4 minute read

Der diskrete Charme der Bourgeoisie

Minimalistisch und edel ist der Stil des belgischen Stores.

Coccodrillo Chaussures/ Antwerpen Hier finden Schuhsüchtige eine seit Jahren etablierte Anlaufstelle. Seit dem Umzug an den neuen Standort wird Coccodrillo Chaussures seinem Anspruch auf dezenten Luxus noch besser gerecht. Text: Ina Köhler. Fotos: Coccodrillo Chaussures DISKRETER CHARME DER BOURGEOISIE

Antwerpen, die Stadt des weltweit bekannten Fashion Departments der Royal Academy of Fine Arts, hat in der Modebranche einen ganz besonderen Stellenwert. Dries van Noten, Ann Demeulemeester oder Martin Margiela starteten von hier aus ihre internationale Karriere. Das spiegelt sich nicht nur im Modemuseum der Stadt wider, sondern auch im Angebot des Einzelhandels. Neben den üblichen Luxusmarken, die auf der ganzen Welt zu Hause sind, ist die Innenstadt von vielen individuellen Boutiquen, die ganz selbstbewusst auf ihre Local Heroes setzen, geprägt. Das gilt in besonderem Maße für Coccodrillo, den 1983 gegründeten Schuhladen von Geert Bruloot und Eddy Michiels. Ihr Store gehört weit über die Grenzen von Antwerpen hinaus zur ersten Anlaufstelle für angesagtes Schuhdesign. Von Beginn an bestückten sie ihn, neben exklusiven französischen und italienischen Labels, mit einer kleinen und feinen Schuhauswahl von Antwerpener Designern, zum Beispiel vom damals noch unbekannten Martin Margiela. Das Sortiment ist bis heute ein Who’s Who der internationalen Luxusschuhwelt von Prada, Saint Laurent, Chloé, Balenciaga bis hin zu Raf Simons, A.F. Vandevorst, Church’s oder Gianvito Rossi. Im Frühjahr 2017 läutete der Umzug für das Traditionsgeschäft eine neue Epoche ein.

FILIGRANER BRUTALISMUS In der Arensbergstraat, ganz in der Nähe der ursprünglichen Standorte auf der Schuttershofstraat ist auf 250 Quadratmeter ein Schuhtempel auf zwei Etagen entstanden: Von außen dezent und unauffällig gehalten, entfaltet sich im Inneren eine Welt rund um den Luxusschuh. Architektur und Möbel wurde von Glenn Sestig exklusiv für Coccodrillo Chaussures entwickelt. Das Genter Büro arbeitet bereits seit Jahren für renommierte belgische Einzelhändler wie Verso oder Renaissance. Bestechend ist die Inspiration durch die Brutalismus-Architektur der 1970er-Jahre mit klaren Linien und spektakulären Sichtbetonwänden und -decken. Kontraste setzen filigrane Warenträger aus Metall, Transparenz und die in warmen Tönen bezogenen runden Polstermöbel. Das Interieur wirkt museal und minimalistisch zugleich, einzelne Paare werden mit Spots wie Ausstellungsstücke inszeniert. Für Events wie Ausstellungen und Präsentationen kann der Store flexibel umgebaut werden. Die Eingangsetage ist Frauenschuhen vorbehalten; schreitet man die großzügige Natursteintreppe hinauf, findet man eine feine Auswahl von Männerschuhen von Church’s und Carvil bis zum jungen Antwerpener Label WeberHodelFeder. Auf einen Blick wird klar: Hier geht es nicht nur um schnöden Verkauf, sondern um eine große Leidenschaft für den Schuh und alles, was dazugehört. Service wird bei Coccodrillo seit jeher groß geschrieben – eine Schuhwerkstatt, in der die Lieblingsmodelle repariert werden können, ist ebenso selbstverständlich wie regelmäßige Workshops, die von ausgewählten Marken angeboten werden. Die Verbundenheit mit dem Antwerpener Fashion Department zeigt sich bis heute: Jedes Jahr sponsert Coccodrillo einen Nachwuchspreis für das kreativste Schuhmodell der Abschlussklasse.

Coccodrillo Chaussures A² New Volume

Arensbergstraat 2 2000 Antwerpen/Belgien www.coccodrillo.com Eröffnung: 1983, März 2017 Inhaber: Geert Bruloot, Eddy Michiels Anzahl Mitarbeiter: 10 Verkaufsfläche: 250 qm Marken Frauen: A.F. Vandevorst, Balenciaga, Church’s, Chloé, Comme des Garçons Play, Dries van Noten, Gianvito Rossi, Miu Miu, Olivier Theyskens, Prada, Prada Linea Rossa, Raf Simons, Saint Laurent, Simone Rocha, Sofie D’Hoore, Tabitha Simmos, WeberHodelFeder Marken Männer: Brioni, Carvil, Church’s, Comme des Garçons Play, Gianvito Rossi, Lanvin, Lathbridge, Maison Martin Margiela, Max Verre, Officine Creative, Prada, Prada Linea Rossa, Raf Simons, Sofie D’Hoore, Walter van Beirendonck, WeberHodelFeder

Viele der Designer bei Elkel findet man sonst nirgendwo in New York oder in den USA.

Elkel/New York Nimmt man den Merksatz ernst, dass ein Erfinder seine besten Ideen dann hat, wenn ihn persönlich ein Problem nervt, dann ist Kelvin Goncalves ein Ladenerfinder. Text: Petrina Engelke EXPRESSIVE MENSWEAR

Kelvin Goncalves hatte den Gedanken verworfen, Mode zu studieren. Doch weil er in den USA nur mit Mühe Labels wie Dusty aus Finnland und Julian Zigerli aus der Schweiz auftreiben konnte, gründete er neben seinem Job bei einem Filmfestival einen Onlineshop für Herrenmarken. Bald stellte sich heraus, dass Elkel auch für andere Menschen ein Problem löste – in vielen Teilen der Welt. „Ich habe treue Kunden in Australien, das hätte ich nicht erwartet“, lacht Goncalves.

VOM ONLINESHOP ZUM LADEN MIT DOPPELLEBEN In Windeseile wurde aus dem Experiment ein Vollzeitjob, und ein Pop-up-Shop in New York sollte als Marketingvehikel für Elkel dienen. Doch die fünf Tage jenseits der Weiten des Internets liefen so gut, dass der nach New York eingewanderte Brasilianer das Ganze wiederholte. In der Vorweihnachtszeit 2015 zog Elkel schließlich bei Public Factory ein, einem Conceptstore-Projekt mit lauter Popups im schicken Soho Hotel. Aus den geplanten drei Monaten wurden anderthalb Jahre. Die Inspiration für seinen „richtigen“ Laden suchte Goncalves trotzdem nicht in New York, sondern in Paris und London – weil es dort viele sehr kleine Läden gibt. Und genau so etwas hatte er im Auge. Die Entscheidung für ein winziges Ladenlokal an der Lower East Side brachte ein unsichtbares Plus. Zum Laden gehört ein großer Keller, in dem nicht nur Ware für Onlinebestellungen lagert; dort hat Goncalves auch ein Fotostudio eingerichtet.