Kultur 25
CREAZIUN – MOT TO MIT GESCHICHTE Silvia Cantieni // Er ist Zuckerbäcker. Ein weitgereister dazu. Und immer gut für eine neue Kreation. Peder Benderer aus Sent führt seine Bäckerei/Konditorei in dritter Generation. Alles Zuckerbäcker? Wer süssen Versuchungen nicht abgeneigt ist, kreiert eigene Köstlichkeiten in der heimischen Backstube. Oder sucht nach Spezialitäten, zum Beispiel beim bekannten Unterengadiner Zuckerbäcker aus Sent. Peder Benderer aus der dritten Familiengeneration backt Brot, die geschäftliche Basis, und ein wahrhaft noch erfolgreicheres Business betreibt er als Zuckerbäcker, als einer, der kurz (aus-)gewandert ist, um mit neuen Ideen wieder heimzukehren und zu verblüffen. «Es war eine bedächtige, aufschlussreiche Wanderung, die ich während 20 Tagen 1999 nach Italien unternommen habe», sagt Benderer, «und es war der Grundstein für meinen heutigen Geschäftserfolg.» Süssigkeiten zum Anbeissen Peder Benderer und sein Team haben den Hauptsitz in Sent (mit Laden). Zudem werden ein Café mit Laden und eine kleinere Filiale dazu in Scuol betrieben. Der Chef, zurückhaltend, leise, mit wachen Augen – ein Blender ist er nicht.
Fluors engiadinaisas, rodas engiadinaisas, pan engiadinais, Zuckerbäcker-Nusstorte – Süssigkeiten zum Anbeissen. Oder die Tuorta d’ Odessa, die in der ukrainischen Hafenstadt entstanden ist. Auch im Osten waren früher Bündner Zuckerbäcker anzutreffen, genauso wie in Italien. Dorthin verschlug es Peder Benderer 1999, von Sent nach Firenze zu Fuss in 20 Tagen. Auf den Spuren seiner Vorfahren suchte Peder Benderer seine Zukunft. Konkrete Rezepte fand er nicht, selbst die Florentiner seien in Florenz nicht besser, befand der neugierige Zuckerbäcker. «Die Qualität eines Werks, ob monumentale Steinfigur von Michelangelo oder kleines Gebäck, ergibt sich aber dann, wenn es grosszügig gedacht und mit ganzer Sorgfalt geschaffen wird.» Hoher Anspruch Creaziun war fortan Benderers Stichwort. «Ich brauche es seither für mein Handwerk als Zuckerbäcker nicht beiläufig, sondern im Sinne eines hohen Anspruchs.» Das Resultat der Reise lässt sich sehen. Nicht nur die Produk-
Der Zuckerbäcker: Peder Benderer wandert und kehrt heim mit neuen Ideen. (Bild Dominik Täuber)
tideen, auch eine Haltung, geprägt von Langsamkeit und Aufmerksamkeit als Voraussetzung für kreatives Herstellen und kreatives Geniessen, sind Benderer eigen, «schrittweises Vorangehen und genaues Hinsehen», wie er unterstreicht. «Randulins» (dt. Schwalben), Geschichte von ausgewanderten und heimgekehrten Zuckerbäckern (und anderen Berufsleuten), prägt Gegenwart und Zukunft, gerade im Unterengadin.