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J + S ist mehr als Geld

Vor genau 50 Jahren startete das Förderprogramm Jugend+Sport. Golf profitiert seit 2010 von allen Vorteilen von J+S. Marcel Meier als Ausbildungschef von Swiss Golf blickt im Gespräch zurück und in die Zukunft.

Marcel Meier, was ist Ihre erste persönliche Erinnerung an J+S?

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Eine der wichtigsten und frühesten Erinnerungen war sicher meine Ausbildung zum J+S-Leiter im Tennis. Das war 1981, also schon vor über 40 Jahren. Das hat mich geprägt, seither begleitet mich das Thema Jugend+Sport. Als diplomierter Tennislehrer und Trainer bei Swiss Olympic habe ich für Swiss Tennis längere Zeit als Coach gearbeitet. Dabei habe ich meine Frau, Simone Bachmann, sie war Ausbildungschefin bei Swiss Tennis, bei der Entwicklung des Programms «Kids-Tennis» unterstützt. 20 Jahre durfte ich als J+S-Fachleiter Tennis diese Sportart leiten.

Sie sind seit 2010 Ausbildungschef bei Swiss Golf und direkter Ansprechpartner des Förderprogramms J+S. Wieso dauerte es so lang, bis Golf als Sportart anerkannt wurde?

Jede Sportart muss bestimmte Anforderungen erfüllen. Unter anderem geht es darum, kinder- und jugendgerechte Trainings und Lehrmittel anzubieten. Von 2000 bis 2009 konnten wir zuerst nur von der sogenannten

Kaderbildung profitieren. Das war aber ein entscheidender Schritt in der Entwicklung des Schweizer Golfs. Die J+S-Leiterausbildung war von da an auch ein wichtiger Teil der dreijährigen Ausbildung für die angehenden Golflehrerinnen und Golflehrer.

Was passierte 2010?

Seit 2010 sind wir eine «vollwertige» Sportart bei J+S. So profitieren beispielsweise die Schweizer Clubs bei der Juniorenförderung «doppelt». Sie erhalten motivierte, gut ausgebildete J+S-Leiterinnen und -Leiter und werden pro Training und Teilnehmer zudem finanziell vom Bund unterstützt. Seit 2010 sind das total 1,7 Millionen Franken. Klar sind die Finanzen nicht unwichtig, für mich ist J+S aber viel mehr als Geld. Ich sehe das etwa in den Leiterkursen, welche ich seit Beginn führen darf. Da lernen die teilweise noch jungen Golferinnen und Golfer den Wechsel von der Spielerin oder dem Spieler zu einer Führungsperson; das finde ich als Sportpädagoge immer wieder aufs Neue faszinierend und ist sicher auch ein wichtiger Teil von J+S.

50 JAHRE J+ S: WICHTIGE MEILENSTEINE

1972

Der Startschuss für die Institution «Jugend+Sport» (J+S) war die Annahme des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport am 17. März 1972. Mit dem Programm für Knaben und Mädchen von 14 bis 20 Jahren werden sportliche Aktivitäten und Ausbildungen in vorerst 18 Sportfächern gefördert und unterstützt. Der anfänglich – nur für Knaben zugängliche – militärische und schliesslich turnerisch-sportliche Vorunterricht wurde damit abgelöst.

1983

Die Eidgenössische Turn- und Sportschule, welche das Programm J+S führt, wechselt vom Eidgenössischen Militärdepartement (heute VBS) ins Eidgenössische Departement des Innern.

1994

Die vom Parlament beschlossene Senkung des J+S-Alters von 14 auf 10 Jahre tritt auf den 1. Juli 1994 in Kraft.

2007

«J+S-Kids», ein Projekt zur polysportiven Sportförderung in Schulen und Vereinen für Kinder von 5 bis 10 Jahren, wird definitiv lanciert.

2010

Seit 2010 subventioniert J+S Angebote in den Sportarten Golf und Sportschiessen, ein Jahr danach folgte Hornussen.

2022

Die Jubiläumsfeierlichkeiten sind über das ganze Jahr verteilt. Aktuell gibt es in der Schweiz über 100 000 Personen mit J+S-Leiter-Anerkennung.

Seit 1972, dem Gründungsjahr, haben schätzungsweise gut eine Million Menschen eine J+S-Ausbildung durchlaufen. Jährlich machen über 600 000 Kinder und Jugendliche aus allen Landesteilen bei J+S-Kursen oder -Lagern mit. Aus den ursprünglich 18 sind 85 Sportarten geworden, die vom Programm abgedeckt werden. Der Bund finanziert J+S mit gut 100 Millionen Franken pro Jahr.

Wie viele Leute haben bis heute den fünftägigen Grundkurs in Tenero zur J+S-Leitungsperson absolviert?

Total sind es etwa 450. Wir machen zwei Kurse pro Jahr im Centro Sportivo Tenero und profitieren von der guten Infrastruktur im Golfclub Gerre Losone. Aktuell sind es gut 350 Leute – Pros und Amateure – mit einer J+S-Ausbildung, welche sich in den verschiedenen Clubs in den Juniorenabteilungen engagieren. Das ist sicher eine schöne Zahl, doch auch im Golf wird es nicht einfacher, Leute längerfristig zu binden. Wir haben aber auch erfreulich viele ehemalige Kaderspieler, die bei uns lernen, wie man kindergerechtes Spielen und Lernen praktiziert. Diese TeneroGrundkurse gehören für mich immer noch zu den Jahres-Highlights. Die Teilnehmenden sind höchst motiviert und lernen, wie man gute und spannende Lektionen für Kinder und Jugendliche gestaltet, zudem lernen sie die Werte von J+S kennen.

Was ist für Sie das Wichtigste beim kindergerechten Unterricht?

Mein Credo heisst: Golf spielend lernen, die Kinder sollten früh auf den Golfplatz. Es geht für mich darum, dass sie lernen, Aufgaben auf dem Platz zu lösen. Unterrichten ist ein Dialog und braucht gute Antennen. Ich muss immer wieder beobachten, beurteilen und dann individuell sinnvoll beraten. Die Kinder und Jugendlichen nehmen Informationen auf, verarbeiten sie und setzen sie um. Wir müssen sie zur Eigenständigkeit hinführen. Golf spielen lernen ist ein steter Wechsel zwischen «Learning» und «Playing». Und ganz wichtig: Gute Übungen sind spannend, 50:50 gelingt es oder gelingt es nicht. Dabei gilt es den Kindern und Jugendlichen zu sagen, WAS sie zu tun haben, und nicht, WIE sie es machen müssen. Wenn wir aber merken, dass die Kinder und Jugendlichen in einer «Sackgasse» sind, müssen wir korrigierend helfen und Lektionen nicht einfach nur ablaufen lassen.

Der Ansatz ist nicht ganz neu Das ist natürlich richtig. Der Genfer Sportpädagoge Jean Brechbühl hat mich das gelehrt. Dieser sogenannte handlungsorientierte Ansatz ist auch bei der Ausbildung der Swiss PGA schon lange verankert. Ich pflege seit vielen Jahren einen engen Kontakt mit den Ausbildungsverantwort lichen des Verbandes. Auch bin ich sehr stolz darauf – und in einer sehr privilegierten Situation als Head of Education –, dass mich die besten Swiss PGA Professionals als J+S-Expertinnen und -Experten bei den Kursen und Modulen unterstützen. Total sind es etwa 20 Leute, die mir bei der Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung direkt helfen.

Von den 350 Swiss PGA Pros absolvierten bisher gut 200 die J+S-Ausbildung. Ist das genug?

Für mich ist es nie genug (lacht). Man muss aber auch sehen, dass nicht alle Pros sich intensiv um Kinder und Jugendliche kümmern wollen. Wir freuen uns aber immer wieder über die Komplimente von den Pros, die ihre Ausbildung im Ausland gemacht haben. Sie schätzen das spezielle Ambiente in den Tenero-Kursen, die aktuellen und modernen Inhalte der Ausbildung. Wir zeigen ihnen auch unsere Swiss-GolfFörderprogramme und natürlich auch die Ideen und Werte von J+S.

Wie unterstützt J+S die GolfAusbildung konkret?

Swiss Golf hat mit J+S einen Zusammenarbeitsvertrag; wir können auch sagen, dass es eine Leistungsvereinbarung ist. Swiss Golf bekommt einen Pauschalbetrag von J+S, wenn die «Lampen» auf Grün sind. Das ist ein Beitrag für meine 40-Prozent-Stelle als Head of Education bei Swiss Golf. Die anderen 60 Prozent arbeite ich für das Bundesamt für Sport in Magglingen, ich leite zudem den Hochschulsport in der Berner Fachhochschule und bin Dozent an der Hochschule für Sport in Magglingen. Ich geniesse es sehr, seit 34 Jahren ein «Magglinger» zu sein, und kann enorm viel für meinen Job bei Swiss Golf profitieren. Wenn wir Kurse und Module anbieten, dann bekommt Swiss Golf pro Tag und Teilnehmer 50 Franken. Der grössere Teil der Unterstützung geht direkt an die Clubs. Je nach Anzahl Trainings und Teilnehmer bekommen die Juniorenabteilungen bis zu 10 000 Franken pro Jahr. Insgesamt profitierten vergangenes Jahr rund 70 Clubs von der sogenannten Jugendausbildung von

WAS BEDEUTET J+S FÜR SIE?

J+S, total waren es 221 000 Franken. Das ist sicher ein schöner Beitrag. In diesem Sinne ist J+S ein wertvoller Sponsor vom Schweizer Golf – Danke herzlich!

Bei Swiss Golf sind insgesamt 98 Clubs – wie erklären Sie es sich, dass sich nicht mehr als 70 um das Geld des Bundes bemühen?

Laut Gesetz bekommen nur Sportvereine mit einem Platz in der Schweiz in den Genuss des Förderprogramms des Bundes. Damit fallen bei Swiss Golf schon zehn Clubs in Frankreich oder Deutschland weg. Es gibt einige sehr kleine Clubs ohne entsprechende Juniorenabteilung; ich kenne aber auch grosse Vereine, die freiwillig auf die Beiträge verzichten. Aber wie gesagt, die finanzielle Unterstützung ist nur ein Teil von J+S. Toll ist, dass immer mehr Golfclubs die Swiss-Golf-Ideen für einen guten und spannenden Unterricht integrieren, die Werte von J+S leben und die Kinder und Jugendlichen auf dem Golfplatz unseren phantastischen Sport spielen lernen. •

Mummenthaler

Mitarbeiterin Unterstützung/ Organisation Junioren im Golfclub Lägern

«J+S brachte Struktur in die Juniorenabteilung. Die Ausbildung ergibt einen klaren Mehrwert für den Club, und es macht Freude, mit J+S zu arbeiten. Besonders gefreut hat uns zuletzt das Angebot der speziellen Ausbildung für 14- bis 18-Jährige. Da waren schon mehrere Junioren involviert, und der Erste ist nun schon Vize-Captain bei den Junioren, das macht mich stolz.»

Stefan Janssen

Gianni Bella

Laurent Mudry

Swiss PGA Pro im Golfresort Leuk

«Da kommt mir ganz viel in den Sinn. Vom wahnsinnig schönen Leiterkurs in Tenero bis hin zur grosszügigen Unterstützung mit Unterrichtsmaterial in Zusammenarbeit mit Swiss Golf. Ich weiss auch um die Möglichkeit, mit Hilfe von J+S Golflager zu organisieren, und wir freuen uns, dies in Zukunft in Anspruch zu nehmen. Ich finde die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen eine rundum gelungene Sache und gratuliere zum Jubiläum.»

«Das grosse Verdienst von J+S ist seine Fähigkeit, die Jugendarbeit der Clubs umfassend zu unterstützen. Das ermöglicht es uns, uns auf dem Platz auf die Entwicklung unserer Jugendlichen und ihres Spiels zu konzentrieren. Die Fortbildungskurse für Ausbildner, das gleiche Lehrmaterial für alle und die finanzielle Unterstützung versetzen uns in die Lage, die Jugendabteilung professioneller zu gestalten.»

«J+S ist eine riesige Unterstützung für den Schweizer Sport, speziell natürlich für die Kinder und Jugendlichen. Das Förderprogramm hilft den Clubs nicht nur finanziell, sondern auch fachlich.»

«Natürliche und wilde Flächen gibt es nicht nur beim Aletschgletscher, sondern auch auf vielen Golfplätzen», sagt Dr. Andreas Boldt von Pro Natura.

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