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Revitalisierung und Annäherungsprozess

Dietlinde Turban Maazel Im Gespr Ch Zu 1984

Sie ist eigens zur Premiere von 1984 von Virginia, USA, nach Regensburg gereist und begleitete die Endprobenwoche der Operninszenierung mit begeistertem Interesse. Dietlinde Turban Maazel ist Schauspielerin und Musikerin, sie spielte an großen Häusern wie dem Residenztheater München oder am Theater in der Josefstadt Wien, hatte Filmrollen an der Seite von Audrey Hepburn oder Anthony Hopkins und war in vielen Fernsehfilmen zu sehen, bis sie ihre Karriere nach der Heirat mit Lorin Maazel in den Dienst der Familie und der Kunstvermittlung stellte, ohne ihr eigenes Leben aus dem Blick zu verlieren. Sie ist also viel mehr als nur die Witwe eines weltberühmten Dirigenten, Musikers und Komponisten. Aber sie ist auch die Sachwalterin seines Vermächtnisses.

Viele Jahre lagerten Kostüme und Bühnenbild der ersten 1984-Inszenierung in zwei Scheunen auf ihrem Grund in den USA. Dort war auch die Partitur eingelagert, die nun nach gut zweijährigen Annäherungen und Vorbereitungen in einer sensiblen Umschreibung für ein mittelgroßes Orchester in Regensburg zu erleben ist. „Als mich die ersten Anfragen von Herrn Ritschel, das Werk in Deutschland aufführen zu dürfen, erreichten, war ich sehr, sehr zögerlich. Aber mein Sohn, der bei der Uraufführung 15 Jahre alt war, war sehr dafür. Und Herr Ritschel war sehr beharrlich, charmant, aber beharrlich“, gesteht sie lachend. „Die Oper 1984 ist die Kulmination dessen, was mein Mann schaffen wollte", sagt Dietlinde Turban Maazel im entspannten Gespräch auf dem Bismarckplatz, drei Tage vor der Premiere, „der Kernpunkt seines Lebens und sein Vermächtnis gleichermaßen.“ Die Uraufführung in London hat Maazel selbst dirigiert. „Er fand es wahnsinnig schwierig, seine eigene Musik zu dirigieren. Nicht wegen der Musik, die ist zwar schwierig, aber das war nicht das Problem. Es war der Rollenwechsel, der ihn herausforderte,“ berichtet sie. Dieselbe Produktion kam auch in Mailand und Valencia zur Auf-

1984 (DE)

führung. Danach verschwand die Inszenierung komplett in Kisten und Kästen und die Oper geriet beinahe in Vergessenheit. Immerhin gab es wenigstens eine Version auf DVD, meisterhaft gefilmt von Brian Large.

Die jetzige Uraufführung der reduzierten Fassung sieht Dietlinde Turban Maazel als „Revitalisierung und Annäherungsprozess“ gleichermaßen. „Er war seiner Zeit musikalisch voraus. Damals hatte man noch so rigide Vorstellungen von neuerer Musik, die musste genau so und so sein. Und daran hat er sich kompositorisch nicht gehalten. Aber nun ist die Zeit durchlässiger geworden.“ Maazel sagte selbst „dass man mein Werk erst nach meiner Lebenszeit verstehen wird – noch nicht jetzt,“ berichtet seine Witwe. Und weiter: „Ich kann dem Theater Regensburg nicht genug dafür danken, mich davon überzeugt zu haben, dass 1984 durch eine sanft angepasste Partitur für ein mittelgroßes Orchester ein neues Leben erhalten wird – und muss! Es ist eine Tragik, dass Lorin das selbst nicht mehr erleben darf – das hätte ich ihm so gewünscht – aber der Zeitpunkt dieser Wiederauflebung ist perfekt, die Welt braucht jetzt diese Botschaft!“

Oper in drei Akten | Musik von Lorin Maazel | Libretto von J. D. McClathy und Thomas Meehan | Basierend auf dem Roman 1984 von George Orwell | in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln | Einrichtung von Norbert Biermann im Auftrag des Theater Regensburg | MUSIKALISCHE LEITUNG Tom Woods | INSZENIERUNG Sebastian Ritschel | BÜHNE Kristopher Kempf | KOSTÜME Sebastian Ritschel | CHOREINSTUDIERUNG Alistair Lilley / Matthias Schlier | VIDEO Sven Stratmann | CHOREOGRAFIE Gabriel Pitoni | SOUNDDESIGN Alex Konrad |

Ronny

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