LIFESTYLE cleanenergy: 2013/1

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Practice FLORIAN SIMON EILER

Energieautarkie:

Pellworm, die “grüne“ Insel zwischen Ebbe und Flut © Kur- und Tourismusservice Pellworm

Tschhhhhhh.... Ein gewaltiges Zischen. Im Sekundentakt schießen die langen Rotorblätter der Windkraftanlage in die Tiefe. Ein Gigant, der niemals schläft. Landwirt Martin Lucht hat seinen kleinen Sohn auf dem Arm. Im Hintergrund stehen seine Ehefrau und die Tochter. Heute ist das Fernsehen da. Bilder von der Familie wie sie übers Feld wandert. Ein Sprecher erklärt, dass die Luchts an dem Windpark beteiligt seien. Investoren vom Festland hätten keine Chance. “Natürlich sind das imposante Bauwerke“, sagt Bauer Lucht und blickt hoch zur Gondel des Windrades. Sucht dann wieder die Kamera: “Es macht einen auch ein bisschen stolz.“ Die Szene spielt auf Pellworm, eine Insel im nördlichen Wattenmeer mit zirka 1.100 Einwohnern. Ein Kleinod

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für Touristen und Wegbereiter für die Energiewende. Auch dieses Jahr wird wieder so ein Jahr werden, in dem der ganze elitäre Apparat von Technikern, Wissenschaftlern und Klimarettern auf die kleine Nordseeinsel blickt. In einem auf drei Jahre angelegten Projekt soll hier ein sogenanntes hybrides Speichersystem eingerichtet werden, um zu viel produzierten Strom kommunal zu speichern und effizient einzusetzen. Das ist absolut neu! REGERNATIVE ENERGIEN ÜBER DREI JAHRZEHNTE LANG GETESTET Angefangen hat alles vor 30 Jahren. Schon damals waren viele Pellwormer gegenüber neuen Energien aufgeschlossen. Sonnentage gab und gibt es in komfortabler Menge, ge-

nauso viele wie im südbadischen Freiburg. 1983 wurde ein Solarpark eingeweiht, damals eine der größten Anlagen Europas. “Es gab auch auf Pellworm bei den Bürgern anfangs Skepsis und Ablehnung gegenüber regenerativen Energien“, erklärt der Kurdirektor von Pellworm, Andreas Kobauer. Diese Haltung sei schnell in ein aktives Miteinbringen umgeschlagen. Der Betrieb der Anlagen wurde nur einheimischen Familien zugesprochen. Das Wissen, dass die Insel einen Meter unter dem Meeresspiegel liegt, habe auch viel zur Bewusstseinsveränderung beigetragen. Eine Symbiose aus großdenkenden, neugierigen Insulanern und eingeschifften Technikern und Ingenieuren ließen auf Pellworm ein Dorado für saubere Energie entstehen. Ende der 1980er Jahre erfolgte


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