Bäumlin+John AG, Jahrbuch 2017

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Liebe Leserinnen, liebe Leser Als junger Architekturstudent hatte ich – wie so viele meiner Kolleginnen und Kollegen – vor allem eines im Sinne: den Entwurf. Unzählige Stunden trieben wir uns mit Papier, Stift und Geodreieck herum, skizzierten, verwarfen, begannen von Neuem. Wir freuten uns über glückliche Einfälle, bangten vor dem leeren Blatt Papier (und dem vollen Papierkorb), rangen mit einem ‹pièce de résistance› und setzten uns mal selbstbewusst, mal von Selbstzweifeln geplagt der Kritik meiner Mutter, unserer Assistenten und Professoren aus. Bald lernten wir, dass die Baukunst vielen Vorgaben und Zwängen ausgesetzt ist: gesellschaftlichen, ökonomischen, konstruktiven, funktionalen. Und doch – oder gerade deshalb – birgt sie immer wieder Momente des Glücks. Meist dann, wenn es gelingt, einem Bau eine be­sondere gestalterische Qualität zu verleihen, die ihn über das rein Zweckhafte und das bereits Bekannte hinaushebt. Heute nimmt der Entwurfsprozess in unserem Büro noch rund 10 bis 20 Prozent der Aktivitäten ein. Er bleibt aber das Herzstück – und eine Herausforderung. Im ersten Teil dieses Jahrbuchs geben wir Ihnen einen Einblick in diesen Prozess: in die Suche nach Funktionen und Formen, Materialien und Farben, ins Spiel mit Variablen und Möglichkeiten. Im zweiten Teil präsentieren wir Ihnen sechs Bauprojekte, die wir jüngst realisieren durften sowie Kurzporträts aller Projekte aus dem Jahr 2017. Bei all diesen Projekten haben uns zahlreiche Partner unterstützt. Ihnen möchte ich danken für die gute und professionelle Zusammenarbeit. Mein Dank gilt auch unserem Team, das mit seinem grossen Einsatz und Know-how den Erfolg unseres Büros ermöglicht, sowie den Bauherren, die uns ihr Vertrauen schenken und die Möglichkeit geben, das zu tun, was uns seit der Ausbildung am Herzen liegt: gute hochwertige Architektur.

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Daniel John Bäumlin+John AG


Nicole Bachofer

Jonas Bernet

Viktor Bäumlin

Beatrice Bender

Pia Bürgi

Valmir Elshani

Marina Erdin

Roger Furrer

Kristian Gross

Thomas Güntert

Samina Güntert

Jenny Hensellek

Lorenz Herzog

Eva Hillberg

Raffael Hänny

Lea Hüsler 6


7

Alma Islamagic

Daniel John

Tanja John

Regula John Egger

Lukas Karpstein

Timo Keller

Nils Kramer

Nico Leubin

Daniel Lüthy

Rahel Marending

Thomas Müller

Horst Pohl

Thomas Stegner

Beatrice Toth Mauch

Patricia Tuor

Markus Vögeli



Bäumlin+John Entwurfsprozesse: Suche nach Funktion und Form


Continum, Halle, Raum an Raum, Gang Am Anfang einer Bauplanung steht das Raumprogramm. Es wird durch den Bauherrn zusammen­ gestellt und dient dem Architekten in Form einer tabellarischen Auflistung der Räume oder eines BlasenDiagramms als erste Orientierung für den Gebäudeentwurf. Dabei können jedem Raum nutzungs­abhängige Attribute zu­geordnet werden. Die Bemessung, Gliederung, Fügung und formale Gestaltung des Raums folgt in der modernen Architektur den vor­definierten Nutzungen (‹form follows function›). Ein Verzicht auf Ästhetik ergibt sich daraus aber nicht, denn auch Ornamente, Symbolik oder Design können eine Funktion ein­nehmen, insbesondere bei Wohnund Repräsentationsbauten.

Wohnen / Schlafen Nasszellen

Erschliessung Nebenräume

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Funktion






Block, Scheibe, Punkt, Teppich, Reihe Jede Funktion kann mehr als nur eine Gestalt annehmen. Es ist die Aufgabe der Architektur (lateinisch architectura = Baukunst), Grundrisse, Volumen, Formen und Proportionen festzulegen. Dabei richtet sie sich nicht allein nach der Funktionalität aus, sie orientiert sich auch an ‹externen› Parametern wie Parzellenform, Parzellengrösse, Umgebung, Sicherheit, Klima und Budget sowie an typologischen Formen von Bauwerken (Bungalow, Reihenhaus, Terrassenhaus) und Bauteilen (Flachdach, Laubengang, Kastenfenster), die ihrerseits Ausdruck der jeweiligen Kultur und der zur Verfügung stehenden Materialien sind.

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Form / Volumen






Holz, Beton, Naturstein, Stahl, Ziegel Ein Gebäude wird massgeblich von seiner Materialisierung geprägt. Das Material ist nicht nur ein notwendiger Baustoff, sondern auch Vermittler von Sensationen (visuellen, taktilen, olfaktorischen, haptischen Reizen) und Emotionen. Je nach Materialität kann ein Bau verschlossen und schwer wirken oder transparent und leicht, er kann Kühle und Sachlichkeit vermitteln oder Wärme und Gemüt­lich­keit – gegen innen wie gegen aussen. Möglich sind auch Kombinationen: Der Bau gibt sich gegen aussen kühl und ab­weisend, strahlt im Innern aber Wärme aus. Farben können die Wirkung des Materials verstärken, schwächen oder konterkarieren.

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Material / Farbe





Ausgewählte Projekte

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Projekt und Ausführung Erweiterung Unterdorf Unterdorf, 5073 Gipf-Oberfrick Auftraggeber JKB Immobilien AG

Gipf-Oberfrick hat sich vom Bauerndorf zu einer begehrten Wohngemeinde entwickelt. In den letzten 20 Jahren ist die Einwohnerzahl von 2 300 auf 3 500 gestiegen. Trotz der rasanten Entwicklung hat das Dorf seinen kulturellen Charakter bewahrt. Das Unterdorf beherbergt eine Vielzahl von gut erhaltenen Gebäuden, deren Geschichte teilweise bis ins 16. Jahrhundert reicht. Stattliche Bauernhäuser, Scheunen und Obstbäume prägen noch heute das Ortsbild, obschon die Landwirtschaft aus dem Dorfkern ausgezogen ist und nur noch einen margi­nalen Teil der Bewohner beschäftigt. An diesem bäuerlichen Erbe orientiert sich auch die Überbauung ‹Unterdorf›: In ihrer lockeren Anord­nung und mit ihren steilen Satteldächern sowie den vorspringenden Balkonen und den schmalen, hohen Fenstern nehmen die vier Mehrfamilien­ häuser Bezug auf die umgebenden Bauernhäuser, während die vertikale dunkle Holzverkleidung an die grossen alten Scheunen verweist. Im Bereich der Zufahrt zur Überbauung erinnert eine mächtige alte Linde an die vergangene Hofnutzung. Ihretwegen wurde eines der Häuser um ein paar Meter nach hinten gesetzt. Die drei Neubauten bilden zusammen mit dem zwischen 2010 und 2011 gebauten Haus A ein architektonisches Ensemble auf einer parkähnlich gestalteten und verkehrsfreien Grünfläche. Die Häuser sind durch Gehwege miteinander verbunden und verfügen über einen gemeinsamen Spiel- und Bewegungsplatz. Erschlossen werden sie von einer zentralen Einstellhalle unterhalb des Parks, die an die bestehende Tiefgarage (Haus A) angebaut wurde. Im Untergeschoss sind auch die Keller- und Technikräume sowie der

Veloabstellraum untergebracht. Im vorderen Bereich der Siedlung wird man von einer klassischen Vorgartensituation mit kleinkronigen Bäumen, beschatteten Sitzbänken und Besucherparkplätzen empfangen. Die Erschliessung der Wohnungen im Haus C erfolgt über ein Treppenhaus, das frontseitig komplett verglast ist und von Holzstelen beschattet wird. Die anthrazitfarbige Holzkonstruktion in der Mitte des Gebäudes gibt der Fassade eine interessante Struktur und schafft zugleich einen Bezug zur gleichfarbigen Holzverkleidung der hinteren Häuser (B und D). Deren dunkles Kleid kontrastiert scharf mit den blütenweissen Fenster­ zargen, Storen und Loggias – was der Siedlung einen frischen, modernen Touch verleiht. In den drei Neubauten sind insgesamt 20 Eigen­ tumswohnungen (2,5 bis 4,5-Zimmer) mit sehr unterschiedlichen Grundrissen untergebracht. Die Wohnungen im Erdgeschoss verfügen über einen eigenen Gartenteil und einen gedeckten Sitzplatz; im ersten und im zweiten Obergeschoss können die Bewohnerinnen und Bewohner eine gedeckte Loggia nutzen; die DachmaisonnetteWohnungen (2.OG) sind zudem mit einer offenen Galerie ausgestattet, die den individuellen Bedürfnissen angepasst und beispielsweise als Hobbyraum, Estrich oder Spiel-Raum eingerichtet werden kann. Weil sich die Wohnungen mit ihren Loggias und Sitzplätzen zum Park hin aus­richten und von der Strasse abwenden, dringt kaum Strassenlärm ein. Gleichzeitig wird so das Gemeinschaftliche gestärkt. Man fühlt sich ‹im Dorf›, ohne ausgestellt zu sein.

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Grundriss EG

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955

Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Widengasse 20/22, 5070 Frick Auftraggeber Joma Immobilien AG

Mitten in Frick, zwischen der Hauptstrasse und der Widengasse, gab es dieses unscheinbare, mit Büschen und Bäumen überwachsene Grundstück, das im Dornröschenschlaf zu stecken schien. An der oberen Hangkante wird es von zwei alten Bauernhäusern gesäumt, im Osten grenzt es an ein Reihenhaus aus den 1980er-Jahren. 2008 erwarb die JOMA Immobilien AG das Brachland mit dem Ziel, darauf ein Gebäude mit 26 Mietwohnungen und Gewerberaum zu erstellen. Im Fokus hatten die Bauherren insbesondere Singles und ältere Menschen, die gerne zentrumsnah wohnen. Deshalb setzten sie auf eher kleine Wohn­einheiten: 19 der 25 Wohnungen sollten über zweieinhalb oder dreieinhalb Zimmer verfügen, fünf Wohnungen über je viereinhalb Zimmer und eine Wohnung (Attika) über fünfeinhalb Zimmer. Ausserdem strebten die Bauherren ‹mittelpreisige› Mieten an, was eine kompakte Bauweise und eine optimale Ausnutzung der Parzelle erfordert. Gleichzeitig sollte der Bau generös, elegant und leichtfüssig wirken. Um all dies unter einen Hut zu bekommen, griffen die Architekten von Bäumlin+John zu verschiedenen ‹Tricks›: So versahen sie das Haus mit mal minimalen, mal auffällige Knicken. Dadurch gibt sich der Bau schlank und dynamisch. Auch liess sich so ein Grossteil des alten Baumbestandes auf der Südwestseite erhalten. Die Bewohner sind hier von hohen Laub- und Nadelbäumen umgeben. Luft und Leichtigkeit wird dem Bau durch die 5 Meter weiten Auskragungen auf der West- und Frontseite zuteil. An der Front sind sie gar freischwebend, das heisst: frei von jeder Stütze. Das ästhetische Erlebnis ist grandios. Doch es erforderte zahlreiche

Sitzungen mit Statikexperten und viel Rechenarbeit. Schliesslich fand man eine bestechende Lösung: Zwei parallel angeordnete Stahlbetonstützen führen nun von der unteren Kante der Auskragung quer durchs Gebäude bis zum Dach, wo sie in der obersten Betondecke eingebunden sind. Die Stützen ziehen sich also auch durch einige Wohnungen, wo sie – je nach Empfinden - als ‹quere Raumteiler› oder ‹weisse Skulptur› in Erscheinung treten. Als weiteres interessantes Gestaltungselement kommen die grünen ‹Balkon-Boxen› hinzu, die als Stahlkonstruktion an der Fassade angehängt sind. Die 19 identischen Boxen von 4 mal 3 Meter sind auf den drei Etagen versetzt zueinander angeordnet, was ein spannendes Fassadenbild, aber auch zusätzliche Privatsphäre schafft. Gestärkt wird diese durch die spezielle Beschaffenheit der seitlichen Streckmetallgitter: Sie schützt vor Einblicken, gewährt gleichzeitig aber eine gute Aussicht. Eine besondere Aussicht bieten die um den Innenhof gruppierten Wohnungen. Von den Badezimmern aus blickt man auf Kletterpflanzen, die vom Boden über feine, harvenartig ausgelegte Stahlseile bis auf Dachhöhe steigen. Über den Hof gelangt zudem viel Tageslicht in die Wohnungen und die beiden Treppenhäuser. Nachts und in der Dämmerung bekommen die Treppenhäuser ihr Licht von einer ‹Leuchtleiter›, die im Treppenauge vom UG bis ins Attika reicht. Mit seinen ausgeklügelten Details und eigenwilligen Formen demonstriert dieser Bau, dass mittelpreisige Mieten und hochwertige Architektur sehr wohl zusammenpassen.

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Schnitt

Grundriss EG

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Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Steig Steig 10, 5082 Kaisten Auftraggeber JKB Immobilien AG

Die ‹Steig›-Parzelle in Kaisten bot sich mit ihrer steilen Böschung und westlichen Ausrichtung ideal für eine Terrassenüberbauung an: Sie liegt unterhalb einer Quartierstrasse (Steig) und wird an der untersten Linie von einem Bach mit natürlichem Ufergehölz begrenzt. Für die Bauleitung aber erwies sich die Lage als knifflig. Denn die Platzverhältnisse auf der Baustelle waren äusserst eng: Von unten und von den Seiten (bestehende Einfamilienhäuser und Gärten) her war kein Zugang möglich, es blieb einzig die Steigstrasse – und diese musste für den Quartierverkehr jederzeit durch­ gängig bleiben. Erschwerend kam hinzu, dass die Baugrube gleich neben der Strasse vorgesehen war. Dank einem minutiösen Terminplan und der Bereitschaft der Nachbarn, auf ihrem Grundstück einen provisorischen Parkplatz für die beteiligten Baufirmen einzurichten, konnte das Projekt aber ohne Zeitverzögerungen und Störungen realisiert werden. Die ‹Steig› ist als Doppel-Terrassenhaus mit insgesamt acht Wohnungen konzipiert. Auf der Rückbzw. Strassenseite der zwei gespiegelten Häuser sind je vier Garagen angeordnet. Zwischen den Baukörpern gelangt man über ein paar Treppenstufen oder einen rollstuhlgängigen Weg in einen unbeheizten Erschliessungstrakt mit Liftund Treppenanlage. Zu beiden Seiten hin führen überdachte Laubengänge in die Wohnungen. Diese sind jeweils um eine halbe Etage versetzt zu­einander angeordnet, weil die zwei Häuser dem Niveau der leicht ansteigenden Strasse folgen: Haus B liegt rund eineinhalb Meter höher als Haus A. Die Differenz schafft insbesondere auf den Terrassen zusätzliche Privatsphäre.

Rückseitig sind die Wohnungen alle auf derselben vertikalen Linie angeordnet, auf der Vorderseite aber gewinnen sie – dem natürlichen Hang folgend – auf jeder Unteretage an Grösse: Das Raum­ programm reicht von 2,5 Zimmern (3.OG) bis zu 4,5/5,5 Zimmern (EG/1.OG). Das Erd- und das Obergeschoss verfügen zudem über interne Kellerräume. Im Grundriss sind sich die Wohnungen sehr ähnlich. Im vorderen Bereich ist jeweils ein offener Küchen-/Ess-/Wohnraum untergebracht, mit einer raumhohen, fast durchgängigen Fensterfront auf der Westseite. Über eine Schiebetüre gelangt man hier auf eine grosszügige Terrasse (bzw. einen Aussenplatz im EG mit direktem Bachanstoss), die eine wunderbare Aussicht auf den Kaisterberg bietet. Im hinteren Bereich sind zum Erschliessungstrakt hin der Eingangsbereich, die Nasszellen und ein Büro-, Ankleide- oder Réduitraum ange­ ordnet und an den Aussenseiten die Schlafzimmer. Auf den oberen Etagen nimmt das (hintere) Raumprogramm entsprechend den Wohnungsgrössen ab: statt 3 Schlafzimmer (EG/1.OG) bietet die Attikawohnung nur 1 Schlafzimmer; im vorderen Bereich hingegen sind die Wohnungen nahezu identisch. Auffallend an dieser Überbauung sind der hohe Ausbaustandard und die grosszügig bemessenen Innen- und Aussenräume. So erstreckt sich beispielsweise die Terrasse im 1. OG über rund 54 Quadratmeter. Auch gefällt, wie sich der Bau harmonisch in den Hang und die Siedlungssituation fügt. Als erstes Terrassen-MFH in Kaisten könnte die ‹Steig› zu einem Wegweiser werden für verdichtetes Bauen an den vielen Hängen dieses Dorfs.

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Schnitt

Grundriss EG

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1019

Projekt und Ausführung Einbau Wohnungen in denkmalgeschützten Batahallen Bata-Park, 4313 Möhlin Auftraggeber Bata-Park AG

Der Bata-Park in Möhlin ist ein geschichts­ trächtiges Areal. In den 1930’er-Jahren liess hier der tschechische Schuhfabrikant Tomas Bata eine Produktionsstätte erstellen, die nicht nur Fabrikhallen, sondern auch Wohn- und Erholungseinrichtungen für die Angestellten umfasste. Fast 60 Jahre lang hielt die Schuhfabrik ihren Betrieb in Möhlin aufrecht, doch 1990 musste sie die Pforten schliessen. Die Vision von Tomas Bata aber lebt weiter. Die Jakob Müller AG, seit 2005 im Besitz des Bata-Parks, strebt auf dem Areal eine «gute Durchmischung von Wohnen und Gewerbe, Erholung und Produktivität» an. Das bestehende Ensemble soll erhalten und saniert werden, während um den Park neue Wohnbauten entstehen. Nach der Renovierung des ‹Clubhauses› ist nun ein weiterer Meilenstein hinzugekommen: Die Industriehallen 1 und 2 wurden rundum erneuert und mit 50 Mietwohnungen (2,5 bis 5,5-Zimmer) sowie 8 Ateliers ausgestattet. Die Mieterschaft bekommt in den 3,80 Meter hohen Räumen den Charme einer Industrieloft mit dem Komfort einer zeitgemässen Wohnung geboten. Zuvor galt es grosse Herausforderungen zu meistern. Die zwei dreigeschossigen Hallen sind denkmalgeschützt. Von den Türklinken bis zur Farbe des Fensterkitts ist an der bestehenden Bausubstanz alles geregelt. Es galt also Lösungen zu entwickeln, die sowohl den Ansprüchen der Mieterschaft wie auch der Kantonalen Denkmalpflege gerecht werden. Als besonders knifflig erwies sich die Wärmedämmung. Eine Aussendämmung kam nicht infrage, weil sie den Charakter der rohen Backsteinfassade zu sehr verändert hätte. Auch eine Innendämmung liess sich nicht reali­

sieren: Dazu hätte man die feingliedrigen MetallFensterrahmen und die Einfach-Verglasungen durch ‹fremdartig› Materialien ersetzen müssen. Die Lösung fanden die Architekten in einem ‹Hausin-Haus›-Konzept. Knapp 80 Zentimeter hinter der Fassade liessen sie eine zweite Fassade erstellen, die grösstenteils aus raumhohen Fenstern besteht und vor den Wohnungen unbeheizte Laubengänge schaffen. Im Gegenzug genehmigte die Denk­ malpflege den Einbau von Storen an der Fassade. Ohne Sonnenschutz wären die Hallen im Sommer kaum bewohnbar. Ansonsten unterzog man die Fassaden lediglich einer sanften Sanierung. Es wurden einzelne Backsteine sowie zahlreiche kaputte Fenster ersetzt und, wo nötig, Betonelemente originalnah re­pro­filiert. In Zusammenarbeit mit Experten ist es ausserdem gelungen, unter einem halben Dutzend Farbanstrichen von früheren Sanierungen die Originalfarbe der Tür- und Fensterrahmen zu eruieren: ein schlichtes Taubenblau. Der neue Anstrich in originaler Farbgebung sorgt nun für ein einheitliches Fassadenbild. Grössere Eingriffe erforderte der Innenausbau. Die technischen Anlagen wurden vollständig ersetzt und sämtliche Leitungen in die Böden verlegt – so liess sich die Originalstruktur der Decken erhalten. Um die Innenlast nicht zu stark zu erhöhen, wurden die Innenwände mit Ständerwänden aus Gipskarton erstellt. Leicht, hell und modern geben sich die neuen Wohnungen und Ateliers. Der Industriecharakter aber ist weiterhin allgegenwärtig. Beispielsweise beim Aufstieg durch das mächtige Treppenhaus oder vor dem ElektroCheminée im ehemaligen Direktorenzimmer.

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Schnitt

Grundriss EG

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1138

Projekt und Ausführung Einfamilienhaus Thalrain, 5057 Oeschgen Auftraggeber Nicole + Michael Jehle

Als sich Michael und Nicole Jehle-Infanger im Herbst 2015 an das Büro Bäumlin+John wandten, hatten sie keine genaue Vorstellung von ihrem Haus, aber sie brachten eine Liste mit Wünschen und Bedürfnissen mit, die das künftige Eigen­heim an erhöhter Lage in Oeschgen zu erfüllen hat. Es sollte über vier grosszügige Schlafzimmer, drei Nasszellen (Eltern, Kinder, Gäste) und einen offenen Küchen- / Ess- / Wohnbereich verfügen. Auch wünschte sich die fünfköpfige Familie viel Tageslicht und Transparenz im Innern des Hauses: Die Wohnbereiche sollten zu grossen Teilen visuell miteinander verbunden sein. Auch den Aussen­bereich galt es mit einzubeziehen, dieser sollte mit dem Innern in Verbindung stehen. Für das Grundrisskonzept wurden zwei mögliche Gestaltungen des Gebäudekörpers entworfen. Die Bauherrschaft entschied sich für die Lösung mit zwei Baukörpern, die sich zu einem L gliedern und deren Firste in unterschiedliche Richtungen weisen. Dadurch wirkt der Bau wesentlich leichter als ein L-förmiges Haus mit einem einzigen grossen Satteldach. Optisch zusammengehalten werden die beiden Körper durch eine durchgängige äussere Holzverschalung und einen rund 3 Meter breiten, doppelgeschossigen Verbindungstrakt, in dem u.a. der Eingangsbereich und der Treppenraum untergebracht sind. Der Trakt ist auf beiden Seiten mit raumhohen Fenstern aus­gestattet. Damit das Tageslicht im Innern möglichst frei strömen kann und der Zwischenraum über die gewünschte Transparenz verfügt, wurden offene Treppenstufen und seitliche Wand­ abschlüsse aus vertikalen Holzlatten eingebaut. Die bis zu 7 Meter langen Latten ziehen sich vom

UG bis ins OG und geben den Zwischenräumen eine interessante Struktur. Doch nicht alle Wünsche liessen sich erfüllen: So stellten die Bauherren im Gespräch mit den Architekten bald fest, dass der firsthohe ‹Luftraum› (Koch- / Essbereich) kaum vereinbar ist mit dem fürs Obergeschoss vorgesehenen Raumprogramm (4 Schlafzimmer, 2 Bäder, Spielecke). Ausserdem birgt ein so hoher Raum – zusammen mit glatten Materialien wie Glas, Putz, Beton und Holzparkett - grosse akustische Heraus­ forderungen: Stimmen und Geräusche können unangenehm hallen. Trotzdem müssen die Bauherren nicht auf den Luftraum verzichten. Das Büro Bäumlin+John hat eine elegante Lösung gefunden und den Raum kurzerhand nach draussen transferiert. Über dem Aussensitzplatz hängt nun auf Höhe des Obergeschosses eine Holzverschalung über Eck. Sie schafft einen geschützten, 6 Meter hohen Aussenraum und gewährt zugleich – dank einer geschickt gewählten Lamellenanordnung – nahezu unbeeinträchtigte Ausblicke aus dem OG. Auch im Innenbereich überzeugt das Haus mit raffinierten Lösungen und sorgsam durchdachten Details. So wurde zum Beispiel das Cheminée in ein Möbel integriert und so platziert, dass das Feuer sowohl vom Wohn- wie vom Essbereich aus zu sehen ist. Viel Freude dürfte der jungen Familie auch das ‹Sitzfenster› im Wohnzimmer bereiten. Ausgestattet mit einem 65 Zentimeter breiten Eichen­ holzrahmen lädt es zum Lesen und Träumen ein, während draussen der Regen an die Scheibe prasselt oder Schnee vom Himmel fällt. Die Aussenwelt verschmilzt hier mit der Innenwelt; ihre Ge­­ fahren und Widrigkeiten aber bleiben aussen vor.

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Grundriss EG

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Projekte 2017

77


Oeschgen

1174 1183 1193 1199 1204 1211 1212

1188

Oberhof

Aesch

1163

Bözen

952 955 1045 1072 1166 1141 1154 1164 1168 1173

1210

981 1099 1158

1122 1123 1138 Frick

Münchenstein

1119

Gipf-Oberfrick

Eiken 1147 1202

Gansingen

1146 1169

1097

1171 1186 1216

1190

Willisau 1108 1217

Küttigen

Biberstein

1150

894

995

1083

78

Oberhofen

1038 1132

Kaisten

1117 1149

Etzgen

Laufenburg

Sisseln

Wallbach

Möhlin 1019 1116 1187 1215

Schönenwerd

Basel

1144

Rheinfelden

Weil am Rhein (D)

Geografische Übersicht

1133


1125

1120

79

© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC BY-SA

Fahrwangen

Möriken

1111

Brugg


894

952

955

981

Projekt und Ausführung Terassenhäuser Juraweidstrasse, 5023 Biberstein Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Widengasse, 5070 Frick Auftraggeber Joma Immobilien AG

Projekt und Ausführung Erweiterung Unterdorf Unterdorf, 5073 Gipf-Oberfrick Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Steig Steig, 5082 Kaisten Auftraggeber JKB Immobilien AG

80


995

1019

1038

1045

Projekt und Ausführung Terrassenhaus Kirchbergstrasse Kirchbergstrasse, 5024 Küttigen Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Büntenstrasse, 5275 Etzgen Auftraggeber Jerica AG

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Projekt und Ausführung Einbau Wohnungen in denkmalgeschützten Batahallen Bata-Park, 4313 Möhlin Auftraggeber Bata-Park AG

Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Bachmatt Bachmatt, 5073 Gipf-Oberfrick Auftraggeber JKB Immobilien AG


1072

1083

1097

1099

Gestaltungsplan Wohn- und Gewerbeüberbauung Blaie, 5070 Frick Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung zwei Mehrfamilienhäuser Adlerpark Bahnhofstrasse, 4334 Sisseln Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Betoncoupe ARENA Aarestrasse, 5012 Schönenwerd Auftraggeber BaS Immobilien AG

Projekt und Ausführung Mehrfamilienhäuser Mitteldorf, 5082 Kaisten Auftraggeber Gemeinde Kaisten / JKB Immobilien AG

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1108

1111

1116

1117

Projekt und Ausführung Erweiterung Competec Rossgassmoos, 6130 Willisau Auftraggeber Competec Logistik AG

Ausführungsplanung und Ausführung Bata Halle 10, Einbau Büro Bata-Park, 4313 Möhlin Auftraggeber Bata-Park AG

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Projekt und Ausführung drei Mehrfamilienhäuser Rössliacker, 5200 Brugg Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Mehrfamlienhaus Rheinstrasse, 4323 Wallbach Auftraggeber A. + B. Kuster Immobilien AG


1119

1120

1122

1123

Projekt und Ausführung Sanierung Mehrfamlienhäuser und Einfamilienhäuser Burgfelderstrasse, 4055 Basel Auftraggeber Wohnbaugenossenschaft Burgfelderstrasse Basel

Projekt und Ausführung Mehrfamilienhaus Talrain, 5072 Oeschgen Auftraggeber eldi immobilien ag

Projekt und Ausführung Mehrfamlienhäuser Eggenstrasse, 5615 Fahrwangen Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung drei Einfamilienhäuser Bingertenstrasse, 5072 Oeschgen Auftraggeber eldi immobilien ag

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1125

1132

1133

1138

Projekt und Ausführung Mehrfamilienhäuser Arberweg, 5103 Möriken Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Überbauung Rosenweg Rosenweg, 5273 Oberhofen Auftraggeber Baukonsortium Rosenweg

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Projekt und Ausführung Neubau Lagerhalle Siebetsrüti, 5275 Etzgen Auftraggeber Jehle AG

Projekt und Ausführung Einfamilienhaus Talrain, 5072 Oeschgen Auftraggeber Nicole + Michael Jehle


1141

1144

1146

1147

Projekt und Ausführung Parkhaus Römergarage Hauptstrasse, 5070 Frick Auftraggeber Römer-Garage AG

Projekt und Ausführung drei Einfamilienhäuser Wasenhaldenstrasse, 5080 Laufenburg Auftraggeber Schnetzler Metallbau AG

Projekt und Ausführung Dachsanierung Stützpunkt Eimeldingerweg, D-79576 Weil am Rhein Auftraggeber Energiedienst Holding AG

Projekt und Ausführung Erweiterung Motorradgarage und Verkaufsfläche Stettenenstrasse, 5074 Eiken Auftraggeber Brutschi-Motos

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1149

1150

1154

1158

Projekt und Ausführungsplanung Umbau Einfamilienhaus in Mehrfamilienhaus Unterdorfstrasse, 4323 Wallbach Auftraggeber Brigitte + Hans-Peter Guarda

Projekt und Ausführung Überbauung Lammet Lammet, 5070 Frick Auftraggeber Ernst Frey AG

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Projekt und Ausführung Einfamilienhaus Hufschmid Obmoosstrasse, 5062 Oberhof Auftraggeber Vanessa + Pascal Hufschmid-Capaul

Projekt und Ausführungsplanung Mehrfamlienhaus Dorfstrasse, 5082 Kaisen Auftraggeber Familie Elshani


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1164

1166

1168

Projekt und Ausführung Umbau Gast- und Wohnhaus Löwen Dorfstrasse, 5272 Gansingen Auftraggeber DZG AG

Projekt und Ausführung Umbau Einfamilienhaus Märtenweg, 5073 Gipf-Oberfrick Auftraggeber Stefan Weber

Projekt und Ausführung Umbau Einfamilienhaus in Kindergraten Theilerweg, 5070 Frick Auftraggeber Gemeinde Frick

Ausführung Umbau Einfamilienhaus Kirchrain, 5070 Frick Auftraggeber Bernhard Stöckli

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1169

1171

1173

1174

Projekt und Ausführung Dachsanierung Tennishalle Baslerstrasse, 5080 Laufenburg Auftraggeber Energiedienst Holding AG

Projekt Sanierung und Erweiterung Turnhalle 58 Schulstrasse, 5070 Frick Auftraggeber Gemeinde Frick

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Projekt und Ausführung Ersatz Fenster Zürcherstrasse, 4310 Rheinfelden Auftraggeber Christoph Bucher

Projekt Clubhaus FC Frick Sportplatzweg, 5070 Frick Auftraggeber FC Frick


1183

1186

1187

1188

Projekt Tennishalle Juraweg, 5070 Frick Auftraggeber IG Tennishalle Frick

Projekt und Ausführung Wohnüberbauung Landstrasse, 4313 Möhlin Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Sanierung EFH Maienweg, 4310 Rheinfelden Auftraggeber Andreas + Carola Steinegger

Projekt und Ausführung Rebhaus Plamisrüti, 5076 Bözen Auftraggeber Bröthers

90


1190

1193

1199

1202

Projekt und Ausführung Neubau Produktionshalle und Empfangsgebäude Hauptstrasse, 4147 Aesch Auftraggeber BWT Aqua AG

Ausführung Mehrfamilienhäuser Kastanienallee Schulstrasse, 5070 Frick Auftraggeber Konsortium Kastanienallee

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Projekt und Ausführung Mehrfamilienhäuser am Bach Zwidellen, 5070 Frick Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Ersatz Unterstand ZAZ, 5074 Eiken Auftraggeber Kanton Aargau


1204

1210

1211

1212

Projekt und Ausführung Einbau Arztpraxis Dammstrasse, 5070 Frick Auftraggeber JKB Immobilien AG

Projekt und Ausführung Expo Frick 2017 unterer Rheinweg, 5070 Frick Auftraggeber Jakob Müller Immobilen AG / Bäumlin + John AG

Projekt und Ausführung Abbruch und Provisorien Tramstrasse, 4142 Münchenstein Auftraggeber Müller AG Immo

Projekt und Ausführung Neubau Einfamlienhaus Panoramaweg, 5070 Frick Auftraggeber Elisabeth Ehrsam + Fabio Izzo

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3

1215

Projekt und Ausführung Einbau Bistro und Hotelzimmer in Bata Clubhaus Bata Park, 4313 Möhlin Auftraggeber Bata-Park AG

1217

Projekt und Ausführung Erweiterung Autostore Modul 3+5 Rossgassmoss, 6130 Willisau Auftraggeber Competec Logistik AG

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Projekt Machbarkeitsstudie Mehrfamilienhaus Salinenstrasse, 4310 Rheinfelden Auftraggeber Swiss Life REIM (Switzerland) AG


Impressum Herausgeber Bäumlin+John AG Architekten ETH / SIA Dammstrasse 3 5070 Frick www.bjf.ch, mail@bjf.ch T 062 865 33 33 F 062 865 33 34 Gestaltung Claudiabasel Fotografie Zuzana Oplatek Bäumlin+John AG Text Nicolas Gattlen Druck Gremper AG Auflage 1700 Exemplare ©2017 Bäumlin+John AG Dezember 2017 alle Rechte vorbehalten

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