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1 Gebrauchsüberlassung: Miete, Pacht und Leasing

1 Gebrauchsüberlassung: Miete, Pacht und Leasing

In der Praxis kommen verschiedene Formen von «Gebrauchsüberlassungen» vor, die teilweise durch spezielle Verträge im Obligationenrecht geregelt werden.

■ Miete (Art.253–273c OR)

Die Miete ist ein Vertrag zwischen Mieter und Vermieter, bei welchem dem Mieter eine Sache für eine begrenzte Zeit zum Gebrauch überlassen wird. Früher oder später muss der Mieter die Mietsache zurückgeben. Dies kann nach einer vereinbarten Zeit, nach einer Kündigung oder nach dem Tod des Mieters sein. Für die Überlassung der gemieteten Sache bezahlen die Mieter den Mietzins.

■ Schuld- und Forderungsverhältnis im Mietvertrag

Vermieterin

 ist verpflichtet, eine Sache zum

Gebrauch zu überlassen (Schuldnerin)  ist berechtigt, den Mietzins zu fordern (Gläubigerin) Schuld

Mietgegenstand

Forderung

Schuld

Mietzins

Forderung

Mieter

 ist berechtigt, die Mietsache vereinbarungsgemäss zu gebrauchen (Gläubiger)  ist verpflichtet, den Mietzins zu leisten (Schuldner)

Im Gegensatz zum Kaufvertrag handelt es sich beim Mietvertrag um ein «Dauerschuldverhältnis». Die Vertragspflichten bestehen über einen gewissen Zeitraum, der im Voraus häufig noch gar nicht bestimmt ist. Gemietet werden können grundsätzlich alle Sachen: Musikinstrumente, Autos, Segeljachten, Wohnungen oder Laden- und Büroräume. Wegen der unterschiedlichen Mietkonditionen wird zwischen der Miete von Immobilien und der Miete von anderen (beweglichen) Gegenständen unterschieden. Bei der Miete von Immobilien wird eine weitere Unterteilung nach der Verwendung des Mietobjektes vorgenommen: Dienen die vermieteten Räumlichkeiten vorwiegend als private Unterkunft, so spricht man von Wohnungsmiete; überwiegt jedoch die geschäftliche Nutzung (z. B. als Verkaufslokalität), handelt es sich um Geschäftsmiete. Entsprechend der grossen Bedeutung der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen zur Miete weitgehend auf diesen Bereich des Mietrechts. ■ Die wichtigsten Pflichten der Vermieter: Der Vermieter muss dem Mieter die gemietete Sache zum vereinbarten Zeitpunkt übergeben, und zwar in demjenigen Zustand, der dem vereinbarten Gebrauch der Sache entspricht. Er muss dem Mieter auf dessen Verlangen Einblick in das Übergabeprotokoll des Vormieters gewähren und ihm auch die

Höhe des Mietzinses des bisherigen Mietverhältnisses bekannt geben. Der Vermieter muss die Mietsache unterhalten und grössere Reparaturen auf seine Kosten ausführen lassen.

Ebenfalls zulasten des Vermieters gehen «Lasten und Abgaben» wie z. B. die Liegenschaftssteuern. Der Vermieter muss eine allfällige Sicherheitsleistung (Kaution oder Depot) des Mieters auf einem Sparkonto, das auf den Namen des Mieters lautet, hinterlegen. ■ Die wichtigsten Pflichten der Mieter: Der Mieter hat primär den vereinbarten Mietzins inklusive allfälliger Nebenkosten (z. B. Reinigungs- und Heizkosten) zu bezahlen. Zwar muss gemäss Art. 257d OR der Zins monatlich, spätestens Ende Monat, bezahlt werden, üblicherweise wird jedoch die Fälligkeit des Mietzinses auf den 1. Tag des laufenden Monats festgelegt. Die Mietsache muss sorgfältig gebraucht werden. Für kleinere Reparaturen (z. B. die Reparatur einer elektrischen Steckdose) hat der Mieter selber aufzukommen.

Grössere Mängel, die zulasten des Vermieters gehen (z. B. das Ersetzen eines defekten

Backofens), muss der Mieter dem Vermieter mitteilen, und er hat (selbstverständlich) die notwendigen Reparatur- wie auch Unterhaltsarbeiten zu dulden. Eine Untermiete, d. h. die selbstständige Weitervermietung der Mietsache, ist nur mit Zustimmung des Vermieters möglich (allerdings darf der Vermieter eine Untermiete nur unter strengen Voraussetzungen verbieten). Wünscht ein Mieter, die Mietsache vorzeitig zurückzugeben, so ist dies möglich, sofern er dem Vermieter einen zumutbaren und zahlungsfähigen neuen

Mieter vorschlagen kann.

■ Pacht (Art.275–304 OR)

Die Pacht ist der Miete nahe verwandt. Sie wird auch im Gesetz unmittelbar im Anschluss an das Mietrecht behandelt. Bei der Pacht geht es um die dauerhafte Gebrauchsüberlassung von produktiven Mietgegenständen. Der Pächter oder die Pächterin kann und soll aus dem Gebrauch einen Ertrag erwirtschaften. Am häufigsten ist die Pacht in der Landwirtschaft anzutreffen, für welche die speziellen Vorschriften des landwirtschaftlichen Pachtgesetzes gelten. Oft werden auch Restaurants verpachtet, die unter einem bereits bestehenden Namen geführt werden. In solchen Fällen kann die Pächterin oder der Pächter auch die spezielle Einrichtung sowie einen gewissen Kundenkreis übernehmen.

Pachtflächen machen 2020 rund 44% der landwirtschaftlichen Gesamtfläche aus. Der Wert belegt die grosse Bedeutung des Pachtlandes für Landwirtschaftsbetriebe. Aufgabe 1 Übung 1 Übung 2 Übung 3

■ Leasing

Beim Leasing ermöglicht eine Partei (Leasinggeber) der anderen Partei (Leasingnehmer) für eine bestimmte Zeit die Nutzung eines Gegenstandes (Leasingobjekt), den sie zuvor von einer dritten Partei erworben hat. Dafür zahlt der Benutzer Leasinggebühren (Leasingraten), deren Höhe die Anschaffungs- und Finanzierungskosten sowie den Geschäftsgewinn des Leasinggebers (Leasingunternehmung) decken soll. Der Leasingvertrag ist im Obligationenrecht nicht geregelt. Bei der rechtlichen Beurteilung von Leasingverträgen werden – je nach Situation – die Vorschriften des Mietrechts, des Kaufvertrags und des Konsumkreditgesetzes angewandt.

Das Konsumkreditgesetz (Art. 11 KKG) regelt insbesondere die Formvorschriften für den Abschluss eines Leasingvertrages. Ein Leasingvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden und unter anderem folgende Inhaltspunkte enthalten: – Anzahl, Höhe und Fälligkeit der Leasingraten – Höhe einer allfälligen Kaution (Anzahlung) – effektiver Jahreszins – Widerrufsrecht und Widerrufsfrist

■ Die Parteien in einem Leasingvertrag (indirektes Leasing, drei Partner)

Leasingnehmer

Unternehmung oder Privatperson; interessiert an der Nutzung, nicht am Eigentum eines Objektes  ist berechtigt, die Leasingsache vereinbarungsgemäss zu gebrauchen (Gläubiger)  ist verpflichtet, die Leasingraten zu leisten (Schuldner) Schuld

Leasingobjekt Forderung

Schuld

Leasingraten

Forderung

Leasinggeber

Leasingunternehmung; finanziert den Leasinggegenstand  ist verpflichtet, eine Sache zum

Gebrauch zu überlassen (Schuldnerin)  ist berechtigt, die Leasingraten zu fordern (Gläubigerin)

oft direkteAuslieferung

1 oftmals gekoppelt mit einem «Rückkaufvertrag»

Verkäufer Lieferant

KaufpreisKaufvertrag¹Kaufgegenstand(Leasingobjekt)

Einem Leasingnehmer geht es beim Leasing um die Nutzung, und nicht um das Eigentum an der geleasten Sache. Dies ist die Grundidee des sogenannten Finanzierungsleasings. Die Leasinggesellschaft kauft sich das vom Leasingnehmer gewünschte Objekt von einem Dritten und stellt es dem Leasingnehmer zum Gebrauch zur Verfügung. Nach Ablauf der Vertragszeit geht das Leasingobjekt an den Leasinggeber zurück (der Leasingnehmer ist ja in der Regel nicht am Eigentum interessiert). Je nach den Bedürfnissen des Leasingnehmers wird dann der Vertrag mit einem neuen Leasingobjekt erneuert. Für einen Copy-Shop bringt dies z. B. den Vorteil, dass er immer mit Geräten der neusten Generation ausgerüstet ist, diese jedoch weder kaufen noch verkaufen muss.

Beim Finanzierungs- oder Investitionsgüterleasing leasing geht es um Gebrauch und Nutzung eines Investitionsgutes, z. B. einer Maschine, die gewerblichen Zwecken dient. Eine Unternehmung muss in diesem Fall die Eigenmittel für die Investition nicht im Voraus erwirtschaften, sondern kann die Investitionskosten mit dem Ertrag zahlen («Pay as you earn», d. h., «Zahle mit dem, was du verdienst»).

Beim Konsumgüterleasing steht dagegen die private Nutzung an Konsumgütern, z.B. Autos oder Unterhaltungselektronik, im Vordergrund. Hier geht es häufig darum, Konsumgüter für den privaten Gebrauch zu «erwerben», ohne dass man die teuren Geräte kaufen muss (z. B. weil man das entsprechende Kapital gar nicht hat). Man schätzt, dass heute jedes zweite Auto, das auf die Strasse kommt, geleast ist. Beim Konsumgüterleasing spielt selbstverständlich das «Pay as you earn»-Prinzip nicht, weil in diesem Fall mit der Leasingsache keine Erträge erwirtschaftet werden.

Weil anders als im Mietvertrag der Leasingnehmer die Gefahr eines zufälligen Verlustes des Leasinggegenstandes tragen muss, hat er in den allermeisten Fällen die Pflicht, den Leasinggegenstand zu versichern. Beim Autoleasing kommt dafür nur eine MotorfahrzeugVollkasko-Versicherung infrage.

Beim (privaten) Autoleasing erhält der Leasingnehmer häufig eine Kaufoption, d. h., er kann das Fahrzeug nach Ablauf der Vertragszeit zu einem bestimmten Betrag übernehmen. Ein solches Leasing entspricht eher einem Abzahlungsverkauf und wird bei Streitigkeiten eher nach den OR-Vorschriften des Abzahlungskaufs beurteilt. Privat-Leasingverträge, die dem Konsumkreditgesetz (KKG) unterstehen, können jeweils auf Ende einer dreimonatigen Leasingdauer gekündigt werden. In einem solchen Fall werden die Leasingraten neu berechnet und rückwirkend definitiv festgesetzt.

Autoleasing ist teurer als die Aufnahme eines Kredites; am billigsten ist immer der Barkauf. Übung 4

 Das haben Sie gelernt

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien am Beispiel des Mietvertrages aufzählen Die Wesensmerkmale des Mietvertrages und mietähnlicher Verträge unterscheiden Die Gestaltungsmöglichkeiten der Vertragsparteien bei Mietverträgen beschreiben Zwingende und dispositive Rechtsvorschriften im Mietrecht bestimmen Die Voraussetzung für das Vorliegen von missbräuchlichen Mietzinsen nennen Mietzinserhöhungen mithilfe des Gesetzes auf ihre Gültigkeit überprüfen Ausbleibende Mietzinssenkungen bei sinkenden Hypothekarzinsen erklären Das Vorgehen und die Rechtsfolgen bei Mängeln an der Mietsache beschreiben Arten und Voraussetzungen von rechtsgültigen Kündigungen beschreiben Für konkrete Beispiele die Kündigungsfrist und den frühestmöglichen Kündigungstermin bestimmen Zusammensetzung und Aufgabe der Schlichtungsbehörde nennen Das Vorgehen bei Anfechtung von Kündigungen und Mieterstreckungen mithilfe des Gesetzes bestimmen

Offene Fragen

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