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«Golfanlagen haben Potenzial»
from SWISS GOLF 05-22 DE
by swissgolf.ch
Die Nachhaltigkeitsaktivitäten von Swiss Golf werden von der ältesten Naturschutz-Organisation der Schweiz wohlwollend zur Kenntnis genommen. Bei Pro Natura weiss man auch, dass Golfanlagen hinsichtlich Biodiversität punkten.
MIRJAM FASSOLD
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Beim diesjährigen Omega European Masters in Crans-sur-Sierre erhielt Swiss Golf unter anderem auch Besuch von Dr. Andreas Boldt. Der Wildtierbiologe ist Projektleiter Freizeitaktivitäten & Naturschutz bei Pro Natura und Spezialist für Besucherlenkung. Im Interview stellt er dem Golfsport ein mehrheitlich gutes Zeugnis aus.
Andreas Boldt, bei Swiss Golf ist man sich bewusst, dass die intakte Natur einer der grossen Pluspunkte des Golfsports ist. Wie sehen Sie als Vertreter von Pro Natura den Golfsport?
Andreas Boldt: Viele Naturschützer halten Golf für alles andere als naturverträglich. Die Vorbehalte hängen damit zusammen, dass Golfanlagen sehr viel Platz beanspruchen und es eine Phase gab, in der in kurzer Zeit viele neue Golfanlagen entstanden. Kritiker sehen bei Golfanlagen nur die Greens – diese sind nicht wirklich naturfreundlich. Bei Pro Natura wissen wir aber, dass diese einseitige Sichtweise zu kurz greift. Ein Golfplatz als Ganzes ist nämlich sehr divers. Verschiedenste Studien belegen, dass Golfplätze hinsichtlich Biodiversität sehr wertvoll sind. Zudem wäre manches Gelände ohne die Golfanlage entweder überbautes Gewerbegebiet oder Landwirtschaftsland – beide mit deutlich weniger Biodiversität. Golfanlagen dagegen haben hinsichtlich Biodiversität Potenzial – bei manchen liegt noch Potenzial brach, andere nutzen es besser beziehungsweise sogar sehr gut.
Pro Natura sucht die Zusammenarbeit mit Sportverbänden. Was sind Ihre Beweggründe?
Unser Ziel ist es, Outdoor-Sportarten in eine naturfreundlichere Richtung zu bewegen. Golf ist aus Sicht des Naturschutzes keine klassische Outdoor-Sportart, denn Golfer sind durch Regeln und Platzgrenzen sehr stark eingeschränkt und brauchen deshalb kaum zusätzliche Naturschutzregeln. Bei den typischen Outdoor-Sportarten – Klettern oder Schneeschuhlaufen beispielsweise –besteht der Reiz darin, dorthin zu gehen, wo keine anderen Menschen sind. Das ist für die Natur nicht gut, weil keine ungestörten Räume mehr bleiben.
Golfanlagen verfügen über gekennzeichnete Biotope, die nicht betreten werden dürfen. Wie wichtig ist das aus Sicht eines Wildtierbiologen? Diese Biotope sind sehr wichtig – durch sie wird ein Golfplatz zu einer Art Mosaik von Flächen, von denen nicht alle von Menschen betreten werden. Die Wege zwischen den einzelnen Flächen sind kurz, die Biotope vernetzt. Hecken beispielsweise sind ein perfektes Vernetzungselement. Bestünde ein Golfplatz zu 100 Prozent aus Spielflächen, wäre das eine ökologische Wüste. Golfanlagen aber nutzen nur einen Drittel ihrer Fläche intensiv, ein Drittel wird der Natur überlassen. Das ist vorbildlich. Im Rest der Landschaft – auf Landwirtschaftsflächen und im Siedlungsraum – sind wir weit davon entfernt, 30 Prozent der Fläche als unberührte Natur zu belassen.
Welches ist Ihr grösster Wunsch an Golferinnen und Golfer?
Bitte gekennzeichnete Biotope respektieren sowie Absperrungen, Warn- und Verbotsschilder beachten. Solche Verbote werden nicht grundlos erlassen. Mit etwas Respekt sollte es auch in Zukunft möglich sein, auf Golfanlagen schöne Naturerlebnisse zu haben. Wie beispielsweise im Golfpark Moossee, wo Golfer auf der Anlage einen Biberdamm beobachten können.
Wie können Betreiber und Architekten von Golfanlagen den Natur und Tierschutz auf dem Golfgelände optimieren?
Bei Unterhalt und Umbauten bitte auch die ökologischen Bedürfnisse berücksichtigen, sich entsprechende professionelle Unterstützung holen und unbedingt einheimische Pflanzen verwenden. Einheimische Pflanzen, zum Beispiel Sträucher in einer Hecke, machen sowohl für den Fortbestand der Straucharten selbst wie auch als Nahrungspflanze, Nistplatz und Versteck für einheimische Wildtiere, Vögel und Insekten Sinn. Mit «einheimisch» meine ich nicht einfach «schweizerisch», sondern «regional einheimisch».
Sie sind Spezialist für Outdoorsport und Besucherlenkung. Das Omega European Masters lockt über 50 000 Zuschauer auf den Parcours. Was gilt es zu beachten, damit Turnierspieler, Publikum, Wildtiere und Natur problemlos aneinander vorbeikommen?
Der Neuntöter ist ein Heckenbrüter, der auch auf Schweizer Golfanlagen zu finden ist.
Foto: Marcel Burkhardt
Anlässe in dieser Grössenordnung lassen sich nicht durchführen, ohne dass die Besuchermassen eine zusätzliche Belastung für die Natur sind. Man kann das verbessern, indem man vorgibt, wo die Besucher durchmarschieren dürfen. Dabei sollte auch der ökologische Aspekt berücksichtigt werden – also Biotope und Hecken entsprechend kennzeichnen oder sperren. Man kann zudem Sensibilisierungsmassnahmen ergreifen. Aber zu hundert Prozent nachhaltig machen kann man Grossanlässe nicht. •