Civil Rights Movement“ der „Counterculture“ und der verschiedenen „Liberation Movements“. Mein Vater ist Jazzmusiker und ich bin mit Jazz und Jazzmusikern aufgewachsen. Die begeisterten Erzählungen von US-Kollegen meines Vaters über den erstaunlichen Dokumentarfilm The Cry of Jazz des Afroamerikaners Edward Bland veranlassten mich bereits als Zwölfjährige, ein Theaterstück mit afroamerikanischen Jazz-Musikern in Harlem zu schreiben. Mich interessierten aber auch hinsichtlich einer „ver-orteten Lulu“

Marisol Montalvo

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Blaxploitationfilme beziehungsweise Exploitationfilme, die ab den 1930er Jahren häufig Low-Budget-Filme waren, in denen durch eine reißerische Grundsituation Gewalt, sexuelle Handlungen und heikle Themen aller Art dargestellt wurden. Auch Alban Berg ließ sich vom Jazz beeinflussen, wie Strawinsky oder Krenek. Dies wird in einer Korrespondenz zwischen Berg und Erwin Schulhoff angesprochen. Schulhoff lernte Jazz, amerikanischen Ragtime und amerikanische Tanzmusik in den frühen 1920er Jahren von seinem Freund George Grosz kennen, der phonographische Aufnahmen von amerikanischer Musik sammelte. Deshalb entschloss ich mich, die in Bergs Partitur bezeichnete Filmmusik und Musik der Jazzband auf einer Wonder Morton Organ erklingen zu lassen. Diese besondere Kinoorgel hatte ihre Blütezeit in den späten 1920er Jahren. Eine der wenigen heute noch funktionierenden und bei Kinovorführungen gespielten Wonder Morton Organ steht im Loew’s Jersey Theater in Jersey City. Ursprünglich war sie 1928 bis 1929 von der Robert-Morton Pipe Organ Company für eines der in der „New York Metropolitan Area“ gebauten Wonder Theaters hergestellt worden. 2010 wandte ich mich an die für diese Orgel zuständige Garden State Theater Organ Society und durfte auf dieser faszinierenden, riesigen Kinoorgel schließlich Bergs Filmmusik und Musik der Jazzband aufnehmen. In American Lulu habe ich einen Teil der Handlung in den gesellschaftlichen Kontext des rassistischen weißen Südens und den „Civil Rights Movements“ versetzt; man kann in den von mir absichtlich gesetzten harten Schnitten in Bergs Musik Fragmente von Martin Luther King-Reden und Gedichten der Schriftstellerin June Jordan, einer der bedeutendsten afroamerikanischen Lyrikerinnen der Gegenwart, hören. Lulu, Geschwitz (bei mir Eleanor, eine Bluessängerin) und Schigolch (Clarence), dem bei mir im dritten Akt RagtimeMusik zugeordnet wird, sind, der Verlegung in das New Orleans der 50er Jahre konsequent folgend, Afroamerikaner. Die Musik der ersten beiden Akte habe ich analog zu Bergs Jazzband-Musik, die mit Klarinetten, Saxophonen, Trompeten, Posaunen, Schlagwerk, Banjo, Klavier, Kontrabass und Sousaphon besetzt ist, für ein Blech- und Holzbläserensemble mit elektrischer Gitarre, elektrischem Klavier, Schlagzeugen sowie einer kleinen Streicherbesetzung orchestriert, denn es ist die Musik für Lulus Rückblende in die 50er Jahre in New Orleans, der Wiege von Jazz and Blues. Als ein Hinweis auf diese Musik, die entlang des Mississippi Deltas entstand und die die in New Orleans spielende „Recollection“ (Rückblende) einleitet, hört man eine zugespielte Melodie einer „Calliope“. Ein durch Dampf betriebenes Tasteninstrument das am Dach von Mississippi-Dampfschiffen gespielt wurde. So wie Berg in seinem 1928 erschienenem Aufsatz „Opernproblem“ betont, dass nicht etwa die bloße Anwendung


DAS NEUE OPERNHAUS

des Kinos als ein „zeitgemäßes“ Mittel ein modernes Musiktheater erzeugt, sondern es ihm vielmehr um formale Analogien geht, war es mir wichtig, für die Klangveränderung meiner Neuinstrumentierung des 1. und 2. Aktes der Musik Alban Bergs eine sinnvolle Analogie zu finden. Diese durch die Neuinstrumentierung anders klingende Berg’sche Musik musste für mich daher auch in eine formale Analogie gestellt werden, sie erklingt, wie schon erwähnt, als Rückblick in die Vergangenheit. Mein dritter Akt spielt im New York der 70er Jahre, und Lulu ist zu einer Nobelhure aufgestiegen, die völlig in sich gefangen scheint. Sie hat Kontakte zu bedeutenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik, und ihr wird Privates und Öffentliches gleichermaßen ungefragt anvertraut. Das „deus-ex-machina“-Ende durch Jack the Ripper bei Berg empfand ich immer schon als albern: zwei Frauen werden nach langen Irrungen und Verwirrungen einfach von einem Lustmörder abgeschlachtet – und: Aus. Deswegen habe ich mich entschieden, meinen neuen 3. Akt als ungelösten Mordfall zu gestalten. Vielleicht habe ich einen weniger verklärten Blick auf die Frauenfigur Lulu als die Herren, die sie „erzeugt“ haben und auch die, die sie immer wieder interpretiert haben. Bei mir ist Lulu eher eine „kalte Frau“ eine Narzisstin, die alles durchsetzt, was sie im Moment will und dennoch unzufrieden ist, weil sie innerlich leer ist und sich dadurch zu einer „Aktie“ macht, die einmal höher, einmal weniger hoch im Kurs steht. Den Wechsel von Erniedrigung und Streicheln betreibt Lulu in so schneller Folge, dass es wie eine Gehirnwäsche bei rasendem Gehämmer wirkt. Dies ist mir fremd und nicht gerade sympathisch. Bei mir kommen Lulu und Eleanor aus ähnlichen Lebensverhältnissen: Die Umgebung beider war von Rassismus und weißem wie schwarzem Männlichkeitswahn geprägt. Beide waren Opfer von Missbrauch in Kindheitsjahren, durch den versucht wurde, ihnen ihr Ich zu nehmen, sie zum reinen Objekt zu machen. Ich glaube daran, dass der Mensch die Möglichkeit auf Selbstbestimmung hat, auch wenn dieser Weg anstrengender ist, als sich aushalten und anhimmeln zu lassen. Die gequälte und quälende Lulu, ob nun Würgeengel oder Lebensglück – wie sie gern beschrieben wird – lebt von Männern und durch Männer. Sie lässt sich auf ein Gewirr zwielichtiger Machenschaften und Machtspiele ein. Die Andere, Eleanor, beharrt auf dem Unaufhebbaren des Schmerzes und auf ihrer Subjektivität. Sie ringt um Freiheit, geht einen schweren, aber selbst gewählten Weg. Sie sucht selbstbewusst ihren eigenen Ausdruck, ihre eigene Identität. Doch letztlich zählt für uns heute wieder: Wessen Stimme wird gehört? Der Auftrag der Komischen Oper, einem Berliner Opernhaus, hat für mich auch auf Grund der Aufführungs-Geschichte von Bergs Lulu eine große Bedeutung. Sie sollte in der Saison 1934/35 durch Erich Kleiber in Berlin uraufgeführt werden. 1930 betrug der Anteil der Reichstagssitze der NSDAP bereits 107 (im Vergleich: die der SPD 143). Nach Kleibers Uraufführung von Bergs Lulu-Symphonie durch die

Preußische Staatskapelle 1934 begann eine heftige Pressekampagne gegen Berg und Kleiber. Paul Zschorlich von der „Deutschen Zeitung“ schrieb u.a. gegen die „Verherrlichung des Lasters“ eine kranke „Kokain-Musik“ und „musikalischen Bolschewismus“ an und wetterte besonders gegen das „typische Kleiber-Publikum, in dem der Anteil jüdischer Hörer, wie stets bei Kleiber-Konzerten, unverkennbar stark war“, und endet damit, dass für „...Kulturexperimente von der Art des Alban Berg-Konzerts kein Betätigungsfeld mehr vorhanden ist“. Erich Kleiber trat vier Tage nach dem Konzert und unter dem Druck des Hitlerregimes als Generalmusikdirektor zurück und verließ Deutschland unter Protest gegen die nationalsozialistische Kulturpolitik im Jänner 1935. Bergs Musik erklang in Deutschland erst wieder nach 1945. Wenn auch in veränderter Form, kommt nun Alban Bergs Lulu doch noch in Berlin zur Uraufführung. (New York, März 2011)

AMERICAN LULU Gesamtkonzept und Neuinterpretation von Alban Bergs Oper Lulu von Olga Neuwirth (2006-2011) Musik von Akt I und II bearbeitet und neuinstrumentiert von Olga Neuwirth, Text von Akt I und II bearbeitet von Olga Neuwirth und Helga Utz unter Verwendung der Übersetzungen von Richard Stokes und Catherine Kerkhoff-Saxon In englischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung

Johannes Kalitzke

Regie und Ausstattung

Kirill Serebrennikov

Licht

Diego Leetz

Video

Gonduras Jitomirsky

Dramaturgie

Johanna Wall, Sergej Newski

Lulu

Marisol Montalvo

Eleanor

Della Miles

Clarence

Jacques-Greg Belobo

Dr. Bloom

Claudio Otelli

Jimmy / Young Man

Rolf Romei

Painter

Dmitry Golovnin

Professor / Banker

Hans-Peter Scheidegger

Commissioner

Frank Baer

Lulu-Double

Jane-Lynn Steinbrunn

Athlete

Horst Lamnek

Orchester der Komischen Oper Berlin Gastspiel der Komischen Oper Berlin

PREMIERE Sonntag, 7. Dezember 2014, 19:30 Uhr

AUFFÜHRUNGEN 09. / 11. Dezember 2014, 19:30 Uhr

EINFÜHRUNGSMATINEE Sonntag, 7. Dezember 2014, 11.00 Uhr

STAGIONE #2 | 7


TANZ IM DEZEMBER

Brich an, o schönes Morgenlicht John Neumeiers Weihnachtsoratorium I-VI Von André Podschun Manchmal ereignen sich Wunder nebenbei, im Lauf des Lebens, begleitet von einem vorauseilenden, verheißungsvollen Raunen. Das Wehen kündet von einem Zurweltkommen, das die gewohnten Verhältnisse zum Tanzen bringt. Noch aber ist der Aufbruch zaghaft, in sich gekehrt, wenngleich schon vielstimmig in seinem Summen. Da plötzlich tönt es in eine schattenhafte Gegenwart und erleuchtet unsre „finstre Sinnen“, wie es in Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium heißt. Mit Pauken und Trompeten wird die Ankunft des Mysteriums eingeläutet, durchpulst von einem raumgreifenden Jauchzen und Frohlocken, Tanzen und Singen. So viel Ausgelassenheit wie im Eingangschor des Weihnachtsoratoriums klingt im verrinnenden Dasein der Menschen nur selten und ist vielleicht auch deshalb so kostbar. Für John Neumeier liegt das Geheimnis dieses Chores darin, dass er in uns eine Flamme entfacht, die unsere Idee von Freude zum Leuchten bringt. „Wenn in meiner Version der Eingangschor des Weihnachtsoratoriums das Werk beschließt, ist Stille und wir tauchen wieder ein in unser irdisches Leben, wo wir die Flamme in uns tragen und beschützen müssen. Das heißt, wir müssen immer wieder neu bewegt werden, so wie Tanz nur in der Gegenwart existieren kann. Tanz

WEIHNACHTSORATORIUM Kantaten I-VI BALLETT VON JOHN NEUMEIER (2013) MUSIK VON JOHANN SEBASTIAN BACH (1734) Musikalische Leitung

Erwin Ortner

Choreografie, Kostüme, Licht John Neumeier Bühne

Ferdinand Wögerbauer

Sopran

Lenneke Ruiten

Alt

Ann-Beth Solvang

Tenor

Andrew Tortise

Bass

Andrè Schuen

Hamburg Ballett, Wiener KammerOrchester Arnold Schoenberg Chor (Ltg. Erwin Ortner) Kooperation mit dem Hamburg Ballett Musikalische Neueinstudierung des Theater an der Wien

PREMIERE Mittwoch, 17. Dezember 2014, 19:00 Uhr

AUFFÜHRUNGEN 18. / 19. / 20 Dezember 2014, 19:00 Uhr

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ist eine lebendige Kunst, er ist an die Zeit gebunden, wie Musik auch.“ Als John Neumeier 2007 mit den Proben zum Eingangschor begann, „schwebte“ er gleichsam durch die Musik, getreu dem Vers aus einem der Choräle: „... mit dir will ich endlich schweben.“ Dank seiner leiberfüllten Musikalität wogt der „Jauchzet, frohlocket“-Chor in einem einzigen Rausch, der nichts weiß von der Ursünde, dem Fall Adams. Ganz unmittelbar drängt er zum Tanzen, die Konzentration dabei zurückbindend an pure Bewegung als seelisch-körperliche Präsenz im Augenblick – ein die Zeiten verbindender Moment. Im Anfang schwingt das Ende mit. Wenn eine Mutter die Umstände der Geburt ihres Sohnes erlebt, so steckt in ihrer Bewegtheit bereits eine Vorahnung auf das Schicksal ihres Kindes, ist sich John Neumeier sicher. Die Gewissheit, dass alles menschliche Leben die eigene Gemeinschaft bereichert, spart indes erfahrenes Leid, Trennung und Agonie nicht aus. Die Alt-Arie „Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh“ ist dem Duktus eines Wiegenliedes zwar nachempfunden, deutet aber auf die kommenden Ereignisse: Im Mutterglück spiegelt sich die schmerzensreiche Pietà. Alpha und Omega berühren sich. Für John Neumeier trägt das Blut der Beschneidung gleichermaßen vorausschauende Züge: „Die Beschneidung Christi erinnert mich daran, dass es sein Blut ist, welches er zum ersten Mal für uns vergießt. Ich sehe darin aber auch sein Blut im späteren Opfertod.“ Der Hamburger Choreograf lenkt den Blick auf die menschliche Dimension des Heilands, wenn Einsamkeit und Not die Sehnsucht nach Liebe, Trost und Zuflucht unbezwingbar machen. „Im fröhlichen Weihnachtsgeschehen und der Geburt der Hoffnung auf ein Erstarken der menschlichen Liebe deuten


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Szene aus dem Weihnachtsoratorium des Hamburg Ballett

diese Dinge auf den Preis, den Christus für uns am Ende bezahlt“, äußert Hamburgs Ballettdirektor. Im Choral „Seid froh dieweil“ umweht die affirmativen Worte denn auch ein resignativer Hauch in Bachs Vertonung. Und doch spürt John Neumeier die ungebrochene Kraft der Zuversicht und des Vertrauens. Die ersten drei Teile des Weihnachtsoratoriums in Neumeiers Choreografie sind im Dezember 2007 im Theater an der Wien uraufgeführt worden. Nach der umjubelten Premiere brauchte es nur wenige Jahre, bis John Neumeier 2013 auch die restlichen Teile choreografisch umsetzte, diesmal in Hamburg: „Ich wollte dem geschlossenen Charakter von Bachs Oratorium Rechnung tragen, immer mit dem Wissen, dass man darüber diskutieren kann, dieses Werk als Ganzes aufzuführen, weil es eben nicht als ein Opus gedacht war. Gerade aber die Heterogenität der Teile, die sich daraus ergibt, dass sie für verschiedene Festtage geschrieben und in Bachs Zeit auch an unterschiedlichen Tagen aufgeführt worden sind, machte es für mich umso reizvoller.“

Heterogen sind auch die Motivationen der einzelnen Protagonisten, die im eher zufälligen Zusammentreffen Zeugen eines außergewöhnlichen Ereignisses werden. Die Mutter, der Vater und das Kind, die Engel und ein Hirte, die Weisen aus dem Morgenlande, König Herodes, auf Wanderschaft befindliche Menschen sowie ein das Geschehen begleitender Mann in Christusspiegelung bilden den äußeren Figurenkreis, der hineinführt in die grundlegenden Fragen um Vertrauen, Glaube, Zweifel und Hingabe. So wird die biblische Geschichte zu einer Geschichte für alle. Sichtbar werden die Anfänge des Reise-Weges Jesu, in dem das Grundmotiv der Be-wegung in Andeutungen zu erkennen ist, weniger als ein Prozess der Verweltlichung als einer der Vermenschlichung. Dabei wird deutlich, dass Fallen und Aufrichten zu den zentralen Kategorien der menschlichen Natur zählen. Vielleicht ist das auch das Geheimnis von Bachs Musik, sie zeichnet das Heben und Senken des menschlichen Gemüts empathisch nach und bringt so die Wechselfälle des Lebens plastisch zum Klingen.

STAGIONE #2 | 9


KABARETT IN DER HÖLLE

Barocker Bacchus Georg Wacks feiert Die letzte Nacht Nach fünf erfolgreichen Programmen kündigt Georg Wacks seine neue, ganz der historischen Kabarettaufführungspraxis verpflichtete Revue Die letzte Nacht an. Der Titel ist dabei aber nicht Programm, sondern geisterte dem Schauspieler, Sänger und Regisseur bereits von Anfang an für Vorstellungen durch den Kopf, die in unterirdischen Räumlichkeiten mit dem bezeichnenden Namen „Die Hölle“ stattfinden: „Der letzten Nacht kann nur eine Wiederauferstehungsparty und dann die ewige Hölle folgen.“ Die Schauspieler Siegmund und Leopold Natzler eröffneten im Herbst 1906 das Theater und Cabaret „Die Hölle“ im Souterrain des Theater an der Wien, dessen 108. Jubiläum in einem kabarettistischen Bacchanal gefeiert wird, in dem Gott Bacchus selbst der Hölle seine Referenz erweist. Nach dem erdigen, bislang letzten Programm Ruf der Heimat gibt sich Die letzte Nacht ganz barocker Endzeitstimmung hin. Der Hamburger Seemannschor reist eigens aus Kiel an und der jüdische Cowboy Levi aus den gefürchteten Catskill Mountains. Im Gefolge des antiken Gottes des Rausches gibt auch dessen dämonischer Begleiter Satyr sein Comeback. Die Ausstattung von Stefan Fleischhacker, als ausufernd und verschwenderisch angekündigt, ist von einem weiteren Jubiläum inspiriert und erinnert an den 150. Geburtstag

DIE LETZTE NACHT Ein kabarettistisches Bacchanal zum 108. Jubiläum der Hölle Konzeption und Regie

Georg Wacks

Ausstattung

Stefan Fleischhacker

Mit Elena Schreiber, Stefan Fleischhacker, Martin Thoma, Georg Wacks, Christoph Wagner-Trenkwitz Ensemble „Albero Verde“ Violine

Barbara Klebel-Vock, Rainer Ullreich

Cello

Ruth Ferlic

Klarinette

Reinhold Brunner

Klavier

Christina Renghofer

Ausstellung

Marie-Theres Arnbom

PREMIERE Mittwoch 5. November 2014, 20:00 Uhr

AUFFÜHRUNGEN 06. / 08. / 10. / 12. / 18. / 20. / 24. / 26. / 27. November 2014, 20:00 Uhr

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von Henri de Toulouse-Lautrec. Nach einer von Ovid inspirierten Metamorphose endet jede letzte Nacht in einem von allen Beteiligten gesungenen Freudenchor von Georg Friedrich Händel. Marie-Theres Arnbom kuratiert die begleitende Ausstellung und zeigt neue verschollene Artefakte aus der Glanzzeit des Wiener Jugendstilkabaretts. Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist dem Komponisten Bruno Granichstaedten gewidmet, der wie viele andere Künstler der Zwischenkriegszeit Erfolg und Tragik in seinem Lebenslauf vereint. Neben Franz Lehár war Granichstaedten einer der erfolgreichsten Operettenkomponisten seiner Epoche. Seine 1925 im Theater an der Wien uraufgeführte Operette Der Orlow erlebte 800 Aufführungen und wurde bis 1932 zweimal verfilmt. Granichstaedten gründete mit Frank Wedekind ein eigenes Kabarett und komponierte das Lied „Zuschau’n kann i net“, das für die Verfilmung von Im weißen Rößl verwendet wurde. 1938 musste der Jude Granichstaedten aus Österreich fliehen und emigrierte über Luxemburg 1940 in die USA. In New York konnte er nicht an seine Erfolge einer untergegangenen Epoche anschließen, verdingte sich als Barpianist und starb 1944.


DAS NEUE OPERNHAUS

KONZERT: DAS WAR’S, HERR DIREKTOR! Michael Heltau singt, spielt und erzählt sein literarisch-musikalisches Programm Sein „Momente aus dem Milieu“ untertiteltes Buch, das Michael Heltau 2012 im Theater an der Wien präsentierte, trug als Titel den alten Theaterspruch Auf d’Nacht, Herr Direktor! Denn der Abend ist mit Vorstellungsbeginn für jedes Theater der Moment der Wahrheit. Das neue Programm von und mit Michael Heltau und den Wiener Theatermusikern schließt im Titel nahtlos daran an: Das war’s, Herr Direktor! Der Doyen des Burgtheaters begibt sich mit Texten von Peter Altenberg über Hugo von Hofmannsthal bis Bertolt Brecht auf eine Reise in die Vergangenheit, die doch das Heute meint. „Ich komme auf die Bühne, lege die Karten auf den Tisch: Michael Heltau als Michael Heltau, der sich lebenslang für alles, was Menschen betrifft, interessiert.“

MICHAEL HELTAU: DAS WAR’S, HERR DIREKTOR! Musikalische Leitung & Arrangements

Tscho Theissing

Akkordeon

Maria Reiter

Trompete, Flügelhorn

Lorenz Raab

Klavier

Otmar Binder

Kontrabass

Herbert Mayr

Schlagzeug

Michael Kahlig

Freitag, 21. November 2014, 19:30 Uhr Sonntag, 22. Februar 2015, 19:30 Uhr

Michael Heltau

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Erhältlich in unserem Webshop unter www.theater-wien.at oder an der Tageskasse des Theater an der Wien, Linke Wienzeile 6, 1060 Wien (Mo-Sa 10 -19 Uhr).

Foto © Holger Badekow

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OPER KONZERTANT

Verschollenes Frühwerk Alan Curtis präsentiert erstmals eine rekonstruierte Fassung von Glucks Demofonte Mit der Vertonung von Artaserse nach einem Libretto von Pietro Metastasio gelang Christoph Willibald Gluck 1741 in Mailand ein erfolgreiches Debüt als Opernkomponist. Zwei Jahre später schrieb der damals bald dreißigjährige Gluck ebenfalls für Mailand und nach einem Libretto von Metastasio das Dramma per musica Demofonte. Doch von den acht in Italien entstandenen Opern Glucks blieb als einzige Ipermestra vollständig erhalten. Alle anderen liegen nur bruchstückhaft vor. Zum 300. Geburtstag von Gluck erarbeitete Alan Curtis die vorliegende Aufführungsfassung der beinahe gänzlich unbekannten und bisher unveröffentlichten Oper. Während die Arien erhalten geblieben sind, musste Curtis für die Geschichte rund um Demofonte, König von Thrakien, die fehlenden Secco-Rezitative neu komponieren. Dabei hat sich der Dirigent und Forscher bewusst an Glucks Rezitativstil gehalten, für den ihm besonders die erhalten gebliebene Oper Ipermestra als Muster diente.

DEMOFONTE Dramma per musica in drei Akten (1743) MUSIK VON CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK LIBRETTO VON PIETRO METASTASIO Konzertante Aufführung in italienischer Sprache Musikalische Leitung

Alan Curtis

Timante

Aryeh Nussbaum Cohen

Dircea

Sylvia Schwartz

Creusa

Marie-Claude Chappuis

Demofonte

Colin Balzer

Cherinto

Romina Basso

Matusio

Vittorio Prato

Adrasto

Nerea Berraondo

Il Complesso Barocco

Sonntag, 23. November 2014, 19:00 Uhr

OPER KONZERTANT

Geist und Schönheit Robert King leitet Musik aus Henry Purcells Semi-Opera King Arthur Mit 20 Jahren hat der 1960 geborene, englische Dirigent Robert King, der seine erste musikalische Ausbildung als Chorknabe im St John’s College in Cambridge erhielt, The King’s Consort gegründet, das er bis heute leitet. Das Ensemble mit dem Schwerpunkt barocker Aufführungspraxis legt als britischer Klangkörper großes Gewicht auf die Interpretation der Werke von Henry Purcell. Robert King hat sich intensiv mit Leben und Werk des Orpheus britannicus beschäftigt, ein Großteil des Gesamtwerkes eingespielt und als Autor eine Purcell-Biographie verfasst. Die 1691 uraufgeführte Semi-Oper King Arthur, zu der John Dryden das Libretto schrieb, verknüpft Schauspiel, Musik, Tanz und Spektakel. In fünf Akten bemüht sich König Arthur seine Verlobte, die blinde Prinzessin Emmeline, aus den Armen des Sachsenkönigs Oswald von Kent zu befreien. Musik und Dichtung zu vereinen, war die Intention von Purcell und Dryden, in der konzertanten Aufführung wendet sich Robert King der vollendeten Musik von Henry Purcell zu.

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KING ARTHUR Semi-Opera in fünf Akten (1691) MUSIK VON HENRY PURCELL LIBRETTO VON JOHN DRYDEN Konzertante Aufführung in englischer Sprache Musikalische Leitung

Robert King

Sopran

Carolyn Sampson

Sopran

Rebecca Outram

Sopran

Julie Cooper

Hoher Tenor

Daniel Auchincloss

Tenor

James Oxley

Bass

Matthew Brook

The King’s Consort Choir of The King’s Consort

Samstag, 29. November 2014, 19:00 Uhr


DAS NEUE OPERNHAUS

SILVESTER

Wagner oder Strauss Zwei Konzerte zum Jahreswechsel an der Wien und in der Kammeroper Der deutsche Filmproduzent Oskar Messter hatte 1913 die Idee anlässlich des 100. Geburtstages von Richard Wagner das Leben des Komponisten zu verfilmen. Unter der Regie von Carl Froehlich entstand die erste deutsche Filmbiographie einer berühmten Persönlichkeit. In üppiger historischer Ausstattung zeigt der Stummfilm Wagners wechselhafte Karriere und sein turbulentes Leben, angefangen von seinem und der ersten Anstellung im Lauchstädter Theater, über die Erfolge und Misserfolge in Dresden, bis hin zur Förderung durch König Ludwig II., der ihn bis an sein Lebensende unterstützte. Die Produzenten wollten den Film mit Musik aus Werken von Richard Wagners unterlegen, doch die Musik Wagners war zum damaligen Zeitpunkt noch urheberrechtlich geschützt und die Produktionsfirma konnte die hohen Verlagsrechte der Werke von Wagner und Franz Liszt nicht bezahlen. Hauptdarsteller Giuseppe Becce, der eigentlich wegen seiner verblüffenden Ähnlichkeit zu Richard Wagner von Oskar Messter besetzt worden war, machte daraufhin den Vorschlag, selbst die Musik zu komponieren, die den Werken beider so stark nachempfunden sei, dass man sofort die Referenz zum Original erkenne. Der Filmkomponist

SILVESTERKONZERT Vier letzte Lieder von Richard Strauss

DAS NEUE OPERNHAUS

Richard Wagner – eine Filmbiographie Mit Musik von J. Haydn, W. Mozart, L. van Beethoven, G. Rossini und G. Becce zum Stummfilm von Carl Froelich (1913), rekonstruiert von Bernd Schultheis (2013) Musikalische Leitung

Constantin Trinks

Sopran

Angela Denoke

ORF Radio-Symphonieorchester Wien

Mittwoch, 31. Dezember 2014, 19:30 Uhr

und Schauspieler Becce schuf daraufhin unter Verwendung unterschiedlicher Komponisten wie Haydn, Mozart oder Rossini eine Filmmusik, die die Nähe zu Wagner unterstrich, rechtlich jedoch einwandfrei blieb. Zum 200. Geburtstag Wagners wurde dieser biografische Stummfilm rekonstruiert und durch eine Produktion von ZDF und ARTE zugänglich gemacht. Der Komponist Bernd Schultheis richtete dafür Giuseppe Becces Filmmusik neu ein, ohne das Original zu verfälschen. Becce ging es offensichtlich nicht allein darum, „ein kunstbeflissenes Potpourri bekannter Werke zusammen zu stellen“, meint Bernd Schultheis, „sondern er entwickelt einen Ansatz von filmischer Musikdramaturgie, indem er die Musik schneidet oder auch agogisch verzerrt und mit musikalischen Symbolen nahezu leitmotivisch arbeitet und auf diese Weise auch Szenen miteinander verknüpft.“ Heute zeigt dieses aufschlussreiche Dokument die WagnerRezeption vor einem Jahrhundert ebenso wie den Versuch, Wagners Musik dem Publikum des noch jungen Mediums Film näherzubringen. Zu Beginn des Silvesterkonzertes singt die Sopranistin Angela Denoke zum 150. Geburtstag von Richard Strauss und zum Jahresausklang die berühmten Vier letzte Lieder. Auftakt in die dritte Runde In ihren „Neujahrskonzerten der anderen Art“ Wer ist Ivica Strauß? und ArriveVerdi widmeten sich Georg Breinschmid, Tommaso Huber und Sebastian Gürtler bislang unerforschten Kapiteln der Musikwissenschaft und stellten vor allem „die spannendsten Details aus dem langweiligen Leben“ des bislang vergessenen Strauss-Bruders Ivica vor. Für den diesjährigen Jahreswechsel haben die selbsternannten Forscher Nummern aus der entstaubten Operette Na, wie Hamas von W. A. Mossad oder dem Singspiel Zwei Christen im Dreivierteltakt zusammengestellt. Im Mittelpunkt steht aber erneut der von der Wissenschaft geleugnete Ivica Strauss. Unter den Werken des seiner Zeit immer zwei Wochen vorauseilenden Komponisten ist ein neues Musical gefunden worden, das die Geschichte eines flachen, eingesperrten, indischen Brotes erzählt und treffenderweise Ein Käfig voller Naan heißt.

NA, WIE HAMAS Kontrabass, Komposition

Georg Breinschmid

Akkordeon

Tommaso Huber

Violine

Sebastian Gürtler

DAS NEUE OPERNHAUS

Mittwoch, 31. Dezember 2014, 20:00 Uhr

STAGIONE #2 | 13


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DAS NEUE OPERNHAUS

JUNGES ENSEMBLE DES THEATER AN DER WIEN 2.0

Vom Volkslied zur Arie Im Portrait: Viktorija Bakan, Sopran Die aus Litauen stammende Sopranistin Viktorija Bakan debütierte in der Kammeroper im vergangenen Monat als Tatjana in Peter Iljitsch Tschaikowskis Eugen Onegin. Derzeit jongliert die junge Sängerin zwischen ihrem Leben als Künstlerin und dem als Mutter eines eineinhalbjährigen Sohnes. „Derzeit bin ich Alleinerzieherin, weil mein Mann in Malmö engagiert ist und nur selten nach Hause kommen kann. Ich bin daher sehr organisiert. Ich habe eine tolle Babysitterin und wenn ich nicht singe, kümmere ich mich um das Baby. That’s my life.“ Seit der Schwangerschaft habe sich ihre Stimme um fast 50% verändert, sagt sie. Es sei daher anfangs schwierig für sie gewesen, das zu akzeptieren, aber nach einiger Zeit lernte sie die Vorteile dieser neuen Stimme zu erkennen. Die Erweiterung ihres Stimmumfangs ließ ihren ursprünglichen lyrischen Sopran eine neue Dimension betreten. So kam es auch, dass sie die Herausforderung, nämlich die Rolle der Tatjana, die sie zunächst eher eingeschüchtert hatte, annahm und sogar eine große Leidenschaft dafür entwickelte. „Anfangs war ich wegen meines Alters unsicher, ob ich für so eine Rolle schon bereit wäre. Aber, der Umstand, dass es eine gekürzte Version von Eugen Onegin war und auch, dass ich fließend Russisch spreche, haben mich beruhigt. Deshalb musste ich über die Aussprache gar nicht nachdenken, sondern konnte mich ganz auf das musikalische Element konzentrieren und meine neue Stimme einsetzen lernen.“ Schon im Alter von vier Jahren begann Bakan zu singen. Anfangs noch mit Ihrer Großmutter und bei Wettbewerben, die sie mit litauischen Volksliedern bestritt. Später waren es die Songs von Mariah Carey und Whitney Housten. „Irgendwann musste ich eine Entscheidung treffen. Die Leute vom Volkslied-Chor wollten, dass ich weiter diese Lieder singe. Ein Musikproduzent, dem ich ein Tape mit meinen selbstgeschriebenen Popsongs gab, wollte mich in diesem Genre sehen, und mein Lehrer empfahl mir

eine klassische Ausbildung.“ Die Entscheidung Opernsängerin zu werden, ergab sich folgendermaßen: „Mit den Volksliedern wäre ich nicht aus Litauen rausgekommen und ich wollte reisen, Popmusik war mir zu anspruchslos. Nur bei der Oper hatte ich das Gefühl, dass das für eine lange Zeit spannend bleiben könnte. Denn wenn es anfängt dich zu langweilen, bist du auch nicht mehr mit dem Herzen dabei.“ So absolvierte sie ein Studium in Vilnius bei Regina Maciute und Virgilius Noreika an der dortigen Musik- und Theaterakademie. Darüber hinaus gewann sie den Jonuskaite-Zauniene-Wettbewerb. Nach Engagements an der litauischen National Oper als Adina in Donizettis L’elisir d’amore und als Xenia in Mussorgskis Boris Godunow debütierte sie als Gilda in Verdis Rigoletto in Estland, ein Jahr später folgte die Titelrolle in Verdis La traviata an der lettischen Nationaloper. 2009 debütierte sie in Litauen als Gilda. Vor ihrem Umzug nach Wien sang sie am Opernhaus Zürich die Barbarina in Mozarts Le nozze di Figaro unter Christopher Hogwood, das Blumenmädchen in Wagners Parsifal unter Daniele Gatti sowie in Borodins Fürst Igor unter Vladimir Fedoseyev und in Donizettis I pazzi per progetto unter Paolo Carignani. Im Theater an der Wien debütierte Viktorija Bakan 2012 in Glucks Iphigénie en Aulide. Nach der Babypause bewarb sie sich für die Kammeroper, das Engagement in das Junge Ensemble des Theater an der Wien kam überraschend. „Es gibt so viele gute Sopranistinnen und ich hatte eigentlich kaum eine Hoffnung. Man kann sich vorstellen, wie glücklich ich war, als Sebastian Schwarz sagte, dass ich engagiert bin.“ Für ihr Konzert am 15. Dezember hat sich Viktorija Bakan ihrer „neuen“ Stimme entsprechend einen Querschnitt aus ihr vertrautem sowie neuem Repertoire ausgesucht. So erwarten das Publikum neben Händel-Arien auch romantische Lieder und Arien von Mozart, Donizetti und Rachmaninoff sowie Lieder aus ihrer Heimat und von Samuel Barber.

PORTRAITKONZERT Viktorija Bakan, Montag, 15. Dezember 2014, 19:30 Uhr | Klavier: Marcin Koziel

Viktorija Bakan, Sopran

Gan-ya Ben-gur Akselrod, Sopran

Natalia Kawałek-Plewniak, Mezzosopran

Vladimir Dmitruk, Tenor

Tobias Greenhalgh, Bariton

Christoph Seidl, Bass

STAGIONE #2 | 15


PREMIERE IN DER KAMMEROPER

Händel und Hitchcock Regisseurin Christiane Lutz im Gespräch über ihre Inspiration für Rinaldo Was ist der Reiz daran, sich mit Georg Friedrich Händel zu beschäftigen und sich mit der Thematik des Rinaldo auseinanderzusetzen? Ich bin sehr mit der Barockoper verbunden. Schon die Diplominszenierung meines Opernregiestudiums in Wien war 2005 Händels Ariodante und einige Jahre darauf habe ich an der Oper Graz Alcina inszeniert. Das ist also mein dritter Händel und ein Werk ist besser als das andere. Händel ist ein „dramatic animal“, ein Theatermann aus vollstem Herzen: Da bricht das Theater, die Lust am Theater, die Kenntnis dessen, was das Theater kann, aus jeder Zeile und jeder Note: effektvoll und poetisch, eindringlich und berührend. Es existieren zwei sehr unterschiedliche Fassungen des Rinaldo. In der Kammeroper soll eine Mischung aus beiden zum Einsatz kommen. Inwiefern haben Sie und Dirigent Rubén Dubrovsky

RINALDO Opera seria in drei Akten (1711/1731) MUSIK VON GEORG FRIEDRICH HÄNDEL LIBRETTO VON GIACOMO ROSSI NACH AARON HILL In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung

Rubén Dubrovsky

Inszenierung

Christiane Lutz

Bühne

Christian Tabakoff

Kostüme

Natascha Maraval

Rinaldo

Jake Arditti

Goffredo

Vladimir Dmitruk

Almirena

Gan-ya Ben-gur Akselrod

Argante

Tobias Greenhalgh

Armida

Natalia Kawałek-Plewniak

Mago

Christoph Seidl

Bach Consort Wien Neuproduktion des Theater an der Wien in der Kammeroper

PREMIERE Donnerstag, 4. Dezember 2014, 19:00 Uhr

AUFFÜHRUNGEN 06. / 10. / 12. / 16. / 21. / 22. / 28. / 30. Dezember 2014, 19:00 Uhr 14. Dezember 2014, 16:00 Uhr

EINFÜHRUNGSMATINEE Sonntag, 23. November 2014, 11:00 Uhr

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diese bearbeitet, und wie musste man dabei die Verhältnisse der Kammeroper berücksichtigen? Indem wir für die Kammeroper eine eigene Fassung erstellt haben, sind Rubén und ich geradezu Händel-typisch vorgegangen – hat doch Händel selbst seine Werke stets als work in progress verstanden, die er für die speziellen Konditionen der jeweiligen Aufführungsserie neu einrichtete. Bei der Auswahl ging es uns nun weniger um Geschmacksfragen, sondern um pragmatische Gründe, die sich aus der Ensemblegröße auf der kleinen Kammeropernbühne und der Zusammensetzung des Jungen Ensemble ergaben. Der religiöse Aspekt wurde zur Zeit der Uraufführung von Rinaldo weggelassen. Inwiefern spielt dieser Gesichtspunkt in Ihrer Inszenierung eine Rolle? Einen Aspekt, den das Werk in sich birgt, auszuklammern, weil es Konventionen verletzen oder Gemüter beunruhigen könnte, halte ich für falsch. Theater ist ein Ort, wo relevante Themen verhandelt gehören und Positionen bezogen werden müssen. Das ist ein genuiner Teil des Theaters. Gerade heute, in der Zeit der modernen Kreuzzüge, wo Glauben und Überzeugungen instrumentalisiert werden, um unbeschreibliche Greueltaten zu rechtfertigen, darf die Verhandlung dessen kein Tabu sein. Doch stellt sich mir als Regisseurin natürlich die Frage der theatralischen Wirkung. Mir kommt vor, dass Händel bei Rinaldo eine interessante Gewichtung gelegt hat. Die Art, wie er die Charaktere behandelt hat, denen er in der Episode des Kreuzritters Rinaldo aus Ariosts Versepos Orlando furioso begegnet ist, ist sehr typisiert. Zunächst stellt er einen Konflikt von zwei sehr klar unterschiedenen Fronten dar. Die Christen ohne Fehl und Tadel kämpfen für die gute Sache und gegen Armidas Heer. Diese stark vereinfachte Zeichnung von Gut und Böse ist geschickt dramatisch wirksam gedacht, aber nicht als ein abwägender Diskurs über Prinzipien und Glauben. Malen Sie sich diese wunderbar kalkulierte Theatralik aus: Händel lässt Armida bei ihrer berühmten Auftrittsarie auf einem feuerspeienden Drachen erscheinen, umtost von den Furien der Hölle. Er wäre nicht Händel, wenn er nicht später den Bruch in ihrer Charakterisierung zeigen würde, und ihr mit „Ah crudel, il pianto mio“ einen Moment unendlicher Größe und Einsamkeit zugestehen würde. Das ist große Oper, Händel zeigt hier eine Bühnenfigur mythischer Größe, aber keine tagespolitisch übersetzbare Ideenträgerin. Sie haben vor der Saison angekündigt in Ihrem Regiekonzept Bezug auf die Ästhetik Alfred Hitchcocks zu nehmen. Können Sie den Prozess schildern, der sie darauf gebracht hat? Händel ist der Meister der barocken Illusion und Alfred Hitchcock der Master of Suspense. 200 Jahre liegen zwischen


DAS NEUE OPERNHAUS

ihnen und doch verbindet sie viel. Hitchcock und Händel waren beide imposante Erscheinungen – und das nicht nur aufgrund der durch und durch barocken Silhouette. Sie sind auch beide als Persönlichkeiten der Inbegriff eines Impressarios. Beide scheuten vor keinem finanziellen Risiko zurück, ihre Werke zu produzieren. Ihre Werke eroberten von London aus die Welt, beide sind Meister der Selbstvermarktung und beide waren bereits zu Lebzeiten hoch geehrt, liebten es mit Selbstzitaten zu spielen. Sie haben zudem beide ein unvergleichlich großes Oeuvre geschaffen: der eine 42 Opern, der andere 53 Filme. Rinaldo in der Rhetorik eines Hitchcock Klassikers zu erzählen, wurde genau durch die gerade erwähnte Unterscheidung in Gut und Böse ausgelöst. In Rinaldo verlaufen die Fronten beängstigend ungebrochen zwischen dem christlichen und dem heidnischen Lager. Es gibt Kreuzritter, Männer mit Auftrag, bewaffnet und dadurch, dass sie auf der „richtigen“, der christlichen Seite, stehen per se im Recht. Sie stehen für die gute Sache und sind bereit das Ziel ihrer Mission mit allen Mitteln zu verfolgen. In den vergangenen Jahren scheint es, dass im Opernregietheater vermehrt die Ästhetik des Films oder Stilelemente namhafter Filmregisseure zum Einsatz kommen. Kann man für zwei so unterschiedliche Genres wie Oper und Film überhaupt ähnliche Stilelemente anwenden? Es gab in der Kunst immer Zitate aus anderen Künsten. Ein Künstler, der seinen Ausdruck gefunden und einen Personalstil geprägt hat, ist nicht nur inspirierend, sondern er trägt auch viele Informationen – wenn man also etwa auf die Ästhetik Bergmans oder Jarmuschs anspielt, dann nimmt man ein ganzes Beziehungsgeflecht aus Informationen über Zeit, Person und Oeuvre mit hinein. Das kann sehr anregend sein. Was generell die Verwendung von Film betrifft, so ist

der entscheidende Unterschied, den das Medium Film gegenüber der Bühne hat, das geführte Auge des Betrachters. Oper ist die dichteste Kunstform, wenn man die permanenten parallelen Informationen ansieht. Der Opernbesucher hat auf einer breiten Bühne, die von Wort und Musik getragene Aktion eines Darstellers zu lesen, wohingegen sich eine Information im Film in einem Closeup, mit oder ohne Worte, mit oder ohne gezielt eingesetzter musikalischer Untermalung erklärt. Das hat eine andere Eindeutigkeit in der Aussagekraft. Die Prägnanz des gesprochenen Wortes, die technische Unbeschränktheit beim Herstellen von Illusion im Film, die Tatsache, dass man keine szenische Aktion live herstellen muss und sie vor allem nicht wiederholbar sein muss, all das zeigt, wie unterschiedlich diese Medien sind. In der Uraufführung gab es zahlreiche mechanische Spezialeffekte und eingefärbte lebende Sperlinge, die durch den Zuschauerraum flatterten. Werden in der Kammeroper auch Special Effects eingesetzt? Klar, die Barockoper war ein Spektakel voller Überraschungseffekte und Hitchcock hatte großen Spaß daran, seine Zuschauer zu verblüffen. Aber es gibt auch keinen James Bond-Film ohne Gimmicks, wir werden also unser Bestes tun. Das mit den Sperlingen war übrigens der Wahnsinn. Im Spectator gab es nach der Uraufführung einen Artikel, der die chaotische Zustände beschrieb, die die während der Vorstellung ausgelassenen Vögel verursacht haben. Sie flogen unentwegt durch das Theater und waren nicht mehr hinaus zu bekommen. Es heißt, man habe Angst gehabt, sie würden „an sehr falscher und ungeeigneter Stelle ihre Aufwartung machen. Ganz abgesehen von den Unannehmlichkeiten, die die Köpfe der Zuschauer zuweilen durch sie erleiden könnten.“

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Vorverkaufsstellen (buchbar bis 30.12.2014): TAGESKASSE THEATER AN DER WIEN Linke Wienzeile 6, 1060 Wien (Mo-Sa 10 -19 Uhr) TAGESKASSE WINTERPALAIS Himmelpfortgasse 8, 1010 Wien (tägl. 10 -18 Uhr) Preise in ¤: Kat. A 50,- | Kat. B 40,- | Kat. C 31,- | Kat. D 22,Info-Tel: 01/588 30-2903 | www.theater-wien.at Eine Kooperation zwischen Kammeroper und Belvedere

© Belvedere, Wien

Das Barock-Kombiticket umfasst je eine Eintrittskarte für Georg Friedrich Händels Oper Rinaldo (4.-30.12.14) in der Kammeroper sowie für die Ausstellung Martin Meytens der Jüngere (19.10.14 -15.2.15) im Winterpalais des Belvedere.


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ENSEMBLE NOVEMBER/DEZEMBER LES PÊCHEURS DE PERLES

Jean-Christophe Spinosi (Dirigent)

Lotte de Beer (Regie)

Diana Damrau (Leila)

Dmitry Korchak (Nadir)

Nathan Gunn (Zurga)

Nicolas Testé (Nourabad)

Della Miles (Eleanor)

Jacques-Greg Belobo (Clarence)

Claudio Otelli (Dr. Bloom)

AMERICAN LULU

Johannes Kalitzke (Dirigent)

Marisol Montalvo Kirill (Lulu) Serebrennikov (Regie, Ausstattung)

WEIHNACHTSORATORIUM

Erwin Ortner (Dirigent)

John Neumeier (Choreografie, Kostüme, Licht)

Lenneke Ruiten (Sopran)

Rolf Romei (Jimmy/Young Man)

Dmitry Golovnin (Painter)

Jane-Lynn Hans-Peter Steinbrunn Scheidegger (Professor/Banker) (Lulu-Double)

DIE LETZTE NACHT

Ann-Beth Solvang (Alt)

Andrew Tortise (Tenor)

Andrè Schuen (Bass)

Georg Wacks (Konzept, Regie, Mitwirkender)

Stefan Fleischhacker (Ausstattung, Mitwirkender)

Elena Schreiber (Mitwirkende)

Martin Thoma (Mitwirkender)

Christoph Wagner-Trenkwitz (Mitwirkender)

Colin Balzer (Demofonte)

Romina Basso (Cherinto)

Vittorio Prato (Matusio)

Nerea Berraondo (Adrasto)

DAS WAR’S, HERR DIREKTOR!

DEMOFONTE

Michael Heltau

Alan Curtis (Dirigent)

Aryeh Sylvia Schwartz Nussbaum Cohen (Dircea) (Timante)

Marie-Claude Chappuis (Creusa)

Matthew Brook (Bass)

KING ARTHUR

Robert King (Dirigent)

Carolyn Sampson (Sopran)

Rebecca Outram (Sopran)

Julie Cooper (Sopran)

Daniel Auchincloss James Oxley (Hoher Tenor) (Tenor)

Christiane Lutz (Regie)

Jake Arditti (Rinaldo)

Vladimir Dmitruk (Goffredo)

Gan-ya Ben-gur Akselrod (Almirena)

RINALDO

Rubén Dubrovsky (Dirigent)

Tobias Greenhalgh Natalia KawałekChristoph Seidl (Argante) Plewniak (Armida) (Mago)

I M PR E S S U M: Theater an der Wien – Intendant DI Roland Geyer | Medieninhaber/Herausgeber: Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H. | Generaldirektor Mag. Thomas Drozda Ein Unternehmen der Wien Holding | Theater an der Wien, Linke Wienzeile 6, 1060 Wien | Tel. (+43/1) 588 30-1010 | oper@theater-wien.at | www.theater-wien.at Für den Inhalt verantwortlich: Intendant DI Roland Geyer | Redaktion: Johannes Penninger | Grafik: Constanze Necˇas Theater an der Wien-Team: Karin Bohnert, Andrea Brandner, Sylvia Hödl, Franziska Korun, Sabine Seisenbacher, Claudia Stobrawa, Philipp Wagner, Ksenija Zadravec | Marketing & Produktion: Tina Reithofer Redaktionsschluss: 20. Oktober 2014 | Herstellung: Druck Styria GmbH & CoKG, Styriastraße 20, 8042 Graz | Änderungen und Irrtümer vorbehalten | DVR 0518751

B I LDNAC HWE I S: Cover: Plakatsujet © Jung von Matt // S. 5 Lotte de Beer © Peter M. Mayr // S. 7 Marisol Montalvo © Iko Freesedrama-berlin //S. 9 Weihnachtsoratorium © Holger Badekow // S. 10 Die letzte Nacht © Armin Bardel // S. 15 Junges Ensemble © Julia Wesely


5. NOVEMBER BIS 31. DEZEMBER DAS NEUE OPERNHAUS

Die letzte Nacht

Ein kabarettistisches Bacchanal zum 108. Jubiläum der „Hölle“ Konzeption und Regie: Georg Wacks | Mit Elena Schreiber, Stefan Fleischhacker, Martin Thoma, Georg Wacks, Christoph Wagner-Trenkwitz | Ensemble „Albero Verde“ Ausstellung: Marie-Theres Arnbom | 5. November 2014, 20:00 Uhr (Premiere) | 06. / 08. / 10. / 12. / 18. / 20. / 24. / 26. / 27. November 2014, 20:00 Uhr | Tickets: € 20

Les Pêcheurs de Perles

Oper von Georges Bizet Dirigent: Jean-Christophe Spinosi | Inszenierung: Lotte de Beer | Mit Diana Damrau, Dmitry Korchak, Nathan Gunn, Nicolas Testé ORF Radio-Symphonieorchester Wien | Arnold Schoenberg Chor | 16. November 2014, 19:00 Uhr (Premiere) | 19. / 22. / 25. / 28. / 30. November 2014, 19:00 Uhr Tickets: € 145 | 124 | 98 | 87 | 66 | 46 | 24 | Einführungsmatinee: 16. November 2014, 11:00 Uhr | Tickets: € 5

Von und mit Michael Heltau: Das war’s, Herr Direktor! Arrangements und musikalische Leitung: Tscho Theissing 21. November 2014, 19:30 Uhr | Tickets: € 51 | 43 | 35 | 30 | 25 | 17 | 11

Demofonte

King Arthur

Oper von Henry Purcell (konzertante Aufführung) Dirigent: Robert King | Mit Carolyn Sampson, Rebecca Outram, Julie Cooper, Daniel Auchincloss, James Oxley, Matthew Brook | The King’s Consort Choir of The King’s Consort | 29. November 2014, 19:00 Uhr | Tickets: € 73 | 61 | 48 | 38 | 28 | 20 | 13

Rinaldo

Oper von Georg Friedrich Händel Dirigent: Rubén Dubrovsky | Inszenierung: Christiane Lutz | Mit Jake Arditti, Vladimir Dmitruk, Gan-ya Ben-gur Akselrod, Tobias Greenhalgh, Natalia KawałekPlewniak, Christoph Seidl | Bach Consort Wien | 4. Dezember 2014, 19:00 Uhr (Premiere) | 06. / 10. / 12. / 16. / 21. / 22. / 28. / 30. Dezember 2014, 19:00 Uhr 14. Dezember 2014, 16:00 Uhr | Spielort: Kammeroper | Tickets: € 51 | 40 | 29 | 19 | Einführungsmatinee: 23. November 2014, 11:00 Uhr | Tickets: € 5

American Lulu

Oper von Olga Neuwirth Dirigent: Johannes Kalitzke | Inszenierung: Kirill Serebrennikov | Mit Marisol Montalvo, Della Miles, Jacques-Greg Belobo, Claudio Otelli, Rolf Romei, Dmitry Golovnin, Hans-Peter Scheidegger, Frank Baer, Jane-Lynn Steinbrunn, Horst Lamnek | Orchester der Komischen Oper Berlin | 7. Dezember 2014, 19:30 Uhr (Premiere) 09. / 11. Dezember 2014, 19:30 Uhr | Tickets: € 130 | 108 | 85 | 73 | 55 | 38 | 19 | Einführungsmatinee: 7. Dezember 2014, 11.00 Uhr | Tickets: € 5

Portraitkonzert Viktorija Bakan

15. Dezember 2014, 19:30 Uhr | Klavier: Marcin Koziel | Spielort: Kammeroper | Tickets: € 10

Weihnachtsoratorium

Ballett von John Neumeier | Musik von Johann Sebastian Bach | Hamburg Ballett Dirigent: Erwin Ortner | Choreografie, Kostüme, Licht: John Neumeier | Mit Lenneke Ruiten, Ann-Beth Solvang, Andrew Tortise, Andrè Schuen | Wiener KammerOrchester | Arnold Schoenberg Chor | 17. Dezember 2014, 19:00 Uhr (Premiere) | 18. / 19. / 20. Dezember 2014, 19:00 Uhr | Tickets: € 118 | 98 | 78 | 62 | 48 | 31 | 14

Silvesterkonzert im Theater an der Wien

Richard Wagner – eine Filmbiographie | Mit Musik von J. Haydn, W.A. Mozart, L. van Beethoven, G. Rossini und G. Becce zum Stummfilm von Carl Froelich (1913), rekonstruiert von Bernd Schultheis (2013) | Dirigent: Constantin Trinks | Angela Denoke singt „Vier letzte Lieder“ von Richard Strauss ORF Radio-Symphonieorchester Wien | 31. Dezember 2014, 19:30 Uhr | Tickets: € 80 | 65 | 55 | 45

Silvester in der Kammeroper

Na, wie Hamas | Mit Georg Breinschmid, Tommaso Huber, Sebastian Gürtler 31. Dezember 2014, 20:00 Uhr | Tickets: € 51 | 40 | 29 | 19

KARTEN

Freier Vorverkauf an der Tageskasse im Theater an der Wien und am Wien-Ticket Pavillon sowie per Telefon und Internet.

FÜHRUNGEN

19. & 26. 11., 10. 12. jeweils 16.00 Uhr Dauer: 1 Stunde | Preis: ¤ 7.-/5.- (ermäßigt)

Schriftliche Bestellungen: Theater an der Wien, Linke Wienzeile 6, 1060 Wien

Schulklassen: ¤ 3.- | Kinder unter 6 Jahren frei

Tageskassen: Theater an der Wien: Linke Wienzeile 6, 1060 Wien | Mo-Sa 10-19 Uhr Wien-Ticket Pavillon: Karajan-Platz (neben der Staatsoper) | tägl. 10-19 Uhr

fuehrungen@theater-wien.at

Internet: www.theater-wien.at (Online-Bestellungen nur mit Kreditkarte) Ö1 Clubmitglieder erhalten für hauseigene Produktionen auf maximal zwei Karten pro Vorstellung eine Ermäßigung von 10%. Abonnement: Das Abonnementprogramm senden wir Ihnen auf Bestellung gerne kostenlos zu. Änderungen der Vorstellungszeiten, Preise, Preiskategorien, Öffnungszeiten sowie Besetzungen vorbehalten.

Kartentelefon: täglich 8 bis 20 Uhr

20

Hauptsponsor

Information: +43-1-58830-2015 oder

KlangBlatt 7/2014 | Sponsoring Post | Verlagspostamt 1060 Wien | DVR 0518751 | GZ 03Z034773 S

Oper von Christoph Willibald Gluck (konzertante Aufführung) Dirigent: Alan Curtis | Mit Aryeh Nussbaum Cohen, Sylvia Schwartz, Marie-Claude Chappuis, Colin Balzer, Romina Basso, Vittorio Prato, Nerea Berraondo | Il Complesso Barocco | 23. November 2014, 19:00 Uhr | Tickets: € 73 | 61 | 48 | 38 | 28 | 20 | 13


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