Der Wohltätigkeitssinn und das Armenwesen in Bozen

Page 1

39100

In früheren Jahren wurde von einzelnen der hier bestehenden wohltätigen Vereine und Anstalten die Vermögensgebahrung und die Tätigkeit der sie leitenden Vorstehungen zeitweilig kundgeben.

Da in dieser Beziehung schon seit langem nichts mehr veröfentlicht wurde, glaubt der Gefertigte mit dieser Broschüre dem Publikum umso mehr genehm zu werden, indem er ein Gesamtbild der in Bozen bestehenden milden Vereine und Anstalten mit deren Leistungen hiermit zur Kenntnis bringt.

im
Bozen,
August 1873.

Der Wohltätigkeitssinn & das Armenwesen in

Wenn irgend einer Gemeinde der kaiserl.königl. österr.- ungarischen Monarchie ruhmend erwähnt werden kann, zur Linderung des Schicksales armer Angehörigen die tätigste Sorge zu tragen, so ist es die Stadtgemeinde Bozen, der ein vorzügliches Verdienst in dieser Beziehung zuerkannt werden muss. Ihr Wohltätigkeitssinn manifestiert sich in zahlreichen milden private Spenden, ganz besonders aber in der Aufrechterhaltung verschiedener Vereine und Anstalten, sowohl für die zarte Jugend als auch für das vorgerckte Alter, Warme und kranke Personen, die der Hilfe bedürftig sind. Es besteht daselbst:

ein Schulverein,

ein FrauenIndustrieschulverein,

ein St. Anna-Verein zur Unterstützung armer verehelichter Wöchnerinnen, ein Frauenverein

zur Versorgung armer Mädchen mit einer Mädchenbewahranstalt nach der großen Wohltäterin,

ein Männerverein zur Versorgung armer Knaben mit einem Knabeninstitute nach dem unvergesslichen Wohltäter weiland Sr. kaiserl. Hoheit Erzherzog Rainer „Rainerum“ genannt,

eine Kleinkinder bewahranstalt,

ein allgemeines Krankenhaus,

ein Armenfond nebst zahlreichen Familienstiftungen, ein freiwilliges Arbeitshaus, ein im Entstehen begrifenes Dienstbothenhaus,

ein Verein zur Unterstützung armer Studirender am- k. k. Staatsgymnasium dahier, dessen Statutenerst unlängst von der h. k. k. Statthalterei bescheiniget wurden, ist im Entstehen begrifen.

Um den Ausspruch des guten Wohltäters der Menschheit :

Die Linke soll nicht wissen, was die Rechte spendet,

zu befolgen, wollen wir im folgenden nur der Entstehung und der Mittel vorgenannter Vereine und Anstalten, der Wirksamkeit ihrer Mitglieder und der Unterstützten im Allgemeinen Erwähnung tun.

Der Schulverein besteht seit dem Jahre 1870,

weiset gegenwärtig eine Miedgliederzahl von 402 auf, deren jährlicher Beitrag die Summe von Oe. W. f. 315.80 erreicht, welche zur Anschafung von Lehrmitteln, Schulbüchern, Schreibrequisiten und Kleidern für arme Schüler der Stadtgemeinde und des Vereinsbezirkes verwendet wird. Die alljährlichen Ausweise über die geleisteten Beiträge, die von Schulfreunden gemachten besonderen Spenden und die von Zeit zu Zeit statthabenden Konferenzen beweisen zur Genüge, da dieser wohltätige Verein seine hohe Aufgabe: „Wissenschaft, Gesittung und Bildung zu befördern und allgemein zu verbreiten“ ganz besonders erfaßt hat, und dieses vorgesteckte Ziel bei seinem Fortbestände und der unermüdeten Wirksamkeit ganz sicher auch erreichen wird. Eigentliches Stammvermögen besaß dieser Verein bisher noch keines und wurde der Grund zu einem solchen erst in diesem Jahre gelegt. Dr. Johann Oettel, AdvokatursCandidal in Bozen, vermachte in seiner letztwilligen Anordnung vom 12. Juni d. Js. unter andern auch dem Filial-Volksschulvereine von Bozen und Umgebung ein Kapital von Oe. W. f

1000,

wovon die jährlich abreisenden Zinsen zu statutenmigen Zwecken zu verwenden sind, jedoch mit der Bedingung, falls genannter Verein aufgelöst werden sollte, dieses Kapital dem Armenfond in Bozen zuzufallen habe, mit der Verpfichtung die Zinsen für arme Schulkinder zu verwenden.

Frauenindustrieschulverein

erst vor ungefähr zwei Jahre in's Leben gerufen von hiesigen wohltähtigen Damen mit der Überzeugung, dass, die schon seit vielen Jahren an der Mädchenschule dahier bestandene Strick- und Industrieschule mit den ihr zu Gebote stehenden nur ganz geringen, Mitteln den Anforderungen der Zeitverhältnisse und neuen Schulverordnungen, welche letzteren täglich eine Stunde Unterricht und Uebung in den weiblichen Handarbeiten an Mädchenschulen vorschreiben, nicht mehr entspreche, und da nur durch einen dies bezüglichen Verein, wobei sich recht viele Mitglieder betheiligen und jedes derselben sein Scherfein beiträgt, ein günstiges Resultat erzielt werden kann.

Und wirklich, wenn es sich um eine gute Sache, um Wohlthun handelt, fndet hier ein gutes Wort immer einen guten Ort. Ein am 27. Oktober 1871 an die Frauen von Bozen gerichteter Aufruf, dem von der h. 1. k. Stadthalterei in Innsbruck zur selben Zeit mit den dortselbst vorgelegten Statuten genehmigten Frauen-Industrieschule dahier recht zahlreich beizutreten oder ihn mit Spenden zu bedenken, wurde vom besten Erfolge gekrönt. Zahlreich traten Mitglieder dem Vereine bei, und nicht minder zahlreich fossen demselben Gaben zu, so da z.B. in den zwei letzten Schuljahren 1871/72 und 1872/73 Oe. W. f. 639-50, woran sich der Fond des freiwilligen Arbeitshauses hier mit Oe. W. f. 360 betheiligle, zusammengebracht und Oe. W. f. 783-36 zum Ankaufe von Näh- und Strickgärthen und Stofen verwendet wurden, somit eine Mehrausgabe über den Einnahmen von Oe. W.f. 143'86 erscheint, die jedoch durch die auch im heurigen Jahre genehmigte Ausstellung von Handarbeiten der Schülerinnen der städt. Mädchenschulen hier völlige Deckung gefunden hat.

143‘86

Die in den obigen zwei Jahren nur von armen Schülerinnen verfertigten Gegenstände waren:

856 Paar neue und 76 gestopfte Strümpfe, 52 Hemden, 26 gestrickte Spenser, 89 Paar Handschuhe, 89 Schärpen, 108 Tüchlen, 18 Schürze, 12 Straminstreifen, zudem erhielten 192 armen Schülerinnen die von ihnen Arbeiten als Belohnung zurück; wirklich ein vortrefiches Mittel Kindern Kenntnisse eigen zu machen und Arbeitslust bei ihnen zu wecken und rege zu erhalten.

Der Frauen-Industrieschulverein zählt 188 Mitglieder und ist der jährliche Minimalbeitrageines Mitgliedes auf 56 kr. gesetzt. Eine Obligation der einheitlichen Staatsschuld im Nominalwerthe von Oe.W. f. 300 aus dem Anton Haas'schen Legate für die Strickschule in Bozen herrührend bildet das Stammkapital des Strickschulfonds, dessen unbedeutenden Renten dem mehr genannten Vereine zur Verfügung stehen, und muß daher der sehnlichste Wunsch ausgesprochen werden, da dieser Fond recht bald durch Legate vergrößert werden möge, damit die Strick- und Industrieschule in Bozen durch größere und sichere Einkünfte immer mehr gehoben und in gutem Stande erhalten werden kann. Nebst dem hier oben erwähnten Strickschufonde bestehen in Bozen überdies noch zum Wohle der städtischen Schulen vier Fonds und zwar: der Gymnasial-, Trivialschul-, Lokalschul- und Theres Sennoner‘sche Stiftungsfond mit einem Gesammtvermögen von Oe. W. f. 31163‘28, welches abgesondert von den übrigen städt. Fonds verwaltet und dessen Renten zu Schulzwecken verwendet werden.

31163
AnnaVerein zur Unterstützung armer verehelichter Wöchnerinnen

betähtiget sich schon seit dem Jahre 1860 mit der humanen Aufgabe, armen ehelichen Wöchnerinnen mit Nahrung, Wäsche und manchmal auch mit etwas an Geld beizustehen, entfaltet hierin ganz im Stillen eine zuerst rühmliche Tähtigkeit, besteht vorderhand nur aus sieben Mitglieder, Damen dein besseren Stande angehörig, und verfügt, nebst besonderen milden Zufüssen, über die Renten eines gegenwärtigen Vereinsvermögens von Oe. W. f. 2500

Nach den bestehenden Statuten dieses Vereins wird zu je drei Jahren die Neuwahl der Vorsteherin durch und aus den sieben Mitgliedern vorgenommen. Die Vereinsvorsteherin vertheilt die Geschäfte unter die übrigen sechs Mitglieder, führt

Auen.

der Vorsitz bei den vierteljährlichen Sitzungen und vertritt den Verein nach Jeder der sechs Vereinsfrauen ist ein bestimmter Bezirk der Stadt und nächsten Umgebung zur Versorgung zugewiesen und hat selbe die ihr sich vorstellende und von der Hebamme schon früher namhaft gemachte künftige Wöchnerin, nach den eingeholten Erkundigungen über deren wirklichen Dürftigkeit, am Entbindungstage nach Vorschrift zu betheilen und selbe während des Wochenbettes wenigstens einmal zu besuchen.

Die der Betheilung für würdig erkannte Wöchnerin erhält:

2
Weizenmehl, ein Stück Seife und vom Tage
Entbindung
14 Tage
Verköstigung.
2 Hemdchen, 2 Windeln, 2 Fatschen,
Pfund
der
an durch
eine pafende

Seit dem Bestehen dieses Vereins wurden 528 Wöchnerinnen auf obige Weise betheilt, überdies wegen eingetretener Notwendigkeit einige Säuglinge für die erste Lebensperiode auf Kosten des Vereines in Verpfegung gegeben, und so bis zum 1. Jänner 1873 für Mütter und theils Kinder die namhafte Summe von an Oe. W. f. 3500 verwendet, die aufgebracht wurde theils durch die Fondsrenten und eigenen Beiträge der Vereinsmitglieder, durch Sammlungen und zahlreiche milde Gaben von Wohltähterinnen, übermittelt durch den unvergeßlichen Protektor Pater Franz Xaver Zagler als erster Anlaßgeber zur Gründung dieses Vereins.

3500

Damit nun aber die durch genannten sel. Vermittler dem Wöchnerinnenvereine von unbekannten Wohlthätern zugefossenen milden Spenden nicht versiegen und so die wohltähtige Wirksamkeit dessen Mitglieder wegen unzureichenden Mitteln etwa hemmen könnten, wird an diese und alle bringen Wohltähter die Bitte gerichtet, dem Wöchnerinnenvereine auch fernerhin eingedenk bleiben zu wollen.

„Frauenverein“ 1873 Frauenverein 3

ganz besonders mit der Versorgung armer verwahrloster Mädchen, welche der Schule entwachsen sind, sorgt für deren Verpfegung und Kleidung und bei erreichtem Alter für passende Dienstplätze. Dieser Verein entstand im Jahre 1849 und zwar durch den Trieb hiesiger Frauen, im Wohlthun der Männer, welche zur selben Zeit den Männerverein bereits schon gegründet hatten, nicht nachstehen zu wollen. Und wirklich sie haben es bewiesen durch einhelliges Zusammenwirken, durch den edlen Wetteifer jede nach ihren Kräften zur guten Sache beizutragen; denn schon Ne erste Jahressammlung wies das .reichliche Ergebnis von 1046 f. 28 kr. Cvmz. auf, auch wurden in dem Zeitraume von einem Jahre. 67 arme Mädchen in den Verein ausgenommen und in pafenden Orten Heils unentgeldlich, gegen Bezahlung untergebracht. Da sich aber wohl bald der Übelstand zeigte, da so manches von den untergebrachten Mädchen den Anforderungen der Dienstgeber und Pfegepartheien nicht entsprach und deßhalb hem Vereine zurück gestellt wurde, welcher dadurch in nicht geringe Verlegheiten kam, indem er solche Mädchen nicht sogleich anderweilg unterbrachte, und sie auch den betrefenden Eltern oder

1873

Verwandten nicht zurückgeben wollte, so wurde der Entschluss gefaßt, ein Haus in der Stadt anzukaufen, um diese Mädchen einstweilen zu beherbergen und unter guter Leitung zu tauglichen Dienstboten heranzubilden. Im Auftrage des Frauenvereines wurde nun das dortmals der Marie Wittwe Stephan geb. Uhrer eigenthümlich angehörige Haus Nr. 50 in der Rauschgasse am 3. Juni 1851 angekauft, der Kaufsvertrag errichtet mit dem Namen

1046

„Frauenverein“ beim k. k. Bezirksgerichte Bozen Nr. 545 Folio 2357 vom Jahre 1851 verfacht und der Umbau des angekauften Hauses. lm verzüglich bewerkstelliget, wozu nebst vielen anderen Wohltähtern ganz besonders die damalige Gesellschaft „Frohsinn und Eintracht“ mit 2400 f., ein unbekanntes Fräulein ebenfalls 2400 f. und die zur selben Zeit fungirende Vorsteherin des Frauenvereins Ihre Excellenz, Frau Anna Gräfn Sarnthein durch einen besonders namhaften Betrag ihr Scherfein beigetragen haben. Am 13. April 1852 fand die Einweihung und Eröfnung des Mutterhauses statt, welches zu Ehren der obersten Schutzfrau des Vereines weiland Ihrer kaiserl. Hoheit der Frau Erzherzogin Elisabeth den Namen„Lisabethinum“ erhielt und von Ihrer kaiserl. Hoheit sogleich mit Einrichtungsstücken und Lebensmitteln reichlich versehen wurde. Zur leichteren Ueberwachung des Ganzen und Erreichung praktischer Zwecke theilte sich nun von da an der Frauenverein in

2400

drei Sektionen und zwar:

in das Elisabethinum, in die demselben zugetheilte

Nähschule,

und in die Sektion zur

Überwachung

der Mädchen

außerhalb der Anstalt, jedoch so, da alle drei Abtheilungen unter einer gemeinsamen Vorsteherin zu stehen haben, welche immer aus den 24 Vereinsausschußfrauen zu wählen ist. Die Rechenschaftsberichte vom 13. April 1855 und 14. April 1857 weisen auch das gemeinsame Vermögen obiger drei Abtheilungen als Vermögen des Frauenvereines aus, welches sich gegenwärtig stellt:

12563*57 Oe. W. f.

46644*99 für die

Nähschule . .

Sektion nach Auen. . 65775'06

6566*50 für die zusammen

Oe. W. f.

für das
Gisabethinum . .
24000

Der Fond der I. Abtheilung oder des Elisabethinums verdankt seine bedeutende Summe ganz besonders der Großmuth der leider zufrüh dahingeschiedenen obersten hohen Schutzfrau durch ein Legat von 24,000 Buben, jener der II. Abtheilung der Stiftung der Frau Anna 'v. Putzer geb. Baronin v. Ingram zu einer Nähschule, und jener der III. Abtheilung ben ergiebigen Sammlungen und der Anerkennung vieler Vermächtnißgeberinnen über die wohlthätige und aufopfernde Wirksamkeit der III. Sektion des Frauenvereines in der Versorgung armer Mädchen. Wenn nun durch die Vertheilung ber Geschäfte des Frauenvereins in drei Abtheilungen bessere Resultate erzielt werden sollen, so kann bis nur durch gemeinschaftliches Zusammenwirken ber biese Abtheilungen leitenden Untervorsteherinnen unter der Oberaufsicht der Vereinsvorsteherin und durch gemeinsame Vermögens- Verwaltung geschehen, welcher Grundsatz auch ben bestehenben Vereinsstatuten entspricht; beim ein selbstänbiges Vorgehen jeher einzelnen der Untervorsteherinnen würde die Dezentralisation des Vereins und seine unvermeidliche Aufösung zur Folge haben, wodurch über Stadt ein großer Nachtheil erwüchse, indem

eine ihrer wohlthätigsten Anstalten einginge. Das wohlthätige Wirken des Frauenvereins ergibt sich aus der großen Zahl der Mäbchen, welche seit der Entstehung des Vereins in jede der drei Abtheilungen ausgenommen wurden, so fanden z. B. seit dem Jahre 1849 Aufnahme:

in das Elisabethinum 342 in die Nähschule 605 in die Sektion auerhalb ber Anstalt 350

zusammen 1297 342 605 350

Der gegenwärtige Stand ber Mädchen in obigen drei Abtheilungen ist:

zusammen 81
in der 1. Abtheilung 29 2. Abtheilung 24 3. Abtheilung 28

Die durchschnittlich große Zahl der weiteren Heranbildung für einige Jahre im Elisabethinum stabil wohnenden und die bereits eben so große Zahl der die Nähschule daselbst besuchenden Mädchen machte eine Erweiterung der Anstalt nothwendig, weßhalb der Frauenverein im Jahre 1871 das an die Anstalt stoßende Haus Nr. 3 der Frau Elise Wittwe v. An der Lan geb. Mumelter dahier ankaufte und auf seinen Namen beim k. k. Kreuzgerichte Bozen Nr. 141 Folio 481v. I. 1871 verfachen ließ. Wirtschaft und Unterricht tut Elisabethinum werden von sechs Klosterfrauen aus dein Orden der barmherzigen Schwestern mit großer Umsicht, Genauigkeit und Lehrbefähigung geführt und geleitet.

Männerverein

37173

nimmt in Obsorge arme und verwahrloste Knaben vom sechsten Lebensjahre an bis zu deren reiferen Alter, wo selbe durch seine Vermittelung ein Handwerk bereits erlernt oder in Dienstorten untergebracht wurden und ihre völlige Selbständigkeit erreichten. Zur Erziehung und Heranbildung solcher Knaben kommt diesem Vereine das Rainerum, der welches Se. kaiserl. Hoheit der hier weilende Herr Erzherzog Heinrich das Protektorat gütigst übernommen, besonders zu statten, und sind in dieser Anstalt schnittlich 24 Zöglinge, welche die städtische Knabenschule besuchen und außer der Schulzeit von einem eigenen Lehrer überwacht werden. Zur Bestreitung der Auslagen werden milde Beiträge, gesammelt und die Renten des sich gegenwärtig auf Oe. W. si. 37173*39 belaufenden Stammkapitals des Männervereines verwendet. Die Leistungen dieses Vereins ergeben sich aus der Zahl 418 der Knaben, die seit dem 23 jährigen bestehen des Vereins Erziehung, Unterricht und Unterkunft erhalten haben und würdige Mitglieder der Gesellschaft geworden sind.

*39
Kleinkindbewahranstalt

in's Leben gerufen durch den edlen Wohlthätigkeitssinn hiesiger Bürger mit dem richtigen Erkenntnis, da die zarte Pfanze, so sie zu einem gesunden, fruchttragenden und nützlichen. Bäume heranwachsen soll, von Jugend auf sorgfältig gepfegt werden muß. Und wirklich segnend waltete des Allgütigen Hand der diese Anstalt!

So klein in ihrem Anfange wird sie nun bald da stehen als riesiger Baum fruchtbringend und Segen spendend der das ganze Weichbild. Der Stadt, einheimischen und auswärtigen zarten Pfanzen ohne Unterschied schützend Obdach bietend. Sieben Klosterfrauen aus dem Orden der barmherzigen Schwestern mit einer Magd besorgen mit großer Hingebung, Erfahrung und Erziehungskenntnis die Pfege und den Unterricht an der Anstalt, die durchschnittlich von 3601 kleinen Wesen vom ‚ 3. bis zum 6. Lebensjahre besucht wird, und an 20 arme Mädchen genießen daselbst vollständige Verpfegung und Unterricht in den Schulgegenstnden und weiblichen Handarbeiten bis zu ihrem 14. Lebensjahre, wo sie dann theils in für sie passenden Dienstorten untergebracht und theils zur noch weiteren Fortbildung in den weiblichen Handarbeiten dem Elisabethinum bergeben und sämmtliche solche aus der Anstalt entlassene Mädchen mit der nothwendigen Wäsche‘und Kleidung ausgestattet werden. Die die Anstalt besuchenden Kinderchen werden daselbst von 8 bis 11 Uhr Vormittags und von 2 bis 5 Uhr Nachmittags verwahrt, erhalten Unterricht im Lesen, Schreiben, Zählen- und die, Mädchen überdies noch im Stricken und anderen leichten Arbeiten. Der Religionsunterricht wird von einem Probsteikooperatorertheilt. Zur Abwechselung fnden verschiedene Spiele statt. Die armen Kinderchen erhalten von der Anstalt aus Vormittags und Nachmittags ein Stück Brot. Kinder vermöglicher Eltern bringen es von Haus ans in einem Körbchen mit. Am Nikolaustage werden die ganz armen Kinder berdies noch mit einem vollständigen Anzüge beschenkt. In den Nachmittagsstunden der Warmen Jahreszeit werden die ganz Kleinen schlafen gelegt, zu welchem Behufs 30 Bettchen bereit stehen und die älteren Mädchen der Anstalt Wache halten müssen.

In der Reinlichkeit vernachlässigte Kinder werden täglich gewaschen, gekämmt und wenn nothwendig auch gebadet und alles dies geschieht von der Anstalt aus unentgeldlich, nur die vermöglicheren Eltern leisten für den ihren Kindern ertheilten Unterricht einen monatlichen Beitrag von 25 bis 50 kr. und nur wenige 1 Gulden. Der Anstalt Haushalt forderte Z. B. im Jahre 1872 der des von Wohltähtern vielfältig erhaltenen bedeutenden Spenden an Brot, Biktualien usw.

für Lebensmittel 501*28

für Kleidungsstücke 450 450

für Holz und Licht 114

zusammen Oe.
1065*28,
W. f.

welche Summe nebst einer weiteren jährlichen ständigen Auslage von an 1000 f. aus den Fondsrenten gedeckt wurden. Das Fondsvermögen, zu welchem das gegenwärtige Haus und die im Griesner Neufelde an der Etsch liegenden durch die im Jahre 1868 stattgefundene Überschwemmung in ihrer Ertragsfähigkeit, daher auch in ihrem Werthe sehr herab gekommenen Aecker gerechnet sind, beläuft sich mit Abzug der an das entstehen sollende Dienstbothenhaus hinaus zahlenden 5000 f. auf nominelle Oe. W. f. 56197*, welche Summe sich durch den Neubau der Anstatt in der Hintergasse bedeutend vermindern wird. Trotz der nun bevorstehenden Kapitals- und infolge dessen auch Rentenverminderung der Kleinkinderbewahranstalt blickt die für das Gedeihen dieser Pfanzstätte unermüdlich besorgte Vorstehung frohen Muthes in die Zukunft hofend, da der edle Wohlthtigkeitssinn der Bürger von Bozen und der nächsten Umgebung wie bisher sich auch noch fernerhin für die nützlichste der städtischen Anstalten bewähren werde.

als allgemeines Krankenhaus mit Irrenabtheilung

ein Anstalt für Leidende jeglichen Geschlechtes und Alters, Einheimische, Fremde, ein stattliches Gebäude mit Gartenanlage, welches an 300 Kranke, wovon an 20 Irren beherbergen kann. Herangewachsen durch Stadtmittel und fromme Legate reprsentirt diese wohlthätige Anstalt ein gegenwärtiges

208391‘08

Stammvermögen von bestehend in Kapitalien, Oekonomiegebuden, Gründen und einem bedeutenden Viehstande, das Ganze durch eigene Verwaltung unter der Oberaufsicht der Stadtvertretung von einem eigenen Comite´ geleitet und bewacht. Den Krankendienst besorgend mit lobenswerther Thätigkeit, Aufopferung und Hingebung an 20 barmherzige Schwestern, denen zwei Wärter zugetheilt sind: das Heilverfahren ein in seinem Fache sehr erfahrener/ erprobter und thätiger Stadtarzt und gegenwärtig noch ein Wundarzt. Ein näherer Einblick in diese vortrefich eingerichtete Wohlthätigkeitsanstalt verschaft dem Beobachter die vollkommene Ueberzeugung, da hier eine zuerst humane Behandlung der Kranken, musterhafte Ordnung und Reinlichkeit gehandhabt werden, weßhalb nicht selten von wohlhabenden einheimischen und fremden Kranken gegen Entrichtung der festgesetzten Krankentaxe von der Aufnahme daselbst Gebrauch gemacht wird, und nur bei der minderen Klafe der hiesigen Bewohner eine gewisse nicht zu rechtfertigende Abneigung und Scheuche gegen diese Anstalt vielfältig noch besteht.

Armenversorgungshaus

nur für der Stadtgemeinde Bozen angehörige besondersarme alte erwerbsunfähige Personen beiderlei Geschlechtes errichtet, besteht seit dem Jahre 1860 und beherbergt gegenwärtig schon 56, wovon drei dienstthuende Individuen, durch welche die vollständige Besetzung/des Hauses erfolgt, und dein vielfältigen Ansuchen wirklich würdiger Armen theils des Mangels an Räumlichkeiten theils der nicht gengenden Fondsmittelwegen leider nicht immer nach Erfordernis entsprochen werden kann; daher oft mehrere Personen, die von der WohlthätigkeitsCommission. Die Aufnahme bereits schon erhalten, in Vormerkung genommen werden müssen, und erst dann nach und nach berstellt werden können, sobald durch Ableben von Inwohnern Plätze frei werden.

1860

Und warum der große Andrang zur Aufnahme in diese Anstalt und zwar nicht selten von alten Personen, die noch manchen ersparten Kreuzer zu verzehren hätten, ihn aber lieber bei ihrer Aufnahme dem Armenhaus abtreten wollen?

Die Antwort hierbei erhält jeder, der diese Anstalt, die wohlthätigste unserer Stadt besucht. Ein gerumiges/ gesundes Haus mit Erdgeschoß und zwei Stockwerken in der Rauschgasse gelegen unter dem Schutze des hl. Josef; dort wird er fnden die musterhafteste Reinlichkeit und eine Einwohnerschaft aus dem Antlitz jedes Einzelnen Zufriedenheit strahlend mit dem frohen Bewußtsein, die letzten oft kummervollen Tage des Lebens hier sorgenfrei verleben zu können; ein harmonisches Familienleben frei von allem Zwange und heuchelnder

Frömmelei;

eine menschen-freundliche Behandlung und sorgfältige Pfege an

Leib und Seele..

Und wirklich, könnte es für' arme alte, hilfose und würdige Dienstbothen eine bessere Stätte geben, wo sie die letzten Tage ihres früheren mühevollen Lebens in solch' angenehmer Ruhe frei von allen Entbehrungen verleben können! Überzeugt von dem wirklichen Wohlbefnden dieser alten Personen wird der Besucher das Armenhaus mit dem aufrichtigsten Wunsche verlassen: Möge der Allgütige seine segnende Hand noch mehr ausbreiten der diese wohlthätige Anstalt und ihr recht viele Gönner zuführen, die sie mit reichlichen Spenden und Legaten beschenken, damit sie sich immer mehr ausdehnen und das dürftige Alter zahlreich in Schutz nehmen kann. Obschon das Armenhaus seit seinem Bestehen viele Wohlthäter gefunden und sich schon einen beträchtlichen Fond gebildet hat, so reicht dieser noch lange nicht hin, den gegenwärtigen Haushalt zu bestreiten, geschweige eine Vergrößerung des Hauses resp. der Anstalt zu bewerkstelligen ;

denn nimmt mail die jährlichen Unterhaltskosten für ein Individuum durchschnittlich zu 80 f. an, so erfordert dies bei 56 Personen eine Summe von‘ 4480 f., welcher ein reine 5/0 tragendes Fondsvermögen von 89600 f. also beinahe an 100000 f.entspräche. Da somit die obigen Haushaltungskosten nur ganz kleinen Theils der Armenhausfond bestreitet, so bleibt es insolange Aufgabe des städtischen Armenfonds für die Erhaltung des Armenhauses zu sorgen, bis die eigenen Fondsmittel dazu hinreichen.Seit dem Bestehen des städtischen Armenhauses fanden daselbst 150 Personell Aufnahme, wovon noch mehrere der zuerst aufgenommenen ganz vergnügt und gesund leben und sich eines hohen Alters erfreuen. Der Armenhausfond wird abgesondert vom Armenfonds-

100000

vermögen durch eigene Verwaltung geführt und verwaltet, vom Stadtmagistrate überwacht und die Aufnahme der Individuen in‘s Armenhaus von der Wohlthätigkeits- Commission bestimmt, der Anstalt-Wirthschaft aber durch ein in der Stadt bekanntes,

Armenfond

die älteste Wohlthätigkeitsanstalt der Stadt

der Zufuchtsort dürftiger Domizilianten, bis zum Jahre 1865 gemeinsamer Fond der Stadtgemeinde Bozen und der Gemeinden Gries und Zwölfmalgreien, welche letzteren sich vom 1. Jänner 1865 an selbständig gestaltet und eine Gesammtabfndungssumme von Oe. W. f. 2 7489 in dortmaligen Metalliques und tirol. ständ. Aerarial-Obligationen aus dem Fond erhalten haben. Seit jener Zeit besteht der Armenfond Bozen für sich allein und repräsentiert gegenwärtig ein Stammkapital von Oe. W. f.

160081'38

bestehend in Staats und anderen Obligationen, Privatkapitalien und einigen Realitäten. Mit den dem Armenfond gewidmeten Zufüssen voll Armenprozenten, Strafgeldern, polizeilichen Taxen, milden Sammlungen, Legaten betrugen z. B. die Einnahmen in den Verwaltungsjahren:

Oe.W. f. 115611-51.

Oe. W. f zusammen
1865 „ „ 13629*92 1866 „ „ 14686*23 1867 „ „ 12452*53 1868 „ „ 14630*82 1869 „ „ 15191*90 1870 „ „ 14383-27 1871 „ „ 16867*55 1872 „ „ 13769*27

f.

W.

Oe.

Die
1865 1866 1867 1868 1869 1870 1871 1872 zusammen
Ausgaben:
f. 94775-57 10171*58 10593*12 10227*64 10860*38 11661*86 14146*95 13416*67 13697 35

wodurch sich in dieser achtjährigen Periode eine Mehreinnahme von .f. 20835*93 1/2 ergibt, die größtentheils von frommen Legaten herrührt und um das Fondsvermögen auf den früheren höheren Stand zu bringen kapitalisirt wurde. Da jedoch durch die gestiegenen Ausgaben in den letzten vier Verwaltungsjahren theils für das städtische Armenhaus, theils für die sich mehrenden nothwendigen ständigen und zeitweiligen Almosen, Pfeggelder für Kinder und blödsinnige Personen und für alte nicht zum Krankenstände gehörige Personen im daigen Spitale und durch das seit 1 Jänner 1871 in Wirksamkeit getretene Landesgesetz vom 4. Dezember 1870 den Domizilsgemeinden auferlegte 1/5tel an Krankenverpfegskosten für in allgemeinen Krankenhäusern aufgenommene kranke Domizilianten und verschiedene andere Ausgaben, wie aus nachfolgenden Rubriken ersichtlich, die wirklichen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht die wirklichen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht hinreichten, mute ein Vorschuß von Oe. W. f. 5171-86 entlehnt werden, der für den Armenfond ein Defzit bildet, welches in der Folge Zu ersetzen ist. hinreichten, mute ein Vorschuß von Oe. W. f. 5171-86 entlehnt werden, der für den Armenfond ein Defzit bildet,

2020835*93

welches in der Folge Zu ersetzen ist. Die immer mehr zu nehmende Dürftigkeit und in folgedessen größere Inanspruchnahme des Armenfonds hat die mißliche Lage herbeigeführt, da die Renten und noch anderen Zufüsse desselben nicht mehr hinreichen, dem Bedürfnisse zu entsprechen; denn nimmt man einen durchschnittlichen 4 1/2, Zinsfuß für obiges Stammkapital von Oe. W. f. 160081-38 an, so wirft dies eine jährliche Rente von Oe. W. f. 7208*66 ab, welche für nicht viel mehr als nur die Hälfte des Erfordernisses hinreicht, somit an 6000 f. durch andere Einnahmen zu decken kommen, die aber nicht mehr eine solche hohe Summe abwerfen, daher in der Folge das Defzit sich immer höher gestalten wird, wenn dem Armenfond nicht auerordentliche Einnahmsquellen eröfnet werden. Eine Verminderung der in den obigen Rubriken ersichtlich gemachten Ausgaben ist bei keiner derselben zulässig; denn nimmt man z. B. die im Jahre 1872 zu Almosen verwendete Summe von Oe. W. f. 4221-68 für die gegenwärtige Zahl 138 der ständig Betheilten an, so entfallen auf die Person durchschnittlich 30 f. 59 kr. jährliche Unterstützung, welche nur an wirklich dürftige und würdige Armen abgegeben wird und gewiß nicht zu groß ist. Ueber die Anwendung der Fondseinkünfte ,, insofern diese als Unterstützungen zu dienen haben, berathet und entscheidet die aus neun Mitgliedern bestehende Armen- oder Wohlthätigkeits- Emission unter dem Vorsitze des jeweiligen Bürgermeisters als Präses und an dessen Stelle des jeweiligen Probstes und Stadtpfarrers von Bozen als Bicepräses in besonderen Sitzungen, denen immer eine Vorsitzung bestehend aus drei Rathen mit Beiziehung der 34 Armenväter der Stadt, die mit den Lokalverhältnissen ganz vertraut sind, welche die in der Armenfondskanzlei zu Protokoll genommenen Bitten der Armen prüfen. Die Vertheilung der ständigen Almosen an die in Bozen wohnenden Armen geschieht durch die oben erwähnten Armenväter, welchen die Armen nach Bezirken zugetheilt sind, wofür sie die Beträge bei der Armenfondskasse beheben und an ihre Armen vertheilen: auswärtig wohnenden Armen werden die Unterstützungen direkt durch die Armenfondsverwaltung zugesendet. Dem Armenfond sind 20 Familienstiftungen zur kapitalischen Verwaltung zugewiesen, welche zusammen ein Vermögen von Oe. W. f. 75257-78 darstellen, dessen Renten den Anordnungen der Stifter gem theils durch deren Verwandten, theils durch hiesige Priester und theils durch die Wohlthätigkeits-Commission vertheilt werden. Jede dieser Stiftungen wird abgesondert vorn Armenfondsvermögen verwaltet und erhält auch jede ihre eigene Rechnung, welche der Armenfondsrechnung angeheftet wird.

das freiwillige Arbeitshaus

Der im Jahre 1768 verstorbene Herr Franz de Paula Anton v. Mayrl, tiol. Landmann, vermachte in seiner letztwilligen Anordnung vom 21. Juni 1767 einen großen Theil seines Vermögens, welcher vermöge Einrumungsprotokolls vom 2. Mai 1770 30783 f. 32 kr. betrug, zur Errichtung eines freiwilligen Arbeitshauses in Bozen, in welchem mässige junge und erwachsene Leute zweckmäßig beschäftiget werden und daselbst zugleich gründlichen Religionsunterricht erhalte sollen. Nach den, vom damaligen Stadtmagistrate Bozen am 30. Mai 1770 ansgestellten Reverse erkauften neun Bürger der Stadt durch eigene freiwillige Beiträge den adeligen Ansitz Schrofenstein", das gegenwärtige freiwillige Arbeitshaus, mit Behausung und 14 Grabern Weingut nebst aller Zugehrung und widmeten das Ganze zu demselben Zwecke. Vermöge Ausweises vom 17. März 1800 belief sich zur selben Zeit das gesammte Stiftungsvermögen des freiwilligen Arbeitshauses auf 63757 f. 22 kr. R. W. und erhielt diese Anstalt nach dem Commissionsprotokolle vom 3. Jänner 1818 die provisorische und bald darauf defnitive Organisirung nach dem Entwürfe des damaligen k. k. Kreishauptmannes und Gubernialrathes Herrn Leopold Ritter

v. Hauer mit Einverständniß der Erben des Stifters, der übrigen Interessenten und des Stadtmagistrates Bozen als auch diese fromme Stiftung überwachende Behörde. Nach obigem Protokolle wurden Flachs oder Werch und Wolle als geeignete Naturprodukte erkannt und auf deren Verarbeitung im Arbeitshause der Antrag gestellt, in welchen Artikeln schon früher daselbst günstige Versuche angestellt und von den folgenden Unternehmern bis zum Jahre 1865 fortgesetzt wurden, wo dann die Firma Franz' Auckenthaler & Comp." in Folge der dort schon vielfältig aufgetauchten Fabriken mit Maschinenarbeit in den bis dahin erzeugten Artikeln nicht mehr konkurriren konnte und so ihre Fabrikation in Leinenund Wollenwaaren im Arbeitshause einstellte, wodurch eine mehr monatliche Unterbrechung der Arbeit in obgenannter Anstalt eintrat, bis sich ein neuer Übernehmer in der-Person eines gewissen „G.Geliuns" fand, der die Leinwandfabrikation fortsetzte, welche aber nur von kurzer Dauer war, der dann eine 6 1/4 jährige Fabrikation von Zigarrenstroh unter dem Übernehmer Herrn „Leopold Petz" folgte, der dem gegenwärtigen

63757
69229

Pächter „Jakob Kompatscher" Platz machte. Da schon bei den ersten Uebernehmern des freiwilligen Arbeitshauses durch Beschftigung von Kindern und älteren Personen, nach dem Willen des sel. Stifters, die im Vergleiche zur festgesetzten Entlohnung geleistete Arbeit nicht entsprechend war, und sich somit Nachtheil herausstellte, so wurde den Pächtern als Entschädigung die unentgeldliche Benützung des Hauses eingerumt und berdies noch eine jährliche Subvention von 1000 bis 1500 f. muss den Vermögensrenten bewilliget und zur Überwachung des Ganzen ein Comite´ eingesetzt, wie ein solches auch noch gegenwärtig besteht. Das Stiftungsvermögen des freiwilligen Arbeitshauses hat seine eigene Verwaltung unb Beluft sich nach der Rechnung vom Jahre 1872 auf Oe. W. f. 69229-47 1/2

Das Dienstbothenhaus

Die am 28. Dezember 1872 hier verstorbene Wittwe Anna Zagler geb. Ruedl, Mutter des unvergeßlichen Protektors der hiesigen wohlthätigen Vereine und Anstalten, Pater Franz Xaver Zagler, befate sich schon lange vor ihrem Tode mit dem Gedanken, das ihr eigenthümlich angehörige Haus Nr. 37 alt Nr. 6 neu in der Maurergasse zu einer unentgeldlichen Wohnung für arme weibliche erwerbsunfähige Dienstbothen, welche ihr Domizil ili Bozen oder wenigstens 15 Jahre ununterbrochen in Bozen gedient haben, zu vermachen, welche Absicht auch durch die diesbezüglichen Notarilakte vom 13. Jänner 1858, 26. Juli 1870 und 28. Dezember 1872 verwirklichet wurde. Diesem zu errichtenden Dienstbothenhause wendete auch die im Jahre 1866 verstorbene große Wohlthäterin Frau Wilhelmine Kofer geb. Grätzl einen Erbsantheil zu, der durch Vergleich vom 19. April 1867 auf 10000 f. festgesetzt wurde, welche Summe das stadt. Armenhaus und die Kleinkinderbewahranstalt als Universalerben des bedeutenden reinen Nachlasses letzt genannter Testatrix in gleichen Theilen von je 5000 f. an das Dienstbothenhaus hinauszuzahlen haben.

Die obengenannte Realität mit % dem erwähnten Erbsantheil von 10,000 f. bilden das gegenwärtige Stammvermögen des Dienstbothenhauses.

Die Aufnahme von Bewerberinnen in das Dienstbothenhaus hat vermöge testamentarischer Anordnung durch den jeweiligen Probst und Stadtpfarrer vereint mit der Vorsteherin des hiesigen Frauenvereins und im Falle der Erlöschung des letzteren durch den jeweiligen Bürgermeister der Stadt Bozen zu geschehen.

Die Statuten für das Dienstbothenhaus, welche mehrere Bedingungen der Testatorinnen zu enthalten haben, sind gegenwärtig noch nicht bekannt.

10000

ein Verein zur Unterstützung armer Studirender

in Bozen

Der Wohlthätigkeitssinn der Bürger von Bozen bethätiget nicht nur für arme Angehörige, sondern leistet auch Dürftigen im Nothfalle thätige Hilfe. Ganz besonders Zeichneten sich die hiesigen Familien schon von jeher aus im Unterstützen mittelloser braver Elementar- als auch Gymnasialschüler, unzählige verdanken gleichsam ihre gegenwärtige gute

Möge also der erprobte Wohlthätigkeitssinn der Bürger von Bozen auch diesem neuen Vereine hold sein und sich nicht divergierender Politischen Ansichten wegen dem edlen Wohlthun entschlagen. Mildthätigkeit hat mit Politik nichts gemein, und das, was zur Beförderung von Wissenschaft, Bildung und Gesittung verwendet wird, trägt eigentlich die wahren Früchte, indem dadurch die Menschheit ihrer erhabenen Bestimmung der Gottähnlichkeit näher gebracht wird. In dieser Richtung hat sich eben auch der am 12. Juni d. Js. in der Blüthe seines Alters dahingeschiedene Dr. Johann Oettel, Bürger von Bozen, einen weiteren Gedenkstein gesetzt, indem er ein Kapital von 2009 f. mit der Bestimmung vermachte, da die jährlichen Zinsen für arme brave Studirende am k. k. Staatsgymnasium zu Bozen zu verwenden sind.Im Falle der Aufösung /des Staatsgymnasiums haben die obigen 2000 f. dem Armenfond Bozen zuzufallen. Die hier nur der Hauptsache nach abgehandelten wohlthätigen Vereine und Anstalten besitzen ein Gesammtvermögen von ohngefähren Oe. W. f. 762000, welches seine bedeutende Summe größtentheils dem Wohltähtigkeitsinne

762000

der Bürger von Bozen verdankt. Nimmt man nun einen durchschnittlichen 4 1/2 % Zinsfuß für obige Summe von Oe. W. f. 762000 an,‘so wirft sie eine jährliche Rente von Oe. W. f. 34290 ab, zu welcher füglich noch Oe. W. f. 4000, die alljährlich durch milde Sammlungen in der Stadt den wohlthätigen Anstalten Zufießen, gerechnet werden können, so ergiebt sich die namhafte Summe von Oe. W. f. 38290, welche alljährlich für Arme verwendet wird, und dennoch dem‚ Bedürfnisse nicht entspricht, indem durch die immer mehr zunehmende Verarmung von Angehörigen die Vereine und Anstalten von Jahr zu Jahr immer mehr in Anspruch genommen werden, daher dem Wohlthätigkeitssinne noch genügsam Gelegenheit geboten ist, zur Anfrechthaltung und Beförderung bestehenden wohlthtigen Anstalten sein Scherfein beizutragen.

Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.