Magisterarbeit

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2. Politisches Theater Diesem Kapitel ist vorauszuschicken, daß es zu großen Teilen auf der deutschen Theatergeschichte basiert. Im Bezug auf Estland scheint die Behandlung des Themenkomplexes 'politisches Theater' damit vielleicht zu fokussiert auf den nächstliegenden nationalen Bereich. Genau betrachtet stammen aber international einflußreiche Theorien und Arbeitsweisen zum politischen Theater aus Deutschland, man nehme Erwin Piscator und Berthold Brecht. Außerdem ist die Internationalisierung und Globalisierung der

Theaterwelt

durch

Stückübersetzungen,

international

arbeitende

Theatermacher und internationale Festivals gegeben und rechtfertigt so die große Zahl deutscher Beispiele.

2.1 Definition „Der Begriff des politischen Theaters bzw. Dramas, wie er in der Literatur- und Theaterkritik, aber auch in der wissenschaftlichen Diskussion gebraucht wird ist mehrdeutig und unscharf.“2

Mit dieser Feststellung beginnt Peter Langmeyer seinen Artikel zur Definition des politischen Theaters. Auch an dieser Stelle soll – mit Hilfe Langmeiers – versucht werden, diesen unscharfen Begriff besser zu umreißen und ihn als feste Diskussionsgrundlage nutzbar zu machen. Das Wort 'politisch' läßt sich im Bezug auf ein Stück auf mehrere Arten verstehen: erstens im Bezug auf den Stoff bzw. das Thema; zweitens kann es sich auf Wirkungsabsicht und Zweck beziehen3, von der die tatsächliche Wirkung allerdings unterschieden werden muß; drittens kann der Ausdruck „nämlich auch so verwendet werden, daß er keine Substanz hat, sondern eine Funktion oder Modalität bezeichnet.“4

2 Langmeyer, Peter: “Politisches Theater“. Versuch zur Bestimmung eines ungeklärten Begriffs – im Anschluß an Erwin Piscators Theorie des politischen Theaters. IN: Turk, Horst (Hg.): Aspekte des politischen Theaters und Dramas von Calderón bis Georg Seidel – deutsch-französische Perspektiven. Bern: 1996. S. 9-41. S. 9. 3 „'Politisch'[...] ist eine Intention, die in die Wirklichkeit eingreifen will, sei es um die bestehende politische Ordnung zu legitimieren und zu stabilisieren, sei es um sie zu kritisieren und zu verändern.“ Langmeyer: S. 9. 4 Langmeyer: S. 9f.

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