Leseprobe "Gesa. Verrat im Kastell Bürgel"

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Das Geschrei jenseits der Hügelkuppe hatte nicht nachgelassen und nachdem sie sich etwas erholt und festgestellt hatte, dass ihrem Fuß nichts Schlimmes passiert war, wurde sie davon angelockt. Gesa wollte wissen, was mit dem Schwein geschah, das sie vorhin vergewaltigt hatte. Also versteckte sie ihren Sack unter der ausgespülten Wurzel einer Erle und kroch auf allen Vieren den Hang hinauf, den sie vorhin hinabgerutscht war. Ihre Vorsicht war angebracht, denn die Gefahr war nicht vorbei: Ein Dutzend Berittener war nun bei den Soldaten. Männer mit eisernen Helmen und abgeschlagenen Köpfen an den Sätteln. Die fremden Krieger hatten die Römer umzingelt und hieben sie mit Schwertern und Äxten zusammen. Kaum lag der letzte Soldat am Boden, stiegen die Sieger von den Pferden, um den Erschlagenen ihre Rüstungen und Waffen abzunehmen. Wie in einem bösen Traum beobachtete Gesa, dass die Reiter den Toten die Köpfe abschlugen und ihre neuen Trophäen an den Sätteln befestigten. Sie lachten und sangen dabei, als wären sie auf dem Weg zu einer Hochzeit. Die Leichen der Männer, die Gesa vorhin gequält hatten, blieben da liegen, wo sie hingefallen waren. Nackt und kopflos, bestraft von einem ungebetenen Richter. Zufrieden kroch Gesa zurück in ihr Versteck. Sie strich Käfer und Tausendfüßler aus Kleidung und Haaren und war froh, als sie feststellte, dass ihre Scheide nicht sonderlich blutete, dass ihr Knöchel nicht weiter schmerzte. Sie würde gleich, wenn die Reiter verschwunden waren, zu dem Bach hinter dem Hügel gehen und sich waschen. Erst da fiel ihr ein, dass sie ihre fruchtbaren Tage hatte.

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