Auktionskatalog 9. April 2024

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AUTOGRAPHEN aus allen Gebieten AUKTION

9. April 2024

Hotel Bristol

Gartensaal

Kurfürstendamm 27

10719 Berlin

Katalog 712

J. A. STARGARDT

Antiquariat · Gegründet 1830 in Berlin

Seit 1885 im Besitz der Familie Mecklenburg

10707 Berlin · Xantener Straße 6

Telefon (030) 8822542 · Telefax (030) 8822466

info@stargardt.de · www.stargardt.de

BESICHTIGUNG

Dienstag 2. April bis Donnerstag 4. April 10 bis 18 Uhr in unseren Geschäftsräumen

Montag 8. April 10 bis 18 Uhr Hotel Bristol, Gartensaal

VERSTEIGERUNG

Dienstag 9. April ab 10 Uhr Nr. 1 – 315 ab 15 Uhr Nr. 316 – 664

KONTEN

Berliner Sparkasse ∙ IBAN: DE93 1005 0000 0950 0097 84 ∙ BIC: BELADEBE

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ERKLÄRUNG DER ABKÜRZUNGEN

Interprétation des abréviations · Interpretation of abbreviations

E. Br. m. U. Eigenhändiger Brief mit Unterschrift (L.a.s. / A.L.S.)

Br. m. U. Brief von fremder Hand mit eigenhändiger Unterschrift (L.s. / L.S.)

Br. m. U. u. E. Brief von fremder Hand mit eigenhändiger Unterschrift und Empfehlungsformel (L.s. avec souscription aut. / L.S. and subscribed)

S. Seite(n) (p.)

O. O. u. D. (J.) Ohne Ort und Datum (Jahr) (s. l.n.d. / n.d.)

4o (8o) Quart-(Oktav-)Format (in-4o) (in-8o)

Bei den Maßen ist zuerst die Höhe angegeben

Fast alle Abbildungen sind mehr oder weniger stark verkleinert

Die Preise in Klammern sind unverbindliche Schätzungen. Auf die Zuschlagspreise wird ein Aufgeld von 20 % erhoben, ggf. zuzüglich Mehrwertsteuer gemäß den Versteigerungsbedingungen

Les prix entre parenthèses sont des estimations. Il sera perçu une prime de 20 % en sus des prix d’adjudication; le total peut être soumis à la TVA selon les conditions de vente

Prices in brackets are estimates. A buyer’s premium of 20 % of the hammer prices will be charged by the auctioneers; the total may be subject to VAT according to terms of sale

Die Abbildungen und Zitate dienen lediglich der Orientierung der Kaufinteressenten; sie stellen keine Veröffentlichungen im Sinne des Urheberrechts dar. Alle Rechte an den zitierten Texten und den Abbildungen bleiben den Inhabern der Urheberrechte vorbehalten. Nachdrucke sind in jedem Falle genehmigungspflichtig.

INHALT 7 I. Literatur Nr. 1 – 193 119 II. Wissenschaft Nr. 194 – 284 207 III. Bildende Kunst Nr. 285 – 315 223 IV. Geschichte Nr. 316 – 501 299 V. Musik Nr. 502 – 652 381 VI. Theater und Film Nr. 653 – 664 388 Versteigerungs-Bedingungen 389 Conditions of Sale 390 Personenregister 394 Ortsregister 396 Verzeichnis der Auftraggeber Live online bieten, Scans aller Stücke: Invaluable.com Live online bidding, scans of all items: Invaluable.com

I. LITERATUR

1 ALTENBERG, Peter, Pseudonym für Richard Engländer, 1859 – 1919. E. Br. m. U. O. O. u. D. 2 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse (kleiner Ausriss in der linken oberen Ecke). (400.—)

An einen Freund, „Lieber Julius“, den er nach längerer Krankheit dringend um Hilfe bittet.

„... 5 Monate lang lag ich nun mit doppelt gebrochener Hand, mit schwerster Schlafmittel-Vergiftung (Professor Baron Wagner von Jauregg sprach von unentrinnbarem Delirium und GummiZelle, verloren für sich selbst und für die Anderen.[)] Ich ass 5 Monate lang buchstäblich nichts, und nur mein heiliger Bruder bangte um mein sowieso wertloses verthanes Dasein! …

Als ich nach 5 Monaten Krankenlager im ‘Residenz’ erschien, teilte mir der Oberkellner von Seiten der Besitzer mit, dass mein ‘Freitisch’ aufgehoben sei! Ich verliere also die Möglichkeit, wenigstens Abends eine Malzeit zu mir zu nehmen! Hilf mir! Eingedenk Deiner hundertmal wiederholten Freundschafts-Beteuerungen! …“

2 ARNDT, Ernst Moritz, 1769 – 1860. E. Albumblatt m. U. Bonn 15.VII.1845. 1 S. quer8o. Schwach gebräunt. (600.—)

Für Pauline von Droste-Hülshoff geschriebenes Albumblatt.

„In Gottes schönem Garten Stehn manche Blümelein; Wer hoffen kann und warten Erblicket ihren Schein.

Es kommt ein Frühlingsmorgen, Alle Knospen sind gesprengt –Was willst ums Dunkle sorgen, Das heut Dir’s noch verhängt?

Gedenken Sie, theure Freundin, Ihres Blumengärtchens vom Frühling 1844 und einiger Laute, die wir durch seine Blüthen haben fliegen laßen …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger. Pauline war die Ehefrau von Clemens-August von Droste zu Hülshoff, eines Vetters der Dichterin.

I. LITERATUR 8

Nr. 2

3 AUERBACH, Berthold, 1812 – 1882. Br. m. U. Berlin 22.I.1878. 21⁄2 S. gr.-8o. Auf seinem Briefpapier. Leicht gebräunt. (250.—)

An einen Herrn, der ihn eingeladen hatte, „sich dem Comité für das Seume -Denkmal anzuschliessen“. Auerbach sagt ab.

„... Ich habe mich, wie Sie sich vielleicht erinnern, sehr lebhaft der Sammlung für das Spinozadenkmal angenommen und werde wahrscheinlich schon in nächster Zeit, wenn auch vielleicht nicht öffentlich, den Kreis meiner Freunde für einen noch lebenden tapferen Mann und Schriftsteller in Anspruch nehmen müssen …“

Beiliegend 1 e. Postkarte m. U. (St. Moritz 1881) und 1 Portraitphotographie (Kniestück, Dreiviertelprofil nach rechts).

4* (AUSLEGER, Gerhard, 1891 – 1969). – Über 50 an ihn gerichtete Autographen. Teilweise mit kleineren Läsuren. (3.000.—)

Gehaltvolles Konvolut, zum größten Teil Beiträge zu der Zeitschrift „Die Schöne Rarität – Monatsschrift für expressionistische Literatur und Graphik“ betreffend, deren Mitarbeiter Ausleger war. Die Zeitschrift erschien von 1917 bis 1919 im Verlag von Adolf Harms in Kiel.

Darunter Max Brod („... über den Titel Ihrer Zeitschrift bemerke ich noch, daß mir dieser Titel, der etwas Nettes, Zierliches, Antiquité-haftes andeutet, eben nicht zu der künstlerischen Intensität der Publikation zu passen scheint  …“), Theodor Däubler (ein Treffen mit Georg Tappert betreffend), Richard Dehmel, Alfred Döblin (2), Kasimir Edschmid, Yvan Goll (2), Max Halbe, Walter Hasenclever (9; davon 1 Typoskript seines Gedichts „Die Mörder sitzen in der Oper“ mit dem eigenh. Zusatz „Zum Andenken an Karl Liebknecht“), Klabund (27, davon 13 aus der „Villa Neugeboren“ in Monti sopra Locarno; darunter 1 e. Postkarte mit der „Groteske“: „Meine Mutter war eine chinesische Zwergwachtel. / Mein Vater eine Spottdrossel. / Ihre kahlen Kadaver / fraß / die Katze …“), Oskar Loerke, Arnold Zweig (Feldpostbrief von der Ostfront, 1917) und Stefan Zweig („... Ihre Verse sind sehr klar und plastisch, voll innerer Durchbildung, aber es glänzt von ihnen noch nicht das magische Leuchtfeuer, das die tausend Blicke aus dem Dunkel fragend und sehnsüchtig auf sie blicken lässt …“).

Beiliegend Autographen von George Grosz (4; u. a. über Charlie Chaplins Autobiographie „My trip abroad“) und Conrad Felixmüller.

I. LITERATUR 9

„Keine Rilkebriefe“

5 BENN, Gottfried, 1886 – 1956. 52 e. Br. m. U., 8 e. Billette m. U., 1 e. Schriftstück o. U. (Rezept), 2 e. Ansichtskarten m. U., 1 Gedichttyposkript („Die Spinne“ von Astrid Claes) mit Korrekturen von Benns Hand, 1 Verlagsprospekt mit e. Anmerkungen sowie 5 Telegramme.

Berlin, Köln, Westerland, (Worpswede) und o. O. 9.XI.1951 bis 23.V.1956 und o. D. Über 120 S. folio bis 16o sowie die Postkarten und die Telegramme. 17 Autographen auf seinem Briefpapier, 5 mit gestempelter Adresse und 1 mit Briefkopf „Dom-Hotel-Köln“. Tinte und Kugelschreiber (durchschlagend). 4 mit Klammern geheftet, davon 1 mit getrockneter Blume. Kleine Rand- und Faltenrisse. (30.000.—)

Intensive Brieffolge an die junge Schriftstellerin Astrid Claes (1928 – 2011), Lektorin beim Kölner Winkler Verlag, die 1953 mit ihrer Arbeit „Der lyrische Sprachstil Gottfried Benns“ in Köln promoviert wurde. 1951 hatte sie sich wegen ihrer Dissertation zweimal vergeblich mit der Bitte um ein Treffen an Benn gewandt. Erst im Juni 1954 fand in Kassel ein erstes Treffen statt, nachdem sie ihm ihre Arbeit gesandt und Fragen zu seinem dichterischen Werk gestellt hatte.

Aus dem gelegentlich schwärmerischen und werbenden Tonfall der Briefe ist ersichtlich, dass der damals 68-Jährige bei diesem Treffen eine tiefe Zuneigung zu der 26-Jährigen fasste. Gleichzeitig wird deutlich, wie sehr Claes davon unbeeindruckt blieb, sich auf literarische Fragen beschränkte und ihm auch nicht mitteilte, dass sie einen Partner und eine kleine Tochter hat. Benn war hinsichtlich ihrer Werke voll des Lobes – ihre Gedichte empfand er als „geradezu verblüffend“, verglich ihren Sprachstil mit dem von Else Lasker-Schüler und war bemüht, ihr zu ersten Veröffentlichungen zu verhelfen. Die platonische Beziehung endete 1956, nachdem Benn sie gebeten hatte, seiner Geliebten Ursula Ziebarth zu einer Stelle als Lektorin im Winkler Verlag zu verhelfen.

Aus den Jahren 1951 bis 1953 liegen lediglich 2 Briefe und 1 Telegramm vor; der eigentliche Briefwechsel beginnt im Januar 1954.

Berlin 31.I.1954. „... ich weiss nicht, ob ich in nächster Zeit zu der Beantwortung Ihres Briefs und seiner Frage kommen werde, obschon mich diese Frage selber in letzter Zeit beschäftigt hat. Ich möchte aber nicht länger warten, um Ihnen nochmals meinen aufrichtigen Dank für Ihre Beschäftigung mit meinen Sachen zu sagen, meine Bewunderung für Ihre ganz erstaunlichen Kenntnisse meines sogenannten oeuvre. Ihre Methode kommt mir mathematisch vor: Aus Worten u. Einzelsätzen ziehen Sie Linien, bauen Sie Kurven, setzen Sie Thesen u. ziehen Sie Schlüsse, – eine interessante Methode, da sie jenseits der Wertung u. Verallgemeinerung steht …“

Berlin 24.IV.1954. „... Interessant – , aber nicht überrascht bin ich, dass Sie die ‘Fragmente’ so schockiert haben. Bin ganz Ihrer Meinung, aber man tut manchmal sonderbare Sachen gegen sich selbst, u. eine Tendenz in mir ist immer wieder: nur nicht seriös werden, nicht reif (à la Carossa), nicht edel, nur kein ungetrübter idealistischer Ruhm, immer fragwürdig bleiben  Sie tragen also keine bunte Kleidung, also vermutlich meistens schwarz (mit weiss), sehr gut, Ihre Augen sind wohl dunkel (braun?), Ihre Größe taxiere ich auf 169–171 cm, Ihre Taille sehr schmal, kurz: Mannequinfigur …“

O. O. 11.V.1954. „... Haben Sie Ihre Eltern am Leben? Haben Sie Geschwister? Was für welche? Haben Sie reguläre Bürostunden in Ihrem Verlag? Erzählen Sie mir irdische Dinge von sich, wie oft lassen Sie sich das Haar waschen, leben Sie vegetarisch? Rauchen Sie Cigaretten? Welche Marke? … So nun können Sie ruhig wieder schreiben, ich sei überaus banal – wir leben u. erhalten uns von Banalitäten, und je mehr Genie umso mehr …“

O. O. 19.VI.1954. Vor ihrem ersten Treffen am 29. Juni. „... Wer in Kassel zuerst ankommt, wartet auf den andren, aber nicht im Vestibül, Hotelhalle, sondern in seinem Zimmer, bis der andre ihn benachrichtigt. Sie werden ein Zimmer mit Bad haben – hoffentlich, bestellt habe ich es – Sie können also ruhen, schlafen, sich den östlichen Schmutz abwaschen, das Haar kämmen, die Lippen röten. Sie sind, bitte, von dem Augenblick an, wo Sie Kassel betreten, bitte mein Gast …“ – Nach ihrem Treffen intensiviert sich der Briefkontakt – Benn schreibt ihr über einen Monat beinahe jeden zweiten Tag.

I. LITERATUR 10

O. O. 8.VII.1954. Er hatte einer Veröffentlichung ihrer Gedichte mit Widmung an ihn abgelehnt. „... Sie müssen allein auftreten ohne jedes persönliche Beiwerk. Gedichte müssen nackt u. geschichtslos dastehn. Seien Sie nicht böse, aber das geht nicht … Dabei eine Bemerkung, die ich schon längst machen wollte: wenn der Tag kommt, wo Sie über meine Sachen anders denken, sie in anderem Lichte sehn, sie Ihnen ferner werden u. fraglicher, das kränkt mich nicht. Wir müssen uns alle von denen trennen, von denen wir ausgingen, sie verwandeln sich in uns, wir verzehren sie, um selber uns zu erhalten. Deswegen bleiben unsere Gedanken beieinander und unsere Herzen sehn sich weiter an …“

O. O. 12.VII.1954. „... Ich muss Ihnen verraten, dass ich solche Briefe wie an Sie überhaupt nicht schreibe, seit 20 oder 30 Jahren sicher keinen Brief an eine Frau geschrieben habe, in dem auch nur eine Spur von Zärtlichkeit, Zuneigung, Hingabe enthalten war. Keine Rilkebriefe können je von mir auftauchen …“

O. O. 25.VII. o. J. (1954?). „... Unsere Beziehungen sind von einer gewissen Zwiespältigkeit für mich. Nämlich: sind Sie eine Frau, also eine Liebespartnerin, stehe ich Ihnen anders gegenüber, als wenn Sie ein feines Herz sind, eine Dichterin, eine Gespielin, die nicht isst, nicht trinkt, nicht schläft, sich ihr goldenes Haar mit einem diamantenen Kamm am hohen Turmfenster kämmt … Man liegt vor einer Frau nicht Tag u. Nacht auf den Knieen u. murmelt zu ihr Gebete empor, eine Frau ist ein Gegenstand. Im anderen Fall werden Sie zarter, ergriffener, auch mit weiteren Blicken in Zukunft u. Räume behandelt – also was sind Sie? …“

Köln 16.XI.1955. Aus dem Dom-Hotel, nach dem gemeinsamen Treffen mit Claes’ Freund: „Leben Sie wohl. In Gedanken werde ich mich Ihrer oft erinnern … Alles Liebe u. einen Handkuss von Ihrem müden G.B.“

O. O. 23.V.1956. In seinen letzten Zeilen an sie – als Billett auf einer gedruckten Dankeskarte für Glückwünsche zu seinem 70. Geburtstag am 2. Mai – zeichnet er in wehmütiger Betrachtung ihrer oft gelesenen Werke gleichsam ein letztes liebevolles Portrait: „Las ‘Gin’ wieder. Grossartige Raffinements darin, unverständlich tiefsinnige. Und ich sagte mir wieder, wieviel Resignation, wieviel Zucht, wieviel Überspringen seiner selbst, seiner Leidenschaften u. seiner Leiden dazu gehört, sowas Seltsames, Schweres, Undurchschaubares zu schreiben. Und The Raven bleibt eine der wunderbarsten Melodien, die ich je gehört habe. Wie muss man Sie schonen u. schützen.

(Bin wieder krank, kann kaum schreiben). / For ever: Gottfr. Benn“. – 2 Monate später, am 7. Juli, starb Benn in Berlin.

Beiliegend 2 e. Br. m. U. Benns an den Germanisten Rainer Gruenter, Claes’ damaligen Partner. Sämtlich gedruckt in: Briefe an Astrid Claes 1951 – 1956, herausgegeben und mit einem Nachwort von Bernd Witte, München, Klett-Cotta 2002. – Die Briefe und Typoskripte von Astrid Claes an Gottfried Benn befinden sich im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar.

I. LITERATUR 11

6 BIERBAUM, Otto Julius, 1865 – 1910. 3 e. Gedichte, davon 2 mit Namenszug am Schluss. 6 S. gr.-folio. Grünliches Papier. Rand- und Faltenrisse. (200.—)

„Der alte Orgelmann singt“, „Rosenopfer“ und „Fühle nur!“; ersteres beginnt:

„Einst in meinen Jugendjahren Hab ich Liebe viel erfahren, In der Belletage sowohl Wie Sout’rain und Entresol. Bin ein frecher Fuchs gewesen, Machte nicht viel Federlesen, Rupfte hier und rupfte da, Lina, Laura, Lucia …“ – Es folgen 10 weitere Strophen.

„Rosenopfer“ mit 11 vierzeiligen Strophen, „Fühle nur!“ mit je 1 vier- bzw. sechszeiligen Strophe.

7* BONSTETTEN, Karl Viktor von, 1745 – 1832. E. Br. o. U. O. O. u. D. (Genf, wohl März bis Mai 1764). 31⁄2 S. 4o. Leicht gebräunt. Spuren alter Heftung. Anmerkungen von fremder Hand am Kopf und am Fuß der ersten Seite (rötliche Tinte, Blei). (400.—)

Als Neunzehnjähriger, unter dem Eindruck der Schriften Rousseaus, an seinen Vater, den Berner Ratsherrn Karl Emanuel von Bonstetten.

„... Je viens d’entendre pour la premiere fois plaider une cause. Je m’y suis enuyé beaucoup, mais je trouve d’autant plus louable le zele de ceux qui protegent les inocens, et sacrifient leur tems et leurs plaisirs à faire du bien … Un jeune Bernois de famille, qui auroit des talents et des connoissances pourroit aisément devenir un Emile, qui vivant dans la simplicité la seule parure de la vertu, sauroit braver les mechants, et les puissants, et qui deviendroit le protecteur de l’inocence et de l’opprimé en devenant l’image de la vertu. C’est Emile qui me done ce zele, et c’est être chimerique a toujours été le seul que j’ai souhaitté de voir realiser, pour suivre ses traces …“

Aus der Sammlung seines Freundes Friedrich von Matthisson, mit dessen Notiz am Kopf der ersten Seite: „Bonstetten an seinen Vater, von Genf aus, wo er, etwa 18 Jahr alt damals studirte.“ Bonstettiana, Briefkorrespondenzen Karl Viktor von Bonstettens und seines Kreises, 1996 – 2014, Band I/1, S. 290 ff., mit Abbildung.

8* E. Br. o. U. (Bern) 1.VI.(1809). 4 S. 4o. Mit Anmerkung von fremder Hand am Kopf. Kleine Läsuren. (400.—)

Inhaltsreicher Brief aus der Zeit der Mediation (an Madame de Staël) über die Zerstrittenheit zwischen den liberal-progressiven und den konservativ-katholischen Kantonen der Schweiz, die schließlich zum Sonderbundskrieg führte. – Napoleon hatte wenige Jahre zuvor in der Mediationsakte eine föderalistische Verfassung mit autonomen Kantonen verordnet und als Staatsname die Bezeichnung „Schweizerische Eidgenossenschaft“ festgelegt.

Zunächst über den Schweizer Pädagogen Philipp Emanuel von Fellenberg, den er kurz zuvor in Hofwil bei Bern besucht hatte, wo dieser einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb mit Lehr- und Erziehungsanstalten u. a. für verwahrloste Kinder gegründet hatte. Fellenberg hatte mit einem Rundschreiben an Kantonsregierende für großen Unmut gesorgt; denjenigen, der seiner Einladung für eine Unterweisung nach Hofwil nicht Folge leiste, solle „das Feuer des Himmels in die Hölle stürzen“. „... Fellenberg a un caractere singulier; l’enthousiasme qui l’anime n’est jamais en avant de ses idées; mais t[ou]j[ours] caché sous les formes les plus froides, et renfermé dans les profondeur[s] de son ame … Dans une

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longue conversation que j’eus avec lui, je fus frapé de ce contraste De la vient que Fell[enberg] a un style raboteux, dur, froid, bigarré par des elans d’enthousiasme absolument disparates avec l’ensemble de sa parole. Il vient d’adresser un circulaire à une 40. de regens du Canton pour les inviter à se rendre à Hofwyl afin d’y recevoir une instruction certainement tres salutaire. Ce circulaire en style froid et de chancellerie contient à la fin une phrase aprochante de celleci: Il vaudroit mieux que le feu du ciel vous precipitat dans l’enfer – que de ne pas – venir à Hofwyl pour y recevoir ces instructions. Le gouvernement s’est allarmé et de son style – fanatique, et de la forme de circulaire, qui ne convient pas à particulier …“ Aus der Sammlung seines Freundes Friedrich von Matthisson, mit dessen Anmerkung am Kopf „de Bonstetten“.

A. a. O. Band X/2, S. 752 – 754.

„um Mitternacht auf einen entlegenen Todtenaker“

9* Eigenh. Manuskript (Sommer/Herbst 1816?) und 2 e. Br. m. U. Bern und (Genf) 16.IV.1787 und 21.XII.1822. 2 S. 4o und 8o. Kleine Läsuren. (800.—)

„Erinnerungen aus Bonstetten’s Jugendleben“. –Entwurf aus dem Sommer/Herbst 1816 (?), mit Korrekturen:

„In meiner Seelenbildung in Yverdun kam alles aus mir selbst. Als Ich fühlte daß Ich bald Mann werden solte ward ich ganz beschämt mich noch vor Gespenstern zu forchten. Da entsch[l]oß Ich mich auf einmahl mit dieser Schwachheit durch einen großen Sieg fertig zu werden und faßte den Entschluß um Mitternacht auf einen entlegenen Todtenaker zu gehen. Schon hatten zwolff geschlagen als Ich mich bei einem hellen Mondschein auf den Weg machte. Der Todtenaker war mit einer Mauer umgeben. das alte Thor schwarz angestrichen. Ich fühlte mich nicht ohne angst den augenblik der großen Entscheidung nahe; da ich eben das Thor anfaßte horte ich dreimahl von innen an die Thür klopfen. Eine kalte eiserne hand lieff mir über den Rüken und meine Füße rißen mich blizschnell einige hundert Schritte weit vom Schauplaz meiner Heldenthaten fort …“

Aus der Sammlung von Friedrich von Matthisson (am Kopf von ihm bezeichnet „v. Bonstetten“).

Die Briefe:

1) Bern 16.IV.1787. An Marc-Louis Duchastel, der ihm, stellvertretend für Jacques Necker, Genfer Bankier und Eigentümer des Schlosses Coppet im Kanton Waadt in der Schweiz, zur Wahl zum Landvogt von Nyon gratuliert hatte. „L’honeur d’avoir Monsieur Neker pour Vassal est une grande Charge, que je ne pourrois jamais remplir qu’en me pénetrant des Sentimens et des grandes Idées qui brillent dans ses Ouvrages …“ – Duchastel, Cousin der Salonnière Suzanne Necker, geb. Curchod, war mit Umbauarbeiten am Schloss Coppet beauftragt.

2) (Genf) 21.XII.1822. An Friedrich von Matthisson über den Bau eines Dampfboots für den Bodensee; Bonstetten konnte König Wilhelm I. von Württemberg überzeugen, den US-Konsul Edward Church mit dem Bau eines solchen zu beauftragen. „... das Dampfschiff wird alles revolutionieren. Lausane und Genf werden nur eine Stadt werden. der K[önig] wird große Freude an der Sach haben, das Ding ist nur durch Church moglich  …“ – Verso ein „Rezept“ gegen Magenbeschwerden. Mit Anmerkungen von fremder Hand (Tinte und Blei).

Beiliegend u. a. 1 e. Billett (o. O., ca. 1810) und 1 Manuskriptfragment von Bonstetten. Das Manuskript, die Briefe und das Billett A. a. O. gedruckt, teilweise mit Abbildung.

I. LITERATUR 13

(K. V. v. Bonstetten)

10* (—) 12 an ihn gerichtete Briefe (meist e. Br. m. U.). Spätes 18. und frühes 19. Jahrhundert. Überwiegend mit Adresse. Montagespuren, einer mit Mäusefraß (geringer Textverlust). Mit Anmerkungen von fremder Hand. (1.600.—)

Inhaltsreiche Briefe an Bonstetten von Dichtern, Gelehrten, Naturforschern, Reisenden und Staatsmännern.

Luise Gräfin von Albany, Florenz 29.XI.(1810). Kondolenz zum Tod von Bonstettens jüngstem Sohn Johann Viktor Eduard von Bonstetten, dann über den Tod Johannes von Müllers (am 29.V.1809), Bonstettens engem Freund. „... Votre amie si elle avoit voulu, auroit pu s’épargner ce qui lui est arrivée, en donnant son ouvrage à ceux qui lui avoient demandés en allemagne, mais elle a voulu paroitre dabord à Paris …“

Lazare Graf Carnot, Paris 9.II.1809. Bonstetten hatte sich wegen der Entlassung seines Sohnes aus militärischen Diensten an ihn gewandt. „... il faut que M. votre fils envoie cette démission au ministre lui-même …“

Georges Baron Cuvier, (Paris, nach 1810). Mit Dank für ein übersandtes Werk. „... celui que vous daignez m’offrir va donc être pour moi la source d’une instruction agréable …“

Johann Heinrich Füßli, Zürich 23.XII.1818. Zuerst über noch vorhandene Exemplare von Bonstettens „Deutschen Schriften“. „... Gluz-Blozheim … send’ ich Ihnen, sobald die dafür bestimmte Carte fertig ist. Der Art. Eydsgenoßschaften wurde … durch die Censur verstümmelt. Ich werde Ihnen aber ein unverstümmeltes verschaffen.

Überhaupt … ist es eine merkwürdige Erscheinung, wie Preßfreyheit in Deuschland und selbst in unsrer sonst so lichtscheuen Schweitz, seit der Revolution so viel Feld gewonnen hat …“

Paul Moultou, Freund von Jean-Jacques Rousseau, (Genf) 2.XII.1765. „... Je viens de lire l’éloge de Descartes par Thomas, qui m’a fait un très grand plaisir. Les grands hommes méritent d’être loués par les belles ames; qui Thomas ajoute à la gloire de Descartes, sans songer à la sienne, une autre aurait cherché à briller aux depends de son Héros …“

Friedrich Münter, Bischof von Seeland, 2 Briefe, Kopenhagen nach 1807 und 4.III.1815. Der erste bei Übersendung der Predigt, die er „am Tage meiner Bischofsweihe“ gehalten habe. „...Könnten Sie … mir aus Lyon eine Münze vom Triumvir M. Antonius schaffen …, so würde ich Ihnen sehr dafür danken. Die Münze ist nicht größer als ein halber Denarius, und könnte recht gut unter dem Siegel des Briefes im Siegellak verborgen liegen  …“ – Der zweite aus der Zeit des Wiener Kongresses („wir können uns jetzt auf eine bessere Zeit Hofnung machen“).

Kaspar Risbeck, Aarau 4.III.1785. Mit einer Beschreibung von Zürich. „... In Rücksicht auf deutsche Literatur und Geselligkeit finden Sie da schwerlich, was Sie erwarten. Der Geist von Zürch ist schwerfällig, finster, zurükhaltend und hauptsächlich auf den Gewinn des täglichen Brotes angestrengt … Die Kenntnisse des Zürchers … sind sehr eingeschränkt. Er muß sich mehr durch Fleiß als natürliches Genie geltend zu machen suchen …“

Louis Simond , Rom 6.I.1818. Von einer Reise nach Italien. „.... Tout le trajet de Venise à Boulogne est une espece de Hollande sans verdure & malsaine – pas une prairie, pas un arbre; car on ne peut donner ce nom aux misérables muriers étêtes qui soutiennent les vignes – l’Appenin est aride et sans grandeur … Je prefere la campagne de Rome comme objet pittoresque. Rome elle même nous a paru moins desert & plus vivant que Je ne m’y serois attendu …“

Jean Charles Léonard Simonde de Sismondi, Pescia 5.XII.1815. „... Aussi je remercie bien les Pargagnotes d’y avoir donné occasion, d’autant plus que le service qu’ils m’ont rendu est tout à fait gratuit. Je n’ai point les bras si longs que d’avoir pu rien faire à Paris d’ici pour eux; toutes les fois que j’ai traité avec les libraires, je les ai trouvés très peu empressés à recevoir mes recommandations, … que j’ai renoncé à leur m’adresser …“

Jean Trembley, Neffe des Naturforschers Abraham T., 2 Briefe, Genf 11.XII.1773 und 19.IV.1775. Über das Leben in Genf und gemeinsame Bekannte. – „... J’ai achevé l’Organum, fait une partie du Chap. 8 de l’Analyse, et traduit un Ecrit de Lambert sur la certitude des observations qui est fort curieux … / La Beaumelle vient de mourir, il laisse un portefeuille d’ecrits contre Voltaire, qu’il a legués à Mr de la Condamine …“ – Erwähnt ferner u. a. Johannes von Müller (1773).

Aus dem Besitz von Friedrich von Matthisson, mit dessen Vermerken am Kopf.

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I.
LITERATUR

11 BÜRGER, Gottfried August, 1747 – 1794. E. Br. m. U. W(öllmarshausen)

3.IV.1777. 2½ S. 8o. Schwach fleckig, kleiner Faltenriss fachgerecht repariert. (1.200.—)

An den Schriftsteller und Juristen Anton Matthias Sprickmann, dessen „langen und lieben Brief“ er erst nach seiner Rückkehr von einem fünfwöchigen Aufenthalt in Hannover vorgefunden habe.

„... Heüte habe ich nicht mehr Zeit, als Eüch dies vorläufig zu sagen und nicht nur meine in H. verfertigte Silhouette, sondern auch ein Exemplar meiner Eüropa bey zu legen. Ich habe mich königlich divertirt in Hannover und daselbst, wie man mir sagt, einen guten Geruch von mir hinterlaßen …

Ich weiß nicht, ob ich Eüch schon entdekt habe, daß ich ein episches Gedicht Dido , wovon ein Fragment im März des Mus[eums] steht, auf dem Ambos habe … Ich will ganz verstekt hinterm Schirm erst zuhören, was die Leute von meinen Hexametern sagen … Außer Eüch und Boien, weiß Niemand, daß ich Verfaßer bin …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, von ihr auf der letzten Seite bezeichnet „Bürger“.

Briefwechsel, hrsg. v. Ulrich Joost und Udo Wargenau, Band II Nr. 434.

„Es will mit meiner Poeterey gar nicht recht mehr fort“

12 E. Br. m. U. Göttingen 4.X.1786. 4 S. kl.-4o. Leicht gebräunt und fleckig. Läsuren in der Bugfalte und an den Rändern, rechter Rand des ersten Blattes alt hinterlegt. (1.600.—)

Inhaltsreicher Brief an (seinen Schwager Gotthelf Friedrich Oesfeld, Ehemann seiner Schwester Henriette Philippine), bei dem er sich für sein langes briefliches Schweigen entschuldigt. – Zu Beginn des Jahres war seine zweite Frau Augusta („Molly“), eine Schwester seiner ersten Frau Dorothea („Dorette“) Leonhart, nach der Geburt eines Kindes gestorben. Die drei hatten zuvor jahrelang in einer ménage à trois gelebt.

„... Alle Ihre Briefe, auch die mit Geld und Nahmenverzeichnissen, habe ich richtig erhalten. Möchten Sie doch nun auch nur erst die Gedichte haben! Sieben und zwanzig Bogen sind längst abgedruckt gewesen; allein nun hält mich theils der Kupferstecher, theils meine träge Muse selbst noch auf, verschiedenen Stücken, die ich doch gleichwohl noch gern in die Sammlung haben möchte, die letzte Hand anzulegen.

I. LITERATUR 15

Es will mit meiner Poeterey gar nicht recht mehr fort, seitdem ich aus den fruchtbaren Gefilden der sinnlichen Erkänntniß an den steilen Gebirgen der Speculation hinanzuklettern angefangen habe. Indessen, um doch nicht mit ganz leerer Hand vor Ihnen zu erscheinen, schließe ich meinen künftigjährigen MusenAlm[anach] mit an, in welchem Sie aber anstatt des Honigseims aus der blauen Blume des Parnasses nur einige kleine Gift Extracte von mir antreffen werden … ... ich habe mich … diesen Sommer über ziemlich wohl befunden. Mein Engagement bey meinem jungen Britten ist ganz angenehm und einträglich … Mein Eleve ist ein gutmüthiger Knabe, den aber die Lust viel zu lernen eben sehr nicht plagt. Das Beste ist, daß ein junger Herr, dessen Vater ein 12 000 L. Sterling jährlicher Revenüen hat, eben nicht viel zu lernen nöthig hat …

Es ginge mir in der Tat jezt gar nicht übel, wenn nur mein armes Herz durch seinen unvergeßlichen Verlust nicht gar zu sehr bankrot gespielt hätte. Recht von Herzens Grunde kann ich mich nicht mehr freüen; es fehlt mir etwas, was mir nun auch wohl mangeln wird bis ans Grab. Ich stehe da wie ein kahler, nackter Stamm. Meine Zweige sind mir abgehauen und der Sturm hat sie weit umher zerstreüt. Ich kann schwerlich wieder ausschlagen, die Witterung mag auch übrigens noch so mild seyn.

Meine Alte und alle Ihre lieben Kinder umarme ich von Herzen. Sie haben ja nun wohl nachgerade eine große Tochter, die heürathen könnte. Heürathen könnte ich ja allenfalls auch wohl wieder, nur aber leider nicht mehr – lieben. Das müssen Sie ja nicht laut werden lassen, wenn Sie irgend wo noch einmal mein Freywerber werden wollen. Denn ich heürathe nicht anders wieder, als aus leidigem zeitlichen Interesse …“

Briefwechsel Band III Nr. 1068 („verschollen“).

I. LITERATUR 16 (G.A. Bürger)

13 BUSCH, Wilhelm, 1832 – 1908. E. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1 S. quer-kl.-8o (Karton). Schwach gebräunt. Am Kopf 3 Zeilen von fremder Hand (Bleistift). (1.200.—)

„Entsagung nennt man das Vergnügen

An Sachen, welche wir nicht kriegen. Wilh. Busch.“

14 CAROSSA, Hans, 1878 – 1956. 2 e. Br. m. U. Passau 12.I.1906 und O. O. u. D. Zus. 3 S. 8o. Mit 1 Umschlag. (400.—)

Als niedergelassener Arzt an seine Patientin Josephine („Fini“) Aulinger, die in Passau offenbar ein Café betrieb.

12.I.1906. „... Die kleinen roten Tabletten sind nur für Kinder; Sie müssen also die runden gelben und, falls diese zu schwach sind die großen eckigen gelben nehmen …“

O. D. „... Ich bin Ihnen vollkommen gut wie Sie wissen, und Sie sind der letzte Mensch in Passau, mit dem ich im Kriegszustand leben möchte.

Warum holen Sie die Pillen nicht? Vorläufig lege ich Ihnen weiße Tabletten bei; nehmen Sie davon alle 3 Stunden 1 Stück! Aber nicht zerbeißen! Sondern mit Wasser schlucken! …“ Sehr selten aus so früher Zeit.

15 COTTA, Johann Friedrich Freiherr von, Verlagsbuchhändler, 1764 – 1832. E. Br. m. U. Stuttgart 23.XI.(?)1829. 1 S. 4o. (600.—)

An seinen Kollegen Friedrich Perthes in Gotha in Geschäftssachen; erwähnt im Zusammenhang mit Außenständen (den Hamburger Publizisten Jacob Bendix Friedrich) Daevel. „... Schmidt in F[rank]f[ur]t habe ich unsere Angelegenheiten empfohlen, bis es einmal Zeit ist selbst dafür zu reisen …“ – Am Kopf vom Empfänger bezeichnet („Cotta“).

Beiliegend ein Brief seines Sohnes Georg von Cotta, Stuttgart 7.XI.1854, eine Gefälligkeit für den Germanisten Joseph v. Laßberg betreffend. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

I. LITERATUR 17

16 DAUDET, Alphonse, 1840 – 1897. E. Br. m. U. O. O. u. D. (nach 1889). 2 S. 12o (quer auf liniiertes Papier geschrieben). Leicht gebräunt. Kleiner Faltenriss. (300.—)

An einen Theaterdirektor und Schauspieler, sein neues Stück betreffend.

„... J’ai fait représenter l’hiver dernier au Vaudeville, dans la poussière des démolitions, trois actes qui ont eu un beau succès de presse, mais n’ont pas fait d’argent. – Cela s’appelait Le Sacrifice … Comme La chose se fait trop attendre, j’ai pensé à vous … et à votre joli petit théâtre.

Je crois très sincèrement que ma piece – bien montée, avec vous jouant le rôle de Félix – aurait quarante bonnes représentations dans l’estomac …“

Das Stück war 1889 erstmalig aufgeführt worden.

17 DICHTER und SCHRIFTSTELLER. – 90 Autographen. Meist e. Br. m. U. 20. Jahrhundert. (3.000.—)

Darunter Alfred Andersch, Johannes R. Becher, Heinrich Böll (3; dazu: Helmut Gollwitzer, e. Manuskript m. U. „Heinrich Böll, ‘Fürsorgliche Belagerung’ in Deutsches Allg. Sonntagsblatt … 1979“), Georg Britting (10; davon 5 e. Gedichte m. U.), Hans Carossa, Paul Celan (e. adressierter Briefumschlag m. U.), Paul Claudel, Günter Eich (2; davon 1 e. Gedicht m. U.), Hans Magnus Enzensberger (Br. m. U.), Otto Flake, Allen Ginsberg (2; davon 1 signierte Portraitphotographie), Oskar Maria Graf (Autorenvertrag m. U.), Peter Handke (Typoskriptseite „der Erzählung ‘Der Chinese des Schmerzes’“ mit e. Zeilen u.U.), Gerhart Hauptmann (e. Albumblatt m. U.), Patricia Highsmith, Arno Holz, Ricarda Huch, Peter Huchel, Ernst Jünger (4), Erich Kästner (e. Glückwunschenzeilen m. U.), Walter Kempowski, Alfred Kerr, Elisabeth Langgäser, Hermann Lenz, Oskar Loerke, Golo Mann (2), Katia Mann (e. Br. m. U. auf der Adressseite einer Ansichtskarte mit einer Photographie von Thomas Manns Arbeitszimmer in Kilchberg), Ernst Penzoldt (6), Ezra Pound (2), Wilhelm Raabe (e. Albumblatt m. U.), Christoph Ransmayr, Erich Maria Remarque, Gregor von Rezzori (Manuskriptseite, eng beschrieben), Harry Rowohlt (3), René Schickele, Arthur Schnitzler (e. Billett), Anna Seghers (Portraitphotographie mit datiertem e. Namenszug auf dem Untersatzkarton), Georges Simenon (signierte Portraitphotographie mit e. Widmung auf der Bildseite), Hilde Spiel, Albert Vigoleis Thelen (2; Einblattdruck „Meseta Castellana“ m. U., gedruckt als Dankesgeschenk für Glückwünsche zum 85. Geburtstag sowie e. Br. m. U.), Ludwig Thoma, Karl Valentin (2 e. adressierte Briefumschläge mit Absenderstempel), Paul Valéry, Clara Viebig, Frank Wedekind, Josef Weinheber (2; dazu: Weinhebers Ex Libris), Peter Weiss und Christa Wolf.

18 16 Autographen. 20. Jahrhundert. (800.—)

Albrecht Goes (e. Gedicht „Lobgesang“ m. U. mit Begleitbrief, Stuttgart 1955), Otto Heuschele (e. Albumblatt m. U. mit Begleitbrief, Waiblingen 1965), Isolde Kurz (e. Postkarte m. U., O. O. u. D.), August Lämmle (e. Widmungsexemplar „Es leiselet im Holderbusch“ mit Namenszug, 1951), Josef Mühlbeger (e. Manuskript, nachträglich am Unterrand bezeichnet u. signiert „Aus dem Drama ‘Der Despot’“), Friedrich Naumann (e. Postkarte m. U., Binic 1907), Wilhelm Raabe (e. sign. Kupferdruck-Portrait, 1901), Otto Rombach (e. Briefkarte m. U., Bietigheim-Bissingen 1961), Anna Schieber (e. Gedicht m. U. „An die Dichter“), Tony Schumacher geb. von Baur-Breitenfeld (2 e. Br. m. U., Stuttgart 1916 und O. O. u. D.), Auguste Supper (e. Gedicht m. U. „Vielleicht“), Frank Thiess (e. Schriftstück m. U., Bad Aussee 1961, mit Umschlag) und Friedrich Wolf (e. Postkarte m. U., Hechingen 1924).

I. LITERATUR 18

19 15 Autographen. 19. Jahrhundert. (800.—)

Ludwig Bauer (e. Schriftstück m. U., Ernsbach 1830, einmontiert in sein Buch „Schriften“), Johann Georg Fischer (2 e. Gedichte m. U., o. O. 1878 und o. D.), Cäsar Flaischlen (e. Postkarte m. U., Stuttgart 1893), Emanuel Geibel (Portraitphotographie mit e. Widmung u.U.), Karl Gerok (3; 1 e. Gedicht „Elegie / Helena“ 1833, 1 e. Albumblatt m. U., Stuttgart 1878, und 1 Schriftstück m. U., Stuttgart 1873), Christian Ludwig Neuffer (e. Billett m. U., Ulm 1827), Friedrich Christoph Oetinger (Schlussteil eines e. Br. m. U., Weinsberg 1759), Johannes Scherr (2; 1 e. Albumblatt m. U. und 1 e. Postkarte m. U., beide Zürich 1883), Christian Wagner (2; 1 e. Albumblatt m. U., O. O. u. D., und 1 Widmungsexemplar „Aus der Heimat“, o. O. 1913) und Ottilie Wildermuth (e. Br. m. U., Tübingen 1853).

20* 10 Autographen. 20. Jahrhundert. (600.—)

Richard Benz (E. Br. m. U. 1940), Heinrich Böll (e. Br. m. U. 1961, mit Umschlag), Friedrich Dürrenmatt (e. Namenszug unter Portraitphotographie), Gerd Gaiser (e. Br. m. U. 1959), Erich Kästner („Beste Grüße / von / Erich Kästner“, 1971), Wolfgang Koeppen (Br. m. U. 1963, dazu ein e. überarbeitetes Typoskript, „ein Stück aus der ersten Niederschrift eines noch nicht vollendeten Romans“), Karl Krolow (e. Gedicht m. U. „Schreiben“), Gabriele Reuter (e. Br. m. U. 1919) und Ernst Zahn (e. Gedicht m. U. „Glocken“).

21 DICKENS, Charles, 1811 – 1870. E. Br. m. U. Broadstairs 7.IX.o. J. (nicht nach 1851). 2½ S. 8o. Kleiner Randeinriss. Montagespuren auf der 4. Seite (leicht durchscheinend). (1.200.—)

An einen Herrn („Humfrey Esquire“), dessen Einladung er nicht annehmen könne.

I. LITERATUR 19

(Ch. Dickens)

„... I assure you most cordially, that it would have given Mrs Dickens“ (Catherine Hogarth, von der er sich 1858 trennen sollte; die Familie lebte bis 1851 in Broadstairs, Kent) „and myself great pleasure to have accepted your Invitation, if it had been in our power to do so. But we have some friends staying with us at this moment, and shall have an addition …

I have waited to answer your note until I could see Mrs Dickens (who is not very well) and ascertain whether all these matters stood as they did yesterday …

Trusting that we shall be more fortunate on some other occasion, I am Dear Sir / Faithfully Yours / Charles Dickens“

22 E. Br. m. U. London 11.VI.1858. 1 S. 8o. Auf seinem Briefpapier. Leicht fleckig. (800.—)

An J.E. McIntyre, wohl ein Bewunderer.

„... I thank you heartily for the letter you have had the kindness to address to me. It is one of many that have deeply moved me, and the receipt of which is almost compensation enough for any distress of mind under which I may have lately sufferd …“

23 DINGELSTEDT, Franz Freiherr von, 1814 – 1881. Schriftstück m. U. Wien 1.V.1874. 1⁄2 S. gr.-folio. Mit Gebührenmarke. Leicht gebräunt und fleckig. (250.—)

Quittung über 541 Taler, „welche der Unterzeichnete als Gehalt per Monat Mai 1874 aus der Kasse des K.K. Hofburgtheaters hat“. – Dingelstedt war seit 1870 Direktor des Burgtheaters. Beiliegend eine ähnliche Quittung m. U. der Schauspielerin Pauline Lucca (Wien 1880, leicht defekt).

24* ENZENSBERGER, Hans Magnus, 1929 – 2022. E. Br. m. U. München 7.II.1984. 2 S. gr.-4o. (300.—)

An Helene Ritzerfeld, enge Mitarbeiterin von Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld sowie langjährige Leiterin der Abteilung Rechte und Lizenzen des Suhrkamp-Verlags, anlässlich ihres 70. Geburtstags.

„... wenn ich richtig rechne, so sind es nun vierundzwanzig jahre, daß wir briefe wechseln, unzählige briefe, die alle, fast alle, von paragraphen und prozenten, von optionen und lizenzen handeln … nur daß man sie selber … in diesem dickicht von klauseln und verträgen zuweilen gar nicht mehr richtig zu gesicht bekam. ja, vielleicht haben sie sich sogar ein wenig darin versteckt – weil es ihnen gefiel, hinter der sache, unsrer sache, gewissermaßen zu verschwinden. die berüchtigte eitelkeit der autoren haben sie nie geteilt …“

25 ESCHENBURG, Johann Joachim, Literaturhistoriker und Übersetzer, 1743 – 1820. E. Br. m. U. Br(aunschweig) 6.X.1810. 1 S. 8o (250.—)

An den Verleger Friedrich Perthes in Hamburg mit Dank „für das mir überaus angenehme Geschenk der drei ersten Stücke des von Ihnen verlegten Vaterländischen Museum, dessen mir sehr erwünschte Bekanntschaft ich in beiliegendem Blatte auch in der hiesigen Gegend zu verbreiten gesucht habe …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

20

I. LITERATUR

„Hüte Dich vor Verplemperungen“

26 FONTANE, Theodor, 1819 – 1898. E. Br. m. U. London, „Mama’s Geburtstag, / Café Divan, Strand“ 14.XI.1855. 4 S. 8o. Leicht gebräunt. (3.000.—)

„Mein lieber Georg “. Liebevoller, scherzhaft-väterlicher Brief an seinen ältesten, damals vierjährigen Sohn, geschrieben am 31. Geburtstag seiner Frau Emilie.

„... Ich kann den Geburtstag Deiner Mutter nicht besser feiern als dadurch, daß ich Deinen lieben Brief beantworte … Du bist ein wackrer Junge und läßt Dich in Deinen Ansichten von der Schönheit dieser Welt, die einige an Verstopfung leidende Menschen eine Welt der Mängel nennen, nicht so ohne Weitres erschüttern. Du schreibst mir, daß Du alles ‘ausgezeichnet’ nennst und selbst bei mäßig gesüßtem Kaffe ausruft ‘der reine Zucker’. Sieh, das lieb’ ich. Ein junges frisches Gemüth muß alle Dinge, und wenn es der härtzeste Klos wäre, ‘ausgezeichnet’ finden und der bittre Bodensatz, den die Weltweisen mit ihren Grübeleien und ihrer kritischen Krücke aufrühren, muß für ihn nicht da sein; alles ‘der reine Zucker’. Aber ich ersehe noch mehr aus Deinem Briefe; ich ersehe auch, daß Du ‘nix da wider’ hast. Sieh, das freut mich; das ist ein Zug liebenswürdiger Toleranz, der an die hellen Geister des vorigen Jahrhunderts erinnert und nichts gemein hat mit jenem Kreuzzeitungsgeist, der die Bibel citirt und einen ‘Zuschauer’ schreibt.

Halte Dich auf diesem Wege des ‘nix dawider’ und wenn Du auch nicht Landrath wirst, so wirst Du doch vielleicht mehr werden, nämlich – glücklich. In dieser Beziehung kannst Du Dir deinen endesunterzeichneten Papa zum Muster nehmen, wiewohl ich Dir in andren Beziehungen lieber andre Vorbilder anempfehlen möchte.

Du schreibst mir auch, daß Du einen Freund hast ‘Gustav’ und auch eine ‘Marie’, über deren Geschlecht Du mich im Unklaren läßt; doch schließ ich aus dem Namen daß es ein weibliches Wesen ist. Sei darum vorsichtig … ‘Hüte Dich vor Verplemperungen’ das ist der höchste Ausdruck meiner väterlichen Weisheit. – Dein Vater hat sich auch verplempert und Du bist so zu sagen die süße Frucht derselben. Doch die Dinge laufen nicht immer so gut ab und ich bin nicht sicher, daß Deine Marie ein so treffliches weibliches Wesen ist wie Deine Mutter, die ich Dich zu lieben und hochzuachten bitte … / sei immer der brave Sohn Deiner Eltern insonderheit Deines Vaters Th Fontane“. Briefverzeichnis Nr. 55/47.

I. LITERATUR 21

I. LITERATUR

(Th. Fontane)

27 E. Billett auf seiner gedruckten Visitenkarte. (Berlin, nach 1872.) 2 S. 16o. Leicht gebräunt. Knick in rechter unterer Ecke. (350.—)

„Th. Fontane. / Potsdamer Strasse 134c“.

„Darf ich freundlichst bitten, mich in“ (recto) „einer Zeile wissen zu lassen, wann ich Sie erwarten darf, – es könnte sich sonst treffen, daß ich nicht zu Hause wäre“ (verso).

Theodor Fontane lebte von 1872 bis zu seinem Tod im Haus des Johanniter-Ordens Potsdamer Straße 134c.

Nicht im Briefverzeichnis.

„Leidenschaften … sind nur in Büchern gut“

28 E. Br. m. U. „Dein Th. F.“ Berlin 30.V.1878. 4 S. gr.-8o. Schwach gebräunt. (3.000.—)

An seine Frau Emilie, die sich den Sommer über bei ihrer Freundin Johanna Treutler und deren Ehemann, einem Zuckerrübengutsbesitzer, in Neuhof aufhielt.

„Geliebte Frau.

Es ist schon dunkel, aber zehn Minuten Licht muß der Himmel draußen noch hergeben.

Besten Dank für Deine freundlichen Zeilen; ich freue mich, daß es Dir so gut geht, hab es übrigens keinen Augenblick bezweifelt. Ruhe, Güte, Freundlichkeit, – die stillen Dinge des Lebens sind die Besten. Leidenschaften, wie ‘Sturmfluthen’ und Feuersbrünste, sind nur in Büchern gut.

22

Gestern Abend traf noch Mete’s ‘Bestallung’ ein, die ich ihr, uneröffnet, gleich geschickt habe.“ – Die Tochter Martha hatte im April ihr Lehrerinnen-Examen bestanden und wohl ein Stellenangebot erhalten. – „Auf den einliegenden Brief hab ich ihr eben geantwortet, sehr liebevoll, comme toujours, aber doch hervorhebend, daß von comédienne parfaite gar keine Rede und mein Brief einfach ein Hinweis auf eingegangene Verbindlichkeiten, auf Pflicht und Worthalten gewesen sei. Im Uebrigen, ein merkwürdiges Kind, eminent beanlagt, aber nicht harmlos und unbefangen …

Heute Mittag war Frl. v. Rohr“ (Mathilde von Rohr) „bei mir, lieb und gut wie immer; nur auf L.“ (Bernhard von Lepel) „ist sie nach wie vor schlecht zu sprechen. Er ‘mogelt’ beständig; von dem Augenblick an, wo sie dies einsah, war es mit ihrer Liebe vorbei. – Morgen kann ich nicht schreiben; ich muß um 11 in der National-Galerie, um 1 bei Lindau“ (der Schriftsteller Paul L.) „und um 6 1/2 im Theater sein. Ein entsetzlicher Tag für mich; zwölf Stunden außer dem Hause; wie ich mich mit des Lebens Nothdurft abfinden werde, weiß ich noch nicht …“

Briefverzeichnis Nr. 78/19; Ehebriefwechsel Nr. 509.

29 E. Br. m. U. Berlin 10.V.1879. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Kleiner Randeinriss. Mit e. adressiertem Umschlag. (1.200.—)

An Fanny Lewald in Berlin.

„... Darf ich mich heute bald nach 8 Uhr bei Ihnen einfinden und an Ihrem Theetisch den Plauderabend haben, den Sie mir so gütig versprachen? …“

Briefverzeichnis Nr. 79/39.

Fontane als Theaterreferent

30 E. Br. m. U. Berlin „Potsd. Str. 134.c.“ 2.I.1883. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt.

(800.—)

An einen Herrn („Hochgeehrter Herr Doktor“) mit „Dank für das schöne Buch, auf dessen Erscheinen in 3. Auflage ich in der Vossin in einer kurzen Notiz hinweisen werde …“

Fontane war seit 1870 als Referent für die „Vossische Zeitung“ tätig. Nicht im Briefverzeichnis.

I. LITERATUR 23

Fontane)

31 2 e. Br. m. U. „Wie immer Dein alter Papa“. Berlin und Krummhübel 10.X.1884 und 31.VII.1888. 8 S. gr.-8o (6.000.—)

Väterlich besorgte Briefe an seinen jüngsten Sohn Friedrich, „Mein lieber Friedel“, der bei Langenscheidt in Berlin eine Buchhändlerausbildung absolviert hatte.

Berlin, Oktober 1884. Friedrich Fontane hatte in Jena seine erste Stelle angetreten. „Wir freuen uns aufrichtig, daß Du – wie wir Deiner heute eingetroffenen Karte entnahmen – heil und gesund in Deinem Jenenser Hafen eingelaufen und bei Schlächter Dornbluth ein Chambregarniste geworden bist. Denn in Schlächterhäusern ist man immer gut aufgehoben, namentlich heutzutage, wo das Schlachten meist außerhalb besorgt wird und das Quieken der Schweine fortfällt. Noch wichtiger ist es, daß Du bei Deiner Antritts Visite einen freundlichen Eindruck gehabt hast. Wir wünschen von Herzen, daß es so bleibt.

Deine Aufenthalte in Dobbertin u. Rostok scheinen Dich nur mäßig befriedigt zu haben, wobei ich dahin gestellt sein lasse, ob wirklich was gefehlt hat oder ob Du mehr erwartet hast als Du erwarten durftest. Du bist, glaub ich, ein bischen zu kritisch; wenn man freundlich und anständig behandelt wird, muß man in allen Lebenslagen zufrieden sein; ein volles Behagen ist selten und kommt meist nur extra und wie von ungefähr; wo man drauf wartet, bleibt es fast immer aus. Das beobachte ich nun seit 50 Jahren.

Gestern hat Mama zwei Pakete zur Post gegeben; der Rest – in einer großen Kiste folgt sehr bald … / Auch von George und Mete trafen heut früh Briefe ein  …“ – Ferner über das Befinden seiner beiden Geschwister. Erwähnt seinen „Scherenberg-Aufsatz“ und Friedrichs Lehrherrn „Langenscheidt“. Krummhübel, Juli 1888. Über Friedrichs Versuche, sich selbständig zu machen. „... eine Hauptgefahr liegt im Ueberstürzen.Von den beiden Prepositionen, die Herr Gleichmann Dir macht, scheint der Kauf des Eigendorfschen Geschäftes in Barmen viel besser als der Eintritt als Geschäftsführer oder erster Gehülfe in das ungenannte Sortimentsgeschäft … Solche späte Theilhaberschaft hat zwar etwas Verlockendes, aber wie selten kommt es dazu. Was ich Dir früher in diesem Sinne schrieb, sollte nur heißen: ich finde es ideal, wenn sich dergleichen von selber macht … plant man aber dergleichen von vorneherein, so glückt es eigentlich nie. Was Du mir von Behrend und Passarge schreibst, lasse ich gelten, ich glaube auch ganz aufrichtig, daß bei der Schlechtbezahltheit der Gehülfenstellungen alle jungen Buchhändler

I. LITERATUR 24 (Th.

danach streben früh selbständig zu werden, trotzdem halte ich es für gut, unter ‘Eile mit Weile’ vorzugehen und möglichst viel ich will nicht sagen vom Geschäft, aber von der Welt kennen zu lernen. Das kann ich nicht gelten lassen, daß Du schreibst: ‘Du könntest nicht aufs Neue, eine Stel[lun]g für 400 Thaler unter einem vielleicht wenig gebildeten Menschen annehmen.’ Ja, mein lieber Junge, ein Vergnügen ist das freilich nicht … Aber wer ist in der angenehmen Lage, sich solche Stellungen mit angenehmen Menschen aussuchen zu können? Was hatte ich bis zu meinem 20. Jahr für Vorgesetzte? …“ – Trotz der Bedenken des Vaters sollte Friedrich Fontane am 1. Oktober in Berlin seinen eigenen Verlag gründen. Briefverzeichnis Nrn. 84/118 und 88/114.

32 Br. m. U. (gemeinschaftlicher Brief mit 6 weiteren Unterschriften). O. O. u. D. (um 1894). 3 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenschäden (teilweise ausgebessert). (800.—)

An einen Wohltäter mit der Bitte um Unterstützung für den Schriftsteller Johannes Schlaf, der 1893 nach einem Nervenzusammenbruch in die Charité eingeliefert worden war. – Mitunterzeichnet von Gerhart Hauptmann, Friedrich Spielhagen, Erich Schmidt, Max Liebermann, Ernst von Wildenbruch und Paul Schlenther.

„... Die Unterzeichneten erlauben sich, Ihren so oft bewährten Wohlthätigkeitssinn für eine Persönlichkeit in Anspruch zu nehmen, deren Existenz auf das höchste gefährdet ist.

Es handelt sich um den kranken Dichter Johannes Schlaf, der seit einer Reihe von Jahren seine ganze Kraft in den Dienst strengster künstlerischer Arbeit gestellt hat …

Es handelt sich hier nicht nur um eine Pflicht der Menschlichkeit sondern auch darum, einen so außerordentlich begabten Dichter der Kunst zu erhalten …“

Mit Erwähnung von Felix Hollaender und „Hofbuchhändler S. Fischer“, an den etwaige „Geldsendungen“ zu richten seien.

33 E. Albumblatt m. U. Berlin 14.V.1896. 2⁄3 S. folio. Tinte leicht verblasst. Schwach gebräunt. Verso schmal angerändert (leicht durchscheinend). (1.200.—)

„Wie’s die Tage fügen, Das muß uns genügen Th. Fontane. …“ Großzügig geschrieben.

34 E. Br. m. U. Berlin 14.XII.1896. 12⁄3 S. gr.-8o. (1.200.—)

Wohl an ein Mitglied der Deutschen Schillergesellschaft in Berlin (den Philosophen und Pädagogen Ferdinand Jakob Schmidt?).

„... Eine Grippe, die nicht weichen will und seit gestern, wo ich mich heraus wagte, wieder in Blüthe steht, zwingt mich aufs Neue das Zimmer zu hüten.

Ich bitte die Herren mein Ausbleiben entschuldigen zu wollen und erlaube mir diese Zeilen an Sie … zu richten, weil ich den Gesundheitszuständen unsres verehrten Dr. Karl Frenzel auch nicht recht traue. Natürlich schließe ich mich allen Beschlüssen an …“

Der Schriftsteller Karl Frenzel, Feuilletonchef und Theaterkritiker der Vossischen Zeitung, hielt die Grabrede für Fontane.

Briefverzeichnis Nr. 96/221.

I. LITERATUR 25

(Th. Fontane)

35 Portraitphotographie mit e. Namenszug auf dem Untersatzkarton. Berlin 1896. Ca. 31,5 × 38 cm. Leicht berieben, Knickspur in der Bildmitte. Untersatzkarton mit bestossenen Ecken (1 eingerissen, 1 weitere lose). (1.600.—)

Unter der Aufnahme sein großzügig geschriebener Namenszug: „Th. Fontane. “ „Originalaufnahme / für die / Berliner Illustrierte Zeitung.“ – Die eindrucksvolle Aufnahme zeigt den betagten Schriftsteller an seinem repräsentativen Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer in der Potsdamer Strasse.

36 Eigenh. Billett. O. O. u. D. (1898). 1 S. kl.-4o. Etwas gebräunt. (1.200.—)

„Die Gedichte von S[eite] 67 an sind neu.

‘Herr v. Ribbeck auf Ribbeck im Havelland’ (Birnbaum-Geschichte) steht S[eite] 318.

‘Die Geschichte vom kleinen Ei’ beginnt S[eite] 67.

Mein Lieblingsgedicht (das sich unmittelbar anschließt) heißt: Luren-Concert.“

Fontane bezieht sich auf die in seinem Todesjahr bei Hertz in Berlin erschienene 5. verm. Auflage seiner „Gedichte“.

26

I. LITERATUR
„Bis jenes sich neigte und dieses brach“

37 FOUQUÉ, Friedrich de la Motte-, 1777 – 1843. E. Gedicht m. U. 25.XII.1820. 1 S. 8o (800.—)

An den verklärten Friedrich Leopold (Am ersten WeihnachtFeiertage 1820)

Als o! mein Väterlich holder Freund –Du, Freund den Freunden – den Feinden nicht Feind –Als Dir in den frommen Sinn es kam, Daß Deine Hand die Feder nahm, Deß Gottes Mannes Vincentius Treiben In Lieb’ und Einfalt zu beschreiben –Da schriebst Du, geleitet von höherm Geist, Eine Stelle hin, die also heißt:

‚Sein Haupt blieb hell, sein Herz voll Liebe, Bis jenes sich neigte und dieses brach!’

Die liebe Stelle las heut’ ich nach

Am Fest der Höchsten, seeligsten Liebe. Wie, daß mein Auge da trocken bliebe! Mit leisen Thränen seufz’ ich Dir nach:

‚Dein Haupt blieb hell, Dein Herz voll Liebe, Bis jenes sich neigte und dieses brach!’“

Der väterliche Dichterfreund Graf Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg war am 5. Dezember 1819 gestorben.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

I. LITERATUR 27

38 FREILIGRATH, Ferdinand, 1810 – 1876. E. Br. m. U. Barmen (Mai 1839). 3⁄4 S. gr.-4o Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Etwas gebräunt, Rand- und Faltenschäden ausgebessert. (600.—)

An Levin Schücking in Münster.

„... Meinen besten Dank für Ihre gütige Auskunft. – Daß Sie Herrn Meier meine Ankunft für die ersten Tage der NachPfingstwoche gemeldet haben, ist mir ganz recht, und es freut mich außerordentlich, daß wir uns in unsern Wünschen so schön begegnet sind. – Nächste Woche denk’ ich Münster zu passiren, u. können wir dann das Weitere mündlich verabreden …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin; von ihr auf dem Adressblatt eigenh. bezeichnet „Ferdinand Freiligrath“.

39 E. Albumblatt m. U. O. O. 26.VIII.1874. 1 S. quer-schmal-gr.-8o. Leicht gebräunt. (250.—)

„‘Besser fünfzig Jahr’ Europa’s, als chinesische Aeonen!’“

„Hassanfälle auf Zürich“

40 FRISCH, Max, 1911 – 1991. Br. m. U. „Frisch“. O. O. 24.X.1952. 1 S. folio. Winzige Randeinrisse. (800.—)

An die ihm befreundete Lektorin und Übersetzerin Annemarie Seidel („Lieber armer Mirl!“), die Ehefrau von Peter Suhrkamp, die ihm den von ihr gemeinsam mit Friedrich Podszus übersetzten Roman „Die Grasharfe“ von Truman Capote zugesandt hatte. – Zunächst vom Familienurlaub auf Sylt.

„... Die Nordsee ist inzwischen ziemlich entschwunden. Frau und Kinder“ (Gertrud von Meyenburg, die Töchter Ursula und Charlotte sowie der Sohn Hans Peter) „haben sich doch sehr gut erholt, wie sich zeigte. In den Kindern, auch in Charlotte steigen gelegentlich, wenn man den Zusammenhang nicht erraten kann, Bilder von Kampen auf, ja, die Eindrücke vom Watt sind bereits derart verarbeitet, dass sie, wenn nichts mehr im Teller ist, von Ebbe reden. Ich selbst bin sehr froh, dass wir die liebe Gelegenheit, aller Ferne zum Trotz, ergriffen haben; unsere Landschaft hier geht mir auf die Nerven. Das Jahr in Amerika“ (Frisch hatte mit einem Stipendium der Rockefeller-Stiftung zwischen April 1951 und Mai 1952 die USA und Mexiko bereist) „hat meine Heimatliebe noch mehr zersetzt, ohne mich so frei zu machen, wie ich hoffte; meine immer wiederkehrenden Hassanfälle auf Zürich sind keineswegs überwunden. Wie Du vernommen haben wirst, habe ich die ersten sechs Wochen hier in heftiger Arbeit verbracht; obschon die Komödie nicht ‘fertig’ ist, bin ich vorderhand nicht mehr imstande, weiter daran zu arbeiten …“ – Sein Theaterstück „Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie“ wurde ein Jahr darauf gleichzeitig in Zürich und Berlin uraufgeführt. – Weiter über den Besuch des Stücks „Sechs Personen suchen einen Autor“ von Luigi Pirandello: „Obschon es ein Stück für Schreiber ist, Kunst, die sich selbst zum Thema nimmt, sass ich in Bewunderung ohne einen Hauch von Faszination …“ – Ferner zum Tod des Schweizer Verlegers Emil Oprecht am 9. Oktober des Jahres: „Thomas Mann verabschiedete ihn mit echter Würde. Kurz zuvor hielt Mann seinen Vortrag: Der Künstler und die Gesellschaft. Sehr grossartig; er streifte Wesentliches und also Heikles, wie es in unseren Gegenden nur noch im Schutze eines Weltruhmes auszusprechen ist, und schon ihm, Zürichs lebendigster Zierde, nehmen sie es nur noch mit verbissenen Gesichtern ab …“

Erwähnt die Lektüre von Ernest Hemingways Novelle „Der alte Mann und das Meer“.

I. LITERATUR 28

41 GALSWORTHY, John, 1867 – 1933. E. Br. m. U. Kapstadt, „en voyages“, 5.III.1929. 1 S. gr.-8o. Auf Briefpapier des „Queens Hotel“. Leicht gebräunt. Mit Umschlag. (200.—)

Wohl an einen Redakteur („H. Hoch“) in Stuttgart.

„... I thank you for your Courtesy in sending me your article + the pamphlets. Most unhappily I cannot read German … / I should have no objection to you quoting Chap 22 of the Patrician! …“ – Der Roman „The Patrician“ war bereits 1911 erschienen.

42 GARCÍA LORCA, Federico, 1898 – 1936. E. Gedicht mit Widmung und Namenszug am Kopf. Madrid 1933. 1 S. kl.-4o. Violette Tinte (leicht verblasst). Leicht unfrisch. Verso kleine Ausbesserungen mit Klebefilm sowie Anmerkungen in Blei von fremder Hand. (4.000.—)

„– La raiz amarga –Hay una raíz amarga y un mundo de mil ventanas.

Ni la mano más pequeña quiebra la puerta del agua.

¿Dónde vas? ¿adónde? ¿dónde? Hay un cielo de mil ventanas – batalla de abejas lívidas –y hay una raíz amarga.

Amarga.

Duele en la planta del pie, el interior de la cara, y duele en el tronco fresco de noche recién cortada.

¡Amor! Enemigo mío ¡Muerde tu raíz amarga!“

Mit minimalen Abweichungen vom Druck. – Am Kopf die Widmung „Para Julio Casal“. – Der uruguayische Dichter Julio José Casal, Gründer der Zeitschrift „Alfar“, war mit García Lorca befreundet; beide trafen sich u. a. im Herbst 1933 während García Lorcas Aufenthalt in Argentinien und Uruguay. Autographen von García Lorca sind sehr selten.

I. LITERATUR 29

43 GEIBEL, Emanuel, 1815 – 1884. E. Br. m. U. Lübeck 17.V.1844. 3 S. gr.-8o. Mit Siegel und Adresse. Kleiner Ausriss an der Siegelstelle ohne Textberührung. (400.—)

An seinen Dichterfreund Levin Schücking in Meersburg.

„... Wie steht es mit dem Musenalmanach, bester Levin? Bei mir ist außer einigem Mittelgut von Viktor Strauß und Hermann Kurz nichts eingegangen … Jedenfalls bin ich der Meinung: aut Caesar, aut nihil, entweder sehr gut, oder gar nicht … Wurde Dir aber Schönes gesandt, und nicht allzuwenig, so schaff’ ich Dir innerhalb drei Wochen noch etliches Ansehnliche dazu, etwa Gruppe, Strachwitz (den ich kennen lernte; ein prächtiger Kerl. Seine neuen Sachen viel bessser als die Lieder eines Erwachenden) und Kopisch. Auch Dingelstedt würde jedenfalls auf eine bestimmte Mahnung senden …“

Im Folgenden über seine Rückkehr nach Lübeck nach längeren Reisen. „... Es ist seltsam; ich habe in Lübeck keinen Freund, keinen; und doch zieht michs immer zurück; ich kann von den alten Thürmen, den Giebelhäusern, den Bäumen nicht lassen.

Ich habe mir eine Gartenwohnung vor dem Thore genommen, um in aller Stille zu arbeiten. Diese Stille thut mir überaus wohl auf den Strudel von Geselligkeit, den ich in Berlin und Weimar durchzumachen hatte …“ – Erwähnt Freiligrath, von dessen „neuen politischen Gedichten“ er nur Einzelnes in Gutzkows „Telegraphen“ gelesen habe, das ihm, „rein ästhetisch angesehen, gar nicht munden wollte“ . Beiliegend ein faksimilierter Vierzeiler („Geheimniß wird das Leben bleiben …“).

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin.

44 E. Br. m. U. Lübeck 24.IX.1868. 2 S. gr.-8o. Etwas gebräunt. (200.—)

An einen Verleger.

„... Obwohl mit der patriotischen Tendenz Ihres Familienkalenders vollkommen einverstanden, muß ich doch bedauern, den von Ihnen ausgesprochenen Wunsch nicht erfüllen zu können. Ich würde mich damit auf ein Gebiet begeben, das ich seit dreißig Jahren mit strengster Beharrlichkeit gemieden habe, das Gebiet der Kritik und der Tagesliteratur …“

Die Briefe an Craussen

45 GELLERT, Christian Fürchtegott, 1715 – 1769. 19 e. Br. m. U. Leipzig 2.XII.1751 bis 29.II.1768 (1 Brief O. O. u. D.). Über 50 S. 4o (1 Brief 8o). 8 Briefe mit Siegel und Adresse sowie mit 4 adressierten und gesiegelten Umschlägen. Etwas gebräunt (und teilweise fleckig), mit einigen Läsuren. In einen Umschlag mit Rückenteil alt geheftet (Titel: „Sechs und Zwanzig Stück / Gellertsche / Original- / Briefe“). (10.000.—)

An den ihm befreundeten herzoglich württembergisch-oelsnischen Oberhofmeister Carl Wilhelm Christian von Craussen (1714 – 1772), dem Gellert bei der Veröffentlichung verschiedener Werke, darunter Craussens „Prinzenpolitik“, behilflich ist. Craussen übersendet ihm mehrfach Manuskripte mit der Bitte um Bewertung und nötigenfalls Korrekturen. Gellert kommt dieser beinahe schonungslos nach und nutzt die Gelegenheit, Craussen seine Vorstellungen von Dichtkunst nahezubringen.

Der Ton der Briefe ist höflich und freundlich, wenn auch leicht verhalten, denn Gellert ist, anders als Craussen, von der Qualität der Werke nicht recht überzeugt.

I. LITERATUR 30

2.XII.1751. Wohl nach der ersten Einsendung und Beurteilung verschiedener Manuskripte. „... ich habe nicht gewußt, ob ich meine Critik mit aller der Bescheidenheit vorgebracht, mit der man seine Urtheile allemal begleiten soll. Man muß auch da noch mit einem anscheinenden Mißtrauen in sich selbst sprechen, wenn man gleich gewiß ist; damit man nicht in die stolze Sprache eines Kunstrichters verfalle, welche, trotz aller Wahrheit, eine Beleidigung bleibt. Ich war Ihrem Stande, Ihrer Gelehrsamkeit, den edlen Absichten, die ich in Ihren Schriften fand, Ihrem Vertrauen, und Ihrer besondern Gewogenheit zu mir, mehr Behutsamkeit u. auch mehr sanfte Aufrichtigkeit schuldig, als ich gebraucht haben würde, wenn ich einem meiner Freunde mein Urtheil über seine Schriften hätte eröffnen sollen. Dieses hat mir bange gemacht …“

12.I.1752. Craussen hatte Gellerts Mutter eine kleine Rente ausgesetzt, was Gellert nicht nur mit Freude erfüllte. „... Glauben Sie nicht, daß es schmerzt, wenn man eine Freygebigkeit von einem rechtschaffenem Manne annehmen soll, ohne ein Mittel zu haben, ihm seine Erkenntlichkeit zeigen? … Gut, liebster Herr Baron, wenn ich Ihnen dadurch einen Beweiß von meinem Vergnügen über Ihre ausserordentliche Vorsorge gegen meine Mutter geben kann … und die von Ihnen bestimmte jährliche Pension von 50 Gulden annehme: so will ichs diesen Augenblick mit der größten Dankbarkeit thun …

Ja, der Autor der metallurgischen Chimie ist mein Bruder“ (Christlieb Ehrengott G., der führende Metallurge seiner Zeit), „u. ein paar Jahre älter, als ich. Er ist ehemals Professor adjunctus in Petersburg zehn Jahre gewesen u. seit fünf oder sechs Jahren mit dem Professor Heinsius“ (der Mathematiker Gottfried H.) „wieder zurück gekommen … Er ist nicht zufrieden, daß man ihm keine ordentliche Stelle im Bergcollegio giebt, die man ihm versprochen hat …

... Ich sehe unter Ihren Manuscripten eine poetische Erzählung von dem Cosackischen Mädchen; ich schliesse daraus, daß Ihnen das Leben der Schwedischen Gräfinn “ (sein 1747/48 erschienener Roman) „nicht mißfallen hat. Darf ich Ihnen sagen, daß ichs geschrieben habe? … Leben Sie wohl, liebster Herr Baron, glücklich bis zum Neide …“

I. LITERATUR 31

(C. F. Gellert)

15.III.1752. Craussen hatte Gellert gebeten, ihm bei genealogischen Nachforschungen behilflich zu sein. „... Endlich habe ich die Ehre, Ihnen den so oft versprochenen Auszug aus dem Messenius zu überschicken. Die ganze Nachricht, die dieser schwedische Scribent … von Ihrer Familie giebt, besteht in einer einzigen genealogischen Tafel, die auf der 95sten Seite seines Werkes zu finden ist … Ich habe diese Feyertage meine gute Mutter in Haynchen, denn so heißt meine Vaterstadt, besuchen, und mich oft mit ihr von Ihnen … unterhalten wollen; allein das ganze System meiner eingebildeten Freude ist seit etlichen Wochen zerstöret worden. Mein Hypochonder quälet mich in diesem unglücklichen Monate außerordentlich, und am meisten in der Nacht  …“ Erwähnt seine umfangreichen Bemühungen um den Verlag von Craussens Werken sowie „Klopstock , den Verfasser des Messias“, der ihm mitgeteilt habe, „daß meine Fabeln recht gut in das Dänische übersetzt seyn sollten“. 19.V.1752. Über Craussens „Prinzenpolitik“. „... Die Buchhändler, mit denen ich gesprochen u. von denen ich es am ersten erwartet, daß sie mir das Werk drucken mögen, haben mir das Manuscript mit ausstudirten Entschuldigungen wieder zurück gegeben … Ich will noch etliche Versuche wagen, um alles gethan zu haben, was meine eigne Beruhigung fodert. Das Werk selbst habe ich durchgelesen u. mir so gar die Freyheit genommen, in der Einleitung hier u. da etwas auszustreichen … Die Sachen in Ihrer Politik sind alle schön u. der Vortrag, als ein mündlicher Unterricht für einen jungen Prinzen, sehr bequem, nur weis ich nicht, ob es zum Lesen für die Welt angenehm und gefällig genug seyn wird. Sie verdienen der Lehrmeister des besten Prinzen zu werden … Ich in meinem Herzen wünschte tausendmal lieber, Ihr Schicksal möchte Sie zu dem Aufseher über die größten Prinzen bestimmt haben und nicht blos zu einem Scribenten von der Erziehung derselben …“

15.VII.1752. „... Jetzt habe ich die Ehre, mit Ihnen von Ihrem Manuscripe zu sprechen. Ich schicke es Ihnen mit zitternden Händen wieder zurück … Ihr Werk ist durch alle meine Mühe, die ich auf die Durchsicht verwandt, nicht schöner geworden, als es vorher war, und ich kränke mich, daß ich nicht so geschickt bin … als ichs schuldig bin … Hier in Leipzig ist mirs unmöglich, einen Verleger aufzutreiben, und wenn ich tausend Thaler daran wagen wollte … / Kurz; Holland wird wohl der beste Ort für Ihr Manuscript seyn … Der Titel: Politik! scheint mir in Ansehung der ersten Capitel etwas zu enge zu seyn. Es ist mehr, als die bloße Politik; es ist ein allgemeiner Unterricht für junge Prinzen …“ 13.II.1754. Über Craussens Werk „Betrachtungen über Leib und Seele“. „... Endlich habe ich das Vergnügen, Ihnen zu Ihrem poetischen Werke, von Herzen Glück zu wünschen. Der edle u. fromme Geist, der aus demselben hervorleuchtet, der Eifer für Weisheit u. Tugend u. besonders für die Religion wird manchen redlichen Leser rühren u. erbauen, wenn auch die Poesie den Kunstrichtern nicht an allen Orten gefallen sollte … Ich würde vielleicht hin u. wieder eine kleine Änderung gewaget haben; doch ohne Ihre ausdrückliche Erlaubniß habe ich nichts thun wollen … Die Exemplare … an Ihro Durchl. den Herzog von Sachsen-Meiningen … u. nach … Gandersheim gehen morgen ab …“ Das Werk war Herzog Karl Friedrich von Sachsen-Meiningen und der Äbtissin von Gandersheim, geb. Prinzessin von S.-M. gewidmet.

17.VII.1754. „... Mit Ihrem Urtheile über meine neuen Gedichte“ („Lehrgedichte und Erzählungen“) „bin ich vollkommen zufrieden, u. ich sehe Ihren Beyfall als eine meiner größten Belohnungen an … Die Erzählungen halte ich selbst nicht für so munter … u. ich weis es gewiß, daß ich in meinem Leben keine mehr machen werde. Dieser Period ist vorbey; u. das muß dem Poeten genug seyn. Von Ihren Gedichten sind nicht mehr als Fünfhundert Exemplare gedruckt worden, wie mir Breitkopf gesagt hat. Ich weis nicht, warum er eine größre Anzahl verläugnen sollte …“ 20.II.1768. „... Gott erhalte und beglücke Sie, theuerster Herr, und Ihr ganzes Geschlecht mit aller Wohlfahrt, die ich Ihnen vor andern wünsche, und als Ihr Schuldner und Verehrer Ihrer Verdienste, wünschen muß. Ich aber verharre, so lange ich lebe, mit einem Herzen voll Dankbarkeit, Ehrerbietung und Liebe / Ew. Excellenz / gehorsammst ergebenster / Diener u. Freund / C.F. Gellert.“ Beiliegend, ebenso eingeheftet, ein weiterer e. Br. m. U; an Gottlob Benjamin Straube, dem er detailliert von seinem Kuraufenthalt in Karlsbad berichtet (Leipzig 9.VII.1753, mit Siegel und Adresse) sowie 2 eigenh. Quittungen seiner Mutter Johanna Salome Gellert, die Craussen den Erhalt von jeweils „Fünf und zwanzig Gulden“ bestätigt (Leipzig, April und Oktober 1752).

Die Briefe an Craussen sind (bis auf 2) gedruckt in: C. F. Gellerts Briefwechsel, Berlin, de Gruyter 1983.

I. LITERATUR
32

46 GEORGE, Stefan, 1868 – 1933. Portraitphotographie, am rechten Rand vertikal signiert und datiert „STEFAN / ANNO 1902“. 4o. Auf Karton gezogen. Kartonmaße 22,9 × 24,1 cm, Maße der Aufnahme 16,1 × 18,8 cm. – Dazu etliche Beilagen (siehe unten). (3.000.—)

Die bekannte Kopfstudie von Jacob Hilsdorf: Dreiviertelprofil nach links, den Blick nach unten gerichtet, Kopf auf die rechte Hand gestützt. – Siehe Frontispiz der Gesamtausgabe der Werke, Band 4, „Das Jahr der Seele“.

Verso der Provenienzvermerk eines Vorbesitzers (Carl Hirschfeld, s.u.): „Die Fotografie stammt aus dem Besitz Melchior Lechters , in dessen Arbeitszimmer sie hing“.

Beiliegend anlässlich von Georges 60. Geburtstag am 12.VII.1928 von dem Literaturagenten Carl Hirschfeld zur Veröffentlichung in der „Literarischen Welt“ zusammengetragene Äußerungen von Zeitgenossen (meist mit Blaustift redigierte Typoskripte; Randläsuren), darunter Lodewijk van Deyssel (2 S.; eigenh.), Willy Hellpach (2 S.), Ferdinand Herold (Gedicht m. U., 2 S.; dazu ein e. Br. m. U.) Friedrich Muckermann (5 S.; e. Korrekturen), Albert Saint-Paul (2 S.; eigenh.) Wilhelm Schäfer (1 S.), Ruth Schaumann (1 S.; e. Zusatz), O.A.H. Schmitz (3 S.; e. Korrekturen u.U.) und Karl Wolfskehl (2 S.).

Ferner beiliegend ein Typoskript m. U. des Schriftstellers Georg Edward mit „Erinnerungen an Stefan George“ aus späterer Zeit (5 S. gr.-4o; dazu ein e. Br. m. U., Gießen 1957) sowie Abschriften aus Georges Korrespondenzen mit Albert Saint-Paul und Paul Herrmann (zus. 7 S. Typoskript-Durchschläge, das erste Blatt mit Stempel „Carl Hirschfeld / Literaturarchiv Berlin“; kleinere Defekte).

47 GERSTÄCKER, Friedrich, 1816 – 1872. Portraitphotographie mit e. Namenszug auf der Bildseite und e. Zusatz auf der Rückseite. Visitformat. Aufnahme: August Linde, Gotha. Knickspur. (250.—)

„Zur freundlichen Erinnerung an / Friedrich Gerstäcker“. – Brustbild nach halbrechts, mit Hut; Aufnahme aus späteren Jahren.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 33

48 GOETHE, Johann Wolfgang von, 1749 – 1832. Br. m. U. „JWvGoethe“. Weimar 22.III.1792. 1 S. folio. Leicht gebräunt. Verso Montagespuren. (3.000.—)

An den Juristen Gottlieb Hufeland (1760 – 1817), Professor an der Universität Jena, der ihm seine „Beyträge zur Berichtigung der positiven Rechtswissenschaften“ gesandt hatte.

„... Die Bemühungen Ew. Wohlgeb. müssen einem Jeden schätzbar seyn, der lebhaft überzeugt ist wie vortheilhaft es der Menschheit überhaupt und jeden Staate ins besondere seyn muß, wenn die Wege die zur Kenntniß und Beurtheilung der Gesetze führen von allen Seiten geebnet und besonders auch für die Jugend reitzend gemacht werden …“

Sophienausgabe Band 9 Nr. 2906.

49 Schriftstück m. U. „JWvGoethe“. Weimar 8.VIII.1800. 1⁄3 S. folio. Leicht gebräunt und fleckig. Faltenriss alt ausgebessert. (2.500.—)

Quittung über eine Zahlung von 50 Talern für das Fürstliche Bauamt „in Abschlag auf die zuerst verfertigte Arbeit zum Sch[l]oßbau“.

Mitunterzeichnet von Oberhofmeister Wilhelm Freiherr von Wolzogen. – Darunter ein eigenh. Vermerk m. U. des Hofbauinspektors Johann Andreas Kirchner: „9 Paar Türgriffe sind hierauf bis auf das Vergolden in die Möbelkammer abgegeben worden“.

In seinem Tagebuch vermerkt Goethe unter dem 8.VIII.1800: „Die vergangenen Tage mit dem Schloßbau beschäftigt. Abends Schiller.“ – Nach dem Brand des Weimarer Schlosses 1774 hatte sich Herzog Carl August 1788 zum Wiederaufbau entschlossen; in der dafür gebildeten Schlossbaukommission hatte Goethe die künstlerisch-stilistische und architektonische Beratung inne.

50 Schriftstück m. U. „JW v Goethe“. Göttingen 11.VI.1801. 1 S. 4o. Leicht fleckig. (3.000.—)

Mietvertrag.

„Der Herr Instrumentmacher Krämer vermiethet dem Herrn Geheimde Rath von Goethe von Weimar zwey Zimmer seines Hauses, in der ersten Etage, nach der Allée zu, nebst einer Kammer hinten hinaus, mit drey Betten und den nöthigen Meubles für Drey Friedrichsd’or auf Vier Wochen, von der Hälfte des Monats Juli ohngefähr, bis in die Hälfte des Augusts, vom Tage der Rückkunft des Herrn Abmiethers von Pyrmont an gerechnet …“

Auf der Rückreise von seiner Kur in Pyrmont hielt sich Goethe vom 18. Juli bis zum 14. August in Göttingen auf, um auf der Bibliothek die Lücken im historischen Teil der „Farbenlehre“ zu füllen. Beiliegend eine zeitgenöss. Abschrift von Goethes Brief an den Theologen H.E.G. Paulus in Heidelberg vom 7.X.1828 sowie sein Portrait (Photographie von Kügelgens Kreidezeichnung, verso von einem Enkel des Malers beschriftet).

51 Br. m. U. u. E. Weimar 12.I.1804. 1 S. 4o und 1⁄3 S. quer-16o. Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht gebräunt. Schwach fleckig. (4.000.—)

An den Philologen H. K. A. Eichstädt, Redakteur der Anfang des Jahres gegründeten „Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung“ (ALZ), diverse ausstehende Beiträge betreffend. – Goethe war die treibende Kraft der neuen Zeitung, die gegründet worden war, um nach Abwanderung der alten ALZ nach Halle der Universität Jena ein kritisches Organ zu erhalten.

I. LITERATUR 34

„Ew. Wohlgeb[oren]

Nr. 50

belieben nach einem beygesteckten Zettelchen“ (von Schreiberhand) „eine Stelle meiner Recension zu verändern.“ – Der Zettel ist alt am rechten Rand montiert.

„Doctor Schelle macht seine Sache ganz gut, nur will es mit dem Styl noch nicht recht fort, besonders anfangs. Es ist als wenn er sich erstlich warm schreiben müßte; dagegen ist der Nonconformist M.C. ein armer Teufel, von dem sich wenig erwarten läßt. Zeigen Sie mir doch einige frühere Recensionen, oder eine Schrift von ihm an, daß ich ihn näher kennen und beurtheilen lerne.

Eschenmayers Recensent ist niemand anders als Werneburg in Göttingen.“ – Der eigentliche Rezensent von C. A. von Eschenmeyers Werk „Die Philosophie in ihrem Übergang zur Nichtphilosophie“ sollte schließlich der Botaniker Ch. G. Nees von Esenbeck sein.

„Lassen wir das philosophische Wesen immer noch ein wenig liegen. Ich habe allerley Gedanken, Hoffnungen und Aussichten.

Heute ist Schlegel erinnert worden. / Eine spätere ausführlichere Beurtheilung des Augusteums kann recht gut angekündigt werden.

Johannes Müller soll hoch leben und uns herzlich willkomen seyn …“ Goethe unterzeichnet eigenhändig: „Muth und Geduld. / Goethe“.

Der Text auf dem „Zettelchen“ lautet: „so wird z.B. das Wort fein so oft wiederholt, daß es seine Bedeutung zuletzt selbst aufzehrt.“

Sophienausgabe Band 17 Nr. 4807.

I. LITERATUR 35

(J. W. v. Goethe)

52* E. Gedicht mit Abschlussklammer als Unterschrift. 1 S. quer-8o. Konzeptpapier. Verso Echtheitsbestätigung von Edmund Kräuter, Sohn von Goethes Sekretär Theodor Kräuter. Gebräunt. (8.000.—)

„Vorüber führt ein herrliches Geschick Erhabne Helden, hochverehrte Frau[en] Nun fesselt uns des heutgen Tages / Glück Als Bleibende Dich unter uns / zu schauen.“

Die Echtheitsbestätigung: „Daß vorstehende vier Zeilen die Handschrift J.W. Göthe’s sind bezeug[t] hiermit / Dr. Edmund Kräuter, Sohn des Raths und Bibliothekars Dr. Frdr. Theodor Kräute[r,] Göthe’s langjährigen Privat-Secretärs …

Das vorstehende Göth’sche Gedicht bezieht sich auf den Geburtstag de[r] Großherzogin Luise, Gemahlin des Großherzogs Carl August …“ (Weimar 14.VIII.1860, kleiner Montageschaden am rechten Rand). Sophienausgabe, I. Abteilung, Band 4, S. 9.

53 Billett m. U. „Goethe“. Weimar 3.IV.1819. 1 S. quer-kl.-8o. Mit gedruckter Schmuckbordüre und umlaufendem Goldschnitt. Montiert auf ein Blatt gr.-8o (Montagereste am linken Rand). Leicht (ungleichmäßig) gebräunt. (2.000.—)

„Herrn Ober Bau Director Coudray wird auf morgen, d. 4. Apr. / zum Mittagessen / freundlichst eingeladen.“

Der mit Goethe befreundete Clemens Wenzeslaus Coudray war von Carl August von Sachsen-WeimarEisenach 1816 als Großherzoglicher Oberbaudirektor verpflichtet worden und wurde vom Dichter bei Planungsschwierigkeiten unterstützt.

In Goethes Tagebuch ist das Beisein von Coudray bei Tisch nicht vermerkt.

Am Kopf des Untersetzpapiers eine Anmerkung von fremder Hand: „Von Frau Direktor … Coudray, als Geschenk erhalten im März 1874“.

In der Sophienausgabe nicht gedruckt.

36

I. LITERATUR

54* E. Albumblatt m. U. Weimar, März 1826. 1 S. quer-8o. Deutsche Schrift. Mit umlaufendem Goldschnitt. Faltspur, verso Montagereste und der Vermerk „Goethe’s handwriting“ von alter Hand. (12.000.—)

Schönes Albumblatt mit zwei Zeilen aus „Zahme Xenien“ VIII:

„Angedenken an das Liebe Glücklich! wenn’s lebendig bliebe!“

55 Eigenh. Adressblatt. O. O. u. D. 5,3 × 9,5 cm.

(800.—)

Gerichtet an seine Freundin Charlotte von Stein: „Frau Oberstallmeister / von Stein / nach / Weimar“.

Goethe und Charlotte von Stein hatten sich im November 1775 kennengelernt. Es entwickelte sich eine enge und für beide höchst bedeutsame Freundschaft, in deren Verlauf Goethe rund 1700 Briefe an sie richtete. Als Hofdame von Herzogin Anna Amalia hatte sie 1764 den herzoglichen Stallmeister Gottlob Ernst Josias Friedrich von Stein geheiratet; seit 1793 war sie verwitwet.

I. LITERATUR 37

(J. W. v. Goethe)

56 (—) Gedruckte Todesanzeige. Weimar 23.III.1832. 9,9 × 15,0 cm. Etwas gebräunt. Rechter Rand unregelmäßig beschnitten. (500.—)

Die Todesanzeige des Dichters in der ersten Fassung:

„Gestern Vormittags halb Zwölf Uhr starb mein geliebter Schwiegervater, der Grossherzogl. Sächsische wirkliche Geheime-Rath und Staatsminister

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE, nach kurzem Krankseyn, am Stickfluss in Folge eines zurückgeworfenen Katharrhalfiebers. Geisteskräftig und liebevoll bis zum letzten Hauche, schied er von uns im drei und achtzigsten Lebensjahre.

Ottilie, von Goethe, geb. von Pogwisch, zugleich im Namen meiner drei Kinder, Walther, Wolf und Alma von Goethe.“

In der endgültigen Fassung lautet die Todesursache „in Folge eines nervös gewordenen Katharrhalfiebers“, da die erste Fassung vom behandelnden Arzt als Kritik hätte aufgefasst werden können.

57* (—) Gedruckte Todesanzeige. Weimar 23.III.1832. 6,4 × 10,7 cm. Verso Montagespuren. (400.—)

Die endgültige Fassung der von Ottilie von Goethe herausgegebenen Todesanzeige:

„Gestern Vormittags halb Zwölf Uhr starb mein geliebter Schwiegervater, der Grossherzogl. Sächsische wirkliche Geheime-Rath und Staatsminister JOHANN WOLFGANG VON GOETHE, nach kurzem Krankseyn, am Stickfluss in Folge eines nervös gewordenen Katharrhalfiebers …“

58 GOETHEKREIS. – ANNA AMALIA, Herzogin von Sachsen-Weimar, geb. Prinzessin von Braunschweig, Mutter Carl Augusts und Nichte Friedrichs des Großen, 1739 – 1807. Br. m. U.u.E. „Ew. Lbd. Dienstwillige ergebene Muhme und Dienerin Amelie H.z.S.“ Weimar, „zur Wilhelmsburg“ 24.XII.1756. 2 S. folio. Mit Lacksiegel und Adresse. Etwas gebräunt. Sammlerstempel auf dem Adressblatt. (600.—)

An Herzogin Luise Dorothea von Sachsen-Gotha auf dem „Friedenstein“ mit Neujahrswünschen für „dieses und eine sehr große Anzahl folgender Jahre“. Beiliegend ein weiterer Br. m. U. u. E., 1759, ebenfalls mit Neujahrswünschen für einen Fürsten (gebräunt, kleine Defekte).

59 ECKERMANN, Johann Peter, Goethes vertrauter Sekretär und Gesprächspartner, 1792 – 1854. E. Br. m. U. Weimar 9.X.1850. 2 S. gr.-4o. Mit Ringsiegel (gebrochen) und Adresse. Leicht gebräunt. In der Bugfalte gerissen (ausgebessert). (2.000.—)

An Wolfgang („Wolf“) von Goethe, den jüngsten Enkel des Dichters, der sich zur Kur in Freiwaldau aufhielt. Eckermann unterstützte ihn bei der Herausgabe seiner Gedichte. Er melde sich sehr verspätet, da er sich, seinen Sohn auf einer Studienreise begleitend, eine „Entzündung im Schultergelenk“ zugezogen habe.

38

I. LITERATUR

„... Erst nach 6. wöchentlicher Anwesenheit konnte ich an meine Rückreise denken. Nun aber traf es sich so, daß ich unterwegs nachts in einem Dorfe bleiben mußte, wo die Colera herrschte, wovon ich afficirt wurde, so daß ich hier mit einer heftigen Diarrhoe ankam, die sich nach einigen Tagen in fürchterliche Magenschmerzen mit Erbrechen verwandelte. Dieses hat mich sehr angegriffen, so daß ich diese nothwendigen Zeilen mit Mühe schreibe … So wie ich nun etwas besser sein werde, soll es mit unserer Redaction ernstlich weiter gehen.

Das Format von Humboldts Ansichten der Natur halte ich sehr geeignet.

Ich freue mich …, daß Sie in den Ghaselen eine neue Form gefunden haben, die Ihnen willig ist und Ihnen so wohl kleidet. Die Ghasele verlangt einen großen ethischen Gehalt, der auch mannigfaltiger, objectiver Art sein kann, worauf ich Sie aufmerksam machen möchte, mit der Bitte, noch einige zu machen. Auch noch einige Oden und Sonette würden der Sammlung zu Gute kommen …“

Die „Gedichte von Wolfgang von Goethe“ erschienen 1851 in der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung.

„sehr streng“

60 E. Br. m. U. Weimar 6.II.1851. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Kleine Randläsuren. (1.600.—)

An (Ottilie von Goethe geb. von Pogwisch, die Schwiegertochter des Dichters).

„... Diesen Mittag, als das Paket mit den Gedichten bereits gepackt lag, erhielt ich Ihre lieben Zeilen. Ich bin überaus glücklich, daß ich Ihnen endlich die Freude mit den Gedichten von Wolf machen kann. Ich hoffe Sie werden sie schön finden. Ich bin sehr streng gewesen. Aber alles aus Liebe und Treue. Da das Manuskript nun ganz druckfertig, so hoffe ich, das allerliebste kleine Buch mit dem ersten Grün des deutschen Frühlings erscheinen zu sehen …“

I. LITERATUR 39

61 EGLOFFSTEIN, Karoline Gräfin von, Dichterin und Komponistin; Hofdame der Großherzogin Maria Pawlowna, 1789 – 1868. E. Br. m. U. Marienrode 12.XI.1855. 3 S. gr.-4o Minimaler Falternriss. (800.—)

Ausführlicher Brief an einen Freund aus der Weimarer Zeit („Alfred“), dem sie vom Tod ihres Stiefvaters sowie von der bedrängten Lage ihrer „hochbejahrten Mutter“ (die Dichterin und Hofdame Henriette von E.) und ihren „beiden hinsterbenden Schwestern, vor allem Julie“ (die Malerin J. von E.) berichtet. „... Die tiefe Einsamkeit in der wir leben, fern von jeglicher Ansprache, von Theilnahme oder Unterstützung, laßen es mir oft mährchenhaft erscheinen so reich in früherer Zeit gewesen zu sein … Könnten Sie Muße finden … und im freundschaftlichen Erinnern das alte Weimar schildern … könnten Sie dem guten Canzler“ (Friedrich von Müller) „ein Ehrenmal setzen und seine kleinen Schwächen durch Schilderung seiner glänzenden … Eigenschaften, seiner aufopfernden Treue und Hingebung verdecken, – wie glücklich würde es uns machen …

Walther “ (beide Enkel Goethes waren ihre Patenkinder) „soll in Weimar sein, – aber ich höre nichts von ihm. Ulrike hat ihre Schwester“ (Ulrike von Pogwisch und Ottilie von Goethe), „die mit der Jameson“ (die englische Dichterin Anna J.) „in Italien ist, nicht begleitet. Der Familie Vulpius geht es gut, u. wird der Doktor in jeder Hinsicht geachtet u gerühmt. Mandelslohs sind in Eisenach – Carl Schwendler mit Frau u Schwester ebenfalls … auseinandergesprengt alles was damals so eng vereint u. voll Geist u. Lebenskraft sich fühlte …“

„Goethe kommt alle Abend“

62 GÖCHHAUSEN, Luise von, Hofdame der Herzogin Anna Amalia, Freundin Goethes, dessen „Urfaust“ sie überlieferte, 1752 – 1807. E. Br. m. U. „L.G“. „W[eimar] d[en] 29ten trüben Nov[ember] Tag“ (1806?). 33⁄4 S. 8o. Etwas gebräunt. Kleine Schäden alt ausgebessert. (2.500.—)

Reizender Brief an Karl Ludwig von Knebel und dessen Frau Luise geb. Rudorff („die Rudel“), die sie um einen Besuch bittet.

„Ich weiß es, lieber Knebel, daß Sie nicht ganz wohl waren. So leid mir dieß that so beruhiget es mich doch darüber daß Sie wehrend dieser ganzen Zeit gar keine Notiz von mir genommen haben. Bey gesunden Zustand hätte mir es weh gethan. Zu Zeiten wie die unsrigen, darf man muthwillig nichts mehr verliehren, am wenigsten alte Bekannte u. Freunde …

I. LITERATUR 40

Seit wir keine Wagen noch Pferde mehr haben wird der Wunsch Sie zu besuchen, oft peinlich. Die gute Rosen u. ich machen uns oft die bittersten Vorwürfe daß wir ehedem uns nicht öffterer diese Freude machten. Unser Zustand ist wie der eines Sterbenden, den das ungethanene, ungeschehene nun schmerzt. Könnten und mögten Sie doch … einige Tage bey uns seyn! Vergeßen Sie zuweilen den guten HaußVater und reiten Sie wie ein junger Musen Sohn herüber. Das Nachhaußkommen ist dann desto süßer. Auch die Rudel vergießt mich …

Daß ich beynahe kein Hemt u. keine Schnupftücher mehr habe, kann ich beschwören. Viel wurde mir gestohlen, viel gab ich denen die gar keine hatten u. das schlechte zerschnitt u zerzupfte ich u. das ganze Hauß … Ach, wer nur helfen könnte!“ – Am 14. Oktober hatte Napoleon in der Schlacht von Jena und Auerstedt gesiegt; noch am gleichen Tag waren französische Truppen in Weimar eingezogen. Für die Verwundeten musste viel „Charpie“ gezupft werden.

„Lebt wohl Ihr Lieben! Heute Abend kommt Prinzeßchen u. die Henriette“ (Prinzessin Karoline und ihre Erzieherin, Knebels Schwester) – „wären Sie doch auch da! Goethe kommt alle Abend. / L.G. Hier einige süße Bißen. Die Orangen sind eigendl: gut an Ragout. Das runde körnige ist feigen brod.“ Sehr selten.

63 LODER, Justus Christian von, Anatom; Weimarer Leibarzt, Freund und Lehrer Goethes, 1753 – 1832. E. Br. m. U. Halle 3.III.1806. 1 S. gr.-4o. Mit Siegel und Adresse. Heftspuren am linken Rand. (200.—)

An Propst Gotthilf Sebastian Rötger, den Leiter der Klosterschule in Magdeburg, der ihn nach der pädagogischen Eignung des damals 19-jährigen Historikers Wilhelm Wachsmuth gefragt hatte.

„... Herr Wachsmuth ist ein junger Mann von vielen Kenntnissen, und, so viel ich ihn kenne, von einem sehr guten moralischen Charakter. Zum Unterricht von Kindern scheint er mir zwar Talent zu besitzen, aber gegen seine Methode würde ich doch einiges eingewandt haben, wenn er länger hier geblieben wäre. Unter einer so vortrefflichen Leitung, als die Ihrige ist, wird er sich unfehlbar in Kurzem zu einem vorzüglichen Lehrer bilden, da er Anlage und guten Willen hat …“

Wachsmuth hatte zunächst in Halle Theologie studiert, ehe er aus Geldmangel als Lehrer nach Magdeburg ging. – Mit Signatur der Sammlung Rötger („962b“) am Kopf.

64 MEYER, Johann Heinrich, Schweizer Maler und Kunstschriftsteller, Direktor der Freien Zeichenschule in Weimar; Freund und Hausgenosse Goethes, 1760 – 1832. E. Br. m. U. Weimar 27.VI.1795. 1 S. 4o (400.—)

An den Verleger Georg Joachim Göschen, dem er für die ersten zehn Bände von Wielands „Sämtlichen Werken“, der ersten Gesamtausgabe zu seinen Lebzeiten, dankt.

„... Melde daß unser Gemeinschaftl. Freund der Verehrungswürdige Herr Hofrath Wieland, mir in Ihrem Nahmen die Zehen herausgekommenen Bände der Prächtigen 8. Ausgabe seiner Werke, samt den dazu gehörigen Kupfern, eingehändigt hat. Dieses so schöne als kostbare Geschenk, welches für mich von dopeltem Werthe ist, erregt das herzliche Gefühl des Dankes und der Verbindlichkeit, und ich wünschte nur den Anlaß zu haben diese Schuld welche ihre Gütigkeit mir hiemit aufgelegt wenn nicht ganz zu bezahlen doch in etwas mindern zu können.

Von den Kupferstichen hat mir besonders der Alte mit den Kindern zum goldnen Spiegel von H. Kohl gefallen und macht dieses Stück dem Künstler allerdings ungemein viele Ehre. Die welche Hr. Klauber zur Musarion & zum Agathon gestochen sind ebenfalls trefflich wohl gerathene Stücke …“ Aus der Sammlung Künzel.

I. LITERATUR 41

65 MEYER, Nikolaus, Arzt; im Winter 1799/1800 Hausgenosse Goethes, Freund Christianes, 1775 – 1855. E. Albumblatt m. U. Bremen 7.VII.1812. 1 S. quer-gr.-8o. Leicht fleckig. (250.—)

„Nichts zu thun – als Glück zu fühlen; Müßig gehen – sonder Rast; Gluthumarmung – gluth zu kühlen, Schönes nur ein lieber Gast …“

Verso ein Albumblatt von fremder Hand.

66 MÜLLER, Friedrich von, weimarischer Kanzler, Freund Goethes, 1779 – 1849. 2 e. Br. m. U. Weimar 30.XI.1832 und 10.I.1838. Zus. 8 S. 8o. Der erste Brief leicht fleckig und mit durchschlagender Tinte, der zweite gebräunt und mit kleinen Faltenrissen. (800.—)

1832. An Karl Ludwig von Knebel, dem er zum 88. Geburtstag gratuliert. „... des Grossherzogs und der Frau Grossherzogin königl. und kaiserl. Hoheiten“ (Carl Friedrich und Maria Pawlowna) „tragen mir die schönsten Glückwünsche an Sie auf; der Erstere wird wahrscheinlich Ihnen Morgen seinen Besuch selbst machen … Endlich habe ich auch noch ein Buch von der Frau Grossherzogin beizufügen, von dem höchstdieselbe glaubt, daß es Sie als eine neuste neuigkeit interessiren möchte …“

1838. An einen befreundeten Herrn in Halberstadt (Wilhelm Körte?), bei dem er sich für eine späte Rückmeldung entschuldigt. Er habe versucht, „Goethe’s Werke gleichzeitig mit Zurücksendung der köstlichen, mir anvertrauten Briefe zu befriedigen, und mich dad[urch] Ihnen wenigstens dankbar zu erweisen …“

66a MUSÄUS, Johann Karl August, 1735 – 1787. E. Br. m. U. (Weimar) 21.III.1786. 2 S. kl.-folio. Mit Siegel und Adresse. Etwas gebräunt. (400.—)

An den Kammerherrn Friedrich Hildebrand von Einsiedel (1750 – 1828), der ihn um seine Mitwirklung an einem Festpiel anlässlich der Genesung von Herzogin Anna Amalia gebeten hatte.

„... Es schmeichelt mir ausserordentlich daß Ew Hochwohlgebohren Gnaden mir eine Role in dem Schauspiel anvertrauen wollen wodurch die erfreuliche Wiedergenesung Ihro der … verwittw[eten] Frau Herzogin Hochfürstl[iche] Durchlaucht gefeiert werden soll. So innigsten Antheil ich an dieser glücklichen Begebenheit nehme und so sehr meine Neigung … mich darauf stimmt Theilhaber eines so ausgezeichneten Vergnügens zu seyn: so scheint doch meine noch sehr wankende Gesundheit, von der ich mir gar keine Stimme verspreche und die daher entspringende üble Laune mir die Hoffnung zu berauben, zumal bey dermaliger Nervenschwäche auch das Gedächtniß biß iezt den Dienst versagt, den ehrenvollen Auftrag in Übernehmung einer Role nur einigermaßen Gnüge zu leisten. Sollte indessen zwischen hier und Sonnabend meine Genesung einen merklichen Fortschritt thun als bißher so ergriffe ich die Gelegenheit mit Freuden …“ Musäus gehörte, wie Goethe, zu den Mitwirkenden des höfischen Liebhabertheaters, in dem er vor allem in komischen Rollen auftrat.

I. LITERATUR 42

67 STEIN, Charlotte von, geb. von Schardt, Goethes geliebte Freundin, 1742 – 1827. E. Schriftstück m. U. O. O. (Ende 1804). 1⁄2 S. 4o. Konzeptpapier. Verso Montagespuren. (800.—)

Quittung.

„achtundneunzig und 1/2 Laub[thaler] oder Hundert und sechzig r. Witthums Quartal und Intereßen von Kochberg erhalten zum Weynachts Quartal 1804

Von Stein / geb. von Schardt“.

Das Rittergut Großkochberg gehörte seit 1733 der Familie von Stein; Goethe war häufig dort zu Gast. – Siehe auch Nr. 210.

68 GRILLPARZER, Franz, 1791 – 1872. E. Albumblatt m. U. „Grillparzer“. O. O. u. D. 1 S. quer-schmal-gr.-8o. Leicht beschnitten. Schwach fleckig. (800.—)

„Was selten ist, das liebt man sehr. Nun lieb’ ich dich zwar recht, Doch säh’ ich dich so selten nicht, Ich liebte dich noch mehr.“

69 GROTH, Klaus, 1819 – 1899. E. Postkarte m. U. Kiel 18.V.1878. Schwach fleckig. (400.—)

An den Gymnasiallehrer Fr. Reuter in Glückstadt.

„Selbst das habe ich in dieser Unglückszeit vergessen: welches Buch ich Ihnen aufsuchen sollte, das ich von Ihnen geliehen, l[ieber] Fr[eund].

Vielen Dank für Ihre herzlichen Worte …“ – Im Januar des Jahres war seine Ehefrau Doris geb. Finke gestorben.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 43

70 GUTZKOW, Karl, 1811 – 1878. E. Br. m. U. Frankfurt a.M. 5.VIII.1839. Mit Siegelspur und Adresse. Kleiner Ausriss an der Siegelstelle fachgerecht repariert. (400.—)

An Levin Schücking in Münster („bei H. Diepenbrok“) in literarischen Angelegenheiten.

„... Ich werde nun bald wieder in meine Herbst-Winterquartier nach Hamburg zurück müssen. Mit dem Jahrbuch haben wir keinen Augenblick mehr zu verlieren … Ich bitte Sie es so einzurichten, daß ich am 20 August sämtliches Material, was Sie dem II Bande des Jahrbuchs zuzuwenden denken, vorfinden, sodaß es dann augenblicklich in die Druckerey befördert werden kann.

Den beiden von Ihnen empfohlenen Damen hab’ ich einen heißen Nachmittag gewidmet u. sie für den folgenden Tag dem Maler Rethel überlassen …“ Eine der Besucherinnen war die Schriftstellerin Luise von Bornstedt, von der er sich kein klares Bild machen könne – „Der Berliner muntre u. fast zersetzende Verstand u. diese katholische Uebermalung – ich werde nicht recht klug daraus Mein Richard Savage “ (sein eben in Frankfurt aufgeführtes erstes Schauspiel) „hat, wie die meist mir feindlichen Zeitungen nicht verschweigen konnten, entschieden Glück auf der hiesigen Bühne gemacht. Nächstens wird Emil Devrient die Hauptrolle spielen  …“ – Erwähnt ferner sein Trauerspiel „König Saul“ und den ihn betreffenden wohlwollenden „Artikel im Conversationslexikon der Gegenwart“. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin; von ihr auf dem Adressblatt eigenh. bezeichnet „Gutzkow“.

71* HANDKE, Peter, geb. 1942. 2 e. Br. m. U. O. O. 26.III.1973 und Kronberg 9.VII.1973. Je 1 S. folio bzw. kl.-folio. Ein Brief mit Klammerspur. Mit 1 Umschlag. (500.—)

An Dolf Lindner, Hauptabteilungsleiter für Kultur des ORF, mit einer Honorarforderung. März 1973. Nach der Anrede statt des Textes drei Zeilen mit Gedankenstrichen; als Nachtrag seine Bankverbindung.

Juli 1973. „... im letzten Herbst machte ein Team des ORF … einen Film über mich, mir mir. Dafür wurde ein Honorar von 15000 Schilling vereinbart. Bis heute habe ich von der Erfüllung dieser Vereinbarung nichts gespürt …“

72 HAUPTMANN, Gerhart, 1862 – 1946. 3 e. Br. m. U. und 3 Br. m. U. Agnetendorf, Berlin, Santa Maria Ligure und Schreiberhau 25.V.1894 bis 5.I.1912 (1 Brief o. D.). 12 S. gr.-8o und 8o. Ein Brief mit kleineren Läsuren und Lochung (1894). (1.200.—)

An den ihm befreundeten Theaterkritiker und Direktor des Burgtheaters Paul Schlenther, der sich von Anbeginn für Hauptmanns Werke eingesetzt hatte und 1898 seine Biographie verfasste. Agnetendorf, August 1900. Über sein Drama „Michael Kramer“. „... Ich bin nicht mehr der Alte, sondern ein Zögerer und Zauderer. Wenn einer von Euch, Du oder Brahm , gekommen wäre und meine erste ‘Kramer’-Niederschrift hätte Euch Eindruck gemacht, ich wäre mit dem Stück vielleicht im Handumdrehen fertig geworden. So muss ich Geduld haben und Ihr müsst Geduld haben. Ich mache auch eine Biberpelz Fortsetzung , aber wohl blos zum reinsten Privatvergnügen. Es ist eine Tragi-Comödie, darin die alte Wolfen schließlich als Frau des Schusters Fielitz, eines natürlichen Todes stirbt. Das Ganze wird so ziemlich der stärkste Tobak, den ich mir je geleistet habe, schauderhaft wahr und unbestreitbar …“ – Mit einer 7-zeiligen e. Nachschrift.

I. LITERATUR 44

Agnetendorf, e. Br. m. U., o. D. Wohl nach der Uraufführung seines Dramas „Der arme Heinrich“ am 29. November 1902 am Burgtheater. „... Du bist kein Freund von conventionellen Besuchen und Schreibereien … Ich kann Dir aber die vielleicht … sehr interessante Thatsache unmöglich verschweigen, dass mein Seelenleben noch ganz verwienert ist. Du musst das unbedingt wissen. Hier in der Stille wird mein Inneres laut und ich durchlebe die unvergleichliche, festliche Schönheit Eurer Darstellung des armen Heinrich täglich, und täglich spüre ich auch etwas von der Wärme, die so viele Menschen mir entgegengebracht haben und die das Zusammensein in Deinem Hause so unvergesslich behaglich machte …“

Berlin, „Hotel Adlon“, Dezember 1910. Nach einer Operation an der Oberlippe. „... Diese körperlich peinliche Zeit hat Dein SonntagsEssay sonntäglich übergoldet. Du weisst, dass das keine Phrase ist, denn wirklich, Dein Echo in dieser Sache war mir innerlich genommen zunächst das Wichtigste. Dass Du so schreiben konntest, wie Du geschrieben hast, sichert meiner Seele im Hinblick auf ‘Emanuel Quint’ die Harmonie …“

Santa Maria Ligure, Januar 1912. Über die geplante Uraufführung seines Dramas „Gabriel Schillings Flucht“ am Goethe-Theater in Bad Lauchstädt, das einige Jahre zuvor mit privaten Mitteln restauriert worden war. „... Tantieme, um es gleich zu sagen, beanspruche ich von Lauchstedt nicht, sondern opfere alles mit Freude dem idealen Zweck. Das Einzige was ich für notwendig halte, sind, statt zwei, vier vollständige Proben … ich meine nämlich in dieser Aufführung muss etwas wie ein neues Stil-Moment einsetzen.

Gabriel Moissi ist gut, Eveline Bertens ebenfalls, Hanna, Maria Meyer kenn ich nicht und hatte bisher immer an die Triesch gedacht … Mäurer Gebühr kann ich vorläufig nicht zusammenbringen … Für Mäurer würde ich Wegener nicht schlecht finden. Auch schiene mir Monsch vom Lessing-Theater nicht ungeeignet. Aber ich bin einer Meinung mit Dir, es wäre gut, einmal in einem meiner Stücke ganz neue Gesichter zu sehen. – Lucie, Helene Thimig ist ganz unser Fall … Du sagst nichts von einem Regisseur und wir haben ihn bei Deinem Interesse zur Sache wohl auch nur in mildester Form nötig. Selbstverständlich stelle auch ich mich zur Mitarbeit …“

I. LITERATUR 45

(G. Hauptmann)

73 1 e. Br. m. U., 1 e. Postkarte m. U. und 2 Br. m. U. Baden-Baden, Hiddensee, Rapallo und Sestri Levante 4.V.1921 bis 18.XII.1928. 3 S. gr.-4o und die Karte. Ein Brief mit kleinen Randläsuren und Einriss in der Mittelfalte (ausgebessert). (800.—)

An den Literaturwissenschaftler und Journalisten Arthur Eloesser, der die Hauptmann-Biographie von Paul Schlenther von 1898 anlässlich von Hauptmanns 60. Geburtstag 1922 überarbeitete.

Sestri Levante, Mai 1921. „Ihr Bericht an das Staatsministerium über die beiden zu krönenden Werke ist ausgezeichnet … Mit der Arbeit, die Sie mir wünschen, ist es nicht viel: die Sonne scheint zu hell und warm dazu. Dass es mit dem Preise so gekommen ist, freut mich sehr. Es ist auch so recht …“

Hiddensee, August 1921. „... Ich werde mich herzlich freuen, Sie im Laufe des September in Agnetendorf, unter unserem Dach, zu beherbergen, um alles Ihnen Nutzbare mit Ihnen durchzusprechen …“

Baden-Baden, März 1922. „... Wegen der Photographie der Wachsbüste Benvenutos“ (sein jüngster Sohn) „soll Fischer an den Maler Hannes Avenarius schreiben, der in meinem Hause malt. Nur muss er ihm das Photographieren bezahlen …“

Rapallo, Dezember 1928. „... Dass Sie zu meinen Roman ‘Wanda ’ das Verhältnis finden konnten, das Sie gefunden haben, ist mir eine wahre Weihnachtsfreude. Ich darf Ihnen das von Herzen ausdrücken …“

Beiliegend eine Portraitphotographie aus jungen Jahren: Brustbild in Anzug und Krawatte (Aufnahme: Wilh. Fechner, Berlin), 2 E. Br. m. U. an Oscar Bie (Berlin 1895: „... ich bitte Sie ganz inständig meinen Brief nicht zu veröffentlichen. Ich kann mir nicht helfen, es geht mir nun einmal gegen den Strich  …“ und Wollin o. D.: „... leider ist keine Aussicht auf einen Roman. Gelingt mir mal so was, dann sollen auch Sie sicher darum wissen  …“) sowie 1 typographierte Dankeskarte m. U. (Agnetendorf, Dezember 1944; Hauptmann bedankt sich mit einem Achtzeiler für Glückwünsche zu seinem 82. Geburtstag: „82 Jahre / Der Weg, den ich noch schreite, / geht freilich in die Weite / und auch um Gott zu loben! – / er führt vielleicht nach oben …“; mit einem an „Dr. Wilhelm Gierth / Klotzsche“ adressierten Umschlag).

74 E. Billett m. U. Agnetendorf, Dezember 1942. 1 S. quer-8o (Briefkarte). (200.—)

An Gustav Frenssen, der ihm zum 80. Geburtstag gratuliert hatte. „In herzlicher Erwiderung aller guten Erinnerung, wärmsten Dank an Gustav Frenssen“.

75 HEBBEL, Friedrich, 1813 – 1863. E. Br. m. U. Wien 11.IX.1847. 4 S. gr.-8o. Minimal gebräunt. Tinte schwach durchschlagend. (1.600.—)

An (den Schauspieler und Schriftsteller Emil Palleske in Oldenburg). – Inhaltsreicher Brief über eine von Palleske verfasste Kritik seiner soeben erschienenen Tragikomödie „Ein Trauerspiel in Sizilien“; das Stück war von seinem vorigen Verlag Hoffmann & Campe abgelehnt worden.

„... was Sie mir … schreiben, ist erschöpfend und berührt Alles, was ich wollte, so weit man bei einem poetischen Werk etwas wollen kann. Wenn Sie mir Hoffnung auf baldiges Verständniß machen, so muß ich Ihnen auch hirfür dankbar seyn … Denn wer würde nicht erschlaffen …, wenn er die sich so oft unwiderstehlich aufdringende Ueberzeugung fest hielte, daß die Hieroglyphen des Dichters und die der alten Egyptier gleiches Schicksal mit einander theilen, daß der Eine nur Copieen von Vögeln und Pflanzen darin erblickt und der Andere gar Nichts. Ihre Gedanken über dieß Stück veröffentlicht zu sehen, würde mir äußerst lieb seyn, aber im Campeschen Telegraphen wird es gewiß nicht geschehen, und nicht

46

LITERATUR
I.

Ihret- sondern meinetwegen. Mein guter Freund Julius Campe hat es mir jetzt schon durch hundert Proben bewiesen, daß es ihm Nichts weniger, als angenehm wäre, wenn meine Arbeiten bekannter würden, als sie es sind; er hat vom Diamant “ (seine in diesem Jahr bei Hoffmann & Campe veröffentlichte Komödie) „an keine der Redactionen, die ich ihm bezeichnete, nicht einmal an Rötscher“ (der Dramaturg und Kritiker Heinrich Theodor R.), „unsere erste dramatische Instanz, Exemplare versandt und wird sicher keine Recension zum Druck befördern, die mich nicht angreift, jede aber, die es thut … Sie glauben nicht, welche Armseligkeiten in diesem Kreise walten! Man muß Sie kennen lernen, um sich eine richtige Vorstellung davon zu machen, und sie dann wieder zu vergessen suchen … Ihre an den Salon gesandten Artikel habe ich mit dem größten Interesse gelesen … Der zweite über meine Gedichte ist ein wahrer Spiegel … Was Sie zunächst einleitend über den Ursprung der Kritik und über das von vorne herein Negative, das in ihr liegt, bemerken, ist durchaus begründet und erklärt vieles … Sie werden in meiner zu Michaelis bei Weber erscheinenden neuen Sammlung zwei Sonette finden, die diesen Punct ethisch und poetisch erledigen; es giebt Menschen, die zu Grunde gehen, weil sie die Nothwendigkeit des auf Herstellung des Gleichgewichts berechneten Widerstandes, den der Producent des Schönen, und gewissermaßen auch das Schöne selbst, findet, nicht erkennen, auch gehört viel Bildung und einige Strenge gegen sich selbst dazu, um den einzigen Trost, der hier möglich ist, nicht zurück zu weisen …

Meine Novellen, neun an der Zahl, werden zu Ostern erscheinen … Die Ueberarbeitung hat mir noch viele Mühe gekostet. Die komischen (Schlägel; Schnock , jetzt in dem Taschenbuch: Huldigung der Frauen! gedruckt. Die beiden Vagabonden u.s.w.) gehören zu meinen ersten Arbeiten und sind mit unendlichem Behagen unter Kummer und Noth auf der Universität zu München ausgeführt worden. Und jetzt liebe ich sie sehr …“

I. LITERATUR 47

(F. Hebbel)

Die moderne Antigone

76 E. Br. m. U. Wien 2.I.1852. 2 S. gr.-8o (1.200.—)

An Heinrich Laube, Direktor des Burgtheaters, der seine Tragödie „Genoveva“ mit dem Hinweis, die Aufführung „auf einen günstigeren Moment zu verschieben“, zunächst abgelehnt hatte.

„... Ich glaube Ihnen, daß Sie Ihrerseits das Stück gern zur Aufführung gebracht hätten … Sie erkundigen sich nach meinem Michel Angelo . Der Darstellung dieses Stücks kann auf keiner Bühne der Welt etwas im Wege stehen, wenn eine kleine Personen-Veränderung eintritt … Es ist aber, da es nur zwei kurze Acte hat, nicht geeignet, nach einer so langen Pause damit zu debütiren, sondern ganz gemacht, einem größeren Werk zu folgen.

Ein solches größeres Werk habe ich am Weihnachtsabend vollendet. Bis jetzt ist es erst fünf Personen bekannt, davon jede das Ehrenwort abgegeben hat, auch nicht einmal den Titel zu nennen …

Von diesem Werk gilt es in noch höherem Grade, was vom Michel Angelo gilt. Wenn es gar keinen Grund giebt, der den Michel Angelo von der Darstellung auf dem K.K. Hofburg-und National-Theater ausschließt, so giebt es mehr, wie einen, der die Darstellung meiner Agnes Bernauer auf demselben als wünschenswerth erscheinen lassen muß, von welchem Standpunct aus das Stück auch betrachtet werden möge. Denn das Schicksal der modernen Antigone ist vom Dichter so gefaßt, daß der Staat, der sie opfert, unbedingt Recht erhält … Hier ist demnach gar kein Hinderniß der Aufführung, so weit es aus dem Verhältniß des Gegenstandes zur Bühnen-Convenienz oder zu den öffentlichen Zuständen hervorgehen könnte, denkbar. Was aber den aesthetischen Gehalt betrifft, so wage ich Nichts bei dem Ausspruch, daß er den aller meiner übrigen Arbeiten aufwiegt und fälle diesen Ausspruch nicht allein …“ Auch auf dieses Stück verzichtete Laube; Hebbel bot die „Agnes Bernauer“ schon am 9.I.1852 Dingelstedt für die Münchner Hofbühne an.

77 HEBBEL, Christine, geb. Engehausen (Enghaus), seine Frau, Schauspielerin, 1817 –1910. E. Billett m. U. auf einer (nicht gelaufenen) Bildpostkarte. Wien 1.V.1901. Verso Montagespuren. (120.—)

An einen Herrn: „... Herzliche Glückwünsche zum 80 Geburtstage sendet Ihnen Ihre alte Verehrerin Christine Hebbel geb. Engehausen“. Die Bildseite mit einem Portrait Hebbels und einer Ansicht des Hebbel-Hauses in Gmunden.

„Die Geschichte der Juden von Damaskus macht hier den größten Lerm“

78 HEINE, Heinrich, 1797 – 1856. E. Br. m. U. „Ihr Freund / H. Heine“. O. O. u. D. (Paris 7.V.1840). 1 S. kl.-folio. Mit zweimaliger Altsignatur „14“ am Kopf. Dünnes Papier, etwas gebräunt. Kleine Randeinrisse (fachgerecht ausgebessert). (12.000.—)

An Gustav Kolb, Redakteur der Allgemeinen Zeitung in Augsburg, über die Damaskusaffäre, eine Ritualmordanklage gegen in Damaskus lebende Juden, die im Februar 1840 einen Oberen eines Kapuzinerklosters und dessen Diener ermordet haben sollten. Die Affäre bewegte die internationale Öffentlichkeit monatelang und führte zu einem diplomatischen Konflikt zwischen den europäischen Großmächten und dem Osmanischen Reich.

I. LITERATUR 48

„... Die Geschichte der Juden von Damaskus macht hier den größten Lerm. Ich habe gleich zu Herrn Cremieux“ (Adolphe C., Rechtsanwalt und Politiker, sollte am 10. Juli des Jahres nach Damaskus reisen) „geschickt und mir das Original des Berichts des öster[reichischen] Consuls“ (Giovanni Gasparo Merlato, Generalkonsul in Damaskus), „das heute in allen Blättern steht, erbeten; Sie erhalten es anbey, und da die Franzosen es nur in verstümmelter Gestalt gegeben, so wäre es nicht übel wenn Sie das Dokument, das bald große Diskussionen erregen mag, im ital[ienischen] Original abdruckten. Scheint indessen dieser Abdruck Ihnen nicht hinlänglich im Interesse der allgemeinen Zeitung, so bitte ich Sie diesen Bericht als Inserat zu drucken und mir die Inseratgebühr in Rechnung zu stellen; ich habe nemlich versprochen, daß ich dieses Dokument in Deutschland abdrucken lasse und die Kosten will ich gern dran setzen. Man hat mir noch mehre ungedruckte Dokumente, Briefe aus dem Orient versprochen; sobald ich sie erhalte, will ich sie zu einem größeren Artikel verwenden. – Herr Spazier hat hier verbreitet, ich schriebe als Agent von Thiers“ (der französische Politiker Adolphe T.) „in der Allg[emeinen] Zeitung! – Sie haben den Kerl hübsch abgefertigt …“ – Spazier hatte behauptet, die Pariser Korrespondenz der „Allgemeinen Zeitung“ diene dazu, in Frankreich Unruhe gegen den französischen König zu erregen; gegen diese Behauptung verwahrte sich die Redaktionsleitung in einer Erklärung im April des Jahres.

„Hr. Cremieux, der berühmte Advocat, welcher nicht bloß die Juden, sondern den Unterdrückten aller Confessionen und aller Doctrinen, zu jeder Zeit seine großmüthige Beredsamkeit gewidmet … ist wohl … der einzige in Paris, der sich der Sache Israels thätig annahm“ (Heine in der „Allgemeinen Zeitung“ vom 2. Juni).

Der Bericht des österreichischen Konsuls war am 7. Mai in den Pariser Zeitungen abgedruckt worden, daher lässt sich der Brief präzise datieren.

Säkularausgabe Band 21 Nr. 804.

Aus der Sammlung Annette von Droste-Hülshoff, von ihr eigenh. bezeichnet „Heine“.

I. LITERATUR 49

79* HERDER, Johann Gottfried, 1744 – 1803. E. Gedicht. 1 S. quer-8o (2.500.—)

„Der gesetzte Muth “ – Herders Übersetzung eines Gedichts des griechischen Schriftstellers Archilochos (um 680 – um 645 v. Chr.).

„An nichts verzweifle. Alles ist möglich; nichts ist ohne Hoffnung ganz, auch nichts der Bewundrung werth. Der Vater der Götter macht aus Mittag’ oft die Nacht; das Licht verschwand bei der Sonne Glanz und traurige Furcht befällt der Menschen Herz. Nichts ist unglaublich; nichts ohne Hoffnung ganz für Männer; aber auch nichts der Bewundrung werth. Und sähst du mit Delphinen des Waldes Wild im Meer weiden und sähst, daß jenem dort der tobenden Wellen Sturm erfreulicher sei als vestes Land und jenem ein nackter Fels – –“ Am Kopf Herders e. Zusatz „macht Eine Seite“ in roter Tinte. – Der Erstdruck des Gedichts erfolgte 1786 in der 2. Sammlung von Herders „Zerstreuten Blättern“.

80 HERWEGH, Georg, 1817 – 1875. Gedichtmanuskript von der Hand seiner Frau Emma Herwegh geb. Siegmund (1817 – 1904), mit Datierung u.U. von seiner Hand. Zürich, September 1862. 4 S. gr.-8o. Grünliches Papier. Minimale Läsuren. (1.200.—)

Zehn siebenzeilige Strophen unter dem Titel „Der Tag wird kommen “ (im Original Griechisch). –

Beginnt:

„Besiegt, gefangen der Rebell, Besiegt vom Sohn des Verhuel, Vom schlechtesten der beste Mann, Ormuz besiegt von Ahriman! So klang die Trauerkunde, so –Doch einer in Paris war froh. Der Tag wird kommen.“

Mit 4 Erläuterungen in Fußzeilen, ebenfalls von der Hand Emma Herweghs.

I. LITERATUR 50

81 HESSE, Hermann, 1877 – 1962. Eigenh. Manuskript mit Namen auf der Titelseite (Umschlag) sowie eigenh. Widmung u. U. auf der 3. Seite. Januar 1923. Titelseite, Widmungsseite und 12 einseitig beschriebene Blätter. 4o. Mit aquarellierter Titelkartusche, Widmungskartusche und 15 aquarellierten Federzeichnungen im Text. Titelseite leicht gebräunt. (20.000.—)

„Piktor’s Verwandlungen / Ein Märchen von / Hermann Hesse“. – Schöne, vollständige Niederschrift mit in den Text eingefügten, farbfrischen Illustrationen. Hesse hatte das Märchen 1922 geschrieben und seiner späteren zweiten Ehefrau Ruth Wenger gewidmet. Die Widmung im Manuskript lautet: „Geschrieben Januar 1923 / für Dr W. Stämpfli. / H. Hesse“. – Darunter ein Novalis-Zitat: „In ewigen Verwandlungen begrüßt / Uns des Gesangs geheime Macht hienieden – – – –“

Die gedruckte Erstausgabe erschien 1925 bei der „Gesellschaft für Bücherfreunde“ in Chemnitz.

I. LITERATUR 51

(H. Hesse)

82 Gedichttyposkript mit eigenh. Titelblatt und 4 aquarellierten Federzeichnungen (Tessiner Landschaften, ca. 6 × 8 cm). Titelblatt mit aquarelliertem Titel und 8 S. gr.-8o (gefaltete Bögen, lose geheftet). Leicht gebräunt. Titel mit Rand- und Bugfaltenrissen. (2.000.—)

„Vier / Gedichte / von / H.H.“

1) „Frühling“, 2 Strophen: „Wieder schreitet er den braunen Pfad / Von den stürmeklaren Bergen nieder, / Wieder quellen, wo der Schöne naht, / Liebe Blumen auf und Vogellieder …“,

2) „Glück“, 4 Strophen: „Solang du nach dem Glücke jagst, / Bist du nicht reif zum Glücklichsein, / Und wäre alles Liebste dein …“ (mit 1 Korrektur im Text),

3) „Absterben“, 3 Strophen: „Wenn ich Kinder spielen sehe / Und ihr Spiel nicht mehr verstehe / Und ihr Lachen fremd und töricht klingt, / Ach das ist vom bösen Feinde, / Den ich ewig ferne meinte, / Eine Mahnung, die nicht mehr verklingt …“ und

4) „Trost“, 4 Strophen: „Wieviel gelebte Jahre / Sind hin und hatten keinen Sinn, / Nichts, das ich mir bewahre, / Nichts, des ich fröhlich bin …“

83 3 e. Br. m. U., 1 e. Postkarte m. U. und 1 Br. m. U. Calw und Gaienhofen 28.XII.1903 bis (8.XII.1905). 13 S. gr.-8o und die Karte. Leicht gebräunt. Kleine Läsuren. (3.000.—)

An (Oscar Bie), Redakteur der vom S. Fischer Verlag herausgegebenen Zeitschrift „Neue deutsche Rundschau“ in Berlin. – Im Juni 1903 hatte Hesse für die Herausgabe seines ersten Romans „Peter Camenzind“ einen Vertrag mit Samuel Fischer geschlossen; im November war ein Vorabdruck in der „Neuen deutschen Rundschau“ erschienen. – Inhaltsreiche Briefe aus der Zeit seiner ersten Veröffentlichungen. Calw 28.XII.1903. Über seinen zweiten Roman „Unterm Rad“. „... Sie werden bald übergenug Stoff von mir in Händen haben. Nämlich eben heute … sandte ich Fischer meinen neuen Roman, von dem ich fürchte er wird dort wenig Freude machen. Trotzdem muß ich ihn notwendig vor der Buchausgabe in eine Zeitschrift bewegen, da ich sonst wieder in Not komme, u. da wäre mir freilich die Neue Rundschau am liebsten. Also das Manuskript (etwa vom Umfang des ‘Camenzind ’, eher etwas kleiner) liegt bei Fischer u. wenn Sie es brauchen u. in der N.R. bringen können, bin ich froh. Die Erzählung hat den Haken, äußerlich uninteressant zu sein u. in spezifisch schwäbischen Verhältnissen zu spielen. Mir war es ein Bedürfnis, diese ziemlich stark anklagende Schulbubengeschichte zu schreiben. Also bitte, sehen Sie sie sich einmal an! Falls Sie sie nicht brauchen können … habe ich Fischer um Rückgabe gebeten …

52

LITERATUR
I.

Sie hörten richtig, daß ich an einer Novelle schreibe. Doch wird diese noch ganz umgearbeitet u. ich weiß gar nicht, ob und wenn sie fertig wird. Einstweilen atme ich auf, den Roman vom Halse zu haben …“ –Erwähnt Emil Strauß.

Calw 24.I.1904. „... Also hier die venezianischen nugae! … Es sind Tagebuchblätter, formal nachträglich geglättet, daß ich kein Neutöner bin, sondern meistens gern in altmodischen Geleisen gehe, wissen Sie ja. Auch wenn der ‘Herr Piero ’ Ihnen nicht dient, so lehnen Sie ihn einfach ab – ich bin mehr für Ehrlichkeit als Höflichkeit, wenigstens in litteris. Das Schönste an dem Verslein ist mir eben die Erinnerung, denn ich habe Venedig seit mehreren Jahren sehr lieb, oft fast so lieb wie Florenz, das mein erster Liebling ist.

Die hübsche Handschrift der Verse stammt von meinem Schatz, der für 2 Tage zu Besuch bei mir ist …

Die Papierchen stecken also in mehrfacher Hinsicht voll Zärtlichkeit …“ – Hesse hatte sich im April des Vorjahres mit Maria Bernoulli verlobt.

Calw 15.VI.1904. Wegen der Bitte, sein Essay über „Franz von Assisi “, der bei Schuster & Löffler erscheinen sollte, zum Vorabdruck zu erhalten. „... Letzteres hätte ich sehr gerne getan, darf es aber leider laut Vertrag nicht. Ob ich nun in nächster Zeit was andres derartiges schreiben werde, weiß ich noch nicht. Ich habe beim Verfassen solcher Sachen stets das Gefühl auf Glatteis zu gehen. Gelehrsamkeit einerseits und Phrasenmachen andrerseits, beides ist nicht in meiner Natur. Der Boccaccio ist zwar aus gutem Studium hervorgegangen … aber auch er sieht besser aus als er ist. Dennoch komme ich – man probiert ja gern überall herum – vermutlich schon wieder einmal auf eine ähnliche Arbeit, die ich Ihnen dann gerne anbieten werde. Einstweilen haben Sie ja noch den ‘Hans Amstein’ … u. nächstes Jahr werde ich jedenfalls wieder mindestens eine größere Novelle vorzulegen haben.

Im Augenblick ist ohnehin bei mir Durcheinander u. Unruhe – ich will in Bälde heiraten u. bin von 1000 Arbeiten u. Besorgungen in Anspruch genommen …

Kann man in der N. Rundschau wohl auch gelegentlich eine Buchanzeige bringen … Doch ist das nicht wichtig – in allernächster Zeit komme ich ja doch nicht zum Arbeiten …“

Gaienhofen 1.IX.1904. Nach dem Umzug; im August hatten er und Maria Bernoulli geheiratet. „... Ich wohne nun hier am See in einem lustigen Bauernhäuschen u. übe alle die Künste (Dachflicken u.s.w.) mit den ich im Camenzind renommiert habe. So wird man bestraft. Aber das Haus ist recht u. wird sich hoffentlich im Winter leidlich halten. Auch die Geschäfte des Kahntheerens u.s.w. kosten mich viel Zeit. Man braucht hier, da es keine Bahn giebt, nötig ein Boot. Ich habe auf meinem sogar wie Onkel Konrad ein kleines Segel gesetzt, ebenfalls ohne viel davon zu verstehen, u. gestern wurde es mir bei einer etwas stürmischen Fahrt ganz jämmerlich um den Kopf geschlagen  …“ – Erwähnt seine Erzählung „‘Garibaldi ’ – ein Kinderstückchen eigener Erinnerungen“.

(Horn 7.XII.1905). Wegen einer wohl als unberechtigt empfundenen Kritik. „... Daß Sie ‘Unterm Rad’ nicht gelesen haben, ist mir selbstverständlich bei Ihrer vielen Arbeit. Daß Sie jene Kritik gut u. sachlich nennen ohne das Buch zu kennen, ist mir weniger begreiflich. Übrigens ist die Sache abgetan, umsomehr als mir persönlich wenig an Kritiken liegt; vielmehr sehne ich mich danach … was anderes zu denken u. zu hören als über mein Buch, das für mich seit 1 1/2 Jahren erledigt ist. Das Nächste, was ich schreibe, wird wieder mehr lyrisch u. pathetisch, vermutlich. Trotz mancher Anfechtung habe ich doch das Gefühl, zu wachsen u. zu lernen u. nicht stehen zu bleiben …“

Beiliegend eine Portraitphotographie Hesses in jungen Jahren: Halbstück im Dreiviertel-Profil, Hesse sitzend, in Anzug und Fliege (Photographie: 16,5 × 11,8 cm, Untersatzkarton: 24 × 17,5 cm, mit Prägung „Bernoulli / Basel“ am Unterrand). – 1902 hatte Hesse seine spätere Ehefrau Maria „Mia“ Bernoulli kennengelernt, die als erste Berufsphotographin der Schweiz bis zu ihrer Hochzeit 1904 in der Bäumleingasse in Basel ein Atelier betrieb.

I. LITERATUR 53

(H. Hesse)

84 5 e. Br. m. U. und 4 e. Postkarten m. U. Basel (1), Calw und o. O. (1). 13.II. bis 1.VIII.1904 sowie ein Brief o. D. Zus. 15 S. überwiegend gr.-8o und die Karten. Leicht gebräunt. (3.500.—)

An Paul Remer, der bei dem Berliner Verlag Schuster & Löffler die Monographienreihe „Die Dichtung“ herausgab, in die er Hesses biographische Essays zu „Boccaccio“ und „Franz von Assisi“ aufgenommen hatte.

Calw 4.III.1904. „... Viel bälder als nötig ist nun der Boccaccio fertig geworden, ohne aber darinn oberflächlicher zu sein. Der Stoff war mir ganz vertraut, so ging es über Erwarten rasch vorwärts. Der Umfang des Manuskripts wird wohl ziemlich genau dem Wunsch des Verlags entsprechen.

Ich wünsche nun dem ganzen Unternehmen viel Glück … Wenn Sie mir eine große Freude machen wollen, so schenken Sie mir Ihren Storm oder Liliencron oder beide … aber mit einer Dedikation … Als kleine Gegengabe sende ich Ihnen meine ‘Gedichte’ …“

– Die „Gedichte“ waren 1902 bei Grote in Berlin erschienen; Hesse schließt den Brief mit der Bitte um „Freiexemplare“.

Calw 10.III.1904. „... Danke schön für … die schnelle Anweisung des Honorars! Hoffentlich macht nun der Boccaccio, wenn er auch kein Muster von Analyse ist, Ihrer Sammlung keine Schande …

Hans Bethgen deutete mir an, Sie würden vielleicht meinen ‘Camenzind ’ in einem Berliner Blatt besprechen … Ich hätte gern noch irgend eine anständige, wenigstens anständig zahlende Zeitschrift, die mir gelegentlich eine Novelle u. dergl. abkauft. Ich war bisher ausschließlich als Lyriker eingeführt … Hoffentlich bringt der Camenzind hierin einige Änderung. Meine Erzählungen sind freilich meist ohne viel Sensation u. Spannung, mehr für stille Leute, aber es wird in angesehenen Journalen so viel Schund gedruckt, daß ich mich daneben doch nicht zu schämen brauchte …“ – Hesses erster Roman „Peter Camenzind“ erschien im selben Jahr bei S. Fischer in Berlin.

54

I. LITERATUR

Calw 26.III.1904. „... Wäre Ihnen ein ‘Franz von Assisi ’ für die ‘Dichtung’ recht? Ich wollte ihn längst vorschlagen, da er als ein Vater des modernen Empfindens u. Geistes u. als eine der poetischsten Personen aller Zeiten es sehr verdient … Ich könnte mindestens bis Mitte Juni, wahrscheinlich früher, damit fertig sein …“

Calw (23.IV.1904). „... Was würden Sie davon halten, wenn ich den Franz, der vorwiegend Biographie sein wird, ähnlich dem Boccaccio, doch ernster u. strenger, in einem den Legenden angenäherten alten Stil schriebe? Es hätte dies auch den Vorteil, daß ich dann reine Historie u. Legende schöner u. einheitlicher mischen könnte, die sonst ewig getrennt werden müßten …“

O. O. u. D., vor August 1904. „... Hier ist nun der arme Franz wieder – er ist durch einen Schluß vermehrt, der ihn auch blöden Lesern vielleicht in seiner enormen Bedeutung verständlicher macht …

Ich glaube, Sie dürfen es darauf ankommen lassen, daß ein paar müßige Schwätzer sich wundern werden diesen Franz in der ‘Dichtung’ zu finden. Andere werden dafür diesen großartig schlichten Menschen, der für Dichtung u. Kunst unendlich bedeutsamer war als hundert namhafte Dichter, lieben u. ehren. Jedenfalls rechtfertigt der angefügte Schluß meines Erachtens das Erscheinen des Bändchens in der ‘Dichtung’ genügend.

Im August werde ich heiraten u. spüre schon mancherlei von den Sorgen voraus, daß Boccaccio doch so ordentlich geht, hat mich sehr gefreut u. beruhigt, da im Ganzen meine literarische Laufbahn doch noch eine ziemlich windige Sache ist  …“ – Hesse hatte im August 1902 die Basler Photographin Maria Bernoulli kennengelernt.

Basel 1.VIII.1904. Kurz vor dem Umzug nach Gaienhofen am Bodensee, wo er ein Bauernhaus gemietet hatte. „... im Augenblick geht es bei mir kopfüber kopfunter, übermorgen wird abgereist u. dann wohne ich in Gaienhofen am Bodensee. Es wird fürs Erste ziemlich zigeunerisch zugehen, da wir dort das leere Haus antreffen, die Möbel noch nicht fertig sind u.s.w. Desto schöner sind See, Flur u. Wald …

So, nun steht schon wieder ein Handwerker da u. nimmt mich in Anspruch! …“ – Am nächsten Tag fand die Hochzeit von Hesse und Maria Bernoulli statt.

Erwähnt u. a. Ricarda Huch sowie die Unwahrscheinlichkeit, weitere Essays für die „Dichtung“ zu schreiben, „da meine Lieblinge Keller, Mörike u. Jacobsen schon weg sind“ (Postkarte, Calw 16.III.1904).

85 E. Br. m. U. Zürich 24.XII.1926. 2 S. gr.-8o. Mit aquarellierter Federzeichnung (Vergissmeinnicht) am Kopf. Leicht gebräunt. Schwach fleckig. (2.000.—)

An den Rechtsanwalt und Notar Erich Adriani in Vlotho, der den Verkauf von Hesse-Aquarellen an den Vlothoer Zigarrenfabrikaten Wilhelm Schöningh vermittelt hatte.

„... Wenn jemand ein Aquarell von mir kauft, so macht mir das mehr Freude als wenn mein Verleger 20 Auflagen von einem Buch verkauft.

So haben Sie mir also zur Weihnacht eine unerwartete Freude bereitet, für die ich Ihnen dankbar bin …“

I. LITERATUR 55

(H. Hesse)

86 E. Br. m. U. Baden (Schweiz), Oktober 1929. 11⁄2 S. gr.-8o. Mit aquarellierter Federzeichnung (ca. 6 × 7 cm) auf der ersten Seite. Leicht gebräunt. (2.500.—)

An Dora Adler in München, die ihm ihre soeben erschienenen Gedichte geschickt hatte.

„Das Bildchen auf diesem Blatt stammt noch aus dem Tessin, aber schon seit Tagen bin ich, weil ich krank war, nach Baden zu Arzt u. Kur gereist, u. so habe ich denn Ihr Büchlein am selben Ort u. im selben Haus empfangen u. gelesen, wo ich Sie vor Jahren kennen lernte.

Sie haben bei mir Verständnis vermutet u. haben sich nicht getäuscht. Ihre schönen Gedicht-Träume haben mich sofort gefesselt u. mir große Freude gemacht, trotz ihrer Traurigkeit denn das ist ja das Wunder der Kunst … Sie stehen an einem andern Pol als ich, u. haben ganz andere Bilder u. Melodien, aber ich konnte sie ohne weiteres aufnehmen u. lieben, denn Ihre Gedichte sind echt …“

Die Zeichnung zeigt eine Tessiner Landschaft mit Häusern und Baum im Vordergrund.

87 Albumblatt mit e. Widmung. (Berlin 10.VIII.1939.) 1 S. quer-8 o. Papierbedingt leicht gebräunt. (300.—)

„Der Dichter Dr. Owlglass (seit 40 Jahren einer der besten Köpfe des Simplizissimus), schrieb nach Empfang der Zehn Gedichte:

In eines Regenabends graue Nässe Flog als ein holdes Licht

Gedicht mir um Gedicht

Aus Ihrer Zauberlampe, Hermann Hesse. Da sitzt man nun, bewegt, beglückt, betroffen Und neu bereit zu Glauben, Lieben, Hoffen.“

Darunter die eigenhändige Zeile: „Gruss für Frau Haas“.

56

I. LITERATUR

Mit „Zehn Gedichte“ ist wohl sein 1939 bei Stämpfli in Bern erschienener gleichnamiger Privatdruck gemeint (W/G² 229).

Verso die e. Anmerkung „Beilagen an Frau O. Haas / Hilversum“.

Beiliegend eine e. Visitenkarte seines Vaters Johannes Hesse: „Missionar. / Calw“. Auf der Rückseite 3 e. Zeilen m. U. seiner Mutter Marie geb. Gundert: „dem jungen Ehepaare mit den herzlichsten Glück- u SegensWünschen …“

88 2 Privatdrucke und 1 Manuskriptdruck, davon 2 mit e. Widmung u. U. 1 Papp- und 2 Broschurbände. Leicht gebräunt, kleine Läsuren. – Dazu 2 weitere e. Grußworte m. U. auf separaten Blättchen, 1 davon montiert. (300.—)

1) „Zehn Gedichte“ (1939, WG² 229), auf dem Titel die e. Worte m. U. „Gruss von / H. Hesse“, inliegend ein e. Blättchen m. U. „Gruss von / H Hesse“.

2) „Kleine Betrachtungen“ (1941, Manuskriptdruck, WG² 236), montiert auf dem Schmutztitel das Blättchen: „Gruss von / H Hesse“.

3) „Glück“ (1949, WG² 345), mit der e. Widmung u. U. „Gruss für Nino Erné von S. HHesse“ auf dem Schmutztitel. – Erné war ein in Hamburg lebender Schriftsteller und Journalist. Beiliegend 1 ungelaufene, unfrankierte e. Kunstpostkarte m. U. (o. O. u. D.) sowie 1 Ansichtspostkarte m. U. (Poststempel: Zug 12.VII.1960), beide an Nino Erné mit Dank für Buchsendungen: „... Ihre Gabe ist angelangt, ich werde das Büchlein sehr gerne lesen. Meine Frau ist wieder in Griechenland, wohl etwa zum 6. mal, das ist ihre grosse Liebe, u. mir leistet einer meiner Söhne Gesellschaft …“

89 Typoskript mit zweizeiliger eigenh. Widmung u.U. O. O. 12.X.1941. 2 S. 4o. In Umschlag mit aquarellierter Federzeichnung (ca. 7,5 × 8 cm). Der Umschlag mit kleinen Bugfaltenrissen und Montageresten. (2.500.—)

„Kranken-Nacht

Augen in die ich einst liebend geblickt, Worte die einst ich als Jüngling verehrt, Lieder die einst meine Träume genährt, Bilder, von freundlichen Göttern geschickt, Deren ich Jahre nicht mehr gedacht, Suchen mich nun, einen kranken Mann, Strahlend heim in der schlaflosen Nacht, Blicken mich unergründlich an, Leuchten wie Sterne ewig und wandellos, Stehn um mein Lager und lächeln jung, Lange genährt aus der Seele Schooß, Her gewiegt vom Flusse Erinnerung …“ Es folgen 18 weitere Zeilen.

Darunter die e. Widmung „Gruss für Herrn / H. C. B o d m e r ! / H Hesse“. Der Arzt und Autographensammler Hans Conrad Bodmer hatte für seinen Freund Hesse die Casa Rossa in Montagnola erbauen lassen, die dem Dichter ab 1931 auf Lebenszeit zur Verfügung stand. Die aquarellierte Federzeichnung auf dem Umschlag zeigt zwei Häusergruppen in Berglandschaft mit einem Baum im Vordergrund.

I. LITERATUR 57

(H. Hesse)

90 Gedicht mit Widmung u.U. „HHesse“. Dezember 1958. 1 S. 8o. Seidenpapier. (300.—)

„Uralte Buddha-Figur, in einer japanischen Waldschlucht verwitternd / (Kei Wakasugi gewidmet)

Gesänftigt und gemagert, vieler Regen Und vieler Fröste Opfer, grün von Moosen, Gehn deine milden Wangen, deine großen Gesenkten Lider still dem Ziel entgegen, Dem willigen Zerfalle, dem Entwerden im All, im ungestaltet Grenzenlosen …“ – Es folgen 8 weitere Zeilen.

Darunter der e. Zusatz „Ostergruss“. Verso am Fuß die Adresse „Frau Hedwig Weiner Bielefeld Lutterstr. 38“.

91 E. Gedicht m. U. Sils Maria, August 1960. Titelblatt mit aquarellierter Federzeichnung (Tessiner Landschaft) und 1 S. gr.-8o. (2.500.—)

„Müder Abend

Abendwindes Lallen Klagt erstickt im Laub, Schwere Tropfen fallen Einzeln in den Staub.

Aus den mürben Mauern Moos und Farne quellen, Alte Leute kauern

Schweigend auf den Schwellen.“ Es folgen zwei weitere Strophen.

58

I. LITERATUR

92 HEYSE, Paul, 1830 – 1914. 2 e. Br. m. U. München 11.IV. und 12.V.1910. 7 S. 8o (250.—)

An Prinzessin (Maria de la Paz von Bayern, Gemahlin des Prinzen Ludwig Ferdinand). 11. April, Dank für Glückwünsche zu seinem 80. Geburtstag. „... Sie haben mich ungemein gefreut, und da ich nach einem äußeren Zeichen suchte, meiner Empfindung Ausdruck zu geben, gedachte ich meines Spanischen Liederbuches, … dies nun 60 Jahre alte Büchlein, das die Lieder ihrer Heimath nach Deutschland verpflanzt hat, in ihre Hände legen zu dürfen …“

12. Mai, Dank für eine Buchsendung. „... Für mich hatte die Lectüre dieses Büchleins noch einen persönlichen Reiz und Werth, da es in einer Sprache geschrieben ist, die mir vor 60 Jahren neben meiner Muttersprache die vertrauteste war …“

93 HÖLDERLIN, Friedrich, 1770 – 1843. E. Stammbuchblatt m. U. Maulbronn 18.XII.1786. 1 S. quer-kl.-8o. Umlaufender Goldschnitt. Schwach fleckig. (20.000.—)

„Schiller .

Wir intereßiren uns um etwas nur darum –Wir gewinnen nur darum – um es mit Schmerzen wieder zu verlieren.

Maulbronn d. 18. Dec. 86.

Denke hier an Deinen Freund Hölderlin.“

Das leicht abgewandelte Zitat aus den „Räubern“ (Amalia, 4. Akt, 2. Szene) schrieb der 16-jährige Hölderlin zwei Monate nach seinem Eintritt in die Klosterschule Maulbronn für das Stammbuch seines Mitschülers Johann Christian Benjamin Rümelin (1769 – 1821).

Katalog der Hölderlin-Handschriften Nr. 461; Frankfurter Ausgabe Band 1 S. 548 – das früheste der dort nachgewiesenen Stammbuchblätter Hölderlins.

Von größter Seltenheit.

I. LITERATUR 59

94 HOFFMANN, Heinrich, Psychiater; Verfasser des „Struwwelpeter“, 1809 – 1894. E. Br. m. U. Frankfurt a. M. 19.II.1893. 4 S. gr.-8o. Kleinere Montagereste auf der ersten und letzten Seite. (800.—)

An (Henriette Voß in Bremen, eine Enkelin von Johann Heinrich Voß), die ihn wegen seines Artikels in der Neujahrsnummer der „Gartenlaube“ angeschrieben hatte. Ihr Brief habe sich angenehm von vielen anderen Zuschriften abgehoben.

„... Der Aufsatz … hat mir gar manchen unbekannten Freund zu Zuschriften veranlasst, von denen manche mir dankende Gefühle erweckten, während andre mich ein wenig ungeduldig machten. Aus Nord und Süd, u. West und Ost wollten sie Autographen von mir haben, und hätte ich nicht für solche Zumutungen mir schon in müßigen Stunden einen vorsorglichen Vorrath zusammen geschrieben, so wäre ich in ärgerliche Verlegenheit gekommen …

Ich bin oder vielmehr ich war Arzt, habe die Frankfurter neue Irrenanstalt gegründet und bauen lassen, und sie 37 Jahre lang als ärztlicher Vorstand geleitet. Vor 4 Jahren ließ ich mich pensioniren, und lebe nun in der Stadt, glücklich und zufrieden still im Kreise der Meinen … So ist das Alles recht gut, und ich kann bei leiblichem Wohlsein nicht klagen, wenn auch das Alter allerlei Unannehmlichkeiten auch für mich herbei hat schleichen lassen; Ich finde mich auch darein mit Geduld, denn es ist ja allgemeines Geschick irdischer Organismen, und man lernt im Alter ja so allmählich Beschränkung. Und trotz allen dem, und trotz aller der fieberhaften Unruhe der Welt, halte ich doch Gottes Schöpfung für eine ganz vortreffliche …“

Ferner mit der Bitte, Grüße an seinen Bremer Kollegen Scholz zu bestellen – „sagen Sie ihm, daß ich so eben sein Buch ‘über die Charakterfehler des Kindes’ mit demselben Interesse durchgelesen hatte, wie vor Jahren seine Schrift ‘Diätetik der Seele’“. Der erwähnte Artikel der „Gartenlaube“ liegt bei.

95 HOFFMANN VON FALLERSLEBEN, August Heinrich, 1798 – 1874. Druck: „Das Lied der Deutschen von Hoffmann von Fallersleben. Melodie nach Joseph Haydn’s: ‘Gott erhalte Franz den Kaiser, / Unsern guten Kaiser Franz!’ Arrangirt für die Singstimme mit Begleitung des Pianoforte oder der Guitarre. (Text Eigenthum der Verleger.) 1. September 1841. Hamburg, bei Hoffmann und Campe. Stuttgart, bei Paul Neff. (Preis 2 gGr.)“. 3 S. 4o (Doppelblatt; 27 × 17,4 cm). Etwas fleckig. Kleiner Papierschaden im 2. Blatt. (1.200.—)

Der erste Druck des Deutschlandliedes.

„mit dem Dichten ist es ein eigenes Ding“

96 E. Br. m. U. „HvF“. Weimar 25.IV.1857. 2 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. Tinte leicht durchscheinend. (600.—)

An einen Schriftstellerkollegen, der ihn um einen Originalbeitrag zu einem „Album“ gebeten hatte. „... Bei aller meiner Bereitwilligkeit bin ich doch außer Stande Ihnen einen ganz neuen Beitrag zum beabsichtigten Album zu senden – ich werde leider nur zu sehr in Anspruch genommen u. mit dem Dichten, wenigstens mit meinem, ist es ein eigenes Ding: ich kann mich nicht so hinsetzen u. diesen oder jenen Wunsch sofort poetisch befriedigen.

I. LITERATUR 60

Nr. 95

In vorigem Jahre hatte ich in Kitzingen beikommende Lieder gedichtet. Herr Dr. Schad wünschte eine Abschrift, ich gab sie ihm gern, aber nur unter der ausdrücklichen Bedingung, daß er sie nicht drucken lasse. Zu meinem Bedauern hat er es, wie ich neulich zufällig sah, doch gethan, ich aber betrachte diese Lieder trotzdem als mein Eigenthum, worüber ich auch jetzt noch verfügen kann.

Wenn Ihnen nun bei so bewandten Umständen damit gedient sein kann, so soll es mich freuen …“ – Der in Kitzingen lebende Christian Schad (1821 – 1871) hatte die Lieder wohl in seinen 1850 – 1859 erschienenen Deutschen Musenalmanach aufgenommen.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

„I have so much sympathy with this people“

97 HOLITSCHER, Arthur, 1869 – 1941. E. Br. m. U. New York 31.I.1912. 2 S. kl.-4o (200.—)

An den schwedisch-amerikanischen Schriftsteller und Übersetzer Edwin Björkman (1866 – 1951), nach dem gemeinsamen Besuch einer Veranstaltung afro-amerikanischer Künstler.

„... I thought, the evening was ill spent, not because we saw a wretched performance going on, but because I think, this impression would do harm to our opinion on the ability of the negroes. I myself dont consider our experience as suitable for generalization; surely there are better artists, a better public and also a better arrangement of entertainments among the negroes. I have so much sympathy with this people and know myself, how far one would hit from the goal, judging the jews by one of the jiddish performances shown on the East Side of Newyork, that I cannot but regret the bad impression, we all had on monday – through my innocent mediation! …

I … shall bring you my last novel (the copy, Mr. Seltzer saw at Brentano’s)“ – gemeint ist der 1910 erschienene Roman „Worauf wartest du?” – „and one of my last play, ‘der Golem ’ …“ – In diesem Jahr erschien bei S. Fischer sein erstes Reisebuch „Amerika heute und morgen“.

I. LITERATUR 61

98 HOLTEI, Karl von, 1798 – 1880. E. Br. m. U. Graz 27.VIII.1857. 4 S. gr.-8o. Tinte leicht durchschlagend. Ein Eckchen ohne Textberührung abgerissen. (250.—)

An den Herausgeber einer Zeitschrift wegen einer Erzählung, die beim Schreiben weit über den beabsichtigten Umfang hinausreiche.

„... Ich vermag den Stoff nicht zu bändigen, und muß mir selbst eingestehen, daß eine psychologische Entwickelung der Hauptcharaktere nur denkbar ist, wenn ich Ihnen den Raum gönne, den sie von mir verlangen.

An einer, auf dem Prokrustes-Lager eiserner Nothwendigkeit verstümmelten Geschichte, kann Ihnen u. Ihren Lesern nichts gelegen seyn …“

Beiliegend eine Portraitphotographie mit e. Namenszug auf der Bildseite (Visitformat).

99 HUTTERUS, Johann Martin, 1810 – 1865. Eigenh. Gedichtmanuskript m. U. 4 S. gr.-8o Leicht fleckig. (400.—)

„Gedichte von J. M. Hutterus“. – Reinschriften der Gedichte

„Die Kinderlose“ („Es saßen traulich im Grünen / Beisammen Männer und Fraun, / Da ging ein Mägdlein vorüber, / Schier nackt, von der Sonne braun …“; im Ganzen neun vierzeilige Strophen),

„Reminiszenz“ („Blau war der Himmel bis zum tiefsten Rande, / Es glühte heiß die Mittagsonne nieder, / Von einem Hügel unter duft’gem Flieder / Blickt ich hinaus wie träumend in die Lande …“; Sonett) und „Mein Lied“ („‚Nicht wollen wir von Lenz und Liebe hören, / Von Blumen nicht mehr und von Sternenpracht, / Umrauschen soll es uns mit vollen Chören / Wie sie der Krieger anhebt in der Schlacht;’ // ‚Denn eine Zeit des Kampfes ist gekommen, / Und Thaten fordert laut die Gegenwart, / Und wer nicht ihren Fehderuf vernommen, / Dem hat ihr Geist sich nimmer offenbart’ …“; im Ganzen sechs vierzeilige Strophen).

Im Druck (Gedichte von J. M. Hutterus, Trier 1857) ist „Die Kinderlose“ um eine Strophe erweitert, „Reminiszenz“ dort unter dem Titel „Erinnerung“, „Mein Lied“ unter dem Titel „Mein Beruf. 1848“, ebenfalls um eine Strophe erweitert.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff; von ihr auf der letzten Seite eigenh. bezeichnet „J.M. Hutterus“.

100 IBSEN, Henrik, 1828 – 1906. Portraitphotographie mit e. Widmung u. U. auf der Rückseite. München 16.XII.1886. Kabinettformat. Aufnahme: E. Hohlenberg, Kopenhagen. Schwach berieben und bestoßen. (800.—)

„Til / Ludwig Passarge“ (sein deutscher Übersetzer und Herausgeber) / „med venskab og taknemmelighed. / Henrik Ibsen.“

Die Aufnahme (Brustbild, en face) zeigt Ibsen in Anzugjacke mit Fliege.

101* JOHNSON, Uwe, 1934 – 1984. Br. m. U. Sheerness, Kent 10.VII.1980. 2⁄3 S. gr.-4o (600.—)

An eine Dame in Erlangen, die ihn nach den Adressen von englischsprachigen Schriftstellerinnen und Schriftstellern gefragt hatte.

„... Die Namen von NIGEL BALCHIN und HENRY TREECE finden sich weder im WRITER’S DICTIONARY 1974 – 76, noch im AUTHOR’S WHO’S WHO VI/1971.

Für die übrigen, nach denen Sie fragen, habe ich als neueste Adressen gefunden: STEPHEN SPENDER … / ELIZABETH BOWEN … / BEVERLY NICHOLS …“

I. LITERATUR 62

102* KAFKA, Franz, 1883 – 1924. Eigenh. adressierter Briefumschlag. Poststempel: Prag 13.V.1913. 10,0 × 15,5 cm. Frankiert (35 Heller, kopfstehend), am Oberrand aufgeschnitten. Tinte stellenweise leicht verwischt. (3.500.—)

„Fräulein / Felice Bauer / per Adr. Carl Lindström A.-G. / Berlin O-17“, als Einschreiben mit entsprechendem Aufkleber versandt. Verso die Absenderangabe

„Abs. Dr. F. Kafka / Prag, Porˇicˇ 7“ – die Adresse der „ArbeiterUnfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen“, in der Kafka beschäftigt war.

Kafka hatte Felice Bauer im August 1912 bei der Familie seines Freundes Max Brod in Prag kennengelernt. Im Juni 1913 machte er ihr brieflich einen Heiratsantrag, es folgten eine Ent- sowie eine weitere Verlobung. 1917 trennten sie sich endgültig, nachdem Kafka ihr binnen fünf Jahren über 650 Briefe geschrieben hatte. Seine 1913 erschienene Erzählung „Das Urteil“ ist Felice Bauer gewidmet. Vom 10. bis zum 12. Mai hatte Kafka sie in Berlin besucht.

Der Umschlag gehörte zu Kafkas Brief vom selben Tag (Kritische Kafka-Ausgabe, Briefe 1913 – März 1914, Nr. 528). Laut Berliner Poststempel auf der Rückseite kam er dort am 14. Mai an.

103 Eigenh. adressierter Rohrpostbrief. Poststempel: Prag 10.VI.1919. 7,7 × 12,7 cm (geschlossen). Rosa Papier, am Rand zum Öffnen perforiert. (3.000.—)

Rohrpostbrief ohne Text oder Inhalt an seine zweite Verlobte Julie Wohryzek, die im Prager Vorort Weinberge lebte:

„Fräulein / Julie Wohryzek / Vinohrady / Balbínová 5 / I posch. n p. Nettla“ Kafka benutzte den Rohrpostbrief offenbar für den Versand einer Beilage, die sich nicht erhalten hat.

Wohryzek und Kafka hatten sich im Januar 1919 in Schelesen kennengelernt und einige Monate später verlobt. Kafkas Eltern lehnten die Verbindung als nicht standesgemäß strikt ab; seines Vaters beschämende Kommentare verarbeitete Kafka im November 1919 in seinem „Brief an den Vater“. Die Beziehung endete im Juli 1920, als Kafka bereits mit Milena Jesenská liiert war. Die Korrespondenz zwischen den beiden hat sich nicht erhalten, es sind lediglich ein Brief Kafkas an Wohryzek vom 18.VI.1919 sowie der vorliegende Umschlag bekannt.

Kritische Kafka-Ausgabe, Briefe 1918 – 1920, Nr. 1205 („Inhalt nicht überliefert“).

I. LITERATUR 63

104 KERNER, Justinus, 1786 – 1862. E. Gedicht m. U. (1844.) 11⁄3 S. gr.-8o. Gedruckte Schmuckleisten auf der ersten Seite. Leicht fleckig, kleines Loch durch Tintenfraß fachgerecht repariert. (1.200.—)

Frühe Fassung des unter dem Titel „Das Schwerste. An Sie im Alter“ in den Band „Der letzte Blüthenstrauß“ (Cotta 1852) aufgenommenen Gedichts. Die beiden ersten von fünf Strophen lauten:

„Wohl ward schon Manches mir genommen Das lieb mir war wie’s Augenlicht, Doch Eines ist noch nicht gekommen Und bete: daß dieß komme nicht.

Diß wär’, o Herz! vor mir dein Sterben. Was wär’ ich dann noch in der Welt? –Ein unter’s Dach geworfner Scherben Wär’ besser dann denn ich bestellt.“

Nachträglich, während eines Besuchs bei Joseph von Laßberg auf Schloss Meersburg, hat Kerner eine Verszeile der letzten Strophe geändert und am Schluss notiert „Vor zehn Jahren geschrieben. / J. Kerner / Meersb[ur]g 6. Aug. 54.“ – Kurz zuvor, am 4. April, war seine Ehefrau Friederike („Rickele“) gestorben. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

I. LITERATUR 64
„ein grenzenloses furchtbares Heimweh“

105 1 e. Gedicht m. U. und 2 e. Br. m. U. (Meersburg 19.VII.1850) sowie Weinsberg 12.XI.1854 und 22.II.1855. 8 S. gr.-8o und 2 S. quer-kl.-8o (das Gedicht). Leicht fleckig. (2.500.—)

An bzw. für den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Meersburg. (19.VII.1850.) Auf Feinkarton geschriebenes Gedicht anlässlich eines Aufenthalts in Meersburg.

„An Herrn v. Lasberg.

Es steht an deiner Burg am Thor Ein alter schwäb’scher Troubadur Fleht um zwey Stunden Einlaß nur, O schieb ihm keine Riegel vor!

Manch Wanderer hat ihm gesagt

Hier wohnt noch alte Biederkeit

Hier wohnt noch alte deutsche Zeit Tret ein du den die neue plagt! …“

Es folgen vier weitere Verszeilen und die Unterschrift „Justinus Kerner / aus Weinsberg“. Am Schluss von Laßberg datiert „zu Meersburg am 19. Heumond 1850 / JvL.“

12.XI.1854. Nach einem neuerlichen Besuch auf der Meersburg in Begleitung seiner Tochter Marie; seine Frau Friederike war im Frühjahr gestorben. „... Denken Sie! Erst vor einigen Tagen fand ich in Ihrem so verdienstlichen Liedersaal die lieben Worte in das Exemplar eingeschrieben das Sie mir so liebevoll gaben. Noch einmal meinen herzlichsten Dank für das mir so theure Geschenk!!!

Vor allem aber gebe Gott; daß Sie sich doch in der Gesundheit u. Geistesfrische befinden möchten, in der wir Sie diesen Sommer zu sehen das Glük hatten. Ich befürchte daß der Tod des edlen Herrn Fürsten von Fürstenberg Ihnen auch sehr zu Herzen ging!

So schmerzt mich auch für meinen lieben König Ludwig der Tod seiner Therese …“ (Königin Therese von Bayern war am 26. Oktober gestorben). – Es folgt eine vollständige Niederschrift seines Gedichts „Der alte Baum“ („Einem Baum der jung noch blikt …“; acht Zeilen).

Ferner über einen neuen großen Kummer, der ihn belaste – „Mein ungemein rechtschaffener Tochtermann in Heilbronn liegt am Nervenfieber u. sein Tod ist mir gewißer als sein Aufkommen. O verehrter Freund! Welchen Erdenjammer muß ein Menschenherz durchmachen biß es bricht!!!!! …“ 22.II.1855. Dank für Laßbergs großzügige Bereitstellung von Materialien für seine Mesmer-Biographie, die im nächsten Jahr unter dem Titel „Franz Anton Mesmer aus Schwaben. Entdecker des thierischen Magnetismus“ erschien. „... Ach wie sind Sie so gütig, so lieb gegen mich … Ich wollte Ihnen täglich, täglich schreiben, aber mit eigner Hand kam ich leider nicht dazu vor Krankheit, … Betrübniss und Verstimmungen aller Art die jetzt über mich am Ende noch hereinbrechen …

... Wären die Hinterbleibenden nicht so wäre der Tod jezt freylich das Beste: denn es wird eine immer traurigere, verwirrtere Zeit hereinbrechen, Krieg, Pestilenz u. theure Zeit. In mir ist keine Freude mehr, nur ein grenzenloses furchtbares Heimweh …“

Im Folgenden über seine seine Tochter Marie, deren treuer Fürsorge er ein Gedicht widmet:

„Laß Deine Hand mich, liebe Tochter! fassen!

Du bist, Maria! die in Schmerzen tief

An meinem Kreuz ausharrte biß ich rief:

‚O Gott! mein Gott! was hast Du mich verlassen!’

Und dann mein Haupt müd senkte und entschlief.“

(Leicht abweichend gedruckt unter dem Titel „An meine Tochter Marie“.)

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 65

106 Eigenh. Gedichtmanuskript, nachträglich datiert „Winter 1853“ und zweifach signiert. 4 S. 4o. Konzeptpapier. Leicht fleckig, kleine Randläsuren. (1.600.—)

1) „In der Mitternacht

Es war in tiefer, stiller Mitternacht, Wo ich erkrankt auf heisem Pfühl gewacht, Als durch die Nacht ein sel’ges Leuchten brach

Und draus ein Geist, der Geist der Mutter sprach: ‚Was bleibst auf Erden du so lang zurük?

Erwartest du, mein Sohn, von ihr noch Glük?

Bist längst ein Greis, fort ist dein Augenlicht! Ich komm zu dir, weil du so lang kommst nicht.

O könntest schauen du den lichten Stern!

Da trag ich hin dich von der Erde fern.’ …“

Es folgen weitere zehn Zeilen und der spätere Zusatz „Gedichtet im Winter 1853, wo ich am Nervenfieber sehr erkrankt gewesen.“

2 ) „Trost beym Erblinden

Bald, bald durch meiner Augen Nächte

Nicht mehr ein Strahl der Sonne bricht, Dann nimmer, nimmer kann ich schauen Ihr liebes, liebes Angesicht.

Daß süßer noch Musik ertönet

In Nächten, als im Sonnenschein Wird wegen ihrer lieben Stimme Mir dann doch eine Tröstung seyn.“

Auf einer weiteren Seite ein durchstrichener längerer Gedichtentwurf („Lass Weinen u. lass Klagen! …“). Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

107 E. Br. m. U.Weinsberg 29.IX.1854. 3 S. gr.-8o. Schwach fleckig. (800.—)

An (Jenny von Laßberg geb. von Droste-Hülshoff, die Schwester der Dichterin), nach einem Besuch auf Schloss Meersburg.

„Verehrteste Freundin! / ich darf Sie wol so anreden, Sie sind ja so gut u. tag täglich muß ich mit mehr Liebe u. Dankbarkeit an Sie, Ihren herrlichen Gemahl“ (der Germanist Joseph v. Laßberg) „und die lieben, lieben Töchter denken.

Weh thut mir u. macht mir bange, daß wir so gar keine Nachrichten von Ihnen erhalten, nichts mehr von Ihnen hörten, seit wir von Ihnen sind. Ist doch unser lieber, herrlicher Herr v. Laßberg nicht krank? Schon vor mehr als 3 Wochen schrieb ich an ihn durch die Post u. einen Tag nachher sandte ich durch die Eisenbahn biß nach Friedrichshafen u. von da durch das Dampfschiff biß nach Meersburg, ein Kistchen an ihn ab …

Vielleicht liegt es noch wo. Der Werth ist nicht groß, aber es sollte Ihnen nur sagen, wie sehr ich an Sie alle denke und nicht das Gute erwiedern kann das Sie uns alle so reichlich erwiesen. Nur leid wäre mir, wenn die Papiere, die dem Mahler Guido Mayer gehören verlohren wären, weil er mir für dieselben dann fordern könnte was er nur wollte

Meine Trauer, mein Heimweh steigt immer mehr u. auch meine körperliche Schwäche.

Ich kann nicht weiter schreiben, weil ich es nicht mehr sehe …“ – Kerners innig geliebte Frau Friederike („Rickele“) war am 4. April des Jahres gestorben.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 66
(J. Kerner)

108 E. Br. m. U. Weinsberg 25.XII.1854. 22⁄3 S. gr.-4o. Mit Trauersiegel und Adresse. Schwach fleckig, kleiner Ausriss an der Siegelstelle (minimale Buchstabenverluste). – Diverse Beilagen. (800.—)

An Hildegunde von Laßberg („herzliebe Adelgunde“) auf Schloss Meersburg, die achtzehnjährige Tochter des Germanisten Joseph v. L.

„... Sie waren bey meinem Aufenthalte in Ihrer mir so theuren Burg immer so herzlich gegen mich, daß ich glaube, ich seye noch nicht ganz aus Ihrem Gedächtnisse und Wohlwollen verschwunden u. so wende ich mich mit diesen Zeilen an Sie, zu denen mich hauptsächlich die Sehnsucht bringt, erfahren zu können, wie es Ihnen allen, besonders aber Ihrem mir über alles theuren Vater, ergeht

Meine Gesundheit wird immer leidender u. ich bin nicht mehr zu gehen im Stande. Dazu habe ich jezt den Jammer, daß mein Tochtermann schon 4 Wochen lang am Unterleibstyphus erkrankt liegt u. große Besorgniß ihn zu verlieren vorhanden ist … Das ist nun wieder ein Herzeleid zu großem Herzeleid. Mein guter König Ludwig“ (I. von Bayern, der ihm eine Rente ausgesetzt hatte) „macht mir auch Sorgen durch seine Anfälle. Er schrieb mir bald nach dem Tode der Königin sehr betrübt …“ – Königin Therese war am 26. Oktober gestorben.

„Ich habe mich in diesem Winter in meinem Verlassenseyn immer mit dem lieben Meersburg u. den Funden die ich da über Mesmer machte beschäftigt, seine Schriften wieder durchgegangen u. einiges darüber zu Papier gebracht …“

Beiliegend ein Briefschluss m. U. (Weinsberg 29.X.1859, wohl an dieselbe), ein lateinischer Widmungstext von seiner Hand (1 S. quer-gr.-8o) in einem „für die liebe Gundel“ beschrifteten Umschlag sowie ein für Hildegunde und ihre Zwillingsschwester Hildegard bestimmtes Gelegenheitsgedicht („freündliches Zwillingspaar! …“; acht Zeilen auf einem Oktavblatt).

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

109 E. Albumblatt m. U. Weinsberg, Dezember 1854. 1 S. quer-gr.-8o. Mit breitem gestanztem Schmuckrähmchen (Einriss). Auf blauen Karton montiert. (1.200.—)

„Fahr zu, o Mensch! treib’s auf die Spitze, Vom Dampfschiff biß zum Schiff der Luft, Flieg’ mit dem Aar, flieg’ mit dem Blitze, Kommst weiter nicht als biß zur Gruft.“

I. LITERATUR 67

110 E. Albumblatt m. U. Weinsberg 22.III.(1855). 1 S. quer-gr.-8o. Minimal fleckig. (1.200.—)

Eine von Kerners berühmten Klecksographien. Darunter das ebenfalls bekannte Gedicht:

„Aus Dintenflecken ganz gering Entstand der schöne Schmetterling. Zu solcher Wandlung ich empfehle Gott meine flekenvolle Seele.“

„Kerner begann Anfang der 1840er-Jahre zu klecksographieren … 1844 schreibt er an Emma Niendorf: ‘Ich sende Dir hier meinen ganzen Bilderschatz der magischen Urbilder. Ich fand die Kunst durch die vielen Tintensäue [Tintenflecke], die ich auf die Briefe mache meiner üblen Augen wegen. Ich schlug den Brief mit solchen Säuen zusammen und da entstand ein Bild … Es geben diese Bilder der Phantasie ungeheuren Spielraum’ … Für Kerner waren seine ‘Tintensäue’ keine Zufallsbilder, für ihn waren es Manifestationen der Geisterwelt“ (Andrea Fix, Das Theatrum Mundi des Justinus Kerner, Marbacher Magazin 130, Marbach a.N. 2010, S. 31).

LITERATUR 68
I.
(J. Kerner)

111 Br. m. U. „D. Justinus v. Kerner“. Weinsberg 18.IV.1856. 3 S. 4o. Mit Siegelspur und frankierter Adresse (grüne 6-Kreuzer-Marke). Loch an der Siegelstelle fachgerecht repariert (geringe Textverluste). (400.—)

An Moritz Graf zu Bentheim-Tecklenburg (1798 – 1877), der 1853 in Würzburg eine Schul- und Ausbildungsstätte für Blinde („Blindeninstitut“) gegründet hatte.

„... Es wäre mir eine große Freude wenn ich im Stande wäre für das, für einen so edlen Zweck bestimmte Kunst Album etwas von [W]erth beitragen zu können. Aber seit mir der Tod mein liebes [We]ib nahm … ist auch meine Muse in Trauer u. Gram verhüllt und mir mehr als die Hälfte meines Lebens genommen. Ihr gütiges Schreiben drückt auch nicht aus von welcher Art literarische Beiträge für das Album gewünscht werden, prosaische habe ich keine u. poetische nur sehr dürftige und wenige, da ich vor Kurzem auch durch König Ludwigs“ (I. von Bayern) „freundliches Wohlwollen zu Beiträgen für das, von der Prinzessin Alexandrine auch zu einem edlen Zweck projektirte Album, aufgefordert wurde … Fast ganz erblindet vermag ich nicht mehr mit eigener Hand zu schreiben u. muß mich bei diesem Schreiben an Sie der Hand einer kleinen Enkelin bedienen …“ – In einer Nachschrift bittet er um Nachricht über Emilie Brentano, der in Aschaffenburg lebenden Schwägerin des Dichters, die ihn und seine Frau „vor Jahren in ihrem edlen Hause“ empfangen habe.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

112 E. Vierzeiler m. U. unter dem Druck einer Portraitzeichnung seiner Tochter Marie. Gr.-8o. (600.—)

„Diß soll ich seyn, ich weiß es nicht Getroffen ist nicht mein Gesicht, Getroffen aber ist der Rok, Des Körpers Haltung u. der Stok Justinus Kerner“.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

„my elegiacs alone brought tears to the most hardened masters of my school“

113 KIPLING, Rudyard, 1865 – 1936. E. Br. m. U. Burwash 19.XI.1916. 1 S. 8o. Mit gedrucktem Briefkopf. Kleine Schabstelle am Unterrand. (300.—)

An einen Herrn, der sein patriotisches Gedicht „For All We Have And Are“ ins Lateinische übertragen hatte. – Das 1914 entstandene Gedicht war Kiplings Kriegsaufruf an die Engländer („Stand up and take the war. / The Hun is at the gate! …“).

„...Thank you very much for the verses. I am – alas! – not scholar enough to pronounce upon them (my elegiacs alone brought tears to the most hardened masters of my school – and later to me!) But I don’t quite like the carry-over in the ‘steel & fire & stone’ stanza – I very much like ‘Iam nunc Erinnys nota &c. Of course I shall feel honoured by the dedication …“

I. LITERATUR 69

„Was das Käthchen betrifft“

114 KLEIST, Heinrich von, 1777 – 1811. E. Br. m. U. O. O. u. D. (Berlin, spätestens 16.VIII.1810). 1 S. 8o. Doppelblatt; von Blatt 2 fehlt die obere Hälfte (mit der Adresse), die untere Hälfte mit rotem Siegelrest. (35.000.—)

An den Berliner Verleger Georg Andreas Reimer. Kleist vermisste den Druck seiner bereits 1807 erschienenen Novelle „Das Erdbeben in Chili“ in Cottas „Morgenblatt“. Gleichzeitig übersendet er das Manuskript seiner Erzählung „Die Marquise von O....“ und erläutert seine Forderung für sein Schauspiel „Das Käthchen von Heilbronn“, das er Reimer am 11. August mit der Bitte um sofortige Bezahlung gesandt hatte – „Honorar überlasse ich Ihnen“.

„In den Heften, … die Sie mir geschickt haben, finde ich die Erzählung nicht. Es ist mir höchst unangenehm, daß Ihnen diese Sache so viel Mühe macht. Hierbei erfolgt inzwischen die Marquise von O …. – Was das Käthchen betrifft, so habe ich, meines Wissens, gar keine Forderung gethan; und wenn ich wiederhole, daß ich es ganz und gar Ihrem Gutbefinden überlasse: so ist das keine bloße Redensart, durch welche, auf verdeckte Weise, etwas Unbescheidenes gefordert wird; sondern, da ich gar wohl weiß, wie es mit dem Buchhandel steht, so bin ich mit 80, ich bin mit 60 [Talern] völlig zufrieden. Wenn es nur für diese Messe gedruckt wird.

Ihr HvKleist “

Der Erstdruck der „Marquise von O....“ war bereits im Februar 1808 in „Phöbus“ erfolgt. „Das Käthchen von Heilbronn“ sowie der erste Band der „Erzählungen“ erschienen Ende September 1810 in der von Reimer geleiteten Realschulbuchhandlung, rechtzeitig zur Leipziger Herbstmesse.

Reimer leistete seine erste Zahlung für das „Käthchen“ am 16. August. Der Brief ist daher spätestens auf diesen Tag zu datieren, weil unwahrscheinlich ist, dass er vor Festlegung des Gesamthonorars einen Vorschuss gezahlt hat.

Es ist lediglich ein früherer Brief bekannt, in dem Kleist seine Erzählung „Die Marquise von O....“ erwähnt, nämlich jener an Wieland vom 17.XII.1807 (Sämtliche Werke und Briefe Nr. 127; Faksimile in: Josef Nadler, Literaturgeschichte des Deutschen Volkes, Band 2, Berlin 1938, nach S. 670; Original heute im Goethe- und Schiller-Archiv, Weimar). Dort nennt Kleist als Titel „Die Marquise von O..“, also mit zwei Auslassungspunkten. Im vorliegenden Brief benutzt Kleist die berühmten vier Punkte, über deren Bedeutung seit langem diskutiert wird. Der Erstdruck 1808 war ebenfalls mit vier Punkten im Titel erschienen.

Das Fehlen der Adresse ist wohl dem Umstand geschuldet, dass ein Mitarbeiter von Reimers Verlag eine große Zahl von Geschäftsbriefen, darunter die von Kleist, entwendet und Hinweise auf den Adressaten entfernt hat, um sie unauffällig verkaufen zu können.

Sämtliche Werke und Briefe, Band 4, hrsg. von Klaus Müller-Salget und Stefan Ormanns, Frankfurt a.M. 1997, Nr. 187 (Handschrift unbekannt, nach dem Erstdruck in: Reinhold Steig, Neue Kunde zu Heinrich von Kleist, Berlin 1902, S. 35). – Der Brief wird hier erstmals angeboten. Autographen Heinrich von Kleists sind von größter Seltenheit.

– Siehe auch Nr. 257.

I. LITERATUR 70
I. LITERATUR 71
Nr. 114 Heinrich von Kleist

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LA ROCHE, Sophie von, geb. Gutermann, Freundin Wielands, Mutter von Goethes „Maxe“, Großmutter der Geschwister Brentano, 1730 – 1807. E. Zusatz m. U. unter einer Grisaille-Malerei von unbekannter Hand. O. O. u. D. Blattgröße: 30,8 × 20,5 cm. Auf dünnen Karton gezogen, dieser mit Montagespuren. (1.200.—)

Unter der Darstellung einer jungen Frau mit drei in einem Korb liegenden Putten und einer Urne, an das antike Bildmotiv „Wer kauft Liebesgötter?“ erinnernd, La Roches Zusatz:

„Lauter Kinder, der wahren Liebe – welche mit Kluger Güte, Zu besorgen bittet, ur-großmutter Sophie von La Roche ––“

Der Zusammenhang ist unklar. Vermutlich ist das Blatt auf die Zeit nach dem 30.IX.1804 zu datieren, als La Roche erstmals Urgroßmutter wurde (Claudine Brentano, Tochter ihres ältesten Sohnes Georg). Die Urne könnte auf ihre bereits verstorbenen Kinder Franz Wilhelm († 1791) und Maximiliane („Maxe“, † 1793) verweisen. Nach Maximilianes Tod nahm La Roche von deren acht unmündigen Kindern drei Mädchen auf.

I. LITERATUR 72

„ich bin augenblicklich wie Jemand aus der blutigsten Wildniss“

116 LASKER-SCHÜLER, Else, 1869 – 1945. 20 Autographen: 18 e. Br. m. U. und 2 e. Postkarten m. U. Verschiedene Unterschriftsformen wie „Prinz Jussuf“, „Prinz von Theben“, „Tino“ und, am häufigsten, „Else LSchüler“. Berlin, München, Elberfeld und o. O. 18.IX.1909 bis 2.II.1916 und o. D., 8 Briefe o. O. u. D. Zusammen 38 S. gr.-4o bis quer-16o und die Karten. Mit 2 kleinen und 1 größeren Zeichnung im Text. Schwach gebräunt. Vereinzelt kleine Läsuren. Mit 2 Umschlägen. (10.000.—)

Inhaltsreiche Brieffolge an den Dichter Paul Zech. Dieser, stets kreativ im Umgang mit seiner Biographie, war 1881 in ärmlichen Verhältnissen in Westpreußen geboren und, auf der Suche nach Arbeit, um 1898 in die Ruhrgegend und schließlich nach Elberfeld gezogen, wo er um die Jahrhundertwende begonnen hatte zu dichten.

1909 wendet Zech sich erstmalig schriftlich an die aus Elberfeld stammende Else Lasker-Schüler, 1910 trifft man sich persönlich. 1912 zieht Zech auf ihr Anraten nach Berlin.

Von Beginn an ist Else Lasker-Schüler bemüht, den ihr, wie sie wohl meint, ebenfalls aus Elberfeld gebürtigen Dichter zu unterstützen. Sie verschafft ihm Publikationen – vielfach im „Sturm“ ihres Mannes Herwarth Walden – und Zugang zu ihrem künstlerischen Kreis.

Die Briefe, deren Hauptteil wohl in die Zeit bis 1912 fällt, geben nicht nur Aufschluss über ihren Einsatz für Zech, sondern vermitteln auch einen tiefen Einblick in Lasker-Schülers Leben in dieser Zeit: ihr Schaffen, ihre vielfachen Auftritte und Veröffentlichungen, ihre finanziellen Sorgen und ihre körperliche Angegriffenheit.

Briefe (3) und Karten (2) mit Orts- und Datumsangabe:

(Berlin-Halensee 18.IX.1909; Postkarte.) Zu Beginn ihrer brieflichen Bekanntschaft. „... Vielen Dank, lieber Paul Zech, für Ihren Brief … ich bin: verzweifelt … von all der Erregung, die ich nicht mehr aushalte …

Ich beneide Ihre Situation eigentlich, ich wollte ich wäre auch mal allein vier Wochen. Welt am Montag sehr gut. Albert Weidener, glaube ich dort Redakteur – sehr lieber Mensch. Schreiben Sie ihm, ich könnte ihn gut leiden und liess ihn grüssen. Er brachte vor 2 Jahren von mir eingesandtes Essay (‘Cabaret Nachtlicht’ Wien) Fackel gehört Carl Krauss der bringt eigentlich nie Gedichte, es ist ein Ausnahmefall, dass er zwei von mir nahm, gewiss weil er mich persönlich kennt und wir über Dichtung sprachen! … Er ist der Wiener ‘Harden’  … “

(Berlin-Halensee 12.II.1910; Postkarte.) „... ich schrieb ganz grundlos nicht, ich bin des Lebens müde. Soll ich im Frühjahr März nach Elberfeld kommen – dann kann ich ich. Ich bin täglich hin und hergerissen – Sie müssten mein Zimmer sehn, alles liegt zerstreut auf dem Boden, ein Meer von Manuscripten, Briefen, Bildern etc. Ich sehe kein Licht mehr, mich wieder aufzuraffen … Schreiben Sie mir oft …“ (Berlin-Halensee 7.VIII.1912; Faltbrief.) Nach Zechs Übersiedlung nach Berlin; verärgert über eine eigenmächtige Einsendung ihrer Werke an „Reclam“. „... Es darf kein Buch von mir heraus ohne dass ich die Dinge wähle … Ich habe auch Karl Kraus versprochen ohne ihn nichts liter. zu tun. Er ist ein Kenner. Und wenn Sie Kritiken nur darum schreiben, mir einen Gefallen zu tun, bitte lassen Sie das. Kritik sollte Kunst sein und … Inspiration. Sonst mag ich die Kritik nicht. Ich bekomme fast wöchentlich eine … Ich bin auch ganz ich, ganz allein stehe ich in Kunst …“ (Berlin, 2.II.1916; Feldpostbrief mit Umschlag.) An „Paul Zech / 81.Arm. Btl. / 3. Comp.“. „... Ich schreibe ja beständig; immer denke ich an meine Freunde … Aber bald will es aufhören, dann wollen wir immer zusammen alle sein. Ich sprach: Paul Zech: Sing … woas dat klenge Bäuerlein aus Grimms seine Märkens.

Alles was zuhörte was zuhörte war entzückt: Theodor Wolff mit reizender Gemahlin. Morgen send ich Chokolade …“ Mit Selbstportrait als Prinz Jussuf am Kopf.

I. LITERATUR 73

I. LITERATUR

(E. Lasker-Schüler)

Briefe (6) mit Ortsangabe:

1) „Ringbahnstr. 109“ („dicht neben Katharinenstr.“, die Adresse Peter Baums). Wohl um 1909. „... Ihre Gedichte sind wunderschön! Haben Sie schon ein Buch in der Welt wo? Senden Sie öfters was ein? … ich sende Ihnen aus meinem Peter Hille Buch , aus meinem arabischen Buch: Die Nächte Tino von Bagdads und Gedichte aus meinen zwei Büchern und Gedichte die kommen werden in die Schaubühne und in die Fackel (Wien Karl Kraus) und arabische Erzählungen aus dem Morgen und eine nagelneue, eine Kriegsgeschichte in Jerusalem. Ich sende alles auf Ehrenwort … Ich habe gradezu Sehnsucht nach Elberfeld … Kennen Sie die Sadowastraße ? Nr. 7 wohnte ich vor Jahren vor vielen Jahren. Ich möchte den Berg etwas wieder heraufsteigen, auch liebe ich die zerbröckelte Gegend von Elberfeld, Island, Klotzbahn, Altenmarkt. Und die Messe begeistert mich jetzt noch mit den Waffelbuden? Peter Baum der Dichter ist auch Elberfelder … Peter Hille war ein Westfale (eigentlich zwar ein Inder.) Als er geboren, war es ganz still in der Welt  …“ Darunter die Zeichnung eines Sternenbandes, aus dem einzelne Sterne herausfallen.

2) „Ringbahnstr. 109“, wohl ebenfalls vor 1910. Anläßlich einer Reise Peter Baums nach Elberfeld. „... er ist ein wirklicher Künstler, jeder Kleinlichkeit bar …

Das Peter Hille Buch sollen Sie und die elberfelder Dichter, die ihm Freunde sind, gerne haben. Vor seinem Tode wünschte St. Petrus, ich sollte es schreiben. Das machte mich stolz. Aber dass ich ein Epigone bin oder Peter Baum ein solcher ist, das stimmt nicht. Wir haben alle keine Schule gemacht. In der Schule lernt man nix … Wir sind alle einzeln aus uns gewachsen. Verstehen Sie mich nicht falsch – aber ich glaube, ich würde auch nicht in Italien wohnend, anders über Arabien schreiben, wie ich es hier in Berlin tue. Nicht denken ich bin ein eitler Esel. Ich hasse alles Epigonentum, Verwässerungen. – Ich möchte bald nach Elberfeld kommen, vielleicht finde ich doch noch die alten Pfade – so etwas bleibt. Hier im Westen von Berlin, in dem lärmenden Riesennest hielt es keine Ewigkeit …“ Erwähnt u. a. René Schickele, Lene Bloch und Goswin Franken.

3) „Katharinenstr. 5.“ Von 1909 bis 1912 wohnte das Ehepaar Else Lasker-Schüler und Herwarth Walden in der Katharinenstraße 5, wo Walden auch die Redaktion des „Sturm“ eingerichtet hatte. „... Schicken Sie nie Gedichte, die für die Redaktion bestimmt sind an mich … Auch will ich nicht beleidigte Briefe – ich bin selbst nicht immer begeistert von allen Gedichten, die gedruckt werden … Paul Zech, ich bin wieder schrecklich krank, ich kann kaum den ollen Federhalter halten – innere Entzündung – Fieber etc. … ich

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liege wie ein Student im Bett und tobe, ich bin geradezu wütend denn ich begann mir eine kaufmänische Zukunft zu schaffen, verzögert sich nun 2 Wochen“. In diesem Zusammenhang bittet sie ihn, bei einem Elberfelder Juwelier vorbeizugehen. „... Ich schrieb ihm er möchte mir 195 Mk leihen … auch kannte er meine Eltern … und ich sah es nicht für Schande an. Nun hat er mir nicht wieder geschrieben. Ist er verreist? … Wir Künstler haben hier alle nichts. Die was haben, trinken wahnsinnig und vertrinken alles …“ Beendet den Brief in Elberfelder Platt.

Briefe ohne Ort und Datum.

1) „... Tausend Dank für Ihr Bild, das mir sehr gefällt. Es giebt in Elberfeld ein Fräulein Bender … sie war früher im Atelier von Becker und Maas“ (in Berlin), „lassen Sie sich bei ihr photographieren, die hat die allerneuste Methode … ich werde augenblicklich wieder photographiert … auch Bilder als Brigant oder Bandit wie man es wohl nennen mag. Es ist sonst langweilig und eitel – nicht? Aber ich fliege vor Arbeit, die vielen Journale-Theaterschreibereien … Nun schreibe ich über Frau Durieux ... Heute kommt Peter Baum hier zu mir … Senden Sie ihm wie Sie schrieben die Manuscripte der Anthologie … Peter Baum gefällt Ihnen gewiss famos, ich weniger, ich bin augenblicklich wie Jemand aus der blutigsten Wildniss. Mich interessiert nur noch Aufstand. Ein Unternehmer hat mich aufgefordert in 10 – 20 Städten zu lesen (Süddeutschland – Westfalen.) Ich habe es angenommen, da ich Schulden habe … Sie haben noch keinen Verleger? Das ist überhaupt sehr schwer. Kommen Sie mal hierher – lernen Sie mal Herwarth Walden kennen … vielleicht bekommen Sie hier eine Anstellung in einer Redaktion. Zwar furchtbar schwer. Selbst für Berliner. O, und die Bummelei in den Cafés – es ist besser man hat ein Nebenamt als die Hinbummelei im Café! Seien Sie nicht traurig darüber; was tun Sie denn eigentlich? Grüßen Sie Elberfeld die Stadt der Wupper, ob man da oder dort wohnt … Jeder vereinsamt …“ Erwähnt ihre Gedichtsammlung „Der Siebente Tag“.

2) Zech hatte sich Werke für eine Anthologie erbeten. „... Ich zauderte so lange, weil ich unbedingt meine Gedichte etc. zurückbehalten muß. Ich kann Ihnen die Sachen nicht geben … Ich bin zunächst keine Heimatdichterin – ich kann mich nicht in die Enge treiben. Auch gefallen mir die Gedichte der Mitbeteiligten nicht, aber das ist ja persönlich … Ihre Gedichte sind die, welche ich anerkenne als Dichtungen auch Peter Baum und vor allem Hans Schlieper … ich könnte es Ihnen vollständig künstlerisch erklären, warum die anderen Sachen keinen Kunstwert haben. Ich kann und würde nie lügen in Kunst. Wenn Sie mich Alle sehen und sprechen würden, könnten Sie nie zweifeln … Müssen wir denn alle dichten – warum! …“

3) Nachdem sie seine Gedichte erhalten hatte. „... ich glaube die werden alle genommen. Senden Sie Gedicht: Niederrhein nach der Jugend … Am 14. spreche ich in der Studentenschaft – grosse Vorbereitung: Ich spreche gerne zwischen Kerzen, brennende Musik. Ich liess immer vorher auf Posaunen blasen. Aber ich fürchte, ich halte den Abend nicht aus … Ich wollte, ich könnte ein Jahr nach London oder Paris ziehn oder hier schlafen. Mein Trost ist noch immer unser Caféhaus. Da sitzen wir alle die halbe Nacht durch, aber wir sind sehr nett alle zu einander, es herrscht ein herrlicher Ton … Aber ich komme ja nach Elberfeld nach Weihnachten … und Sie müssen mir den Zoolog. wieder zeigen und mit mir Schwebebahn fahren. Wir besprechen dann Ihre Wünsche betr. Berlin …“

4) Wohl vor 1912, nach ihrer ersten persönlichen Begegnung in Elberfeld; verzweifelt über ihre finanzielle Lage. „... ich lasse mich … engagieren in München oder Brüssel, später London – Paris? Ich hätte dazu das Geld nötig, da ich mausearm, an Gold und Gut bin. 6 Jahre hüte ich die Dromedare und Kamele und wie ich schon so oft erwähnte, arbeite wie ein Knecht der allergeringste … Daß ich begütert sein soll, ist eine Sage. Das will ich Ihnen mal mündlich erzählen. Vielleicht kommt Herwarth Walden mit nach Elberfeld – ich war sehr krank nun will er mir den Gefallen tun.

Nun sorgen für mich hier die Töchter und Frauen der Stadt und die Söhne bringen mir Gejagtes. –Ach, Paul Zech, und bei mir sieht es aus wie ein Hammelstall – ich werd nicht fertig. Ich hab immer gesagt, ich muß im grünen Karren wohnen, der immer weiter fährt durch die Wege, der Sturm bläst den Staub schon heraus …“

I. LITERATUR 75

(E. Lasker-Schüler)

117 E. Postkarte m. U. Poststempel: (Berlin-)Halensee 6.VI.1910. (600.—)

An den Studenten Ludwig Lewin in Berlin über ihr ein Jahr zuvor erschienenes erstes Schauspiel „Die Wupper“.

„... Ich begreife nicht, dass Sie gar nicht kommen, wir haben uns doch so schön unterhalten. Ich habe wieder was neues geschrieben, dass Sie sicher interessiert. Wissenschaft, die ich zum Stern formte, dass sie geniessbar ist – für ‘mich’.

Ich vergas Ihnen damals zu sagen – denken Sie, der S[iegfried] Jakobsohn“ (Herausgeber der „Schaubühne“) „hatte mir extra gesagt, ich sollte Albert Heine (Berlin … jetzt Wien Burgtheater) sagen er möchte bei ihm (Jakobsohn) anfragen wegen Wupper … es wird schon werden … ich hoffe fest … Ich will fromm sein. Frommheit und Ehrgeiz sind böse miteinander …“

„Die Wupper“ wurde erst 1919 in Berlin uraufgeführt; zuvor war das Stück u. a. wegen des radikal gesellschaftskritischen Inhalts abgelehnt worden. Heine, seit 1910 als Regisseur am Burgtheater, sollte 1918 die Direktion des Hauses übernehmen.

118 LENAU, Nikolaus, Pseudonym für Nikolaus Niembsch, Edler von Strehlenau, 1802 – 1850. E. Br. m. U. „Dein Niembsch“. (Wien 17.V.1838.) 2 S. gr.-8o. Mit Siegelrest und Adresse. Adressblatt an der Siegelstelle leicht beschädigt. (1.600.—)

An seinen Freund Graf Alexander von Württemberg, der sich für eine Aufführung von Max Löwenthals Trauerspiel „Vater und Richter“ am Stuttgarter Hoftheater eingesetzt hatte. – Löwenthal war der Ehemann von Lenaus geliebter Freundin Sophie.

„... Löwenthal empfiehlt sich Dir mit der herzlichsten Ergebenheit und größtem Danke für Deine gütige Verwendung … Nur muß ich Dich in seinem Namen und Interesse bitten, den Grafen Leitron“ (der Intendant Karl Graf Leutrum von Ertingen) „... dahin zu vermögen, daß die Aufführung des Stückes noch um einige Tage verschoben werde, weil ich eine bedeutende, für den Effekt des Stückes wichtige Abänderung desselben nach Stuttgart mitbringen werde …

Mit inniger Freude vernahm ich Deine Besserung u. zugleich mit großer Überraschung, daß es Sympathie gewesen, was Dich heilte. Das wird für Kerner ein zwiefaches Gaudium sein, für sein Herz und sein System.

Dein Gedicht Der Thurm ist von bedeutender Wirkung; nur wollen wir nicht glauben, daß er gar so sehr verwittert wäre, vielmehr hoffen, daß sich in diesen Thurm

Deine Freunde noch manchmal flüchten werden, sichere Herberge suchend gegen das unwirsche Wetter da draußen …“

I. LITERATUR
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„die schönen Tiere“

119 LÖNS, Hermann, 1866 – 1914. 2 e. Br. m. U. Münster 1.VII.1890 und Hannover 4.III.1913. 21⁄2 S. 4o und gr.-8o. Mit 1 Umschlag. Der erste Brief minimal fleckig. (800.—)

An Freiherren von Droste-Hülshoff auf Haus Stapel im Bezirk Münster.

1890. An (Ernst Konstantin?) von Droste-Hülshoff, der ihm gestattet hatte, auf seinen Besitzungen nach Mollusken zu suchen.

„Euer Hochwohlgeboren / sage ich meinen verbindlichsten Dank für die schönen Tiere! Die grossen waren eine bis jetzt in Westfalen unbeobachtete Form unicolor des Limax maximus, unter den kleinen befanden sich sehr schön gezeichnete Exemplare des mir mit Sicherheit für Westfalen nur von der Johanniskommende und aus dem botanischen Garten bekannten Arion hortensis …“ – Löns unterschreibt als „stud. rer. nat.“

1913. An Clemens von Droste-Hülshoff. „... Der Student, der damals das Münsterland auf Schnecken und Muscheln absuchte und durch Ihren Herrn Bruder auch nach Haus Stapel kam, bin ich. Ich fand in der Gräfte von Haus Vögeding eine unbeschriebene, sehr interessante Form einer kleinen Wasserschnecke, die ich in der Fachpresse als Planorbis socius (Westerlund) forma Drostei beschrieb. Überhaupt waren die Gräften von Rüschland und Vögeding reich an seltenen Arten und Formen und sind mehrfach in meiner Uebersicht ‘Die Molluskenfauna Westfalens’ … erwähnt …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

120 MALLINCKRODT, Arnold, 1768 – 1825. E. Br. m. U. Dortmund 3.I.1818. 1 S. 4o. Mit gedrucktem Briefkopf. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Unregelmäßig gebräunt. Ausriss an der Siegelstelle ohne Textberührung. (600.—)

Als Herausgeber des „Westfälischen Anzeigers“ an den Kaufmann Heinrich Engels in Venlo. „Hiebey ein Paar Anlagen, die Sie gewiß interessiren.

Zugleich meinen herzlichen Dank für die interessanten Beiträge, die Sie bisher zu dieser vaterländischen Zeitschrift geliefert …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff; von ihr auf dem Adressblatt eigenh. bezeichnet „Mallinckrodt“. Sehr selten.

121 MANN, Thomas, 1875 – 1955. E. Namenszug „Thomas Mann“ auf einer Postkarte. Münster i.W. 21.I.(1911). (300.—)

An den Regierungsreferendar Klemens von Droste-Hülshoff in Münster adressierte Postkarte eines N.N. Ploetz, dessen „besten Wünschen für das Examen“ sich Mann mit seiner Unterschrift anschließt. Im Januar war Mann auf einer Lesereise mit seinem Roman „Königliche Hoheit“; letzte Station war Münster, wo er im Realgymnasium am Syndikatsplatz las. Bald nach seiner Rückkehr nach München unternahm er mit seiner Familie die Venedigreise, auf der seine Schaffenskrise ein Ende fand. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 77

(T. Mann)

122* –– Widmungsexemplar: „Herr und Hund / Gesang vom Kindchen. Zwei Idyllen“. Berlin, S. Fischer 1919. 1.– 20. Auflage (W/G2 16). Fliegendes Blatt mit Verlags-Signet und 192 S. Gr.8o. Pappe. Rücken mit kleinen Läsuren. Papierbedingt leicht gebräunt. (600.—)

Auf dem Vorsatzblatt die eigenh. Widmung m. U. für Eva Putzel (1925 – 1950), Nichte der Thomas-MannVerehrerin Ida Herz (1894 – 1984):

„Die gute Tante Ida bringt dem Kindchen Eva dies Geschenk, für das es noch viel zu klein ist. Aber für den Tag, wo Vers und Prosa des Büchleins der größeren Eva vielleicht etwas sagen können, will auch der Onkel Dichter seinen Gruss und Segen dazu geben. / München den 5.IX.25 / Thomas Mann.“

123 11 Autographen: 4 Br. m. U. (1 auf gedruckter Briefkarte), 1 e. Billett m. U. und 6 e. Post- bzw. Ansichtskarten m. U. München, Bad Gastein und an Bord der „Lafayette“ 15.VI.1925 bis 18.VI.1935. 4 S. gr.-4o und die Karten. Vielfach mit gedrucktem Briefkopf. Ein Brief mit e. Korrekturen (1925). Teilweise kleinere Läsuren. (3.000.—)

An den Literaturwissenschaftler und Journalisten Arthur Eloesser, der zum 50. Geburtstag Manns eine Monographie verfasst hatte. München 15.VI.1925 (Br. m. U.). Über kleine „Irrtümer“ in der Monographie. „... Es ist nicht richtig, dass mein Vater zweiter Bürgermeister war. Das gibt es gar nicht. Der Bürgermeister muss Iurist sein … Er war kaufmännischer Senator und zog als solcher, vermöge seiner Intelligenz und seines Ehrgeizes, allerdings manches öffentliche Amt an sich, das sonst wohl nur iuristisch studierten Ratsmitgliedern gebührte.

Weiter ist missverständlich, dass mein Grossvater unter die Pietisten ging und fromm wurde, weil seine Frau zum Religiösen geneigt hätte; umgekehrt war in erster Linie er aufrichtiger und schwärmerischer Christ und seine Frau zu seinen Lebzeiten eine Weltdame: Erst nach seinem Tode übernahm sie gewissermassen die Frömmigkeit von ihm und sah häufig Missionare und andere Geistliche in ihrem Hause. So ist es auch in ‘Buddenbrooks’ erzählt.

Dass Heinrich Buchhändler war, stimmt; er kann es nicht geleugnet haben …“

Bad Gastein 28.V.1929 (e. Postkarte m. U.). „... in aller Eile sandte ich Ihnen vor der Abreise … was ich zusammenraffen konnte. Eine Begrüßungsansprache an Hauptmann, in München gehalten, kann ich absolut nicht finden, was unangenehm ist, da ich einen Essayband zusammenstellen soll. Bis auf das Reclam-Büchlein hätte ich, eben zu diesem Zweck, die Sachen gern nach Gebrauch zurück. An meinem Geburtstag im Rathaus haben Sie mich ja selbst gehört …“ München 14.XI.1929 (gedruckte Briefkarte mit e. Zusatz u.U.). Dank für Glückwünsche zur „Verleihung des Nobelpreises“, eigenh. fügt er an: „Gruß und Händedruck“. München 4.VII.1930 (e. Postkarte m. U.). „... Kayser“ (der Journalist Rudolf K.) „hat mir Ihre elegante

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Mario -Besprechung schon geschickt, und ich habe große Freude daran gehabt. Besonders dankbar bin ich Ihnen dafür, daß Sie das Politische sehr aus dem Spiel lassen und sich ans Künstlerische und Menschliche halten, auch ans Irrationale, das ja freilich eigentlich nur bei Dichtern, nicht bei bloßen, armen und bloßen, Schriftstellern vorkommen soll. Merkwürdig, ich stecke doch zweifellos tief in der bürgerlichen Vergangenheit, aber wenn ich das so lese von dem ‘Bau aus Stahl und Glas’ komme ich mir ganz keß und fortgeschritten vor …“

Über Eloessers zweibändiges Werk „Die deutsche Literatur“. „... Sie taten recht, mich wieder an Ihr Werk zu erinnern. Ich fühle selbst, dass ich, nachdem ich den ersten Band angezeigt habe, den Hinweis auf den zweiten in der Rundschau keinem Anderen überlassen darf. Ich will ihn bald möglichst schreiben, ich verspreche es Ihnen …“

„Dampfer ‘Lafayette’, 18.VI.35“ (e. Ansichtskarte m. U.). Auf der Fahrt zu seinem zweiten AmerikaAufenthalt; über die von S. Fischer veranstaltete Feier zu seinem 60. Geburtstag am 6. Juni. „... Einen herzlichen Reisegruß … und Dank für Ihr freundliches Gedenken und seine literarische Bekundung! Es war ein schönes Fest, das mir wohlgetan hat, ich will es nur gestehen …“

124* –– Br. m. U. München 23.V.1931. 1 S. gr.-4o. Mit gedrucktem Briefkopf. (1.200.—)

An (den niederländischen Studienrat Martinus Gerardus Stokvis in Leiden), der ihn auf eine Unstimmigkeit in den „Buddenbrooks“ hingewiesen hatte.

„... Was jenen Schnitzer … betrifft, so wundert es mich weniger, dass ich ihn damals begehen konnte, als dass mich lange Zeit niemand darauf aufmerksam gemacht hat. Der erste, der es tat, war mein französischer Übersetzer. Es steht aber bei mir so, dass ich sehr ungern an ältere Arbeiten irgend wie die Hand lege und sie mit ihren Fehlern lieber so bestehen lasse, wie sie zu ihrer Zeit nun einmal wurden, als dass ich aus einem späteren Lebensstande heraus daran änderte. In den ‘Buddenbrooks’ ist der von Ihnen monierte nicht der einzige Fehler. Zum Beispiel läuft dort irgendwo ein Schiff vom Stapel, um sofort dahindampfend seine Probefahrt anzutreten, was doch ganz falsch ist, da ein Schiff niemals fahrtbereit ist, wenn es vom Stapel läuft. Das habe ich sogar nicht lange nach Erscheinen des Buches erfahren, aber ich habe es auch durch alle Auflagen bewusst stehen lassen. Möge der Roman mit seinen Schnitzern nur weiter seine Lebenskraft bewähren …“

125 –– 4 e. Karten m. U. München, Küsnacht und o. O. 1.I.1932 bis 2.I.1937. Gelocht (teilweise mit Buchstabenverlust). (1.200.—)

An den ihm befreundeten Schriftsteller Alfred Neumann, der in München in seiner Nachbarschaft gewohnt hatte und wie er 1933 mit seiner Familie ins Exil gegangen war.

Küsnacht 25.XII. 1933 (Postkarte, beiseitig beschrieben). „Liebe Freunde, / in herzlichem Gedenken senden wir Ihnen gute Weihnachtswünsche und Neujahrsgrüße. Wir hoffen, daß Sie sich ruhig, mutig und hoffnungsvoll fühlen wie auch wir versuchen es zu sein. Mit den versammelten Kindern, Hans Reisiger dazu und Therese Giese , hatten wir gestern einen sehr freundlichen und heiteren Weihnachtsabend. Das Haus hat sich sehr vervollkommnet durch die geretteten Möbel. Aber es wird uns kaum bleiben – und was dann? Auch wird es mit meiner Zugehörigkeit zum deutschen ‘Schrifttum’ nun wohl zu Ende gehen, denn ich lehne es ab , das Formular jener Zwangsorganisation auszufertigen. Was macht Ihr Roman, lieber Herr Neumann, und wo wird er erscheinen? …“ – Erwähnt den QueridoVerlag in Amsterdam.

O. O. 2.I.1937 (Neujahrs-Briefkärtchen mit kl. Druck am Kopf, beidseitig beschrieben). „Dank für Ihre Wünsche, liebe Freunde, und herzliche Erwiderung auf diesem lustigen Kärtchen. Es sieht etwas besser aus in der Welt, finden Sie nicht? Jene Schurken können im Grunde nicht mehr vor- noch rückwärts. Wir hatten mit Reisiger und Kahler einen heiteren Lichterabend. Hoffentlich auch Sie, trotz der Enttäuschungen, für die immer gesorgt ist …“

I. LITERATUR 79

(T. Mann)

126* –– E. Ansichtskarte m. U. Küsnacht 30.VIII.1935. Auf der Bildseite: Luganersee mit Blick auf den Monte S. Salvatore. (300.—)

An „Fräulein Eva Putzel“ aus Nürnberg, Nichte der Thomas-Mann-Verehrerin Ida Herz, die ihre Ferien in Oberägeri verbrachte.

„Liebe kleine Eva, wir danken Dir vielmals für Deine Karte und freuen uns herzlich, dass Dir ein so schöner Ferien-Aufenthalt bereitet ist. Viele gute Wünsche und Grüsse von Deinem alten Freunde / Thomas Mann.“

127 MAY, Karl, 1842 – 1912. E. Schriftstück m. U. O. O. u. D. 1 S. 8o. Schwach gebräunt. Als Vorsatz montiert in: „‘Karl May als Erzieher’ und ‘Die Wahrheit über Karl May’ oder ‘Die Gegner Karl Mays in ihrem eigenen Lichte’“, Freiburg i.Br. 1902 (2. Teil, S. 69 – 160). In blauem Pappband. (1.600.—)

„Folgende Briefauszüge bildeten den Anfang zu einem Buche, welches einer meiner Leser über mich geschrieben hat, um den segensreichen Einfluß meiner Werke nachzuweisen. Er hat sich hierzu nur einen verschwindend kleinen Theil der bei mir eingegangenen Schreiben ausgelesen. Die Originalbriefe legt mein Rechtsanwalt sehr gern zur Einsicht und Vergleichung vor. / May.“

Die von May selbst verfasste Verteidigungsschrift gegen die gegen ihn vorgebrachten Presseangriffe wurde anonym veröffentlicht; im zweiten (dem hier vorliegenden) Teil enthält die Broschüre über 170 Verehrerzitate aus Leserbriefen, empfehlende Worte deutscher Bischöfe und Pressestimmen.

128 MILLER, Henry, 1891 – 1980. 2 e. Br. m. U. Big Sur 15.X.1948 und 24.VI.1950. 3 S. gr.-4o. Ein Brief auf Luftpostpapier (leicht knittrig). Mit 1 Umschlag. (600.—)

An seinen Übersetzer Kurt Wagenseil in Starnberg, bei dem er sich nach langer Zeit meldet. 1948. „... It is I who feel terrible, to have neglected you … the truth is, I haven’t enough to make ends meet. Can’t even pay my 1947 taxes … Then, too, I have an ex-wife who is desperate and hungry – and

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I. LITERATUR

I can’t even aid her. It galls me and saddens me. We live in the midst of abundance – but to get what is barely necessary is almost impossible. Prices for food here are fantastic! astronomical. I have written friends about you … Have you heard or received nothing?

Can’t understand Rowohlt. Had to hear you may translate ‘The Smile’ … / I have the two Hesse books, in English – great favorites here. Am trying now to get ‘Das Glasper[le]nspiel’, – in any languages … / Am now sending Girodias Vol.I. (‘Sexus’) of the ‘The Rosy Crucifixion’, to publish in English first. Am frightfully occupied – and more and more visitors all the time … I curse myself for not being able to do something for you. For the time being my hands are tied. But I shan’t ever forget your plight, believe me …“

1950. „... Can you tell me who is publishing ‘The World of Sex’? / About ‘Into the night Life’ – glad to know it will be exhibited in Munich. After that, would you please hold it until I know exactly what to do? As for Radio Munich, I wrote them I would not fill out more papers – too absurd for such a trivial sum …“

129 MÖRIKE, Eduard, 1804 – 1875. E. Br. m. U. O. O. u. D. (Stuttgart 15.VIII.1855). 1⁄2 S. 4o. Mit Adresse. Bleistift. Leicht stockfleckig. Verso am Kopf Montagereste. (3.500.—)

An Theodor Storm („Herrn Assessor Th. Storm“).

„Salve Theodore!

Negotio publico distentus, amicum ut meo loco Te excipiat, mitto carissimum, Guilielmum Hartlaub, quem nosti, Constantiae Suevicae maritum. / Salve! / E. Mörike.“ („Sei gegrüßt Theodor! / Ich schicke, abgehalten durch mein öffentliches Amt, den liebsten Freund, damit er Dich an meiner Stelle empfange, Wilhelm Hartlaub, den Du kennst, den Gatten der schwäbischen Constanze. / Sei gegrüßt. / E. Mörike.“)

Am 15.VIII.1855 reiste Storm von Heidelberg nach Stuttgart, um Mörike zu besuchen. Storms Bericht zufolge wurde er am Bahnhof von Hartlaub empfangen, der ihm den vorliegenden Brief übergab.

Nach Storms Abschrift gedruckt in: Storm, Briefwechsel mit Eduard und Margarethe Mörike, hrsg. von Kohlschmidt, Berlin 1978, Nr. 9a.

130 Visitenkärtchen mit e. Namenszug „Eduard Mörike“, darunter die Zeile „mit s[eine]r Frau“ von der Hand seiner Frau Gretchen. O. O. u. D. Ca. 4 × 7 cm. Mit umlaufendem Goldschnitt. (300.—)

I. LITERATUR 81
„eben so gesund wie geisttötend“

131 MORGENSTERN, Christian, 1871 – 1914. E. Br. m. U. Davos 20.XII.1900. 4 S. gr.-8. Mit rot gedrucktem Briefkopf „Dr Turbans Sanatorium / Davos-Platz“. Schwach gebräunt. (800.—)

An eine Freundin, der er detailliert seinen Tagesablauf im Sanatorium schildert. – 1893 hatten sich die ersten Symptome seiner Tuberkulose bemerkbar gemacht. Im September 1900 hatte er erstmals eine Liege-Kur in Davos angetreten.

„... Diese Zeilen … muss ich bei etwa 0 Grad im Freien schreiben, mit steifen Fingern und umklungen von der regen Unterhaltung der übrigen Terrassenkur-Macher. Der ganze Tag ist streng geregelt. 7 Uhr morgens kommt der ‘Abreiber’ und frottiert einen feucht ab. 8 Uhr steht man auf … Zwischen 9 und 10 steige ich bis zur ‘vierten Bank’ empor, ca. 100 m, ein erfrischender Mogenspaziergang in der schönen noch rauchfreien Luft. Von 10 – 1/2 11 liegt man auf der Terasse. Die Terrassen sind lange offene Veranden längs der Anstaltsgebäude mit aus Rohr geflochtenen und mit Matrazen belegten ‘Liegestühlen’. Jeder hat seinen Liegestuhl mit Tischchen daneben und seine Privatdecken, worein er von geschulten Angestellten wie ein Wickelkind verpackt wird. 1/2 11 Uhr ist zweites Frühstück im Sal [sic], meistens aus Milch und Brod [sic] bestehend. Bei dieser Gelegenheit nimmt Hofrat Dr. Turban die erste Revüe ab, indem er von Platz zu Platz geht und jeden nach seinem Befinden befragt …“ So gehe es bis 9 Uhr, wenn man ins Bett müsse. „Sie sehen, das Ideal eines eben so gesunden wie geisttötenden Lebens. Hätte man nicht die Hochgebirgslandschaft vor sich, die ohne grossartig zu sein doch genug des Schönen bietet, so könnte man manchmal verzweifeln … Bisher bin ich 3 mal untersucht worden, jedesmal mit günstigem Ergebnis. Aber das ist alles relativ, die volle Gesundheit wird mir wohl nie wieder beschert werden. – Für Weihnachten wird hier alles Mögliche vorbereitet. Einleitung mit Gesang, Prolog (den ich nolens volens machen musste), Verlosung von Geschenken, Märchenwald mit Buden, Kasperltheater (auch von mir verfasst) (!) Weihnachtszeitung (dto. Einiges), Julklapp etc. …“

132* MÜHSAM, Erich, 1878 – 1934 (ermordet). Widmungsexemplar: „Sammlung 1898 – 1928“. Berlin, J.M. Spaeth Verlag 1928. Grüner Originalleinenband mit Rückenvergoldung und goldgeprägtem Deckelmonogramm „EM“. Erste Ausgabe (W/G² 25). (400.—)

Auf dem fliegenden Vorsatzblatt die eigenh. Widmung „Dem Genossen Walter Hindrichs / in revolutionärer Kameradschaft / Erich Mühsam / Britz 11.5.28“.

134 OWLGLASS, Dr., Pseudonym für Hans Erich Blaich, 1873 – 1945. 12 e. Gedichte, einige mit e. Widmung u.U. 13 S. gr.-4o und gr.-8o. Teilweise braunfleckig. (600.—)

Die Gedichte „Die Löwen von Schloss Mirabell“, „Sommerschwermut“, „Hochsommer“, „Auf dem Land“, „Mondnacht“, „Die heiligen drei Könige“, „Erlösung“, „Im Vorfrühling“, „Vöröhrtör Meustör und Meustörin!“, „Das Taschentuch“, „Oberschwäbisches Schneelied“ und „Melancholie“. Beiliegend u. a. 1 weiteres e. Gedicht, 1 Gedichtdruck mit e. Widmung, 1 E. Br. m. U., 1 e. Postkarte m. U. und 1 gedruckte Danksagungskarte mit e. Zusatz u.U. an das befreundete Ehepaar Rudolf und Marianne Sieck (Pasing 1910 und Fürstenfeldbruck 1933/1943) sowie 1 E. Br. m. U. seiner Witwe Anna Blaich an Marianne Sieck (Fürstenfeldbruck 1948).

I. LITERATUR 82

„Je reste couché dans un chambre close“

135 PROUST, Marcel, 1871 – 1922. E. Br. m. U. Versailles, „Hotel des Réservoirs“ (7. oder 8.XII.1906). 61⁄4 S. 8o. Mit Trauerrand. Bugfalten leicht eingerissen. (3.000.—)

An den Schriftsteller Georg Goyau, zunächst über seine in diesem Jahr erschienene Übersetzung von Ruskins „Sesame and Lilies“, auf die Goyau in einem Aufsatz hingewiesen hatte, sodann über seinen von Krankheit geprägten Aufenthalt in Versailles, der ihn an die dortigen Besuche mit seiner Mutter erinnere.

„... J’avais déjà été bien touché en lisant votre belle et émouvante étude sur la Renaissance Catholique en Angleterre de voir que c’était ma version de Sesame que vous aviez adoptée et citée …

Je suis depuis quatre mois malade à Versailles, si tant est que ce soit plutot à Versailles qu ailleurs, que Je reste couché dans une chambre close qui ne s’éclaire que de la lumière des becs électriques et d’où je n’ai pas vu l’automne dorer et rougir les feuillages qui de fort loin, autrefois, m’attiraient à venir en pèlerinage auprès d’eux. Pas une seule fois je n’ai pu aller ni au Chateau, ni à Trianon! … Mais c’est le seul appartement peut-être où j’étais allé avec Maman et où je puisse me souvenir d’avoir passé de longues heures avec elle …

En attendant je me rejouis de voir l’immense retentissement que le talent de Mme Goyau et le vôtre ont dans les êtres choisis, et aussi dans la foule.

Chaque article … me laisse une joyeuse émotion que je souffre de ne pas partager avec Maman qui l’aurait si vivement, si affectueusement ressentie. L’article de Le Cardonnel … et celui de Léon Daudet, et le bel article de ses chers débats, l’auraient rempli de joie et si émue …“ Prousts Mutter war im September 1905 gestorben. – Erwähnt seine neue Pariser Adresse „Bd Haussmann 102“.

Correspondance Band VI Nr. 180 (auszugsweise und nach ungenauer Vorlage).

I. LITERATUR 83

136 PÜCKLER-MUSKAU, Hermann Fürst von, 1785 – 1871. E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. 8o Mit umlaufendem Goldschnitt. (800.—)

An (Levin Schücking), seit 1843 Redakteur der „Allgemeinen Zeitung“ in Augsburg, dem er einen Artikel über den aus Preußen stammenden Mehmet Ali (Ludwig Karl Friedrich Detroit, später osmanischer Feldmarschall, 1827 – 1878) sendet.

„... Denn was ich vermag, muß ich doch noch bis zu guter Letzt für meinen Freund Mehmed Ali thun, der nicht da wäre wo er ist, wenn er mir hätte folgen wollen, den man aber in Europa eben so schlecht beurtheilt als behandelt …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin; von ihr auf der vierten Seite des Doppelblattes eigenh. bezeichnet „Fürst Pückler-Muskau“.

137 REUTER, Fritz, 1810 – 1874. E. Br. m. U. Neubrandenburg 21.VII.1862. 11⁄3 S. gr.-8o. Die unbeschriebene 4. Seite an den Ecken montiert. (400.—)

Wohl an einen Turnbruder („Geehrtester Herr und Bruder von Rad und Barrn!“) aus Demmin.

„Meine Schwester in Stavenhagen ist wie alle Weiber, wenn sie zu Jahren kommen, das Gegentheil von dem, was sie in der Jugend sind; ich meine, aus übereifrigen, briefeschreiberischen Mädchen werden sie träge, korrespondirende Hausfrauen. Und so ist es denn geschehen, daß ich erst gestern in Besitz Ihrer in Stav[enhagen] abgegebenen Karte gekommen bin und damit zugleich erst Ihre freundliche Aufmerksamkeit für mich erfahren habe. Wäre ich dort gewesen, so würde ich sicherlich eine Rede über das Thema ‘wat tau vel, is tau vel’ gehalten haben und hätte zum Schluß das Hoch der Demminer Turner ausgebracht …“

138 E. Br. m. U. Eisenach 15.III.1865. 71⁄2 S. gr.-8o. Gelbliches Papier. Kleine Rand- und Faltenrisse. Mit einigen Unterstreichungen in rotem und blauem Buntstift. (800.—)

Wohl an einen Bewunderer, dem er seine Werke übersandt hatte und der sich „außerdem eine biographische Skizze“ erbeten hatte. – Detailliert gibt Reuter auf 6 Seiten Auskunft über sein Leben und seine Arbeiten.

„... Im Nov 1853 gab ich den ersten Theil von Läuschen und Rimels heraus, nachdem ich schon lange vorher allerlei Gelegenheitsgedichte, Polterabendscherze, die 1854 gesammelt herauskamen, meistens in plattdeutscher Sprache verfasst hatte. 1854 – 55 erschien ‘De Reis nah Belligen’, 55 – 56 redigirte ich ein Localblatt ‘Unterhaltungsblatt für Mecklenburg und Vorpommern’. 1856 erschienen mehrere sehr stark verunglückte dramatische Versuche, von denen indessen 2 auf dem Wallnerschen Theater verschiedentlich zur Aufführung kamen. 1857 schrieb ich ‘Kein Hüsung’. 1858 den 2ten Theil von ‘Läuschen und Rimels’. 1859 ‘Hanne Nüte’. 1860 erschien der 1ste Theil von ‘olle Kamellen’. 1861 ‘Schnurr Murr’. 1862 der 2te und 3te Theil von ‘olle Kamellen’. 1863 der vierte und 1864 der 5te … Ich bitte Sie …, wenn Sie von diesen Notizen Gebrauch machen wollen, nicht ausdrücklich zu erwähnen, daß das Material von mir selbst geliefert ist; es hat dies Schreiben in eigener Angelegenheit für mich stets etwas Empfindliches, Widerstrebendes …“ Zudem ausführlich über seine „Festungstid“.

I. LITERATUR 84

139* RICHTER, Jean Paul Friedrich, 1763 – 1825. E. Br. m. U. Weimar 2.VIII.1799. 1 S. 8o Links oben nummeriert, links unten Vermerk von fremder Hand. (3.000.—)

An (den Buchhändler und Verleger Wilhelm Heinsius in Gera).

„Ich habe die 80 L[ouis]d’or erhalten und dank’ Ihnen. – Die Fortsetzung der Palingenesien kan niemand voraus wissen als der Himmel; ich nicht; u. bei meinen jezigen Geschäften kan ich sie wenigstens nicht zu Ostern, u. wohl zu Michaelis 1800 auch nicht, geben. Auch wird sich die Fortsetzung wohl mit 1 Band beschliessen.

Zwei Erraten-Register schick’ ich an den Buchdrucker; gleich wohl ist noch nichts davon entweder besonders oder in Intelligenzblättern gedrukt …“

Berend Band 3 Nr. 297a. – Die „Palingenesien“ waren im Vorjahr in zwei Bänden bei Heinsius erschienen. „Das Werk ist teilweise eine Erneuerung der ‘Auswahl aus des Teufels Papieren’ …; ein ursprünglich geplanter 3. Teil erschien nicht“ (Berend, Jean-Paul-Bibliographie, Stuttgart 1963, S. 8).

I. LITERATUR 85

140 RILKE, Rainer Maria, 1875 – 1926. E. Br. m. U. „René Maria Rilke“. Prag 21.I.1896.

2 S. gr.-8o (Doppelblatt; mit montiertem Zeitungsausschnitt auf der 3. Seite). Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse. – Dazu: eigenh. Gedichtmanuskript mit den Gedichten „Einen Maitag“ und „Genie“. Beide Gedichte ebenfalls mit e. Namenszug „René Maria Rilke“, geschrieben auf Seiten 1 und 3 eines Doppelblattes (gr.-8o; leicht gebräunt, mit kleinen Randläsuren). (8.000.—)

Früher Brief an (Oscar Bie), den Redakteur der vom S. Fischer Verlag herausgegebenen Zeitschrift „Neue deutsche Rundschau“ in Berlin, dem er „ein Heftchen meines Volks-Gratis-Unternehmen ‘Wegwarten ’“ übersendet. – Das von Rilke in Prag selbst herausgegebene und finanzierte Periodikum sollte in nur drei Ausgaben erscheinen und wurde noch im selben Jahr eingestellt.

„... Die in dem Heftchen enthaltenen Lieder haben schon viel Beifall erringen dürfen. – Viele dürften sich zur Vertonung eignen; ich möchte auf ‘Durch einen Wald von Ungemach’ hinweisen. –Ferner erlaube ich mir die ergebene Anfrage, ob ich … mein eben erschienenes Buch ‘Larenopfer ’ der sehr verehrlichen Schriftleitung der ‘Neuen deutschen Rundschau’ zur Besprechung vorlegen darf?“ – Dazu auf Seite 3 die von Rilke montierte Zeitungskritik, am Kopf von ihm bezeichnet „Ueber Larenopfer:“.

„Um Sie, hochverehrter Herr, über mein Schaffen zu orientieren, lege ich nebst dem Wegwartenheft zwei noch ungedruckte Gedichte ‘Einen Maitag’ und ‘Genie’ bei. – Vielleicht können Sie eines oder das andere verwerthen! …“ – Anders als die Gedichte liegen die erwähnten Drucke nicht bei.

I. LITERATUR 86

Die Gedichte:

„Einen Maitag …...

Einen Maitag mit Dir beisammen sein Und selbander verlorenziehn durch der Blüten duftqualmende Flammenreihn zu der Laube aus weißem Jasmin.

Und von dorten hinaus in den Maiblust schaun, Jeder Wunsch in der Seele so still, Und ein Glück sich mitten in Mailust baun, Ein großes, – das ist’s, was ich will ….“

„Genie.

Es gibt ein Leid, das nicht verbittert, Und das ins Leben fließt, so sacht …“

Es folgen 6 weitere Zeilen des zweistrophigen Gedichts. – Wohl unveröffentlicht.

I. LITERATUR 87

(R. M. Rilke)

„Sie übermäßiger, unersättlicher Verschwender!“

141 –– E. Br. m. U. Prag, „Wassergasse 15“, 19.III.1899. 3 S. 8o. Leicht gebräunt. (6.000.—)

Überschwänglicher erster Brief an Hugo von Hofmannsthal. – Einen Tag zuvor hatte Rilke zusammen mit Arthur Schnitzler die Wiener Uraufführung von „Der Abenteurer und die Sängerin“ und „Die Hochzeit der Sobeide“ besucht und war Hofmannsthal erstmals persönlich begegnet, was zu einer lebenslangen (Brief-)Freundschaft führen sollte.

„... Der Bahnnacht zum Trotz, die mich, dunkel und ungewiss, mitten aus dem Märchen von Sobe˙ı˙dens Sehnsucht riss, kehre ich zu Ihnen zurück von meinem Dank und meinen besten Gedanken geführt. Sie übermäßiger, unersättlicher Verschwender! Sie haben bislang Ihre Verse, die rosenreifen, in die Andacht einsamer Leser und Lauscher wie in schöne Schalen gestreut; gestern aber warfen Sie in göttlichem Vergeuden in das Meer der Menge hinaus was der stille Stolz ihrer Gärten ist.

Die Erregung des Überschütteten, Überbeschenkten, dessen Freude sich hundert Hände wünscht, fiel mich aus Ihren Versen an. Die ganze Nacht trug ich einen Duft in meinen Kleidern und wie ein anvertrautes Geheimnis nahm ich den Nachklang von Schönheit und Schicksal mit.

Sooft ich Ihre Verse gelesen habe, geschah es mir, dass ich vor einer dunkeln Stelle blieb, wie man im Wald nicht weiter geht, geht irgendwo die Landschaft licht oder das lichte Aug einer einsamen Wegmadonna auf. Das Weitermüssen durch die Schönheit durch , zu dem die Verse von der Bühne zwingen: das war der neue gewaltsame Genuss, mit dem der Abend gestern mich beschenkt hat. Wenn ich Sie als den Führer oft empfand, der dunkle Worte spricht vor ernsten Bildern und einen tiefern Sinn in Bäume und in Blumen senkt im Weitergehen, so hab’ ich Sie gestern als den Herrn gefühlt, und Ihres Wesens Wille war mein Weg.

Ich sage Ihnen das, lieber Herr von Hofmannsthal, weil ich Ihnen an jenem kurzen Abend viel verschwieg; und weil ich weiß, dass ich Ihnen seither noch näher bin; denn gestern war ich der Ihre in Angst und Andacht!

Ihr

Rainer Maria Rilke

Bitte, grüßen Sie Herrn Dr. Schnitzler sehr!“

Hofmannsthal – Rilke, Briefwechsel 1899 – 1925, Frankfurt a.M 1978, S. 41 f. („In Privatbesitz“).

142

Widmungsexemplar: „Zur Einweihung der Kunsthalle“. Privatdruck. (Bremen 1902; W/G2 12). Mit Titel 6 bedruckte S. 4o. Geheftet. Titelblatt in der Faltung gerissen. Minimale Läsuren. (1.200.—)

„Zur Einweihung der Kunsthalle / am 15. Februar 1902 / Festspielscene von Rainer Maria Rilke“. Die Widmung auf dem Titelblatt lautet: „Herrn Eugen Diederichs mit vielen dankbaren und verehrungsvollen Grüßen! Rainer Maria Rilke. Feb. 1902“.

Rilke hatte zur Einweihung der Bremer Kunsthalle einen kleinen Dialog zwischen „Der Fremde“ und „Der Künstler“ geschrieben, der am Tag der Einweihung auf der Freitreppe des Hauses von LiebhaberSchauspieleren vorgetragen worden war. Anschließend wurde den Teilnehmern dieser Privatdruck überreicht.

I. LITERATUR 88

Nr. 141

143 E. Br. m. U. „Rilke“ und e. Nachschrift. (München,) „Ainmillerstr. 34“, „Montag Abend“ o. J. (1918/19). 2 S. gr.-8o. Mit blau gesiegeltem blauem Umschlag. (2.500.—)

An den Diplomaten und Schriftsteller Paul Graf Thun-Hohenstein, „Hôtel Vier Jahreszeiten“.

„Die Freude ist groß bei mir, so groß wie die Überraschung. Ich hatte gerade Leute bei mir, konnte nicht schreiben; wenn ich den Diener recht verstanden habe, so wollten Sie morgen, Dienstag, vormittag zwischen zehn und zwölf zu mir kommen; das paßt ausgezeichnet. Wie schön, Sie hier im ‘Eigenen’ zu empfangen …“

In der Nachschrift heißt es: „Es gäbe außerdem noch folgende Möglichkeiten: daß Sie nach Tisch, um 2, eine Tasse schwarzen Kaffee bei mir tränken oder am Nachmittag kämen: bis gegen halb sieben bin ich frei …“

Rilke wohnte von Mai 1918 bis Juni 1919 in der Münchner Ainmillerstraße.

I. LITERATUR 89

(R. M. Rilke)

„alles Schriftliche scheint mir unüberwindlich“

144 2 e. Br. m. U. München 22.IX.1918 und Château de Muzot 19.I.1922. Zus. 14 S. kl.4o. Der zweite Brief mit e. adressiertem Umschlag. (8.000.—)

Inhaltsreiche Briefe an die ihm befreundete Berliner Schriftstellerin und Aquarellmalerin Marie von Bunsen (1860 – 1941).

22.IX.1918. Über sein Befinden nach Kriegsende und mit Nachrichten aus dem gemeinsamen Bekanntenkreis. Zunächst entschuldigt sich Rilke, einen Brief sechs Monate lang nicht beantwortet zu haben. „... Ach, im Mündlichen gelingt es mir noch manches Mal – – – mittheilend und beweglich zu sein, alles Schriftliche scheint mir unüberwindlich …

Ihr neuer Brief ist wiederum voller Beweise Ihrer lebhaften Unbeirrtheit: wie Sie Menschenwerk doch noch lieb haben können … Wie lieblos, lieblos, dagegen reiste ich noch vor ein paar Tagen durch Ansbach. Sah, erinnerte, versuchte zu bewundern: aber wie ist mir, über dem jetzigen bösartigen Wirrsal, das Menschliche bis weit zurück verdächtig geworden. Kaum kann ich vor schönen alten Dingen stehen, ohne zu erschrecken vor ihrer Verlassenheit, wie sie in Verlust gerathen sind, noch als daseiende, mitten unter den unschauenden, unsichtigen Menschen, die neben ein Schönes, ein Großmüthiges, Sich-Verschwendendes, nicht etwa nun ein Nützliches gesetzt haben, nein: ein schamloses Zeichen ihrer Ausbeutung, ihrer Nicht-Wirklichkeit, Nichtigkeit! …

Aber Sie sehen ich verliere mich; ob ich gleich irgendwie Ihren Glauben habe …, so bin ich doch, diese Jahre über, kleingläubig geworden, mitten in meinem bekennenden Leben!  …“ Er hoffe, sie einmal bei sich in München in seinen „drei mal vier eigenen Wänden und dans mes meubles“ begrüßen zu dürfen und fährt fort:

„Montag: hier bin ich gestern abend unterbrochen worden. Frau Ida Roland“ (die Schauspielerin) „kam mit ihrem Mann, dem kleinen Richard Coudenhove . Den späteren Abend habe ich dann im Theater verbracht, wo sie zum letzten Mal in einem norwegischen Stücke“ („Anna Pedders Dotter“ von Hans Wiers-Jensen) „spielte … und verdanke … diesem Anlass einen der eindringlichsten und wichtigsten Eindrücke, die mir je durch eine gestaltende Schauspielerin überkommen ist. Was wäre diese Frau in dem Ensemble Stanislawski’s? … Noch mehr als dieses kluge Können, das etwas diskreter und abgewandelter zu verwenden, das norwegische Stück immerhin einige Gelegenheit bot, überraschte und beschäftigte mich die Frische ihrer Natur, die Gebärden, Einfälle und Steigerungen des Spiels … Welches malheur, dass die Bühne (noch vielmehr als das Buch) dem Belieben des Empfangenden ausgeliefert ist …

Bei Richard Voss’ Tod“ (der Schriftsteller war im Juni d.J. gestorben) „habe ich an Sie gedacht … ganz vorzüglich bedauere ich nun auch im Gedanken nie der Lady Blennerhasset begegnet zu sein, die wenn ich nicht irre, auch zu den Ihnen geistig verwandten oder gar näher lieben Erscheinungen gehört haben müsste. Ich lese gerade in ihren Aufsätzen; wie wohl hätte mir diese Frau, die so unbeirrt Welt behalten hat, gerade in diesen eingeschränkten und verkrampften Jahren gethan …

Ich sehne mich nach Menschen, durch die das Vergangene in seinen großen Linien an uns angeschlossen und auf uns bezogen bleibt; denn wie sehr wird gerade jetzt die Zukunft, je kühner und gewagter man sich sie denkt, doch auch wieder davon abhängig sein, ob sie in die Richtung der tiefsten Traditionen falle und sich aus ihnen (und nicht aus der Negation heraus) bewege und auswerfe. Zwei junge Freunde, köstliche, sind mir … durch den Krieg entrissen worden, die ich im Begriffe dieser so erhofften Zukunft unendlich beklage, ein junger Keyserlingk“ (Graf Paul von K.) „und jener treffliche lautere junge Marwitz aus Friedersdorf“ (der Dichter Bernhard von der M.) „... Ich war dabei, ihn lieb zu gewinnen … Verluste, Verluste …. wenn nur jeder ganz verpflichtend wäre und unerbittlich, ein ernsteres, verantwortlicheres und geheimnisfüllenderes Leben uns aufzutragen …“

I. LITERATUR 90

19.I.1922, nachdem Marie von Bunsen sich öffentlich gegen die „Nach-Dichterei Hans Bethge’s“ ausgesprochen hatte. „... Es hätte keines besonderen äußeren Anlasses bedurft, um in mir den Wunsch zu erregen, in Ihrer Erinnerung vorzukommen …: denn für diese Verfassung hatte ich inneren Anlass genug aus jenen Stunden mitgenommen, die mir seinerzeit in einem münchner Zimmer vergönnt gewesen sind, das, so klein und zufällig es an sich war, doch, durch Sie, fähig geworden war, alles traditionelle und persönlichste einer großen und intimen Gastfreundschaft auszugeben. In der That, zu den wenigen Momenten innerer Freiheit und Arglosigkeit, die in so bedrängten und abgeschränkten Jahren mir ausgespart gewesen sind, rechne ich, mit immer noch ganz fühlbarer Freude, die Nachmittage in der Sofaecke hinter dem kleinen Theetisch, denen in unseren vielfältigen Gesprächen, eine offenere, wieder von großen ungebrochenen Bewegungen durchzogene Welt selbstverständlich zuwuchs! …

Ich bin nun schon im dritten Jahre in der Schweiz –, und … wundere … mich nur gelegentlich und wie aus Versehen darüber, dass eine freundschaftliche Einladung nach Nyon … den Anstoß geben konnte zu etwas, was am Ende eine große ‘Schweizer Zeit’ wird gewesen sein, ein ganzer Abschnitt meines (hier, nach und nach, in sich selber sich besinnenden und an sein voriges und vorvoriges anschließenden) Lebens.

... Und nun mein ‘Anlass’ zuletzt. Es ist mir eine große Genugthuung und Freude, dass eine Stimme von der Bedeutung der Ihrigen jenen gerechten und sachlichen Protest erheben mochte … Jeder der weiß, was Übersetzen heißt … konnte einer solchen oberflächlichen Ausbeutung von im Hintergrund bleibenden großen Dichtungen nicht ohne Widerwillen zusehen …“

Erwähnt in diesem Zusammenhang „Judith Gautiers Livre de Jade“ und „Omar Khayam“.

I. LITERATUR 91

145 ROLLAND, Romain, 1866 – 1944. E. Br. m. U. (Paris) 23.X.1913. 11⁄4 S. 8o. Mit Umschlag. (300.—)

An den Verleger Edouard Champion wegen der Herausgabe seines Werkes „La Vie de Rossini“. „... Toutes mes notes sont prises … et je ne commencerai la rédaction que lorsque je les aurai complétées par la lecture de ce volume. Or je n’ai pu encore aller à l’Opéra ou au Conservatoire; car je suis pris, tous ces après-midi, par des affaires; et je dois réserver mes matinées à mon nouveau roman …“ („Colas Breugnon“).

146 ROTH, Eugen, 1895 – 1976. 5 e. Gedichte m. U. und 1 e. Postkarte m. U. München und o. O. 25.VIII.1956 (Poststempel) bis „Mai 64“ und o. D. 4 S. gr.-8o bzw. 8o und die Karte. 1 Gedicht auf der Rückseite einer signierten Portraitphotographie, 2 weitere Gedichte auf seinem Briefpapier. (250.—)

An den Verleger Kurt Georg Schauer gerichtete Briefe, Postkarten und Albumblätter. München 1961. „Was nützte, verehrter Herr Schauer, / Wenn ich jetzt hinterher bedauer’, / Dass ich, der jüngst in Frankfurt-Main / Beim Fernsehn musste tätig sein, / Mich weiter nicht um Sie gekümmert? / Die Freundschaft bleibe unzertrümmert! …“

„Luftkur / Den Kranken bringt mit gutem Grund / Man dorthin, wo die Luft gesund. / Doch schon sind allzuviele dort / Und es entsteht ein Luftkurort. / Die Luft, beansprucht allzusehr, Erholt sich alsbald selbst nicht mehr …“

Die Postkarte: „... ich bin nun schon ein Woche in der Reparaturwerkstätte, damit der Motor wieder in Ordnung kommt. Ich habe veranlasst, dass Ihnen die Handschrift geschickt wird …“

Beiliegend ein weiterer E. Br. m. U.; an einen Herrn, die Frage der „Todes-Strafe“ betreffend, welche er für sinnlos halte: „... hingegen sollte man vielleicht, ohne jeden moralischen Aufwand, unheilbare Gewaltverbrecher in aller Stille beseitigen …“ (München 1964).

147 SAND, George, Pseudonym für Aurore Dupin, Baronin Dudevant, 1804 – 1876. E. Br. m. U. Nohant 19.III.1860. 1 S. gr.-8o. Mit geprägten Initialen am Kopf. Etwas fleckig. Minimaler Tintenabklatsch durch Faltung. (400.—)

An Carl Schwenger (in Osnabrück). „Je vous remercie, Monsieur, de la Sympathie que vous voulez bien me témoigner. Je ne la mérite que par de bonnes intentions …“

I. LITERATUR 92

149 E. Br. m. U. „George Sand“. O. O. u. D. 1 S. 12o. Minimal fleckig. (350.—)

„Mon cher Louis. Je ferai mon possible, mais on ne nous donne que tres peu de places pour tous les amis que nous avons à satisfaire. Je vous en enverrai deux pour la 1ere et d’autres le lendemain …“

150* SAVIGNY, Kunigunde von, geb. Brentano, 1780 – 1863. E. Br. m. U. „dein Mütterchen“. 23⁄4 S. gr.-8o. Berlin 19.XII.1836. Mit 10-zeiliger e. Nachschrift m. U. „Väterchen“ ihres Mannes Friedrich Carl von Savigny (1779 – 1861). Mit Adresse und Poststempeln. Leicht gebräunt, teilweise leicht fleckig. Kleiner Randeinriss. (600.—)

Entzückender Brief „An Frau von Rumohr / geborne von Rühle“ in Minden, mit Nachrichten aus dem Familienkreis.

„Theure Jenny, liebes Kind! … wenn Du bey mir eintreten wirst, so wird nur die uebermäßige Freude zeigen daß eine Lücke in unserm Zusammensein war, aber anknüpfen wird sich das Gespräch wo wir es verlaßen … Ich selbst bin schon seit 4 Wochen abwechselnd krank, und habe mein Bette viel hüthen müßen. Väterchen ist seit Monaten an Gesichtsschmerz leidend, jezt etwas besser; das alles hat dazu beigetragen daß ich Dir so lange nicht geschrieben habe …

Erzählen will ich Dir ein wenig.

Franz ist jezt hier, wird aber bald wieder fort gehen, und zwar wahrscheinlich ganz außer preußischen Diensten doch bleibt das noch ganz unter uns …

Karl wird auch noch vor Sommer uns verlassen, um zu einer Regierung zu gehen …

Leo bleibt uns noch auf einige Zeit, aber dann liebe Jenny, stehen wir wie entblätterte Bäume, die dann wohl bald als unbrauchbares Dürrholz gefällt werden um auf ewig zu ruhen, möge es im Schoose Gottes seyn.

Arnims Mädchen sind viel bey mir, sie sind mir angenehm, weil es belebt etwas Jugend um sich zu haben, doch für das Herz und Verstand ist es mir nichts. Ich bin verwöhnt! Sie war unerreichbar an Selbstvergeßenheit und Liebe  …“ Am 25. August des Vorjahres war Bettina, ihre einzige Tochter, kurz nach ihrer Vermählung in Athen gestorben; mit „Arnims Mädchen“ sind „Maxe“, Armgart und „Gisel“ von Arnim gemeint, die Töchter ihrer Schwester Bettina und Achim von Arnims.

Des Weiteren u. a. über den Tod der Fürstin Luise von Radziwill, einer geb. Prinzessin von Preußen. „... Ihr Herz und Sympathie des Gefühls hatte sie mir näher gestellt, als es von der Verschiedenheit unsrer Stellungen in der Welt zu erwarten war. Ich habe ihrer Todtenfeier beygewohnt, die Ernst und würdig war … außer dem Hof … nur einige … Freunde, es hat mir wohl gethan daß die Kinder uns dazu gezählt haben, denn ich hatte sie ungemein lieb …“

In Savignys Nachschrift heißt es: „Ich muß Dir doch noch in Erinnerung bringen, meine theure Jenny, wie sehr mein Herz an dir hängt … Mein Herz ist trübe und einsam, wie an den ersten Tagen, und so wird es bleiben, so lange ich lebe. Eine besondere Gnade ist es, daß ich mit Kraft und Freude arbeiten kann, sonst wäre mir das Leben schwer zu ertragen, denn alles Äussere ist mir, fast mehr als recht ist, gleichgültig geworden …“

I. LITERATUR 93

151 SCHEERBART, Paul, 1863 – 1915. E. Gedicht m. U., mit 6-zeiliger e. Nachschrift m. U. 11⁄2 S. 8o. Schwacher Fleck am Unterrand. Zwei kleine Klammerspuren am Oberrand. Zweifacher roter Sammlerstempel. (800.—)

„Ich hab ein Auge ….......

Ich hab ein Auge, das ist blau Mir gestern Abend geschlagen.

Ich schrie fünf hundert Mal ‘Au! Au!’ Was wollt ich damit sagen?

Ich weiß es heute selber nicht! Ich hab ein Heldenangesicht. Paul Scheerbart 1898. ‘Katerpoesie. ’“

Auf der dritten Seite des Doppelblattes die Nachschrift: „Berlin-Lichterfelde 4. Marschner Str 15 / 27. Sept 1915 / Geehrter Herr! / Anbei das Gewünschte. / Hochachtungsvoll! / Paul Scheerbart“. Scheerbart starb wenige Wochen später am 15. Oktober an einem Gehirnschlag.

152 SCHEFFEL, Joseph Viktor von, 1826 – 1886. E. Gedicht m. U. Seon, Sommer 1865. 1 S. gr.-4o. Kleiner Randeinriss. (300.—)

„Sr. Hochwürden dem Herrn Domcapitular Molitor in Speier / (mit einem Ammoniten)“. Die letzten von 14 Zeilen lauten: „... Als Nautilus im Urmeer einst geschwommen, / Als starrer Kalk auf Jurahöh’n gekommen / Verwitternd dann gesprengtem Grath entnommen / Erbittet sich der Stein die neue Ehre / Dass eines Domherrn Briefpult er beschwere – / – Wer geistlich denkt, schoepft auch aus Steinen Lehre.“

153 E. Albumblatt m. U. Karlsruhe 1.XII.1872. 1 S. gr.-8o. Schwache Montagespuren. (250.—)

„Ich komm, ich weiss nit von wann, Ich leb’, ich weiss nit wie lang, Ich fahr’ und weiss nit wohin: Mich wundert, dass ich so froelich bin.

Alter Spruch des Meister Martinus von Biberach, an Häusern im Schwarzwald oft als Inschrift verwendet.“

Beiliegend 2 E. Br. m. U. Scheffels an verschiedene Adressaten (Karlsruhe 1868 und 1875) u. a.

I. LITERATUR 94
„Göthe schikte schon diesen Vormittag zu mir“

154 SCHILLER, Friedrich von, 1759 – 1805. E. Br. m. U. O. O. u. D. (Weimar 15.XII.1799).

2 S. 8o. Etwas gebräunt. Mit (gebrochenem) Siegel und Adresse. (16.000.—)

An seine Frau Charlotte geb. von Lengefeld, die bis zum Einzug in die Wohnung in der Windischenstraße in Weimar bei Frau von Stein wohnte. – Anfang Dezember war Schiller mit seiner Familie von Jena nach Weimar übergesiedelt.

„Du sollst das Zimmer morgen eingerichtet finden liebes. Ich halte es auch, des Badens wegen, einstweilen für das Beste, darin zu schlafen.

Die Vorhänge habe ich bei der Griesbach bestellt und an die chere Mere auch geschrieben. Gern hätte ich Dich heute Abend besucht, aber Göthe schikte schon diesen Vormittag zu mir, daß ich den Abend mit ihm zubringen möchte. Diesen Nachmittag wollte ich zu Dir kommen, aber da kamen mir Leute vom Theater über den Hals.

Das Beste ist, daß Du morgen selbst einziehst. Schlafe wohl liebes Herz. Viele Grüße der guten Fr v Stein / Sch.“ Nationalausgabe Band 30 Nr. 146. – Goethe hatte Schiller am selben Tag gefragt, „ob Sie etwa Abends ein wenig zu mir kommen möchten“ (Sophienausgabe Band 14 Nr. 4156). Sein Tagebuch verzeichnet unter dem 15. Dezember: „Abends Herr Hofr. Schiller.“

– Siehe auch Nr. 290.

I. LITERATUR 95

155 WOLZOGEN, Caroline von, geb. von Lengefeld, Schwägerin Schillers, 1763 – 1847. E. Billett m. U. „CW.“ (Weimar) o. D. 1 S. quer-gr.-8o. Mit Siegelspur und Adresse. Oberrand unregelmäßig. Kleiner Ausriss an der Siegelstelle fachgerecht repariert. (400.—)

An Adele Schopenhauer („Fräulein Schoppenhauer“).

„Laßen Sie mir sagen wie es Ihnen geht, liebste Adèle, ob es in diesen Tagen noch fortgeht u. ich den Brief an die Fürstin Pauline Hohenzollern senden soll, vielleicht auch später nach Carlsbad …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, von ihr auf der Adressseite eigenh. bezeichnet „Frau von Wolzogen“.

„da ich die Anstellung in Bonn vorzugsweise vor der in Berlin gewünscht“

156 SCHLEGEL, August Wilhelm von, 1767 – 1845. E. Br. m. U. Stuttgart 28.IX.1818. 32⁄3 S. 8o. (800.—)

An einen Freiherrn wegen der Anmietung einer Wohnung in Bonn, wohin er – zunächst nur für das Wintersemester 1818/19 – als Professor für Literatur und Kunstgeschichte an die neugegründete Universität berufen worden war.

„... Auf Veranlassung eines Briefes, der mir so eben aus Berlin zukommt, muß ich Sie angelegentlich bitten, den Miethcontract mit Herrn Nettekofer“ (Theodor Joseph Nettekoven) „ohne alle weitere Zögerung abzuschließen. Ich wiederhohle Ihnen also schriftlich die schon mündlich ertheilte Vollmacht, in dieser Sache ganz nach eigner Einsicht in meinem Namen zu handeln, und werde alle Bedingungen gut heißen, welche Sie einzugehen für billig und nöthig erachten … Wenn er von dem jährlichen Preise von 150 Preußischen Thalern nichts weiter ablassen will, so haben Sie die Güte ihm selbigen unbedenklich zuzugestehen. Ich wünsche den Vertrag fürs erste nur auf Ein Jahr zu schließen: so bald mir ein längerer Vertrag in Bonn gesichert ist, werde ich selbst wünschen den Termin zu verlängern. Vor allem aber liegt mir daran, die Wohnung schon diesen Winter zu meiner Disposition zu haben … Es ist zwar keinesweges ausgemacht, daß ich den Winter schon nach Bonn hinkommen werde. Ich denke man wird mir die Verbindlichkeit hiezu nicht anders auferlegen, als in dem Falle, daß die Universität wirklich noch diesen Herbst eröffnet wird, und Vorlesungen von andern Professoren gehalten werden. Meine Sache steht nämlich so: Der Herr Staatsminister von Altenstein gesteht mir den Antritt in Bonn zu, aber nur auf das bevorstehende Wintersemester. Dieser Termin ist so kurz, daß während desselben weder eine bedeutende öffentliche Wirksamkeit, noch eine bequeme Häusliche Einrichtung möglich ist. Ich hoffe also zuverläßig auf dessen Verlängerung, um so mehr, da Hr. von Altenstein selbst an den Rhein kommen u. sich mit dem Staatskanzler“ (Fürst Hardenberg) „über die Angelegenheiten der Universität Bonn berathen wird.

Aber ich darf in meiner Lage, da ich die Anstellung in Bonn vorzugsweise vor der in Berlin gewünscht, auf keine Weise dahinten bleiben; u. muß mich bereit halten auf die erste Auffoderung hinzueilen, und thätig mit Hand an das Werk zu legen …“

Erwähnt seine ihm erst kürzlich angetraute zweite Ehefrau Sophie geb. Paulus, die Schlegel nicht von Heidelberg nach Bonn folgen wollte, weshalb die Ehe schon nach wenigen Wochen scheiterte.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

I. LITERATUR 96

157 SCHLEGEL, Friedrich von, 1772 – 1829. Eigenh. Manuskript. (1820.) 1 S. 8o. Schwach gebräunt. (400.—)

Aus dem Entwurf zu seinem 1820 in der „Concordia“ erschienenen Essay „Signatur des Zeitalters“:

„III. Corporationen im christlichen Staat. Daher nicht zwey Kammern und auch kein Stand ausgeschlossen sey – am wenigsten der geistliche und gelehrte.

Daß der christl. Staat die Corp. bestehn läßt, folgt leicht aus dem Vorigen; das Wesentliche darin ist aber immer die Kirche …“

Das Blatt ist zweispaltig beschrieben; links fortlaufender, teils stichwortartiger Text mit Korrekturen, rechts Notizen zu weiteren Ausführungen („Von zufäll. Corp. wegzusehen … Dann überhaupt die ganze Episode von der Schule …“ etc.) – ein anschauliches Beispiel für Schlegels Arbeitsweise. Verso alte Echtheitsbestätigung sign. „v Braun“. – Aus der Autographensammlung Annette von DrosteHülshoff.

158 E. Billett m. U. O. O. u. D. 1 S. 8o. Etwas gebräunt. (400.—)

Wohl an seinen Verleger Friedrich Christoph Perthes.

„P[raemissis]P[raemittendis]. / Ich bin seit drey Tagen so außerordentlich beschäftigt, daß ich auch heute noch keinen ruhigen Augenblick gewinnen kann, um Ihnen ausführlich zu antworten, bitte Sie daher recht sehr mich desfalls noch bis morgen zu entschuldigen / Ihr ergebenster FrSchlegel“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

159 SCHOPENHAUER, Adele, Dichterin; die Schwester des Philosophen, 1797 – 1849. E. Br. m. U. Rom 8.II.1847. 1 S. 4o. Mit Ringsiegel und Adresse. (800.—)

An Ernst Förster, den Schwiegersohn Jean Pauls, „Redacteur des Kunstblatts“ in München, dem sie biographische Notizen über den Maler und Architekten Giulio Romano sendet.

„... Der Aufsatz ist nicht bedeutend ich gebe die Nachrichten ganz Schmucklos wie ich sie zusammentrug, als bloßen Beitrag zur Arbeit eines Würdigern. Ich habe wahrscheinlich noch oft Gelgenheit dergl. Schriften die nicht ins Ausland oft gar nicht in den Buchhandel kommen zu benutzen

Ich habe gebeten das kleine Honorar für den vorjährigen Aufsatz an Friedrich Frommann zu geben … bald hoffe ich Ihnen über den Zingaro“ (der Maler Antonio Solario, ca. 1465 – 1530) „etwas zu senden, es wird in Neapel von einem dortigen Fürsten der als Kunstkenner und Schriftsteller sehr anerkannt ist, mit großer Sorgfalt dieser Gegenstand behandelt …“

160 SCHUBART, Christian Friedrich Daniel, 1739 – 1791. E. Schriftstück m. U. „Sch.“ O. O. u. D. ½ S. gr.-8o. Einriss mit Berührung der Unterschrift. Leicht braunfleckig, beschnitten. (350.—)

Empfangsvermerk.

„Verfasser dieses Buchs ist Herr von Dalberg – einer der grösten Köpfe unsres Jahrhunderts. Er sieht viel weiter als Leibniz – sein Sistem, ein Riese des Himmels, knüpft Wurm und Seraf zusammen – strekt sich hin über alle Aeonen – hin an den grosen Punkt – an das Ziel Gottes – an die Axe des Universums, wo / Gott Alles in Allem seyn wird.

Der grose Verfasser hat mir dieß Buch selbst zugeschikt – Gottes Lohn sei ihm dafür!“

I. LITERATUR 97
„bei dem gegenwärtigen ekelhaften Zustand unserer schönen Literatur“

161 SCHWAB, Gustav, 1792 – 1850. 3 e. Br. m. U. Stuttgart und Gomaringen 3.VII.1829 bis 26.III.1838. 8 S. gr.-4o bis gr.-8o. Leicht gebräunt, der letzte Brief mit Siegel und Adresse, an der Siegelstelle fachgerecht repariert (geringe Buchstabenverluste).

(1.200.—)

An den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen; ein Brief mit dessen Empfangsvermerk am Kopf.

Stuttgart 3.VII.1829. „... Ich habe die schönen Proben aus Pollok’s Gedichten mit grossem Vergnügen gelesen, und obwohl von einem meiner jungen Freunde ebenfalls eine Probe fürs Morgenblatt eingesandt, schon längst vorliegt, so zieht die Redaction doch vor, aus den interessanteren Bruchstücken die Ihre Güte uns anbietet, Eines und zwar das erste zu wählen, das mit nächstem abgedruckt werden soll …“ –Seit Anfang 1828 war Schwab Redakteur von Cottas „Morgenblatt für gebildete Stände“.

Stuttgart 22.III.1832. „... Mit wahrem Jubel wurden von Sophie und mir Ihre lieben Schriftzüge begrüßt, welche wir seit dem Sommer 1830 nicht mehr erblickt hatten. Denn auch der Englischmann Chasby brachte keinen Brief mit … Kurz nach dem Engländer erfreute uns der vortreffliche Jakob Grimm mit einem recht frischen mündlichen Gruß von Ihnen und einem Abendbesuche, bei welchem wir seine ganze Liebenswürdigkeit kennen lernten; daß so tiefe Forschungen aus einer so reinen Kinderseele kommen können!  …“ – Im Folgenden berichtet er ausführlich über die familiären Ereignisse in der letzten Zeit, die „auch viel Leid neben Freud’ hatte“ (Scharlachtod eines Söhnchens kurz nach der Geburt, darauf folgende schwere Erkrankung seiner Ehefrau, Tod der Mutter).

„... Im Herbst wurden wir durch die Bekanntschaft eines jungen ungarischen Edelmanns erfreut, den mir sein herrliches Dichtertalent zuführte, der mein Hausfreund und Monate lang mein Gast wurde, mit uns in dem wolkenlosen Oktober zu Uhland ging, jetzt aber leider, im Unmuth über die Lage seines Vaterlandes, nach Amerika flüchtet. Er heißt Niembsch v. Strehlenau, und wird nächstens unter dem Namen Lenau ein Bändchen herrlicher Gedichte bei Cotta erscheinen lassen …“

I. LITERATUR 98

Nach weiterer „Hauschronik“ dankt Schwab Laßberg „für das herrliche Eggen Liet“, das einen schönen Stoff für seinen der alten deutschen Poesie gewidmeten Lesezirkel (bestehend aus „den beiden Sophien, Mutter u. Tochter und einigen, lieblichen, jungen Nichten“) biete.

„... Von unserm Uhland wissen Sie wohl, daß nach feurigem Kampfe mit ihm selbst und seinem Nebenbuhler, der unglaublicher Weise auch der Onkel seiner Frau ist, die Stadt Stuttgart mit 2/3 Stimmen ihn zu ihrem Abgeordneten auf den künftigen Landtag gewählt hat. So weh mir dieß für die Wissenschaft und die Tübinger Jugend thut, so kann ihn doch das Land in einer so verhängnisvollen Periode nicht entbehren. Am Ende wird auch die Regierung einsehen lernen, daß sie an einem solchen Manne keinen Feind und Gegner, sondern im Grunde den besten Freund hat …“ – Im Konflikt mit dem Landtag hatte die württembergische Regierung den Landesbeamten unter den Abgeordneten den zuvor gewährten Urlaub für die Sitzungszeiten entzogen. Uhland musste sich daher zwischen seiner Tübinger Professur und dem Abgeordnetenmandat entscheiden; er entschied sich für das Mandat.

Gomaringen 26.III.1838. Familiäre Nachrichten, insbesondere über „die glückliche Veränderung meiner Lage“ durch die Übernahme des Pfarramtes in dem Dorf Gomaringen. „... Von jeher war die Tübingergegend, wo ich meine Jugend in Freundschaft, Liebe, Poesie und Studien verlebt habe, das Ziel meiner Sehnsucht. Sit modus lasso! betete ich und bin erhört worden. Der hiesige angenehme Pfarrdienst ging auf als mir nachgerade das Redactionswesen in Stuttgart, bei dem gegenwärtigen ekelhaften Zustand unserer schönen Literatur, anfing, unleidlich zu werden … und ich mich unbeschreiblich nach Geistessammlung und ländlicher Ruhe sehnte. Der König erhörte auf eine gnädige und freundliche Weise meine Bitte  …“ Sein Pfarrhaus, „auch ein Schloß …, ist ein zweiflüglichter, alter, doch für uns sehr geräumiger Rumpelkasten mit herrlicher Aussicht auf meine liebe, ganz nahe Alb

Die Nähe Uhlands war, wie Sie denken können, ein Hauptmagnet für mich; leider aber ist der herrliche, liebe Freund seit dem Januar in der vertrackten Ständeversammlung, wo er an Criminalgesetzen nicht mit Thors Hammer schmiedet, und weder Gedichte macht noch in Sagen forscht …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

162 E. Gedicht m. U. Eppishausen 13.X.1829. 3/4 S. gr.-4o. Schwach fleckig. (600.—)

„Statt der Worte .“ Die erste von vier Strophen lautet:

„Wo goldne Saitentöne aus Pergamenten rauschen, Wo so viel Saengergeister in allen Ecken lauschen, Da ist die neue Leier des Schwabensohnes krank, Und leise tönt sie, leise, dem theuren Wirthe Dank“. Geschrieben während eines Aufenthaltes auf Schloss Eppishausen, dem Wohnsitz des Germanisten Joseph von Laßberg.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

163 E. Albumblatt m. U. Stuttgart 10.IX.1844. 1 S. quer-kl.-8o. Mit umlaufendem Goldschnitt. Etwas gebräunt. (600.—)

„Wo nur das Wissen haust, ist Todtenstille; Laut und lebendig macht die Welt der Wille

Zum freundlichen Andenken / an Ihren schwäbischen Freund / Gustav Schwab.“ Beiliegend 1 E. Br. m. U. an den Herausgeber des Berlinischen Taschen-Kalenders, dem er „abermals zwei Romanzen für den nächsten Jahrgang“ übersendet (Stuttgart 1824).

I. LITERATUR 99

164 SEIDEL, Heinrich, 1842 – 1906. E. Gedicht mit zweimaligem Namenszug. Berlin o. D. 3 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenläsuren. (200.—)

„Die Weihnachtswünsche des kleinen Nimmersatt.

Am meisten wünsch’ ich mir ein Pferd zum Schaukeln und zum Reiten, Und eine Rüstung und ein Schwert, aus den Ritterzeiten.

Drei Märchenbücher wünsch’ ich mir Und Farben auch zum Malen Und Bilderbogen und Papier Und Gold- und Silberthaler …“

Es folgen neun weitere Strophen.

Beiliegend 2 e. Br. m. U.; wohl an den Lehrer seines Sohnes (1888) und an einen Herrn, der sich nach dem Erscheinen seines Werkes „Ein brandenburgischer Held in Westafrika“ erkundigt hatte, mit dem Hinweis, „daß sich die Fertigstellung eines litterarischen Produkts schwer auf den Tag vorher bestimmen läßt …“ (1898).

165 Eigenh. Gedichtmanuskript m. U. 3½ S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (200.—)

Hochzeitsgedicht, vorzutragen im Rahmen einer Theateraufführung.

„Ein Künstler tritt auf mit einem Bilde Amoretten in Wolken darstellend:

‘Wir können Alles heut! Es wurd uns kund Wie man gebaut, gemalt in weitem Rund zu allen Zeiten und in jedem Stil Am Euphrat, Ganges, Tiber oder Nil.

Ob indisch, griechisch, gothisch und romanisch, Ob Renaissance, chinesisch und japanisch –Wir können Alles – gleich mit einem Male –Nur Eines nicht – das wahrhaft Nationale! …“

Beiliegend ein e. Br. m. U. an einen Pastor, der ihm einen „vortrefflichen Roman“ übersandt hatte (Berlin 1889, 4 S. gr.-8o).

166 STAËL-HOLSTEIN, Anne Louise Germaine, Baronne de, geb. Necker, 1766 – 1817. E. Br. m. U. „Necker Bne / Stael de Holstein“. Frankfurt a.M. (November 1803). ½ S. 8o. Leicht gebräunt. (300.—)

An den Anatomen und Naturforscher Samuel Thomas von Soemmerring, der ihre erkrankte Tochter Albertine behandelte und sich mit einer Fehldiagnose (Scharlach) ihren Unwillen zugezogen hatte.

„j’envoye à Monsieur Sommeringen une lettre de mr de villers notre ami commun, et je le prie d’avoir la bonté de passer chez moi dans la matinée … / maison rouge francfort“

Der französische Schriftsteller Charles François Dominique de Villiers, der die Ideen Immanuel Kants in Frankreich bekannt machte, lebte damals in Lübeck.

100

I. LITERATUR
„Wir haben vielen Durchmarsch gehabt“

167* STOLBERG-STOLBERG, Friedrich Leopold Graf zu, 1750 – 1819. E. Br. m. U. „F.L.St.“ Tatenhausen 24.XI.1813. 3 S. 4o. Auf der Adressseite und am linken Rand der ersten Seite 20 e. Zeilen o. U. von Stolbergs zweiter Ehefrau Sophie Charlotte Eleonore, geb. von Redern. Mit Siegel und Adresse (diese auch von der Hand seiner Frau). Leicht gebräunt. Stellenweise schwacher Tintenfraß. Geringer Buchstabenverlust durch Öffnen des Siegels. (800.—)

Aus den Befreiungskriegen. – Liebevoller Familienbrief an seine älteste Tochter Maria Agnes zu StolbergWernigerode über ihren ältesten Bruder Christian Ernst zu Stolberg-Stolberg, der als Oberleutnant des k.u.k. Ulanenregiment „Erzherzog Carl“ am Kampf gegen Napoleon teilnahm. „Ich setze mit Sicherheit voraus, mein Herzenskind, daß mein Brief vom 2., den am 3. Christian mit sich nahm, um ihn in Berlin zu befördern, lang in deinen lieben Händen sey, und beziehe mich nicht so wohl auf diesen, als auf den welchen unser Christian Dir aus Berlin wird geschrieben haben. Du weißt nun mehr von ihm als wir, denn unsre lezten Nachrichten von ihm sind aus Dömitz im Mecklenburgischen, wo ihm Graf Walmoden“ (Ludwig von Wallmoden-Gimborn) „einen Paß gab, mit dem er, so Gott wolle, am 9. oder 10. in Berlin wird angekommen seyn. Wenige Tage nach Christians Abreise räumten die Franzosen die ganze Gegend. Hier ist alles wieder in Ordnung, das heißt preussisch. Uns ist allen wie Träumenden nach dieser herrlichen Rettung! … Wie viele und welche Eisen haben wir izt im Ofen des Gebets liegen. Möge Gott Selbst … die Glut anfachen, und die Erhörung schmieden!

Mit Freude haben wir aus der Berlinschen Zeitung gesehen, daß Deine Schwiegerin Antonia“ (Luise Freiin von der Recke) „von einem Töchterchen entbunden worden, und daß sie Jenny heisset … Wir haben vielen Durchmarsch gehabt, Russen u. Preussen. Unter jenen auch Kosa[kk]en. Wer hätte uns das gesagt, als wir vor fünf Vierteljahren in der Lausiz Neapolitaner nach Rußland ziehen sahen; ja auch Mohren! …“

Mit der Erwähnung weiterer Familienmitglieder.

I. LITERATUR 101

(F. L. zu Stolberg)

168 E. Br. m. U. Brinke in der Grafschaft Ravensberg 14.VI.1815. 1½ S. 4o. Etwas gebräunt. Geringe Tintenfraßspuren. Verso oben rechts Altsignatur „455“. (800.—)

An (den Buchhändler und Verleger Friedrich Christoph Perthes) über die von seinem Bruder Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg und ihm kurz zuvor bei Perthes und Besser in Hamburg veröffentlichten „Vaterländischen Gedichte“, von denen er Belegexemplare erbittet.

„... Nun bitte ich Sie, liebster Freund … an Fouqué für ihn u. seine Frau“ (Friedrich und Caroline de La Motte F.) „2 zu senden, 1 an Nicolovius“ (der Ministerialbeamte Georg Heinrich Ludwig N.), „1 an Niebuhr“ (der Althistoriker Barthold Georg N.) „u. 12 an meinen Vetter den regierenden Grafen in Wernigerode“ (Graf Christian Friedrich zu Stolberg-W.) „zu senden.

Ich bitte Sie auch mir noch ein gebundenes Exempl. der Biblia Hebraica von Johann Simon, Halle 1767 zu senden.

Von meiner Schwester u. Schönborn“ (Katharina Gräfin zu Stolberg-Stolberg und Gottlob Friedrich Ernst Sch.), „die schon so lang auf der Durchreise sind haben wir seit … Wochen keine directe Nachricht. Ich kann mir kaum vorstellen, daß Sie bey Ankunft dieses Briefes noch in Ihrer Gegend seyn solten. Solte das gleichwohl der Fall seyn, so sehen Sie sie gewiß, u. dann bitte ich Sie ihnen zu sagen, daß wir sie hier in Brinke erwarten …“

Schönborn, Diplomat in dänischen Diensten, war mit Goethe und Mitgliedern des Göttinger Hainbunds befreundet. Beiliegend eine Silhouette desselben (Tusche).

Aus der Sammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

169 STOLBERG-STOLBERG, Sophie Gräfin zu, geb. Gräfin von Redern, Ehefrau des vorigen, 1765 – 1842. 2 e. Br. m. U. Lüdikenbeck 2.V.1805 und Sondermühlen 11.II.1820. 3 S. 4o und 8o. Der zweite Brief mit Trauerrand und gebräunt (fachgerecht restauriert). (400.—)

An (Therese Luise von Droste-Hülshoff, die Mutter der Dichterin).

1805. Gräfin Sophie hatte sich vergeblich um einen Hofmeister für die kleine Annette und deren Geschwister bemüht. „... Die ungünstige Antwort die ich Ihnen von dem Vicarius Daman zu geben hatte, hielt mich … zurück; denn Sie wissen gewiß aus Erfahrung, daß man immer ungern der Ueberbringer einer nicht erwünschten Nachricht ist. nun giebt aber der Vicarius Damann gar keine Hofnung die Stelle eines Hofmeisters bey Ihren Kindern anzunehmen. auch weiß H. Kellermann gar keinen andern den er Ihnen vorschlagen könnte. Seyn Sie mir nicht böse liebste Frau von Hülzow [sic!] und geben Sie mir bald wieder eine Gelegenheit Ihnen zu zeigen daß ich nicht immer so saumseelig bin …“ – Die „Fleke auf dem Papier“ bittet sie zu entschuldigen; „ich habe nicht mehr die Zeit den Brief abzuschreiben.“

1820. Nach dem Tod ihres Ehemannes (am 5.XII.1819), bei Übersendung eines seiner Werke. „Nehmen Sie als ein Zeichen der herzlichsten Liebe und des herzlichsten Dankes für so viele früher meinen Kindern erwiesenene Liebe, das lezte theure Vermächtniß meines Geliebten Seligen Mannes – das 2. Exemplar … ist für Ihre liebe Frau Mutter, das dritte für Ihre liebe Schwester … Beten Sie zuweilen für mich daß mir Gott Gnade gebe … in der schweren Prüfung die er mir geschikt …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, beide Briefe mit ihrem eigenh. Vermerk „Sophie Stolberg“.

I. LITERATUR 102

170 STOLBERG. – 4 e. Stammbuchblätter m. U. von Mitgliedern des Hauses. Plön 21.VII.1794 und Sondermühlen 26.V.1818. 4 S. quer-8o. 3 Blätter mit umlaufendem Goldrand.

1 Blatt mit ehemals montierter ovaler Silhouette (Tusche und Tinte, am Unterrand nachträglich fachgerecht an das Stammbuchblatt angefalzt).

(800.—)

1) Friederike Julie Marie Charlotte von Stolberg, verehel. Witzleben, Plön 21.VII.1794: „Hölty / Lebe lebe deine Pilgertage, / Gutes Mädgen, flitterlos, / Und, dann komm’ ein Himmelsbot’, und trage / Deine Seel’ in Gottes Schoos …“ Aus dem Gedicht „An ein catholisches Mädchen“, gewidmet „Der liebenswürdigen Mimi Gallitzin“.

2) Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg, Sondermühlen 26.V.1818: „Das Schöne ist nur schön weil es Abglanz ist / Von Dir Urschöne! Gut ist das Gute nur, / Weil ausgestrahlt von Dir, des Schönen Urquell …“ Die Silhouette zeigt eine Dame, Brustbild nach links.

3) Leopold, Sohn von Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg, Sondermühlen 26.V.1818: „Es bildet ein Talent sich in der Stille / Sich ein Charakter in dem Strom der Welt …“ Aus Johann Wolfgang von Goethes „Torquato Tasso“ (1. Akt, 2. Szene, Leonore zu Alfons).

4) Alfred, Sohn von Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg, Sondermühlen 26.V.1818: „Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, / Das Leben lehret jeden was er sey …“ Aus Johann Wolfgang von Goethes „Torquato Tasso“ (2. Akt, 3. Szene, Antonio zu Tasso). Beiliegend u. a. 1 frankierter Briefumschlag, adressiert an die „Baroninnen / Paula u. Berta Droste zu Hülshoff“ in Haus Stapel in Havixbeck, die einen Teil des literarischen Nachlasses von Annette von Droste-Hülshoff, der sich in ihrem Besitz befand, der Forschung zugänglich machten. Aus der Sammlung Annette von Droste-Hülshoff.

171 STORM, Theodor, 1817 – 1888. 2 eigenh. Gedichte, eines davon mit 3 e. Zeilen u.U. „16 Nov.“, „17 Nov.“ und „28 Nov.“ (1840). 2 S. 16o (9,6 × 5,3 cm). Grünliches Seidenpapier. Schwach fleckig. (3.000.—)

Zwei Gedichte für die vierzehnjährige Bertha von Buchan, in die sich Storm Weihnachten 1836 verliebt hatte. Seitdem hoffte er, das junge Mädchen möge seine Gefühle erwidern.

I. LITERATUR 103

„Schweig stille mein Herze!

1. / Der Winter stürmt so laut ums Haus; Du bist so still – der Kummer schaut Aus deinem Aug’ so kalt heraus, Und keine milde Thräne thaut. – –‘Gieb mir die Hand! ich bin allein; Doch frag nicht, was mein Herz verwaise; Ich sag’s nicht laut, ich sag’s nicht leise –Es muß allein getragen sein.’ / 16 Nov.

2. / Der Winter stürmt für und für; Du schaust so selig himmelwärts, Da blinkt kein Stern – o sage mir, Was kam so plötzlich in dein Herz!

‘Gieb mir die Hand! Die Welt ist mein, und mein – doch frag nicht, was ich preise, ich sag’s nicht laut, ich sag’s nicht leise –Es muß allein getragen sein!’ / 17 Nov.“

„Was man wohl öfters fragen könnte: Wenn Abends du allein im Kämmerlein gesessen, Wenn dich der Schlummer floh in stiller Nacht, Dann hast du oft, – so sprichst du – mein gedacht. Doch sprich! Wenn nun die Sonn’ ist kommen unterdessen, Hast du auch dann wohl jemals mein gedacht? / 28 Nov.“

Darunter der Zusatz: „Die Fassung dieses so einfachen, wie wahren Gedankens schien mir glücklich genug, um ihn der poetischen Schieblade deiner Schatulle übermachen zu können. / Dein Th.“

Im Oktober 1842 machte Storm Bertha einen Antrag, der abgewiesen wurde.

172 STRAUSS, David Friedrich, theologischer und philosophischer Schriftsteller, Junghegelianer, 1808 – 1874. E. Br. m. U. Heidelberg 9.VI.1858. 3/4 S. 4o. Mit Adresse. Leicht gebräunt, ein Eckchen abgerissen. Montagereste auf der Adressseite. (400.—)

An den Antiquar Joseph Baer in Frankfurt a.M.

„Herrn J. Bär … / theile ich hiebei ein Verzeichniß mir entbehrl[ich] gewordener Bücher, größterntheils aus den Fächern der Philosophie und Theologie, mit, welche, wenn mir für dieselben ein annehmliches Gebot gemacht wird, verkauft werden sollen.

Euer Wohlgeboren ersuche ich, das Verzeichniß anzusehen, und Ihre Antwort … für mich bei dem Rentner H. Wilhelm Strauß, Taubenhofstraße in Frankfurt, abgeben zu lassen …“

173 TIECK, Ludwig, 1773 – 1853. E. Br. m. U. (Dresden, wohl 1827/28.) 2⁄3 S. 4o. Mit Siegelspuren und Adresse. Fachgerecht restauriert. (400.—)

An den Bibliothekar Karl Konstantin Kraukling, (später) Direktor des kgl. Historischen Museums. 1827/28 gab er zusammen mit Friedrich Kind die „Dresdner Morgenzeitung“ heraus, zu der auch Tieck Beiträge lieferte.

„Ich freue mich, theurer Freund Ihnen einen guten Aufsatz v. Abeken über Solgers Nachlaß mittheilen zu können …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

I. LITERATUR 104
(Th. Storm)

174 TSCHECHOW, Anton, 1860 – 1904. E. Br. m. U. St. Petersburg 29.I.1896. 1½ S. gr.-8o Russisch. Liniiertes Papier. Kleine Läsuren. (8.000.—)

An den Schriftsteller Alexander Amfiteatrow (in Sofia), dem er eine Denkschrift des bulgarischen Tenors Stojan Michajlow übersendet.

„... Den Gedanken, das Theaterwesen in Bulgarien einzuführen, gaben ihm“ (Michajlow) „seine Landsleute ein, bulgarische Emigranten, die in Moskau leben.

Gestern waren wir zusammen zum Essen bei der Potapenka, und als die Rede auf Bulgarien kam, erzählte Stojan uns von seinen Träumen, und die Potapenka“ (Ignatij Nikolajewitsch Potapenko, ein mit Tschechow befreundeter Schriftsteller in St. Petersburg?) „und ich rieten ihm, die Dinge nicht auf die lange Bank zu schieben … Schließlich endete das Gespräch damit, dass jener Tenor, als er erfuhr, dass Sie in Bulgarien sind, mich bat, ich sollte Ihnen sofort seine ‘Denkschrift’ schicken. Für den Fall, dass die bulgarischen Großen dieser Welt Sie nach Stojan oder über das Theater ausfragen, teilen Sie Ihnen mit, dass gerade in Sofia ein Peter Iwanowitsch Bobtschinski lebt …“ (Übersetzung).

Peter Iwanowisch Bobtschinski, eine Figur aus Gogols Komödie „Der Revisor“. Gesamtausgabe der Werke und Briefe, Moskau 1944 – 1951, Band 16 Nr. 1578. Von größter Seltenheit.

I. LITERATUR 105

„das Deutsche publicum“

175 TURGENJEW, Iwan, 1818 – 1883. E. Br. m. U. „Iw. Turgènjew“. Paris 9.XII.1881. 1 S. gr.-8o. Mit Monogramm am Kopf. Leicht gebräunt. (2.000.—)

An „Verehrter Herr Major“ über die Herausgabe seiner Novellen in Deutschland.

„... Auf Ihren Brief vom 1ten Dec. habe Ich zu antworten, dass Ich mit der grössten Bereitwilligkeit auf Ihren Wunsch eingehe. – Nur muss Ich bemerken, dass nicht allein ‘die Uhr’ – sondern auch die andren drei Erzählungen schon in’s Deutsche übersetzt worden sind. – (‘Vater Alexis’ in der ‘Gegenwart’ u.s.w.) pecuniäre Ansprüche habe Ich gar keine; Ich bin schon damit zufrieden, dass das Deutsche publicum mich liest. – Auch was die Ausstattung u.s.w. betrifft, überlasse Ich gänzlich dem Gutdünken des Verlegers …“

„Die Uhr“ war bereits 1876 in der „Deutschen Rundschau“ erschienen.

I. LITERATUR 106

„die Studien meiner Neigung“

176 UHLAND, Ludwig, 1787 – 1862. 10 e. Br. m. U. Stuttgart und Tübingen 19.IX.1820 bis 8.XI.1850. 25 S. gr.-4o bis gr.-8o. 3 Briefe mit Siegelspur und Adresse (Siegelstellen fachgerecht repariert). Teilweise schwach gebräunt. (3.000.—)

Vielfach inhaltsreiche, Fragen der Altgermanistik behandelnde Briefe an den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen, später Schloss Meersburg, der Uhlands Studien bereitwillig durch die Überlassung von Material unterstützte. 6 Briefe mit Laßbergs Empfangs- bzw. Antwortvermerken am Kopf.

Stuttgart 19.IX.1820. Bitte um Nachsicht für seine späte Antwort auf „Ihre gütige Zuschrift vom 29. Jul. … Eine Reise in die Schweiz, von der ich erst im vorigen Monate hier wieder angelangt bin, hat mich in meiner Correspondenz etwas zurückgebracht.

Auf dieser Reise war es meine Absicht, Ihnen von Konstanz aus einen Besuch in Eppishausen abzustatten, ich erfuhr aber …, daß Sie kurz zuvor nach dem Heiligenberg abgereist wären. Auch in St. Gallen war ich nicht so glücklich, den Hn. Ildefons von Arx anzutreffen, ich begnügte mich daher, dort die Nibelungenhandschrift und das alte Schlachtschwerdt anzusehen  …“ – Ferner dankt er für die Übersendung weiterer Bogen „Ihrer Ausgabe der Nibelungen“ und bedauert, „in Betreff der Eratica u.s.w.“ derzeit nichts ausrichten zu können, „indem gegenwärtig die hiesige Bibliothek wegen Versetzung derselben in ein anderes Lokal nicht zugänglich ist.

Das gütigst mitgetheilte Gedicht vom Kloster der Minne bitte ich mir noch auf kurze Zeit in Händen zu lassen.

Was meine Arbeit über Walther v. d. Vogelweide betrifft, so besteht solche nicht in der Herausgabe seiner Gedichte, sondern in einer Darstellung seines Lebens und Wesens nach seinen Liedern und nach den Spuren, die sich sonst davon vorfinden. Um diese Arbeit abschließen zu können, erwarte ich noch eine Nachricht über Walthers Grabstätte zu Würzburg und sodann diejenigen Notizen, welche Sie mir über den Ursprung und das Geschlecht des Dichters mitzutheilen die Güte haben wollen …“

I. LITERATUR 107

Stuttgart 11.I.1830. „... Der Voeu du paon und der treffliche Codex Wasserburg, beide auf meinem Schreibtisch liegend, mahnen mich jeden Tag, welchen Dank ich Ihnen für die gütige Mittheilung dieser Schätze schuldig bin“; allerdings habe er seinen Dank zurückhalten wollen, bis er Antwort geben könne auf Laßbergs Frage nach seinem „künftigen Wohnort und Beruf … Es hat sich diese langwierige Geschichte nunmehr dahin entschieden, daß ich auf Ostern die Universität Tübingen als Professor der deutschen Sprache und Litteratur beziehen werde. Ich denke diese neue Laufbahn mit einer Vorlesung über die Geschichte der deutschen Poesie im Mittelalter zu eröffnen; dafür werde ich namentlich auch benützen, was ich bisher über Heldensage und Minnesang zusammengetragen …“

Im Folgenden auch über „Erscheinungen der älteren engl. Litteratur. Ein angelsächsisches Heldengedicht, Havelok the Dane ist unlängst aufgefunden und gedruckt worden  …“ Erwähnt (wie auch in anderen Briefen) beider Freund Gustav Schwab, die Verleger Cotta sen. und jun. sowie Laßbergs „Liedersaal“.

Tübingen (wie auch alle folgenden Briefe) 24.III.1831. Neben anderem über eine mögliche Herausgabe „Wyßscher Schweizerlieder“ nach einer Handschrift in Laßbergs Besitz. „... Die Sammlung hat unbestritten vieles Interesse, sie giebt eine fortlaufende Schweizergeschichte in Liedern und Vieles aus Quellen, die Andern nicht so leicht zugänglich wären. Ihre Herausgabe ist daher sehr wünschenswerth. Aber das glaube ich, daß der Ordner der Ausgabe eine nicht ganz unbedeutende Arbeit übernimmt. Die Zeitordnung der geschichtl. Ereignisse, worauf die Lieder sich beziehen, wäre wohl die natürlichste. Zu diesem Zweck wäre aber das Mspt. gewissermaßen aufzulösen oder umzuschreiben … Als ich den alten Tannhäuser erhielt, kam mir vor Freude fast das Tanzen in die Beine, wie den schönen Jungfraun im Walde. Diese Ihre gütige Mittheilung ist das Juwel von dem, was ich für meine Arbeit über die alten Balladen habe ersammeln können … Meine Erwartung … daß diese Ballade noch älter, mystischer im Munde des Volkes vorhanden sey dürfte, als in den Drucken des 16. Jhd. hat sich nun vollkommen bestätigt …“

19.XII.1837. „Sie haben mir … mit Hartmanns Gregorius ein höchst erfreuliches Geschenk gemacht. Das wünschenswertheste für die altdeutschen Studien ist mir doch immer die Erschließung neuer Quellen. Da nun auch eine Ausgabe von Erec und Enite verheissen ist, so werden wir doch endlich zum ganzen Dichter gelangen. Die Legende von Gregor auf dem Steine war mir aus den Gestis Romanorum bekannt und machte mich längst begierig, wie der sinnige Dichter des armen Heinrichs diesen Stoff behandelt haben möge … wie meisterhaft ist nur jene Scene, wo Gregor den Abt mit der Eröffnung seiner mitten im Klosterleben gehegten ritterlichen Neigungen überrascht!

Die wackern Brüder Grimm sind in ihrer stillen Thätigkeit gewaltig aufgestört worden; doch es erfreut auch, wenn die Pfleger der Wissenschaft sich nicht scheuen, auch in Sachen der Bürgerpflicht mit guter Leuchte voranzugehn. Mit dem Göttinger Jubelfeste ist es geradeso geworden, wie der Eingang des Nibelungenliedes besagt …“ Seine „antiquarischen Arbeiten“ müsse er nun für mehrere Monate unterbrechen, „indem ein ausserordentlicher Landtag zur Berathung eines Criminalgesetzbuchs einberufen ist …“ 8.X.1843. Nach einem Arbeitsbesuch in Dresden. „... Nach Berlin bin ich nicht gekommen, so sehr es mein Wunsch ist, die Brüder Grimm auch einmal persönlich kennen zu lernen. Nürnberg war dießmal für meine Liedersammlung ergiebiger, als bei früheren Besuchen, dagegen hat ein wiederholter Ausflug nach Straßburg … geringe Ausbeute gewährt …

Da ich bei diesem Unternehmen häufig in den Fall komme, Fischarts Geschichtsklitterung auszuziehen, so ist es ein Uebelstand, daß mein Exemplar und sämmliche in hiesiger Gegend vorhandene nur Drucke des 17ten Jahrhunderts sind; wenn ich mich recht erinnre, besitzen Sie eine der älteren Ausgaben …“ Erwähnt Adelbert (von) Keller, der eine Sammlung „aus altfranzösischen Gedichthandschriften“ herausgebe.

8.XI.1850. Nachricht vom Tod Gustav Schwabs. „... Unser geliebter Freund … war schon im vorigen Sommer von einem Erstickungsanfall auf dem Spaziergange betroffen, dessen schwerere Folge aber durch eine schleunige Aderlässe abgewendet worden. Davon hatte er sich in Kurzem so gut erholt, bewegte sich so ganz wieder in gewohnter Thätigkeit, daß die Seinigen die besten Hoffnungen hegten. Er selbst war auf eine Wiederkehr des Anfalls gefaßt, und diese ist, nachdem er den Abend vergangenen Sonntags vollkommen heiter zugebracht, in der Nacht gegen drei Uhr plötzlich eingetreten … Es hat sich gezeigt, daß ein Herzübel die Ursache seines allzu frühen Todes war …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 108 (L.
Uhland)

177 Eigenh. Gedicht. ½ S. 8o (400.—)

Das 1811 entstandene Gedicht „Scheiden und Meiden“ :

„So soll ich nun dich meiden, Du meines Lebens Lust!

Du küssest mich zum Scheiden, Ich drücke dich an die Brust.

Ach Liebchen! heißt das meiden

Wenn man sich herzt und küßt?

Ach Liebchen! Heißt das scheiden, Wenn man sich fest umschließt?“

Das Gedicht erschien unter den „Acht neuen Wanderliedern“ in dem gemeinsam mit Kerner, La MotteFouqué u. a. herausgegebenen „Deutschen Dichterwald“, Tübingen 1813. Mit einer Echtheitsbestätigung seines Freundes Karl Mayer am Unterrand (Tübingen 1866).

178 Eigenh. Gedicht m. U. „Uhland“. 1 S. 4o. Mit Anmerkungen von fremder Hand. Leicht gebräunt, kleiner Randeinriss. (800.—)

„Metzelsuppenlied.

Wir haben heut nach altem Brauch

Ein Schweinchen abgeschlachtet, Der ist ein jüdisch eckler Gauch, Wer solch ein Fleisch verachtet!

Es lebe zahm und wildes Schwein!

Sie leben alle, groß und klein, Die Blonden und die Braunen!

So säumet denn, ihr Freunde, nicht, Die Würste zu verspeisen, Und laßt zum würzigen Gericht Die Becher fleißig kreisen!

Es reimt sich trefflich Wein und Schwein, Und paßt sich köstlich Wurst und Durst, Bei Würsten gilt’s zu bürsten …“ – Es folgen 3 weitere Strophen.

Das Gedicht mit antisemitischer Anspielung widmete Uhland seinem Freund, dem Komponisten Friedrich Knapp. Erstmals erwähnt er es in seinem Tagebuch am 26.I.1814; kurze Zeit darauf, am 16. Februar, wurde das Gedicht im Knappschen Kreis vorgetragen; hier unter dem Titel der Zusatz von fremder Hand: „gesungen bey der Mezzelsuppe am 6t. Dec. 1824.“

Beiliegend 1 e. Schriftstück m. U. (Paket-Einlieferungsschein, Tübingen 1855).

I. LITERATUR 109

179 VARNHAGEN VON ENSE, Karl August, 1785 – 1858. E. Br. m. U. „KAVarnhagen von Ense / Ruß. Kais. Hauptm.“ Baden-Baden („Baden bei Rastatt“) 17.VI.1814. 3/4 S. 8o. Minimal fleckig. (600.—)

Früher Brief an den Verleger (Friedrich Perthes in Hamburg) bei Übersendung eines jener Aufsätze, aus denen die noch in diesem Jahr gedruckte „Geschichte der Kriegszüge des Generals Tettenborn 1813 und 1814“ hervorging.

„... Mein General ist noch nicht von Mannheim hier eingetroffen, doch erwart’ ich ihn täglich, und schreibe Ihnen alsdann sogleich über seine Angelegenheiten. Inzwischen will ich den beiliegenden Aufsatz nicht aufhalten; ich bitte Sie, denselben schleunigst zum Druck zu befördern, wie er ist, es schadet nicht, wenn er die Spuren seiner flüchtigen und erzürnten Erzeugung an sich trägt. Ich überlasse Ihnen, ob Sie ihn in den deutschen Beobachter geben wollen, wenn er nur gedruckt und bekannt wird. Ich würde meinen Namen gern daruntersetzen, wenn ich nicht glaubte, daß die bloße Stimme wirksamer sei. Sie sehn ich bin ein eifriger Arbeiter im Weinberg, und ergreife jede Gelegenheit zu rüstiger Begegnung! … gegen die Staël habe ich etwas an Görres, für Goethe etwas an Hitzig geschickt! …“

An den Befreiungskriegen hatte Varnhagen, wie Friedrich Karl Freiherr von Tettenborn, zunächst in österreichischen, dann in russischen Diensten teilgenommen. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

180 E. Br. m. U. Berlin 5.XII.1843. 1 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. (600.—)

An (Levin Schücking), seit kurzem Redakteur der in Augsburg erscheinenden „Allgemeinen Zeitung“, mit der Bitte um Abdruck einer „Erklärung, die mir durch ein hier ausgeprengtes Gerücht abgedrungen wird … Sollten Sie jedoch Anstand nehmen, diese Zeilen in den Haupttheil der Zeitung einzurücken, so bitte ich dieselben den Inseraten einzureihen, und mir den Betrag durch die hiesige Buchhandlung Kleemann gütigst anrechnen zu lassen.

Wollen Sie auch dem zweiten beiliegenden Blatte die Aufnahme in die Allg. Ztg. geneigtest zugestehen, so erfüllen Sie dadurch nicht nur eine Bitte von mir, sondern auch, wie mich dünkt, eine Handlung unpartheiischer Billigkeit …“ – Im Trubel um Bettina v. Arnims „Dies Buch gehört dem König“ war in den Beilagen 343f. der Zeitung ein Aufsatz unter dem Titel „Bettina“ erschienen. In Nr. 345 vom 11.XII.1843 druckte Schücking Varnhagens Erklärung, dass der Aufsatz nicht von ihm geschrieben sei.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin; von ihr auf der vierten Seite des Doppelblattes eigenh. bezeichnet „Varnhagen von Ense“.

I. LITERATUR 110

„Ich bin nicht sehr in der Stimmung, mich schreibend zu äußern“

181* WALSER, Robert, 1878 – 1956. Schriftstück mit e. Namenszug am Schluss. 1 S. gr.-8o Kariertes Papier. Wasserzeichen „B“. Leicht gebräunt. Kleine Randeinrisse (einer davon mit Berührung der Unterschrift). (2.000.—)

Vollständige Niederschrift (von fremder Hand) seines wohl Anfang 1929 in der Heil- und Pflegeanstalt Waldau in Bern angefertigten Lebenslaufs, um den der Anstaltsleiter Wilhelm von Speyr gebeten hatte.

„Ich wurde in Biel, Kanton Bern, geboren, wo ich das Progymnasium besuchte, das ich mit vierzehn Jahren verließ. Die Lehrzeit auf der Kantonalbank in besagter Stadt nahm drei Jahre in Anspruch. Bis zum dreißigsten Jahre blieb ich als kaufmännischer Angestellter in diversen Handelsinstituten tätig, wonach ich in Berlin ernsthaft zu schriftstellern begann, indem ich Bücher schrieb, die von einem Verleger zur Veröffentlichung angenommen wurden, der mir Vorschüsse zahlte, damit ich fortfahre, mich literarisch zu beschäftigen. In Berlin blieb ich so lange, bis ich zur Einsicht gelangte, daß es für mich vielleicht vorteilhaft sein könne, in die Schweiz, d.h. nach Biel zurückzukehren, wo ich angenehme Erfahrungen mit Spazierengehen machte, indem ich jeweilen über diese Art von Lebensweise so poetisch wie möglich Bericht ablegte. Seit etwa sieben Jahren bewohne ich Bern. Ich bin nicht sehr in der Stimmung, mich schreibend zu äußern, glaubte jedoch dem Wunsch der Anstaltsleitung, einen Lebenslauf zu verfassen, Folge leisten zu sollen, was ich hiemit tat. / Robert Walser“

Auf der Rückseite des Blattes der Titel: „Versuch einen Lebenslauf zu schreiben“. Nach einer psychischen Krise hatte sich Walser Anfang 1929 in die Heil- und Pflegeanstalt Waldau in Bern einweisen lassen, wo Schizophrenie diagnostiziert wurde.

Es sind vier Lebensläufe aus den Jahren 1920 bis 1946 bekannt. Jeweils zwei sind in der ersten Person Singular (1925 und 1929) bzw. in der dritten Person Singular (1920 und 1946) verfasst.

Der Text des vorliegenden Lebenslaufs ist gedruckt in: Robert Walser, Sämtliche Werke in Einzelausgaben, hrsg. von Jochen Greven, Frankfurt a. M. 1986, Band 20 S. 435 f.

I. LITERATUR 111

182 WEDEKIND, Frank, 1864 – 1918. E. Br. m. U. O. O. 13.XI.1908. 1½ S. 8o. Leicht gebräunt. Schwache Knickspur. (250.—)

An den Wiener Konzert- und Theater-Agenten Albert J. Gutmann, der sich Portraitphotographien erbeten hatte.

„... Ich war neulich bei Ihnen um Ihnen zu sagen, daß ich kein Cliché von mir hierhabe, daß vielleicht in Berlin bei Blumenthal(?), Potsdamerstraße, welche zu haben sind, wo verschiedene Postkarten für mich angefertigt wurden. Die Vorlesung von Dehmel konnte ich zu meinem großen Bedauern nicht besuchen, da ich an dem Abend im Theater zu thun hatte …“

183 E. Br. m. U. O. O. u. D. 1½ S. gr.-8o. Grünliches Papier. Gelocht. (300.—)

An den Verlag Paul Cassirer nach Unterzeichnung eines Verlagsvertrags.

„... Über den Bühnenvertrieb denke ich wie gesagt vorderhand nicht zu disponieren. Sollten Ihre Verbindungen eine gute Lanzierung des Stückes ermöglichen, so könnte ich mir ja gar nichts besseres wünschen. Der angekündigte Check fand sich nicht im Briefe …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

184 WERFEL, Franz, 1890 – 1945. Eigenh. Gedichtmanuskript mit Titel und Namenszug am Kopf. 1 S. folio. Kariertes Papier. Schwach gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse. – Dazu ein e. Begleitbrief m. U., Wien o. D. (vor 1933), 1 S. folio, kariertes Papier. (1.200.—)

„Franz Werfel / Drei Epigramme / Der Polemiker … / Ein Tolstojaner … / Die Psychologen …“ –Das letzte Epigramm beginnt: „Ihr Erkennen ist ein Racheakt / Am Geraden, das zum Glauben ladet. / Gottseidank! Auch er ist nicht intakt, / Und wir kennen wohl, was ihn begnadet. / Gottseidank! Es war ein falscher Schreck. / Dreck ist Dreck, spricht zu sich selbst der Dreck …“ Es folgen 4 weitere Zeilen. Der Begleitbrief an die Herausgeber einer Gedichtanthologie: „... ich finde unter meinen kleinen unveröffentlichten Sachen im Augenblick nichts anderes als 3 Epigramme. – Wenn sie Ihnen zu scharf scheinen, veröffentlichen Sie sie nicht. / Ich wünsche auf alle Fälle Ihrem Unternehmen viel Glück …“

185 E. Gedicht. „22 Dez 1943“. 1 S. folio. Bleistift. (600.—)

„Ich staune

Ich staune, daß die rote Farbe rot ist, Ich staune, daß die gelbe gelb erglimmt.

Ich staune, daß, was ringsum lebt, nicht tot ist, Und daß, was tot ist, nichts mehr unternimmt.

Ich staune, daß der Tag alltäglich nachtet, Wenn ihm daß Licht verwest zur Dämmerung.

Ich staune, daß am Morgen überfrachtet

Von Sonnenglück, der Tag kommt neu in Schwung …“ Es folgen zwei weitere Strophen.

1946 postum veröffentlicht im Gedichtband „Kunde vom irdischen Leben“ (Pacific Press, Los Angeles).

I. LITERATUR 112

Nr. 184

186 Eigenh. Manuskript mit Namenszug am Schluss. Beverly Hills 9.VII.1945. 12⁄3 S. gr.-4o (800.—)

„Vorwort“ für die bei der Princeton University Press 1945 erschienene englische Ausgabe seiner Gedichte („Poems XII“, übersetzt von Edith Abercrombie-Snow).

„Die in diesem Buche vereinigten Gedichte sind im Laufe von dreißig Jahren entstanden, zwischen 1908 und 1938, und wurden sieben verschiedenen Bänden entnommen. Die Titel der erwähnten Bände … weisen darauf hin, daß es sich nicht um zufällige Sammlungen von Versen handelt, sondern um gedanklich und architektonisch geplante lyrische Werke. Die fünfzig Gedichte der vorliegenden Anthologie sind daher aus einem größeren Zusammenhang gerissen, der sie ihrer Nachbarn beraubt. Es sind ferner übersetzte Gedichte. Übersetzte Gedichte sind eine Unmöglichkeit. Wo immer diese Unmöglichkeit zur Möglichkeit wird, ist der Übersetzer aus den Grenzen tretend, zu seinem eignen Dichter geworden. Im Vers, der durch einen erhöhten emotionellen Druck des menschlichen Bewusstseins entsteht, kristallisiert die Sprache, nicht anders als das formlose Mineral durch einen erhöhten mechanischen Druck zum Krystall wird. Amethyste lassen sich nicht übersetzen. Ein ähnlicher Druck aber kann in einem andern krystallinischen Material Topase hervorbringen lassen. Das sind die Glücksfälle der Übersetzung …“

I. LITERATUR 113

187 WIECHERT, Ernst, 1887 – 1950. 1 e. Br. m. U. und 13 Br. m. U. (mit zum Teil kurzen Nachschriften). Hof Gagert 17.I.1946 bis 2.VII.1948. 2 S. kl.-folio und 18 S. quer-gr.-8o. 2 Unterschriften in Blei. Papierbedingt etwas gebräunt. (600.—)

An einen Pfarrer („Dr. Schröder“), der ihm bei der Veröffentlichung seiner Werke in England behilflich war und einen Kontakt zu dem österreichisch-britischen Übersetzer und Autor Ernst David Kaiser hergestellt hatte.

16.V. Über den Plan einer Buchreihe mit deutscher Gegenwartsliteratur für den englischen Markt. „... Ich kann im Augenblick nur sagen, daß eine solche Auswahl ohne Bergengruen und Reinhold Schneider das Wichtigste der letzten 20 Jahre vermissen läßt. Daß ich Namen wie Meyrink und Döblin für mindestens problematisch halte. Und daß vor allem Bonsels in einer solchen Ausgabe ein Affront für alle Dichtung ist …“ Es folgen persönliche Gründe für seine Abneigung gegen Waldemar Bonsels. 15.VII.1946. Über eine Zensurmaßnahme der Besatzungsmächte. „... ich hoffe, daß mein langer Brief an Kaiser und auch die Komödie“ („Okay oder die Unsterblichen“) „angekommen sind. Ich würde dankbar sein, wenn Sie ihn fragen wollten, ob er sich erklären könne, weshalb die Komödie nach dem russ. Verbot nun auch von der britischen Zensur auf eine scharfe Form verboten worden ist …“

19.VII.1946. Über das erste Care-Paket aus den USA. „... von Prof. Bruns an einer Wisconsiner Univ[ersität] … Nicht einmal Nähnadeln waren vergessen, geschweige denn Zigaretten. Am selben Tage kam ein 10 Seiten langes opus unter falschem Namen von deutscher Hand, Abrechnung mit dem Verräter E.W., in dem es als eine ‘schmerzliche Tragik’ bezeichnet wurde, das ich nicht mit Niemöller im Lager umgekommen sei …“

Erwähnt u. a. seine Werke „Das einfache Leben“, „Die Jerominkinder“, „Der weiße Büffel“ und „Der Totenwald“.

188 WIELAND, Christoph Martin, 1733 – 1813. E. Notizblatt. O. O. u. D. ½ S. 16o. Konzeptpapier, leicht gebräunt. Verso Spuren alter Heftung. (600.—)

„Pro Nota / bey Friedr. Wilmans in ffurt a/m auf der Zeile … ist in ganzen Bouteillen zu haben / Rother Bordeaux Wein bester Qualität à 1 fl. 36x. / roth. Portwein von bester Güte à 2 fl. 36 xr.“

Auf der zweiten Hälfte des Blattes eine englische Übersetzung des Textes (wohl Anfang 19. Jhdt.).

Beiliegend eine Echtheitsbestätigung von alter Hand: „Eine Handschrift von Wieland; aus den Händen seiner Enkelin der Frau Regierungsrathin Emingshaus erhalten. Im July 1827“. Ferner beiliegend ein Stahlstich-Portrait, F. Blaschke sc., nach einem Gemälde von Anton Graff (17,7 × 10 cm).

189 WILDE, Oscar, 1854 – 1900. E. Brieffragment. (Philadelphia, Januar 1882.) 1 S. quer8o (oberer Teil eines größeren Blattes). Etwas gebräunt, Rand- und Faltenschäden repariert. (800.—)

Während seiner ersten Reise durch die USA an Florence Duncan, Redakteurin der in Philadelphia erscheinenden Zeitschrift „Quiz“.

„Dear Mrs. Florence Duncan, / I thank you for your very courteous letter, and, as I should not like to leave Philadelphia without seeing its most“.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

I. LITERATUR 114

190 WÜRTTEMBERG, Alexander Graf von, 1801 – 1844. E. Gedichtmanuskript. 1 S. gr.-8o (400.—)

Die Gedichte „Epheu“ und „Eschen“.

„Epheu.

Die ewige Natur mit starken Armen, Breitet den Epheu aus auf alten Mauren, Als hätte mit den Bergen sie Erbarmen, Die in dem Schutt der Zeit zusammenschauren.

Eschen.

Du schlanke Esch im Sonnenglanz, Wie deut ich dein Gezitter?

Du wähnst es holt zum Waffentanz Als Lanze dich ein Ritter.

Bleib ruhig nur in deinem Wald, Kömmt nimmermehr ein Ritter, Und käm er auch, es giebt so bald Noch keine Lanzensplitter.“

Beiliegend 1 Br. m. U. von Karl Eugen Herzog von Württemberg (Schillers Landesherr, 1728 – 1793) an den Altertumsforscher Friedrich David Gräter in Schwäbisch Hall, dem er für eine „Druckschrift über die Nordische Literatur“ dankt (Hohenheim 1790).

191 ZSCHOKKE, Heinrich, 1771 – 1848. 3 e. Br. m. U. Aarau 14.III.1825 bis 16.III.1832. 8 S. (gr.-)4o. 2 mit Siegel(spur) und Adresse. Leicht gebräunt und fleckig; der letzte Brief an der Siegelstelle fachgerecht repariert. (1.200.—)

Inhaltsreiche, poetische Briefe an den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen. 14.III.1825. Auf Laßbergs Nachricht vom Tod des gemeinsamen Freundes Albert von Ittner, der am 9. März in Konstanz gestorben war. „... Er ist von uns noch nicht geschieden, denn er ist noch nicht aus unserm Vaterhause gegangen, wenn er aus seiner Pflanzenhülle ging; und ist bei Gott, wie wir es sind. Ich sage das mit heller Überzeugung und, troz dem, doch mit einer hellen Thräne im Auge. Wir Menschenkinder haben immer das Gefühl, es geschähe Einem Unrecht, wenn wer von uns genommen wird; oder unsre Liebe will klagen, weil sie sich einbildet, der Freund sei ungern von uns; oder unser Egoismus, oder unsre Gewohnheit will sich nun einmahl verbluten …

Setzen Sie Ihrem und meinem Freunde ein würdiges Denkmal. Keiner kann es so, wie Sie, der Sie ihm oft nahe waren …“

19.III.1828. Bei Übersendung des letzten Teils der „Regesta Boica“ des Historikers Karl Heinrich von Lang. „... Wer mir aus den Umgegenden von Constanz oder Eppishausen schreibt oder persönlich erscheint, weiß auf alle meine Fragen nach Ihnen nichts zu erwiedern. Sie leben wie ein Einsiedler, selbst in Constanz sieht man Sie nie, oder selten … Woran arbeiten Sie so eifrig, daß Sie über das, was nicht ist (die Nachwelt) vergessen, was ist (die Jeztwelt)?

In meiner Hütte am Fuß des Jura, umringt von Weib und Kindern, die Stadt, wie ein Bild vor meinem Fenster hängend, im Garten die ersten Sprößlinge des Frühlings, im Wohlgenuß meiner wiedergekehrten Gesundheit, freu’ ich mich des Daseyns …“ – Auf der vierten Seite Notizen von Laßbergs Hand. 16.III.1832. Zu Laßbergs eben erschienener Ausgabe von Heinrich v. Leinaus „Eggen-Liet“. „Wo der Sangmeister von Eppishausen anpocht, da erscheint er wahrhaftig nie zu spät, und am wenigsten, wenn er uns die wunderbarlichen Mären und Harfenklänge aus einer Welt hören läßt, welche nicht mehr die unsrige ist …“ (es folgen vier Verszeilen).

I. LITERATUR 115

„Die alten, treuherzigen und doch sinnvollen Sänge thun immer eine ganz eigne Wirkung auf mich. Unsre neuern, nachklingenden, mystischen Romantiker sind weit von der reinen, seelenreichen Romantik des Mittelalters entfernt. Aber auch selbst der edle Rost des Alterthums gereicht diesen Harfen verflossener Tage zum Schmuk. Man steht ehrfurchtsvoll vor ihnen auf, wie vor einem greisen Haupte. Ich beging einmahl die Thorheit, mit vieler Mühe ein Paar Stükke aus Ihrem Liedersaal zu übersetzen. Aber da lagen meine Verse da, wie roth und weis geschminkte Leichname, ohne den heimlichen Reiz des innern Lebens; wie gepreßte Blumen im Herbarium …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

192* E. Br. m. U. Aarau 6.XI.1830. 1½ S. 4o. Mit Blindsiegelspur und Adresse. Leicht (unregelmäßig) gebräunt. (350.—)

An die Schriftstellerin und Übersetzerin Isabelle Morel geb. de Gélieu, Gemahlin des Schweizer Pfarrers Charles-Ferdinand Morel, ihre Übersetzung von Zschokkes „Alamontade, der Galeerensklave“ ins Französische betreffend. – Zschokke adressiert den Brief an „Monsieur I. Morel de Gélieu“.

„... Ce que regarde la traduction, que vous en allez faire, je ne doute gueres, qu’elle vous donnera beaucoup de peine. Mais d’autant plus de gloire pour vous, d’avoir paincu tant d’obstacles que le génie different de ces deux langues reproduit sans cesse.

Je n’ai rien changé à la seconde édition. Si Vous le trouvez necessaire d’y faire de changemens, il ne depend que de Vous; et vous n’avez que d’en faire un avis aux lecteurs dans de notes, pour eviter les reproches, de n’avoir pas fidèlement traduit …“

I. LITERATUR 116
(H. Zschokke)

„allerhand radicale Gruppen“

193 ZWEIG, Stefan, 1881 – 1942. E. Br. m. U. (Zürich 18.VI.1935.) 1 S. folio. Gelocht. (600.—)

An einen Herrn, vor der Urauffühung von Richard Strauss’ Oper „Die schweigsame Frau“ (am 24.VI.1935 in Dresden), zu der Zweig das Textbuch geschrieben hatte.

„... Hoffentlich haben Sie inzwischen auch schon die Karte – es scheint, dass allerhand radicale Gruppen sich eingemengt haben und man die Aufführung darum möglichst wenig placatiert, aber ich weiss selbst nichts Näheres und möchte nur eigentlich die Musik hören und nicht den politischen Lärm in dieser Sache …“

Trotz der gerade noch von den Nationalsozialisten geduldeten glanzvollen Uraufführung am 24. d.M. sollte das Werk nach nur drei Aufführungen abgesetzt werden. Strauss musste als Präsident der Reichsmusikkammer zurücktreten, da er durch einen aufmunternden Brief an Zweig die Sympathien Goebbels’ und Hitlers verspielt hatte.

I. LITERATUR 117

II. WISSENSCHAFT

194* BLUMENBACH, Johann Friedrich, Anatom und Anthropologe, 1752 – 1840. E. Br. m. U. Göttingen 10.X.1784. 4 S. 4o. Mit Sammlervermerken am Kopf. Leicht gebräunt. Faltenriss (Heftspur). (600.—)

An (den Historiker Gottlieb Emanuel von Haller), den ältesten Sohn des Universalgelehrten Albrecht von Haller, dem er neben der Schilderung privater Vorkommnisse eine ärztliche Einschätzung zu dessen Gesundheitszustand abgibt, bibliographische Angaben zu neueren Publikationen mitteilt und um die Zusendung naturkundlicher Sammlungsobjekte bittet.

„... ich bewohne … jetzt das Gräzelsche Haus“ (Johann Heinrich Grätzel, Tuchfabrikant) „auf der Neustadt an der Allee wo vermutlich noch zu Ihrer Zeit des alten Gräzels Steincabinet in einem Gartenhause aufgestellt war. jetzt ist freylich alles drin geändert. Es hat aber unter andern Vorzügen auch eine so vortreffliche Aussicht als wenige in Göttingen sind. ich kan doch ein halb Dutz[en]d Dörfer aus meinem Fenster übersehen p – Ein Theil meines Sommers ist dann mit angenehmen Besuchen von meinen Schwiegereltern und auch von meiner ganzen lieben Gothaischen Familie (Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Schwager, Niece p) drauf gegangen. auch hab ich selbst eine kleine Reise auf den Harz gemacht u.s.w. … Hoffentlich wird auch diese Veränderung der Lufft recht sehr wohlthätig für Ihre Gesundheit seyn. Ueberhaupt aber ist bey ihrem arthritischen asthma gar kein Gedanke von polypus aneurysma, das Herzklopfen ist da ein gar gewönlicher und durchaus nicht so bedenklicher Zufall als er Ihnen scheinen mag! Freylich contribuirt auch der starke Hals zum kurzen Athem – Sind Sie hingegen gewiß daß Sie eine Art Exostosis auf dem Brustbein haben? Wenn die Erhöhung mitten auf dem Sterno etwa eine kleine Handbreit von oben an ist, so ists blos die sehr gewöhnliche protuberanz wo die beiden Hauptstücke des Brustbeins zusammen stoßen …“

Bonstettiana, Briefkorrespondenzen Karl Viktor von Bonstettens und seines Kreises, 1996 – 2014, Band V/1 S. 15 –18; Frank William Peter Dougherty, The Correspondence of Johann Friedrich Blumenbach, Band 3, App. 8, S. 372 ff.

„von jedem Freunde deutschen Alterthums“

195 BOISSERÉE, Sulpiz, Kunst- und Architekturhistoriker; einer der Initiatoren der Vollendung des Kölner Doms, 1783 – 1854. E. Br. m. U. Stuttgart 25.IV.3 – 21.V.1825. 8 S. gr.-4o, in kleiner Schrift eng beschrieben. Leicht gebräunt, schwach fleckig. (600.—)

Inhaltsreicher, über vier Wochen hin geschriebener Brief an den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen, der ihm den zweiten Band seines „Liedersaals“ gesandt hatte.

„... Ihr Entschluß, die LiederSammlung nun“ (nach einem erlittenen Schicksalsschlag) „ohne Unterbrechung zu vollenden, ist mir … doppelt angenehm. Denn gerade eine solche Beschäftigung muß Ihnen jetzt wohlthätig seyn; auch hat das Werk einen so gründlichen Werth, daß der Wunsch, es bald vollendet zu sehen, gewiß von jedem Freunde deutschen Alterthums gehegt wird. In der That, das Werk ist ein wahrer Schatz für die Kenntniß der Poesie und Sprache, der Denkart, Sitten und Gebräuche unserer Vorfahren; dabei haben Sie es so treu, so sorgfältig behandelt, und so schön ausgestattet, daß es für alle Zeit ein würdiges Denkmal Ihrer edeln Vaterlandsliebe bleiben wird …“

Über Laßbergs Wunsch, die in der Privatbibliothek König Wilhelms I. von Württemberg bewahrte „Weingartner Handschrift“ herauszugeben, habe er mit dem Oberhofmeister v. Seckendorf gesprochen, „und zweifle keineswegs, daß Ihnen diese Handschrift auf hinlängliche Zeit wird geliehen werden, wenn Sie deßhalb ein Schreiben an den König richten, und S.r M. bei der Gelegenheit Ihre LiederSammlung verehren wollen …“

II. WISSENSCHAFT 120

Ferner über seine und seines Bruders Melchior „eigenen Unternehmungen …Von meinem Werk über den Kölner Dom sind seit Jahr und Tag zwei Lieferungen mit einem bedeutenden Theil des Textes erschienen, und an der Fortsetzung wird gearbeitet; aber bei der überaus langwierigen Aufführung der höchst prächtigen KupferTafeln wird meine Geduld gar sehr auf die Probe gesetzt, wie ich denn überhaupt für dieses Werk fortwährend die größten Opfer zu bringen habe. Zu dem andern Werk über die deutsche Baukunst“ („Denkmale der Baukunst vom 7. bis zum 13. Jahrhundert am Nieder-Rhein“, 1833) „lasse ich die Platten lithographiren … Das lithographische Werk über unsere GemäldeSammlung gedeiht am besten; es ist mit steigender Vervollkommnung bis zum 13ten Heft vorgeschritten …“ – Am Kopf Laßbergs Empfangs- und Antwortvermerk.

Beiliegend ein e. Briefschluss m. U.; erwähnt „unsere Anbetung der drey Könige“ und andere von Jan van Eyck geschaffene Bilder ihrer Sammlung, (O. O. u. D., 11/4 S. gr.-8o; gebräunt).

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff; der Briefschluss mit ihrem eigenh. Vermerk „Sulpitz Boisserée“.

„Schmerz über die Trennung von unserer Sammlung“

196 2 e. Br. m. U. Stuttgart 17.IX.1826 und (München, Juli 1831). 7 S. gr.-4o und gr.-8o Schwach gebräunt. (800.—)

Ebenfalls an Joseph von Laßberg.

Stuttgart 1826. Bei Übersendung einer Lithographie, die „der Maler Weng … nach der ihm übergebenen … Durchzeichnung verfertigt hat. Er glaubt nach der mit dieser Zeichnung gemachten Erfahrung sämtliche Blätter im Durchschnitt zu 2 fl 42x das Stück lithographiren zu können … Sollten Sie vorziehen, die Platten nach Constanz kommen und dort drucken zu laßen, so bemerke ich …, daß die Lithographirung nicht mit der Feder sondern mit der Nadel gemacht wird, daß mit einem Worte die Zeichnungen eingegraben seyn werden …“

(München 1831.) Nach einer längeren Unterbrechung der Korrespondenz zunächst über Familiäres, dann über den 1827 erfolgten Verkauf der 215 Tafelgemälde umfassenden Boisseréeschen Sammlung an König Ludwig I. von Bayern sowie über seine publizistischen Arbeiten und weiteren Vorhaben.

„... Es geht uns, nachdem wir den Schmerz über die Trennung von unserer Sammlung und die Unbilden des hiesigen rauhen, veränderlichen Climas überwunden haben, recht gut hier. Daß es uns aber wehe gethan, die unmittelbare Umgebung unsrer Sammlung entbehren zu müßen, nachdem wir seit 20 Jahren uns sie eingelebt hatten, das werden Sie begreifen …“

Im Folgenden über den Fortgang „meines Werks über den Dom von Köln “, dessen vierte und letzte Lieferung kurz vor Fertigstellung sei; „... ich warte nur auf den Druck des Textes, um endlich dieses Werk 23jähriger Sorge und Mühe zu vollenden. Ein anderes, wozu ich die Anlage zu gleicher Zeit gemacht habe, tritt nun auch in die Welt; es enthält die merkwürdigsten Baudenkmale des 7t bis 13t Jahrhunderts am NiederRhein …

Ihren neuen Beitrag zur Geschichte der Familie Holbein würde ich seiner Zeit mit Dank benutzen, wenn Sie mir das nähere mitzutheilen die Güte haben wollten … Auf die Handschrift mit den Bildern der Hohenstaufischen Kaiser Könige und Herzoge bin ich sehr begierig … Besitzen Sie die Handschrift vielleicht jetzt selbst? …“ – Am Schluss längere Ausführungen über den frühverstorbenen niederländischen Dichter, Maler und Bildhauer Johannes Secundus (1511 – 1536) sowie „eine Bitte … in Beziehung auf Albrecht von Scharfenberg, welcher mich als der Umarbeiter und Vollender des Titurel von Wolfram von Eschenbach, wofür ich ihn aus vielen Gründen halten muß, ganz besonders interessirt …“ – Am Kopf Laßbergs Vermerk „erhalten am 26 July 1831“.

Ebenfalls aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

II. WISSENSCHAFT 121

197* CREUZER, Friedrich, klassischer Philologe, der „Romantiker unter den Philologen“, 1771 – 1858. E. Br. m. U. Heidelberg 18.XI.1841. 3 S. gr.-8o. Mit Siegel und Adresse (geringer Textverlust durch Öffnen des Siegels). (250.—)

An Leonhard Spengel in München, der kurz zuvor als ordentlicher Professor für Klassische Philologie an die Universität Heidelberg berufen worden war.

Zunächst über den gemeinsamen Kollegen Karl Ludwig Kayser; Spengel hatte sich verwundert gezeigt, dass Kayser keine „ordentliche Lehrstelle mit Besoldung“ erhalten hatte. „... Die Antwort liegt in dem Sprichwort: Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterland … Daß jedoch nicht Gleichgültigkeit oder gar Abneigung gegen die alte classische Literatur die Ursache ist, können Sie aus Ihrer Berufung ersehen. Vielmehr ist der Mann, der Sie eigentlich berufen hat, unser ehrwürdiger Premier-Minister v. Reizenstein“ (Sigismund von R.), „ein großer Freund und Kenner der classischen Studien.

Da dieser im Bestreben, dieselben hier noch fester zu begründen, mich wegen Berufung noch eines Lehrers der Philologie befragte, so haben wir, K. und ich, an Sie gedacht, und Sie haben die Vocation erhalten … Auf Nebeneinnahmen darf man … hier nicht rechnen, so sehr man sie brauchen könnte, da das Leben hier sehr theuer ist …“

198* DIEFFENBACH, Johann Friedrich, Chirurg; förderte die plastische Chirurgie und die Bluttransfusion, 1792 – 1847. E. Br. m. U. Wien 30.V.1821. 1 S. 4o. Etwas gebräunt. (400.—)

An das Bankhaus Arnstein, Eskeles & Co. in einer Zahlungsangelegenheit. – Dieffenbach hatte sich 5000 Gulden auszahlen lassen, die ihm erst einen Monat später von Graf Aloys von Genicco angewiesen werden sollten.

„... Ich verpflichte mich daher, daß ich Ihnen bis zum 15. Junius d.J. verantwortlich bleiben wolle, falls der Herr Graf v. Genicco seine obgedachte Anweisung widerrufen sollte …“ Dieffenbachs eigenh. „Empfangsschein“ liegt bei.

199 DU BOIS-REYMOND, Emil, Physiologe; Begründer der Elektrophysiologie, 1818 – 1896. E. Br. m. U. Berlin 28.II.1882. 4 S. 8o. Auf seinem Briefpapier. Leicht gebräunt. (200.—)

An den Historiker (Johann Gustav) Droysen über Neuerungen, den Druck „der neuen Sitzungsberichte … der philosophisch-historischen Klasse“ betreffend.

„Die Druckschriften-Commission hat sich dahin ausgesprochen, daß in den Sitzungsberichten sämmtliche Personen-Eigennamen (Autoren, historische Personen-Namen) mit Capitälchen zu drucken seien … Es versteht sich …, daß Sie dennoch ganz der Herr sind, zu verfahren, wie es Ihnen beliebt. Wenn Ihnen aber nicht sehr viel darauf ankommt, möchte ich Sie dringend bitten, im Interesse der Erleichterung der Last, welche … auf dem redigirenden Secretair ruht, mir gestatten zu wollen, eine gleichmäßige Behandlung der Personennamen in den Sitzungsberichten auch in Ihren Abhandlungen durchzuführen …“

II. WISSENSCHAFT 122

200* EDISON, Thomas Alva, amerikanischer Elektrotechniker und Erfinder, 1847 – 1931. Schriftstück mit eigenh. Namenszug „Thomas A. Edison“. New York 2.III.1886. 2 S. folio. Mit Siegelmarken und Prägestempel „The Edison Electric Light Company Organized 1878“. Leicht gebräunt. Rand- und Faltenrisse, kleine Fehlstelle oberhalb der Unterschrift durch Tintenfraß. Am Kopf geheftet. (600.—)

Vertrag zwischen der „Edison Electric Light Company“, vertreten durch Thomas A. Edison und Sherbourne B. Eaton und den Herren Stephen D. Field und Simeon J. Reed, die Aufteilung von Aktien der „Electric Railway Company of the United States“ betreffend.

„... the stock … the same amounting to 20,000 shares, has been so distributed that it is now held as follows, to wit: one-half of the said amount, 10,000 shares, in block; one-quarter, 5,000 shares, in the hands of C.T. Christensen, as Trustee; and the remaining one-quarter, 5,000 shares, either has been delivered to certain parties who have purchased it, or is still held by the said Christensen, Trustee, for delivery to them, as the case may be …“

Neben Edison haben 9 weitere Personen unterzeichnet, darunter Edward H. Johnson, Vize-Präsident der „Edison Electric Light Company“. – 1897 löste Edison die „Electric Railway Company“ auf.

201* Schriftstück mit eigenh. Namenszug „Thos A Edison“. (West Orange, N.J. 10.VII.1923.) 2 S. folio. Leicht gebräunt. Am linken Rand angefalzt. (800.—)

Genehmigung von zwei Mietverträgen, die dem „Board of Directors of Phonographs, Limited“ vorgelegt worden waren.

Zur Beschlussfassung hatte sich der Verwaltungsrat „Tuesday, July 10, 1923, at 10:30 o’clock, at the principal office of the Corporation, West Orange, N.J.“ getroffen.

Als Erstes wird der Mietvertrag „between Charles Joos and Phonographs … covering the premises occupied by the Phonographs Sales Central operated by Mr. Thomas A. Edison at 559 Rogers Ave., Brooklyn, for a period of one year from March 1, 1923 to Februrary 29, 1924 at $ 65.00 per month“ nachträglich genehmigt, denn der Vertrag „was executed by Mr. Thomas A. Edison, as President, but it was never formally approved by the Board …“

Sodann die Genehmigung des Vertrags zwischen der „Broad & Emmett Realty Co. and Phonographs Limited … at 116-A Clinton Ave., Newark N.J. for a period of one year from July 1, 1923 to June 30, 1924, at the anual rental of 1800 $ … In order to secure this location, it was necessary for Mr. Thomas A. Edison to execute this lease before it could be submitted to the Board …“ Neben Edison haben 5 weitere Personen unterzeichnet, darunter sein Sohn, der Politiker Charles Edison, ab 1927 Präsident der „Thomas A. Edison, Inc.“.

II. WISSENSCHAFT 123

„Der Anschluss an die gewöhnliche Relativitätstheorie ist verblüffend“

202 EINSTEIN, Albert, Physiker, Nobelpreisträger; Begründer der Relativitätstheorie, 1879 – 1955. E. Br. m. U. „Albert“. Prag 26.III.(1912). 4 S. gr.-8o und 3 S. 8o. Faltspuren, minimale Einrisse. Mit e. Nachschrift m. U. seiner ersten Frau Mileva geb. Mari´c (2 S. 8o). (16.000.—)

Bedeutender Brief aus seiner kurzen Prager Zeit an Michele Angelo Besso, seinen Studienfreund und einstigen Kollegen am Berner Patentamt, hauptsächlich über das Gravitationsproblem. Besso war der wichtigste Diskussionspartner Einsteins bei der Arbeit an seiner Speziellen Relativitätstheorie; Einstein beschrieb ihn als „idealen Resonanzboden“.

Am 30. Januar war Einstein zum Professor für Theoretische Physik an der ETH Zürich ernannt worden, im Juli erfolgte der Umzug. Im August begann die Zusammenarbeit mit Marcel Grossmann an der Allgemeinen Relativitätstheorie.

„Lieber Michele!

In der letzten Zeit arbeitete ich rasend am Gravitationsproblem. Nun ist es soweit, dass ich mit der Statik fertig bin. Von dem dynamischen Feld weiss ich noch gar nichts, das soll erst jetzt folgen. Ich schreib Dir einiges von den Resultaten.

Zeit im Feld definiert durch Festsetzung, dass Lichtgeschw[indigkeit] c zwar vom Orte, aber nicht von der Richtung abhängt. c(xyz) definiert bestimmt das Schwerefeld vollkommen. c ist seiner Definition nach nur bis auf Zahlenfaktor festimmt [sic]. Es müssen alle Gleichungen demgemäss gebaut sein. Bewegungsgleichung des materiellen Punktes

Wenn c = konst[ant], geht diese Gleichung in die Bewegungsgl[eichung] der gew[öhnlichen] Relativitätstheorie über. Rechte Seite 1. Glied = des Gravitationsfeldes auf den Punkt. Zweites Glied rechte Seite = Zusammenfassen der übrigen Kräfte. Kraft durch Kraft. Wag“ (recte: Weg) „= Energiezuwachs definiert. Die Kraft auf ruhenden mat. Punkt ist Du siehst, dass Dimension der Kraft anders als gewöhnlich. Es fehlt ein Faktor c, der natürlich bei der gew. Theorie, wo c konstant ist, auch in den Nenner gesetzt werden kann. Jede Kraft bezw. Energie eines Gebildes (z. B. gespannte Feder) ist c proportional, ändert sich also von Stelle zu Stelle. Energie des Punktes

Der Anschluss an die gewöhnliche Relativitätstheorie ist verblüffend. Man kann z. B. aus diesen Bew. Gl. schliessen, dass die schwere Masse eines Systems von der kinetischen Energie der Relativbewegungen seiner Teile in der gleichen Weise abhängt wie die träge Masse des Systems. Die elektromagn. Gleichungen sind so:

�� ist Feldstärke mit transportabler mit Ladung versehener Federwage definiert. Diese Gleichungen sind ebenso wie die Beweg. Gl. des materiellen Punktes aus dem Aequivalenzprinzip gefolgert. Aus ihnen folgt die Schwere der elektromagnetischen Energie sowie alle andern Einflüsse des Schwerefeldes auf elektromagnet. Vorgänge.

II. WISSENSCHAFT 124

Energiedichte = Ganz analog der Energie

c · m

des ruhenden Massenpunktes. m ist das Verhältnis der Punktmasse zur Masse eines ccm Wasser, also, ebenso wie �� vom Ort unabhängig definiert. Am Interessantesten ist die Theorie des Gravitationsfeldes selbst, bei deren Durchführung sich zeigte, dass das Prinzip der Aequivalenz von Beschl[eunigung] u Gravitation nur für ∞ kleine Systeme gilt. Die Gleichung des statischen Gr. Feldes ist

wobei σ die Massendichte (+ Energiedichte) bedeutet. Das zweite Glied der linken Seite der Gleichung ist die mit c multiplizierte Dichte der Energie des Gravitationsfeldes. Diese führt ebensowohl zu einer Convergenz der Gravit. Linien wie jede andere Energiedichte. Sobald die langsamen Annalen die Arbeiten gedruckt haben werden, werde ich sie Dir senden.“ (Die Arbeiten „Lichtgeschwindigkeit und Statik des Gravitationsfeldes“ und „Zur Theorie des statischen Gravitationsfeldes“, Weil Nr. 47 und 48, erschienen 1912 in den „Annalen der Physik“.) „Du siehst, dass ich noch weit davon entfernt bin, die Drehung als Ruhe auffassen zu können! Jeder Schritt ist verteufelt schwierig, und das bis jetzt abgeleitete gewiss noch das einfachste. Abrahams Theorie ist aus dem hohlen Bauche, d. h. aus blossen mathematischen Schönheitserwägungen geschöpft und vollständig unhaltbar. Ich kann gar nicht begreifen, wie sich der intelligente Mann zu solcher Oberflächlichkeit hat hinreissen lassen können. Im ersten Augenblick (14 Tage lang!) war ich allerdings auch ganz ‘geblüfft’ durch die Schönheit und Einfachheit seiner Formeln …“ (Vgl. Weil Nr. 50 und 51: zwei Erwiderungen Einsteins auf Bemerkungen Max Abrahams über „Relativität und Gravitation“.)

„Nach Ostern gehe ich nach Berlin, um mit den verschiedenen Leuten fachsimpeln zu können. Ich habe mit Nernst, Planck[,] Rubens, Warburg, Haber und einem Astronomen Besprechungen dort. Ich glaube, dass es mit Nernsts ‘3. Hauptsatz’ faul ist. Davon einmal mündlich …“

Aus der Nachschrift von Mileva Einstein: „... Alberth … geht mit Vergnügen in die Schule, macht ganz nette Fortschritte im Klavierspielen und hat besonders grosses Vergnügen daran, sich von seinem Papa ‘interessante Fragen physik. und math. Natur’ erklären zu lassen …“

The Collected Papers of Albert Einstein, hrsg. v. Martin J. Klein, A. J. Kox und Robert Schulmann, Princeton University Press 1993, Band 5 Nr. 377 (ohne die Nachschrift, online unter https://einsteinpapers.press.princeton.edu/vol5-doc/485). – Zuletzt angeboten in unserem Katalog 627 (1982), seither in einer deutschen Privatsammlung.

II. WISSENSCHAFT 125

II. WISSENSCHAFT

(A. Einstein)

203 E. Br. m. U. (Berlin) „Haberlandstr. 5“ 24.XI.1917. 3/4 S. gr.-8o. Mit Umschlag. (3.000.—)

An den Physiker Ernst Gumlich (1859 – 1930), irrtümlich adressiert an die „Technische Hochschule“ in Berlin-Charlottenburg. Einstein bittet um Unterstützung seines „treuen Hörers Horwath, der Ihr Assistent geworden ist. Derselbe sitzt im Militärgewahrsam, Lehrterstr. 3, wie ich soeben von einer Hörerin erfuhr. Ich halte den Mann für ganz harmlos und möchte Sie fragen, ob Sie nicht vielleicht etwas für ihn thun wollten. Schon eine Anfrage von Ihrer Seite würde wahrscheinlich nützen … Wenn nichts geschieht, so kann der Mann dort ohne Untersuchung und Möglichkeit der Verteidigung sitzen, bis er schimmlig wird …“

Einem Stempel auf der Umschlagrückseite zufolge konnte Gumlich an der Technischen Hochschule „Nicht ermittelt“ werden – er war seit 1887 an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt tätig. Der Brief wurde an Gumlichs Privatadresse Knesebeckstraße 85 umadressiert. Einstein war am 1. Oktober zum ersten Direktor des neu begründeten KaiserWilhelm-Instituts für Physik ernannt worden, zunächst mit dem Titel „Beständiger Ehrensekretär“. Als Anschrift des Instituts, das damals noch nicht über ein eigenes Gebäude verfügte, fungierte Einsteins Privatadresse Haberlandstraße 5 in Schöneberg.

„Ein Mittelding zwischen einem Heiligenbild und einem Schubkarren“

204 E. Br. m. U. „A. Einstein“. Wien 13.I.1921. 2 S. kl.-4o. Mit Umschlag. (6.000.—)

An den ihm befreundeten Journalisten und Schriftsteller Alexander Moszkowski in Berlin, u. a. Herausgeber der „Lustigen Blätter“ (siehe Nr. 302) mit Glückwünschen zu dessen bevorstehendem 70. Geburtstag. – Einstein befand sich auf einer Vortragsreise in Wien und sollte am Abend vor 2000 Personen im großen Saal des Konzerthauses sprechen.

126

„... In dieser merkwürdigen Welt schiebt jeder von uns keuchend an seinem Karren. Dieser Karren steht uns immer so dicht vor der Nase und nimmt so sehr unsere Müh und Sorge in Anspruch, dass wir fast geneigt sind, ihn für die Welt selbst zu halten. Und doch können wir ohne ihn nicht machen, sondern torkeln desorientiert herum, wenn er uns abgenommen wird. Bei wem mag dies mehr der Fall sein, als bei Ihnen, dem Unermüdlichsten, den ich je kennen gelernt? Aber übermorgen werden selbst Sie der beschaulichen Betrachtung sich hingeben, wie sichs gebührt und im Kreis Ihrer Freunde, unter denen ich leider fehlen muss, die Stunden gemütlich verplaudern, die erlebnisreiche Vergangenheit wieder aufnehmen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit drücke ich Ihnen herzlich die Hand und wünsche Ihnen glückliche, sorgenfreie Zeiten und einen frohen Humor dazu, der weder durch plötzliche Wirren noch durch Versenkung in schreckhafte Spekulationen über Steuerangelegenheiten noch durch sonstiges schmerzliches inneres oder äusseres Erleben gestört wird.

Mein Schicksal hier ist schwer zu beschreiben. Ein Mittelding zwischen einem Heiligenbild und einem Schubkarren komme ich mir vor. Heut Abend hab ich meine letzte Predigt in einem Riesensaal, dann ist Schluss.

Jetzt grüsse ich Sie, Ihre liebe Frau und den Bubi herzlich; der Schubkarren wird wieder in Bewegung gesetzt. Frohes Fest! …“

Im selben Jahr erschien Moszkowskis – von Einsteins Berliner Kollegen missbilligtes – Werk „Einstein. Einblicke in seine Gedankenwelt“, mit dem er die Relativitätstheorie populärwissenschaftlich zugänglich machte.

II. WISSENSCHAFT 127

205 Widmungsexmplar: „Geometrie und Erfahrung“. Sonderdruck der „Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften“, „Überreicht vom Verfasser“. Berlin 1921. 8 S. 4o (25,3 × 18,3 cm). Orig.-Broschur (schwach berieben, Ecken leicht geknickt). Mit ausgerissenem Adressteil des Streifbandes. (6.000.—)

„Wissenschaftlicher Festvortrag, gehalten in der öffentlichen Sitzung am 27. Januar zur Feier des Jahrestages König Friedrichs II.“ (Seite 1), am Kopf Einsteins eigenh. Zusatz

„Mit freundlichem Gruss

Albert Einstein. 1.III 21.“

Der Adressteil des zugehörigen Streifbandes ist adressiert an den Germanisten und Archivar Fritz Behrend, „Preuss. Akademie der Wissenschaften / Unter den Linden 38“ (Poststempel: Berlin 2.III.1921).

WISSENSCHAFT 128
Einstein)
II.
(A.

„Meinem Freunde Alexander Moszkowski.

Liebling der galanten Muse

All-Verkünder fürs Abstruse

Quell von Witz für grosse Kinder

Kunst-Verkündiger nicht minder –

Wer zum Teufel ist der Mann

Der all dies und andres kann

Dessen Feder rastlos hüpfet

Dessen Auge nichts entschlüpfet …

Dem Freunde zum 75. Geburtstag …“

Das Gedicht hat insgesamt 14 Zeilen.

II. WISSENSCHAFT 129
206 E. Gedicht m. U. „Albert Einstein 1926“. 2⁄3 S. gr.-4o. Zwei kleine Randeinrisse. Leicht fleckig (verso Brandschaden leicht durchscheinend). (4.000.—)

(A. Einstein)

„ein Klub der Beschaulichen“

207 E. Br. m. U. Pasadena o. D. (vor dem 15.I.1931). 3/4 S. gr.-4o. Mit gedrucktem Briefkopf „California Institute of Technology / Pasadena / Norman Bridge Laboratory of Physics“. (4.000.—)

Ebenfalls an Alexander Moszkowski, dem er zum 80. Geburtstag gratuliert. – Einstein hielt sich die ersten beiden Monate des Jahres 1931 als „Research Associate“ an der „Cal Tech“ in Pasadena auf. „... In diesem kalifornischen Trubel kann ich mir gar nicht einbilden, wie Sie die Zeit dazu haben finden können, in Ruhe Ihren 80. Geburtstag zu feiern. Hier ist es so: Ist man endlich mit dem Hinterteil aus einer unvergesslich feierlichen Angelegenheit heraus, so steckt man mit der Nase schon wieder in einer neuen. Da kommt es mir: Wir wollen einen Klub der Beschaulichen gründen, der auf alles Irdische pfeift, mit jenem leisen und liebenswürdigen Pfiff, den man bei den Nachtigallen so hoch schätzt …“

208* Portraitphotographie mit eigenh. Widmung, Jahresangabe u. U. auf der unteren linken Seite des Untersatzkartons (Schrift stark verblasst). O. O. 1935. Größe der Aufnahme: 23,5 × 19 cm, Größe des Kartons: ca. 27,5 × 20,5 cm. Aufnahme: Clara E. Sipprell (von ihr ebenfalls auf dem Untersatzkarton signiert). (3.000.—)

Eindrucksvolle Kopfstudie im Profil nach links. Einstein trägt ein weißes Hemd mit gestärktem Kragen und dunkler Anzugjacke.

Die Widmung lautet: „Meinen lieben Freunden Herrn und Frau Plesch mit herzlichen Grüssen / A. Einstein 1935.“

Der Berliner Arzt János Plesch war seit 1933 mit seiner Familie in der Emigration in England. Als Besitzer der Villa Lemm (von 1928 bis 1933), einem der schönsten Anwesens Berlins, war er ein bekannter Gastgeber gewesen, der auch Einstein beherbergt hatte.

Beiliegend eine weitere Portraitphotographie, die Einstein Mitte der 1930er Jahre zeigt (Brustbild im Dreiviertel-Profil, wohl Studio-Aufnahme, Größe: 24,5 × 19 cm). Einstein, der direkt in die Kamera blickt, trägt seine berühmte „Cossack“-Lederjacke von Levi Strauss.

II. WISSENSCHAFT 130
Nr. 208 Nr. 207

„gegen Unterbrechungen höchst empfindlich“

209 FEUERBACH, Ludwig, Philosoph, 1804 – 1872. E. Br. m. U. Bruckberg 18.IX.1838. 1 S. gr.-8o. Mit Lacksiegel (Wappensiegel seines 1833 verstorbenen Vaters, des Juristen Anselm Ritter von Feuerbach) und Adresse. Schwach getönt, kleiner Einriss in der Bugfalte. (3.000.—)

An den Buchhändler Julius Merz in Nürnberg, der ihn um Mitarbeit an der neuen Monatsschrift „Athenäum für Wissenschaft, Kunst und Leben“ gebeten hatte.

„... Ich trage kein Bedenken, Ihnen meine Theilnahme zuzusichern, aber ich bemerke auch sogleich, daß ich – beschäftigt mit manigfaltigen Studien u. größern wissenschaftlichen Planen – überdem, mehr aus Rücksicht, als aus Neigung, bereits Mitarbeiter an zwei wissenschaftl. Zeitschriften – nur höchst selten Ihnen Beiträge werde liefern können. Wenn Sie unter dieser, die vollkommenste Freiheit u. Ungestörtheit meiner gegen Unterbrechungen höchst empfindlichen wissenschaftlichen Muse garantirenden Bedingung mich den Mitarbeitern Ihrer Zeitschrift beizählen wollen, so steht meiner Seits nichts im Wege …“ Feuerbach war damals mit Vorarbeiten zu seinem 1841 erschienenen Hauptwerk „Das Wesen des Christentums“ befasst. Die erwähnten Zeitschriften, für die er bereits schrieb, waren die „Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik“ und die in diesem Jahr gegründeten, bald berühmten „Hallischen Jahrbücher“ von Arnold Ruge. Für das „Athenäum“ (das über seinen zweiten Jahrgang nicht hinauskam) lieferte Feuerbach u. a. die als Vorarbeit für das „Wesen des Christentums“ wichtige Abhandlung „Über das Wunder“. Sehr selten.

II. WISSENSCHAFT 131

210 FISCHER, Kuno, Philosoph, 1824 – 1907. E. Br. m. U. Heidelberg 9.XI.1872. 31/2 S. gr.-8o. Geprägte Initialen am Kopf. Leicht gebräunt. Schwach fleckig. Mit Umschlag. (300.—)

An Wolfgang Freiherrn von Goethe, den jüngeren Enkel des Dichters, dem er zum Tod seiner Mutter kondoliert – Ottilie von Goethe war am 26. Oktober gestorben.

„... Nicht blos aus eigener Empfindung kann ich ermessen, wie dem Sohn zu Muthe ist, der aufhören soll, sich kindlich zu fühlen und nun die Gegenwart der Liebe entbehren, mit der sich Nichts in der Welt vergleicht …

Mir selbst bleibt die unvergessliche und stets dankbare Erinnerung, daß noch in den letzten Jahren mir die persönliche Annäherung vergönnt war, ich habe noch vor wenigen Wochen bei meinem Abschiede von Weimar Frau Baronin von Goethe sehen u. sprechen dürfen und den bleibenden Eindruck ihrer Huld und Freundlichkeit mit mir genommen …“

211* FORSTER, Johann Reinhold, Naturforscher und Reisender; begleitete Cook auf dessen Erdumsegelung, 1729 – 1798. Eigenh. Stammbuchblatt m. U. Halle a. d. Saale 18.III.1782. In einem Hallenser Gelehrtenstammbuch. Quer-8o (ca. 12 × 19 cm). Mit weiteren 207 Eintragungen, überwiegend Halle 1782 – 1827. Paginiert „1“ bis „362“, 46 Seiten fehlen, 6 unpaginierte Seiten einmontiert. Mit 11 Zeichnungen, 2 Scherenschnitten und 1 Notenzitat. Vereinzelt kleine Fleckchen, einige Seiten lose. Lederband der Zeit mit goldgeprägtem Vorderdeckel, Goldschnitt. Einband schadhaft, Gelenke teilweise gerissen. (1.600.—)

Forsters Eintrag auf S. 133 lautet:

„Ne quid nimis!

Hac aurea Comici & ad vitam imprimis utili sententia facile Tibi memoriam recovabis Joannis Reinoldi Forster. / LL. Med. & Ph.D. G.G.O.“

Darunter Zusätze von fremder zeitgenössischer Hand, wohl vom Stammbuchinhaber (es finden sich im Stammbuch über 130 weitere Eintragungen von derselben Hand). – Seit 1779 hatte Forster an der Universität Halle den Lehrstuhl für Naturkunde und Mineralienforschung inne.

Weitere Eintragende sind u. a. (in Klammern die jeweilige Seitenzahl):

die Naturforscher Georg Heinrich Borowski, Frankfurt a. d. Oder 1784 (155) und Johann Friedrich Wilhelm Herbst, Halle 1782 (239), die Philosophen Johann August Eberhard, Halle 1782 (127) und Christian Friedrich Prange, Halle 1782 (180), die Schriftsteller Johann Ernst Fabri, Potsdam 1783 (157) und Friedrich Christian Laukhard, Halle 1783 (195), die Theologen Gottlieb Anastasius Freylinghausen, Halle 1782 (129), Christian Friedrich Karl Herzlieb, Vater der Goethe-Freundin Minna Herzlieb, Züllichau 1790 (204), Georg Christian Knapp, Halle 1782 (135), August Hermann Niemeyer, Halle 1782 (141), Johann Ludwig Schulze, Halle 1782 (137), Johann Salomo Semler, Halle 1782 (125) und Heinrich Balthasar Wagnitz, Halle 1816 (33) sowie Charles Dantal, „Lecteur du Roi de Prusse“, Potsdam 1784 (351), Unter den Zeichnungen ein Plan von der Schlacht bei Mollwitz. Mit Namensverzeichnis der Eintragenden (S. 357–361).

II. WISSENSCHAFT 132

Nr. 211

212* FOURIER, Joseph, französischer Mathematiker und Physiker; entwickelte die nach ihm benannte trigonometrische Reihe und begleitete Napoleon I. nach Ägypten, 1768 – 1830. 2 e. Br. m. U. Paris 31.VII.1822 und 30.VIII.1827. 2 S. 4o. Leicht gebräunt. (600.—)

An verschiedene Empfänger.

1822. Wohl an Louis Gay-Lussac, Präsident der Académie des Sciences in Paris, der er als Sekretär vorstand. „... Quant au retour à paris j’ai des motifs de désirer tres vivement d’assister à la seance de l’académie. il doit y avoir ce qu’on même une discussion relative à une reclamation tres fondée que je ne dois pas me dispenser d’appuyer …“

1827. An „Monsieur Sauvalle secrétaire générale de la préfecture du dept de l’Yonne“, dem er als Zeichen der Freundschaft und Dankbarkeit eine seiner Auszeichnungen übersendet. Beiliegend ein Schriftstück m. U., geschrieben als Sekretär der „Académie Royale des Sciences“ des „Institut de France“ (Paris o. D., mit Vignette am Kopf).

Sehr selten.

II. WISSENSCHAFT 133
„im Contact mit den anderen Psychotherapeutischen Richtungen“

213 FREUD, Sigmund, Neuropathologe; Begründer der Psychoanalyse, 1856 – 1939.

4 e. Br. m. U. Wien und Berchtesgaden 19.V., 4.VI. und 11.VIII.1908 sowie 21.I.1909. Zusammen 3 S. gr.-4o und 21/2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt (teilweise etwas stärker). Kleine Randläsuren. Zweifach, 1 Brief dreifach gelocht. Ein Brief mit Montageresten. (12.000.—)

An den Berliner Psychologen Albert Moll („Sehr geehrter Herr College“), maßgeblicher Begründer der Sexualwissenschaften und der Medizinischen Psychologie, der Freud „zur Theilnahme“ an der geplanten „Zeitschrift für Psychotherapie und medizinische Psychologie“ aufgefordert hatte.

Wien 19. Mai 1908. „... Ihr Vorschlag ein Centralorgan für Psychotherapie zu gründen um einen Zusammenschluß der wissenschaftlichen Arbeiten und eine fachgemäße Würdigung ihrer Arbeiten zu ermöglichen hat meine volle Zustimmung. Ich speciell kann ja bei solcher Regelung der Berichtertsattung nur gewinnen. Nehmen Sie also meinen Dank dafür …

Ich muß Ihnen aber einen Sachverhalt mittheilen, der Ihnen vielleicht noch nicht bekannt ist. Auf einer Versammlung meiner Freunde u. Anhänger in Salzburg im April d.J. wurde beschloßen eine periodische Zeitschrift unter dem Titel ‘Jahrbuch für Psychoanalyse und Psychopathologie’ ins Leben zu rufen. Das Erscheinen derselben in zwei Halbjahrbänden ist … von Seiten der Verleger gesichert. Jung in Zürich wird der Redakteur sein, Bleuler und ich werden wahrscheinlich als Mitherausgeber auftreten. Diese Neuheit ändert ein wenig meine Stellung zu der von Ihnen beabsichtigten Gründung. Ich weiß nicht, ob die Verhandlungen über unser Jahrbuch noch zu modificiren sind, meine aber, daß Ihre Zeitschrift mit weiter umfassendem Programm uns keinen Ersatz bieten könnte. Unsere Analysen beanspruchen viel Raum, wir verfügen eher über zuviel als zuwenig Material, und so würden die Publikationen … alles andere ersticken oder nicht zu ihrem eigenen Recht kommen. Ich glaube indeß daß unsere Unternehmung nicht im Gegensatz zu der Ihrigen stehen muß. Löwenfelt“ (der Begründer der Sexualpathologie Leopold Löwenfeld) „muß der gleichen Ansicht gewesen sein, wenn er Ihnen riet, sich an mich zu wenden. Denn er war selbst in Salzb[ur]g anwesend und hat durch gute Ratschläge mitgeholfen. Wenn Ihr Blatt den Charakter eines Centralblattes annimmt, das etwa 12mal im Jahr erscheint und außer sorgfältigen Referaten kleinere Originalbeiträge bringt und solche bei denen eine rasche Publikation in Frage kommt, so können wir uns seiner sehr wol bedienen, um im Contact mit den anderen Psychotherapeutischen Richtungen zu bleiben und aus unserem eigenen Lager reichlich Beiträge leisten.

Ich werde, in Vorwegnahme Ihrer Zustimmung, Ihr gestriges Schreiben an Bleuler u. Jung schicken um deren Äußerung zu provoziren und Ihnen entweder selbst weiteren Bericht geben oder Jung dazu veranlassen …“ Berchtesgaden 11.VIII.1908. Über eventuelle Beiträge; im Juni hatte Freud mitgeteilt, zur Mitarbeit „bereit“ zu sein. „... Ich danke für Ihre Aufforderung und werde es für eine Pflicht erachten ihr nachzukommen. Da ich aber hier fern von meinen Aufzeichnungen auf dem Lande bin … habe ich mich entschloßen, Ihnen eine Kleinigkeit etwa zur ‘Deutung oder zum Verständniß hysterischer Anfälle’ anzubieten, die wenig aber doch etwas prinzipiell Neues enthält u. sehr kurz sein kann … Wenn sie einverstanden sind, werde ich die kleine Arbeit innerhalb der nächsten Woche geschrieben u. Ihnen übersand haben …“ – Erwähnt den Psychoanalytiker Karl Abraham. Wien 21.I.1909. In derselben Angelegenheit. „... Ich bedauere sehr, daß ich so nachlässig war, dießmal den Vorbehalt zu unterlaßen den ich seit einiger Zeit bei der Ubersendung von Arbeiten zu machen pflege aber das hilft nun nichts u. ich muß Ihnen unter solchen Umständen danken, daß Sie mir den März als Termin für den Wi(e)derabdruck freigeben. An Enke werde ich heute noch schreiben u. hoffe daß Sie mir bei ihm Beistand leisten werden um seine Einwilligung zu bekommen, was angesichts der Geringfügigkeit des für Ihre Seite in Betracht kommenden Schädigung keine Schwierigkeit haben sollte. Das von Jung redigirte ‘Jahrbuch f. psychoanalyt[ische] u. psychopathol[ogische] Forschungen’ soll in 2 – 3 Wochen ausgegeben werden …“

Mit Abschluss des fünften Bandes (1913) sollten Bleuler als Mitherausgeber und Jung als Redakteur zurücktreten.

II. WISSENSCHAFT 134
II. WISSENSCHAFT 135
Nr. 213 Sigmund Freud

(S. Freud)

214* E. Postkarte m. U. „Uncle Sigm“. Berlin-Tegel 29.IX.1928. Leicht gebräunt. (3.000.—)

An seinen Neffen Edward Bernays in New York, einen Sohn seiner Schwester Anna. Bernays war Freud bei der Abwicklung seiner Geschäfte in den USA behilflich.

„... your letter and check received. Thank you again. Sorry the royalties are diminishing. I saw your mother found her splendid. I am likely to stay here for some weeks more on account of a new plate …“

1923 war bei Freud ein Gaumenkarzinom diagnostiziert worden, das in der Folge mehrfach operiert werden musste. Bei der genannten „new plate“ handelte es sich um eine neue Prothese, die ihm nach der operativen Entfernung von Teilen des Ober- und Unterkiefers das Sprechen und Kauen ermöglichte. Am 12. Oktober schrieb er an Ferenczi, er gehe „deutlicher Besserung entgegen“.

Edward Bernays gilt als einer der Begründer der später von ihm in „Public Relations“ umbenannten modernen Theorie der Propaganda. Sein Vater Ely Bernays war der Bruder von Freuds Ehefrau Martha.

215 E. Br. m. U. Grundlsee 21.IX.1930. 11/2 S. quer-8o (Briefkarte). Mit gedruckter Adresse „Prof. Dr. Freud / Wien … Berggasse 19“. Mit Umschlag. (2.500.—)

An Gertrud Wittmann in Berlin, mit „Dank für freundliche Worte“.

„... Jeder der schreibt, er mag noch so eifersüchtig seine Unabhängigkeit behüten hofft doch Einfluß zu gewinnen und Beifall zu ernten, wenn nicht gleich, dann später, wenn nicht bei vielen, dann bei ausgesucht wenigen …“

136
II. WISSENSCHAFT

216* FÜSSLI, Johann Heinrich, Schweizer Historiker und Staatsmann, 1745 – 1832. 1 e. Br. m. U. und 1 e. Br. o. U. (Fragment). Bern und (Zürich) 22.VIII.1802 und 12.III.1810. Zusammen 42⁄3 S. 4o und 8o. Leicht gebräunt. 1 Brief mit Sammlervermerken am Kopf, 1 mit Siegelrest und Adresse (kleiner Randschaden an der Siegelstelle) sowie verso Montageresten am Kopf. (800.—)

Bern 22.VIII.1802. An Karl Viktor von Bonstetten, dem er über die Ereignisse nach dem unitarischen Staatsstreich vom 17. April berichtet. „... Vom 17. April an ging Alles, und zumal manch sehr Schwieriges, wie an einer Schnur. Den Sturm von Osten her erwarteten wir noch immer; sind aber … fast gewiß, ihn beschwören zu können; ob mit Milde oder Ernst, hängt noch von ein Paar Umständen ab. Wer möchte nicht den letzten Stral des Nimbus ausblasen, der in unsern neuern Tagen so lächerlich um’s Haupt (Grind) des souverainen Hirtenvolks von U[ri], S[chwyz] & U[nterwalden] gehangen wurde, wenn sich dasselbe nicht entblödet, in offenen Manifesten, gerade was ihnen zu Lieb und Ehren, auf die brüderlichste Weise gethan wurde (die Mission des vortreflichen Präfekt Kellers an sie) zu verläumden, und sich ausdrücklich zu erklären: Sie hätten nur auf den Abzug der franz. Truppen (für welchen uns doch das Ein- und Ausland selig preist) gewartet, um den bubischen Lerm anzufangen … Diese Waatländer sind doch ein wunderbares Geschlecht. Vor wenig Wochen noch eine Räuberbande; und heute ziehen sie (die einzigen con amore) für die Republick ins Feld … Mit den Kantonskonstitutionen ist’s eben verzweifelt …“

Nach dem allgemeinen Aufstand von 1802 gegen die Helvetische Republik ließ Napoleon mit der „Mediationsakte“ (19.II.1803) die Eidgenossenschaft wiederherstellen.

Aus der Sammlung Friedrich von Matthissons; am Kopf von ihm bezeichnet „von Füßli“. (Zürich) 12.III.1810. An den Ratsherrn (Paulus) U s t e r i mit der Bitte um ein Darlehen. „... Ich sollte in kurzer Zeit eine Zahlung leisten, die von meiner Buchhandlungs-Verbindung ganz unabhängig, und wozu meine individuellen Kräfte, nach so vielen, im Lauf der vergangenen und nun auch zum Theil noch erst vor kurzem auf mich gefallenen Lasten, unvermögend sind …“

Beiliegend 1 E. Br. m. U. des Verlags Orell Füssli an Friederike Brun (Zürich 1799), 1 e. Schriftstück o. U. des Verlags Orell Füssli (Verlagsanzeige, O. O. u. D.) sowie 1 e. Schriftstück o. U. von Johann Heinrich Füssli an Karl Viktor von Bonstetten und Friedrike Brun (o. O. 1800).

217* FURTWÄNGLER, Adolf, Archäologe; Mitbegründer der kunsthistorisch orientierten Archäologie, 1854 – 1907. E. Br. m. U. Berlin 20.XI.1893. 13/4 S. kl.-4o. Mit Briefkopf „Generalverwaltung der Koeniglichen Museen“. Leicht gebräunt. (250.—)

An den Archäologen Lucio Mariani in Heraklion (Kreta), dem er für „Abdrücke“ dankt.

„... Ich bin Ihnen ebenso persönlich wie im Namen des Museums sehr dankbar für Ihre Gefälligkeit. Ich bitte auch Herrn Chatzidaki“ (wohl der griechische Arzt u. Archäologe Iosif Chatzidakis) „meinen verbindlichsten Dank und angelegentlichen Empfehlungen zu übermitteln. Die Abdrücke sind mir sehr willkommen als Vergleichsmaterial für die Stücke unserer Sammlung, deren Katalog ich jetzt herausgebe. Wenn Sie oder Herr Chatzidaki irgend etwas aus unserem Museum in Nachbildung brauchen können, bitte ich es nur mir mitzutheilen …“

In diesem Jahr veröffentlichte Furtwängler, seit 1880 Mitarbeiter an den Berliner Antikensammlungen, „Meisterwerke der griechischen Plastik“.

II. WISSENSCHAFT 137

218* GAUSS, Carl Friedrich, Mathematiker und Astronom; konstruierte mit Wilhelm Weber den ersten elektromagnetischen Telegraphen, 1777 – 1855. E. Br. m. U. „C.F.Gauß“. Göttingen 7.XI.1821. 21/4 S. 4o. Mit papiergedecktem Siegel („G“) und Adresse. Gebräunt. Ausriss durch Öffnen des Siegels. (3.000.—)

An seinen Schwager Carl Hoefer, Stadtgerichtsdirektor in Greifswald, in einer beide betreffenden Konkursangelegenheit.

„... Ich weiss aber nicht, wie Sie zu dem Irrthume gekommen daß dies Capital 1200 r betrage; es sind 1050 gewesen. Die Hälfte davon für die liebe Schwester Luise beträgt daher 525Rth. Inzwischen habe ich die Summe von 600Rth. Gold voll gemacht und Ihrer Anweisung zufolge an Ihren Herrn Bruder überschickt; ich erbitte mir darüber ein Paar Zeilen Empfangsbenachrichtigung …

Der bisherige Syndicus Oesterley“ (Georg Heinrich Oe.) „ist jetzt zum Universitätsrath ernannt, indem eine ganz veränderte Organisation der UniversitätsGerichtsbarkeit eingeführt worden ist … Bei der Wahl eines neuen Anwaltes bin ich nun wirklich in Verlegenheit; alle mit denen ich es in eignen Angelegenheiten bisher versucht habe, haben das gemein daß man nicht vom Fleck kommt …“

219 GELEHRTE. – 22 Autographen, meist e. Br. m. U. (800.—)

Die Historiker Karl Hegel (Erlangen 1892) und Peter Feddersen Stuhr (2 Vorlesungsankündigungen, Berlin o. D.), der Indologe Friedrich Max Müller (Oxford o. J.), die Juristen Chr. G. Haubold (Leipzig 1821) und Karl v. Lilienthal (an den Psychiater Gustav Aschaffenburg, Heidelberg 1925), Friedrich Saalfeld (e. Schriftstück m. U., Göttingen 1824) und Joseph v. Sartori (Manuskript-Fragment), der Kunsthistoriker Joseph Meder (Wien 1904), der Orientalist Heinrich Leberecht Fleischer (e. Schriftstück m. U., Leipzig 1837), die Philologen August Wilhelm Ernesti (e. Schriftstück m. U., Leipzig 1785), Hugo Moser (Bonn 1964) und Leopold Schmidt (Bonn 1858),

II. WISSENSCHAFT 138

die Philosophen Friedrich Beneke (Vorlesungsankündigung, u. a. „Psychologie als Naturwissenschaft“), Benedetto Croce (e. Zusatz auf Visitenkarte), Hans Driesch (Heidelberg 1912, über seine „Wirklichkeitslehre“, erwähnt Heinrich Rickert), Kuno Fischer (Heidelberg 1894, an einen Landgrafen), J.F.L. George (Vorlesungsankündigung, Berlin 1856/57, u. a. über „Humboldtii Cosmon“), O.F. Gruppe (dito, Berlin nach 1843), Moritz Lazarus (Berlin 1882), Ernst Simon (Frankfurt a. M. 1923, erwähnt Erich Fromm); dazu eine gedruckte Danksagung von Max Dessoir (1847) und der Theologe und Diplomat Heinrich Abeken (Konstantinopel, wohl 1845/46, erwähnt u. a. Richard Lepsius; Randdefekte).

220 des 16. Jahrhunderts. 10 Albumblätter aus dem Stammbuch des Adrian von Wrisberg, um 1555 – 1620. Meist Straßburg 1573 bis 1577. 10 S. 8o. (1.200.—)

Die für die Gelehrsamkeit des späten 16. Jahrhunderts typischen Zitate in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache stammen von den Humanisten Melchior Junius (Straßburg 1574, Jahr seiner Magister-Promotion; Zitat nach Demosthenes) und Justus Lipsius (Jena 1573; Zitat nach Varro), dem Antikensammler und lat. Dichter Jean-Jacques Boissard (wohl Metz 1577; Zitat nach Cicero, De Amicitia), den Juristen Johannes Lob(b)etius (Straßburg 1574 – „temeritas non semper felix“) und Johannes Ros(s) bach aus Meißen (o. O. 1577), dem Mathematiker und Astronomen Conrad Dasypodius (o. O. 1575; griech. Sentenz), den Theologen Jeremias Bastingius (Straßburg 1575; lat. und griech. Eintrag) und Jakob Orth (Straßburg 1575; hebr. Zitat aus „Salom: XXIII“); ferner Thuro Bielke („Svecus“, Straßburg 1577 – der bei Pufendorf erwähnte Verschwörer gegen die schwedische Königsfamilie?) sowie ein nicht identifizierter Daniel Colon(i)us (Straßburg 1574; lat. Eintrag). 7 Eintragungen mit Widmungen an Adrian von Wrisberg, den späteren Mitbesitzer des Rittergutes Wrisbergholzen (Kreis Hildesheim).

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff. – Vermutlich wurden die Blätter vor langer Zeit dem in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart bewahrten gleichzeitigen Stammbuch Adrian von Wrisberg (Cod. Don. 896) entnommen.

221 GÖRRES, Joseph von, katholischer Publizist und Naturphilosoph, 1776 – 1848. E. Br. m. U. Schaffhausen 1.XI.1820. 21/2 S. 8o. Mit Siegelspur und Adresse. Kleine Schadstellen restauriert. (1.200.—)

An den Germanisten Joseph Freiherrn von Laßberg in Eppishausen, von seinem Aufenthalt in Schaffhausen, wo er in der Bibliothek von Johannes von Müller arbeitete; zuvor hatte er bei Laßberg freundliche Aufnahme gefunden. – Im Vorjahr war Görres aus Koblenz geflohen, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen; sein „Rheinischer Merkur“ war schon 1816 verboten worden.

„... Als wir hier angekommen, hat uns die stille Stadt neben dem lärmenden Rheinfall recht wohl gefallen, in der Bibliothek von Johannes Müller habe ich überdem manches Merkwürdige für meine Zwecke gefunden …“ Da überdies die Sonne „recht schön ins grüne Thal und den grünen Rhein“ scheine, „so haben wir auch ein Einsehens gehabt, und sind auf 3 oder 4 Wochen hier geblieben. Da ich ohnehin nur einen tragbaren Heerd jetzt habe, so kömmt nicht so … darauf an, wo ich ihn niedersetze, wenn er nur eben wärmt. Sie haben nun die Antwort auf die Anfrage auch nicht so weit zu senden, sondern nur gerade hierhin ins Schwerdt, das gezogen vor unserm Fenster hängt zur Abwehr jeglicher Ungebühr …“ – Im Folgenden über kursierende Gerüchte, „es sey Alles vertragen und beygelegt, und ich selbst wieder in Coblenz angelangt …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

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222 GRIMM, Jacob, Philologe, zusammen mit seinem Bruder Wilhelm Begründer der Germanistik, 1885 – 1863. Eigenh. Manuskript m. U. (1842.) 1 S. gr.-8o. Schwache Klammerspur; Einschnitt unterlegt. (1.600.—)

„ WAR DIE EIDE?

Ich bin verschiedentlich nach dem wortsinn des spruchs den ich einer schrift vorgesetzt habe gefragt worden; so wenig verbreitet ist die kunde unserer alten sprache daß leser an der partikel war anstoß nahmen denen ein homerisches ðη verständlich gewesen wäre. mich zieht es an wahrzunehmen wie nahe in solchen ausbrüchen des gefühls die griechische poesie zu der deutschen stimmt und das menschliche herz von selbst ewige formeln findet. war sint die eide komen? Nib. 562, 3 wird auch Rol. 76, 12 ausgedrückt ware chômen die eide di si mir swuoren? …“ – Es folgen weitere Belegstellen aus dem Nibelungenlied, Homer und Aischylos. Vollständiger Artikel für die „Zeitschrift für deutsches Alterthum“ (Band 2, 1842, S. 569); mit Korrekturen.

223 E. Br. m. U. Kassel 4.V.1820. 4 S. gr.-4o. Mit Empfangsvermerk des Adressaten und Altsignatur am Kopf. Etwas gebräunt. – Dazu 1 inliegendes, längeres e. Billett m. U. (2 S. 8o). (3.500.—)

Inhaltsreicher Brief an (Joseph von Laßberg) über das Erscheinen der 2. Auflage seiner „Deutschen Grammatik“ (Erster Teil). – Laßberg hatte ihm als Neujahrsgabe den ersten Band seines „Lieder Saals“ zugesandt, ein Sammelband ungedruckter altdeutscher Gedichte.

„... Ich hatte meine Grammatik mitten unter dem Lernen von dergleichen Dingen etwas feurig und unordentlich geschrieben und drucken laßen; unter der Bearbeitung des zweiten Theils merkte ich, was dem ersten noch überall fehlt, prüfte von neuem und erfuhr Sachen, die ich vorher kaum geahnt hatte. Zum Glück vergriff sich die Auflage schnell und ich arbeitete eine neue völlig um, deren Druck eben beginnt und nach deren Beendigung erst der zweite Theil erscheinen wird …

In Ihrem Liedersaal habe ich blos blättern können … Uns Grammatiker reizt alles, selbst die gesunkene Poesie und die schlechtere Sprache, wir stellen den Schatten zu dem Licht. Freilich so lange noch so manche köstliche Gedichte des 13 Jahrh. ungedruckt liegen, hätte ich die lieber so nett und zierlich gedruckt gesehen als schwächere Dichtungen, wie sie im 14ten nachklingen. Aber Ihren schönen Eifer muß

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man nicht unwillig machen sondern zu Fortsetzungen auffordern … Sprache und Schreibung schwanken und ich leugne geradezu, daß es aus dem 14. 15[.] J.H. irgend eine consequente und richtige Handschrift gebe …

Die erwachte Thätigkeit der Schweizer gefällt mir, Füglistaller“ (der Sprachforscher Leonz F.) „ist ein wackrer, tüchtiger Mann, auf dessen Notker ich wie ein Kind begierig bin …“ – Füglistaller arbeitete an der Herausgabe von Werken des Schweizer Benediktinermönchs Notker Labeos, dessen kommentierende Übersetzungen biblischer und antiker Schriften ins Deutsche eine Hauptquelle für das Wissen über das Spätalthochdeutsche und das Altalemannische darstellen.

„Eine Reise nach Eppishausen, St. Gallen, Mailand wäre was meine Studien, Arbeiten, Neigungen zu oberst wünschen würden. Aber dieses Jahr gehts wieder nicht, doch lebe ich so Gott will länger … Wenn Sie auf die Norddeutschen als Verderber der schwäbischen Sprache ungehalten sind, haben Sie meiner Ansicht zufolge Unrecht“ (in der Vorrede zum 1. Band des „Lieder Saals“ heißt es: „besonders do unser hochteutsche Sprach jezt bald vergehen und Niederteutsch Hochteutsch heissen will“). „Ich mache mir zwar aus dem berliner Wesen wenig, am allerwenigsten aus der berliner Sprachgesellschaft, (deren Mitgl[ied] ich bin, aber zu meiner Freude ein unwürdiges) aber die schwäb. oder allemann. Mundart oder was ihr sonst hochdeutsch nennen wollt geht ganz von selbst den Weg ihrer Verschlimmerung. Und wenn manche Norddeutsche oder Niederdeutsche (deren ich keiner bin) die altschwäbischen Dichtungen gründlicher lernen und studieren, als manche Oberdeutsche, so sollen letztere das nicht ersteren, sondern sich selbst vorwerfen; wollen Sie aber keine norddeutsche Muster, so mögen sie sich Füglistaller, Stalder, Laßberg u. a. zum Muster ersehen. Wir Deutsche helfen uns alle gern und jedes Land mag ein gewißes eigenes Geschick haben. Der gründlichste Kenner der altschwäbischen Spr[ache] des 13 Jahrh., der jetzo lebt, ist Lachmann“ (Karl L.), „ein Braunschweiger von Geburt, der über die Nibel[ungen] geschrieben hat und eben eine Chrestomathie herausgibt, ein höchst scharfsinniges Buch …“

Das Billett: „Zu St. Gallen befindet sich eine Handschrift aus dem 9ten Jahrh., welche Isidors Abhandlung von den Accenten und Buchstaben enthält, dahinter finden sich zwei Runenalphabete. Das eine enthält 16 Runen mit ihren Namen. Das andere ein Alphabet von größerer Mannigfaltigkeit und mehr Zeichen. Von beiden wünsche ich eine genaue Durchzeichnung nebst einer Abschrift der Runen Namen und was sonst als Anmerkung hinzugeschrieben ist …“

Beides zusammen gedruckt in „Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften“ (Berlin 1933, S. 755 –759); Regest (ohne Inhaltsangabe) in grimmarchiv.de (ID: 2LX). Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

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(J. Grimm)

224 E. Br. m. U. Berlin 10.IX.1841. 3 S. gr.-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Schwach gebräunt, geringe Randläsuren; kleine fachgerechte Reparaturen. (3.000.—)

Ebenfalls an Laßberg in Meersburg, über seinen Umzug nach Berlin sowie mit Nachrichten aus dem Bekanntenkreis und germanistischen Neuigkeiten.

„Mein lieber alter freund! Jetzt sind es gerade zehn jahre, als ich Sie zum ersten und allem anschein nach letztenmal besuchte, und mit Ihnen ein stück in die schöne Schweiz hineinreiste. Wie viel haben wir beide seitdem erlebt, doch Sie mehr des erwünschten und erfreuenden; meine wechselfälle sind strenger, mühevoller gewesen und die saiten meines lebens haben heftiger gerauscht … Von meinen abenteuern brauche ich nichts hinzuzufügen, sie sind Ihnen oft leider schon in entstellenden zeitungsphrasen zu ohren gedrungen.

... Berlin … ich war bereits im Decemb. hergereist, dann wieder zurück, im merz zogen wir alle sechs (drei alte und drei kinder) ab mit sack und pack. da war viel zu packen, ein und aus, einzuwohnen und sich zu gewöhnen; die seit jahren liegen gelassenen vorlesungen musten wieder vorgenommen und neu zugeschnitten werden … so ist in aller hast schon ein halbjahr verstrichen … Meine alten arbeiten schreiten etwas lässig fort, sollen aber, so Gott will, den winter über besseren schwung gewinnen. Lachmann fördert rustiger. Den tag unsrer ankunft hat eine zueignung seiner Nibelungen freundschaftlich gefestigt, seitdem ist auch sein Ulrich von Lichtenstein heraus … Zu den Nib. arbeitet Haupt ein glossar aus, derselbe leitet auch eine zeitschrift für deutsches alterthum, von welcher bisher zwei hefte erschienen sind. Mit Hagen pflege ich hier meinen umgang und die frühere bekanntschaft mit Graff ist aus guten gründen abgebrochen worden. Was Massmann und Schmeller seitdem geleistet haben, brauche ich einem Süddeutschen nicht erst zu melden. Von meinen weisthümern ist der dritte Band unter presse … Von Pertzens monum. tritt eben der sechste band ans licht … Der alte Meusebach hat sich eine meile hinter Potsdam bei Baumgartenbrück eine burg gebaut, wo er nun auch seine bücher aufstellt, die eisenbahn führt schnell zu ihm … Wir wollen sehn, ob er nun dort eher hand an den Fischart legt als in den mauern von Berlin. Können Sie denn so ganz und gar feiern und ablassen? Die tradit. Sangallenses, der ritter mit dem bock und wer weiß was für neue entdeckungen warten auf Sie. Wie beurtheilen Sie Hattemers in S. Gallen unternehmungen? …“

Im Folgenden auf Laßbergs Beschwerde, dass Grimm die von seinem verstorbenen Sohn Friedrich besorgte, postum erschienene Ausgabe des „Schwabenspiegel“ keiner Rezension gewürdigt habe. „... ich hatte damals meine gründe mit den Gött. anzeigen abzubrechen. Dennoch unterließ ich nicht Beneke anzutreiben, dafür zu sorgen, daß ein andrer dem geschäft sich unterziehe. Das ist geschehen … Was das buch selbst betrift, so hat es sein verdienst und seine schwächen …“ – Erwähnt eine von Schmeller entdeckte lateinische Bearbeitung des „Schwabenspiegels“. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

225 E. Br. m. U. (Paraphe). Kassel, „Dienstag morgen“ (Poststempel: 17.VI.1851). 2⁄3 S. kl.-4o. Mit Adresse und Poststempeln sowie Blindsiegelrest (Siegelausrissstelle restauriert). Altsignatur am Kopf. (1.200.—)

An (Anna von Arnswaldt, geb. von Haxthausen, in Bökendorf bei Brackel), der er einen Besuch angekündigt hatte. – Die eifrige Märchensammlerin war mit den Brüdern Grimm seit ihrem 10. Lebensjahr befreundet. Sie war (Stief-)Tante der vier Jahre älteren Dichterin Annette von Droste-Hülshoff und verheiratet mit dem Literaten August von Arnswaldt, der der Droste in jungen Jahren Avancen gemacht hatte, was zum Zerwürfnis der Familien führte.

„... Ich hab Grippe u kann morgen nicht reisen. Wirds mir besser so komme ich doch noch, freilich ist November dazu der letzte Termin.

Es ist mir unbeschreiblich leid u Dorothea“ (wohl D. Grimm, geb. Wild, Frau von Wilhelm G.) „die sich so sehr gefreut ist auch ganz jammervoll …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

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II. WISSENSCHAFT

„in der fremde eine handschrift zu finden“

226 E. Br. m. U. „Dein treuer Jacob Grimm“. Berlin 2.XI.1862. 2 S. gr.-8o, in kleiner Schrift eng beschrieben. (2.000.—)

Schöner Altersbrief an seinen Neffen Herman Grimm, der mit seiner Ehefrau Gisela geb. v. Arnim zu einer Romreise aufgebrochen war, ohne Mutter und Onkel über die Pläne zu informieren. „... du weist oder fühlst, dasz mir nichts in der welt schwerer wird als briefe und antworten, weil ein entschlusz dazu gehört die wenige freie zeit, die mir verbleibt darauf zu wenden und weil der gefaszte entschlusz hernach in der ausführung wieder gestört und gehemmt werden kann. Doch hatte ich dir einmal mit der gräfin Bose ein schreiben zugehen lassen; da sie dich aber nicht mehr zu Montreux traf, hat sie mir es wieder zurück gesandt, was mir und den andern hernach lieb war. denn ich hatte darin über einiges frei von der leber gesprochen, wie es mir zu sinne lag, namentlich dir vorgehalten, dasz du deine ohne zweifel hier schon beschlossne reise nach Rom uns geheim gehalten, und uns allmälich erst in kleinen dosen von ort zu ort euren plan entdeckt hattest … der wahre sachverhalt wurde durch deine briefe halb halb entdeckt und halb vertrübt, was mir leid that, denn so nahe verwandte sollen einander vertrauen und klaren wein einschenken. der himmel gebe nur, dasz ihr jetzt am rechten ziele seid und Giesel sich in der römischen luft besser fühlt und erholt als in der schweizerischen. auch ich, wenn mir im spätsommer die unvermeidliche nothwendigkeit einer luftveränderung vorgepredigt wird, bleibe innerlich unbekehrt und spüre, dasz ich mich im thiergarten erspatziern kann, wie zu Arnstadt, wo die gassen gerberduft auskeuchen. die ärzte sind heutzutage fix und rathen zu reisen, zur zeit meiner eltern und in der ersten hälfte meines lebens dachte man nicht daran und war darum nicht weniger gesund. damals schien mir anders zu reisen unmöglich als nur in der fremde eine handschrift zu finden, die in der heimat nicht zu erlangen war. wie mich noch später nichts mehr nach Italien trieb als die palimpseste des Ulfilas zu Mailand und Neapel   …“ – Seine Bemerkungen über das Reisen schließt Grimm mit Zeilen des Barockdichters Paul Fleming.

Auf der vierten Seite Herman Grimms Empfangsvermerk „ricev. Rom. Piazza Barberini / 10 nov. 1862“ sowie eine Notiz des Vorbesitzers und Grimm-Vertrauten Reinhold Steig („mir von Fräulein Grimm geschenkt … 1901“).

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II. WISSENSCHAFT

(J. Grimm)

227 E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. gr.-8o (1.200.—)

An seinen Freund, den Philologen Werner (von Haxthausen) mit der Bitte, ein Paket an den gemeinsamen Freund und Kollegen Joseph von Laßberg weiterzuleiten.

„Hierbei, lieber Werner, das paket für Laßberg, welches Dir keinen großen begriff von meinem talent einzupacken beibringen wird. Ich hoffe aber es soll unter dem schutz deines Tristans dennoch glücklich sein Ziel erreichen.

Leider fühle ich mich heute noch nicht gesund genug, um deiner freundlichen einladung folgen zu können …“

Haxthausen sandte einen Tristan-Kodex an Laßberg, der Anlass zu Misshelligkeiten zwischen den Freunden geben sollte (siehe Laßbergs Brief an Grimm vom 29.II.1840).

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

– Siehe auch Nr. 293.

Weihnachten 1914

228 HAHN, Otto, Chemiker, Nobelpreisträger, lieferte mit Fritz Straßmann und Lise Meitner den experimentellen Beweis für die Kernspaltung des Urans, 1879 – 1968. E. Feldpostkarte m. U. „Dein Otto“ und Absenderangabe „Leutnant Hahn Landw. Inf. Regt. Nr. 20 … Masch. Gew. Komp.“ (Westfront) 28.XII.1914. Mit Feldpoststempeln. (400.—)

Von der Westfront an seine Ehefrau Edith geb. Junghans in Stettin.

„... Gestern bekam ich Deinen Brief No. 33 … Vielen Dank für das Spirituspulver, es ist viel angenehmer, als die üblichen Würfel. Ich habe es heute Nacht schon verwendet, als ich um 1/2 5 Uhr Besuch bekam …

Ich braute einen feinen Arrackpunsch aus dem Arrack den ich gestern von Deiner Mutter bekam … Gestern bekam ich auch Dein liebes Paketchen mit den Weihnachtsutensilien …

Lass Dirs gut gehen und sei froh. In wenig Tagen bin ich hinten in Sicherheit …“

Als Nachschrift: „In 10 Minuten geht’s wieder nach Messines und für kurze Zeit in den ‚Graben’. Aber bald habe ich dann für einige Zeit Ruhe …“

Im Ersten Weltkrieg führte Hahn als Leutnant eine Maschinengewehr-Kompanie an der Westfront, ehe er im Januar 1915 in die von Fritz Haber geleitete Spezialtruppe für den Gaskampf und schließlich im Dezember 1916 zur Inspektion der Gasregimenter an das Große Hauptquartier versetzt wurde. Als rechte Hand Habers war Hahn vom Beginn des Gaskriegs an maßgeblich an der Entwicklung der verschiedenen chemischen Kampfstoffe beteiligt.

229 E. Br. m. U. O. O. 24.XII.1960. 1 S. 8o (250.—)

Dankesbrief an Lulu von Bomhard, die Tochter von Oskar von Miller, dem Begründer des Deutschen Museums in München.

„... Haben Sie sehr schönen Dank für Ihre teilnehmenden Grüsse und die schöne künstlerische Rose. Sie soll heute Abend in Ihrem Sinne Verwendung finden …“

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„notre mission“

230 HAHNEMANN, Samuel, Arzt; Begründer der Homöopathie, 1755 – 1843. E. Albumblatt m. U. Paris 19.V.1839. 1 S. quer-gr.-4o. Leicht gebräunt. In der linken unteren Ecke kleiner Randeinriss (ausgebessert). (2.000.—)

„Des Arztes höchster und einziger Beruf ist, kranke Menschen gesund zu machen, was man heilen nennt.

Ne faire que du bien, c’est notre mission ci-bas“.

Hahnemann hatte 1835 seine Praxis nach Paris verlegt, wo er seine letzten acht Lebensjahre als angesehener Arzt verbrachte.

Albumblätter Hahnemanns sind sehr selten.

II. WISSENSCHAFT 145

Gymnasialrektor Hegel

231 HEGEL, Georg Wilhelm Friedrich, Philosoph, 1770 – 1831. E. Schriftstück mit zweifacher Unterschrift. (Nürnberg) 12.I.1814. 1 S. gr.-folio. Konzeptpapier. Schwach fleckig (1.600.—)

Aufstellung von Stipendienstiftungen aus seiner Zeit als Rektor des Ägidiengymnasiums in Nürnberg.

„H[err]n Dr. Müller / Nachträglich füge ich die Angabe der fundationsmässigen Jahre des Genusses bey, die bey den auf Presentationen sich gründenden Stipendien einzuschalten ist mit den Worten etwa, fundationsmässig auf … Jahr; wo die Zeit unbestimmt ist, kann diß bemerkt u. daher auf die StudienZeit angetragen werden.

Hegel 12/1 14“.

Es folgen Angaben zur Studienzeit von 14 namentlich aufgeführten Stipendiaten; „In Ansehung erledigter Stipendien, die bewilligt werden, ist alles[amt] verordnet, daß diß immer nur auf 1 J. geschieht.

Hegel“

Von 1808 bis 1816 war Hegel Rektor des Nürnberger Ägidiengymnasiums, ehe er seinen ersten Ruf an eine Universität (Heidelberg) erhielt. Ein „entsetzlicher, höchst widriger Zeitverlust“ (Briefe I, 287) war ihm das Abfassen amtlicher Schreiben, da ihm hierfür kein Pedell zur Verfügung stand. Gleichwohl übernahm Hegel im Oktober 1813 zur Verbesserung seiner Einnahmen das „Referat in Schul- und Studiensachen bei dem Königlichen Stadtkommissariat“, in dieser Funktion wird er das vorliegende Schriftstück abgefasst haben. Bei dem Adressaten handelt es sich vermutlich um den Mathematikprofessor Müller.

Am Fuß des Blattes die Bleistiftsignatur der Sammlung Künzel: „Hegel Fr“. – Bei Hoffmeister und Nicolin nicht gedruckt. Dokumente aus Hegels Nürnberger Zeit sind sehr selten im Handel.

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232 Schriftstück mit 2 eigenh. Vermerken und vierfachem eigenh. Namenszug „Prof. Hegel“ und „Hegel“. Berlin 6.IX.1825 und 13.II.1826. 1 S. folio. Kleine Fehlstelle am rechten Rand ohne Textberührung. (800.—)

Auf einem gedruckten „Anmeldungsbogen“ der „Universität zu Berlin“ bescheinigt Hegel dem Studenten Ferdinand von Selasinski „den fleissigen Besuch“ (eigenhändig) seiner Vorlesung über „Anthropologie u. Psychologie“ im Sommersemester 1825 und über die „Geschichte der Philosophie“ im Wintersemester 1825/26.

Auf derselben Seite bescheinigt der Philologe und Altertumsforscher August Böckh „den sehr fleißigen Besuch“ (eigenhändig) seiner Vorlesungen über „Platos Republik“, „Philologische Encyclopaed.“ und „Tacitus Annalen“ im Sommersemester 1825.

233* HEYNE, Christian Gottlob, Philologe, 1729 – 1812. 1 e. Br. m. U. und 1 e. Briefentwurf o. U. Göttingen 12.I. und 24.IV.1808. Zusammen 7 S. 4o. Am Kopf und Fuß von alter Sammlerhand bezeichnet. Ein Brief mit Blindsiegel und Adresse (Siegelausriss ausgebessert). Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse (ausgebessert). Alte Heftspuren. (800.—)

An Karl Viktor von Bonstetten über Virgils „Aeneis“.

12.I.1808 (Briefentwurf). „Daß der geistreiche, scharfsinnige Reisende sich der Zweifel und Wünsche eines Stubengelehrten erinnert und sie mit so vieler anspruchloser Humanität aufgenommen hat, vergrössert natürlich die ihm gebührende Hochachtung … Meine, vielleicht schimärische[n], Gedanken waren diese: wenn jemand, mit dem Virgil in der Hand, von dem untern östlichen Ufer des Tibers aus, wo der Dichter die Landung der Troer angiebt, alle die Landangaben verfolgte: so ließ sich vielleicht die Dunkelheit verschiedner Stellen in Beziehung auf die Castra Troiana und ihre Thore aufklären: vorausgesetzt, daß der Dichter das wirkliche Local vor Augen gehabt hat: wie man doch glauben sollte …“ 24.IV.1808 (Brief). Bonstetten hatte 1805 Heynes Werk „Voyage sur la scène des six derniers livres de l’Enéide“ in Genf veröffentlicht; Heyne wie Bonstetten setzten sich mit den geographischen Angaben der „Aeneis“ auseinander. „... ich konnte mich nicht gleich in Ihre Ortbestimmung finden, da ich gewohnt war, alles von der Seeseite aus, also nach Norden zu, zu betrachten; Sie aber von Rom her die Ansicht geben. ich kan mich nun sehr wohl in Alles finden. Könnten Sie mir nur auch einmal eben so wohl die Gegend u. das Terrain von Laurentum mit dem Virgil in der Hand bereisen; so ganz von der Seite her, wo die Troes, nach dem Virgil, kommen mußten … Sie werden über den Grübelkopf lachen; aber wäre ich statt 79 noch um fünfzig Jahre jünger: so wäre es meine Sache. Was würde ich mir da zu Gute gethan haben, die Fußstapfen meines Euryalus u. Nisus zu verfolgen …“ 1767 – 75 hatte Heyne die Gedichte Virgils herausgegeben. Beide Autographen aus der Sammlung Friedrich von Matthissons; am Kopf von Matthisson bezeichnet „Heyne“.

II. WISSENSCHAFT 147

„Reisende in beiden Hemisphären“

Autographen und Zeichnungen Alexander von Humboldts aus dem Nachlass von Eduard Hildebrandt

Alexander von Humboldt, Naturforscher und Geograph, universaler Gelehrter, das „Ideal eines akademischen Mannes“, der sich die „Förderung der Wissenschaft zur Lebensaufgabe“ gemacht hatte, wurde durch seine Forschungsreise nach Amerika 1799 bis 1804 mit dem Botaniker Aimé Bonpland bereits zu seinen Lebzeiten als „zweiter Kolumbus“, als der „wissenschaftliche Wiederentdecker“ Amerikas hochgeschätzt. In fünf Jahren bereiste er die heutigen Staaten Venezuela (1799 – 1800), Kuba (1800 – 1801 und 1804), Kolumbien (1801), Ekuador (1802 und 1803), Peru (1802) und Mexiko (1803 – 1804). Er drang in Gebiete vor, die in Europa wenig bekannt oder noch unbekannt waren. Die Ausbeute seiner Sammlungen und Messdaten war immens. Bei seiner Rückkehr am 3. August 1804 in Bordeaux hatte er 30 Kisten im Gepäck. Darin befanden sich auch die Zeichnungen, die Humboldt am 27. März 1851 dem Maler Eduard Hildebrandt schenkte. Er wollte sie „als ein Andenken von 50 Jahren“ in guten Händen wissen. Eduard Hildebrandt verwahrte diese mit weiteren Zeichnungen in einem Umschlag mit der Aufschrift „Zeichnungen von A. von Humboldt“. Darin befanden sich: „1. Krater Inneres des Pic de Teyde … / 2. dergleichen … / 3. Ein Fisch … / 4. Ein Thier-Magen … / 5. dergleichen … / 6. dergleichen … / 7. CharakterZeichnung des Vulcan Orizawa … / 8. Ein Fisch … / 9. Ein Thier-Kopf … / 10. Ein Crocodil – Rio … / 11. Eine Karte der Provinz Quixos … / 12. Skizze des Chimborazo-Gipfels“. Am Schluss vermerkte Hildebrandt: „die meisten dieser Blätter tragen handschriftliche Bemerkungen von A. v. Hs. eigener Hand“. Humboldts Befürchtung, dass die Zeichnungen nach seinem „Tode verloren gehen würden“, trat nicht ein. Bis auf sein „junges Leibcrocodil“, unter Nummer 10 aufgeführt, sind die Zeichnungen überliefert. Der unter den Nummern 4 bis 6 aufgeführte „Thier-Magen“ ist der Beschreibung Humboldts nach das Herz eines Krokodils. Nicht überliefert ist hingegen die 1851 verschenkte Zeichnung der „Palmeninseln im grossen Strohme, Rio de G[u]ayaquil“. Es ist möglich, dass nach Humboldts „an dem Quai der Stadt“ entworfener Zeichnung der Maler Pierre Antoine Marchais das mit Früchten beladene Floß auf dem Río Guayaquil schuf, das auf Tafel 63 in den „Vues des Cordillères et Monumens des peuples indigènes de l’Amérique“ abgebildet ist. Im Hintergrund der Abbildung auf Tafel 63 sind Palmeninseln zu sehen. Ebenso nicht überliefert ist die aufgeführte „Handzeichnung von Go[e]the’s Hand“.

Als Humboldt einige der in den Losen 234 bis 241 beschriebenen Zeichnungen Eduard Hildebrandt vermachte, arbeitete er an den „Kleineren Schriften“, seinen „Geognostischen und physikalischen Erinnerungen“. Seine verstreut erschienenen Abhandlungen wollte er in einem Band veröffentlichen. Als Beigabe wünschte er in einem gesonderten Band Illustrationen zum Text, wie sie in seinen „Vues des Cordillères“ und seinem „Atlas géographique et physique du royaume de la Nouvelle Espagne“ erschienen waren. Für diese Illustrationen hatte er Hilderandt, den er als hervorragenden Landschaftsmaler schätzte, als Zeichner gewinnen können. Und Hildebrandt lieferte die Vorlagen für die Abbildungen des Chimborazo und Carguairazo (Tafel 4), der Pyramiden des Illiniza (Tafel 7) und des Pico de Orizaba (Tafel 9) im Atlas „Umrisse von Vulkanen aus den Cordilleren von Quito und Mexico“. Bei der Zeichnung des Orizaba hatte er, entsprechend Humboldts Hinweis, seine besondere Aufmerksamkeit auf „das Schiefe Maul des Craters“ gerichtet. Die Krateröffnung wurde ganz nach Humboldts Zeichnung aufgenommen, und damit anders als auf Tafel 17 im „Atlas géographique et physique du royaume de la Nouvelle Espagne“. Für die charakteristische Zeichnung dankte Humboldt „gern und gemüthlichst“ dem Maler; er hätte gleich dessen „Meisterhand“ erkannt.

Mit Beginn der Reise hatte Humboldt, seit seiner Jugend im Zeichnen begabt, angefangen, Landschaften sowie Pflanzen und Tiere und vieles andere in seinen Reise-Tagebüchern oder auf einzelnen Blättern präzise zu zeichnen. So kam die stattliche Anzahl von 447 Zeichnungen zusammen, die in seinen neun Tagebüchern enthalten sind. Auf Kuba hatte Humboldt die Idee, den jungen Louis François de Rieux als Zeichner auf seiner weiteren Reise anzustellen. Sein „toller Enthusiasmus, einen Mahler mit … zu nehmen“ ging sogar so weit, dass er dem Maler Atanasio Echeverría aus Mexico, zu der Zeit von Humboldts erstem Aufenthalt auf Kuba tätig und für Humboldt „unstreitig der größte aller … Naturmaler“, anbot, ihn bei Zahlung eines Gehalts zu begleiten. Echeverría lehnte ab, weil er fürchtete, „seine kön[igliche] Pension zu verlieren“. Humboldt blieb nichts anderes übrig, als wie bisher selbst den Zeichenstift in die Hand zu nehmen.

II. WISSENSCHAFT 148

P. Anders

Foto: Jörg

© SPSG Berlin-Brandenburg,

Friedrich Georg Weitsch: Alexander v. Humboldt und Bonpland am Fuß des Chimborazo

Im Juni 1799 zeichnete Humboldt auf Teneriffa das Kraterinnere des Teide, im Mai 1800, während der Orinoco-Reise, den Fisch „Pavon“, im Juli 1801 in Bogota den Fisch „Guapucha“, im April 1802 in Quito die „Carte de la Province de Quixos“, im Juni 1802 den „Kopf des grossen Condor“ und den Chimborazo, im Februar 1804 den Pico de Orizaba und wohl im März 1804 ein Krokodil-Herz. Nach diesen Zeichnungen schufen Wilhelm Friedrich Gmelin (für den Teide), Nicolas Huet (für die Fische) und Jean Thomas Thibaut (für den Chimborazo) die Zeichnungen, die als Vorlage für den jeweiligen Stich in den entsprechenden Werken dienten. Humboldts Zeichnungen der „Carte de la Province de Quixos“ und des „Kopf des grossen Condor“ dienten direkt als Vorlage für den Stich. Humboldts amerikanisches Reisewerk erschien unter dem Gesamttitel „Voyage de Humboldt et Bonpland“. Es umfasste 29 Bände in sechs Partien: I. Reisebeschreibung sowie Ansichten der Kordilleren und geographischer Atlas, II. Beobachtungen aus der Zoologie, III. Versuch über Neuspanien, IV. Astronomische Beobachtungen, V. Pflanzengeographie und VI. Botanik. Viele der Werke erschienen mit schwarz-weißen oder farbigen Kupferstichen, für die Humboldt ein „Heer von Künstlern“ beschäftigte.

Im Februar 1851, als die Arbeiten an den „Kleineren Schriften“ in vollem Gange waren, schenkte Humboldt dem Maler Eduard Hildebrandt seine „Vues des Cordilleres et Monumens des peuples indigènes de l’Amérique“. Als Widmung schrieb er: „Dem Reisenden in beiden Hemisphären Eduard Hildebrandt, dem geistreichen anmuthigen Darsteller alles Naturlebens, das er in seinen Tiefen nach Gestaltung und Zauber des Lichtes aufzufassen und gefühlvoll, darum treu und wahr, wieder zu geben vermag; widmet diese Blätter (schwache Nachbildungen des Großen in der Schöpfung wie auch aufkeimender Kunst) zu freundschaftlichem Andenken und mit vieljähriger dankbarer Anhänglichkeit / Alexander von Humboldt.“ Humboldt und Hildebrandt waren Gleichgesinnte: sie waren verbunden durch ihr Streben, ferne Länder zu bereisen und zu erkunden und das Gesehene auf Bildern festzuhalten, die ein präzises Abbild der Natur waren.

II. WISSENSCHAFT 149

Alexander von Humboldt und Eduard Hildebrandt lernten sich 1843 kennen. Humboldt, 48jährig, am 14. Sept. 1769 in Berlin als Sohn des preußischen Majors a. D. und Kammerherrn Alexander Georg von Humboldt geboren, lebte nach seinem langjährigen Aufenthalt in Paris seit 1827 wieder in der preußischen Metropole. Sein Lebensweg war durch seine Herkunft in vieler Weise vorherbestimmt gewesen. Er hatte in Frankfurt (Oder), Göttingen, Hamburg und Freiberg studiert, war im preußischen Bergdienst tätig gewesen und hatte seine große Forschungsreise unternommen. Im Jahre 1843 war Humboldts Name bekannt, seine wissenschaftlichen Leistungen waren anerkannt und wurden stark beachtet. Humboldt stand in der Blüte seines Wirkens als Gelehrter und Förderer der Wissenschaften und der Künste.

Hildebrandt, am 9. Sept. 1817 in Danzig als Sohn des Malermeisters Ernst Salomon Gottlieb Hildebrandt geboren, war Ende 1843 nach Berlin zurückgekehrt. Er stand am Beginn seiner Laufbahn als Kunstmaler. Sein Lebensweg war bis zu dieser Zeit im Vergleich zu Humboldts schwieriger verlaufen. Von früher Jugend an musste er für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen. Nach dem Willen des Vaters hatte er das Malerhandwerk erlernt und den Beruf auch ausgeübt. Indessen war sein Bestreben immer gewesen, die Kunst des Malens zu erlernen. Die erste Gelegenheit dazu hatte sich in Berlin geboten, wohin er sich im Sommer 1837 begeben hatte. In Berlin hatte er Zugang zum Atelier von Wilhelm Krause (1838/39) gefunden, und von dort war er zu seinen ersten Kunstreisen aufgebrochen, die ihn 1838 nach Rügen und 1839 nach Schottland und England geführt hatten. Im Jahre 1841 hatte er bei Eugène Isabey in Paris seine künstlerische Ausbildung fortsetzen können. Nach einer Reise durch Frankreich 1843 war er schließlich nach Berlin zurückgekehrt. Von den Landschaftsbildern, die der junge Künstler in Berlin präsentierte, war Humboldt sofort begeistert. Er sah in ihm einen sehr talentierten Maler und wurde sein Förderer, so wie er für viele andere vielversprechende junge Naturforscher und Künstler den Weg bahnte. Humboldt machte König Friedrich Wilhelm IV. auf Hildebrandt aufmerksam. Im ersten Auftrag des Königs reiste Hildebrandt 1844 nach Brasilien, zum ersten Mal außerhalb Europas, im Gepäck ein Empfehlungsschreiben Humboldts vom 20. Dez. 1843. Mit seinem Namen und seinen Arbeiten warb Humboldt um Unterstützung für den Reisenden. Weitere Reisen führten Hildebrandt 1847 nach England und Schottland (mit seinem Bruder Friedrich), 1848/49 nach Spanien und den Kanarischen Inseln, 1851/52 nach Palästina, 1853 nach Norditalien und 1856 zum Nordkap. Hildebrandts Reise um die Welt von 1862 bis 1864, seine letzte, erlebte Humboldt nicht mehr. Alle diese Reisen machte Hildebrandt mit finanzieller Unterstützung des Königs. Und Hildebrandt zeichnete an den Orten, von denen der König Bilder für die Gemäldesammlung wünschte. Humboldt übernahm es, für die Palästina-Reise die Vorgaben des Königs auf einer Liste „Landschaftliches für Palaestina“ zu notieren.

Nach den Reisen, wenn Hildebrandt seine Bilder vollendet hatte, war es Humboldt, der beim König immer wieder den Ankauf der Bilder ins Gespräch brachte. Dem Generaldirektor der königlichen Museen, Ignaz von Olfers, meldete Humboldt 1846: „Es sind für die Privatsammlung für 58 Stück Friedr.d’or (also nicht alle) gekauft worden.“ Hildebrandt erinnerte er immer daran, seine Bilder, die der König zu sehen wünschte, in einer guten Art zu präsentieren, riet ihm, wie und wo sie aufzustellen wären, damit sie in bestem Licht erscheinen konnten. Neben dem König von Preußen erwarben auch die Zaren Nikolaus und Alexander von Russland sowie Königin Victoria von Großbritannien Bilder von Hildebrandt. Wie sehr sich Humboldt in der Vermittlung engagierte, davon zeugen seine überlieferten Briefe an Hildebrandt. Seiner Wertschätzung für Hildebrandt gab der preußische König Ausdruck, indem er ihn zum Hofmaler und Professor an der Berliner Kunstakademie ernannte.

II. WISSENSCHAFT 150

Alexander von Humboldt und Eduard Hildebrandt hatten sich durch ihre Vorliebe für die Landschaftsmalerei näher kennengelernt. Daraus entwickelte sich trotz des Altersunterschieds von 48 Jahren eine langjährige persönliche Freundschaft. Humboldt schätzte Hildebrandts „freundliches, bescheidenes Wesen“, seinen Willen, etwas Großartiges zu schaffen. Das waren Charakterzüge, die Humboldt selbst eigen waren. Auf seinen Reisen in Amerika war er achtungsvoll den Menschen der verschiedenen Bevölkerungsschichten gegenüber aufgetreten. Er hatte die bedrückende Lage der Sklaven aus nächster Nähe kennengelernt und war ein Gegner der Sklaverei geworden. Und auch Hildebrandt setzte sich für Menschen ein, die im Leben ein schwieriges Auskommen hatten. Oft veranstaltete er Ausstellungen seiner Bilder, deren Erlös er „zum Besten der Armen“ spendete. Bei Humboldts Geburtstagsfeiern, die dessen Nichte Gabriele von Bülow am 14. Sept. gewöhnlich in Schloss Tegel ausrichtete, war Hildebrandt, wenn er sich in Berlin aufhielt, ebenso stets zu Gast wie bei den Diners, die Humboldt in seiner Wohnung in der Oranienburger Straße 67 gab. Auch wenn sich Humboldt gelegentlich über Hildebrandts Hang mokierte, „vornehme Speisungen sehr zu lieben“, verhalf er ihm zu Einladungen in adelige Häuser. Diese nicht ernst gemeinte Lästerei konnte die Freundschaft nicht trüben. Für Humboldt war Hildebrandt eben „wie ein Glied unseres häuslichen Kreises“.

Auch wenn er in erster Linie ein Landschaftsmaler war, es vorzüglich verstand, auf seinen Bildern den „Zauber des Lichtes“ einzufangen, so porträtierte Hildebrandt doch gern seinen Förderer Humboldt. Die Aquarelle „Alexander von Humboldt in seinem Arbeitszimmer“ (1845) und „Alexander von Humboldt in seiner Bibliothek“ (1856) sind die beiden bekanntesten Bilder. Detailgetreu hatte Hildebrandt Humboldt in seinem häuslichen Umfeld wiedergegeben. Sein 1850 geschaffenes Öl-Porträt, das Humboldt wie „aus dem Spiegel gestohlen“ erschien, befindet sich in der Alten Nationalgalerie Berlin.

Als Humboldt am 6. Mai 1859 in Berlin in seiner Wohnung verstarb, weilte Hildebrandt in Paris. Nachdem er die Nachricht vom Tode erhalten hatte, schrieb er ergriffen an seinen Freund, den Hofschmied und Tierarzt Ludwig Raabe: „Was für ein Verlust dieses traurige Ereignis ist, wissen wir am besten, wir die wir sein prachtvolles, gutes Herz kannten; so … verlieren wir eins nach dem andern, bis wir selbst aufhören zu sein“. Hildebrandt lebte noch neun Jahre. Er starb am 25. Okt. 1868 in Berlin, sein Leichnam wurde zur Bestattung nach Stettin gebracht. Gedenktafeln an den Häusern Oranienburger Straße 67 und Am Kupfergraben 6a in Berlin erinnern an das Wirken von Humboldt, den Schöpfer des „Kosmos“, und an Hildebrandt, den „Beherrscher des Lichts und der Farbe“. Dr. Ulrike Moheit

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234 HUMBOLDT, Alexander von, Naturforscher, 1769 – 1859. 2 Zeichnungen, Tinte laviert, eigenh. bezeichnet am Ober- und Unterrand und signiert „Humboldt“. Juni 1799 (und 1803/04). Ca. 21,5 × 31,1 cm und 21,7 × 30,8 cm. Gering fleckig. (8.000.—)

Zwei Zeichnungen vom Inneren des Kraters des Vulkans Teide (Teneriffa), „mit dem Loch in dem der Meerhorizont gesehen wurde“ (Nr. 243, Brief vom 27.III.1851).

Zeichnung „I“: „Interieur du Crater du Pic de Teyde, bord occidental, esquissé en descendant du bord oriental“. Nachträglich am rechten Unterrand vermerkt (Tinte): „terminé à Mexico d’après une esquisse que j’ai faite dans le cratere le 22 Juin 1799.“

Zeichnung „II / Continuation de I“: „Interieur du Crater du Pic de Teyde. Grande Breche occidental dessinée depuis la pente orientale du Crater“. Nachträglich am rechten Unterrand vermerkt (Tinte): „terminé à Mexico.“

Nach Alexander von Humboldts beiden Skizzen fertigte Wilhelm Friedrich Gmelin 1805 in Rom eine Zeichnung vom Kraterinneren des Teide an. Dabei vereinigte Gmelin die Ansichten der beiden Zeichnungen auf einem Bild, wobei er die Ansicht von I auf der rechten Hälfte und die Ansicht von II auf der linken Hälfte darstellte. Gmelins Zeichnung diente als Vorlage für den Stich von Pietro Parboni, der auf Tafel 54 in den „Vues des Cordilleres et Monumens des peuples indigènes de l’Amérique“, Paris 1813, abgebildet ist. (Die „Vues des Cordilleres“ sind Partie 1.2. des Reisewerks „Voyage de Humboldt et Bonpland“). Die Abbildung auf Tafel 54 zeigt den „Piton ou Pain de Sucre, qui renforme la Caldera du Pic de Ténériffe. On y distingue la pente rapide du cône couvert de cendres volcaniques, un mur circulaire de laves entourant le cratère qui n’est plus qu’une solfatare, et une large brèche qui se trouve dans ce mur, du côté de l’ouest. J’avois esquissé ce dessin sous un point de vue purement géologique“ („Vues des Cordilleres“, S. 275).

Alexander von Humboldt war mit seinem Reisegefährten Aimé Bonpland am 5. Juni 1799 in La Coruña zur Reise nach Amerika aufgebrochen. Zwischenstation war auf Teneriffa vom 19. bis zum 25. Juni 1799. Am 21. Juni 1799, nur ein Jahr nach dem Ausbruch des Vulkans, bestiegen sie den Teide. Am 22. Juni kamen sie von dort zurück, denn am 23. Juni, „abends“, schrieb Humboldt an seinen Bruder Wilhelm, dass sie „Gestern Nacht“ vom Berg zurückgekommen wären. Überwältigt fuhr er fort: „Wir waren bis tief im Krater, vielleicht weiter als irgend ein Naturforscher. Überhaupt waren alle, außer Borda und Mason, nur am letzten Kegel. Gefahr ist wenig dabei, aber Fatige von Hitze und Kälte … Fast mit Tränen reise ich ab.“ Von Teneriffa ging die Reise weiter nach Venezuela. Am 16. Juli 1799 wurde Cumaná erreicht, und von dort ging es nach Caracas. Am 7. Febr. 1800 brachen Humboldt und Bonpland von dort zu ihrer Reise auf dem Orinoco auf.

In Mexiko-Stadt hielten sich Humboldt und Bonpland vom 12. April 1803 bis zum 20. Jan. 1804 auf. In fünf Jahren bereisten und erforschten sie die heutigen Staaten Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ekuador, Peru und Mexiko. Die Reise wurde als zweite, die wissenschaftliche Entdeckung Amerikas gewürdigt (vgl. Klencke, Hermann, Alexander von Humboldt’s Leben und Wirken, Reisen und Wissen, Leipzig 1870, S. 54).

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Nr. 234 Krater des Pico de Teide

(A. v. Humboldt)

235 Handzeichnung eines Fisches (Bleistift), mit eigenh. Beschreibung und Bezeichnungen (Tinte und Bleistift). (Am Rio Negro, Mai 1800.) Ca. 19,0 × 26,5 cm. Gering fleckig. (6.000.—)

„Pavon de l’Orenoque et du Rio Negro dans la langue des Indiens Caridaqueres le genre s’appelle Saupa. Il y a 3 especes: 1o celle que j’ai figuré. Iugul[are]: Corpus oblongo-lanceolatum. Rictus amplissimus subedentulus (dents en velours) Irides magnae aureae. Corpus viride nigro punctatum, squamis minutissimis Corpus maculis quatuor (ultima pone caudam) nigro caeruleis zona aurea marginatis longitudinaliter variegatum. Pinna dorsalis totum dorsum occupans radiis 54 pungentibus. Cauda obtusa. Pinnae ventrales ovatae, pectorales lanceolatae; analis radiis 9. Dans les ouies 4 lames doubles. Sulca inter oculos. Long. 1– 3 pedes. Le plus beau poisson de riviere que j’aie vu Rio Negro. Delicieux à manger. 2o même forme mais au lieu des 4 grandes taches, 4 zonae transversales nigrae margine aurea. Dans tout l’Orenoque et dans les ruisseaux qui ont des eaux tres limpides: surtout d’un gout exquis dans l’Atabapo. 3o meme forme. Corp. viride maculis minutis flavis quadruplici ordine longitudinaliter dispositis. Macula magna caerulea, flavo-marginata, singula in cauda.“

Am rechten Rand, neben der Zeichnung, die eigenh. Bezeichnung (Bleistift): „Margraf p 162 / Acara“. – In der „Historiæ Rerum Naturalium Brasiliæ“ von Georg Marcgrave und Wilhelm Piso, in Leyden und Amsterdam 1648 erschienen, ist auf S. 161–162 der „Acarapeba Brasiliensibus“ beschrieben.

Am rechten Oberrand nachträglich bezeichnet:

„Cichla Schn[eider]

Cuvier II p 279

Gilj I p 76

non le Paon ou Spare / Saxat[ilis] Enc[yclopédie] p 98 / t. 184

Labre / Paon Lace[pède] III p 486

mais il a des dentes / validis.“

Eine erste Skizze und Beschreibung des Fischs hatte Humboldt in seinem Tagebuch von der Reise auf dem Apure, Orinoco, Casiquiare und Río Negro festgehalten (Tagebuch IV, Blatt 50 R).

Unter der Überschrift „Le Pavon du Rio Negro“ beschrieb Humboldt den Fisch als „Cichla orinocensis“ in den 1821 veröffentlichten, gemeinsam mit dem Zoologen Achille Valenciennes erarbeiteten „Recherches sur les poissons fluviatiles de l’Amérique Équinoxiale“, die im 2. Band seines „Recueil d’Observations de Zoologie et Anatomie comparée“, Paris (1813 –)1833, auf S. 145 – 216 erschienen. – Der „Recueil“ ist Partie 2 des Reisewerks „Voyage de Humboldt et Bonpland“. – In dem Zoologie-Werk wurde der „Cichla orinocensis“ auf S. 167–168 zum ersten Mal beschrieben.

Nach Humboldts Skizze fertigte Nicolas Huet eine Zeichnung an, die als Vorlage für den Stich von Jean Louis Denis Coutant diente. Abgebildet wurde der Fisch („fast nach einem Drittel seiner natürlichen Größe“) auf Tafel 45, Fig. 3. Die auf der Zeichnung erwähnten anderen beiden Arten sind auf S. 168–169 als „Cichla atabapensis“ und „Cichla temensis“ beschrieben. Valenciennes bezeichnete den „Pavon de l’Orénoque“ als neue Art.

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II. WISSENSCHAFT

Für die Erstbeschreibung des „Cichla orinocensis“ aus der Familie der Buntbarsche, der bis zu 70 cm lang und bis zu 6 kg schwer wird, benutzte Humboldt die auf dem Oberrand der Zeichnung notierten

Werke von:

Schneider, Johann Gottlob, und Marcus Élieser Bloch, Systema Ichthyologiae iconibus cx illustratum, Berlin 1801;

Cuvier, Georges, Le Règne animal distribué d’après son organisation, Paris 1817, Bd. 2; Gilij, Filippo Salvatore, Saggio di Storia Americana, Rom 1780 – 1784, Bd. 1; und Lacépède, Bernard Germain Étienne, Histoire Naturelle des poissons, Paris 1802, Bd. 3.

Am 7. Febr. 1800 waren Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland von Caracas zu der Reise auf dem Orinoco aufgebrochen. Am 30. März hatte die Flussfahrt begonnen, die ihren Abschluss mit dem Erreichen von Angostura am 13. Juni fand. Humboldt befuhr die Flüsse Atabapo, Temi und Tuamini und gelangte auf dem Rio Negro bis San Carlos (7. bis 10. Mai). Auf dieser Reise hatte er, wie er im „Recueil d’Observations de Zoologie et Anatomie comparée“ (S. 168) schilderte, den sehr schmackhaften Fisch oft gegessen und ihn im Tal des Rio Negro gezeichnet. Das war wohl am 6. Mai 1800 auf der Insel Dapa, die „ungemein malerisch mitten im Strome“ des Rio Negro liegt („Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Continents“, Stuttgart 1860, Bd. 3 S. 379). Der Fisch war dort von den Einheimischen gefangen worden. Von der Insel Dapa aus erreichte er nach einer zwölfstündigen Flussfahrt am 7. Mai 1800 San Carlos del Rio Negro. Für Alexander von Humboldt war der Fisch der schönste, den er auf der Flussfahrt gesehen hatte.

Vom Orinoco kehrten Humboldt und Bonpland nach Cumaná zurück, wo sie bis zum 16. Nov. 1800 blieben. Von Nueva Barcelona aus reisten sie nach Kuba, wo sie am 19. Dez. 1800 ankamen und sich bis zum 5. März 1801 aufhielten.

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(A. v. Humboldt)

236 Handzeichnung eines Fisches, bezeichnet und signiert „Humboldt del.“ (Bogotá, Juli 1801.) Ca. 16,5 × 21,9 cm, Tinte. Gering fleckig. (4.000.—)

Zeichnung des „Guapucha del Rio Bogota“ mit der Schwimmblase „vessie natat[oire]“ darunter.

Am rechten Oberrand bezeichnet (Tinte): „Animalia MSS. n 53“. – Am rechten Unterrand (Tinte): „guapucha“ neben dem durchstrichenen Wort „Atherina“.

Am rechten Unterrand nachträglich bezeichnet mit Bleistift (sehr blass): „pas Poecilia / Lebias 5 rayons aux branchies / Cuv. II p 199“. – Georges Cuvier führte in seinem Werk „Le Règne animal distribué d’après son organisation“, Paris 1817, Bd. 2, S. 199 aus: „Les Lebias. (Cuv.) / Ressemblent aux pœcilies, excepté qu’ils ont cinq rayons aux branchies et que leurs dents sont dentelées.“

Humboldt beschrieb den Fisch, den er zuerst für einen Atherina hielt, im „Recueil d’Observations de Zoologie et Anatomie comparée“, Bd. 2, Paris 1833, S. 154 –156.

Humboldt zeichnete den kleinen, bis zu 8 cm langen Süßwasserfisch aus der Familie der Echten Salmler im Juli 1801 in Bogotá, „dans la maison de M. Mutis“, wie er selbst im „Recueil“ (S. 154) schrieb. Weiter führte er aus (S. 155): „Le Guapucha habite, et peut-être exclusivement, à 1360 toise de hauteur, … les eaux froides de la petite rivière de Bogota qui parcourt le plateau de Santa-Fe et se précipite par le fameux Salto de Tequendama, en mèlant ses eaux, sous le nom de Rio Tocayama, à celles du Magdalena.“ Nach Humboldts Skizze fertigte Nicolas Huet eine Zeichnung an, die als Vorlage für den Stich von Jean Louis Denis Coutant diente. Eine Abbildung des Fischs („fast nach der natürlichen Größe“) befindet sich auf Tafel 45, Fig. 1. Achille Valenciennes zählte die Guapacha zu einer „espèce nouvelle de Pœcilie“ („Recueil“, S. 156).

Von Kuba kommend, waren Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland am 30. März 1801 in Cartagena an Land gegangen und hatten sich von dort auf die Reise nach Bogotá begeben. Einen großen Teil des Weges hatten sie auf dem Rio Magdalena (vom 21. April bis zum 15. Juni) zurückgelegt. Mit großem Gefolge, jeder in einer sechsspännigen Kutsche sitzend, waren sie am 8. Juli in Bogotá eingezogen. Die Kutschen hatte der Botaniker José Celestino Mutis vorausgeschickt, um die Reisenden gebührend zu empfangen. Bis zum 8. Sept. 1801, dem Tag der Weiterreise nach Quito, wohnten sie in einem Haus von Mutis („Reise auf dem Rio Magdalena, durch die Anden und Mexico“, Berlin 1986, Teil 1, S. 92 f.).

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Nr. 236 Guapucha del Rio Bogota

II. WISSENSCHAFT

(A. v. Humboldt)

237 Kartographische Handzeichnung, datiert „Quito Avril 1802“ und signiert „F. A. de Humboldt“. Tinte. Ca. 24,5 × 36,5 cm. Auf dünnen Karton gezogen. Ränder leicht bestoßen. (12.000.—)

„Carte de la Province de Quixos ; dressé sur des Memoires, Iournaux de route et, pour la partie occidentale, sur des observations astronomiques et opérations géodesiques par F. A. de Humboldt (premiere esquisse)“.

Am Oberrand (rechts): „Renvoi de Signes. / 1. Les trois Rochers de Chacana / 2. Mont. de Tupusil. / 3. M de Tablarumi / 4. Rochers et detroit de Muertepungo. / 5. Petit Lac de Lecheyacu, probablement l’ancien Crater, d’ou a pris naissance. / 6. El Volcan d’Ansango ou Pinantura, effet d’une eruption laterale d’Antisana. / 7. El Volcan de la Hacienda et / 8. Yanavolcan, deux Courans de laves. / 9. Loma frances. 10. M. de S Antoine. 11. Loma gorda / 12. M. de Limboguasi. 13. Collines de la Moya / 14. Colline de Cacatuna. / 15. Caverne à 2467 t. de hauteur. / 16. Point le plus élevé auquel des hommes ont porté des instumens. Le Barometre reduit à celui de Bouguer y descendit à 14po 11li. Nous parvis donc le 16 Mars 1802 à 2773 t. d’elevation sur les mers d’Europe. / 17. Limite inferieure de la neige perpetuelle à 2450 t. d’elevation. / 18. Vallé de Yurayalpa.“

Am Unterrand (links): „Remarque. / L’auteur s’est servi pour rediger cette Carte d’un grand nombre de Memoires et de Iournaux de route dressés tant par les Gouverneurs de los Quixos que par des personnes intelligentes qui ont suivi l’Expedition des limites du Marañon par les chemins de Papallacta et Antisana. Les Memoires de Mr. Dn Apollinario Diaz de la Fuente ont été d’un grand secours et l’on trouvera dans cette Carte un detail sur la pente orientale de la Cordillere des Andes qui manque à celle de Maldonado. La partie occidentale de la Province se fonde sur des observations astronomiques et des relevemens geodesiques que l’auteur y a faits en Mars 1802.“

Am Unterrand (Mitte und rechts): „Observations de l’Auteur.

Chillo, maison et parc du Mquis de Selvalegre lat. austr. long. oc. de Quito 0° ...... 0.h.

Pintac, habitation 0° 23’ 18’’ ...... 0.h

Habitation d’Antisana 0° 31’ 10’’

La plus haute Cime du Volcan d’Antisana 0° 27’ 35 ...... 0.h

Cette même Cime est eloignée de la maison d’Antisana (distance reduite à l’horizont) de 4813 toises. Son elevation audessus de la maison a été trouvée geometriquement de 1730 metres ou de 910 toises. Or cette maison, peutetre l’endroit habité le plus elevé du monde, a 2107 t. au dessus des mers d’Europe, ce qui donne au Volcan 3017 t. d’elevation. L’Inscription aux Iesuites lui assigne 3016 t. (La Condamine 3020 t.) harmonie casuelle, tant par ce que les Academiciens ont laissé une incertitude de 25 t. sur la haut. absolue des Montagnes de Quito reduite à l’Isle de l’Incas, que parceque l’auteur de cette Carte trouverait l’habit. d’Antisana de 2083 t. et la cime du Volcan de 2993 t. en supposant acec la Condamine que le Bar. se soutient à la mer à 337 lignes. – On met de Quito au Port de Napo 15 jours par terre, et du Port au Marañon 20 j. par eau.“

Erste Skizze der Karte von der Provinz Quijos im Vizekönigreich Neugranada, die als Vorlage diente für die „Carte de Province de Quixos, dressé sur les mémoires et journaux de routes des Gouverneurs de Quixos et d’Avila et dans la partie la plus occidentale sur des observations astronomiques et géodésiques par Alex. de Humboldt. Dessinée par A. de Humboldt à Quito en Avril 1802“. Die Kartenzeichnung diente als Vorlage für den Stich von Louis H. Berthe in Paris; sie ist abgebildet auf Tafel 10 in Humboldts „Atlas géographique et physique des régions équinoxiales du Nouveau Continent“, Paris 1814. (Der „Atlas“ ist Partie 1.3 des Reisewerks „Voyage de Humboldt et Bonpland“.)

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Für die kartographische Aufnahme der Provinz Quijos benutzte Alexander von Humboldt für den westlichen Teil seine eigenen astronomischen Beobachtungen und geodätischen Berechnungen, die er im März 1802 in der Umgebung des Antisana angestellt hatte. Am 6. Jan. 1802 in Quito eingetroffen, hatten sich Humboldt und sein Reisegefährte Aimé Bonpland Mitte Februar nach Chillo auf den Sommersitz von Juan Pio Montúfar, Marqués de Selva Alegre, begeben. Von Chillo waren sie am 15. März zum Antisana aufgebrochen, den sie am 16. März bestiegen hatten. Im Anschluss hatten sie die Pyramiden von Oyambaru und Caraburu bei Yaruquí besucht, die an die französische Expedition unter La Condamine und Bouguer 1741 – 1743 zur Meridianmessung erinnerten.

Für die Darstellung des östlichen Teils der Provinz wertete Humboldt Karten und Niederschriften der früheren Provinz-Statthalter Apolinar Díaz de la Fuente und Miguel Hernandez Bello aus. Bello war zudem Schatzmeister der spanischen Expedition zum Río Marañon von 1778, die die Aufgabe hatte, die Grenzen zwischen dem spanischen und dem portugiesischen Kolonialreich festzulegen. Humboldt erhielt im April 1802 in Quito von Bello eine Schilderung über Stärke und Ausrüstung dieser Expedition. Auf Bellos Niederschrift vermerkte Humboldt, dass diese Expedition wenig erreicht hätte und dass die Karte, die der Geograph und Expeditionsleiter Francisco Requena herausgegeben hatte, nur eine Kopie der Karte von La Condamine gewesen wäre.

Am 9. Juni 1802 reisten Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland aus Quito ab. Nächste Reisestation auf dem Weg nach Lima war Riobamba, wo sie am 17. Juni 1802 eintrafen. Humboldt schenkte Hildebrandt die Zeichnung, auch „um Ihnen zu zeigen dass ich recht leserlich schreiben konnte“ (Nr. 243, Brief vom 27.III.1851).

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II. WISSENSCHAFT

(A. v. Humboldt)

238 Handzeichnung mit eigenh. Vermerken (Bleistift), datiert „21.06.1802“, signiert „Alexander vHumboldt“ und bezeichnet „Chimborazo “ (Tinte). Ca. 16,7 × 29,7 cm. Etwas braunfleckig. (6.000.—)

Die „erste Linear Zeichnung“, die Alexander von Humboldt vom Chimborazo anfertigte (siehe Nr. 243, Brief vom 27.III.1851), mit der eingezeichneten Schneegrenze, bezeichnet „neige perpetuelle“ (sehr blass). Den Umriss bezeichnete er als „sehr detaillirt genau“. Für die Vermessung der Berge benutzte Humboldt geodätische Instrumente, ohne die es nicht möglich wäre, genaue Angaben über die Größe der Berge zu erhalten („Vues des Cordilleres et Monumens des peuples indigènes de l’Amérique, Paris 1813, S. 41 f.).

Am linken Oberrand Bleistift-Vermerke von Humboldt (sehr blass) über die vorgefundene Vegetation in verschiedenen Höhen. Am rechten Oberrand ebensolche Vermerke wohl von Aimé Bonpland (sehr blass):

„Neige perpetuelle 800 tois Rochers grisâtres 100 taches de neige {400 graminées jaunâtres 300 verdâtres herbes 200 arbriss[e]aux 400 1800 tois

hauteur de la plaine 1500 total 3300 toises“.

Am 21. Juni 1802 hielten sich Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland ganz offenbar in Riobamba und der nächsten Umgebung auf. Einen Tag später brachen sie von dort zur Exkursion auf den Chimborazo auf. Der Weg führte über Licán nach Calpi, wo die Reisenden übernachteten. Am Morgen des 23. Juni begannen sie den Aufstieg auf den Chimborazo, bei dem sie aber vor Erreichen des Gipfels umkehren mussten. Das umschlagende Wetter, Nebel und Hagel, der in Schneefall überging, hatte sie zur Umkehr gezwungen. Den Rückweg nahmen sie über den pflanzenreichen Paramo de Pungupala nach Calpi, wo sie am frühen Abend wieder eintrafen. Der folgende Tag führte sie bei schönstem Wetter über die Ebene von Tapia, wo Humboldt in der Nähe des Dorfes Licán wiederum den Chimborazo zeichnete. Die dort angefertigte Zeichnung diente als Vorlage für die Zeichnung von Jean Thomas Thibaut, nach der Louis Bouquet den Stich lieferte für die Tafel 25 in den „Vues des Cordilleres et Monumens des peuples indigènes de l’Amérique“. (Das Werk ist Partie 1.2. des Reisewerks „Voyage de Humboldt et Bonpland“). Am 25. Juni 1802 waren Humboldt und Bonpland wieder in Riobamba. Von dort brachen sie am 28. Juni zu ihrer Weiterreise nach Lima auf, wo sie am 23. Okt. 1802 eintrafen.

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Nr. 238 Chimborazo

II. WISSENSCHAFT

(A. v. Humboldt)

239 Handzeichnung des Kopfs eines Kondors (Tinte und Bleistift), signiert „Humboldt del Riobamba“ (Tinte). (Alt-Riobamba, Juni 1802.) Ca. 18,2 × 26,5 cm. Gering fleckig. (4.000.—)

Zeichnung: „der Kopf des grossen Condor“, nach links blickend und „nach Massen genau lebensgross“

(siehe Nr. 243, Brief vom 27.III.1851). Nach der Angabe in seinem Tagebuch („Reise auf dem Rio Magdalena, durch die Anden und Mexico“, Berlin 1986, Teil 1, S. 223) fertigte Humboldt die Zeichnung in Alt-Riobamba an. Dieser Ort war am 4. Febr. 1797 durch ein Erdbeben zerstört worden. Der Ort, in dem Humboldt sich vom 17. bis zum 28. Juni 1802 aufhielt, war 15 km nördlicher vom zerstörten Riobamba errichtet worden. Humboldt nannte ihn zur Unterscheidung auch Neu-Riobamba.

Alexander von Humboldt beschrieb den Greifvogel in seinem „Essai sur l’histoire naturelle du condor, ou du vultur gryphus de Linné“, den er am 13. Okt. 1806 im Institut de France in Paris vortrug. Aufgenommen wurde die Abhandlung in seinen „Recueil d’Observations de Zoologie et Anatomie comparée“, Bd. 1, Paris 1811, S. 26 – 45, mit den Abbildungen des „Vultur gryphus“ auf den Tafeln VIII und IX. Auf Tafel IX sind Kopf und Kralle des Vogels abgebildet mit dem Vermerk „Ad. Nat. del. A. Humboldt 1802“. Die Zeichnung diente als Vorlage für den Stich von Louis Bouquet.

Auf der Reise von Bogotá nach Lima durch die Anden 1801/02 sahen Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland oft den Kondor am Himmel kreisen. Bei der Besteigung des Antisana am 16. März 1802 schwebte der Vogel über ihren Köpfen („Reise auf dem Rio Magdalena, durch die Anden und Mexico“, Teil 1, S. 221). Am Pichincha (April/Mai 1802) wurde ein weibliches Tier geschossen. Und in Riobamba hatten sie die Gelegenheit, einen männlichen Vogel zu vermessen, der am östlichen Abhang des Chimborazo „genommen“ wurde („Recueil d’Observations de Zoologie et Anatomie comparée“, Bd. 1, S. 32). Am 23. Juni 1802 hatten Humboldt und Bonpland den Chimborazo bestiegen, mussten jedoch vor dem Erreichen des Gipfels umkehren und hatten keinen Kondor zu sehen bekommen.

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II. WISSENSCHAFT 163
Nr. 239 Kopf eines Kondors

(A. v. Humboldt)

240 Handzeichnung des Pico de Orizaba. (Jalapa, Febr. 1804.) Bleistift. Mit eigenh. Vermerk m. U. „AlHumboldt“, (Berlin, wohl März 1851,) Tinte. Ca. 18,8 × 25,0 cm. Gering fleckig, Feuchtigkeitsspuren. (6.000.—)

Zeichnung des Pico de Orizaba, vom Wald bei Jalapa aus gesehen. Die Zeichnung entstand zwischen dem 10. und 16. Febr. 1804. Humboldt hatte „unmittelbar am Pico de Orizaba“ die Höhe des Berges mit 2722 Toisen, etwa 5300 Metern, ermittelt. Dies schrieb er am 16. Febr. 1804 an Manuel Ruiz de Tejada, den Lehrer am Real Seminario de Minería in Mexiko-Stadt. Eine erste Skizze des Berges zeichnete Humboldt Ende Januar 1804, als er die Pyramide von Cholula bei Puebla besichtigte. Die Skizze befindet sich in seinem Tagebuch von der Reise auf dem Río Magdalena nach Quito (Tagebuch VII a und b, Blatt 260 R). Der Aufenthalt von Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland in Mexiko, dem Vizekönigreich Neuspanien, währte vom 22. März 1803 bis zum 7. März 1804. Auf dem Weg von Mexiko-Stadt nach Veracruz, um sich von dort auf die Rückfahrt nach Europa zu begeben, verweilten die Reisenden vom 10. bis zum 17. Febr. 1804 in Jalapa.

Nach Humboldts Zeichnung schuf Wilhelm Friedrich Gmelin in Rom eine Zeichnung, die die Vorlage für den Stich von Friedrich Arnold 1807 in Berlin war. Der Pico de Orizaba ist abgebildet auf Tafel 17 im „Atlas géographique et physique du royaume de la Nouvelle Espagne“, Paris 1811. Auf Tafel 17 ist vermerkt: „Pic d’Orizaba, vu depuis la Forêt de Xalapa. A. de Humboldt ad. nat. prim. del. 1804.“ Der Atlas erschien zu Alexander von Humboldts „Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne“, Paris 1811, 2 Bde. (Der „Essai“ ist Partie 3 des Reisewerks „Voyage de Humboldt et Bonpland“.)

Unter der Zeichnung der eigenh. Vermerk (wohl März 1851), als Humboldt Zeichnungen von Eduard Hildebrandt für den Atlas „Umrisse von Vulkanen aus den Cordilleren von Quito und Mexico“ für seine „Kleineren Schriften“ (Stuttgart und Tübingen 1853) anfertigen ließ (siehe Nr. 243).

„Orizawa (Mexico)

Der Vulkan über Wald gesehen, ganz wie im Mexicanischen Atlas, wo er in grösserer Ferne abgebildet ist, ohne dass man die untere Schneegrenze sehen kann. Hier soll man die Schneegrenze sehen, die aber wegen der grösseren Nähe und nördlicheren Lage minder regelmässig abgeschnitten ist. Die Färbung wünsche ich wie in den schönen Pyramiden von Ilinissa. (Die zu bestimmte Contour am Corazon bei Quito, wäre wohl zu mildern.)

Das Charakteristische des Vulkans Orizawa ist das Schiefe Maul des Craters.“ Ende Juni 1851 sandte Humboldt acht Zeichnungen an seinen Verleger Cotta. Für den Atlas lagen bereits am 5. Sept. 1851 die ersten Stiche vor, für die Humboldt den Braunton „Biester“ vorgeschrieben hatte. Hildebrandt fertigte dafür die Zeichnungen zu den Tafeln 4 („Chimborazo … Carguairazo“), 7 („Die Pyramiden von Ilinissa“) und 9 („Pic von Orizaba“). Bei der Zeichnung des Orizaba hatte Hildebrandt die Vorgaben und Wünsche Humboldts berücksichtigt. Die Schneegrenze war zu sehen und deutlich „das Schiefe Maul des Craters“. Der Hinweis auf die „Contour“ des Corazon war für den Maler Johann Friedrich Stock bestimmt, der die Zeichnungen zu den Tafeln 1 („Vulkan Pichincha“), 2 („Cayambe-Urcu“), 3 („El Corazon … und eine der Pyramiden von Ilinissa“), 6 („Cotopaxi“) und 8 („Iztaccihuatl … und Popocatepetl“) lieferte.

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II. WISSENSCHAFT
II. WISSENSCHAFT 165
Nr. 240 Pico de Orizaba

(A. v. Humboldt)

241 3 Handzeichnungen, davon 2 signiert „Humboldt“ und Humboldt del“. (1804.) Ca. 21,9 × 17,0, 21,8 × 16,9 und 21,9 × 16,9 cm. Bleistift. Mit nachträglicher eigenh. Bezeichnung am Oberrand (Tinte). Gering fleckig. (12.000.—)

Drei anatomische Zeichnungen des Herzens eines 11 Fuß langen Krokodils; die erste Zeichnung am rechten Oberrand nachträglich bezeichnet „Crocodile Anat[omie]“.

„Tab. I“: Darstellung des rechten Vorhofs („oreillette droite“) mit der zuführenden Blutader („veine cave“) und der Herzklappe, die vom rechten Vorhof zur rechten Herzkammer führt („valve qui mene de l’oreillette droite au ventricule droite“). – Am Unterrand: „Crocodile de 11 piés“.

„Tab II“: Darstellung der linken Herzkammer („Ventricule gauche“) mit der Herzklappe, die vom linken Vorhof zur linken Herzkammer führt („valve qui communique de l’oreillette gauche au ventricule gauche“).

„Tab III“: Darstellung der linken Herzkammer („ventr[icule] gauche“) mit der Aorta („aorte“) und den Schlüsselbein-Arterien („arteres subclavicures?“). – Am linken Unterrand der Vermerk über die Größe des Krokodils und seines Herzens: „Crocod[ile] de 11piés 2 pouces / Cœur de 4p 3le de long et 3p 2l de large“. Das Krokodil war etwas über 3,50 m lang, das Herz war ca. 11 cm lang und 8 cm breit. In seiner Abhandlung „Sur la respiration des crocodiles“, erschienen im „Recueil d’Observations de Zoologie et Anatomie comparée, Paris 1811, Bd. 1, S. 253 – 259, vermerkte Alexander von Humboldt auf S. 257 in einer Fußnote: „Je donnerai, dans la suite de mes observations zoologiques, le dessin du cœur du Crocodilus actus des côtes de la Vera-Cruz; ce viscère a été deposé au Museum d’histoire naturelle, à Paris.“

In Veracruz hielten sich Alexander von Humboldt und Aimé Bonpland vom 19. Febr. bis zum 7. März 1804 auf. Von dort traten sie die Rückreise über Kuba (19. März bis 29. April) und die Vereinigten Staaten von Amerika (20. Mai bis 30. Juni) an. Nach fünf Jahren betraten die Reisenden am 3. Aug. 1804 in Bordeaux wieder europäischen Boden. Offenbar unveröffentlicht.

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II. WISSENSCHAFT
II. WISSENSCHAFT 167
Nr. 241 Herz eines Krokodils

(A. v. Humboldt)

242 Über 60 Autographen: Manuskripte (Fragmente), Briefe und Schriftstücke. 1828 bis 1858. Über 60 S. quer-kl.-folio bis kl.-8o. Mit vielen eigenh. Streichungen und Zusätzen. Einige mit Randläsuren. (16.000.—)

Aus dem Nachlass des Malers Eduard Hildebrandt, in einem von diesem bezeichneten Umschlag (etwas defekt): „Manuscripte A. von Humboldts.“ Fragmente, die Humboldt offenbar für den Papierkorb bestimmt und die sein Diener Johannes Seifert vor der Vernichtung bewahrt hatte.

I. Fragmente von Manuskripten zu Humboldts Vorlesungen über physikalische Erdbeschreibung, den „Kosmos-Vorlesungen“. Insgesamt 62 Vorlesungen hielt Humboldt an der Berliner Universität vom 3.XI.1827 bis 26.IV.1828 und 16 Vorträge an der Singakademie vom 6.XII.1827 bis 27.IV.1828.

Für die 32. Vorlesung am 23.II.1828 an der Universität.

1) „... durch die Kristallographie, einer Bestimmung mannichfaltig geneigter Flächen, (einer sinnreichen Art von Erdmesskunst im Kleinen) bestimmt werden. Diese, auch die Lehre von dem inneren Bau unseres Planeten so wichtigen Disciplin (die Kristallographie) ist in Frankreich von Hauy, in Deutschland (und recht eigentlich unter uns) von Herrn Professor Weiss auf das scharfsinnigste begründet worden.“

„Hauy“: Réne Just Haüy (1743 – 1822), Mineraloge. – „Weiss“: Christian Samuel Weiß (1780 – 1856), Mineraloge.

2) „... Was wir heut zu Tage Geognosie nennen (eine Wissenschaft die eben so wichtig für das bergmännische Auffinden der dem Menschen nuzbarer Mineralien, als belehrend für die Geschichte unseres Planeten und seiner frühesten Umwälzungen ist) gehört zu den neuesten aller Naturwissenschaften. Sie zählt kaum 40 Jahre und verdankt ihr Dasein dem ernsten Stu[dium]“.

3) Bezeichnet „XVIII e“. „... Untersuchungen über die Beschaffenheit des festen Erdkörpers, über die Veränderungen, welche die Oberfläche (durch Erhebung vulkanischer Inseln und Berge; durch Erdbeben und Wasserfluthen erlitten) haben die Alten … fast eben so als unsere Zeitgenossen beschäftigt. Unter den Griechen (wie unter den neueren Geognosten) gab es Vulcanisten und Neptunisten von denen die einen wie Heraclit alles dem Feuer, andere (aus der ionischen Schule) alles dem Wasser zuschrieben.

Dieser Streit der Elemente dauerte lange (wie einst in der Natur) so in den Schriften der Geognosten fort; aber seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts (wie bei den Griechen zu Platons Zeiten) gewann in der geologischen Theorie der Vulcanismus sichtbar die Oberhand.“ Angeheftet ein Schriftstück aus späterer Zeit: „Geognosie Innere Wärme / Durchdringung bei hoher Wärme ohne Schmelzung Beispiele / Berzelius Jahresbericht 9t Jahrgang p 125“.

Berzelius, Jöns Jakob, Jahres-Bericht über die Fortschritte der physischen Wissenschaften, 9. Jahrgang, Tübingen 1830.

4) Bezeichnet „XVIII f.“: „Dieselben Geognosten (und ich bin selbst ein Beispiel dieser Umänderung wissenschaftlicher Meinungen durch Einfluss des Selbstbeobachteten) dieselben Geognosten welche sonst den vulcanischen Ursprung der Basalte, der Dobrite u. Mandelsteine leugneten ja selbst den felsigen Craterrand eines brennenden Vulcans nicht für vulcanisch hielten; sind jezt geneigt den Porphyr und Granit als Producte des Feuers als Erhärtung u Oxidation der Erdrinde unter Einfluss einer hohen Temperatur zu betrachten.

Ein englischer Geognost Herr Daubeny, Prof. in Oxford hat den scherzhaften Einfall gehabt, dieses Hinneigen zu vulcanischen Theorien, diesen Wechsel der Meinungen durch einen geologischen Thermometer anzudeuten,“

„Daubeny“: Charles Daubeny (1795 – 1867), Chemiker, Botaniker und Geologe.

5) Bezeichnet „XVIII i“: „... der verschiedenartigen Gebirgsmassen die (in bestimmter Folge) auf- und an einander gelagert, sich bald gewaltsam durchbrechen bald in oft wiederkehrenden Associationen gruppirt sind. / Das glänzende Verdienst die Beständigkeit“.

6) Bezeichnet am linken Oberrand „an 12h 35’“ und am rechten Oberrand „XXI“ (braune Tinte):

„A. Erdbeben

Erschütterung der festen und flüssigen Erdoberfläche deren Ursache unseren Sinnen nicht wahrnehmbar ist, unterirdische Ursache … überall falsch Localursachen gesucht!

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II. WISSENSCHAFT

Erscheinungen Nicht Windstille

a) Var. horaires des troubles

b) Getöse. bramidos de Pichincha 7 – 8 Min vor secousse, auch ohne … truenos subterraneos de Guanaxuato

c) verändert Magnet Incl. nicht Intensitet Cumana

d) mehr längst Küsten schwacher Widerstand / Chili – Guayaquil 300 geogr Meilen

e) verschieben – oscillation / trepidation – Untersch. zw. Lima, Quito …

f) verschlingt Riobamba Häuser unter Erde …

g) Chili ganze Strekke gehoben / Hafen Cumana / 1784 nur im Uebergangs thonsch. – porphyr enger Raum / bruit 30 Abril 1812 Caracas Calab. Vulca[n] Vincent Einfachste Ursache … Vesuv / am Schlakkekegel scheint 10 – 12“ vor Schlakke Ausbruch. (jezt Crater am Pichincha)

Vulcane. Sicherheitsklappen. Chimborazo. Volcan v Pasto Rauch / Riobamba 60 geogr

Meilen davon Stösse hörten nicht … auf bis bei Chalcis

Erschütterungs Kreise habituelle zusammen bebend. Hof. Lissabon 1755 halb Europa Canada Westind Kant …“

7) Schluss der 32. Vorlesung: „... bei jedem Wetter, aber nachher wohl veränderte Regenzeit tritt ein. Wenn Barom[eter] sinkt vorher wohl schon wo anders Erdstoß gewesen nicht bloss dynamisch, chemisch Flammen / Cumana / Fels Alvidras (Colares) Nov 1755 Rauch / Flammen / Kohlensäure ausstosen / kegelförmige Hügel … / Electric[ität] vallée le Pignerole besonders vallée Pelis u Clusson 1808 …“

Für die 33. Vorlesung am 27.II.1828 an der Universität.

8) Bezeichnet „Drei u Dreissigste Stunde“ und „XXII“ (braune Tinte): „Erdbeben und Hebungen der Continente u Bergketten … Als Folge der Erdbeben dynamisches Phenomen der Hebung ohne Feuerausbruch, allerlei Gebirgsarten

a) Chili (Mistris Graham)

b) Banda Ternate, laves nouvelles gonflées

c) Hebung der Continente / Buch Schweden sich heben v. Friedrichshall bis Abo / Celsius Zeichen 1730 / ungleich in 100 Jahren 3 – 4

Fuss / Südsee – Damerary

Quellen

1) heisse, Folgen eines im Inneren der Erde vorgehenden Prozesses, allgemeinen Prozesses wichtig durch was sie enthalten u. nicht enthalten / Temperatur hier nur von Thermal Quellen

II. WISSENSCHAFT 169

(A. v. Humboldt)

2) Las Trincheras entre Portocab[ello] et Valencia / Rio de aguas calientes und Granit 72o,4 R

3) reagirende Mittel sehr reine aus Granit, condensirte Dämpfe auch bei geringer Wärme. Onoto bei Maracay (35 ½ R) kein Niederschlag aber Gas …“

„Graham“: Maria Graham geb. Dundas (1785 – 1842), Ehefrau des Kapitäns Thomas Graham. – „Buch“: Leopold von Buch (1774 – 1853), Geologe und Paläontologe.

9) Bezeichnet „ad XXII“ (braune Tinte): „Quellen / Höhe / sehr hohe fast alle Schlesischen und Glazinischen / Warmbrunn, Flinsberg, Reinerz 1100 – 1550 Fuß … meist kalte Quellen mit Kohlensäure und Natron aus alten vulkan. Gebirgsarten

Gehalt / Gemeine Berliner Trinkbrunnen in 1 Pf. Wasser 3 – 12 Gran fixe Bestandtheile Rose Landek und Flinsberg außer freier Kohlens[äure] … 3 Gran fixe Best[andteile] … Osann Uebers[icht] der Heilquellen im Kön[igreich] Preußen 1827 p 8.

Manganoxyd fast in allen schlesischen Mineralquellen (Cudowa, Reinerz ..) …“

„Osann“: Emil Osann (1787 – 1842), Balneologe.

10) Temperatur-Angaben für die Heilquellen von Karlsbad, Aachen, Burscheid, Wiesbaden, Gastein, Kreuznach u. a.

Für die 34. Vorlesung am 1.III.1828 an der Universität.

11) Bezeichnet „XXIII“ und „folgen Vulcane“ (braune Tinte). – 44. Dazu eine Bleistift-Zeichnung „Vulkan Cayambe“ (etwas blass).

Für die erste Vorlesung an der Universität am 3. Nov. 1827 waren schon Tage vorher die Eintrittskarten für sämtliche Plätze im Auditorium vergeben. Die Resonanz war so stark, dass Humboldt seine Vorträge ab dem 6. Dez. 1827 auch in der Singakademie hielt. Da der Eintritt frei war, hatten alle Schichten der Bevölkerung, Damen wie Herren, Zutritt. Moritz Gottlieb Saphir witzelte im Berliner Courier im Februar 1828: „Der Saal faßte nicht die Zuhörer, und die Zuhörerinnen faßten nicht den Vortrag.“ Der Bemerkung widersprach Henriette Kohlrausch, Ehefrau von Heinrich Kohlrausch, Hausarzt der Familie von Wilhelm von Humboldt. Von ihr stammt eine Mitschrift der Vorträge an der Singakademie.

II. Auszüge aus wissenschaftlichen Publikationen.

Über Erdbeben und Vulkane:

1) „Erdbeben / Quellen / bei Erdbeben Frage von Ebbe u Fluth“ (es folgt eine kleine Zeichnung) „im Inneren Spannung unter Eis / schon viel Kosmos I p 180 / (Brief von Brünnow.)“ Am rechten Oberrand: „Quellen Bischof / Geysir Bunsen / Bunsen gebunden“.

„Brünnow“: Franz Brünnow (1821 – 191), Humboldts „astronomischer Freund“; siehe „Kosmos“, Stuttgart und Tübingen 1858, Bd. 4, S. 488. – „Bischof“: Gustav Bischof (1792 – 1870), Chemiker und Geologe, er regte die Erbohrung der Thermalquellen von Neuenahr an; siehe „Kosmos“, Bd. 4, S. 165. – „Bunsen“: Robert Wilhelm Bunsen (1811 – 1899), Chemiker; über Geysire siehe „Kosmos“, Bd. 4, S. 247 f.

2) „Ueber Erdbeben/ wichtig / Robert Mallet besonders … aus Report of Brit[ish] Assosc[iation] 1850“. Mallet, Robert, Report of the Facts of Earthquake Phaenomena, London 1850; er begründete die Seismologie; siehe „Kosmos“, Bd. 4, S. 215 und 487– 492.

3) „Tremblement de terre / pas de secousses jamais sur le plateau bolivien C. rendus 1843 Aout n 9 p 409“. Brogniart, Alexandre, Armand Dufrénoy und Léonce Élie de Beaumont, Rapport sur un Mémoire de M. Alcide d’Orbigny, intitulé: Considerations générales sur la géologie de l’Amérique méridionale, in: Comptes rendus des sciences de l’Académie des Sciences, Paris 1843, Bd. 17, S. 379 – 417.

4) „Turbaco / Das keinen Sauerstoff, keine Kohlensäure enthaltende Gas der Schlammvulkane scheint Stickgas (mit vielleicht … etwas Wasserstoffgas gemengt) zu sein. Eine brennende Kerze entzündete schlechterding nichts, sondern verlöschte. Ich weiß aber aus meinen Versuchen über die Grubenwetter, dass Wasserstofgas das bloss an den Firsten der Stollen steht und fest so als Wasserstoffgas characterisirt wohl nur darum nicht zu entzünden ist wenn es mit viel Stikgas gemengt ist …“ Am linken Rand: „Versuche vom 17–19 April 1801“. – Siehe dazu die Ausführungen im „Kosmos“, Bd. 4, S. 258 ff.

5) „Salsa Volcans de Turbaco / bei Galera Zamba (Carte d’Acosta lat 10o 50’ lg 78o) welche 1839 mit flammas aus Halbinsel eine Insel wurde. Aber 7 Oct 1848 aus dem Meere à la place de l’ancien Volcan stieg gerbe lumineuse auf qui éclaire toute? la Prov[ince] de Carthagene et de S[anta] Marta en 30 lieues Entfernung Haute pyramide de lumiere vapeurs noirs mais rien de projetté bloß Gaz, aber umher erhoben sich 50 petits cones autour du Vulcan sousmarin de ce Galera Zamba. Los Volcancitos à 3 lieues dans l’interieur Petits crateres d’argile remplis d’eau selon propos tout du gaz / … Acosta C. rendus Nov 1849 p 532“.

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II. WISSENSCHAFT

Siehe dazu die Schilderung im „Kosmos“, Bd. 4, S. 261 f. – „Acosta“: Joaquin Acosta (1800 – 1852), Geograph und Forschungsreisender; sein Bericht über den Ausbruch des Vulkans in: Extrait de deux Lettres de M. le colonel Acosta à M. Élie de Beaumont, in: Comptes rendus des sciences de l’Académie des Sciences, Paris 1849, Bd. 29, S. 530 – 534.

6) „Salses Flammen gebend wie Rayon bei Galera Zamba grosser Feuerausbruch 7 Oct 1850 / vu dans rayon de 30 lieues 50 Volcancitos umher kalt / C. rendus T 29. Nov. p 532“.

Über Magnetismus:

7) „stündliche Veränderung der Declination in Freiberg unter Erde / Dove in Pog. XIX p 364“.

8) „Var. de declin horaire à Freiberg von Dove zusammengetragen / Pog XIX p 361 / XX p 543 / alles Gehler VI p 1102 / ich Mendelsohn Garten Pog XV 319“.

„Dove“: Heinrich Wilhelm Dove (1803 – 1879), Begründer der Meteorologie. – „Pog.“. Johann Christian Poggendorf (1796 – 1877), Herausgeber der „Annalen der Physik und Chemie“, Leipzig 1824 ff. – „Gehler“: Johann Samuel Traugott Gehler (1751 – 1795), Physiker; sein Physikalisches Wörterbuch, Leipzig 1787 – 1795, erschien in einer Neubearbeitung in 11 Bänden, Leipzig 1825 – 1845; der erwähnte Band 6, 2. Abt., erschien 1836. – „ich“: Humboldt, Alexander von, Ueber die Mittel, die Ergründung einiger Phänomene des tellurischen Magnetismus zu erleichtern, in: Annalen der Physik und Chemie, Leipzig 1829, Bd. 15, S. 319 – 336.

Über Nordlicht:

9) „Nordlicht / es giebt schwarze Nordlicht Strahlen wie Rauch (also Finsterniss erregend) Hansteen in Kämtz III 463.“

„Hansteen“: Christopher Hansteen (1784 – 1873), Physiker und Astronom. – „Kämtz“: Kämtz, Ludwig Friedrich, Lehrbuch der Meteorologie, Halle 1836, Bd. 3.

10) „Aurores boreales“ / Martins Kämtz p 452 – 462 / ob bruit war ib[idem] p 460 / Das entscheidendste aber Art des Einflusses der Aur. bor auf Incl. u Int ist von Siljeström Martins p 461“.

„Martins“: Charles Martins (1806 – 1889), Naturforscher; er lieferte Anmerkungen zu Kämtz, A complete course of meteorology, London 1845. – „Siljeström“: Per Adam Siljeström (1815 – 1892), Physiker und Lehrer.

11) „Sehr viel schönes über Nordlicht / Martins – Kämtz p 452 – 462“.

12) „Ein ganzer Band aur. bor. / Lottin 1838 – 40 mit 564 Seiten“.

II. WISSENSCHAFT 171

II. WISSENSCHAFT

(A. v. Humboldt)

„Lottin“: Victor Charles Lottin (1795 – 1858), Geograph und Forschungsreisender; Lottin u. a., Aurores boréales, Paris 1845, in: Voyage de la commission scientifique du Nord en Scandinavie, en Laponie, au Spitzberg et aux Feröe pendant les années 1838, 1839 et 1840, sur la corvette La Recherche, Abt. 4; siehe auch „Kosmos“, Bd. 4, S. 205.

Über Quellen:

13) „Schneewasser / Regenwasser / Osann Heilquellen 1839 p 127 – 132 // Thermalquellen ob gleichzeitig mit künstlichen erkalten / Osann p 48 alles / Bischoff!“ Osann, Emil, Physikalisch-medicinische Darstellung der bekannten Heilquellen der vorzüglichsten Länder Europa’s, Berlin 1839, Teil 1. – „Bischoff“: Gustav Bischof (siehe oben).

14) „mit Hofmann sprechen / 1) Blökke / 2) Meeresströme Furchen / 3) Delta / 4) Blok Val de Bagne / 5) Aetna Fluss.“

„Hofmann“: Friedrich Hoffmann (1797 – 1836), Geologe und Mineraloge.

15) „Quellentheorie“ (daneben am linken Rand: „gemeine!“) / „Hofm p 422 – 463 / 1) auf Pantellaria Vulkan Dest. des Meerwassers p 443 / 2) oscillirend am Meeres Ufer p 449 / 3) Verdunstungwasser Dalton p 455 / 4) Ueberschwemmung Vieles plözl[ich] Ausbrechen von Wasser aus Erde 1824 … p 457 / 5) hängen m. Wärme nicht von Regen (Buch!) ab sondern Stein Hofm p 527 – 528 / Buchs Regenth[eorie] widerlegt …“

„Hofm“: Hoffmann, Friedrich, Physikalische Geographie, Berlin 1837. – „Dalton“: John Dalton (1766 – 1844), Chemiker und Physiker. – „Buch“: Leopold von Buch (siehe oben).

16) „Heiße Quellen Laplace p 261.“

„Laplace“: Pierre Simon Comte de Laplace (1749 – 1827), Mathematiker, Physiker und Astronom. Siehe: Exposition du Système du Monde, Paris 1824. Humboldt besaß das Werk in seiner Bibliothek.

III. Briefe und Schriftstücke.

1) O. O. u. D. „Mr de Humboldt ne sera probablement de retour de la Campagne que Samedi. Il aura le plus vif plaisir de recevoir les amis et parents du respectable Mr Weaver et de Mr James Cook.“

„Weaver“: Thomas Weaver (1773 – 1855), Geologe; Humboldts Kommilitone an der Bergakademie Freiberg. Humboldt besaß vier Werke von ihm in seiner Bibliothek. – „Cook“: James B. Cook, Reisender in Mittelamerika.

2) O. O. „Sontag“ o. J.: „Ein Brief von Arago den ich jezt erst unter meinen Papieren entdecke u den Sie behalten sollen. Er ändert nichts in dem was ich geschrieben …“

„Arago“: François Arago (1786 – 1853), Astronom und Physiker; Freund Humboldts.

3) O. O. u. D. (beschnitten). Nach einem Aufenthalt in Paris an einen Gelehrten. „... Vous m’aviez dejà comblé dans mon sejour à Paris, de tant de preuves de Votre bienveillant soutien que je savois d’avance, combien Vous daigneriez Vous interesser à un voeu dont dependoit le bonheur de ma vie laborieuse d’artiste, ce que je Vous doit, Monsieur, et à Votre intercession n’est pas la valeur attribuée à mes faibles travaux, c’est l’effet de Votre noble souvenir pour Celui qui est si vivement attaché à Vous, à Votre famille et au nom illustre que Vous portez …“

4) (Entwurf, Fragment) O. O. (1858). An König Friedrich Wilhelm IV. wegen der Übersendung des „4ten u lezten Band meines … Kosmos“.

5) „an den H[errn] Cammerarius Hermann Reimarus in Stralsund“. – „Reimarus“: Johann Hermann August Reimarus (1788 – 1858), Ratsherr in Stralsund.

6) „An Herrn Prof. Ritter“. – „Ritter“: Carl Ritter (1779 – 1859), Geograph und Forschungsreisender.

7) Varianten der Unterschrift: „Die neue: Alexander v Humboldt / Allgemeinschrift // die vorige: Alexander v. Humboldt // Die jezt eben erhaltene: Alexander v. Humboldt“.

8) Über den Amerika-Reisenden Balduin Möllhausen (1825 – 1905): „Herr Möllh[ausen] dessen Vorträge in der geogr[aphischen] Gesellschaft mehrmals in den Blättern Erwehnung geschehen ist hat die Ehre genossen Sr Maj des Königs seine Zeichnung des versteinten Urwald bei Zuni westl[ich] v[on] N[eu] Mexico, eines … Riesenbaums von 300 F[uß] Höhe u[nd] 32 F[uß] Durchm[esser] … vorzule[gen]. Sr Maj haben diese mahler[ische] Skizze mit vielem u huldreichen Interesse anzunehmen geruht.“

Siehe „Kosmos“, Bd. 4, S. 597. Im März 1857 verfasste Humboldt ein Vorwort für Balduin Möllhausens „Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee“, Leipzig 1858.

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243 34 e. Br. m. U. und 1 e. Schriftstück m. U. „Alexandre de Humboldt“, „AlHumboldt“, „AlHt“ u. a. Berlin und Potsdam 20.XII.1843 bis (18.VIII.1858) und o. J. 41 S. 4o bis quer-kl.8o. Mit gesiegelter Adresse (12). Einige mit eigenh. Streichungen und Zusätzen. Wenige leichte Randläsuren. (12.000.—)

Inhaltsreiche, teilweise unveröffentlichte Briefe an den Hofmaler Eduard Hildebrandt (1817 – 1868), dem Humboldt ein warmherziger Freund und Förderer war. Die Briefe sind ein beredtes Zeugnis dafür, wie Humboldt den Künstler in seinem Schaffen unterstützte.

Berlin 20.XII.1843. Empfehlungsschreiben für Hildebrandts Reise nach Brasilien und Nordamerika 1844/45. „Je me fais un plaisir bien vif de donner une marque d’interêt à un jeune artiste voyageur, mon compatriote, Mr Edouard Hildebrandt qui compte visiter le Brésil et d’autres parties du Nouveau Continent pour saisir comme peintre, rempli de talent, les grands traits du paysage des Tropiques. J’ose recommender cet excellent jeune homme, voyageant sous les auspices de Sa Majesté le Roi de Prusse , à tous ceux qui dans les deux Amériques ont conservé de la bienveillance pour mon nom et mes travaux. / Le Bn Alexandre de Humboldt“.

(Berlin) „Mittwoch Abend“ (1845?), mit Adresse Leipziger Straße 50. „Der König kommt morgen Donnerstag nach Berlin u befiehlt mir zu besorgen dass Ihr Bild in das Schloss gesezt werde. Es ist viel Wahrscheinlichkeit …, dass das Bild gekauft werde …“ Wohl Hildebrandts Aquarell „Alexander von Humboldt in seinem Arbeitszimmer“ (1845).

(Berlin) „Sonnabend“ (vor Juli 1846), mit Adresse Leipziger Straße 50. „Schreiben Sie mir einen Vornamen, lieber Hildebrandt. Ich habe Sie neben Rugendas sehr lobend in dem neuen Bande des Cosmos genannt. Ist auch Ihr Name so mit dt recht geschrieben / Hildebrandt? …“ – Im 2. Band des „Kosmos“, Stuttgart und Tübingen 1847, schrieb Humboldt über Landschaftsmalerei. In diesem Zusammenhang rühmte er Hildebrandts „Meisterschaft für die amerikanische Tropenwelt“ (S. 86). Im Juli 1846 war der Druck des 2. Bandes bis S. 103 abgeschlossen.

– „Rugendas“: Moritz R. (1802 – 1858), Landschaftsmaler.

(Potsdam) „Dienstag“ (1846), mit Adresse Leipziger Str. 50, wegen des Ankaufs von Aquarellen von Brasilien und den Vereinigten Staaten durch König Friedrich Wilhelm IV. „Ich habe Ihnen … 58 Fr. d’Or im Namen Sr Majestät zu zahlen für die Bilder die er ausgewählt zu ihren vollen Preisen, versteht

II. WISSENSCHAFT 173

(A. v. Humboldt)

sich. Die Zeichnungen die der König nicht genommen habe ich in eine der grossen u sicheren Mappen architectonischer Zeichnungen aus Paris gelegt, die in Sanssouci noch liegen bleiben bis H v Olfers sie zu sich nimmt …“ In der Nachschrift: „Der König hat die 2 Potsd[amer] Zeichnungen behalten leider! auch den prachtvollen Baum.“ – „Olfers“: Ignaz von O. (1793 – 1872), Generaldirektor der Königlichen Museen in Berlin.

Potsdam „Sonnabend Nacht“ (20.X.1849), mit Adresse „Kupfergraben n 6 A“. „Ich würde recht undankbar sein, … wenn ich Ihnen nicht meinen innigen Dank sagte, für den grossen Genuss, den Sie mir heute verschaft. Ihr schönes Talent ist wie erhöht durch den Anblik grösserer Gegenstände … Meine Abenderzählungen, die die Neugier des Königs neu gereizt, werden Ihnen Montag, übermorgen, … Prinz Carl und seine Tochter, Prinzess Louise zuführen. Suchen Sie ja sie vor Ihren Schäzen zu erwarten …“

– „Prinz Carl“: Karl Prinz von Preußen (1801 – 1883), General, Bruder von König Friedrich Wilhelm IV.; seine Tochter Prinzessin Luise (1829 – 1901) heiratete 1854 Alexis Landgraf von Hessen-PhilippsthalBarchfeld.

Berlin 17.IV.1850, nach einem Besuch der 37. Kunstausstellung der Kgl. Akademie der Künste, auf der Hildebrandt mit Aquarellen und Ölbildern vertreten war, darunter mit dem Ölbild „Abend auf Madeira“.

„Nach dem Lobe, das ich Ihrem herrlichen tiefen Meere gespendet, ist es mir schwer, … Worte zu finden um Ihnen den Eindruk zu schildern (Eindruk der Bewunderung) den mir Ihr Abendhimmel hinterlassen. Das ist das Eigenthümliche eines grossen Künstlers so die mächtige Natur aufzufassen, so die Technik in ihrer Vollkommenheit zu besizen, dass ohne eine Spur von Härte sich die Gegenstände, von Farbengluth umflossen darstellen können. Den schönsten Sieg, den Sie durch die Gesammtheit Ihrer Werke welche die Feste wie das Meer, den Character edler Pflanzenformen, wie die scharf accentuirte, betonte Architectur erfassen, in dieser gefühllosen Stadt errungen haben, ist der, dass der enthusiastisch[s]te Ihrer Verehrer ein Bildhauer ist, Rauch; seine Anerkennung Ihres herrlichen durch die Ausübung selbst immer wachsenden Talents bezeugt wie der Sinn des Schönen und Grossen in allen Kunstbestrebungen (plastischer Gebilde und Mahlerei) aus einer Quelle fliesst. Es war mir ein Drang, … Ihnen dies zu schreiben, damit, nach dem Tode des uralten Mannes … mein Andenken in Ihnen fortlebe.“ – „Rauch“: Christian Daniel R. (1777 – 1857), Bildhauer; Freund Humboldts. – Gedruckt in: Arndt, Fanny, Eduard Hildebrandt, der Maler des Kosmos. Sein Leben und seine Werke, Berlin 1869, S. 72 f. (Berlin) „Freitags“ (1850). „Wenn Sie in Ihrer geistigen Meisterschaft fast alles hervorbringen, so ist in diesem Schöpfungskreise doch noch Holzschneiden und Vergolden leicht nicht einbegriffen. Sie müssen daher das Versprechen halten das ich Ihnen so schwer abgedrungen. Alle die den Kopf bei mir sahen, sagen, er sei aus dem Spiegel gestohlen …“ Hildebrandt hatte ein Portrait in Öl von Alexander von Humboldt geschaffen. – Zum Teil gedruckt in Arndt, Fanny, S. 73. (Berlin) „Sonnabend“ (1851). „Liegt vielleicht bei Ihnen … mein Buch die kleine Ausgabe von Vues des Cordilleres et Monumens zwei Octav Bände?“ Im Febr. 1851 schenkte Humboldt dem Maler seine „Vues des Cordilleres et Monumens des peuples indigènes de l’Amérique“ mit der Widmung an den „Reisenden in beiden Hemisphären“ (Arndt, Fanny, S. 74).

B(erlin) 27.III.1851, mit dem Auftrag an den Landschaftsmaler Johann Friedrich Stock (1803 – 1866), Zeichnungen vom „Corazon“ und den „Vulkanen von Mexico“ anzufertigen, sowie mit der Bitte um eine Zeichnung vom „Pic von Orizaba“. Humboldt arbeitete damals an seinen „Kleineren Schriften“.

„Hier, mein theurer Hildebrandt, zwei neue Bitten an Herrn Stock dessen schöne Arbeit mich ganz befriedigt für das Heft der Form der Berge. Ich wünsche

1) den Corazon, Pl[anche] 51 in den Vues des Cordilleres aber mit Zuziehung meiner Original Zeichnung die ich aufgefunden

2) Vulkane von Mexico zu copiren aus Atlas du Mexique Planche 16 mit Zuziehung einer Zeichnung die nicht von mir ist.

Ich werde nun noch eine 3te Zeichnung brauchen, Pic von Orizaba, nach einem schönen klaren Oelbilde von Mr Gros (das Bild ist in Charlottenhof) das ich werde holen lassen und das zu verkleinern sein wird. Ich glaube es ist besser dann alle 7 Copien zugleich zu bezahlen, ein rohes Wort ohne das aber keine menschlichen Dinge zu Stande kommen. H[err] Stock wird Ihnen die Summe anvertrauen recht einfach und frei, denn es ist Sache der Cottaschen Buchhandlung.“ – Die Zeichnung „Pic von Orizaba“ fertigte Hildebrandt an. – „Gros“: Antoine Jean Baron G. (1771 – 1835), Maler. Er hatte das Bild Humboldt geschenkt. – Ferner bei Übersendung von Zeichnungen und Karten von seiner Hand.

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II. WISSENSCHAFT

„Im Suchen in meinen Papieren habe ich einige Kleinigkeiten von meiner Hand gefunden, die nach meinem Tode verloren gehen würden, u[nd] die ich gern in Ihren Händen wüsste als ein Andenken von 50 Jahren

mein junges Leibcrocodil das ich lange in einer Schachtel auf Maulthierreisen mit geschleppt. Es war 3 Wochen alt noch so beweglich biegsam dass es quiekend sich in den Schwanz beissen konnte. Es hat mir unter Glasglocken zu Versuchen über das Athmen der Crocodile gedient der Kopf des grossen Condor characteristisch und nach Massen genau lebensgross. die erste Linear Zeichnung die ich vom Chimborazo gemacht. Der Umriss sehr detaillirt genau. Nach einer anderen, auch in Paris gebliebenen Zeichnung von mir, ist das Kupfer: Chimborazo und Carguairazo

Die Palmeninseln im grossen Strohme, Rio de G[u]ayaquil, der vom Fuss des Chimborazo entspringend in die Südsee fällt. Ich habe an dem Quai der Stadt die schlechte Zeichnung entworfen. eine Cartenzeichnung von mir Antisana um Ihnen zu zeigen dass ich recht leserlich schreiben konnte zwei genaue Zeichnungen wie es im Crater“ (des Teide) „am 22 Jun 1799 aussah mit dem Loch in dem der Meerhorizont gesehen wurde

Ich schenke Ihnen auch eine Handzeichnung von Go[e]the’s Hand. Lesen Sie was darauf steht. Lächeln Sie nicht zu meinem Geschenke. Ich lege Ihnen Spasses halber auch mein Portrait bei …“ (Berlin, nach 27.III.1851). Mit der Bitte um Neuanfertigung von zwei Zeichnungen durch Johann Friedrich Stock: „Bitte um zwei neue Zeichnungen von der so geübten Hand des Herrn Stock Vulkane von Mexico in der Handzeichnung ist der untere Rand der Schneegrenze unangenehm vegetationsartig struppig und kleksig. Der Zeich[n]er hat kleine Thalschluchten ausdrükken wollen, auch ist von Mexico die Schneelinie minder scharf abgeschnitten als südlicher bei Quito. Die gestochene Platte no 16 im Atlas du Mexique ist besser Corazon (Berg des Herzens) mit der säulenartigen Pyramide von Ilinisa. Meine Zeichnung ist e[t]was characteristischer als der Stich in den Vues des Cordilleres Planche 51 … / beides in Biester Farbe“. –„Biester Farbe“: ein Braunton.

II. WISSENSCHAFT 175

(A. v. Humboldt)

(Berlin) „Sonntags“ (nach 27.III.1851), mit Adresse „Kupfergraben“. Sie haben mir viel Freude gemacht mit der schönen, so charakterischen Zeichnung des schiefmauligen Vulcans Orizaba – aber ich habe gleich Ihre Meisterhand erkannt. Nehmen Sie für diese neue Aufopferung Ihrer Zeit meinen herzlichen Dank an. Ich bin nie verlegen, von Ihnen zu empfangen und danke gern und gemüthlichst. Aber, mein theurer Freund, da ich das Ganze an meine Tyrannen nach Stuttgart schicke, machen Sie mir, wie Sie mir versprochen, das Leben auch bequem und leicht und schreiben Sie mir dieses Mal keinen Brief sondern lapidarisch (wie Sie mit H[errn] Stock gesprochen) schreiben Sie mir: / soviel Friedr[ich] d’Or für das Ganze.

Machen Sie, daß recht gut, recht zu seiner Zufriedenheit bezahlt werde …“ Ende Juni 1851 sandte Humboldt acht Zeichnungen an seinen Verleger Cotta. Die ersten Stiche lagen bereits am 5. Sept. 1851 vor. Humboldts „Kleinere Schriften“ mit dem Atlas „Umrisse von Vulkanen aus den Cordilleren von Quito und Mexico“ erschienen 1853 im Verlag von J. G. Cotta in Stuttgart und Tübingen. Hildebrandt fertigte für den Atlas die Zeichnungen zu den Tafeln 4 („Chimborazo … Carguairazo“), 7 („Die Pyramiden von Ilinissa“) und 9 („Pic von Orizaba“). Von Stock stammten die Zeichnungen zu den Tafeln 1 („Vulkan Pichincha“), 2 („Cayambe-Urcu“), 3 („El Corazon … und eine der Pyramiden von Ilinissa“), 6 („Cotopaxi“) und 8 („Iztaccihuatl … und Popocatepetl“).

Berlin 28.VI.1851. Empfehlungsschreiben für Hildebrandts Reise nach Italien, Ägypten, Syrien und Palästina. „Je prie des personnes qui, sur la côte africaine, ont quelque bienveillance pour mon nom et mes travaux de vouloir bien acueillir et aider de leurs conseils le porteur de ses lignes, Mr Edouard Hildebrandt, Peintre de la Cour, mon compatriote Prussien, aussi distingué par un grand et beau talent que par l’amabilité de son caractere. Je prends le plus affectueux interêt au succès de son voyage artistique. / Le Bn Al. de Humboldt.“

Potsdam „Dienstag“ (27.VII.1852). „Der König wünscht … Sie morgen Mittwoch nach der Mittagstafel gegen halb fünf Uhr im Marmorsaal zu empfangen und einen Theil Ihrer herrlichen Skizen zu sehen. Sie werden auch Rauch mit uns finden …“

(Berlin) „Sonnabend“ (1853). „Empfangen Sie meinen wärmsten Dank für Ihr liebenswürdiges Schreiben. Ich habe schon vor mehreren Tagen Ihrem Wunsche gemäss an G. L. Rath Reumont nach Florenz geschrieben und erhoffe guten Erfolg. Aus Ihrem Briefe schliesse [ich] dass Sie nun doch auch wünschen, dass ich nach Lissabon schreibe. Damit ich das thue, … müssen Sie zu mir kommen und mir nach Erkundigung sagen ob der Gesandte Bn Arnim jezt in Lissabon ist, ob er bloss Legat[ions] od[er] Geh. Legat Rath ist, ob er der Sohn von Bettina ist, den ich kenne? Ich würde gewiss nicht das Panorama ohne Sie besuchen, nemlich am Abend, denn andere Zeiten sind mir noch unmöglicher …“ – „Reumont“: Alfred von R. (1808 – 1887), Historiker und Diplomat; 1851 Leiter der preußischen Gesandtschaft in Florenz. – „Arnim“: Siegmund von A. (1813 – 1890), Sohn von Achim und Bettina (geb. Brentano) von Arnim. Er ging im Herbst 1852 als preußischer Geschäftsträger nach Lissabon.

Potsdam 30.XI.1853. „... Da des Königs Majestät den für Sie … so ehrenvollen, allergnädigsten Entschluss gefasst haben, von den von Ihnen im Orient nach der Natur aufgenommenen schönen Landschaften eine, hauptsächlich für Palaestina bestimmte Sammlung durch Sie in Oelbildern darstellen zu lassen, so bin ich von Sr Majestät beauftragt, Ihnen Folgendes in Erinnerung zu bringen:

Die Sammlung für Palaestina wird mahlerischen und an grosse historische Erinnerungen geknüpfte Gegenstände umfassen. Sie wird sich wahrscheinlich zunächst auf 15 bis 20 Gemälde erstrecken; wo möglich meist von einer Grösse und Form. Die zuerst ausgeführten sollen sein: Jerusalem mit dem Oelberge von Nord Ost gesehen; der Teich Bethesda; Nazareth und Bethlehem. Die … Bilder in der Palaestinischen Sammlung sollen 4 – 5 Fuss gross sein … Der Preis jedes Bildes, ohne Rahmen, wird der von Ihnen Selbst vorgeschlagene von 700 Thaler Courant sein …“ – Dazu wohl gehörend der eigenh. adressierte, gesiegelte Briefumschlag.

(Berlin) „Dienstags“ (1853). „Ich habe … den König an die Zahlung von 1400 r ohne Rahmen … gestern mündlich heute schriftlich erinnert. Der König ist noch in grosses Lob dieser ersten ‘herrlichen’ Bilder ausgebrochen u wie ich daran erinnerte: er sich 15 – 20 vorläufig bestellt sagte er betrübt: wenn ich die nur erlebte! …“

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II. WISSENSCHAFT

(Berlin) „Montag Nacht“ (3.XII.1855). „Erfreuen Sie mich … und kommen bei mir zu speisen um 3 Uhr nächsten Donnerstag vor H[errn] Mariette’s (des grossen Entdeckers des Serapis Tempels in der Ruine von Memphis) sehr naher Abreise. Sie werden bei mir finden Rauch , Liszt, Brugsch, Ehrenberg und mein Hausbesizer Alexander Mendelsohn  …“ – „Mariette“: Auguste Édouard M. (1821 – 1881), Ägyptologe; er wohnte während seines Aufenthalts bei Brugsch. – „Liszt“: Franz L. (1811 – 1886), Komponist. – „Brugsch“: Heinrich B. (1827 – 1894), Ägyptologe; von Humboldt gefördert. – „Ehrenberg“: Christian Gottfried E. (1795 – 1876), Naturforscher; begleitete Humboldt auf der Reise nach Rußland 1829. – „Mendelsohn“: Alexander Mendelssohn (1798 – 1871), Bankier; Eigentümer des Hauses Oranienburger Str. 67. – Das Essen wurde am 6. Dez. 1855 gegeben. Gedruckt in Arndt, Fanny, S. 61. (Berlin) o. D. „Vielen Dank für Ihren liebenswürdigen Brief, aber ich bitte Sie flehendlichst nur ihrem Bothen zu geben, aber nicht wieder Hand Selbst anzulegen. Es würde mich beunruhigen …“ Potsdam 6.VI.1856. Empfehlungsschreiben für Hildebrandts Reise zum Nordkap. Berlin 8.IX.1856, nach Hildebrandts Rückkehr vom Nordkap. „Ich benuze … die ersten Augenblicke Ihrer Ankunft um Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch zu der Vollendung einer so kühnen und gelungenen Reise, wie zu dem morgenden festlichen Tage darzubringen. Die Reise wird Ihrem schönen, viel umfassenden, bewundernswürdigen Talente neue Materialien der Verarbeitung liefern! Möge die Anstrengung der Sie Sich aus Liebe zu der Kunst ausgesezet, Ihnen im eintretenden neuen Jahre nie ein Hinderniss werden, im freiesten Genuss Ihrer edeln Kräfte zu verbleiben. Der 14te Sept. mein unwahrscheinlicher Geburtstag, der unbequeme 87ste, droht nahe. Frau von Bülow bittet Sie, den wir wie ein Glied unseres häuslichen Kreises betrachten, mich (mit Rauch ) nach Tegel am unvermeidlichen 14 Sept … zu begleiten …“ Hildebrandt beging am 9. Sept. seinen 39. Geburtstag. Gedruckt in Arndt, Fanny, S. 102.

Berlin „Sonntag“ o. J. „Wundern Sie sich nicht, … dass ich in diesen lezten Tagen vor meiner Abreise (die Abwesenheit des Königs wird wohl nur bis 23 – 24 Juni dauren) mir nicht die Freude habe verschaffen können, Sie zu sehen und Ihnen nochmals für den herrlichen Genuss zu danken, den mir Ihre so überaus talentvollen Arbeiten … verschaft haben …“ Gedruckt in Arndt, Fanny, S. 74.

Das Schriftstück, (Berlin 1851). „Landschaftliches für Palaestina / Westlicher Abfall des Libanon, wo man von Bayruth aus gegen Jerusalem aufsteigt und wo H[err] v[on] Wildenbruch der Kühlung wegen ein reizendes Landhaus bewohnte

Jerusalem liegt 2480 pariser Fuss über Bayruth oder über dem Spiegel des mittelländischen Meeres. Von Jerusalem steigt man 3800 Fuss zum Toten Meere herab weil dessen Spiegel 1320 par[iser] Fuss tiefer liegt, als der Spiegel des mittelländischen Meeres. Der König wünscht landschaftliche Ansichten von diesem östlichen Abhange wo die Vegetation gegen das Pilgerbad am Jordan allmälig zunimmt, wo wilde Thalschluchten sein müssen und man die Aussicht auf das Tote Meer und die östliche Bergkette jenseits des toten Meeres hat. Weg nach Kloster San Saba und Jericho.

Der König empfiehlt Ihnen … vor allem die Ansicht des Olivenberges und von Jerusalem, von Nordosten gesehen pag 117

den Brunnen von Siloam p. 69

den Brunnen von Hezekiah p 89 die Gräber vom Thal Ichosaphat p 115 die Gräber bei Siloam p 111 den Berg Zion p 59

Auch der Tiberias-See muss schöne Punkte gewähren. Das herrlichste für Sie wären Damascus und auf dem Weg dahin der uralte Cedernwald des Libanon.“ Am Rand eine kleine Höhenzeichnung von West nach Ost von Beirut über Jerusalem zum Toten Meer. Ferner am Rand: „Die Citationen sind aus Bartlett’s Walk about Jerusalem 1842.“ – „Wildenbruch“: Ludwig von Wildenbruch (1803 – 1874), Diplomat, Geograph und Forschungsreisender; Generalkonsul in Syrien und Palästina.

Beiliegend 2 e. Br. m. U.: 1) o. O. „Dienstags“ o. J., Fragment: „... Es ist noch nicht geschehen aber es giebt die beste Hofnung. Behalten sie, theurer Hild[ebrandt], auch dies für Ihr Familien Archiv.“; 2) o. O. u. D.: „Lesen Sie das Böse, das ich von Ihnen geschrieben und kleben Sie das lose Siegel.“ Ferner beiliegend ein eigenh. beschrifteter Umschlag von Eduard Hildebrandt: „Zeichnungen von A. von Humboldt“.

II. WISSENSCHAFT 177

(A. v. Humboldt)

244 2 e. Br. m. U. „AlHumboldt“ und „AHt“. Potsdam (20.IX.1850) und (11.IX.1857).

2 S. gr.-8o. Mit Adresse und einem eigenh. adressierten Briefumschlag. (1.200.—)

An seinen Diener Johannes Seifert in Berlin, Oranienburger Straße 67, jeweils die Bestellung von Kutschen betreffend.

(Potsdam) „Freitags“ (20.IX.1850). „Ich komme, mein lieber Seifert, Sontag herein um wie gewöhnlich nach Tegel zu fahren. Bestellen Sie da ich um 10 h hier weg fahre einen Wagen auf die Eisenbahn und einen 3/4 auf 2 Uhr nach Tegel. Laden Sie Rauch und H[errn] v[on] Loën dazu ein und verpacken Sie mein Bild damit es endlich der König sehen kann. Ich hoffe daß Ihre Kräfte zunehmen …“

In der Nachschrift: „Bitten Sie Prof. Buschmann zu kommen zwischen 1 und 2 Uhr.

Ich habe den theuren Brief aus Nord Amerique nehmen müssen weil ich mit Recht errieth er beziehe sich auf das grosse Dampf Schiff das meinen Namen führt“.

„Rauch“: Christian Daniel Rauch, Bildhauer; mit Humboldt befreundet. – „Loën“: Leopold Freiherr von Loën, Schwiegersohn von Humboldts Nichte Gabriele von Bülow. – „mein Bild“: Eduard Hildebrandts 1850 gemaltes Öl-Portrait von Alexander von Humboldt. Das Bild wurde im Sept. 1860 bei der Auktion von Humboldts Kunst-Nachlass in der Oranienburger Str. 67 verkauft. – „Buschmann“: Eduard Buschmann, Sprachforscher und Bibliothekar in Berlin; er schuf das Register zu Humboldts „Kosmos“ (Stuttgart 1862, Bd. 5).

Potsdam „Freitag“ (11.IX.1857). „Es ist wieder alles anders. Das grosse militärische Diner ist Sontag hier im Neuen Palais. Ich bitte Sie daher da ich an meinem Geburtstage 14 Sept, Montags früh ganz nach Berlin mich übersiedle einen Wagen Montags früh um 8 1/2 Uhr auf die Eisenbahn und einen viersizigen Waagen für Tegel um 1 1/2 Uhr zu mir zu bestellen. Dr Waagen und Hildeb[randt] fahren mit. Erinnern Sie den theuren Prof. Hildebrandt dass er 1 1/2 (nicht um 2 Uhr) bei mir sein soll …“

In der Nachschrift: „Schicken Sie auch wegen meines Gepäckes einen zweiten Wagen auf die Eisenbahn“. „Waagen“: Gustav Friedrich Waagen (1794 – 1868), Kunsthistoriker; 1830 wurde er Direktor der Berliner Gemäldegalerie.

Johannes Seifert (* 1800, † 6.V.1877 Preßburg) stand mehr als dreißig Jahre in Alexander von Humboldts Diensten. Er stammte aus Schlesien; sein Vater, ein Branntweinbrenner, war vor seiner Hochzeit im Okt. 1827 mit Emilie Caroline Thiede (* 12.IV.1801 Berlin, † 5.XII.1860 Berlin) in Bleischwitz verstorben. Seifert war aber mehr als Humboldts Diener. Er begleitete den Gelehrten 1829 auf der Reise nach Russland und 1842 nach Paris, 1841 setzte Humboldt ihn als Erbe ein. Humboldt nahm regen Anteil an Seiferts Familienleben; bei der Taufe von Seiferts fünf Kindern war er jedes Mal Pate. Kurz vor seinem Tod erwirkte Humboldt beim König für Seifert eine Stelle als Kastellan.

245 E. Billett m. U. (Berlin 1810/1812?) 3/4 S. quer-kl.-8o (oberer Teil eines größeren Blattes). (400.—)

„Ich bitte H. Knorr mir gütigst auf einige Tage die Leçons de Gay Lussac zurückzusenden u. H. Prof Oltmanns an die Corr[espondance] des tems (sans additions) zu erinnern, um die ich ihn vorgestern gebeten / AvHumboldt …“

Der Mathematiker und Astronom Jabbo Oltmanns hatte Humboldts astronomisch-geographische Beobachtungen für dessen Reisewerk bearbeitet.

Beiliegend ein e. Adressblatt an den ihm befreundeten spanischen Schriftsteller und Diplomaten Enrique Gil y Carrasco (1815 – 1846): „a Monsieur / Monsieur Enriquez Gil / aus Spanien / Charlottenstr. 44 // AvHumboldt“.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

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II. WISSENSCHAFT

„ein argloses Kind im Gemüthe“

246 E. Br. m. U. „A VHumboldt“. Berlin 10.III.1843. 2 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. Kleiner Faltenriss. Rechter Rand mit Läsuren. Anmerkung von fremder Hand am Kopf. (800.—)

An den langjährigen preußischen Hofprediger Bischof Rulemann Friedrich Eylert, der ihm den ersten Band seiner Biographie über König Friedrich Wilhelm III. gesandt hatte.

„... Alle Verehrer unseres theuren hingeschiedenen Herren sind Ihnen tiefen Dank schuldig. Die Milde die den Monarchen auszeichnete, ist über Ihr ganzes, edles Werk ausgegossen. So nahe ich unserm lieben König gestanden, so hat Ihre lebensfrische Charakter-Schilderung mir doch so vieles Schöne und Unbekannte offenbart. Es muss Ihnen eine Freude sein, wenn ich Ihnen sage, dass Ihr Buch der edeln Dulderin, der Herzogin von Orleans“ (Helene zu Mecklenburg-Schwerin), „einen grossen Genuss gewährt hat. Kanzler v. Müller in Weimar hatte dessen Genuss vorher verkündigt und das Buch der Prinzessin Helena empfohlen. Vor wenigen Tagen zeigte mir noch der Kanzler v. Müller (Göthe’s innigster Freund) einen … Brief der Herzogin. Sie dankte dem Kanzler ihr solch eine Freude verschafft zu haben. Ihre ganze Seele hängt an unserm lieben alten König, den Schöpfer ihres, freilich bald gestörten, häuslichen Glückes“ (ein Jahr zuvor, im Juli 1842, war ihr Ehemann, Ferdinand Philippe d’Orléans, infolge eines Kutschunfalls gestorben). „Das ist ein schöner Lohn, theuerster Bischof, für das Denkmal, dass Sie dem seltenen Regenten, in dem Güte und Kraft gepaart waren, zu errichten strebten. Sie haben eine Tiefbekümmerte getröstet. Auch ich bin Ihnen viele und unverbrüchliche Dankbarkeit schuldig. Sie haben das edelste, freundlichste, rühmlichste Wort über mich ausgesprochen, das je gesagt worden ist, das ich ganz zu verdienen wünsche: ‘ein argloses Kind im Gemüthe.’ Diese Eigenschaft in mir zu bewahren, unter so verwikkelten Verhältnissen eines bewegten Lebens, war das letzte Ziel meines moralischen Strebens. Dies Streben wurde von dem Monarchen erkannt und gewann mir eine Zuneigung, die er Wenigen in dem Maasse und der Dauer geschenkt …“

247 E. Br. m. U. (Empfangsvermerk: Berlin 8.II.1859). „Ihr treuester A Humboldt“. 1⁄3 S. gr.-8o. Leicht gebräunt und fleckig. Mit gesiegeltem Umschlag. (400.—)

An den Astronomen Christian Gerling in Marburg.

„Empfangen Sie, hochverehrter Freund, den Ausdruck meines innigsten Dankes für die wichtige Nachricht, welche Sie mir von der so vollständigen u[nd] glüklichen Beobachtung der Sonnenfinsterniss des 24 Aug. bei Payta“ (Paita, Peru) „und der Ankunft des vortrefflichen und kenntnissvollen, ungerecht verfolgten Gilles mittheilen. Ich werde jede Gelegenheit benuzen, unserm … Freunde durch wohlverdientes Lob zu nüzen. Es ist traurig zu sehen wie in den V[ereinigten] St[aaten] sich die ausgezeichnetsten Männer sich gegenseitig verfolgen …“

Der amerikanische Astronom James Melville Gilliss (1811 – 1865) hatte Gerlings Hinweis auf die Wichtigkeit der Venusbeobachtungen für die Bestimmung der Sonnenparallaxe aufgegriffen und zu diesem Zweck mehrere Reisen nach Südamerika unternommen.

II. WISSENSCHAFT 179

II. WISSENSCHAFT

(A. v. Humboldt)

248 E. Br. m. U. „A vHumboldt“. O. O. „Montags“ o. J. 1 S. gr.-8o. Schwach gebräunt. Kleine Einrisse am Kopf. (600.—)

An den langjährigen preußischen Hofprediger Bischof Rulemann Friedrich Eylert, nach Erhalt eines weiteren Bandes seiner Biographie über König Friedrich Wilhelm III.

„Wie soll ich Ihnen, Verehrungswerther Gönner und Freund (Sie erlauben dem, von dem edlen Monarchen einst so Begünstigten diese Freiheit und diesen Stolz). Sie haben mir eine neue Freude bereitet durch Uebersendung Ihrer treflichen Schrift. Dieser Abschnitt schildert mit ermuthiger Lebendigkeit das innige häusliche Verhältniss zu der mehr als schönen Königin Luise . Gestern Abend bemerkte ich mit Freude dass der König schon recht viel und mit grossem Interesse, an Ihrem Werke gelesen. Mögen Ew. Hochwürden fortfahren, der Frische und Ruhe des Geistes zu geniessen, welche zu der Vollendung eines solchen Denkmals der treuesten Anhänglichkeit erforderlich sind …“

„as far as possible, towards the North-Pole“

249 HUNTER, William, schottischer Anatom und Geburtshelfer, 1718 – 1783. E. Br. m. U. London 15.VI.1773. 21/4 S. 4o. Mit Blindsiegel und Adresse. Etwas gebräunt. Stellenweise schwacher Tintenabklatsch. – Mit 12 e. Zeilen des Adressaten auf der dritten Seite. (2.000.—)

Inhaltsreicher wissenschaftlicher Brief an den niederländischen Arzt und Botaniker Jan Ingenhousz in Wien, mit Dank, „from the bottom of my heart“, für die Übersendung von Präparaten für sein anatomisches Museum sowie detailliert über die pathologischen Studien zu seinem Werk „Anatomia uteri humani gravidi tabulis illustrata“.

Des Weiteren begeistert über die ersten arktischen Entdeckungsreisen der Royal Society, die diese unter der Leitung der Royal Navy unternehmen ließ; zwei Jahre zuvor war James Cook von seiner ersten Weltumsegelung zurückgekehrt. „... Mr Banks and Dr. Solander “ (die beiden Botaniker hatten an der Reise teilgenommen) „have been much courted since they came home. They have enriched natural history exceedingly. We are now all reading the history of these voyages, just published by authority. Our ship is just sailed, as directly, and as far as possible, towards the North-Pole“ – am 14. d.M. waren zwei Schiffe der Royal Navy zur ersten wissenschaftlichen Expedition zum Nordpol aufgebrochen, unter der Mannschaft der 14-jährige Horatio Nelson – „with astronomers and naturalists. She will return about September. We expect an increase of knowledge from this voyage, that may be very interesting. Our other ship you know is now exploring towards the South Pole . “ – Gemeint ist Cooks zweite Reise, deren Ziel, wie inoffiziell schon bei der ersten Reise, das Auffinden einer Terra Australis incognita war. – „All this is honourable for the country. Your friend Sir J[ohn] Pringle is very happy, and very active, as a President of the [Royal] Society …“

Hunter schließt den Brief mit der erneuten Bitte um „fine specimens in Natural History“. „... I have no specimen of the Minera Argenti cornea with silver mineraliced with the marine acid … Indeed it becomes very difficult to get any thing in Physick or Surgery that is worth publishing …“

Diesbezüglich fügt Ingenhousz, wohl als Stichpunkte für einen Antwortbrief, unter dem Brief hinzu: „Henckel“ (der sächsische Mineraloge Johann Friedrich H.) „having collected all kind of pyrites he could gett, could find never any gold or silver in it and thought therefore ther were none in nature, tho the miners of chemnitz allways have told the contrary … / he has two pieces of minera argenta cornea, found only in one mine of Saxony, and sometimes not in 10 or 20 years … they have not yet it in the Emperor’s cabinet“.

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Nr. 249

250 LASSBERG, Joseph Freiherr von, Germanist, 1770 – 1855. E. Br. m. U. „Auf der alten Meersburg“ 21.VII.1841. 21/2 S. gr.-4o. Rosa Papier. Am Kopf eine lithogr. Ansicht von Überlingen (ca. 9,5 × 15 cm). Kleinere Schäden restauriert. (600.—)

An seinen Schwager Werner von Droste-Hülshoff (1798 – 1867) auf Hülshoff, den Bruder der Dichterin, dem er jüngst erworbene Beiträge zu dessen Waffensammlung sendet.

„... Letzten Sonntag von meiner Badekur aus Überlingen zurükgekommen, wo ich noch so glüklich war beikommenden Schild zu erwerben, begann nun Jenny“ (seine Ehefrau, Schwester des Adressaten) „Berechnungen anzustellen, was man auf unsern reise wagen laden könne, und was nicht? In die lezte Klasse fiel denn auch alles, was ich Dir … für Deine altertümliche Waffensammelung, als einen freundlichen gruß, wie wir Schwaben zu sprechen pflegen, mitzubringen gedachte. Es tut mir leide, daß ich Dir für diese sachen nun porto verursachen muss …“ – Es folgt eine Auflistung der erworbenen Waffen und der Geschenke für andere Familienmitglieder.

„Jenny und ich haetten gerne noch etwas für Mamma“ (Therese v.D.-H. geb. Freiin v. Haxthausen) „beigelegt, aber alle meine versuche es noch in die kiste zu bringen, waren vergeblich; in unserm wagen aber wird es schwer unterzubringen sein, da es ser zerbrechlich ist, und doch muss es mit …“ – Im Folgenden dankt Laßberg „viele male für den schoenen und reichlichen beitrag, welchen Du für die kleine sammlung von alten Siegelsteinen &c uns zugedacht hast. Sie gehört Jenny …“ Beiliegend ein – aus pädagogischen Gründen in lateinischer Sprache abgefasster – E. Br. m. U. Laßbergs an seinen Neffen Friedrich von Droste-Hülshoff (1837 – 1919), Meersburg 1847, mit einer lithogr. Ansicht von Meersburg im geduckten Briefkopf (2 S. gr.-8o, grünliches Papier; mit Rest der Siegelmarke und Adresse), ferner beiliegend ein von Laßberg an „Frauelein Nette , Freiin von Droste zu Hülshoff, in Hülshoff … ganz frei“ adressierter, gesiegelter Briefumschlag (Meersburg 2.IV.o. J.). Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

II. WISSENSCHAFT 181

(J. v. Laßberg)

251 E. Br. m. U. Meersburg 31.XII.1845. 1 S. quer-4o (oberer, unter Berührung der Unterschrift abgetrennter Teil eines größeren Blattes). Leicht fleckig; durchgehender Riss restauriert. (400.—)

An den Buchbinder Beer in Konstanz.

„... Unterm 17t November sandte ich Inen: Dr Marbachs Nibelungenlied , und ersuchte Sie mir solches recht bald, nach anweisung zu binden; da nun nicht nur weihnachten verflossen ist; sondern auch morgen schon das neue iar eintrittet …, so finde ich mich vermüssiget, Sie andurch zu ersuchen mir dies Kostbare buch, durch umgehenden Dampfboote gemacht oder ungemacht zurükzusenden.“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff; verso ihr eigenh. Vermerk „Joseph von Laßberg“.

„ein Pferd athmet 158 Loth Kohlenstoff aus“

252 LIEBIG, Justus von, Chemiker; Begründer der Agrikulturchemie, 1803 – 1873. Eigenh. Manuskript. 60 S. gr.-4o bis gr.-8o. Mit zahlreichen chemischen Formeln im Text. Überwiegend paginiert. Mit zahlreichen Streichungen und Korrekturen. Einige längere Zusätze auf angehefteten bzw. angeränderten Blättern. Schwach gebräunt, vereinzelt leicht fleckig. Mit Anmerkungen von fremder Hand (Rötel und Blei). Die einzelnen Blätter liegen, jeweils durch Büttenpapier getrennt, in einem eigens angefertigten modernen Autographenalbum (Lederband in Schuber). (8.000.—)

„Die Thierchemie oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie“. – Aus dem Manuskript zur überarbeiteten und vermehrten 3. Auflage seines Werkes, Braunschweig 1846. Liebig entwirft in dem 1842 erstmalig erschienenen Werk ein Modell der chemischen Prozesse, die bei Verdauung, Atmung, Assimilation sowie bei Abbauvorgängen im tierischen Organismus ablaufen. Die Publikation sollte ihm hohes Ansehen und einen enormen Bekanntheitsgrad im In- und Ausland verschaffen. Das Werk ist in zwei Teile gegliedert: „Der chemische Process der Respiration und Ernährung“ (Kapitel I – XXVI) und „Die Metamorphosen der Gebilde“ mit dem (einzigen) Kapitel „Die Methode“.

Bei den folgenden Zitaten wird zuerst die Paginierung sowie Kapitelangabe des vorliegenden Manuskripts genannt sowie, in Klammern, das Kapitel und die Seitenangabe aus der 3. Aufl. seines Werks.

Das Manuskript beginnt mit Seite „2“ Kap. „XVII“ (S. 91 XVIII): „... [Wenn wir uns nun die Constitution der Kohlesäure] ehnlich denken wie die der organischen Seuren so besteht sie aus der Verbindung eines zusammengesezten organischen Radikals dem Kohlenoxyd und Sauerstoff  …“ – Es folgen 10 weitere Manuskriptseiten aus Kap. XVII (XVIII).

Seite „1“ Kap. „XVIII“ (S. 104 XIX): „Die Bestandtheile der Nahrung der Menschen und Thiere, welche unter Mitwirkung des atmospherischen Sauerstoffs in der Form von Kohlenseure und Wasser aus ihrem Korper treten, haben in Beziehung auf die Quantitet der Werme die sie in Folge ihrer Verbindung mit dem Sauerstoff zu entwikeln oder hinsichtlich der Zeit wehrend welcher sie die Temperatur des Korpers constant zu erhalten vermögen, einen sehr ungleichen Werth …“ – Es folgen 3 weitere Manuskriptseiten aus Kap. XVIII (XIX) .

Seite „1“ Kap. „XVIII“, „XIX“ (S. 107 XX): „Die Quantitet von stickstoffreichen Substanzen welche die Gras und Fleischfressenden Thiere in ihrer Nahrung genießen und zum Respirationsproceß verbrauchen ist sehr ungleich.

Die Kohlenstoffmenge welche ein achtmonatliches Schwein bei Kartoffelnahrung in 24 Stunden ausathmet betregt 42 Loth, ein Pferd athmet 158 Loth Kohlenstoff aus.

182

II. WISSENSCHAFT

Bei dem ersten Thiere verhelt sich die Kohlenstoffmenge die es in der Form von Blutbestandtheilen genossen hat (aus dem Stickstoffgehalt der Nahrung berechnet) zu der ausgeathmeten wie

1:6 beim Pferd wie 1:5. Wenn demnach als gunstigsten Fall angenommen wird daß aller Kohlenstoff der verzehrten Blutbestandtheile als Kohlenseure aus dem Korper dieser Thiere getreten ware, so betregt der zur Respiration verbrauchte jedenfalls das Vier bis Fünffache desselben …“ – Es folgt 1 weitere Manuskriptseite aus Kap. XIX (XX).

Seite „4“ Kap. „XXI“ (S. 126 XXV): „... Wenn wir voraussezen daß die Blutbestandtheile der Nahrung eines Thieres zur Respiration verwendet und in seinem Korper in Harnstoff, Kohlenseure und Wasser ubergefuhrt werden, so ergiebt sich aus der bekannten Zusammensezung derselben daß von 100 Volum[en] Sauerstoff welche in das Blut aufgenommen und zur Bildung dieser Produkte verwendet werden nur 84 Vol. in der Form von Kohlenseure an die Luft zurucktreten wehrend 16 Vol. als Wasser verschwinden …“ – Es folgt 1 weitere Manuskriptseite aus Kap. XXI (XXV).

10 weitere Manuskriptseiten stammen aus dem Schlusskapitel XXII (XXVI) des 1. Teils.

Die restlichen 31 Manuskriptseiten stammen aus dem 2. Teil „Die Methode“, daraus der Beginn: „Die Geschichte der Wissenschaften lehrt daß ein jeder Zweig der Physik in seinem Ursprunge nichts anderes umfaßte als eine Reihe von Beobachtungen und Erfahrungen die mit einander in keinem erweisbaren Zusammenhange standen.

Durch die Entdeckung neuer Thatsachen durch welche zwei oder mehrere der früher gemachten Erfahrungen mit einander in Verbindung gebracht wurden, waren alle Fortschritte bedingt; man gelangte erst zu speciellen Gesezen, die den Zusammenhang einer gewissen Anzahl an Naturerscheinungen in sich schlossen dann zu allgemeinen oder was das nemliche ist zu gewissen Ausdrucken der Abhengigkeit oder des Zusammenhangs einer größeren Reihe von Erfahrungen …“

Mit einigen Abweichungen vom gedruckten Text.

II. WISSENSCHAFT 183

(J. v. Liebig)

253 E. Br. m. U. Gießen 29.III.1844. 11⁄3 S. gr.-8o (600.—)

An (Levin Schücking), Redakteur der „Allgemeinen Zeitung“, dem er „einige chemische Briefe , nebst einer Einlage … als Anmerkung zum dritten Briefe“ sendet.

„... Betrachten Sie diese Anmerkung dem Sinne nach als eine Art von Schema und ändern und verkürzen Sie daran was Ihnen gutdünkt …

In den Briefen welche noch kommen, behandle ich die Theorie der wichtigsten landwirthschaftlichen Fabrikationen, nebst Anwendungen, nemlich die Gehrung, Feulniß und Verwesung, ich hoffe daß dieser Gegenstand das Allgemeine Interesse in Anspruch nehmen wird.

Was Kopps Geschichte der Chemie betrifft so mochte ich nicht wünschen, daß sie nur in Beziehung auf mich in Ihrem Blatte besprochen werden mochte, sondern auch und vorzüglich dieses trefflichen und gründlichen Werkes selbst wegen.

Ich darf wohl voraussezen daß die v. Cotta’sche Buchhandlung mir gestatten wird, nach dem Erscheinen der Briefe, sie zusammen in einem separaten Bendchen zu publizieren …“ – Erwähnt seine im Vorjahr erschienene „Thierchemie“ und seine „kleine Polemik gegen die microscopische Thierwelt“. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin; von ihr auf der vierten Seite eigenh. bezeichnet „Docktor Liebig“.

254* MASCHERONI, Lorenzo, italienischer Mathematiker („Euler-Mascheroni-Konstante“) und Dichter, 1750 – 1800. E. Br. m. U. Pavia 19.VI.1794. 1 S. gr.-4o. Schwach gebräunt. (800.—)

An „Illustrissimo Signore“, dem er einen Band seiner Gedichte übersendet.

„... L’occasione in cui torna alla patria il gentilissimo Sig[nor]e Giannini mi fa ardito di presentarle una seconda edizione di alcuni miei versi ai quali Ella ha voluta far quella grazia che i Grandi fanno per generosità, e di cui gliene conservo eterna riconoscenza.

Ella avrà le ultime migliori nuove del nostro Bertóla che ne fanno sperare un pronto ritorno …“ –Gemeint ist der Dichter Aurelio de’ Giorgio Bertola.

Sehr selten.

255* MÖBIUS, August Ferdinand, Mathematiker und Astronom; Direktor der Leipziger Sternwarte, nach ihm ist das Möbiussche Band benannt, 1870 – 1868. E. Br. m. U. Leipzig 10.V.1856. 1 S. gr.-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Leicht gebräunt. Schwach fleckig, Adressblatt defekt. (400.—)

An die „Redaction der Augsburger Allgemeinen Zeitung“, ein „Verzeichniß der von der Jablonowski’schen Gesellschaft in Leipzig gestellten Preisaufgaben zu gefälliger Insertion in Ihrer Zeitung“ betreffend.

256 MOMMSEN, Theodor, Historiker, Nobelpreisträger für Literatur, 1817 – 1903. E. Br. m. U. Charlottenburg 10.V.1894. 2 S. 8o. Mit gedrucktem Briefkopf. (250.—)

Wohl an einen Kollegen, in einer wissenschaftspolitischen Angelegenheit.

„... In dankbarer Erinnerung an frühere unserer Wissenschaft von Ihnen geleistete Dienste wage ich es Ihnen den beiliegenden Aufruf zuzusenden. Ein Anerbieten wie dieses von Seiten der griechischen Regierung abzulehnen ist ein solches testimonium paupertatis, daß wenigstens alles versucht werden muß, was möglich ist, um unserem Reichsinstitut die Annahme zu ermöglichen …“

Beiliegend ein weiterer E. Br. m. U.; an einen Kollegen mit Dank „für Ihre freundschaftliche Bereitwilligkeit“ (Berlin 1870).

184
II. WISSENSCHAFT

257 MÜLLER, Adam, Nationalökonom; Freund Heinrich von Kleists, 1779 – 1829.

2 e. Br. m. U. Berlin 22.IX. und 10.X.1809. Je 4 S. 4o bzw. kl.-4o. Leicht gebräunt, ein Brief etwas stärker. (800.—)

Bedeutende Briefe an (Friedrich August Stägemann,) preußischer Oberfinanzrat, wegen einer Anstellung in Berlin. – Müller entwickelt detailliert das Programm einer geplanten politischen Zeitschrift. Kurz zuvor hatte er, da seine Position im Napoleon-freundlichen Sachsen unmöglich geworden war, Dresden verlassen müssen, wo er durch seine Vorlesungen über deutsche Wissenschaft und Literatur Berühmtheit erlangt hatte.

22. September. Müller empfiehlt sich erneut (wie schon 1802) für den preußischen Staatsdienst, u. a. durch Übersendung mehrerer Schriften, darunter der „Entwurf eines Preussischen, für die Erhebung und Concentrirung der öffentlichen Meinung arbeitenden Regierungsblattes“. „... zugleich wage ich die für S[ein]e Majestät den König“ (Friedrich Wilhelm III.), „Herrn von Altenstein und Herrn Grafen Dohna bestimmten Abschriften … mit dem ersten Theil meiner Elemente der Staatskunst beschwert gegenwärtigem Paket beyzufügen … Kraft, physische nemlich, um jede Stunde meines Lebens diesem wichtigen Geschäfte zu bestimmen; einige Gelenkigkeit des Geistes, und vor allen Dingen unbegrenzter guter Wille und Liebe zum Vaterlande, sind die Eigenschaften, von denen ich mit Zuversicht weiß, daß ich sie mitbringe, wie ich alle etwaige Ansprüche auf die Gunst des erlauchteten Staatsmannes, zu dem ich rede, auch nur da herleiten will … In Berlin breche ich mir vorläufig die Bahn mit Vorlesungen über Friedrich 2 . und seine Institutionen (aus dem Gesichtspunkt des Jahres 1809) … In Behandlung des Publikums, wie in der Behandlung auswärtiger Kabinetter giebt es eine Gattung der diplomatischen Kunst. Mit der Rhetorik der Alten ist sie eine Zeitlang ausgestorben gewesen; vielleicht läßt sie sich wiederherstellen …“

10. Oktober. In der Zwischenzeit hatte Müller u. a. die Unterstützung „des Herrn Geheimen Staatsraths Sack für die Sache gewonnen … Entschuldigen Ew. Hochwohlgebohren meine Zudringlichkeit in dieser Sache. ich muß an etwas Zukünftiges, an das Glück Ihrer persönlichen Bekanntschaft zu meiner Rechtfertigung, appelliren. Die Lage der Welt und unsres Vaterlandes insbesondre ist mir immerfort alzugegenwärtig, als daß ich jetzt meine Freiheit hingeben würde für etwas geringeres, minder ersprießliches. Aber die Presse ist wie erfunden, ein … Schreibetalent wie geboren für eine Zeit, wie die gegenwärtige Preussische. Es sind, so unzählige, bey einer Totalreform unvermeidliche kleine Lücken auszufüllen, so viele schroffe Gegensätze des Alten und Neuen zu mildern; die einzelnen Patrioten wollen einander näher gebracht seyn, das ausschliessende Interesse für die Ereigniße des Auslandes, welches die meisten Gemüther beherrscht, will balancirt seyn, durch ein reiches, künftiges Interesse an den näheren, inländischen Begebenheiten: endlich, was das wichtigste ist, die herrschenden Staatsmänner der neuen Form der Dinge müssen dem Volke näher gebracht werden …“

Die geplante Zeitschrift sollte nicht verwirklicht werden, da Müller sich in Opposition zu Hardenberg stellte, der ihn schließlich 1811 in diplomatischer Mission nach Wien entsandte.

II. WISSENSCHAFT 185

258* MÜLLER, Johannes von, Schweizer Historiker, 1752 – 1809. 3 e. Br. m. U. Berlin und Wien 18.II.1801, 14.III.1801 und 14.III.1805. Dazu: 1 e. Briefschluss m. U. O. O. (nach Oktober 1806). 9 S. 4o. Mit Empfängervermerken am Kopf. Schwach gebräunt. Bei einem Brief Tinte stellenweise etwas durchschlagend. Ein Brief mit schwarzem Siegelrest und Adresse (defekt; Loch durch Siegelschaden, Klebefilmspuren). (1.200.—)

Wien 18.II.1801. An einen Grafen („Très-cher Ami“) mit der Nachricht vom geschlossenen Frieden von Lunéville, der den zweiten Koalitionskrieg zwischen Frankreich und Österreich beendet hatte. „... Avec l’Empire la paix doit être ratifiée dans l’epoque de 40 jours. Elle eût pû être encore plus mauvaise. Les Electeurs ecclesiastiques seront conservés. Quelle que la paix soit, il la faloit. Je n’ai pas besoin de le prouver à un homme qui connoit l’etat des provinces, des finances & de l’armée …

Je suis très-content de la liberté que m’accorde mon nouvel emploi pour celui de mes soirées & de beaucoup de jours de vacance. Je suis loin de regretter le bureau … Aussi je travaille beaucoup. Un trèsaimable officier, des dragons de la Tour, a passé quatre mois auprès de moi; celui-ci m’a fait faire des courses, fréquenter les théatres, l’Augarten, le Prater; depuis, je me suis derechef rendu absolument à mes etudes …“ – Aus seiner Zeit als Kustos der kaiserlichen Bibliothek in Wien.

Berlin 14.III.1805. An den Philologen August Ferdinand Lindau in Warschau, den er zu literarischen Arbeiten ermuntert. „... Lassen Sie sich durch keine wahre oder eingebildete Unbill beugen; dergleichen ist jedem, auch mir, mehr als Eine widerfahren … Im Grunde leben wir in einem Staat welcher alle mögliche Freyheit laßt; genug vors erste, daß Sie über die nöthigsten Bedürfnisse hinaus sind und in einer Stadt u. mit Jünglingen leben, welche viele Empfänglichkeit haben … Ich bitte Sie sehr … die classische Litteratur sich nicht verleiden zu lassen, und auch Jünglinge, die Ihres Umgangs näher geniessen, zu derselben immer zu ermuntern. Sie ist die Blüthe einer schöneren Welt …“

Brieffragment O. O. u. D. (nach Oktober 1806). Versuch einer Rechtfertigung seines Handelns nach Preußens Niederlage bei Jena und Auerstedt; Napoleon hatte den preußischen Hofhistoriographen bewogen, in französische Dienste zu treten. „... Mein System – die beyden großen teütschen Staaten und mit ihnen das Reich Mittelmacht zwischen den großen Kaiserthümern – ist bekannt (Vorlesung über Friedrich, 1805; u. wie viele Recensionen).

Man wollte nicht hören, am Ende 1805. Es schmerzte mich. Doch blieb einige Hoffnung auf den scheinbaren Enthusiasmus der preußischen Armee der doch halten könne bis andere sich regen … Was geschehen ist, wissen Sie. Da gab ich auf. Denn wenn auch hinterher die allerentschiedensten Siege gewonnen würden, so bald kein großer teütscher Mann und keine Nationalmacht sie erringt, ist der Kampf nur, ob Teütschland Franzosen oder Rußen zu dienen habe! / ich pflege meine Grundsätze nie zu ändern: Wie sie in den Briefe an Bonstetten zu lesen sind, so sind sie noch: So viele Freyheit, Würde, Glük, als nach den verschiedenen Umständen u. Formen für die Nation irgend erreichbar sind …“

259 NIETZSCHE, Friedrich, Philosoph, 1844 – 1900. Widmungsexemplar: Sokrates und die griechische Tragödie. Mit einer eigenh. Korrektur im Text. Basel 1871 (Privatdruck). 40 S. gr.8o. Originale weiße Moiré-Papier-Broschur (etwas lädiert, Bindung gelockert). Block stellenweise schwach fleckig, ganz vereinzelte zarte Anstreichungen in Blei. – Dazu ein von Nietzsche eigenh. adressierter „Kreuzband“-Umschlag (Defekte), Poststempel: Basel 28.VI.1872 (sic!). (30.000.—)

Äußerst seltener, in nur 30 Exemplaren hergestellter Druck, der nicht in den Handel gelangte, sondern von Nietzsche selbst verteilt wurde. Auf dem fliegenden Vorsatz Nietzsches eigenhändige Widmung „Meinem liebsten Freunde Erwin Rohde.“ – Auf Seite 31 eine eigenhändige Korrektur Nietzsches in Blei: „Poesie“, statt wie gedruckt „Philosophie“.

II. WISSENSCHAFT 186

Unter Nietzsches Widmung eine von Rohdes Hand stammende Eintragung, datiert „Kiel, 22. Juni 71“:

„‘Weisheit und Klugheit.’

Willst Du, Freund, die erhabensten Höhn der Weisheit erfliegen, trag’ es auf die Gefahr daß Dich die Klugheit verlacht.

Der Kurzsichtige sieht nur das Ufer, das Dir zurückflieht, Jenes nicht, wo dereinst landet Dein mächtiger Flug. Schiller“.

Verso (wohl ebenfalls von Rohde geschriebene) Zitate nach griechischen Autoren. Nietzsche hatte den Altphilologen Erwin Rohde (seit April 1872 Professor in Kiel) nach seinem Wechsel an die Leipziger Universität zum Wintersemester 1865/66 kennengelernt, wo der Kommilitone nicht nur sein Hausgenosse, sondern auch bald zum „Freund seines Lebens“ (Janz, Biographie Bd. I, S. 207) wurde. Die im Zuge der Arbeit an der „Geburt der Tragödie“ entstandene Schrift geht auf einen Vortrag zurück, den Nietzsche am 1. Februar 1870 im Basler Museum gehalten hatte. Da sich die Suche nach einem Verleger für das gesamte Werk schwierig gestaltete, ließ Nietzsche diesen Abschnitt im Frühjahr 1871 auf eigene Kosten bei G.A. Bonfantini drucken, um Freunden einen Eindruck vom Stand seiner Arbeit zu geben (zu den Umständen siehe Nietzsches Brief an Rohde vom 7.VI.1871, KGB II/1 Nr. 135).

Am 17. Juli schreibt Rohde an Nietzsche „Die Sokratesrede hat mich bis ins Tiefste erregt: das wäre ja ein Ansatz zu einer wirklich philosophischen Vertiefung in diese wunderbaren Vorgänge der Geburt der geheimnißvollsten Kunst … Ein Glücksgefühl ist es mir, wenigstens an Deiner Hand in diese purpurne Dunkelheit hinabtauchen zu können“ (A. a. O. II/2 Nr. 204); am 4. August dankt Nietzsche für Rohdes Teilnahme an seiner Arbeit – „Vieles aus dieser ‚purpurnen Dunkelheit’ wird noch deutlicher werden, wenn die ganze Schrift zusammenhängend vorliegt“ (A. a. O. II/1 Nr. 149).

II. WISSENSCHAFT 187

II. WISSENSCHAFT

(F. Nietzsche)

260 Eigenh. Musikmanuskript mit Widmung, Signatur und Datum am Rand. 2 S. quergr.-8o (ca. 14 × 27 cm), 6-zeilig (abgetrennter unterer Teil eines Notenblattes). Faltspuren, schwach fleckig, minimale Randläsuren. (60.000.—)

„Das ‘Fragment an sich’ abgeschrieben für meinen E. Rohde / im Monat des Wiedersehens, 16 Oct. 1871. / F. N.“ – Vollständige Komposition (22 Takte) für Klavier im 3/4- und 4/4-Takt, mit den Bezeichnungen „Sehr langsam“, „anschwellend“ und „da capo con malinconia“.

Im Herbst 1871 verbrachte Nietzsche einige Wochen in Naumburg, von wo er im Oktober nach Leipzig reiste, um seinem Verleger Fritzsch das Manuskript der „Geburt der Tragödie“ zu übergeben, aber auch um alte Freunde wie Rohde zu treffen. – „Vom 12. bis 14. Oktober traf er sich in der übermütigsten Laune mit Freunden in Leipzig. Zu seinem Geburtstag am 15. Oktober war er wieder zu Hause“ (C. P. Janz [Hrsg.], Friedrich Nietzsche. Der musikalische Nachlass, Basel, Bärenreiter 1976, Nr. 35, Kommentar S. 335 f.).

Musikmanuskripte Nietzsches sind von größter Seltenheit.

188
„die

Formel für meine Philosophie“

261 E. Br. m. U. sowie einer nochmals unterschriebenen „Nachschrift“. Turin „8.“ (recte: 10.?) XII.1888. 43/4 S. gr.-8o. Schwach gebräunt. (24.000.—)

Der große, in seiner Bedeutung weit über den unmittelbaren Anlass hinausweisende Brief an (Ferdinand Avenarius) zum „Fall Wagner “. – In seiner Zeitschrift „Der Kunstwart“ (2. Jg. 1888/89, 4. Stück, S. 52 – 56) hatte Avenarius eine Rezension von Nietzsches Freund Heinrich Köselitz (Ps. Peter Gast) unter dem Titel „Nietzsche – Wagner“ publiziert und einen eigenen kritischen Kommentar zu Nietzsches Abkehr von Wagner angehängt.

„... ich bin Ihnen aufrichtig dankbar für Ihre Kritik, mehr noch als für die ausgezeichneten Worte des Herrn Gast, – ich las sie mit Entzücken, Sie haben, ohne es zu wissen, mir das Angenehmste gesagt, was mir jetzt gesagt werden konnte. In diesem Jahre, wo eine ungeheure Aufgabe, die Umwerthung aller Werthe, auf mir liegt und ich, wörtlich gesagt, das Schicksal der Menschheit zu tragen habe, gehört es zu meinen ‚Beweisen der Kraft’, in dem Grade Hanswurst, Satyr oder, wenn Sie es vorziehn, ‚Feuilletonist’ zu sein, –sein zu können, wie ich es im ‚Fall Wagner’ gewesen bin. Daß der tiefste Geist auch der frivolste sein muß , das ist beinahe die Formel für meine Philosophie: es könnte sein, daß ich mich schon über ganz andre ‚Größen’ auf eine unwahrscheinliche Weise erheitert habe … Zuletzt thut dies meiner persönlichsten Pietät gegen Wagner am wenigsten Abbruch; noch im vorigen Monat habe ich jener unvergeßlichen Zeit der Intimität zwischen uns ein Denkmal gesetzt, das dauern wird: in einem Werke, das jetzt im Druck ist“ („Ecce homo“) „und das jeden Zweifel über mich wegnehmen wird. Auch Ihren Zweifel … Der ‚jüngere’ Nietzsche ist niemals über den Punkt ‚Wagner’ mit dem ‚älteren’ Nietzsche im Widerspruch gewesen: es bliebe wohl zu beweisen, daß jenes × von Wesen, dessen Psychologie in der vierten Unzeitgemäßen gegeben wird, wirklich etwas mit dem Gatten von Frau Cosima zu thun hat, oder

– Wissen Sie eigentlich, daß Herr Peter Gast der erste Musiker, der jetzt lebt, – Einer der Seltenen zu allen Zeiten, die das Vollkomm[ene] können? –

– Die Musiker, unter uns, finden, ich hätte Alles bewiesen, nur zu sehr … Man schreibt mir Briefe über Briefe …“

II. WISSENSCHAFT 189

II. WISSENSCHAFT

(F. Nietzsche)

„Nachschrift

Vergeben Sie mir, in aller Heiterkeit, eine Nachschrift: es scheint, es geht beim Fall Wagner nicht ohne Nachschrift ab. – Warum haben Sie eigentlich Ihren Lesern die Hauptsache vorenthalten? Daß meine ‚Sinnesänderung’, wie Sie es nennen, nicht von gestern ist? Ich führe nunmehr seit 10 Jahren Krieg gegen die Verderbniß von Bayreuth, – Wagner hielt mich seit 1876 für seinen eigentlichen und einzigen Gegner, die Spuren davon sind überreich in seinen späteren Schriften. Der Gegensatz eines décadent und einer aus der Überfülle der Kraft heraus schaffenden, das heißt dionysischen Natur, der das schwerste Spiel ist, ist ja zwischen uns handgreiflich (– ein Gegensatz, der vielleicht in fünfzig Stellen meiner Bücher ausgedrückt ist, zum Beispiel in der ‚fröhl. Wissenschaft’ S. 312 ff.). Wir sind verschieden wie arm und reich. Unter Musikern ist ja über die Armut Wagners gar kein Zweifel; vor mir, vor dem auch die Verstocktesten ehrlich werden, sind auch die extremen Parteigänger seiner Sache über diesen Punkt ehrlich geworden. Wagner war mir als Typus unschätzbar; ich habe an unzähligen Stellen den biologischen Gegensatz des verarmten und, folglich, raffinirten und brutalen Kunstinstinkts zum reichen, leichten, im Spiele sich echt bejahenden dargestellt – vergeben Sie mir! sogar mit der von Ihnen gewünschten ‚ruhig sachlichen Entwickelung der Gründe’ …“ – Zum Beleg führt er im Folgenden eine „kleine Hand von Stellen“ aus seinen Werken an. Avenarius druckte den Brief und die (als separaten Brief genommene) Nachschrift im „Kunstwart“ ab (A. a. O., 6. Stück, S. 89).

KGB III/5 Nrn. 1183 und 1184; nach dem Erstdruck im „Kunstwart“, ohne Anrede und Unterschrift und mit dem vermuteten Datum 10.XII.1888. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, dass Nietzsche die Rezension erst am 9. Dezember erhalten hatte (siehe Nietzsche-Chronik, 2000, S. 718).

190

Zwei Wochen vor dem Zusammenbruch

262 E. Br. m. U. Turin, „Freitag Morgen“ o. D. (15.XII.1888?) 1 S. gr.-8o. Schwach fleckig. (8.000.—)

Ebenfalls an (Ferdinand Avenarius), den er in einem weiteren Schreiben vom 10. Dezember (KGB III/5 Nr. 1185) um den Abdruck von Brief und Nachschrift im „Kunstwart“ gebeten hatte.

„Gut, lieber Herr! Ich bin durchaus kein Unmensch. Unter diesen Umständen wollen wir ja meine Zuschriften an Sie ungedruckt lassen, – ich wollte Ihnen nur einen kleinen Schrecken machen … Sie dürfen Sich immerhin gratulieren! Ihr Blatt hat bei weitem das Tiefste und Schönste über mich gesagt, was bisher gesagt worden ist.“ – Am 15. Dezember schreibt Avenarius, die Zuschriften seien „bereits gesetzt und gedruckt“ (KGB III/6 Nr. 628).

Kurzer Auszug gedruckt in KGB III/5 unter Nr. 1205.

II. WISSENSCHAFT 191

„mein Fritz“

263 NIETZSCHE, Franziska, geb. Oehler, seine Mutter, 1826 – 1897. 2 e. Br. m. U. „Deine alte Schwägerin Nietzsche“ und „Fr[anziska] verw[ittwete] Nietzsche“. Naumburg 5.XI.1867 und (Planitz) 5.VI.1869. 8 S. gr.-8o, eng beschriftet. Der erste Brief mit kleinem Randeinriss, der zweite leicht fleckig. (1.600.—)

An Rudolph Schenkel, den Schwager ihrer Schwester Ida, mit Nachrichten aus dem Familienkreis, insbesondere von „Fritz“, der als Student in Leipzig einen freundschaftlichen Umgang mit dem gleichaltrigen „Vetter“ gepflegt hatte.

Naumburg 5.XI.1867. Seit dem 9. Oktober leistete Nietzsche in Naumburg seinen Militärdienst bei der preußischen Armee. „... Eben hat es fünf Uhr geschlagen u. sitze mit meinem Fritz noch bis ¼ 6 am Kaffeetisch, indem wir schon unsre Portion genossen haben, es ist köstlich warm in der Stube u. darum hat eine solche Morgenstunde etwas so überaus Gemüthliches u. Behagliches. – Schon eine Zwischenpause indem Fritz doch keine rechte Ruhe hat, sobald die 5 vorüber ist u. so begleite ich ihn allmorgendlich mit dem mächtigen Hausschlüssel u. der Lampe bis an die Hausthür … ... Ja was sagst Du nur dazu …, daß mein Fritz Soldat ist, kannst Du Dir es nur denken? Es freut mich nur, daß er sich in das Unvermeidliche so mit Anstand u. Würde fügt u. das er dem Ganzen die interessanteste Seite abzugewinnen sucht u. eigentlich dabei ganz vergnügt ist. Daß er freilich sein Studium jetzt so gänzlich vernachlässigen muß, ist ihm oft schmerzlich, doch tröstet er sich, daß es später besser werden soll u. freut sich jetzt wie ein Kind über jede freie Stunde, welche er bei seinen Büchern zubringen kann. Für uns ist sein Hiersein natürlich eine besondere Freude u. auch für ihn, denn er meynte neulich: Daß er doch das Gefühl des Daheims kaum noch so wohlthuend empfunden hätte … Uebrigens hat er schon ob seines Reitens beim Unteroffizier, als bei d. Hauptmann Lob eingeredet, überhaupt erfährt er, wie wir merken, eine äußerst humane Behandlung …“ – Nietzsche schrieb am selben Tag an den „lieben Vetter“, um ihm zu dem „schönen Ehrenpreis der Universität“ zu gratulieren (siehe KGB I/2 Nr. 553). (Planitz) 5.VI.1869. Von einem Besuch bei der Familie ihrer Schwester Ida. Kurz zuvor, am 28. Mai, hatte Nietzsche seine Antrittsvorlesung in Basel gehalten. „... Gewiß bist Du böse …, daß ich Dir auf Deinen lieben so herzlichen Gratulationsbrief zu meines Fritz Berufung noch kein Wort des Dankes gesagt habe … Einigermaßen wirst Du mich aber entschuldigen, wenn ich Dir sage, daß ich 26 Briefe in dieser Zeit bekam …

... Von Fritz habe ich … Nachricht, daß es ihm wohl geht u. er, wie er schreibt, allen Grund hat, sich wohl u. behaglich zu fühlen …“

264* FÖRSTER-NIETZSCHE, Elisabeth, Schwester und Nachlassverwalterin des Philosophen, 1846 – 1935. 3 Br. m. U. („diktiert“), mit einigen e. Korrekturen und Hinzufügungen. Weimar 22.II., 26.X. und 29.XII.1931. 10 S. gr.-8o. Mit Briefkopf „Nietzsche-Archiv“ sowie „Stiftung Nietzsche-Archiv“. Etwas gebräunt. (600.—)

An eine ihr befreundete Dame, „Frau von Göckel“, u. a. über Veränderungen im Nietzsche-Archiv. – 1930 war die Schutzfrist für Nietzsches Werke abgelaufen. Für die erste Historisch-Kritische Gesamtausgabe wurde daraufhin ein wissenschaftlicher Ausschuss eingerichtet; die Ausgabe erschien ab 1933 bei C.H. Beck.

22.II.1931. „... Nun muß ich Ihnen noch erzählen wie prachtvoll Prof. Emge“ (Carl August E.) „sich in die Leitung und Arbeiten des Nietzsche-Archivs eingelebt hat, und wie begeistert er sich ausspricht, daß im Nietzsche-Archiv die gesamten wissenschaftlichen Arbeiten und Ausgaben mit solcher peinlichen philologischen Gewissenhaftigkeit gemacht worden sind. Das ist für meine beinahe 40jährige Tätigkeit eine

II. WISSENSCHAFT 192

große Genugtuung, denn ich habe mir die größte Mühe gegeben immer die gewissenhaftesten Gelehrten zu der Arbeit heranzuziehen. Am letzten Sonntag und Montag war die erste Sitzung der wissenschaftlichen Kommission die aus Prof. Emge, Dr. Oswald Spengler und Generaldirektor Prof. R[ichard] Köhler besteht …“

26.X.1931. Dank für ein Buch über Heinrich Brüning. „... Ich habe noch den ganzen Abend darüber nachdenken müssen, wie schwer der Reichskanzler unter den zahllosen Angriffen leiden muß, gerade, weil er ein so tiefempfindendes Gemüt und ein Charakter ist, den man wirklich nur mit den großen katholischen Heiligen vergleichen kann …“

Das Archiv wurde 1894 in Naumburg gegründet. Elisabeth Förster-Nietzsche leitete es bis zu ihrem Tod.

„zwei Begegnungen in meinem Leben“

265 MARBACH, Oswald, Philologe und Schriftsteller; Schwager Richard Wagners, 1810 – 1890. E. Br. m. U. Leipzig 5.VII.1874. 4 S. gr.-4o. Rand- und Faltenrisse, schwach fleckig. (600.—)

An Nietzsche, dem er im März des Jahres seine Begeisterung über die „Geburt der Tragödie“ ausgedrückt und seine in diesem Jahr erschienene Nachdichtung der „Oresteia des Aeschylos“ gesandt hatte. Nietzsche äußerte sich (am 14. Juni) lobend über die Arbeit, womit er dem Verfasser „eine recht große und tiefe Herzensfreude gemacht“ habe, zumal nachdem (in der Jenaer Literaturzeitung) eine abfällige Rezension erschienen war.

„... ich kann nicht leugnen, daß ich schmerzlich zu leiden gehabt durch die Einsamkeit, in welcher ich mit meinen ästhetischen und poëtischen Bestrebungen Zeit meines Lebens mich befunden habe. Nur zwei Begegnungen in meinem Leben haben mich mit reiner Freude und Selbstvertrauen erfüllt. Die erste … war das geistige Wiederfinden, nach langer schmerzlicher Trennung, Richard Wagners , dessen ältere Schwester meine erste heißgeliebte Gattin war. Was ich auf meinem einsamen Wege der Theorie und der leider von ihrer Mutter, der Musik, längst abgefallenen – oder auch von der Mutter verstoßenen Poësie, ahnungvoll gesucht, erstrebt und zum Theil gefunden, das hat Richard Wagner glorreich auf dem sicheren aber unsäglich mühseligen Wege der künstlerischen Praxis ganz gefunden, oder richtiger aus seiner mit dämonischer Heldenstärke begabten Seele wiedergeboren … Die zweite mich hochbeglückende Begegnung ist die mit Ihnen, verehrtester Herr …“ – Mit mehreren Korrekturen. KGB II/4 Nr. 551.

Zürich, „eine alte, feste Burg der Wissenschaft“

266 ORELLI, Johann Caspar von, Schweizer Klassischer Philologe, 1787 – 1849. 2 e. Br. m. U. und 1 e. Schriftstück m. U. Chur und Zürich 2.X.1818 bis 3.I.1838. 8 S. (gr.-)4o. Der letzte Brief mit Trauersiegel und Adresse. (800.—)

An den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen. Chur 2.X.1818. Bestätigung der leihweisen Überlassung einer Nibelungenhandschrift durch Laßberg. „Ich Endesunterschriebener bescheinige hiemit von dem Hochgbornen H. Freiherrn Joseph von Lasberg zu dem von ihm selbst bestimmten Zwecke, die erste Hohenemserhandschrift des Nibelungenliedes … mit dem ihm bekannten Mangel von vier Blättern, erhalten zu haben … Bei der Zurücksendung werde ich mir von der Post eine auf fr. 1600 hiesiger Währung gestellten Empfangschein geben lassen.“

II. WISSENSCHAFT 193

(J. C. v. Orelli)

Zürich 13.VII.1836. Bei Rücksendung einer Juvenal-Handschrift. „... Mit vielen Entschuldigungen folgt hier Ihr schöner Juvenalis zurück. Im ersten Sturme glaubte ich ihn in acht Tagen collationiren zu können: dann kam anderes und anderes dazwischen, Ciceroniana vor allem … Andremale hoffte ich dem Codex meinen Tacitus de oratoribus beilegen zu können; allein die sämmtlichen Setzer Zürichs scheinen in eben so viele Schnecken verwandelt. Zudem will die immer reger werdende Publicität mit ihren tausend Häuptern und zweitausend schreibenden Händen immer noch vor der Wissenschaft befriedigt seyn. Vor allem haben die Umwandlungen im Canton Tessin dem Cicero und Tacitus Riegel vorgeschoben, weil während der Periode der sogenannten Unterdrückung die meisten Pamphlete hier gedruckt wurden …“ Zürich 3.I.1838. Auf Laßbergs Anfrage wegen einer möglichen Anstellung der aus Göttingen vertriebenen Professoren in Zürich. „... Gleich nach den Nachrichten von Göttingen … war es mein erster Gedanke, was hierin für die Wissenschaft, für den ächt deutschen Biedersinn der Sieben, für Zürich, als eine alte, feste Burg der Wissenschaft zu thun sei. Und Zürich soll eine solche fortbleiben. Ich hege dazu feste Zuversicht. Es hat in wissenschaftlicher Rücksicht seit der Stiftung der Hochschule ungemein gewonnen; von politischem Wühlen und Treiben ist keine Spur vorhanden … Aber auch keine Trägheit, kein Geistesschlaf.

Freilich ist es von anderer Seite eine bare Unmöglichkeit auch nur die geringste Summe für neue Anstellungen anzuweisen …

Somit bleibt uns nichts übrig, als was folgt, und wozu ich von der wissenschaftlichen Section des Erziehungsrathes amtlich beauftragt bin: …

‚An der Hochschule Zürich werde jeder der sieben, und auch jeder der später in Folge der Hannöverschen Verhältnisse von Göttingen noch entlassene Professor, alsofort als Professor ordinarius honorarius (für einstweilen ohne Gehalt) anerkannt und freudig empfangen werden’ …“ – Erwähnt im Folgenden namentlich „die beiden Gebrüder Grimm “. Am Kopf Laßbergs Empfangsvermerk.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

267 PESTALOZZI, Johann Heinrich, Schweizer Pädagoge und Sozialreformer, 1746 – 1827. Eigenh. Namenszug sowie 2 e. Zeilen auf dem fliegenden Vorsatz sowie zahlreichen Randbemerkungen, wohl ebenfalls von der Hand Pestalozzis, in: „Eclogae Poëtarum Latinorum in usum Gymnasiorum“, hrsg. v. Johann Caspar von Orelli. Zürich, Gessner 1822. Pappband der Zeit (leicht bestoßen). (600.—)

„Ex libris J. Henrici Pestalutzii.

Ex Orelliana taberna, XII, 15, 23 …“

Die Anmerkungen (in Tinte und Blei) finden sich auf den Seiten 150, 190 f., 193 – 199, 202 f., 205 und 208.

268 PHILOSOPHEN. – 7 Autographen. Meist erste Hälfte 20. Jahrhundert. (800.—)

Benedetto Croce (E. Br. m. U., Neapel 1917), Martin Heidegger (e. Postkarte m. U., Todtnauberg 1957; Bücherbestellung), Max Horkheimer (Br.m.U., Montagnola 1969, mit Umschlag), Georg Lukács (E. Br. m. U., Heidelberg 1913, mit Umschlag; an die Bildhauerin Else von Stritzky in Riga, die in diesem Jahr seinen Freund Ernst Bloch heiratete), Max Scheler (e. Postkarte m. U., Überlingen 1918; an den Philosophen Paul F. Linke in Jena), Oswald Spengler (Postkarte m. U., München 1925) und Eduard Spranger (e. Postkarte m. U., Berlin 1940).

II. WISSENSCHAFT 194

269* QUÉTELET, Adolphe, belgischer Astronom, Statistiker und Soziologe, 1796 – 1874.

E. Br. m. U. Brüssel 3.VI.1845. 12⁄3 S. gr.-4o. Briefbogen der „Académie Royale des Sciences et Belles Lettres“. Dünnes Papier. (350.—)

An einen Naturforscher in Cambridge, den er zu einem Besuch des Brüsseler Observatoriums einlädt.

„... J’ai été successivement honoré de la visite de plusieurs savants d’un haut mérite, et recemment encore de celle de Msrs. de Humboldt et de Buch“ (der Geologe Leopold v.B.). „... les étrangers qui visitent notre établissement s’accordent à y trouver un riche collection d’instruments surtout pour les sciences qui vous intéressent le plus …“

270* REINWARDT, Caspar George Karl, Naturforscher und Botaniker, 1773 – 1854. E. Br. m. U. Amsterdam 12.VII.1810. 1 S. kl.-folio. Mit Blindsiegel und Adresse. Schwach gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse (teilweise ausgebessert). (400.—)

An den Wiener Botaniker und Chemiker Joseph Franz von Jacquin, den er um Auskunft über eine Fabrik sowie um Übersendung einiger Bände seiner „botanischen Schriften“ bittet. „... im Nahmen des königl. Instituts der Wissenschaften“ bittet er um Mitteilung zu „einer Fabrik eines gewissen Herrn Angelo in Wien, der aus einländischen Gewächsen kattunartige Stoffe ververtigt Dann aber auch verursacht die Bitte eines Freundes dieses Schreiben. Dieser besitzt nehmlich den größten Theil Ihrer botanischen Schriften, zu denen er das fehlende gerne zu ergänzen wunschte … “

Die Familie Jacquin war mit Mozart befreundet, der für den Adressaten den „Doppel-Kanon“ KV 228 (515b) komponierte und für dessen Schwester Franziska das Kegelstatt-Trio sowie die vierhändige Klaviersonate KV 521. Jacquin war mit der Mozartschülerin Maria Barbara (Babette) von Natorp verheiratet und führte mit ihr einen musikalischen Zirkel.

„aus dem Staube hervorgezogen“

271 SAVIGNY, Friedrich Karl von, Jurist und preußischer Staatsmann; Begründer der historischen Rechtsschule, 1779 – 1861. E. Br. m. U. Berlin 14.III.1834. 21⁄3 S. 4o. Mit zerteiltem Lacksiegel und Adresse. Leicht gebräunt, kleiner Ausriss an der Siegelstelle (ohne Textberührung) restauriert. (600.—)

An den Juristen Friedrich von Laßberg (1798 – 1838), der neben seiner Tätigkeit als Oberamtmann des Oberamts Sigmaringen rechtshistorische Studien trieb; seine Ausgabe des „Schwabenspiegel“ wurde 1840 postum publiziert. Savigny dankt Laßberg für eine nützliche Mitteilung zu seiner „Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter“.

„Je seltener es ist, daß neben den Mühen des Geschäftslebens nicht nur Lust und Thätigkeit zu gelehrten Forschungen rege bleibt, sondern auch die Bereitwilligkeit, fremde literarische Arbeiten durch jene Thätigkeit zu unterstützen, desto erfreulicher ist diese Erscheinung wo sie sich findet. Eure Hochwohlgeboren haben mir davon durch Ihre interessante Zusendung ein höchst dankenswerthes Beyspiel gegeben. Der Notar Rainarius, dessen Andenken Sie aus dem Staube hervorgezogen haben, steht allerdings schon bey Sarti …, wo er in den Jahren 1219 bis 1228 als der erste Notar vorkommt, der den Beynamen Magister führt. Allein daß er ein Buch geschrieben hat und daß dieses Buch erhalten ist, davon weiß auch Sarti nichts.

Meine Absicht ist nun, wenn künftig von dem 5ten Bande meiner Rechtsgeschichte eine neue Ausgabe erscheint, … jenen Notar aufzuführen und dabey Ihre Nachricht über sein Werk zu benutzen … Gegenwärtig bin ich sehr mit der neuen Ausgabe meiner Rechtsgeschichte B. 1. 2. 3. beschäftigt …“

Mit Laßbergs Antwortvermerk am Kopf.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

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„verdrießliche Unordnungen“

272 SCHELLING, Friedrich Wilhelm Joseph von, Philosoph, 1775 – 1854. E. Br. m. U. Berlin 19.XI.1842. 3 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenschäden (ausgebessert). (3.000.—)

An den Rektor der Universität Berlin, den Historiker Friedrich von Raumer, höchst verärgert wegen des Verhaltens des Privatdozenten Theodor Mundt, der Schellings Wunsch, er möge eine Vorlesung verlegen, nicht nachkommen wollte.

„... Der Grund des an ihn gerichteten Ansinnens war theils die vollkommene physische Unmöglichkeit, die für mich vorhanden ist, in dem ausgeathmeten, qualmerfüllten, bis zu 30° … erhizten, Auditorium zu lesen. Theils der Umstand, daß der unmittelbare Zusammenstoß zweier großen Zuhörermassen, deren eine hinein, die andre herauswill (wenn nicht ein Theil unberechtigter Weise zurückbleibt und den berechtigten Zuhörern die Plätze wegnimmt) unvermeidlich zu verdrießlichen Unordnungen führt …“

273 SCHLIEMANN, Heinrich, Archäologe; Entdecker Trojas und der Königsgräber von Mykenä, 1822 – 1890. E. Br. m. U. Athen 6.V.1880. 3/4 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. Leicht (hell-) fleckig. (800.—)

An „Professor Wattenbach“, wohl der deutsche Historiker und Paläograph Wilhelm Wattenbach, der ihn zusammen mit seinem Bruder in Athen besucht hatte.

„... Es freut mich ungemein daß es Ihnen bei uns gefallen hat. Ich hoffe Sie besuchen Athen einmal wieder u. daß es mir dann vergönnt sein mag Sie etwas im Innern des Landes herumzuführen. Leider war ich diesmal sehr beschäftigt.

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Meine Frau“ (Sofia Engastroménos, mit der er in zweiter Ehe verheiratet war) „u. ich gingen um 5 Uhr zu Ihnen um Ihnen 2 troian[ische] fusaioli zu bringen hörten aber zu unserm Bedauern daß Sie gerade abgereist seien.

Wir folgen Ihnen hoffentlich am 15. d[ieses] via Triest …“

„von allerhöchster Wichtigkeit für die Wissenschaft“

274 E. Br. m. U. Athen 16.XI.1881. 1 S. gr.-4o. Blaues Papier. In den Faltungen schwach ausgeblichen. (2.500.—)

An Ludwig von Hirschfeld, „Geschäftsträger des Deutschen Reichs / Constantinopel“, mit der Bitte um Hilfe bei der Beschaffung einer Vollmacht der türkischen Regierung („Ferman“), die Grabungen in Troja betreffend.

„... haben Sie die Güte mir einen auf 2 Jahre lautenden Ferman für archäologische Forschungen auf dem Gebiete von Hissarlik zu übermachen, und beeile ich mich Ihnen meinen allerverbindlichsten Dank dafür abzustatten. Ich beabsichtige die Ausgrabungen Anfangs Februar anzufangen, und hoffe bis dahin auch die Erlaubniß zu Bohrungen, zur Auffindung von Minen, innerhalb des in Ihrer Bittschrift wegen des Fermans bezeichneten Gebiets, von Ihrer Güte zu erhalten, da eine solche von allerhöchster Wichtigkeit für die Wißenschaft ist. Wegen des fortwährenden Regens würde ich d.M. wenig oder garnicht in Hissarlik habe arbeiten können, u. kommt mir der Aufschub sehr gelegen, da ich die französische Ausgabe meines Ilios besorge und Berge von Arbeit auch hier vor mir habe …“

1882 begann Schliemanns sechste Grabungskampagne in Troja, erstmals unter Mitarbeit des jungen Baumeisters Wilhelm Dörpfeld.

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(H. Schliemann)

275 E. Br. m. U. Athen 29.X.1889. 1 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. Leicht (hell-)fleckig. Rand- und Faltenschäden (alt ausgebessert). (800.—)

An Leo Stern in Milwaukee.

„... Aus dem mir gesandten gedruckten Briefe ersehe ich mit großem Vergnügen daß Sie ein erhabenes

Ziel verfolgen, zu deßen Erreichung auch ich mein Scherblein beitrage, indem ich in einliegendem Schreiben“ (liegt nicht mehr bei) „meinen londoner Verleger beauftrage, dem Bringer deßelben 4 Exemplare meiner Bücher verabfolgen zu laßen …“

„Mährchendichter, einige mer, andre weniger albern“

276* SCHLÖZER, August Ludwig von, Historiker und Publizist, 1735 – 1809. E. Br. m. U. Göttingen 27.I.1800. 4 S. 4o, eng beschrieben. Schwach gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse. Spuren alter Heftung. (300.—)

Ausführlicher Brief an Karl Victor von Bonstetten. Dieser hatte ihn gebeten zu prüfen, ob die in der „Ragnar Lodbroks Saga“ erwähnte Stadt Vifilsborg, welche von den Söhnen Ragnars auf einem Eroberungszug gebrandschatzt wurde, mit dem „Schweizer Ort Wifflisburg“ identisch sein könne.

„... welcher ernstliche Historiker mag sich überwinden, aus einem Hirnlosen Dinge, Ragnars Saga genannt, eine Angabe heraus zu nemen, u. diese als ein fait historique in die ernsthafte europäische Geschichte einzuschichten? – – – aus dem Eulenspiegel moralische LehrSätze, detachirt, auszuheben, u. sie in einem Compendio der praktischen Philosophie zu citiren?

Seit dem 13ten Saec. haben alle europäische schreibende Nationen, außer ihren Annalisten, auch ihre Mährchendichter, einige mer, andre weniger albern: die Franzosen machten Fabliaux u. Romances; die Engländer hatten ihr Wesen mit der Table-ronde; die Deutschen narrten sich mit Ritter- u. HeldenBüchern u. Nibelungen, worin Judas Maccabaeus Turnier reitet, u. im 5ten Saec. Seide aus Ninive ins Burgunderland verhandelt wird – – –.

Noch jetzo werden bei uns auf allen JarMärkten, elend gedruckte Büchlein verkauft, betitelt: König Dagobert, die schöne Melusine, Fausts Wünschhütlein pp: unsre Mägde kaufen sie, u. lassen sie sich beim SpinnRocken vorlesen. Haben Sie dergleichen nicht auch in der Schweiz? …“ Aus der Sammlung Friedrich von Matthissons; am Kopf von ihm bezeichnet: „Schlözer“. Sehr selten.

277 SCHOPENHAUER, Arthur, Philosoph, 1788 – 1860. E. Albumblatt m. U. Berlin 24.III.1813. 1 S. quer-16o. Leicht gebräunt. Etwas stockfleckig. (2.000.—)

Siebenzeiliges Zitat aus „Cicero, Orat[iones] Philip[picae] II, 44“; aus einer Rede, im Tempel der Concordia gehalten, in der Cicero mit dem amtierenden Konsul Antonius hart ins Gericht ging, da dieser mit der Nachfolge Cäsars die Alleinherrschaft anstrebte. Das Zitat beginnt:

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II. WISSENSCHAFT

„Habet quidem certe respublica adolescentes nobilissimos, paratos defensores. Quam volent, illi cedant otio consulentes; tamen a republica revocabuntur …“ und endet „... sed mortem etiam reppellendum“. Darunter eine fünfzeilige Widmung, wohl an einen Studienfreund, der in den Befreiungskrieg ziehen wollte:

„Revocent aliquando, melioribus temporibus, haec Ciceronis gravissima verba, in memoriam tibi, carissime Hahni, et turbulentas, quibus nunc premimur, dies, et consilium tuum fortissimum generosissimumque, nec non amicum

Arthur Schopenhauer / Stud: philos:“

Während seines Berliner Aufenthaltes belegte der junge Schopenhauer hauptsächlich naturwissenschaftliche Vorlesungen, da er von Fichte – dessen Ruf ihn 1811 nach Berlin gezogen hatte – ebenso enttäuscht war wie von Schleiermacher. Während des Krieges 1813 zog er sich nach Rudolstadt zurück, um seine Dissertation zu verfassen – überzeugt, „dass sein Vaterland größer sei als Deutschland“. So früh sehr selten. – Bei Deussen-Hübscher nicht gedruckt.

278 E. Br. m. U. O. O. u. D. (Rom, Winter 1818/19). 1 S. 8o. Mit Siegel und Adresse. Etwas gebräunt und fleckig. Risse in der Bugfalte. (2.000.—)

An seinen Freund, den Juristen und späteren Dante-Forscher Karl Witte. – „All’ Illustrisimo Signore / il Signor Dottore Witte / da Franz / No 3“.

„Mein Schatz

Die Landparthie ist vereitelt. Halb fünf hole ich Sie ins Hermelin … sollten Sie auf Ihren Nachgrabungen nach Logis etwa auf das meine stossen, so würde solches moltissime rallegiren Ihren / Arthur Schopenhauer.“

II. WISSENSCHAFT 199

II. WISSENSCHAFT

(A. Schopenhauer)

279 E. Br. m. U. „A. Schopenhauer“. Frankfurt a. M. 26.I.1844. 2 S. gr.-4o. Leicht gebräunt, kleine Randläsuren. (4.000.—)

An seine Schwester Adele, mit der er in beständigem Streit über Vermögensangelegenheiten lag. Anders als Arthur hatte Adele (wie auch Mutter Johanna) den Großteil ihres väterlichen Erbes durch den Zusammenbruch des Danziger Bankhauses Muhl im Jahr 1819 verloren.

„Liebe Adele! / Ich muß dagegen protestiren, daß Du sagst, ich hätt Dir gerathen, Dein Land zu verkaufen, um das Geld der Rentenanstalt zu geben. Das ist eine arge Verdrehung der Sache. Ich habe Dir gerathen, das Geld von den Mertens oder Mühlens wegzunehmen, als wo Du keine Sicherheit hast, u. dann es der Rentenanstalt zu geben: u. diesen Rath wiederhole ich noch auf das Ernstlichste. Es ist eine leere Ausrede, daß Du disponibles Kapital brauchst: man soll nie Kapital angreifen. Mit dem, womit man in gesunden Tagen auskommt, kommt man auch in kranken aus: für dringende Fälle legt man einen Spaarpfennig zurück, oder hat auch wohl irgend ein Kleinod.

Die Ohra“ (ererbte Ländereien bei Danzig) „hingegen giebt die größtmöglichste Sicherheit: bloß die Entfernung macht die Sache mißlich: aber da Du Freunde hast, welche Dich eifrig daselbst vertreten, hebt sich das für Dich auf; für mich aber nur, solange Du lebst: daher werde ich nie Deinen Antheil kaufen … Auch paßt Deine Versicherung“ (sie habe nur auf seinen Rat hin verkaufen wollen) „sehr lächerlich dazu, daß Du meinst, ich wäre zu praktischem Dinge, wie Geldaffären, untauglich: Du hast also vergessen, wie ich mich darin schon hervorgethan u. mit den Prakticis fertig zu werden gewußt habe.

Für die schönen Flatterien, die Du mir sagst, werde ich Dir ein Exemplar meines voluminosen gegen Ostern erscheinenden Werkes verehren …“ – Gemeint ist der zweite Band seines Hauptwerks „Die Welt als Wille und Vorstellung“ (der erste Band war 1819 erschienen und nahezu unbeachtet geblieben). Eine längere Nachschrift betrifft zunächst Geschäftliches, dann seine Arbeit: „... Diesen ganzen Winter thue ich nichts als korrigiren: ich glaube, daß 5 Setzer an meiner Sache immerwährend arbeiten. 80 sehr große Bogen werden in 4 Monaten gedruckt! Ist noch Alles ein Geheimniß: also reinen Mund!

‚Den Teufel merkt das Völkchen nie, Und wenn er sie beim Kragen hätte.’ …“

An den Rändern und zwischen den Zeilen etliche, teils umfangreiche Kommentare der Empfängerin, so beispielsweise zu dem Hinweis, einen „Spaarpfennig“ zurückzulegen oder zur Not ein „Kleinod“ zu verkaufen: „wenn man einen hat“ bzw. „habe keines, sonst wüßtest Du es, seit Mutters Tod, ich lüge nicht!

Ich hätte dies gestanden“. Zu dem von Schopenhauer für sich reklamierten Geschäftssinn antwortet sie „Ich habe nicht vergessen, daß Du bei Abegg u. Muhl Dein Vermögen gerettet, auch nicht daß Du das in Danzig stehende Rentengeld Dir u uns gerettet hast. Aber auch nicht, daß Du dann … an 30000 R. haben müßtest – wenn Du nicht durch Speculationen verloren, wie Du mir sagtest.“ – Erwähnt ihre Lebensgefährtin „Madame Mertens“.

Einer der wenigen erhaltenen Briefe Schopenhauers an die Schwester, die an sie gerichtete Briefe des Bruders weitgehend vernichtete. Da sie diesen mit ihren Anmerkungen versehenen Brief direkt zurück sandte, entging er dem Autodafé.

Druck: 34. Jahrbuch der Schopenhauer-Gesellschaft 1951/52, S. 60 f. (A. Hübscher, Unbekanntes von Schopenhauer).

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II. WISSENSCHAFT 201
Nr. 279 Arthur Schopenhauer

„das Testament des Dr. A.S.“

280 2 e. Schriftstücke mit e. Namenszug im Text bzw. mit Unterschrift. Frankfurt a. M. (Frühjahr 1852) und 7.III.1855. 4 S. gr.-folio und 21/2 S. 4o. Schwach gebräunt, kleinere Randläsuren. Beiliegend eine Portraitphotographie. (12.000.—)

Entwurf des berühmten Testaments zugunsten jener Opfer der Märzrevolution, die für die Erhaltung der alten Ordnung gekämpft hatten; dazu ein später verfasstes Kodizill.

„Dies ist das Testament des Dr. A.S.“ (durchgestrichen und durch den nächsten Absatz ersetzt).

„Ich der Endesunterschriebene Dr. philosophiae Arthur Schopenhauer aus Danzig, der ich niemals verehelicht war und auch in aufsteigender Linie keine Verwandte mehr habe, verordne mittelst gegenwärtigen Testaments wie es nach meinem dereinstigen Ableben mit meiner Nachlassenschaft gehalten werden solle.

Date Obolum Belisario

———

Zu meinem Universal-Erben setze ich ein den in Berlin errichteten ‚Fonds zur Unterstützung der in den Aufruhr- u. Empörungs-Kämpfen der Jahre 1848 & 1849 für Aufrechthaltung u. Herstell[un]g der Gesetzlichen Ordnung in Deutschland invalide gewordenen Preuß. Soldaten, wie auch der Hinterbliebenen solcher, die in jenen Kämpfen gefallen sind.’ – Auf den Fall aber, daß besagter Unterstützungsfonds zur Zeit meines Todes nicht mehr existirte, substituire ich demselben das Invaliden-Haus in Berlin als meinen Universal-Erben …“ – Im Folgenden werden mehrere Personen mit Legaten bedacht: die Kinder seines verstorbenen Vetters Carl Gottfried Tietz, seine derzeitige Magd Margaretha Schnepp, sein Testamentsvollstrecker Martin Emden sowie sein literarischer Nachlassverwalter Julius Frauenstädt. Der Frankfurter Stadtbibliothek vermacht er eine Daguerrotypie, und auch seinen Pudel vergisst Schopenhauer nicht: „Den Hund, welchen ich bei meinem Ableben besitzen werde, kann die besagte Magd Schnepp zu sich nehmen, wenn sie will u. verspricht ihn selbst bei sich zu behalten u. nicht in Pension zu geben. Will sie dies nicht; so wird Dr. Emden mir diese letzte Freundschaft erzeigen ihn bei sich zu behalten …“ Für seinen Grabstein wünsche er „Marmor, oder noch besser … Granit, auf welchem mein Vor- u. Zu-Name stehn soll, u. schlechterdings nichts weiter, keine Jahreszahl, gar nichts, keine Silbe!“ – Mit zahlreichen Durchstreichungen, Korrekturen und Einschüben. Schopenhauers offizielles Testament wurde am 26.VI.1852 beurkundet und befindet sich heute im Schopenhauer-Archiv der Universitätsbibliothek Frankfurt a. M. (urn:nbn:hebis:30:2-406392).

„Codicillus“ vom 7.III.1855 mit Erhöhungen des Legats für seine Magd sowie der Entschädigung für jene Person, „welche meinen Hund zu sich nehmen wird“; eine stark korrigierte Nachschrift betrifft Änderungen in dem Legat für seine Verwandten infolge des Verkaufs seines Anteils an den Familiengütern zu Ohra bei Danzig. – Dieses Kodizill wird Schopenhauer am 4.II.1859 in eine neue und endgültige Form bringen. Die Portraitphotographie: Hüftbild nach halblinks, mit Brille in der Rechten; Altersbild im Oval, Visitformat (Aufnahme: J. Schäfer, Frankfurt a. M.).

– Siehe auch Nr. 159 (Adele Schopenhauer).

II. WISSENSCHAFT 202
II. WISSENSCHAFT 203
Nr. 280 Arthur Schopenhauer

„Je supplie Sa Majesté de protéger Son université“

281 SWIETEN, Gerard van, Mediziner, Leibarzt Maria Theresias; Direktor des österreichischen Medizinalwesens, las als erster über Physiologie und Pathologie, 1700 – 1772. E. Br. m. U. O. O. (Wien) 5.II.1765. 3 S. 4o (halbspaltig beschrieben). – Mit 2 e. Zeilen Maria Theresias auf der 4. Seite. (1.200.—)

An Kaiserin Maria Theresia („Sacrée Majesté“), bei der er sich über Ungerechtigkeiten beschwert, die der Universität u. a. von Seiten des Finanzministeriums zugefügt worden seien.

„... Tantost on attaque les privileges, la jurisdiction, les honneurs, de l’université, tantost on a voulu forcer ses membres a payer des taxes exorbitantes, et sans aucune proportion par rapport aux autres sujets … L’université reconnoit avec tous les sentiments de veneration et de reconnoissance la protection, que Vostre Majesté a daigné accorder a cette pepiniere des sciences … pendant le glorieux regne de Vostre Majesté elle est devenue une des plus florissante de L’Europe …

Le Recteur magnifique de l’université a un honoraire de f[lorins] 150.– pendant son rectorat, qui suffisent pas pour les depenses, qu’il est obligé de faire pour soutenir la dignité de sa charge …

Le jardinier de l’hortus Botanicus, qui selon la derniere classification de la SchuldenSteuer doit payer cinque florins, s’il seroit un particulier, doit encore payer f [lorins] 24, 6 × de plus, parce qu’il a le sort de servir l’université.

La mesme chose est vraye des chancellistes … non seulement mais l’hausmeister et l’hausknegt mesme, sont dans le mesme cas proportion gardée.

Je supplie Sa Majesté de proteger Son université … J’adresse mes prieres avec autant plus de confiance, que Sa Majesté sur une plainte semblable, a bien voulu s’expliquer si gracieusemet, il y a deux ans. Car c’est une nouveauté sans exemple …“

Eigenhändig fügt Maria Theresia an: „worinnen wird dise erneurung gemacht / note“ .

282 VISCHER, Friedrich Theodor, Literaturwissenschaftler und Ästhetiker, 1807 – 1887. E. Br. m. U. Frankfurt a. M. 25.IV.(1849). 1 S. 4o. Etwas gebräunt. (300.—)

An seinen Schwager, aus seiner Zeit als württembergischer Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung.

„Lieber Schwager! / Abermals auf Reichspapier in der Paulskirche!

Du wirst meine Zusendung durch Wüst u. meinen spätern Brief erhalten haben. Ich bitte Dich noch, vorausgesetzt, daß Du die Sache unternehmen willst, mir die letzte Correctur zu schicken. Es ist wegen der nachträglichen Aendrungen doch nothwendig. Auch wiederhole ich meine Bitte, mir das Manuscript, das ich nothwendig brauche, bald zu schicken …“

283 WACKERNAGEL, Wilhelm, Germanist, Kunst- und Kulturhistoriker, 1806 – 1869. 2 e. Br. m. U. Basel 21.IV.1834 und 22.VIII.1837. 5 S. 4o und 8o. Schwach gebräunt. (400.—)

An (den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen). 1834, bei Rücksendung ausgeliehener Bücher – „die vier Bände Liedersaal, den dritten Band der Myllerischen Samlung und die Moerin … Verzeihen Sie die lange Verzoegerung gütigst damit, daß ich den dritten Band des LS. jezt zum ersten Mahle gelesen habe. Gleich das vorderste Stück, die listigen Weiber, ist meisterlich vorgetragen und muß noch in die ältesten Zeiten gehoeren.

Zu den vielen Handschriften des Gedichtes von den vii. weisen Meistern kommt noch eine hiesige, und sie allein enthält den Namen des Verfaßers: es ist der Büheler, der auch die Koenigstochter von Frankreich gedichtet hat. Außerdem habe ich neulich noch manche andre nicht ‚unanmüetige’ Handschrift herausgesucht …“ – Erwähnt Karl Lachmann.

II. WISSENSCHAFT 204

1837. Auf „die freundlichen Vorwürfe“ hin, die Laßberg ihm habe überbringen lassen, kündigt er seinen Besuch auf dem Rückweg von seiner bevorstehenden Hochzeitsreise an. „... zwar liegt Eppishausen eben nicht in der Richtung von Zürich nach Basel: aber ich hoffe, wir werden wohl zu einem solchen Umwege hinreichende Zeit finden …

... Es wird an einer zweyten Ausgabe meines Altd. Leseb. gedruckt. Die erste war Ihnen zugeeignet, Sie wißen aus welcher Gesinnung, aber ich weiß auch Ihnen zu welchem Verdruß. Soll ich nun wirklich bei dem neuen Druck dieses mir sehr liebe und werthe Dedikationsblatt fortlaßen? oder darf ich die Zueignung widerholen, ohne daß ich fürchten muß Ihnen damit noch einmal und noch mehr zu missfallen? …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

„ein prächtiger Körper“

284 WÖHLER, Friedrich, Chemiker; entdeckte zahlreiche chemische Elemente und lieferte die Harnstoff-Synthese, 1800 – 1882. E. Br. m. U. Göttingen 30.VII.1851. 33/4 S. gr.-4o. Schwach gebräunt. (1.200.—)

An den Chemiker Karl Boedeker in Bonn.

„... Hr. Schüler soll mir als doppelter Schüler willkommen sein. Ich werde also einen Platz für ihn reserviren. Doch stellen Sie ihm noch einmal vor, daß er am Ende eben so gut bei Ihnen noch ferner arbeiten könnte. Der einzige Unterschied wäre, daß er im hiesigen Labor[atorium] dieses und jenes Hülfsmittel mehr findet. – Das Labor. war in diesem Semester wieder übervoll – im Ganzen 57. Darunter 22 Nichthannoveraner, und unter diesen 2 Amerikaner und 2 Engländer …

In den Annalen werden Sie … nächstens allerlei Notizen für Aufsätze finden, als Resultate von Laboratoriums-Arbeiten, namentlich über die Bildung des schönen Xten WW + NaW durch Schmelzen von Zinn mit saurem Wolframs Natron, über Phosphorwolfram, ein prächtiger Körper …, über Telluräthyl als organisches Radical, welches ein basisches Oxyd“ (hierzu chemische Formeln) „bildet … etc. …“

Erwähnt u. a. Karl Wilhelm Bergemann, dem er „zur Entdeckung des neuen Metalls schönstens gratuliren“ lasse, seinen „alten Freund und Gönner Bischof“ und Justus Liebig, der ihn zu einer Reise nach England eingeladen habe.

Angeheftet eines Notiz mit biographischen Daten von Goethes Großneffen Alfred Nicolovius.

II. WISSENSCHAFT 205

III. BILDENDE KUNST

285 BACON, Francis, 1909 – 1992. E. Br. m. U. O. O. u. D. 11/2 S. gr.-4o. Luftpostpapier. Schwach gebräunt. (600.—)

An eine Dame („Miss Westcott“), die um einen Katalog gebeten hatte.

„... I am terribly sorry I have no catalogues they were all sold and the gallery had none at all also I seem to have no photographs – but there is a small book coming out in about 2 months … it is coming out in a series published by Metheun on British Painters Today. I am sorry not to be able to be more helpful – for some reason all the catalogues sold out in the first 3 or 4 days …“

286 BARLACH, Ernst, 1870 – 1938. E. Br. m. U. Güstrow 3.XII.1928. 13/4 S. gr.-8o (1.200.—)

An einen Redakteur.

„... die beiläufigen und mir schon nicht mehr gegenwärtigen Begebenheiten, wenn sie Ihrer Anregung entsprechend Gegenstände eines Nachttagebuches vom 1/2 Dez. d.J. sein sollten, können bei dem, Gott sei Dank, außerordentlich hohen Niveau Ihrer Leser keineswegs aufgehoben werden und Irgendwem zur Unterhaltung dienen.

Ich bin also leider in die Lage versetzt, meine Ausschaltung zu beantragen, indem ich denke, daß es sich nicht lohnt, ohne den Antrieb eines willigen Gemüts und die Gunst auffordernder Umstände auch nur das bescheidenste Häuflein Zeilen zu senden …“

„zum Verdorren oder Ausgerodetwerden bestimmt“

287 E. Br. m. U. Güstrow 26.III.1938. 2 S. quer-kl.-folio. Minimal fleckig. (2.000.—)

Melancholischer Brief an einen jüngeren Kollegen, den Bildhauer (Ernst Kibling aus Stuttgart), der ihm Photographien seiner Arbeiten gesandt hatte.

„... Es kommt Ihnen … wohl kaum auf weitläufige Besprechung an und ich sehe in Ihrer Sendung hauptsächlich den Ausdruck des Wunsches einer Mitteilung an einen mitfühlenden Zeitgenossen, dem soviel schwarze Katzen über den Lebensweg gelaufen sind, daß er die ärgsten Störungen hat hinnehmen müssen. Tatsächlich bin ich annähernd arbeitsunfähig und seit fast einem Jahr so gut wie untätig, war längere Zeit verreist und bin nur einweilen wieder ‘zu Hause’ …“ Des Weiteren über Auswanderungspläne Kiblings. „Sie geben sich dabei täuschenden Vorstellungen hin, muß aber gleich feststellen, daß ich bezüglich Ihrer Ausführbarkeit und Möglichkeit gänzlich unkundig bin. Wer wie ich einigermaßen ratlos dasteht, kann keine Ratschläge geben und es erübrigt sich, Tatsachen zu verhehlen. In meinem Leben und Alter sind Pläne und Umgestaltungen unausführbar. Wer wie ich vor genau 50 Jahren beruflich anfing, sitzt im Zustande der Notwehr dennoch im Boden eingewurzelt, zum Verdorren oder Ausgerodetwerden bestimmt, aber auf keine Weise bestimmbar …“

Aus dem Todesjahr.

III. BILDENDE KUNST 208

Nr. 287

Nr. 288

288 CORINTH, Lovis, 1858 – 1925. E. Br. m. U. O. O. u. D. Mit ganzseitiger Federzeichnung. 2 S. 8o. (1.200.—)

„Lieber Herr Cassirer “, wohl der Kunsthändler und Verleger Paul C.

„Ich habe Ihnen heute noch den Anfang des Buches geschickt; vielleicht ist das besser zu brauchen, weil es allgemeiner ist! Vergessen Sie nur nicht den Diogenes. Die Platten haben Sie heute holen lassen. Ich bitte, daß ich bald Abzüge bekomme, aber aufgezogen. Außerdem schicke ich Ihnen daneben das N …“ – Dazu die Zeichnung einer unbekleideten junge Dame, die durch ein stehendes N schreitet.

III. BILDENDE KUNST 209

289 COROT, Camille, 1796 – 1875. E. Br. m. U. Ville d’Avray 10.VIII.1866. 1 S. gr.-8o (300.—)

Aus seinem Landhaus an einen Herrn, dessen Einladung er krankheitsbedingt nicht habe annehmen können.

„... voici deux mois que je suis retenu à la chambre par un Rhumatisme Goutteux, qui a bien de la peine … voici une saison à peu près perdue pour moi.

J’espere pouvoir rentrer a Paris dans le … septembre & reprendre mon travail …“

290 DANNECKER, Johann Heinrich von, Bildhauer; Jugendfreund Schillers, 1758 – 1841. E. Schriftstück m. U. Stuttgart 23.VIII.1826. 1/2 S. quer-gr.-4o. Mit Blindsiegelrest (kleine Ausrisse, mit Beeinträchtigung der Unterschrift). Leicht gebräunt, kleinere Läsuren. (300.—)

Schuldschein: „... Ein Jahr nach dato zahle ich gegen diesen Sola Wechsel an die Ordre Hn. Gebr[üder] Benedict Gulden Eintausend Siebenhundert, … nebst fünf Prozent jährl. Zinsen. Den Werth habe ich baar empfangen …“

Offenbar zahlte Dannecker sein Darlehen nach 77 Tagen zurück, da sich unter seiner Unterschrift die Berechnung der Zinsen für diesen Zeitraum findet („f. 18.11“, von fremder Hand).

291 FEININGER, Lyonel, 1871 – 1956. Br. m. U. „Dein Papileo“, mit 7-zeiliger e. Nachschrift. New York 7.XI.1955. 2 S. gr.-8o. Luftpostpapier. Mit Umschlag (Adresse und Absender eigenhändig). (1.200.—)

An die in Berlin lebende Photographin Lore Feininger, seine älteste Tochter aus der Ehe mit der Pianistin Clara Fürst, die er wohl finanziell unterstützte.

„... Es ist zu wahr, dass ich in letzter Zeit wenig zum Schreiben aufgelegt bin, das ist wol eine Alterserscheinung, denn ich finde wenig Worte, und neige zu sehr zum Philosophieren, was mir in schriftlicher Niederlage zuwider ist. Aber ehe ich schon ins Spintisieren hineingerate, lass mich Dich herzlichst versichern dass Niemand auf dieser Welt – – – auch nicht einmal die ‘böse’ Marianne“ (ihre jüngere Schwester), „die im Gegenteil so sehr lieb über Dich und Deinen Besuch im Sommer berichtete … nicht irgend ein Wörtchen … in unfreundlicher oder gar ‘neidischer’ Art schrieb. Lass’ man gut sein, liebes Kind, ich verstehe oft nur zu gut wie anstrengend und niederdrückend das Leben für Dich sein muss: doch geht’s Dir hin­und­wieder ’mal ganz gut, wie aus Deinen Briefen hervorgeht, gelle? und in bälde wollen wir ein paar ‘Männekins’ senden die hoffentlich helfen werden. Bewahre nur weiter ein diskretes Stillschweigen über diese Männekins …“

Eigenhändig fügt er an: „ich habe, viele Tage, eine übergrosse Müdigkeit. Alle Spannkraft dirigiere ich in die Arbeit; es bleibt zu wenig übrig, für ein ruhiges Dasein …“ Geschrieben gut 2 Monate vor seinem Tod am 13. Januar 1956.

III. BILDENDE KUNST 210

292* GAUGUIN, Paul, 1848 – 1903. E. Br. m. U. „P Go“. O. O. u. D. (um 1888/89). 2 S. kl.-8o (10.000.—)

An seinen Freund Émile Schuffenecker, „Mon bon Schuff“, den Verkauf seines 1888 entstandenen Gemäldes „La Ronde des petites Bretonnes“ betreffend.

„... Feli. Champsor“ (der Journalist Félicien Champsaur) „ne se mouche pas du pied en demandant la ronde pr 200 F + un pot –

Du reste ce Mr. avait déjà fait à Van Gog“ (Vincent van Goghs Bruder Théo, der Kunsthändler) „pareille offre pour rien moyennant article –J’ai il est vrai plus que besoin d’argent en ce moment mais j’ai crédit –Je ne puis en passer par la presse le couteau sous la gorge ce serait d’un exemple déplorable!

En outre je ne puis faire une affaire sans en parler à Van Gog qui tient les prix plus cher –J’ecris donc à celui­ci pour (200 F – commission – moins cadre = presque) qu’il débrouille avec lui. J’ai reçu lettre de Lambert. Il faudrait 40 F pour celà; je ne les ai pas en ce moment – Je suis donc obligé d’attendre – Quelle scie d’être retenu par des riens chaque fois qu’il s’agit de travailler –Vous aussi avez des misères en ce moment avec la famille.

Pourquoi n’allez­vous pas seul prendre l’air de la campagne …“

Das Gemälde wurde im September 1889 an einen Freund (Montaudon) verkauft.

Theo van Gogh, der Gauguin finanziell unterstützte, hatte diesen 1888 dazu überredet, mit seinem Bruder Vincent in Arles zusammenzuleben und zu arbeiten; die künstlerisch sehr produktive Zeit endete jedoch bereits nach zwei Monaten – am 23. Dezember – abrupt und im Streit. Gauguin brach hastig nach Paris auf, van Gogh schnitt sich in derselben Nacht ein Ohr ab. Ungeklärt ist bis heute, welchen Anteil Gauguin an van Goghs Selbstverstümmelung hatte.

III. BILDENDE KUNST 211

293 GRIMM, Ludwig Emil, jüngster Bruder von Jacob und Wilhelm Grimm, 1790 – 1863. Schriftstück m. U. „Ludwio Emilio Grimmo“. Gut Abbenburg 6.IX.1827. 2 S. imp.-folio (ca. 48,5 × 31 cm). Mit seinem sowie 3 weiteren Siegeln (kleine Fehlstelle, fachgerecht ausgebessert). Leicht gebräunt und fleckig. (600.—)

Scherzhafter Vertrag über die Überlassung von Schafswolle in Bökendorf zwischen Ludwig Emil Grimm und Ludowine von Haxthausen, Gräfin Anna von Trotzenburg sowie Amalie Heeremann von Zuydtwyck geb. von Haxthausen, die ebenfalls unterzeichnet und gesiegelt haben. – Die Brüder Grimm waren mit der Familie Haxthausen seit Jugendjahren befreundet.

„... § I / Die 3 gedachten Fräuleins schenken Kraft dieses dem Loui Emil Grimm, drey Schafe und zwar jedes Fräulein ein Schaf

§ II. / Diese drey Schafe sollen in Appenburg bleiben und dort ernährt werden.

§ III. / Der Loui Emil Grimm erhält davon jährlich die abgeschorene Wolle.

Der Louis Emil Grimm macht sich verbindlich Jährlich in May oder Juny 14 Tage lang nach Bökendorff zu kommen, wo er als Schäfer die Herde der gedachten Fräuleins hüten wird, im Feld u Wald, auch Daneben Champigons suchen muß, u[n]d für Fräulein Anna Zeichen Studien mit nach Hause bringen … zugleich muß er bey der Schaafschur assistiren und mitscheeren wogegen ihm das gewöhnliche Schäfertracktament verabreicht wird …“

Das Gut Abbenburg und der Bökerhof – Familiensitze der Freiherrn von Haxthausen – waren Treffpunkte des „Bökendorfer Romantikerkreises“, dem neben den Brüdern Grimm u. a. Annette von DrosteHülshoff, Clemens Brentano und August Heinrich Hoffmann von Fallersleben angehörten. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

294 GROPIUS, Walter, 1883 – 1969. Schriftstück (Druck mit 10-zeiligem typographierten Nachtrag) m. U. 2 S. folio. (Cambridge, Mass. 20.VI.1961.) Englisch. Mit Umschlag. (800.—)

Lebenslauf von 1883 bis 1961, geschrieben als „Registered Architect in the States of Massachusetts, New York, Pennsylvania, U.S.A.“

Detaillierte chronologische Auflistung aller Tätigkeiten, Mitgliedschaften und Auszeichnungen; unter 1918 ist vermerkt:

„... Director of the Grand Ducal Saxon School of Applied Arts and the Grand Ducal Academy of Arts; united these two schools under the name ‘Staatliches Bauhaus’ , Weimar …“

295 GULBRANSSON, Olaf, 1873 – 1958. E. Br. m. U. „ihr Fluchender Olaf“. O. O. u. D. 1 S. gr.-4o. Bleistift. Mit großer Zeichnung am Kopf und einer kleineren im Text. (350.—)

An ein befreundetes Ehepaar, dem er eine Einladung absagen müsse.

„Wie verteufelt dum – und Schade! jetzt habe ich mich so auf Samstagabend gefreut – – – – / Und auf das Bier / der doch bei uns / so nett schaeumt“ – daneben die Zeichnung von drei Bierkrügen und einem Weinglas, die miteinander anstoßen – „und muß jetzt hier liegen mit eine Ischias­Attaque auf meine rechte Bein seit Freitagnachm. Pfui – ich brauche doch keine Ischias! Das passt doch nicht zu mir …“ – Am Kopf die Zeichnung eines Mannes, der sich in Stacheldraht verfangen hat.

III. BILDENDE KUNST 212

Nr. 295

Nr. 296

296 KANDINSKY, Wassily, 1866 – 1944. E. Br. m. U. Dessau 26.III.1930. 2 S. gr.-4o. Russisch. Mit gestempeltem Briefkopf. Gelocht (obere Lochung ausgerissen). (3.000.—)

An Alexej Jawlensky (in Wiesbaden), Verkaufsverhandlungen mit der Staatlichen Gemäldegalerie Dresden betreffend.

„... Vor 2 Wochen waren wir in Dresden, wo wir beim Vorsitzenden des Patronats, Dr. Heinrich Arnhold, gewohnt haben. Somit erhielt ich eine besonders günstige Gelegenheit, um über Sie und den bevorstehenden Ankauf Ihres Gemäldes für das Museum zu sprechen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass Posse selbst gerne Ihr Gemälde für das Museum erhalten möchte: er selbst hat mich 2 mal gebeten, mit Dr. Arnhold zu sprechen …, damit das Patronat endlich kauft. Dr. Arnhold hat mir versprochen, … Ihr Gemälde anzusehen. Möglicherweise ist dieser Brief bereits überholt, und Sie haben schon eine Nachricht … Schon lange wollte ich Ihnen schreiben, aber gleich nach meiner Rückkehr aus Dresden hat sich das Bauhaus auf mich gestürzt und meine ganze Zeit in Anspruch genommen …“ (Übersetzung).

Gemeint sind der Bankier Heinrich Arnhold (1885 – 1935) und der Direktor der Dresdener Gemäldegalerie, Hans Posse (1879 – 1942), der 1939 zum Sonderbeauftragten Hitlers für das geplante „Führermuseum“ in Linz berufen wurde.

III. BILDENDE KUNST 213

297* KELLER, Heinrich, 1771 – 1832. E. Br. m. U. Rom 30.V.1810. 1 S. 4o. Mit Siegel und Adresse. Etwas braunfleckig, kleiner Randschaden (durch Siegelentfernung). (250.—)

An David Esslinger in Zürich „bei der Kreuzkirche“, mit persönlichen Nachrichten.

„... Clementine“ (seine Frau, geb. Tosetti, eine Römerin) „muß alle Morgen reiten, heute waren wir über acquaacetosa“ (Acquacetosa, südlich von Rom) „hinaus ich bin sehr müde und soll nun Mittag aufs Neue nach dem Pallast Corsini zu dem Minister des Innern. Ich wünsche daß unsre Geschäfte nun bald in Ordnung kommen wie es den Anschein hat. Denn dieses Jahr entscheidet über Leben und Tod. Die Piranese, Poussins und einige Landschaften von Koch, werde ich nach Florenz an Morelli & Guintini senden, wo möglich durch Gelegenheit …“

Die Palästinareise Kaiser Wilhelms II.

298* KNACKFUSS, Hermann, Kunstschriftsteller und Historienmaler, 1848 – 1915. 3 e. Br. m. U. An Bord der Yacht „Hohenzollern“ sowie Kairo 15.X., 4.XI. und 19.XI.1898. 9 S. gr.-8o bis 12o. 1 Brief mit e. Skizze (Fata Morgana). Tinte und Blei. Leicht gebräunt. Mit einem Umschlag. (250.—)

Als Reisebegleiter Kaiser Wilhelms II. in den Orient an seine Frau Angela geb. Imhof in Kassel. – Der Kaiser besuchte die damals zum Osmanischen Reich gehörenden Städte Konstantinopel, Haifa, Jaffa und Beirut und weihte die deutsche Erlöserkirche in Jerusalem ein.

An Bord der „Hohenzollern“, (Zakynthos) 15.X.1898, über das „Leben an Bord“. „... Ich habe versucht, die Bewegung der mächtigen Wellen zu malen, musste es aber schliesslich aufgeben, weil ich im Kampf mit dem starken Wind die Palette und den Malkasten nicht mehr festhalten konnte. Es ist herrlich hier, das Meer spielt in den wunderbarsten Farben …

... Gestern Abend nach dem Souper hat der Kaiser zwei Stunden lang vorgelesen: Geschichte Palästinas im Altertum. Wie er in seiner lebhaften Weise vortrug und kleine Zwischenbemerkungen machte, war es äußerst spannend. Heute früh vor dem ersten Frühstück hat er uns unter allgemeiner Heiterkeit gymnastische Freiübungen machen lassen …“

Kairo 19.XI.1898. „... Am Vormittag war ich im Gize­Museum, bin etwa zur Hälfte durchgekommen; eine großartige Sammlung, in der man gewaltige Hochachtung vor der ägyptischen Kunst bekommt … In der Totenstadt von Memphis mischt sich der Wüstensand mit dem Schutt von Jahrtausenden … Ich habe ein paar Fundstücke eingepackt: einen gut erhaltenen Schädel und eine schöne lebensgroße Holzmaske …“ – Es folgt die ausführliche Beschreibung einer „Fata Morgana“: „... Ich zweifelte anfangs keinen Augenblick daran, dass sich dort ein grosser See befände, und doch war es eine Wüste. Am grössten war die Täuschung an einer Stelle, wo die Fata Morgana nicht den ganzen Horizont einnahm, sondern nur in den Horizont einschnitt …“ – Darunter eine Skizze des Naturphänomens.

299* KOLLWITZ, Käthe, 1867 – 1945. E. Postkarte m. U. Poststempel: Berlin 18.XII.1927. (150.—)

An die Malerin Fanny Remak, adressiert an den „Verein d. Künstlerinnen / Berlin“. „... haben Sie Dank für Ihren Brief! Natürlich gehe ich in die Ausstellung, hoffentlich kann es morgen sein, denn ich sehe mit Schrecken, dass sie nur noch bis zum 20. auf ist …“

III. BILDENDE KUNST 214

300 KÜGELGEN, Gerhard von, 1772 – 1820 (ermordet). E. Br. m. U. „Gerard Kügelgen“. Dresden 6.IX.1805. 2 S. gr.-4o. Leicht gebräunt und fleckig. (400.—)

Schöner Brief – der erste seit der Übersiedlung der jungen Familie nach Dresden – an seine Schwiegermutter Helene Zoege von Manteuffel. Ursprünglich war Kügelgen mit seiner Familie zu seiner Mutter nach Rhens am Rhein gezogen. Da diese kurz nach der Ankunft gestorben war, war die Familie nach Dresden weitergereist; Kügelgen hatte sich nicht in der Lage gesehen zu schreiben.

„... Und noch fühle ich es mit tiefem Schmerz, indem ich an Sie gute Mutter schreibe, daß ich an die Seelige nicht mehr schreiben kann … Ach schon so lange trieb mich mein Gefühl, mich mit aller Kindesliebe an Ihre Brust zu werfen, Sie meine gute[,] meine nun einzige Mutter, und immer entwich mir der Muth, das bitter­süße Wort Mutter wieder zu schreiben. Mögten Sie meine Mutter mich lieben, wie mich die Seelige liebte, mögte ich Ihnen halb nur sein was ich ihr war, und dadurch ein Seegensreicher Trost mir werden …

Ich sage Ihnen herzlichen Dank für die überschickten Sachen: liebe Mutter, die meistentheils sehr guth angekommen sind. Über die rothen Bett­Gardinen freute ich mich sehr, aber als ein Equivalent für Ihren Aufenthalt bey uns in Petersburg, hätten Sie lieber in Harm bleiben können. Werden Sie mir nicht böße liebe Mutter, aber ich kann gewiß nichts dafür, wenn die wiederhohlten Erwähnungen: als wären sie in unserer Schuld, für die Ihnen mit schwacher Kraft erzeigte Liebe in Petersburg, die Sie uns gewiß nun schon zum 3ten mahl 3fach ersetzet haben, wenn solche mir schmerzhaft sind. Doch! Verlieren wir hierüber weiter keine Worte, und dankbar küße ich Ihnen die Hand für alles, so Sie für uns gethan. Übrigens leben wir hier ein glückliches Leben, so lange Krankheit sich unserer Ruhe nicht nahet. Der liebe Gotte möge sie fern von uns halten. Die ungestöhrte Ausübung meiner Kunst gewehrt mir überdem ein nie gefühltes Glück, und ich überlaße mich so ganz meinem genius dem es stehts gelingt, mit leichter Hand den Kummer hinweg zu scheuchen[,] der in Erinnerung des geschehenen mich noch oft bedrohet. Leben Sie wohl meine einzige meine gute geliebte Mutter …“

Beiliegend ein e. Br. m. U. (Ballenstedt 1857) seines Sohnes Wilhelm von Kügelgen an einen Kammerherrn, der sich ein Autograph seines Vaters erbeten hatte und den obigen Brief als Geschenk erhielt. Mit detaillierter Schilderung der Provenienz des Briefes sowie ausführlicher Erklärung des Inhalts.

301* LENBACH, Franz von, 1836 – 1904. E. Br. m. U. München 25.XI.1898. 1 S. gr.-8o. Mit Umschlag. (200.—)

An Georg Hahn in Düsseldorf, von dessen Gemahlin er ein Portrait angefertigt hatte. „... das Conterfey wurde gestern der Bahn anvertraut um dann in die Hände Ihres Herrn Schwiegervaters zu gelangen.

Doch vorher bitte ich um die Erlaubniß das Bild bei Schulte mit einer größern Anzahl Bilder meiner Hand 3 Wochen ausstellen zu dürfen. Zu Weihnachten müssen auch Sie das längst versprochene Conterfey Ihrer lieblichen Gattin besitzen …“

III. BILDENDE KUNST 215

302 LUSTIGE BLÄTTER. – Album der Redakteurin Käthe Mehlitz. Mit über 40 Eintragungen von Illustratoren und Schriftstellern, die für die Berliner Satire-Zeitschrift (1866 bis 1944) Beiträge geliefert hatten. 1925 bis 1940. Mit 30 meist ganzseitigen, teils farbigen Illustrationen (meist einmontiert). Schöner, reich verzierter brauner Ledereinband mit Kopfgoldschnitt. Kl.4o. Leicht bestoßen, Bindung etwas gelockert. (2.500.—)

Käthe Mehlitz, die 1900 wohl als Sekretärin bei den „Lustigen Blättern“ angefangen hatte, erarbeitete sich bis 1925 den „Sessel einer wirklichen Redakteurin“ und hielt in der Redaktion „die Fäden in der Hand“ – so Alexander Moszkowski, der Schriftsteller und Herausgeber der Zeitschrift, in seiner Biographie „Panorama meines Lebens“.

Von Moszkowski stammt auch der erste Eintrag vom Dezember 1925, wohl Monat und Jahr des 25jährigen Firmenjubiläums von „Fräulein Mehlitz“ – der Anlaß, das Album für die Jubilarin anzulegen. Neben Moszkowski haben sich eingetragen:

Bruno Balz (Gedicht), Herbert Döblin (kolorierte Federzeichnung: Selbstportrait, bezeichnet: „An dieser Stelle spukt der Astralkörper von Herbert Döblin“), Gino de Finetti (Aquarell: Harlekin mit Dame), Brunon Gestwicki, Will Halle, Franz Albert Jüttner (Federzeichnung: ein alter Mann amüsiert sich über eine Kinderzeichnung), Julius Klinger (Federzeichnung in schwarzer und roter Tinte: eierlegender Pinguin), Hans Kossatz, Willibald Krain (kolorierte Federzeichnung: Portrait von Käthe Mehlitz, die an ihrem Schreibtisch von Illustrationen „begraben“ wird), Sabine Lepsius Tochter (aquarellierte Federzeichnung: Redaktionsszene), Fritz Löwen (Selbstportrait), Rupert Mrawek (kolorierte Federzeichnung: Portrait der Käthe Mehlitz, die als „Kindergärtnerin“ die Mitarbeiter bändigt), Carl Olof Petersen, Rudolf Presber (Gedicht), Paul Simmel (kolorierte Federzeichnung: Selbstportrait als Gratulant mit Blumenstrauß: „Tante Käte zahlste nu bessern Honorar?“), Ernst Stern, Frank Thiess („Genügt der Name? …“), Walter Trier (Federzeichnung: Portraits von 9 Mitarbeitern der „Lustigen Blätter“, darunter er selbst, bezeichnet: „Fräulein Mehlitz zur Erinnerung an all die schönen Männer …“) und Wilhelm Anton Wellner.

III. BILDENDE KUNST 216

303 MACKENSEN, Fritz, 1866 – 1953. E. Postkarte m. U. Worpswede 5.XI.1933. Eng beschrieben. Leicht gebräunt. (200.—)

An den Schriftsteller Ludwig Bäte in Osnabrück über die Anfänge der Künstlerkolonie Worpswede. „... Ich habe gestern gleich an Frau Rilke geschrieben, weil mir so manches entfallen ist. Noch einiges über meine Bremer Beziehungen: der Kunstverein Bremen veranstaltete Frühjahr 1895 die erste Worpsweder Ausstellung, an der außer mir Otto Modersohn u. Fritz Overbeck mit Bildern beteiligt waren, Hans a[m] E[nde] u. Heinrich Vogeler hatten nur Radierungen. Diese Ausstellung, aus der der Kunstverein die Worpsweder Madonna kaufte, begründete im selben Jahr in München unseren Weltruf …“ – Nennt mehrere von ihm gemalte Portraits.

Clara (Rilke-)Westhoff war 1898 Mackensens Bildhauer-Schülerin. – Von Ludwig Bäte erschien im folgenden Jahr der Gedichtband „Worpswede“.

304 MALER, Graphiker, Bildhauer und Architekten. – Über 60 Autographen. Zum überwiegenden Teil e. Br. m. U. (2.000.—)

Darunter Eduard Bargheer (8), Peter Behrens, Max Bill (3; davon 2 kl. Zeichnungen), Alexander Calder (e. adressierter Briefumschlag mit kleiner Zeichnung), Conrad Felixmüller, Paul Flora (2), Xaver Fuhr (2), Alberto Giacometti (e. Namenszug), Walter Gropius (3), Josef Hegenbarth (4; an die Galerie Vömel in Düsseldorf), Bernhard Heiliger, Karl Hofer (4), Robert Indiana (e. Weihnachtsgrüße m. U. auf einer Klappkarte mit montiertem Druck auf der Außenseite: „The Demuth American Dream“, 1968), Ida Kerkovius (5; davon 3 auf Kunstpostkarten ihrer Werke), Oskar Kokoschka (2; e. Namenszug und e. Kunstpostkarte m.U.: an den Photographen Felix H. Man, mit Dank „für die ausgezeichneten Photos, von denen ich Sie sehr bitte Copien auch an meinen lieben Bruder Bohuslav K. … senden zu wollen“), Alfred Kubin, Ewald Mataré (3; 2 e. Br. m. U. und 1 signierte Portraitphotographie), Georg Meistermann (4; davon 3 e. Namenszüge u. a. auf der Rückseite einer Portraitphotographie), Ernst Wilhelm Nay (4), Caspar Neher (3), Richard Neutra (Br. m. U. auf seinem Briefpapier, Los Angeles 1962), Hans Poelzig (e. Br. m. U. auf seinem Briefpapier, Berlin 1935), Max Unold, Andy Warhol (e. Namenszug) und Tom Wesselmann (2; davon 1 e. Namenszug auf der Rückseite einer Kunstpostkarte: „Study for First Illuminated Nude“).

306 MARCKS, Gerhard, 1889 – 1981. E. Br. m. U. Hamburg 9.IX.1946. 31/2 S. kl.-folio. Schwach gebräunt. (300.—)

Inhaltsreicher Brief an den ihn befreundeten Maler und Graphiker Heinrich Graf Luckner. Kurz zuvor war er nach Hamburg übergesiedelt, nachdem er einen Ruf an die Landeskunstschule erhalten hatte.

„... Die Wohnungsfrage soll allerdings noch gelöst werden, und zwar in der Schule alias ‘Kuhmühle’ selbst, wo auch Ahlers­Hestermann wohnt; aber mein Atelier ist pompös, mit Parkett (wenn auch ein paar Scheiben fehlen). Die Stadt ist unerhört malerisch in Athmosphäre, Wolken und in ihren rosaroten, schwarzweißen Trümmern, ich bedaure hier innig, kein Maler zu sein! Die Kollegen sind nett und up to date, muß man sagen. An Bildhauern giebts heute wohl in München mehr …“

Ferner über ein „Max Reinhardt Denkmal, das ich brennend gern machen möchte. Aber die erste Besprechung in Berlin, wird die möglich sein? Kann man? Kann ich? Endlich meinen Auftrag kriegen, wo die Leute was von mir haben wollen, nicht von Breker oder Xwem … Was ist übrigens mit Tessenow? Wird weiter gegen ihn gewühlt? Über Pechstein ist ja nicht weiter zu reden, er hat offenbar in seiner Jugend von Kirchner gelebt, dessen Graphik ich hier in der Nachbarschaft bewundern kann. Ehmsen ist schon gar keiner Worte wert. Aber z.B. würde mich sehr interessiert haben, die Beckmannsche Ausstellung in München zu sehn … Beckmann ist ja jemand …“

III. BILDENDE KUNST 217

307 MENZEL, Adolph von, 1815 – 1905. Bleistiftskizzen auf der Rückseite eines Programmzettels („Sinfonie-Soirée“ in der Königlichen Oper Berlin am 28.II.1885). Ca. 22 × 16,5 cm. Leicht gebräunt. Kleine Läsuren am linken Rand (teilweise ausgebessert). Am Unterrand einige Farbtupfer in verschieden Rot- und Brauntönen. (800.—)

Vier entzückende Damenfigurinen in unterschiedlicher Toilette, davon drei Darstellungen in Rückenansicht.

Menzel hat für seine Skizzen vielfach die Rückseiten von Einladungen, Programmen oder Billetts verwandt, sie anschließend neben die auszuführende Arbeit gelegt und gelegentlich die überschüssige Farbe des Pinsels darauf abgestrichen.

Wir danken Frau Marie Riemann-Reyher, Berlin für Informationen zu diesem Blatt.

308* E. Billett m. U. auf der Rückseite einer Kunstphotographie. O. O. u. D. 1 S. Visitformat. Aufnahme: Gustav Schauer, Berlin. (200.—)

„Aber liebe Frau Elika! morgen nicht die verabscheuungswürdige Hintertreppe zum Atelier; sondern vorn herauf, in meiner Wohnung erwartet Sie das zu besehende. Schönsten Gruß – Menzel.“ Umseitig die Photographie eines Gemäldes, das eine Familie bei einem gemeinsamen Eselausritt zeigt.

III. BILDENDE KUNST 218

309 NOLDE, Emil, 1867 – 1856. Br. m. U. und e. Zusatz. Berlin 26.XI.1932. 2⁄3 S. gr.-4o Bläuliches Papier. Kleine Rand- und Faltenrisse (teilweise ausgebessert). (600.—)

An Else Koppel, eine Sammlerin.

„... Das Bild welches Ihnen aus der Schlütersammlung zuerteilt worden ist ist mir nicht deutlich im Gedächtnis geblieben, und ich habe leider kein Oelbild mit Blumen, das ich Ihnen geben könnte. Trotzdem möchte ich gern Ihren Wunsch erfüllen, wenn Sie mir freundlichst das Bild zusenden würden, und ich denke, dass ich Ihnen im Tausch zwei meiner (event. Blumen­) Aquarelle geben könne, die Sie gewiss freuen würden …“ – Die Worte in Klammern eigenhändig.

310 NYMPHENBURGER PORZELLANMANUFAKTUR. – BÄUML, Albert, 1855 – 1929. Schriftstück m. U. München 19.III.1913. 1 S. gr.-4o. Mit gedrucktem Briefkopf „Königl. Bayer. Porzellan-Manufaktur Nymphenburg“. (200.—)

Zeugnis für den Lehramtskandidaten Friedrich Weimar, der „vom 19. September 1912 bis zum 19. März 1913 in der Kaufmännischen Abteilung unserer Manufaktur als Volontär tätig gewesen ist“. Bäuml stand der Manufaktur seit 1887 als Direktor vor; es gelang ihm, den heruntergewirtschafteten Betrieb zu neuem Erfolg zu führen.

„natürlich sofort überzeugt“

311* POELZIG, Hans, Architekt, 1869 – 1936. Br. m. U. „Poelzig“. Berlin 1.VI.1927. 3 S. (gr.-)4o. Mit gedrucktem Briefkopf „Professor Hans Poelzig“. (300.—)

An ein „gnädiges Fräulein“, wohl ein Mitglied des „Vereins Berliner Künstlerinnen“. Der Galerist Ferdinand Moeller, neuerdings ein Nachbar des Vereins, hatte Poelzig gebeten, „ihm bei der Einrichtung seines Kunstsalons zu helfen“, wobei es zu nachbarschaftlichen Konflikten gekommen war.

„... Um die Anlage einigermaßen gut durchzuführen und vor allen Dingen eine leidliche Verbindung der vorderen Räume mit den hinteren zu schaffen, ist es wirklich notwendig, daß der Verein … den kleinen Abstellraum am Flur abtritt, wofür Herr Moeller auf seine Kosten Ersatz schafft.

Ich bitte Sie dringend …, damit einverstanden zu sein und bedaure, daß ich Ihnen nicht an Hand der Pläne und an Ort und Stelle den Nachweis der Notwendigkeit führen kann – ich würde nicht daran zweifeln, daß Sie dann sofort überzeugt sein werden. Aber ich hoffe, daß Sie auch so damit einverstanden sein werden, da die von mir vorgeschlagene Lösung thatsächlich den Interessen beider Teile am besten gerecht wird …“

312 SCHADOW, Johann Gottfried, 1764 – 1850. E. Schriftstück m. U. Berlin 21.XII.1795. 1 S. 4o. (600.—)

Voranschlag über die Kosten von zwei Basreliefs für zwei Sarkophage aus carrarischem Marmor: „Charon hat die Verstorbene in Elisium überbracht, u. zählt mit Vergnügen das Fährgeld, sie dankt den Mercur ihren Begleiter, einer der seligen Schatten komt ihr entgegen. / Preiß 480 Thaler P.C.“ und „Die Dankbarkeit opfert beim Bilde der Proserpine Früchte und Milch dem Schatten der Verstorben[en] / Preiß 200 Thaler.“

Mit einer Nachschrift: „Da von den Sarcophagen nicht gesagt ist ob sie hier sollen gemacht werden, auch nicht wovon so hab ich davon keinen Anschlag gemacht.“

Selten so früh.

III. BILDENDE KUNST 219

313 SCHIELE, Egon, 1890 – 1918. E. Schriftstück m. U. „Egon Schiele“. O. O., 2.VIII.1917. 1/2 S. quer-kl.-4o. Liniiertes Papier. Linker Rand gelocht, Faltspuren. (4.000.—)

Quittung für den Kunstsammler Oskar Reichel:

„Habe heute vom Herrn Dr. Reichel 7 farbige Zeichnungen von mir und 2 schwarze von Paris von Gütersloh für die Ausstellung in Stockholm übernommen und wird das österreichische Museum dieselben noch extra bestätigen.“

Der Wiener Internist Oskar Reichel (1869 – 1943) gilt als einer der wichtigsten Sammler zeitgenössischer Kunst vor dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich. Er spielte eine wichtige Rolle bei Schieles Einstand in die Wiener Kunstszene und gab bei ihm zahlreiche Arbeiten in Auftrag.

Anfang 1917 wurde Schiele gemeinsam mit Albert Paris Gütersloh beauftragt, Werke junger Künstler für die „Kriegsausstellung 1917“ im Wiener Prater auszuwählen. In diesem Jahr beteiligte er sich an einer Ausstellung Österreich-Ungarns, die in Stockholm und Kopenhagen gezeigt wurde. Nebehay Nr. 1253; http://www.schiele-dokumentation.at/objekt.php?id=1330 („Verbleib unbekannt“).

314* TISCHBEIN, Johann Friedrich August, genannt „Leipziger Tischbein“, 1750 – 1812. E. Br. m. U. Dessau 1794. 11/2 S. 8o. Am Kopf von alter Sammlerhand bezeichnet. Verso Heftspuren und Montagereste. (350.—)

An (den Lyriker Friedrich von Matthisson in Dessau), der ihm einen Besuch abstatten wollte.

„Empfange freuend, für die gesandten Blumen, / den besten Dank. Es mögen schon auf Erden, / vom Götter­Mahle Dir, die besten Krumen, / dafür gespendet werden.

Ferner entschlage ich Sie, mein lieber Herr Hofrath, Ihres gütigen Versprechens, mir noch heute vormittag einige Stunden zu schenken; und das zwar nicht bloß auß Schonung wegen dem eingefallenen schlechten Wetter; Sondern, weil ich diesen ganzen Tag, zu der Benutzung der erhaltenen Blumen nöthig habe, indem ich den gestrigen Tag unserer huldreichen Erbprinzessin“ (Amalie von Hessen-Homburg, Erbprinzessin von Anhalt-Dessau) „habe widmen müssen. Morgen, Sontag vormittags aber, würden Sie mir doppelt willkommen seyn …“

III. BILDENDE KUNST 220

Matthisson, verheiratet mit einer Hofdame der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau, hatte im Herbst 1794 seine Stelle als Vorleser und Reisebegleiter der Fürstin angetreten.

Aus der Sammlung Friedrich von Matthissons, von ihm am Kopf bezeichnet „Tischbein, Historienmaler …“

Gedruckt in „Das Stammbuch Friedrich von Matthissons“, Göttingen 2007, Nr. 44.1-2, S. 73. Sehr selten.

315 TISCHBEIN, Johann Heinrich Wilhelm, der „Goethe-Tischbein“, Cousin des Vorigen, 1751 – 1829. E. Br. m. U. Eutin 25.III.1813. 1 S. 4o. Mit Oblatensiegel und Adresse. (1.200.—)

An den Verleger Friedrich Perthes in Hamburg, von dem er ein Manuskript zurückerbittet.

„... Gleich nach Ihrer Abreise war ich den andern Tag bey H. Platte ihm einen Gruß von Ihnen zu bringen. Und fragte ihn das wen er Bücher von Ihnen komen lasse, auch etwas für mich mit Bey Gepackt werden könde …

Nun findet sich aber eine Gute Gelegenheit. H. Mentz und sein Schwiegersohn H. von Boulgu“ (der oldenburgische Staatsminister Wilhelm Ernst von Beaulieu-Marconnay) „komen nach Hamburg und werden Ihnen Grüsse par wörder bringen. Da bitte ich Ihnen das Manusckript Von Meiner Schweizerreise und Aufenthalt zu geben das sie es mir mitbringen

Nach unserer abrede wolden Sie mir es aus vorsorge erst abschreiben lassen, und dan schiken … ich möchte es gerne haben, weil ich noch Manches dazuschreiben mus …“

Mit Perthes’ Empfangsvermerk auf der Adresse. – Aus der Autographensammlung Annette von DrosteHülshoff.

III. BILDENDE KUNST 221

IV. GESCHICHTE

316* ALBANY, Luise Gräfin von, geb. Prinzessin von Stolberg-Gedern, Gemahlin des englischen Thronprätendenten Charles Edward Stuart, 1752 – 1824. E. Br., wohl aus Diskretionsgründen nicht unterschrieben. (Florenz) 12.IV. o. J. (1811). 3 S. 4o. Mit Anmerkungen von fremder Hand am Kopf der ersten Seite. Mit Blindsiegel (Ausriss) und Adresse. Spuren alter Heftung. (400.—)

An Karl Viktor von Bonstetten in Genf über den Dichter Vittorio Alfieri, mit dem sie seit 1778 – noch vor der Trennung von ihrem Gemahl, dem jakobitischen Thronprätendenten Charles Edward Stuart im Jahr 1784 – eine Liebesbeziehung unterhalten hatte.

In Alfieri habe sie einen Menschen gefunden, „qui devenoit plus fort a proportion qu’il trouvoit plus d obstacles. Il ne faut pas chercher la gloire ephemere du moment, il faut au contraire travailler pour l’Immortalité.

Qui empeche notre amie de travailler, on n’a pas toujours imprimé! et les noms des virgile, et d’homere ne sont ils pas arrivés jusqu’a nous. Je voudrois avoir son talent …“

Ferner erwähnt sie Bonstettens Sohn

Karl David, den Schweizer Geschichtsschreiber Johannes von Müller sowie die Schriftsteller François René de Chateaubriand und Friederike Brun.

Aus der Sammlung Friedrich von Matthissons, am Briefkopf von seiner Hand der Vermerk: „Gräfin v[on] Albany Gemahlin des letzten Prätendenten (Stuart.)“

Bonstettiana, Briefkorrespondenzen Karl Viktor von Bonstettens und seines Kreises, 1996 – 2014, Band X/2, S. 1098 – 1103, mit Faksimile.

317 ANHALT-DESSAU. – LEOPOLD I., Fürst, preußischer Feldmarschall, „der alte Dessauer“, 1676 – 1747. Br. m. U. u. E. und dreizeiliger e. Nachschrift. Dessau 30.XII.1735. 3 S. kl.-folio. Leicht eingerissen, kleine Schadstelle am Bug hinterlegt. (350.—)

An einen Markgrafen, dem er einen verabschiedeten Jäger empfiehlt.

„... weilen selbiger nunmehro gerne in seines Herrn Landen dienen will; so habe ihm darinn nicht entstehen, sondern denselben vielmehr wegen seines Wohlverhaltens und guten Aufführung Ew. Durchl. hiedurch bestens und dergestalt empfehlen wollen: die Gnade vor ihn zu haben, daß er bey ehester Gelegenheit ein Stück Brodt in Deroselben Landen bekommen möge …“

Die eigenhändige Nachschrift: „Bey gelegenheit nehme mir die freiheit ihnen zu erinneren an dem mir vor fielen Jaren her versprochenen großen Kerl “. – König Friedrich Wilhelm I. von Preußen suchte für sein Leibregiment großgewachsene Grenadiere, sogenannte „Lange Kerls“, die mindestens sechs rheinische Fuß (ca. 1,88 m) messen sollten.

IV. GESCHICHTE 224

318 BADEN. – KARL FRIEDRICH, Großherzog, Kurfürst seit 1806, Mitglied des Rheinbunds, 1728 – 1811. Br. m. U. Karlsruhe 18.IV.1806. 2⁄3 S. folio. (300.—)

An den Landgrafen von Fürstenberg, dem er die Vermählung seines Enkels, des späteren Großherzogs Karl, „mit der Prinzessinn von Frankreich Stephanie Napoléon Kaiserlichen Hoheit, adoptirten Tochter Sr. Kaiserlich-Königlichen Majestät von Frankreich und Italien“ anzeigt. Die Braut war eine Nichte von Josephine Beauharnais, der ersten Gemahlin Napoleons I.

319 Br. m. U. Karlsruhe 23.I.1807. 1 S. gr.-folio. (400.—)

An Kaiserin Josephine, die Gemahlin Napoleons I., anlässlich ihrer Abreise aus Mainz und Rückkehr nach Paris.

„... Veuille la providence divine accompagner les pas de Votre Majesté et Lui accorder la douce Satisfaction de revoir bientôt Son Illustre Epoux couvert de lauriers et donnant la paix à L’Europe  … “ Beiliegend ein Br. m. U. von Markgraf Georg Friedrich von Baden (1573 – 1638); an Graf Ludwig Eberhard von Öttingen, der ihm Familiennachrichten gesandt hatte (Karlsruhe 1615).

320 BAYERN. – MAXIMILIAN II. EMANUEL, Kurfürst, 1706 geächtet, 1714 wieder eingesetzt, 1662 – 1726. 2 Urkunden m. U. „MEmanuel“. Beide Namur 24.VII.1711. 2 S. querimp.-folio. Französisch. Pergament. Mit an weiß-blauer Seidenschnur hängendem Siegel in verzinkter Blechkapsel bzw. papiergedecktem Siegel. Leicht fleckig. (400.—)

Von dem im Reich geächteten (nominellen) Herrscher der spanischen Niederlande ausgestellte Urkunden für Maximilien Antoine de Baillet de Latour. – Zweifach, in unterschiedlicher Ausführung ausgestelltes Patent als „Capitaine et Prevôt de notre ville de Luxembourg “.

Aus dem Spanischen Erbfolgekrieg, in dem sich der ehemalige kaiserliche Feldherr auf die Seite Ludwigs XIV. geschlagen hatte.

321 MAXIMILIAN IV. (I.) JOSEPH, Kurfürst, 1806 der erste König, 1756 – 1825. Br. m. U. u. E. und dreizeiliger e. Nachschrift. Nymphenburg 28.VII.1804. 1 S. 4o. Mit dreiseitigem Goldschnitt. (250.—)

An den schwedischen Staatsmann Hans Axel Graf von Fersen, den ehemaligen Favoriten der Königin Marie Antoinette, der wie der Kurfürst in seiner Jugend in der französischen Armee gedient hatte.

„... Ce n’est que depuis trois jours … que le B[ar]on de Klinckoström m’a remis Votre lettre du 15 Avril … et je contribuerai avec bien du plaisir, autant qu’il dependra de moi, à rendre agréable à Votre Neveu le sejour de Munich …“

Die eigenhändige Nachschrift betrifft wohl einen Besuch des schwedischen Königspaares in München und ferner Elche, die wohlbehalten eingetroffen seien. – „La Reine arrive ici dimanche 5 d’aoust et le Roi quelques jours plus tard. Ma femme vous fait mille amitiées. Les Elans tout arrivés en très bon Etat.“

Königin Friederike von Schweden geb. Prinzessin von Baden, Gemahlin Gustavs IV. Adolf, war eine Schwester von Maximilian Josephs zweiter Gemahlin Karoline. – Mit Fersens Empfangsvermerk am Kopf.

IV. GESCHICHTE 225

(Maximilian IV. Joseph)

322 Br. m. U. München 10.X.1807. 1 S. gr.-4o (Unterrand des ehemaligen Folio-Blattes mit Adresszeile abgeschnitten). Leicht gebräunt. (200.—)

An eine Behörde wegen des Gesuchs des Grafen Pappenheim, die Herrschaft Pappenheim als ein kursächsisches Lehen anzuerkennen.

Auf das Gesuch, dem Grafen „zum Ersatze seiner ehemaligen Erbmarschallwürde“ die „eines bairischen Thron-Marschalls zu übertragen, werden Wir seiner Zeit die geeignete Rücksicht nehmen …“ Mit Gegenzeichnung des Ministers Graf Montgelas.

323 Br. m. U. „Max-Joseph“. München 21.XII.1822. 1/2 S. 4o. Etwas gebräunt. Schwach fleckig. Kleine Rand- und Faltenrisse alt ausgebessert. (120.—)

An den bayerischen Hofbeamten Karl Freiherrn von Gagern in Monsheim mit Neujahrswünschen. Der König wünscht zudem, „daß Ihre Gesundheit … ganz hergestellt werde, und Ich das Vergnügen habe, Sie im nächsten Sommer in Baden wieder zu sehen …“

Darunter eine fast viertelseitige Echtheitsbestätigung eines Nachfahren Gagerns von 1836.

324 CAROLINE, Königin, seine Gemahlin, Tochter des Erbprinzen Karl Ludwig von Baden, 1776 – 1841. E. Br. m. U. München 14.V.1835. 1 S. 8o. Goldschnitt. Leicht gebräunt. Rand- und Faltenrisse (teilweise ausgebessert). (200.—)

„Ich habe meine liebe Frau von Ahlefeldt ihren Brief sehr beherzigt und wünschte daß die große Zahl meiner zu gebenden Pensionen mir gestattete mehr für Fräulein von Staff zu thun – so aber kann ich nur 200 fl Pension bestimmen und hoffe indeß ihr doch einige Erleichterung dadurch zu gewähren …“ Die verwitwete Königin galt als große Wohltäterin.

325 MAXIMILIAN II., König, 1811 – 1864. Br. m. U. „Max“. Hohenschwangau 25.XI.1854. 1/2 S. 4o. Mit Trauerrand. Schwacher Abklatsch. (180.—)

Belobigungsschreiben für den „GeneralStaats-Prokurator L. von Schmitt“ wegen seiner Rede „bey Wiedereröffnung der appelationsgerichtlichen Sitzungen zu Zweybrücken“.

„... Ich habe zu grosser Befriedigung ersehen, in welch trefflichen Zügen Sie den Pflichtkreis der Beamten, ‘was der Beamte seyn und nicht seyn soll’, dargestellt haben. Ich erblicke darin einen neuen Beweis Ihrer erprobten Treue und Anhänglichkeit an Mich …“

326 LUDWIG II., König, Freund und Förderer Richard Wagners, 1845 – 1886. Urkunde m. U. „Ludwig“ (handschriftlich ausgefüllter Vordruck). München 8.I.1869. 1 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Gebührenstempel. Leicht gebräunt. (1.000.—)

„Patent für den zum Major beförderten bisherigen Hauptmann Gustav Ritter von Täuffenbach“ (Regest).

IV. GESCHICHTE
226

327 Urkunde m. U. „Ludwig“. München 8.IV.1875. 1 S. folio. Mit gedrucktem Kopf. Leicht gebräunt. (1.000.—)

„An den Oberstaatsanwalt am Appellationsgerichte in München“ (Regest).

„... Wir finden Uns allergnädigst bewogen, den von der Bauerstochter Franziska Huber von Obing am 8. November 1844 außerehelich geborenen Franz Xaver Huber, auch Meyer genannt, gegenwärtig Wirth in Oberfeldkirchen, auf das Ansuchen seines natürlichen Vaters, des Hausbesitzers Franz Meyer in Traunstein, zu legitimiren …“

328 Urkunde m. U. „Ludwig“. München 27.III.1878. 1 S. folio. Mit gedrucktem Kopf. Leicht gebräunt. (1.000.—)

„An den Oberstaatsanwalt am Appellationsgerichte in München“ (Regest).

„... Wir finden Uns allergnädigst bewogen, die am 2. November 1831 außerehelich geborene Viktoria Guggenmoss von Deisenhausen, nunmehr verehelichte Stempfle in Greimeltshofen, auf das allerunterthänigste Ansuchen ihres natürlichen Vaters, des verwittweten Augustin Musch in Traunstein, zu legitimiren …“

IV. GESCHICHTE 227

„daß eine große Crisis den ganzen socialen Zustand in Europa umstürzen kann“

329 BELGIEN. – LEOPOLD I., König a. d. H. Sachsen-Coburg-Saalfeld, 1790 – 1875. E. Br. m. U. Laeken 21.XI.1840. 7 S. 4o. Goldschnitt. Wenige kleine Flecke, kleine Faltenrisse; unauffällige Montagespuren. (400.—)

Langer politischer Brief an einen österreichischen Staatsmann (Graf), dem der König – ein Anhänger der Metternichschen Politik – seine Auffassung von der Aufgabe Österreichs im europäischen Machtgefüge darlegt.

„... die Zukunft … fürchte ich immer, wird nicht so ruhig seyn, als es die letzten 25 Jahre waren, und wenn nicht Oestreich als eine essentiellement conservative Macht den Stützpunkt für die Europäische Politik bildet, so könnte der Tractat v. 15 Jul 1840“ (der Londoner Vertrag über die Befriedung der Levante) „wohl der Anfang de la fin des traités de 1815 werden; was sehr zu bedauern wäre, denn schwer möchte es werden eine eben so gute Delimitation je wieder durchzusetzen.

Meiner Ansicht zu Folge kann Oestreich nur dann der wirkliche Stützpunkt seyn, wenn England und Frankreich sich nicht zu hostil entgegen stehen. Oestreich kann gerade zu die Europäische Politik leiten, wenn es nach Maßgabe der Umstände sich auf die Seemächte, oder sollten diese unvernünftig seyn, auf die Seite der Nordischen Mächte Rußland und Preußen stützen kann. Giebt es dagegen Mißverhältnisse zwischen England und Frankreich, so fällt der Schaden … invariablement auf die Continental Mächte; alle Erfahrung die wir in der Sache haben, beweisen diese traurige Wahrheit zum Überfluß.

Einer Vereinigung der vier Mächte wie sie jetzt existirt gegen Frankreich, kann wohl im Interesse v. Rußland liegen, aber nicht in dem der anderen Mächte.

Der Fürst Metternich wird sich wohl der Zeit erinnern, während dem Wiener Congress, wo man den Anmaßungen von Rußland eine Verbindung mit England und Frankreich entgegen stellen mußte. Und damals war Alexander Herrscher, ein Fürst, dem man große Moderation im Ganzen nicht absprechen kann, und eine Milde, von der späterhin, und in neuern Zeiten, nicht viel zu bemerken gewesen ist. Eine richtige Rußische Politik verlangt vor allen Dingen die Trennung von England und Frankreich! …“

Im Folgenden über die „Syrische Question“ und die ägyptischen und englischen Akteure Muhamad („Mehemet“) Ali Pascha („büßt scheinbar hier einen Übermuth, den ich bey einem so praktischen alten Herrn nicht erwartet hätte“) und Lord Palmerston („berauscht von diesen Successen“). „... So wie die Mesures executives im Orient jetzt betrieben werden, hat selbst nach unsrer früheren Ansicht Niemand mehr in der Hand; man wird selbst etwas zum Türken und ließt die Nachrichten, die einem Gott sendet; denn da man 3-4 Wochen hinter den Evenemens her galoppirt, so kann man natürlich nicht den geringsten Einfluß darauf ausüben, obgleich man natürlich die Folgen zu tragen bekommen wird  …“ – Diese

IV. GESCHICHTE 228

Probleme einigen (namentlich genannten) französischen und englichen „Schicksalsmännern“ zu überlassen, erscheine ihm „im höchsten Grad gefährlich“, denn europaweit seien schwerste innenpolitische Folgen zu befürchten:

„Euer Exzellenz können überzeugt seyn daß mein einziger Beweggrund zur Thätigkeit in diesem wichtigen Augenblick die Überzeugung ist, daß eine große Crisis den ganzen socialen Zustand in Europa umstürzen kann und in eine Anarchie stürzen, wovon wir uns jetzt noch nicht einmal eine deutliche Vorstellung machen können. Nur wenn der Fürst Metternich seiner Ansicht treu bleibt, so können wir der Sache ein Ende machen …“

„der Zorn u. der Haß sind schlechte Rathgeber in der Politik“

330 BISMARCK, Otto Fürst von, Staatsmann; Kanzler des Deutschen Reiches und von Preußen, 1815 – 1898. E. Br. m. U. Kissingen 27.VII.1874. 31/2 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. Faltenrisse alt ausgebessert. Mit e. adressiertem gesiegelten Umschlag. (800.—)

An Kaiser Wilhelm I., 14 Tage nach dem durch den Kulturkampf veranlassten Attentat, das am 13. Juli in Kissingen der katholische Handwerksgeselle Kullmann auf Bismarck verübt hatte.

„Eure Majestät wollen huldreichst verzeihn, daß ich meinen ehrfurchtsvollen Dank für das gnädige Schreiben vom 17. zurückgehalten, bis ich selbst die Feder führen kann; es geht noch schlecht, aber doch so viel daß ich selbst schreiben kann, wie sehr mich Eurer Majestät Worte erfreut und gehoben haben.

Bei meiner Ernennung zum General sagten Eure Majestät ein huldreiches Wort welches mein innerstes Gefühl wiedergab, nämlich daß ich Eurer Majestät auch als Minister im Sinne des Soldaten diente. Als solcher freue ich mich über eine Wunde im Dienst, u. als solcher bin ich bemüht, dem erhabnen Beispiel nachzustreben, welches Eure Majestät Ihren Dienern im Dienste des Vaterlandes geben. Möchte es mir auch gelingen, persönliche Beleidigungen wie die vom 13. mit Gleichmuth hinzunehmen, den Eure Majestät in ähnlichen Fällen bewährten, denn der Zorn u. der Haß sind schlechte Rathgeber in der Politik, und ich bitte Gott um Demuth u. Versöhnlichkeit. Ich hoffe Zeit und Kur werden auch der Verbitterung abhelfen, die in öffentlichen Geschäften nicht mitreden soll. Ich muß doch zu fremder Hand greifen um mehr zu schreiben. / vBismarck“ Windelband/Frauendienst Nr. 1519.

IV. GESCHICHTE 229

Warendorf 1563

331 BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURG. – ERICH II., der Jüngere, Herzog; Söldnerführer und Landesherr der Fürstentümer Calenberg und Göttingen, 1528 – 1584. Urkunde m. U. Warendorf 27.VI.1563. 3/4 S. folio. Faltenschäden restauriert (Blatt beidseitig mit Japan bezogen; Text etwas beeinträchtigt). (600.—)

Ehrenerklärung zugunsten des Johann von Warendorf, der zu Unrecht wegen angeblicher Teilnahme an einer Brandstiftung vor Münster hingerichtet worden sei („vonn leben zom thoedt komen“); die Vorwürfe gegen ihn seien bloß „gedychtet“. Tatsächlich sei dieser sein „gewesen Deyner … unschuldich“, wie er sich denn überhaupt während er in „unsere denst gewesen … sych wey eynem ehrlychem vam adel geburet ehrlych und wall geholten, und daß er zue syner mutter ziehn mochte  welchen uhrlaub er … van unß erhalten …“

In diesem Jahr war der Herzog mit einem Söldnerheer ins Hochstift Münster eingefallen, hatte die Stadt Warendorf eingenommen und ihr eine Brandschatzung von 3000 Gulden abgepresst; anschließend, nach Zahlung eines hohen Abzugsgeldes durch den Fürstbischof Bernhard von Münster, dehnte er seinen „herostratischen Verwüstungszug“ (NDB) bis an die Weichsel aus. – Zum „gewaltsamen Tod des Johann von Warendorf“ siehe M. Black-Veldtrup / C. Rehr, Bocholt-Betreffe im Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (2020), S. 105.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

332 BRAUNSCHWEIG-WOLFENBÜTTEL. – RUDOLF AUGUST, Herzog, 1627 – 1704. Br. m. U. u. E. Wolfenbüttel 8.I.1668. 2 S. folio. Mit feinem Trauersiegel und Adresse. Kleiner Faltenschaden. (350.—)

An Herzog Ernst I. den Frommen von Sachsen-Gotha, in Münzangelegenheiten – „wegen des Stempels und Verfertigung Neuen gepreges“.

„So haben Wir durch einen abgeschickten Expressen die Ungeseumbte Verordnung gethan, das uff dem Zellerfelde bey unserer Müntzstette der Stempel nach übersantem abriß geschnitten, auch die Begehrte quantität der 400 Stück Rhthlr: so Bald immer müglich, darnach gepreget werden sollen …“

333 BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND. – 18 Autographen von Politikern und Staatsmännern. Zum größten Teil Br. m. U. an den CDU-Politiker Ferdinand Friedensburg. (1.600.—)

Konrad Adenauer (6; Bürgenstock und Bonn, 1952 – 1960), Eugen Gerstenmaier (Bonn 1966), Walter Hallstein (Brüssel 1965), Theodor Heuss (Bad Godesberg 1949; dazu: 1 e. Br. m. U. und 1 Br. m. U. an den Kunsthistoriker Carl Georg Heise, Bad Godesberg 1950 und Stuttgart 1960), Heinrich Lübke (Bonn 1965), Fritz Schäffer (Bonn 1953), Gerhard Schröder (2; Bonn 1963 und 1965), Franz Josef Strauss (Bonn 1958, als Bundesinnenminister; dazu 1 Urkunde m. U. München 1987) und Herbert Wehner (e. Br. m. U. Berlin 1966: „... Sie haben mich oft zurechtgewiesen. Wir standen einander mitunter entgegen. Aber ich habe immer gewußt, daß Sie das meinen, was Sie sagen und daß Sie unentbehrlich sind …“).

IV. GESCHICHTE 230

334 DALBERG, Karl, Reichsfreiherr von, der letzte Kurfürst-Erzbischof von Mainz, Fürstprimas des Rheinbundes, Großherzog von Frankfurt, 1744 – 1817. E. Br. m. U. „Dalberg C“. Erfurt 8.IV.1797. 1 S. gr.-4o (400.—)

Als Kurmainzer Statthalter von Erfurt an einen Fürsten. – Aus der Zeit des Ersten Koalitionskrieges. „... Der preüsische Hof hat dem Russischen Hof förmlich erklärt daß er allen Entwürfen entsage die die damahlen durch zusammenstimmung der Umständen Veranlasst worden; und daß er selbst fest auf die Reichs-Verfassung halten werde. Gott gebe erträglichen Frieden oder günstiges Kriegs-Glück am Rhein in Karnten und Tirol …“

In einem Nachsatz schreibt er: „Ich bin gleichfalls vollkommen überzeügt daß dem Wiener Ministerium die Erhaltung der Reichs-Verfassung sehr angelegen ist.“

Geschrieben 10 Tage vor der Schlacht bei Neuwied, in der Frankreich einen entscheidenden Sieg über Österreich erringen sollte.

335 Br. m. U. „Carl G.H.“ Aschaffenburg 15.IV.1812. 1 S. folio. Etwas gebräunt. Schwach fleckig. (250.—)

Als Großherzog von Frankfurt an Adolph Carl von Humbracht, den vormaligen Bürgermeister von Frankfurt und nun Fürstlich Primatischen Kammerherrn, „die vielfältigen Anfragen, das bürgerliche Militair in Frankfurt betr[effend]“. Humbracht wird, zusammen mit Friedrich Maximilian von Günderrode, dem Präfekten von Frankfurt, angewiesen, sich nach Aschaffenburg zu begeben und „dergleichen Anfragen bis zu diesem Zeitpunkte auszusezen, und nach der bis izt bestehenden Observanz ein jeder einsweilen in seinen Fache verfahren möge …“

Beiliegend eine Urkunde m. U. „Carl“; als Fürstbischof von Konstanz mit der Beurkundung der Einstellung eines Aktuars bei der kurmainzischen „Comerzien Deputation“ (Erfurt 1800; mit großem Lacksiegel, gesprungen).

336 DAUN, Leopold Graf von, kaiserlicher Feldmarschall; Gegner Friedrichs des Großen, 1705 – 1766. E. Br. m. U. Aachen 20.VII.1740. 1 S. 4o. Leicht fleckig. (300.—)

Nach Angaben eines Vorbesitzers an Fürst (Nikolaus Leopold) zu Salm-Salm, dem er in eigenwilligem Französisch von der Behandlung seines Fußleidens im Aachener Bad berichtet.

„... vous avé surrement bien de la bonté vous interesser a ma santé, la quelle ce qui regarde mon piet la douce que je prand deux fois par jours depuis tout ce mois me fait merveiglé, de fassons que je comte m’en retourner le 2 ou 3me daoust, esperant d’estré presque retaplis … mé [mais] pour ma fievre je ne puis ancor pas entierement m’en de faire, la saissons par raport la bonne compagnis e[s]t deja finy depuis une couple des semeins et je me retrouve actuellement tout seulle icy, de vienne l’ont ne me marque la mointer chosse d’igné [digne] datantions …“

Am 31. Mai hatte Friedrich der Große den Thron bestiegen, im Oktober trat seine Rivalin Maria Theresia ihre Regierung an; am 16. Dezember brach der Erste Schlesische Krieg aus.

Beiliegend je 1 Br. m. U. u. E. seines Großvaters Wilhelm Johann Anton (Koblenz 1683) und seines Vaters Wirich Philipp Graf von Daun (Wien 1721), beide ebenfalls kaiserliche Feldmarschälle; ferner beiliegend ein Br. m. U. des Grafen Edmund von Hatzfeld („graff von hatzfeld / general veld Maréchal lieutenant“), Engers 1739.

IV. GESCHICHTE 231

337 DEUTSCHE KAISER, Könige von Preußen. – FRIEDRICH III., 1831 – 1888. Br. m. U. Charlottenburg 17.IV.1888. 1/2 S. 4o. Mit Trauerrand. Die unbeschriebene 4. Seite auf Karton montiert. (300.—)

An seinen Neffen Prinz Friedrich Leopold, „Premier-Lieutenant à la suite Meines Regiments der Gardes du Corps“, dem der Kaiser seine Beförderung zum Rittmeister mitteilt. Aus den 99 Tagen seiner Regierung.

Beiliegend ein e. Schriftstück m. U. (Paraphe): Konservationszettel des seiner Sprache beraubten Kaisers: „Ich bitte um Abschrift der Zeiteinteilung für die Herbstübungen des GardeCorps …“ (o. O. u. D.).

Ferner beiliegend ein Br. m. U. seiner Gemahlin Viktoria, die als Kronprinzessin den „Mitgliedern des Stadtraths zu Cassel“ für Geburtstagswünsche dankt.

338 VIKTORIA, seine Gemahlin, geb. Prinzessin von Großbritannien, 1840 – 1901. E. Br. m. U. „verwittwete Kaiserin u. Königin Friedrich“. Trient 2.XII.1899. 31/2 S. 8o. Mit bekröntem Monogramm am Kopf und breitem Trauerrand. Minimale Läsuren. Mit Umschlag. (350.—)

Von einer Erholungsreise an Gertrud Pocock in Bolton Crescent (Windsor) mit Dank für Geburtstagswünsche. – Gertrud Pocock war die Schwester des Oberhofmeisters der Kaiserin, Götz Graf von Seckendorff; sie hatte 1880 einen Bruder des Malers Lexden Lewis Pocock geheiratet. „... Gut geht es mir immer noch nicht ganz – aber schon viel besser als zur Zeit wo wir Ende October hier eintrafen! Die Nerven Schmerzen im Rücken-’Lumbago’ sind noch recht quälend u. störend. Gott sei Dank kann ich Ihnen sagen – daß es Ihrem Bruder recht ordentlich gegangen ist. Zwar klagt er noch immer ab u. zu über die seltenen Symptome Schwindel, Ohrensausen, Flimmern vor den Augen u. Mattigkeit aber er sieht recht gut aus – ist ganz gut zu Fuß – u. hat auch fleißig u. mit schönem Erfolg gemalt …“

339* WILHELM II., 1859 – 1941. Br. m. U. „Wilhelm / Prinz von Preußen p“. Potsdam 11.IV.1885. 1 S. gr.-4o (200.—)

„An den Wirklichen Geheimen Ober Regierungs-Rath a.d. Herrn Dr. Ludwig Hahn“ in Berlin, Verfasser der „Geschichte des preußischen Vaterlandes“.

„Durch die Ueberreichung der neusten Auflage Ihrer verdienstlichen Werke und das dieselben begleitende freundliche Schreiben haben Sie mir eine große Freude bereitet. Empfangen Sie … die Versicherung, daß ich mit Vergnügen die Mir aus Meiner Gymnasialzeit wohlbekannten Bücher wieder durchblättern werde …“

340 4 Urkunden m. U. Venedig 8.IV.1894 und Berlin 22.III.1898 bis 18.I.1909. 5 S. (gr.-)folio. Mit geprägten Siegeln. Gelocht. (400.—)

Zwei Bestallungen für den Juristen Karl Joseph Patheiger, zuletzt als „Kaiserlicher Oberregierungsrath bei der Direktion der Zölle und indirekten Steuern in Elsaß-Lothringen“ (1906) sowie sein Patent als Hauptmann der Landwehr-Infanterie (1898) und die Verleihung des Kronen-Ordens dritter Klasse (1909). Beiliegend eine Urkunde m. U. des Kronprinzen Wilhelm (Potsdam 1910; Bestallung als Ministerialrat) sowie 5 weitere Patheiers Laufbahn betreffende Urkunden a. d. J. 1882 – 1892, je 1 mit Unterschrift des preußischen Justizministers Heinrich von Friedberg bzw. des Statthalters in Elsaß-Lothringen (und späteren Reichskanzlers) Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst.

IV. GESCHICHTE 232

„bey dießem leydigen Kriegswesen“

341 DREISSIGJÄHRIGER KRIEG. – AMALIE ELISABETH, Landgräfin von HessenKassel, Gemahlin Wilhelms V., geb. Gräfin von Hanau-Münzenberg, 1602 – 1651. E. Br. m. U. Kassel 1./11.VIII.1645. 2 S. kl.-4o. Mit Ringsiegel und Adresse. Silberschnitt. (800.—)

Aus der Zeit des Feldzugs der französisch-weimarisch-hessischen Armee gegen Bayern an den Fürstbischof von Würzburg, Johann Philipp Graf von Schönborn, dem sie verspricht, sich für ihn bei den französischen Heerführern, dem Herzog von Enghien und Marschall Turenne, zu verwenden. – Nach der Schlacht von Mergentheim im Mai des Jahres war der Herzog von Enghien nach Hessen entsandt worden, um das geschlagene Heer Marschall Turennes zu verstärken, das sich dorthin zurückgezogen hatte.

Sie habe sein „angenehmes handtbrieflein“ erhalten und könne das „verhoffte Zeügnüß wohl geben, daß sie sich seyder Ihrer geführten Regirung, bey dießem leydigen Kriegswesen nicht allein aller friedferttigkeitt, sondern auch einer sonderlichen moderation undt aller gueten Nachbahrschafft Gegen diese Landen befließen; Gleich wie Ich dann deswegen mich schuldig erkennet ELd. Landt und Leutte alß es sich hatt ansehen laßen, das sedes belli der Ends sich ziehen müsse, auf’s beste zu recommendiren. Alß wehre deswegen einiger dancksagung nicht vonnöthen gewesen, undt haben ELd. sich wohl zueversichern, wann nuhr Ihn Meinem Vermögen etwas ist, So ELd. Undt dero Stifft zue guetem gereichen kann, Das Ich darbey auß aufrichtigem Herzen keinen Fleiß noch Eyffer Sparen werde, Gestalt Ich dann Jez nochmalß meinem General Wachtmeister Geysen“ (Johann von Geyso) „aufgetragen, denn Herren Herzogen von Enguien, undt Marschall de Turenne in Meinem Nahmen, zuersuchen undt dahin zueverbitten damitt ELd. mitt denn beschehenen zumuthungen verschonnet bleiben mögen …“

Geschrieben zwei Tage vor der Schlacht von Alerheim (bei Nördlingen), die mit einem Sieg der französisch-alliierten Armee enden sollte.

Beiliegend ein Br. m. U. (auf dem Gesuch eines Johannes Rode aus Kirchditmold, der nach langjährigen Diensten, um seinen kargen Lohn und „notturfftigen Zustand“ zu verbessern, um die Lizenz zum Schnapsbrennen gebeten hatte); die Landgräfin gibt dem Gesuchen statt, „Wacholderwein unndt Annißwaßer“ zu brennen. Besagter Rode müsse „einen gewißen Zinns, wie brauchlich geben, auch sich des Fruchtbrandtwein brennens bey straff allerdings endthalten …“ (Kassel 1642).

IV. GESCHICHTE 233

342 GALLAS, Matthias, Graf von Campo, Herzog von Lucera, kaiserlicher Feldmarschall, 1584 – 1647. Urkunde m. U. Regensburg 7.II.1637. 1 S. quer-gr.-folio. Mit Ringsiegel. Leicht fleckig. Minimale Rand- und Faltenschäden. (600.—)

Salva Guardia für das Gebiet des Landgrafen Georg II. von Hessen-Darmstadt, geltend für alle kaiserlichen „Hohen undt Niedern Kriegs Officire und sambtlichen Soldatesca, zu Roß undt Fuß welche sich der Zeidt oder ins künfftig“ in dessen Gebiet aufhalten. Es werde ihnen befohlen, sich bei ihren „Nachtlägern, Rastlägen, streiffen, Plündern und andern beschwerligkeitten, wie die immer nahmen haben mögen, gänzlichen endtheben“ zu wollen.

343 GEORG II., der Gelehrte, Landgraf von Hessen-Darmstadt, 1605 – 1661. Br. m. U. Gießen 24.XI.1631. 11/2 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Leicht fleckig. Kleine Rand- und Faltenschäden. (400.—)

An Bürgermeister und Rat der Stadt St. Goar wegen der erneuten Einberufung der Ständeversammlung. Die „vor wenigen Tagen alhier zu Giessen“ tagende Versammlung hatte ihre Arbeit unterbrechen müssen. „... Weil eben deßmahls unsers freundlichen lieben Vettern … Herrn Landgraf Wilhelms zu Hessen p. Liebden und dero Kriegsheer ihren Zug durch unser Fürstenthumb und land genommen, Zumahl auch die Kön. Würde zu Schweden“ (Gustav II. Adolf), „unser freundlicher lieber Herr Vetter und Schwager, unsern Rheinischen landen mit groser Kriegsmacht sich genähert haben, bey welchen eilenden Zuständen dan Wir eine hohe Unumbgängliche notturfft befunden, unterschiedene Unsere Landstände, … denen daß Kriegsvolck ganz zu nah kommen, gar zuerlauben, darmit sie heimraisen und zu ihren gütern sehen möchten, und alß, endlich die besorgnus noch viel gröser worden, haben zu höchstermelter Kön. Würde Wir Unß in selbst Persohn begeben, daher auch die ubrige Landstände vollends miteinander gnedig dimittirt …“

344 JOHANN LUDWIG, Graf (später Fürst) von Nassau-Hadamar; bedeutender Diplomat in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, unterzeichnete als Erster den Westfälischen Frieden (als Bevollmächtigter Kaiser Ferdinands III.), 1590 – 1653. Urkunde m. U. „Schloß Hadamar“ 15./25.VII.1626. 1 S. folio. Mit Siegelspur. Etwas fleckig, kleine Läsuren fachgerecht repariert. (400.—)

Pass für seinen Hofmeister Johann Frank von Hauxlede, den er „alß neutral persohnen, Unserer geschäfften halber, naher der Gravschafft Limpurg, zu der Wolgebornen Gravinnen … Frauen Johannata Elisabeth, Gravinnen zu Bentheim Unserer freundlichen Liben Frau Schwestern, wie denn weitter zu den Hern Graven von Bentheim p. Unsern sonderß Liben Vettern angelegenheit halber verschiket“ habe. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

345 SIMON VII., Graf und Edelherr zur Lippe; unter dem Namen „Der Lange“ Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, 1587 – 1627. Urkunde m. U. „Schloß Dettmoldt“ 4.IX.1626. 2⁄3 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel. (350.—)

Pass für seinen Gesandten, den anhaltischen Kammerjunker Gottfried Dravelman, den er „naher der Graffschafft Oldenburg in angelegenen sachen … abgefertigt“ habe. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

IV. GESCHICHTE 234

„so verliehre der herr kein zeitt“

346 WALLENSTEIN (Waldstein), Albrecht von, Herzog von Friedland (1625) und Mecklenburg (1629), kaiserlicher Generalissimus, 1583 – 1634 (ermordet). E. Br. m. U. „AHzF“ (Albrecht Herzog zu Friedland). Prag 6.II.1628. 3/4 S. folio. Dazu eine ebenfalls eigenh. Nachschrift, 2⁄3 S. folio (auf einem weiteren Blatt). Leicht gebräunt. Kleine Randläsuren. (4.000.—)

An Oberst Georg von Arnim, den späteren Feldmarschall, vom Beginn der (im Juli d. J. abgebrochenen) Belagerung Stralsunds. Arnim hatte den Dänholm widerrechtlich schon besetzt, noch wurde aber verhandelt.

„Aus beylag wirdt der herr sehen was man mir vor ein discurs gegeben hatt wegen etlicher örter in Pomern Der herr ist ein soldat undt in loco wirdt wissen alles das in acht zu nehmen was er zu Ihr[er] Ma[jestä] tt diensten am nuzlichsten wirdt erachten ist es müglich ein guarnigon [Garnison] in Strallsundt zu bringen so verliehre der herr kein zeitt wie auch mitt Wolgast …“ „P.S. undt dieweil der frieling herzu kompt undt man wirdt mitt der schaufl in die erden können als bitt ich der herr lasse den port zu Rostock fleissig mitt forti schliessen undt in continenti zu Rostock undt Wismar Citadellen bauen …“

Wallenstein traf erst Anfang Juli vor Stralsund ein.

347 WILHELM V., der Beständige, Landgraf von Hessen-Kassel; unter dem Namen „Der Kitzlichte“ Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, 1602 – 1637. Urkunde m. U. Kassel 30.IX.1634. 1 S. quer-folio. Mit schönem papiergedeckten Siegel. Schwach gebräunt. (600.—)

Schutzbrief für Graf Jobst Hermann zu Holstein-Schaumburg mit der Versicherung, „daß deßen Hauß undt Herrschafft Gehmen mit Unßerer Soldatesca undt guarnisonen … hinfuhro verschonet Pleiben undt unbelegt gelaßen werden solle“. – Die damals holsteinische Herrschaft Gemen ist heute ein Stadtteil von Borken im Münsterland, in das der Landgraf mit seinen Truppen eingefallen war.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, mit ihrem eigenh. Vermerk „Landgraf Wilhelm von Hessen“ auf dem Respektblatt.

IV. GESCHICHTE 235

Shelley, Byron und die Droste

348 ENGELS, Friedrich, sozialistischer Theoretiker, 1820 – 1895. E. Br. m. U. Bremen 2.VII.1840. 3 S. gr.-8o. Mit Adresse (Poststempel und -vermerke) auf S. 4 des Doppelblatts. Rand- und Faltenläsuren restauriert: Vermutlich im „Bückeburger Verfahren“ beidseitig mit Polyethylenfolie laminiert.

(3.000.—)

Brief des 19-jährigen Handlungsgehilfen in einem Bremer Großhandelshaus an Levin Schücking in Münster, in literarischen Angelegenheiten; eingangs über die mühsame Suche nach einem Verleger für eine deutsche Shelley-Ausgabe, die beide zusammen mit dem aus Elberfeld stammenden sozialistischen Publizisten Hermann Püttmann (1811 – 1874) planten.

„... Was G.C.E Meyer senr anbetrifft, so bin ich der Ansicht, daß wir den auf alle Fälle laufen lassen. Erstens, ist der Kerl und seine Fabrikarbeiter (Brinckmeier, Bärmann etc.) zu gemein; zweitens würde sich Püttmann nie dazu verstehen, für dessen Verlag zu schreiben; drittens honorirt M. schauderhaft, und viertens würden wir eine Unmasse Mahnungen und andre Plackereien nöthig haben, um das Honorar einzutreiben. Ich liege augenblicklich selbst mit ihm in Mahnungen begriffen, wegen des Honorars meiner Artikel in der Mitt[ernacht-]Zeitung, womit er nicht herausrücken will“. – In diesem Frühjahr hatte die bei Meyer in Braunschweig erscheinende „Mitternachtzeitung für gebildete Leser“ Engels’ Artikelfolge „Modernes Literaturleben“ (unter dem Pseudonym Friedrich Ostwald) gebracht. „...Ich bin leider noch ohne Antwort von Püttmann, und kann also gar keine energischen Maßregeln treffen. Überdieß wird M. schon Alles an seine Untergebenen vertheilt haben, und Nichts mehr an uns von Sh. abtreten können. Diese Verleger sind gewohnt, unumschränkt über ihre dienstbaren Federn zu disponiren, und wer von uns würde sich das gefallen lassen?“ (Tatsächlich erschienen noch in diesem Jahr in Meyers Verlag Shelleys „Geammelte Schriften“ in der Bearbeitung von Ludwig Herrig und Ferdinand Prössel.)

IV. GESCHICHTE 236

„Ich halte es für das Beste, Püttmann, der in dieser Hinsicht wohl der Erfahrenste unter uns sein möchte, unbeschränkte Vollmacht zur Contrahirung zu ertheilen … Dazu hat er dem W. Engelmann schon die Queen Mab offerirt, und der wäre der rechte Verleger für uns. Und Eins ist hier von großer Wichtigkeit; Sie wie ich, haben bisher blos für Journale geschrieben; Püttmann dagegen hatt’ schon ein Werk drucken lassen“ („Die Düsseldorfer Malerschule“, Leipzig 1839) „und ein zweites angekündigt“ („Chatterton“, Barmen 1840). „Auf dergleichen sehen die infamen Verleger.

Schünemann“ (der Bremer Verleger Carl Sch.) „hatte bei Ankunft Ihres Briefes eben eine Reise angetreten, von der er noch nicht zurück ist. Den Coleridge will ich ihm schon aufheften; ich habe an dem hier mit Glanz gefeierten Gutenbergfest im Champagnernebel Brüderschaft mit ihm getrunken, wodurch er sich sehr geehrt fühlte …

... sagen Sie mir wohl gütigst, wie es mit dem Honorar des Rhein. Jahrbuchs aussieht; ich schicke dieser Tage einiges an Freiligrath . Es ist mir hier grade nicht um die Blechung zu thun, ich weiß aber doch gern vorher, woran ich mich zu halten habe.

Ihre Übersetzung aus Shelley und Coleridge in Pfizers Blättern“ (Blätter zur Kunde der Literatur des Auslands) „hab’ ich mit Vergnügen gelesen; ich werde heut mit Shelley’s ‚Sensitive Plant’ fertig und schicke sie ihm gleichfalls zu. Dieses herrliche Gedicht ist in einem Geiste geschrieben, der den D[roste ] schen Produktionen noch verwandter als Byron ist. Diese gewähren mir fortwährend großen Genuß, und ich sage Ihnen wiederholt meinen Dank dafür …“

Im Herbst 1837, ein Jahr vor dem Abitur, hatte Engels das Gymnasium auf Geheiß des Vaters verlassen müssen, um im väterlichen Geschäft eine Ausbildung zum Kaufmann anzutreten, die er im folgenden Jahr bei dem Großhandelskaufmann Heinrich Leupold in Bremen fortsetzte. Dort, der direkten Kontrolle durch den Vater entronnen, konnte der vom „Jungen Deutschland“ angezogene Engels seinen literarischen Interessen nachgehen. In mehreren Zeitschriften publizierte er neben Literaturkritiken und Gedichten auch Artikel zu gesellschaftspolitischen Themen wie der Auswanderungsfrage.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, mit ihrem eigenh. Vermerk „F. K. Engels.“ auf der Adressseite.

MEGA, III. Abteilung, Band 1 S. 185f. (Text) und S. 659f. (Apparat). Sehr selten.

349 ERZBERGER, Matthias, Publizist und Zentrums-Politiker, 1875 – 1921 (ermordet). 3 Br. m. U. Berlin 13.IV.1915 bis 6.VII.1916. 3 S. gr.-4o und gr.-8o. Ein Brief gelocht. (300.—)

Als Mitglied des Reichstags an verschiedene Adressaten.

13.IV.1915. An (Clemens) Freiherrn von Droste-Hülshoff auf Schloss Stapel, der dem Aufruf zu einer Geldsammlung zugunsten des in Geldnot geratenen Vatikans gefolgt war. „... Empfangen Sie meinen besten Dank für die Zusendung des Zeichnungsscheines über M 100 für das Conto Rom …“

4.III.1916. An den katholischen Geistlichen und Politiker Heinrich Hansjakob in Haslach, dem er versichert, dessen „Wünsche und Beschwerden“ vorzubringen. „... In meinem Wahlkreis ist noch nicht ein einziges Kupferdach einer Kirche beschlagnahmt worden, da ich mich mit dem Klerus meines Wahlkreises in Verbindung gesetzt habe und die Beschlagnahme immer hinausschieben liess …“

9.VII.1916. An einen Herrn in Münster (Name gelöscht) wegen einer Publikation. „... Die Korrektur habe ich erhalten. Die 100 gewünschten Abzüge werden Ihnen vom Verlag der ‚Germania’ dieser Tage zugehen …“

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

IV. GESCHICHTE 237

350 FRANKREICH. – LUDWIG XIV., König, „le Roi Soleil“, 1638 – 1715. Urkunde m. U. (Sekretär). Versailles 27.VIII.1693. 1 S. quer-folio. Pergament. Etwas fleckig. Mit Siegelrest. (300.—)

„Dispense de parenté“ sowie Ernennung zum „con[seill]er d’épée au conseil provincial de luxembourg “ für Jean Baptiste Baillet de la Tour.

351 FRANZÖSISCHE REVOLUTION. – COMITÉ DE SALUT PUBLIC. Schriftstück mit den Unterschriften von Jean-Jacques Cambacérès, Lazare Carnot, Merlin de Douai, Antoine François de Fourcroy, Joseph Richard, Jacques-Alexis Thuriot u. a. Paris 23. Brumaire an 3 (13.XI.1794). 2 S. folio. Mit Siegel, Stempel („Comité de Salut Public. Approuvé“) und gedrucktem Briefkopf mit allegorischer Vignette am Kopf (Boppe Nr. 23). Schwach fleckig. (300.—)

„Extrait“ aus den Registern des Wohlfahrtsausschusses.

„Le Comité de Salut Public Arrête Que Le Citoyen Framery, Sécrétaire de Légation Près le gouvernement de Dannemarck est nommé Sécrétaire de Legation Près le gouvernement de Suède.“

352 Schriftstück mit den Unterschriften von Cambacérès, Carnot, J.F.B. Delmas, André Dumont, Fourcroy und Merlin de Douai. Paris 3. Nivôse an 3 (23.XII.1794). 1 S. folio. Mit großer Kupferstichvignette am Kopf (Boppe Nr. 46). (350.—)

Die „Section de la Guerre“ des Wohlfahrtsausschusses ordnet die Verlegung mehrerer Bataillone von der Küste bei Brest zur „armée des alpes“ an.

353 FÜRSTENBERG, Franz Egon Fürst von, Bischof von Straßburg, kurkölnischer Politiker; Parteigänger König Ludwigs XIV. von Frankreich, dem er die Stadt auslieferte, 1626 – 1682. Br. m. U. u. E. Wesel 25.I.1674. 1 S. folio. Etwas gebräunt. (400.—)

An den Kurfürst-Erzbischof von Trier, Karl Kaspar von der Leyen, dem er berichtet, was ihm seine Räte wegen der durch „freih[errn] von Orßbeckh … verrichter execution in meinem Stifft Stablo“ geschrieben haben.

„... Nhun hette Ich mir niemahlen von diesem Cavallier solches einbilden können, sondern … geglaubt, Er würdte sich entschüldiget haben, eine solche execution gegen einen stand des Reichs vor zu nehmen und dergestalt zu verfahren, auch sich zum brennen so vieler armer Leuthe gebrauchen laßen, Bevorab … halte Ich nit, daß solches für ubel genohmen werden könte, sicher aber ist es, daß wofern der friedt nit baldt erfolgt, so dörffte es noch wunderliche abrechnung geben, Ich zweiffele aber nit, und hoffe zu Gott, Ew Ld werden krefftigst … dazu cooperiren, damit der … fried balt erfolgen möge …“

Aus dem Niederländischen Krieg 1672 – 1678, in dem das Reich die Generalstaaten gegen Frankreich unterstützte.

IV. GESCHICHTE 238

354 GNEISENAU, August Graf Neidhardt von, preußischer Feldmarschall, 1760 – 1831. E. Br. m. U. Berlin 18.VI.1826. 1 S. gr.-4o. Mit gesiegeltem Umschlag. (350.—)

An einen befreundeten Freiherrn von Lindenfels in Ansbach, den er für den Sommer auf sein schlesisches Gut Erdmannsdorf einlädt.

„... In wenigen Tagen gehe ich auf mein im Magdeburgschen gelegenes Gut Sommerschenburg, um daselbst etwa vier Wochen zu verweilen und meine dasige Wirthschaft zu ordnen. Nur zur höchsten Nothdurft daselbst eingerichtet, bin ich nicht im Stande, einen Freund daselbst zu bewirthen.

Gegen Ende Juli gehe ich von da auf dem geradesten Wege über Halle, Leipzig und Dresden nach meinem Gute Erdmannsdorf bei Hirschberg …

Daselbst habe ich einige kleine Räume für einen genügsamen Freund, gute Nachbarschaft, und weit und breit umher schöne Gebirggegenden mit guten Wegen, so daß es einem wohl gefallen kann, wenn man auch in Bareuth geboren ist. Der Weg von letzterem Orte führt durch das interessante Erzgebirg …“ Beiliegend ein Brief von Schreiberhand (Abschrift?), Koblenz 23.VI.1816, an einen Professor über seinen Abschied vom Rhein nach der Niederlegung seines Kommandos. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

355 GOCH (Niederrhein). – Urkunde des Richters Henrich van Holthusen und zweier Schöffen. (Goch) „up Sonnendach post purificationis Marie“ (17.II.)1541. 1 S. quer-8o (ca. 11 × 22 cm). Niederdeutsch. Etwas fleckig, kleinere Defekte (geringer Textverlust durch Wurmfraß und Abrieb). Mit einem von ursprünlich zwei Siegeln (kleine Randschäden). (400.—)

Erklärung der Brüder Gaerdt und Geritt Nooy („noey“), ein „huess ingen vostraet gelegen by der boricht“ betreffend.

356 GOTTER, Gustav Adolph Graf von, preußischer Diplomat und Generalpostmeister, 1692 – 1762. E. Br. m. U. O. O. u. D. (wohl vor 1732). 21/2 S. kl.-folio. Mit Siegel und Adresse. Gebräunt und etwas fleckig. (250.—)

An „Monsieur Le Commissaire Zapff à Gothe“, wohl als gothaischer Geschäftsträger in Wien, den „Juden process“ betreffend.

Dieser „accrochiret sich Bloß an der invotulation der compensations Sache, darinn der Gegentheil Keine separation der exhibitorum gestatten will … Was die extradirung der bornaischen Documenten anbetrifft bin ich vollkommen von Ew. … sentiment, und die Sache ist an sich selbst sonnenklar, daß der Jude seinem eigenen Geständniß nach … der gothaischen Rentkammer schon biß 14/m rthlr … schuldig bleibet aber glauben sie mir wohl, daß hier nie einiger der bey so offt und vielfältiger geschehenen information das Fundament davon erwehnt und deßen comuniciret ist. Wir müssen au contraire tausend Schwierigkeiten zu überstehn und den Vorwurf zu leiden haben, daß wir dem Juden noch interessen schuldig [seien] …“

IV. GESCHICHTE 239

357 GROSSBRITANNIEN. – GEORG I., König (1714), als Georg Ludwig Kurfürst von Hannover, 1660 – 1727. Br. m. U. u. E. „freundwilliger Vetter / Georg R“. London, St. James’s Palace 6./17.II.1722. 2 S. folio. Schwarzschnitt. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Etwas gebräunt. Einige Rand- und Faltenschäden. (400.—)

An Markgraf Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Ansbach, dem er den Tod seiner Tante Eleonore, der Witwe von Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg, anzeigt. Die Herzogin habe „jüngsthin nach außgestandener Langwieriger Leibesschwachheit, bey guter vernunfft sanfft und Seelig dieses zeitliche verlaßen“.

358 GEORG IV., König, auch von Hannover, 1762 – 1830. Br. m. U. London, „Carlton House“, Juli 1822. 2 S. 4o. Mit dreiseitigem Goldschnitt. Unterschrift leicht tintenfleckig. (600.—)

An Markgräfin Friederike Amalie von Baden geb. Landgräfin von Hessen-Darmstadt, Witwe des Markgrafen Karl Ludwig, die die weitere Erziehung ihres 17-jährigen Enkels, des Herzogs Karl II. von Braunschweig in die Hand nehmen wollte. Der junge Herzog hatte sich mit seinen Erziehern überworfen, die ihn in seinen Augen „comme un enfant ou comme un esclave“ behandelt hätten.

„... J’apprends avec une vive satisfaction que Votre Pétit Fils le Duc de Bronsvic profite encore à Bruchsal des conseils maternels de Votre Altesse Sérénissime …

Connoissant la disharmonie qui a subsisté entre lui et ses Gouverneurs, Vous apprécierés aisement … les Motifs qui M’engagent à rappeller de leurs postes Mr. de Linsingen, ainsi que le Conseiller de Cour Eigner, en leur donnant une autre destination …

J’ai vu par la lettre que Vous avés adressé à Ma Soeur Elisabeth, que Vous appréciés les Qualités du Colonel de Dörnberg. Il consent à accompagner le Duc Charles à Vienne dans le Cas que cela pourroit lui être agréable. J’engagerai en ce Cas Mr. de Hohnhorst qui lui est personellement connu, et dont l’age diffère moins du sien, de le joindre …

Le Porteur de ces lignes, Mr. de Bülow, est chargé de s’instruire de quelle Manière Votre Altesse Sérénissime envisage cette affaire … J’observe encore que Je Me suis adressé au Prince de Metternich pour trouver une personne qui puisse être utile au Duc par ses connoissances locales …“ Herzog Karl II. war der Sohn und Nachfolger des 1815 bei Waterloo gefallenen „Schwarzen Herzogs“ Friedrich Wilhelm; bis 1823 stand er unter der Vormundschaft König Georgs IV.

359 HANNOVER. – GEORG LUDWIG, Kurfürst, 1714 als Georg I. König von Großbritannien, 1660 – 1727. Br. m. U. u. E. „Guht williger Georg Ludewig Cuhrfürste“. Hannover 18.III.1700. 13/4 S. folio. Mit Siegel und Adresse. Kleine Rand- und Faltenschäden. (350.—)

Als Kurfürst von Hannover an den bayerischen Gesandten beim Reichstag in Regensburg, Graf Tattenbach, dem er für seine „der Chursache“ geleisteten Dienste dankt.

„... Wir haben das zuverlassige Vertrawen, derselbe werde … die beforderung Unserer introduction in das Churfürstliche Collegium … sich … aufs Beste recommendiret seyn zulassen belieben …“ 1692 hatte Kaiser Leopold I. Herzog Ernst August I. von Braunschweig-Lüneburg die Kurwürde verliehen, 1698 war ihm Georg Ludwig in der Regierung gefolgt.

IV. GESCHICHTE 240

361 HERFORD. – ANNA II., Gräfin von Limburg, Fürstäbtissin der Reichsabtei Herford, reg. 1524 – 1565. Urkunde. (Herford), „am tage Jacobi Apostoli“ (25.VII.)1545. 1 S. quer-gr.folio. Pergament. Etwas fleckig, geringe Buchstabenverluste duch Wurmfraß. Mit an Pressel hängendem Thronsiegel (defekt; von 4 weiteren Siegeln sind nur die Presseln vorhanden). (400.—)

Bestätigung eines Vertrags („vordrages Breiff“): Jasper van Ewernhem, Sohn des Alhard, und seine Ehefrau Else erklären die Beilegung eines alten Streits („twist und errunge“), der „by tidt der Erwerdigen und wolgeboren Annen vann Humelenstein“ (Äbtissin Anna von Hunolstein, reg. 1476 – 1494) zwischen der Abtei und dem Alhard van Bussche ausgebrochen war und den Besitz „der beider hove tho Hundebroick“ (Hunnebrock) betraf.

362 HESSEN. – PHILIPP I., „der Großmütige“, Landgraf, Förderer der Reformation, 1504 – 1567. Br. m. U. „Philip[u]s L Z Hessen etc sst“. Spangenberg 26.VII.1543. 2 S. folio. Mit Adresse. Leicht gebräunt (in der Bugfalte etwas stärker). Kleine Rand- und Faltenschäden. (400.—)

An Kurfürst Johann Friedrich den Großmütigen von Sachsen, mit dem er zusammen den Schmalkaldischen Bund anführte, wegen der Ansetzung eines neuen Termins in einer Schiedsangelegenheit.

„Der landtgraff bedenkt, das mahn in. 14. tagen einen Vorbescheidt machen solle“ (Regest).

IV. GESCHICHTE 241

363 ERNST LUDWIG, Landgraf von Hessen-Darmstadt, 1667 – 1739. Br. m. U. u. E. Darmstadt 30.XII.1718. 11/4 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Auf dem unbeschriebenen Teil des Doppelblattes der Antwortentwurf. Leicht fleckig. (250.—)

An Graf Ludwig zu Solms-Assenheim, dem er die Besteuerung „des Rauch-Tabacks und deren Tabacks-Pfeiffen“ in Hessen ankündigt und sie auch auf den gemeinschaftlich verwalteten Flecken Petterweil auszudehnen vorschlägt.

Graf Solms hält, wie aus dem Antwortentwurf hervorgeht, diese Steuer für „eine gute Sache, dazumahlen bey dem allzu starck eingerißenen Mißbrauche die Leuthe auff denen Gaßen, in Scheuern, Stellen und dergl. gefährl. Orthen zu gehen pflegen und hierdurch, wie leyder bekannt, mehr als zu oft fast gantze Oerther eingeäschert worden …“

364 LUDWIG IX., Landgraf von Hessen-Darmstadt, 1719 – 1790. Br. m. U. u. E. Pirmasens 21.XI.1748. 8 S. folio. Leicht fleckig. Einige Randläsuren (Bugfalten ausgebessert). (300.—)

An Kaiser Franz I. wegen eines Betrügers.

Dieser habe „unterm Nahmen eines Königlich Preussischen Capitains von Bülow allhier zu Pirmasenß sich gemeldet, und … unter allerhand sinistren praetexten … listige und betrügliche insinuationes zu Vorschießung einiger Werb-Geldter vorgespiegelt …“

„notre grand Roi“

365 KAROLINE, die „Große Landgräfin“ von Hessen-Darmstadt, Gemahlin Ludwigs IX., geb. Pfalzgräfin von Zweibrücken-Birkenfeld, 1721 – 1774. E. Br. m. U. Darmstadt 20.IX.1772. 3 S. 8o. Goldschnitt. (350.—)

An einen Vertrauten am preußischen Hof, der ihr über die Geburt ihrer Enkelin Wilhelmine – das zweite Kind und die erste Tochter des späteren Königs Friedrich Wilhelms II. und ihrer Tochter Friederike (die zweite Frau des Kronprinzen) – berichtet hatte.

„Je Suis Monsieur toute consolée de la naissance de La jeune princesse parce que Vous m’assurés Monsieur que notre grand Roi“ (Friedrich der Große) „L’a pardonné à ma fille, c’est pour Lui, c’est pour L’Etat que je Souhaitois un prince mais je compte bien que ma fille … remplira Sa Vocation de faire le plus d’Enfans qu’elle pourra. Le petit prince a donc eu le bonheur de voir Sa Majesté. Cette entrevue ne m’est pas du tout indiferente et je Vous sai[s] bien bon gré de m’en avoir dit un mot  …“

Der spätere König Friedrich Wilhelm III. war dem Paar als erstes Kind bereits 1770 geboren worden.

366 WILHELM IX., Landgraf, der spätere Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel, 1743 – 1821. Br. m. U. „Guillaume L.“. Kassel 7.II.1787. 1 S.4o. (250.—)

An Generalleutnant Graf Angelelli, der nach Bologna zurückgekehrt war. Eine Pension könne ihm dort nicht gezahlt werden: „Mes Pensionaires doivent consumer leurs Pensions dans mes Etats …“ Beiliegend ein zweiter Brief an Angelelli (Br. m. U. Kassel 1791) sowie ein Brief seiner Gemahlin, der Landgräfin Wilhelmine Karoline (Br. m. U. Kassel 1789).

IV. GESCHICHTE 242

367 WILHELM IX., Landgraf, und LUDWIG X., Landgraf von Hessen-Darmstadt, als Ludwig I., der erste Großherzog von Hessen-Darmstadt, 1753 – 1830. Gemeinsamer Br. m. U. „Wilhelm L“ und „Ludwig L.“ O. O. 3.IX.1799. 1/2 S. folio. Mit (beider) Siegel und Adresse. (300.—)

An den „Samt-Ober-Vorsteher derer Hospitalien in Heßen … Friedrich von Stamford / zu Hayna (Haina)“ (Adresse).

„... Wir haben der Catharina Christine Rumplerin von Neukelsterbach, gegen einen jährlichen Beytrag von Vierzig Gulden, die gleichbaldige Aufnahme in Unser Samthospital Hofheim zugestanden …“ Alles Weitere sei nun von Friedrich von Stamford zu regeln.

368 LUDWIG I., der erste Großherzog von Hessen-Darmstadt, 1753 – 1830. 3 e. Br. m. U. Darmstadt 13.IV., 18.VI. und 25.VII.1806. Je 1 S. 4o. Goldschnitt. 2 Briefe leicht fleckig. Jeweils ein kleines Loch in der linken unteren Ecke. (400.—)

An einen französischen Marschall (Bernadotte?).

13. April. Dank für „six bouteilles de l’eau du Sieur Mettemberg Je me fais presqu’un scrupule de l’accepter, craignant que Votre Excellence ne s’en prive …“

18. Juni. Bei Langen hatte sich ein Zwischenfall ereignet. „... J’ai donné sur le champ les ordres les plus précis pour que cela fut examiné avec la plus grande attention, et que les coupables soient punis selon les rigeurs de Nos Lois …“

25. Juli. Dank für einen liebenswürdigen Brief.

Drei Wochen später, am 13. August, nahm der Landgraf den Titel eines Großherzogs an, der ihm von Kaiser Napoleon gewährt worden war.

369 Br. m. U. u. E. Auerbach 13.XI.1808. 1 S. folio. Leicht gebräunt. Minimale Randläsuren. (200.—)

Nach dem Beitritt zum Rheinbund an Marschall Lefebvre, Herzog von Danzig, mit der Bitte, das hessische Regiment, das für die spanische Armee Kaiser Napoleons bestimmt sei „de prendre sous Votre bienveillance … et d’accorder Votre protection au Colonel de Ledebuhr en faveur de son zèle et de sa bonne volonté pour mon service …“

Mit der Erhebung zum Großherzog durch Kaiser Napoleon hatte sich Ludwig verpflichtet, ein Kontingent von 4000 Mann auf Anforderung zur Verfügung zu stellen.

370 3 Br. m. U. der Landgrafen LUDWIG V. (Kranichstein 10.IX.1607) und LUDWIG VI. (Darmstadt 6.III. und 16.VI.1674) von Hessen-Darmstadt. Zus. 4 S. folio. Mit den Adressen (und Siegelspuren). Leicht gebräunt und fleckig. Kleine Randschäden. (400.—)

Der Brief Ludwigs V. ist an Rudolph Wilhelm Rau von Holzhausen, Landvogt in Marburg an der Lahn („Marpurg an der Löhne“) gerichtet und betrifft Erb- und Lehnsangelegenheiten. Adressat der Briefe Ludwigs VI. ist der Kammerjunker und Rittmeister Philipp Adolf Rau von Holzhausen in Frankfurt a. M.; sie betreffen die durch Truppeneinquartierungen und -durchmärsche verursachten „Confusiones“.

IV. GESCHICHTE 243

„ob sie die teüffels tänze besuchet“

371 HEXENPROZESS. – Aktenstück, bestehend aus einer Verfügung des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz vom 1. April 1667 an den Amtmann zu Suhl(a) in Verbindung mit einer Sentenz des Schöffenstuhls zu Jena. 11/2 S. folio. Gebräunt. In der Bugfalte gebrochen. (400.—)

Der Verdacht der Hexerei richtet sich gegen die Witwe Margarethe Anschütz. Es wird verordnet, daß „genannte Inquisitin … in gefängliche hafft zu bringen, und auf gewiße Articul und Fragstücke, … zu förderst aber, ob sie die Hexerey gelernet, wie, wo und wann solches geschehen, ob sie den lieben Gott und unsern Erlöser Christum verschworen … ob sie mit ihme [dem Teufel] Unzucht getrieben, ob sie die teüffels tänze besuchet, wann und welcher gestalt sie ein und anderes also verrichtet? mit fleiß zu examiniren …“

372 HOFER, Andreas, Tiroler Freiheitskämpfer, der „Sandwirt“ von St. Leonhard im Passeiertal, 1767 – 1810 (in Mantua erschossen). Br. m. U. „Andere Hofer“. Innsbruck 19.IX.1809. 1 S. folio, halbspaltig geschrieben. Mit 2 Siegeln (im Wappen gekrönte Tiroler Adler mit den Buchstaben „AH“) und Adresse. Leicht gebräunt und fleckig. (2.000.—)

An den österreichischen Oberkommandanten von Südtirol, Joseph von Morandel, in Kaltern („von Botzen aus mittelst Ordinanz zu befördern“).

Dem „löbl[ichen] Stadtmagistrat von Trient“ wird befohlen, für die „dürftigen bewafneten Rancionairs im Pusterthal … 300 … Mäntel und ein gleiche Anzahl Schuhe … verfertigen“ zu lassen.

Sechs Wochen nach dem Sieg am Berg Isel (13. August) geschrieben, durch den Tirol bis zum Frieden von Wien vom Feind befreit worden war.

IV. GESCHICHTE 244

373 JÜLICH-CLEVE-BERG. – WILHELM V., „der Reiche“, Herzog; Förderer Mercators, 1516 – 1592. Urkunde. Bielefeld, „zum Sparrenberg“ 22.III.1556. 1 S. quer-folio (ca. 19 × 40 cm). Pergament. Mit großem Wachssiegel (Durchmesser 7,3 cm; Randddefekte). (600.—)

Lehnsbrief für Heinrich Ledebur als Erben seines verstorbenen Bruders Ludger über das „Schuyrmans guet … zu Vilsendorp in unserm kyrspell von Schildisse gelegen“. – Vilsendorf und Schildesche sind heute Stadtteile Bielefelds.

In diesem Jahr zog Herzog Wilhelm V. den italienischen Festungsbaumeister Alessandro Pasqualini für den weiteren Ausbau der Bielefelder Sparrenburg zur Festungsanlage heran.

Beiliegend eine Urkunde seines „Drosten zum Petershagen“, Jasper van Awernhem a. d. J. 1541 (zeitgenöss. Kopie auf Pergament).

374 Schriftstück mit 27 Unterschriften und 25 Siegeln von Vertretern des Ritterstands auf dem Jülich-Bergischen Landtag. Düsseldorf 20.IX.1672. 32⁄3 S. folio. Alt in Umschlag geheftet. Etwas feuchtfleckig. (350.—)

Protest der „Jülich: und Bergischen Landstände von Ritterschafft“ gegen die Absicht des regierenden Herzogs (Pfalzgraf Philipp Wilhelm), „Daß des Landts privilegia, Freyheiten, altherkommen, gewöhnheit, Recht, und Gerechtigkeiten“ ungeachtet der „so wöll daruber Erhaltene Kayserl. Decreta, rescripta, und EndtUrtheilen, als mit Ihro fürstl. D[urchlaucht] selbsten, und dero in Gott Ruhenden Herrn Vatteren“ (Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm) „hochsehligsten andenckens respective im Jahr 1649 und 1668 gepflogene pacta reversalia und Vergleichen auff einmahl auffgehoben und Cassirt werden“ sollten.

375 KÖLN. – KURFÜRST-ERZBISCHÖFE.

26 Autographen, vielfach Br. m. U. Teilweise etwas unfrisch oder mit kleineren Defekten. (1.600.—)

Die Herzoge von Bayern Maximilian Heinrich (3; 1670 – 1685, darunter eine Urkunde für die Vormünder eines „Metternich zu Müllenarck“), Joseph Clemens (2; Br. m. U. Lüttich 1696, italienisch, und Urkunde m. U. Bonn 1697: „ProtectionsPatent“); dazu eine Urkunde in seinem Namen, Clemens August I. (12; 1732 – 1757; darunter eine 6-seitige „Instruction des Waradeins Benjamin Udesheim“ von 1736, 2 Briefe an den General von Kleist, u. a. 1741, mit e. Sichtvermerken des Grafen Ferdinand v. Hohenzollern; ferner 1747 an den Fürstbischof von Würzburg, Anselm Franz von Ingelheim, Militärangelegenheiten des fränkischen Kreises betr.); dazu eine gedruckte Urkunde, 1745: Maßnahmen gegen eine grassierende Viehseuche, ferner Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels (6; 1764 – 1782, u. a. 1744 an den Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach; dazu ein Urkundenschluss m. U. von 1761 sowie eine Urkunde in seinem Namen, 1764: Instruktion für den Hofkammerdirektor J.A. Braumann, 1764) und Erzherzog Maximilian Franz (3; 1788 – 1800).

Beiliegend eine Köln betreffende gedruckte Urkunde von Kaiser Karl V. a. d. J. 1545 (Einblattdruck mit illustr. Holzschnitt-Initiale) und eine gedruckte Urkunde des Kurfürst-Erzbischofs Ernst von Bayern, Bonn 1597.

IV. GESCHICHTE 245

376 4 Schriftstücke aus der „Franzosenzeit“. (400.—)

Jourdan, Jean Baptiste Comte, Marschall des Kaiserreichs, 1762 – 1833. Br. m. U. Köln 28. Vendémiaire an 3 (19.X.1794). 1 S. folio. Mit Holzschnitt-Vignette im gedruckten Briefkopf. Kleinere Randläsuren. –Als Oberbefehlshaber der Sambre- und Maas-Armee an General Lefebvre, den er von „nouvelles dispositions“ unterrichtet; erwähnt die Generäle Ney (damals noch Generaladjutant), Kléber, Soult und Hatry. Jacobé de Trigny, Auguste, General, 1751 – 1814. Schriftstück (handschriftlich ausgefüllter Vordruck) m. U. Köln, an 8 (1799/1800) 1 S. quer-4o. Kleine Läsuren. – Erlaubnis zum Waffentragen für einen Einwohner von Neuss, „Reconnu Comme Bon Citoyen“, von Jacobé als Kommandant des Departements de la Roer unterzeichnet.

Klespé, Reiner Josef von, Kölner Ratsherr; übergab 1794 als Bürgermeister die Stadt den Franzosen, 1744 – 1818. 2 Br. m. U. Köln 26.II.1810 und 7.III.1811. 2 S. folio. Gedruckte Briefköpfe „Le Souspréfet de l’arrond[isseme]nt de Cologne“. Kleinere Randläsuren (ein Eckabschnitt). – An den Bürgermeister von Gustorf, von dem er „les tableaux des mouvemens de la population des Juifs de votre commune pour les naissance mariages & deces“ sowie „les declarations de changemens de noms de la part des Juifs venant de l’étranger“ gemäß dem Code Napoléon anfordert.

377 KRUGER, Paulus, Präsident der Südafrikanischen Republik, „Ohm Krüger“, 1825 – 1904. Urkunde (handschriftlich ausgefüllter Vordruck) m. U. Pretoria 30.I.1896. 1 S. folio. Mit Prägesiegel. Fleckig. Oberrand mit stärkeren Läsuren. (250.—)

Beurkundung eines Grundstücksverkaufs „in het dorp Middelburg“. Der gedruckte Text am Kopf lautet: „Door Zijn Hoog-Edele / Den Staatspresident der Z.A. Republiek, / in Naam en ten Behoeve van / Het Gouvernement van den gemelden Staat“; Kruger unterzeichnet als „Staatspresident der Zuid-Afrikaansche Republiek“.

„Onkel Karl im Glatzenkäfig“

378* LIEBKNECHT, Karl, kommunistischer Politiker; Mitbegründer des Spartakusbundes, 1871 – 1919 (ermordet). 11 e. Ansichts- bzw. Kunstpostkarten m. U. „Onkel Karl“. Baltimore, Cleveland, Fichtelberg, Glatz und Zürich 26.XI.1907 bis 18.VIII.1913. Teilweise kleine Läsuren. (1.200.—)

Liebevolle Geburtstags- und Grußkarten an seine Nichte Charlotte, die älteste Tochter seines Bruders Theodor, der 1899 mit ihm ein Anwaltsbüro in Berlin eröffnet hatte. – Vielfach nimmt „Onkel Karl“ in seinen Texten Bezug auf die abgebildeten Motive, die ganz offensichtlich ausgesucht wurden, um das Kind zu erfreuen.

Glatz 26.XI.1907. Zeichnung auf der Bildseite: zwei Fläschchen trinkende Dackelwelpen. „Das ist Helmi u. Bobbi! nicht wahr?“ – Gemeint sind seine beiden Söhne Wilhelm und Robert. – „Oder ist gar Lotti dabei? / Und das schmeckt fein! Freust Du Dich schon auf den Weihnachtsmann? Onkel grüsst Dich u. küsst Dich – wenn du’s erlaubst. / Allen viele Grüsse / Onkel Karl.“ – Karl Liebknecht war von Oktober 1907 bis Juni 1909 auf der Festung Glatz inhaftiert, wozu er wegen „Vorbereitung zum Hochverrats“ verurteilt worden war.

Glatz 20.V.1909. An das „Geburtstagskind“. „... Morgen wirst Du nun hundert Jahr alt, oder erst 5? oder gar erst 4? Ich weiß wirklich nicht. Das ist ja auch ganz gleich. Wenns nur viel beschert gibt u. lustige Gesellschaft. Und Lotty ist ja so brav u. lieb, daß es daran nicht fehlen kann. Und weil auch der Onkel Karl im Glatzenkäfig sie so lieb hat, schickt er ihr die allerschönsten Geburtstagsgrüße u. Wünsche u. Küsse. Bald komme ich nun selbst ganz wieder zu euch …“ – Auf der Bildseite eine Photographie mit „Blick auf die Stadt und Festung“.

IV. GESCHICHTE 246
(Köln)

Cleveland 2.XI.1910. Von seiner Vortragsreise durch die USA. „So sieht die Indianer-Mamma aus.“ (Auf der Bildseite die Photographie eines „Indianers“ mit Zöpfen.) „Onkel Karl sitzt an einem schönen Fluss u. wartet auf den Zug nach der Indianerstadt. 3 1/2 Stunden Verspätung! Die Versammlung muss statt um 8 erst um 10 anfangen …“

Baltimore 25.XI.1910. „So fahren hier die kleinen Mädchen spazieren.“ (Die Ansicht zeigt ein kleines Mädchen in einem von einem Alligator gezogenen Wägelchen.) „Und die bösen Krokodile sind ganz artig, wenn so ein kleines liebes Mädchen sie lenkt. Bald hätte ich so einen Wagen mitgebracht – aber er ist so schwer. Nun bin ich bald zurück …“ – Liebknecht war von der Sozialistischen Partei der USA eingeladen worden (10.X. bis 30.XI.1910).

Dazu weitere Kartengrüße aus dem Familienkreis an Charlotte und ihre Schwestern, darunter 4 von ihrer Großmutter Natalie L., der Frau Wilhelms (1906 bis 1917), ihren beiden Eltern Lucie (3) und Theodor Liebknecht (3) sowie 11 von ihrem Onkel Kurt Liebknecht (1909 – 1916, vielfach mit „Feldpost-Stempel“). Beiliegend Geburtstagsgrüße für Charlotte von Juli Bebel, der Ehefrau August Bebels, die sie in beider Namen aus Bad Nauheim sendet (Ansichtskarte 20.V.1908): „... Gern hätte ich persönlich ihr gratuliert aber leider geht es diesmal nicht. Es geht uns hier nach Wunsch u. gefällt uns sehr gut daß die Kur sehr unterstützt – meinem Manne auch bekommt / herzliche Grüße von den alten Freunden A.u.J. Bebel“. –Bebel hielt sich vom 12. Mai bis zum 2. Juli mit seiner Frau zu einer Badekur in Bad Nauheim auf.

379 LOTHRINGEN. – RENÉ II., Herzog; besiegte Karl den Kühnen 1477 in der Schlacht bei Nancy, 1451 – 1508. Br. m. U. Luneville 15.VII. o. J. 2⁄3 S. quer-4o. Kleinere Randläsuren ohne Beeinträchtigung des Textes. (250.—)

An den Profos und die Beamten von Longuyon, die er kraft seines Stiftungs- und Patronatsrechts anweist, den Anspruch des „francois, filz du petit henry de longuyon“ auf das ihm verliehene Kanonikat – „la Chanoine et prebende dudit longuyon qu[i]est de nostre fondacion et patronnage“ – gegen dessen Widersacher durchzusetzen.

380 LUXEMBURG. – 2 Urkunden. (Vianden), „donnerstach nest vur unß lieben frauwen dach nativitas“ (3.IX.)1467 und „uff sent maximis dach des hilligen buschoffs“ (29.V.)1482. Je 1 S. quer-schmal-folio bzw. quer-4o. Pergament. Leicht gebräunt; die erste mit leichtem Wurmfraß (geringer Textverlust). Ohne die Siegel. (600.—)

1467. Die Schöffen zu Vianden bestätigen, dass ihnen eine (hier vollständig inserierte) Urkunde („permentz breiff“) aus demselben Jahr vorgelegt wurde, in der Johannes van Buren im Namen des Konvents der Trinitarierkirche zu Vianden bestätigt, dass die Kirche von dem „mit broder“ Clais Nese, Pastor zu Mettendorf, 100 rheinische Gulden erhalten hat, wofür sie ihm eine jährliche Rente von 4 Gulden aus den Kircheneinnahmen zu Grumelscheid zahlt.

1482. Johannes Ude van Daisburg, „minister des goitzhuß zu vyanden ortens der hilligen dryfaldicheit“ und der Konvent bestätigen ihrem ehemaligen Minister Johann van Buren den Empfang einer Zahlung von 200 „guder rinschen gulden, die wir fort belaicht han“ sowie weiterer 30 Gulden an Naturalzins; im Gegenzug werden sie für den Spender und seine Vorfahren regelmäßig „mit drytzehen Bruedern und priesteren … missen syngende und lessende“ feiern. – Erwähnt u. a. den Junker Bernhard zu Burscheid.

IV. GESCHICHTE 247

381 MEDICI, Cosimo (I.) de’, Herzog von Florenz, Großherzog von Toskana, 1519 – 1574. Br. m. U. „Cosimo medici“. Florenz 19.V.1537. 1 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. Etwas fleckig. Mit Siegelspur und Adresse (Fehlstelle beim Namen alt ausgebessert). (2.000.—)

Als Herzog von Florenz an seinen Stellvertreter („Vic[ari]o“) zu Certaldo. Der junge Herzog begrüßt und präzisiert dessen Maßnahmen zum Verleih von Zugtieren („bestie vetturine“), um den Störungen („disordine non piccolo“) an den Poststationen abzuhelfen.

„... Hora noi intendiamo da qualche persona che s’è venuto à querelarsi che voi havete commesso à chi tiene bestie à vectura che non ne presti à nissuno Vi replichiamo che questo s’hà à vietare solo à quelli che si partono dalle poste et vogliono cansar’ la via per non haver’ à capitare qui in Firenze ma quelli che non si partono dalle poste et vogliono andar’ à lor faccende è bene lassarli andare al loro viaggio …“

Bei dem Adressaten handelt es sich vermutlich um Cosimos ehemaligen Erzieher und späteren einflussreichen Majordomus Pier Francesco Ricci(o), 1501 – 1564. – Der siebzehnjährige Cosimo war erst kurz zuvor, nach der Ermordung des Herzogs Alessandro de’Medici („il Moro“), am 6.I.1537 an die Regierung gekommen.

IV. GESCHICHTE 248

382 METTERNICH, Clemens Wenzel Lothar Fürst von, österreichischer Staatskanzler, 1773 – 1859. E. Br. m. U. Wien 16.XII.1842. 3/4 S. 4o. Mit voll signiertem Umschlag (Siegel defekt). (200.—)

„An den Fürstl. Metternich’schen Verwalter, Herrn Przihoda / zu Schloß Johannisberg “, bei Übersendung einer „Pendeluhr mit ihrem Kasten“.

„... Ich bestimme dieselbe für mein SchreibCabinet, wo sie an die Stelle der ihr ähnlichen aber kleineren WandUhr, aufzuhängen ist. Diese leztere kann in das Schlafzimmer für Fremde, im Hofe auf der KirchenSeite im ersten Stock … aufgehangen werden“.

383 E. Br. m. U. Schloß Johannisberg 3.VIII.1845. 1 S. 4o. Mit Goldschnitt. Etwas gebräunt. (300.—)

An einen Fürsten, den er auf sein Schlossgut eingeladen hatte.

„... Das Glück, Ew. Königl. Hoheit, Morgen bei mir zu sehen, fällt in den Rhein. Ich habe heute eine Einladung des Königs“ (Friedrich Wilhelm IV. von Preußen) „für den H[errn] E[rz]h[erzog] Friedrich und mich für Morgen … auf Stolzenfels erhalten. Wir werden die Fahrt sonach unternehmen und Übermorgen wieder hierher zurück kehren, da der König am 5t. selbst die Reise nach Cleve unternimmt um am 8t. wieder nach Stolzenfels zurückzukehren. Von dem Tage der Ankunft der Königin v. England“ (Königin Victoria) „am Rhein ist noch Nichts bekannt …“ – Die Ruinen der ehemaligen Zollburg Stolzenfels hatte Friedrich Wilhelm IV. in seiner Kronprinzenzeit zu einem neugotischen Schloss und Juwel der Rheinromantik ausbauen lassen.

Beiliegend ein e. Billett m. U. Metternichs an einen Baron, mit Wappenprägung am Kopf (1858).

384 E. Br. m. U. Wien 2.IV.1854. 22⁄3 S. 8o. Mit Trauerrand. Schwach fleckig. Mit e. adressiertem, gesiegeltem Umschlag. (300.—)

An Gräfin von Colloredo in London, die Ehefrau des österreichischen Botschafters Franz de Paula von Colloredo-Waldsee.

„... La Comtesse Mally m’a donnée connaissance du passage de la lettre dans laquelle vous lui avez fait part de la compassion que me voue Mad.e la Princesse de Palerme. Veuillez lui remettre la lettre ci incluse que je lui adresse pour la rémercier de son sentiment & lui prouver qu’il n’a rien d’inattendu pour moi, qui depuis son enfance et durant tout le course de sa vie si pleine d’épreuves de toutes les sortes, lui ai toujours voué le sentiment d’une affection que je me permets de qualifier de paternelle …“ – Trauerrand wegen des Todes seiner dritten Ehefrau Melanie geb. Gräfin Zichy-Ferraris am 3. März des Jahres.

Beiliegend 2 Briefe einer Maria von Metternich, Köln 1669, an den Bürgermeister von Münstereifel, NN. Aldenkirchen („lieber herr gefadter“).

IV. GESCHICHTE 249

„deux

Cents milliers de poudre“

385* NAPOLEON I., Kaiser der Franzosen, 1769 – 1821. Br. m. U. „Buonaparte“. Marseille 29. Pluviôse an 2 (17.II.1794). 3/4 S. kl.-folio. Leicht gebräunt. Rand- und Faltenschäden teilweise hinterlegt. Fleck in oberer rechter Ecke. (2.000.—)

Als „Général d’Artillerie“ kurz nach der Belagerung von Toulon an den „Citoyen Dupin“, die Lieferung von Schießpulver für die Marine betreffend.

„... Les Représentants du Peuple vouloient que Je fisse point passer de poudre a Bayonne et aux autres endroits que tu m’as ordonner pour être dans le Cas d’Enfournir Cinquantes Milliers à la Marine. Tu trouveras Cijoint un Etat par le quel tu verras que j’ai satisfait à toutes les demandes.

Il faut que tu prévienne le Ministre de la Marine“ (Jean Dalbarade) „qu’il n’Est plus possible de pouvoir fournir de ce coté ci des pondres pour le port La Montagne.“ – Die Stadt Toulon war durch den Nationalkonvent am 24.XII.1793 per Dekret in „Port-la-Montagne“ umbenannt worden.

„Tu soutiras aussi combien il Est interessant d’approrisionner Cette plan avant la Belle Saison au moins à deux Cents milliers de poudre. / Buonaparte“

Napoleon, der maßgeblichen Anteil an der Eroberung von Toulon hatte, wurde für seine Verdienste zum Brigadegeneral und Kommandant der Italien-Armee ernannt.

IV. GESCHICHTE
250

386 Urkunde m. U. „Bonaparte“. Paris 24. Thermidor an 10 (12.VIII.1802). 1 S. querimp.-folio. Pergament. Papiergedecktes Siegel. Mit Stempel der „Sammlung des Dr. HansHasso v. Veltheim“ am Kopf. An den Rändern schwach staubfleckig. (1.200.—)

„Bonaparte, Premier Consul de la République Française“ an ein Staatsoberhaupt (Namen des Landes und der beteiligten Personen alt geschwärzt), das ihm mitgeteilt hatte, dass er dem Rücktrittgesuch seines „ministre plénipotentiaire auprès du Gouvernement de la République Française“ stattgegeben habe. Napoleon bescheinigt, dass dieser „toutes les occcasions de fortifier les sentimens heureux qui attachent la Republique Française à la nation“ (Name geschwärzt) wahrgenommen habe.

Mit den Gegenzeichnungen von Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand und Staatssekretär Hugues Bernard Maret.

387 Br. m. U. „Np“. Paris 30.IV.1815. 1⁄3 S. 4o. (1.200.—)

An Polizeiminister Joseph Fouché.

„Monsieur Le Duc d’Otrante, le general Brouard demande à Nantes un bon commissaire de Police …“ Aus der Zeit der Hundert Tage. – Fouché, der gegen Ende der Kaiserzeit bei Napoleon in Ungnade gefallen war, hatte sich nach dessen Sturz 1814 den Bourbonen angeschlossen, wurde während der Hundert Tage jedoch erneut Polizeiminister, welches Amt er auch, nach Napoleons endgültigem Sturz im Juni, wieder bekleidete.

388 JOSEPHINE, Kaiserin, seine erste Gemahlin, geb. Tascher de la Pagerie, verw. Vicomtesse de Beauharnais, 1763 – 1814. Br. m. U. „josephine“. Malmaison 26.V.1813. 1/2 S. 4o Siegelspur und Nadelspuren in der linken unteren Ecke. (600.—)

An den Präfekten des Departments Escaut, dem sie einen „Mr. de Courteconne“ empfiehlt.

„... je porte depuis longtems beaucoup d’intérêt à sa famille, et je serai charmée que vous trouviés l’occasion de lui être utile. Je profite avec plaisir de cette circonstance pour vous renouveller l’assurance des sentimens que vous me connaissés pour vous …“

389 BONAPARTE, Letizia, geb. Ramolino, seine Mutter, gen. „Madame Mère“, 1750 – 1836. Br. m. U. „Madame“. Aix-les-Bains 5.VII.1811. 3 S. 4o. Schwach gebräunt. Minimal fleckig. (600.—)

An Cambacérès, der sich nach dem Gesundheitszustand ihrer Tochter Pauline, Fürstin Borghese, erkundigt hatte.

„... Elle est tombée malade aussitôt en arrivant à Aix. Sa maladie a été regardée d’abord comme une fièvre gastrique accompagnée de douleurs de ventre. Mon médecin, qui l’a traité trois années de suite aux Eaux, y a vu une affection inflammatroire de peritonité; Des applications de sangsues et autant de vesicatoires … ont été faites sur la région malade …“ Es seien noch zwei weitere Ärzte hinzugezogen worden und doch, „au milieu de tout cela, elle ne peut pas être merveilleuse. Néanmoins elle se soutient au délà de ce que raisonnablement je devois m’attrendre …“ Erwähnt Marie-Julie Bonaparte, sie sei „tourmentée aussi des nouvelles … que je reçois de la Reine d’Espagne“; ihr ältester Sohn Joseph Bonaparte regierte bis zu Napoleons Sturz als König von Spanien.

IV. GESCHICHTE 251

390 BEAUHARNAIS, Eugène, Stief- und Adoptivsohn Napoleons I.; Vizekönig von Italien, Herzog von Leuchtenberg, 1781 – 1824. E. Br. m. U. „Eugene Napoléon“. Mailand 25.III.1806. 1 S. gr.-4o. Minimal gebräunt. Rechtes unteres Eckchen abgerissen. (600.—)

An seine Cousine Stephanie Beauharnais, eine Nichte seiner Mutter Josephine, der er zur Adoption durch Napoleon I. (am 4. März) und zur im Oktober bevorstehenden Vermählung mit Erbprinz Karl von Baden gratuliert.

„J’ai appris avec grand plaisir, mon aimable soeur, votre adoption et votre mariage[,] je partage bien franchement tout le bonheur qui vous en arrivera. Le dégré de parenté entre vous et moi me fait acquérir de nouveaux droits à Votre attachement.

quant à moi je ne saurois rien ajouter aux sentimens que je vous ai voué et dont j’ai tout de plaisir à vous renouveller ici l’assurance.

La princesse auguste“ (Eugen Beauharnais hatte im Januar des Jahres Augusta Prinzessin von Bayern geheiratet) „partage tous mes sentimens pour vous et nous nous réunissons mon aimable soeur pour vous souhaiter dans votre ménage tout le bonheur dont nous jouissons dans le notre …“

391 Br. m. U. „Eugène“. Wien 6.X.1814. 3 S. 12o. Hellorange-farbenes Papier. (600.—)

An dieselbe, Großherzogin Stephanie von Baden. – Aus der ersten Zeit des Wiener Kongresses. „Ma bonne Cousine / … J’avais déja chargé Auguste“ (Beauharnais hatte 1806 die bayerische Prinzessin geheiratet, deren Vater Maximilian I. Joseph daraufhin von Napoleon zum König von Bayern gekrönt worden war), „depuis notre retour à Munich de vous écrire pour vous remercier de vos bontés pour nous et de l’aimable amitié que vous m’avez conservé … Je n’ai encore vu le Grand Duc qu’une seule fois, tout l’an est occupé de part et d’autres à une foule de visite d’étiquettes … Je ne vous parlerai pas des affaires, car on en est encore fort à l’obscur. On permeta chacun d’esperer et c’est déjà une consolation …“ Beauharnais war zeitweilig als Großherzog von Genua bzw. als Regent von Frankreich im Gespräch. Beiliegend ein e. Br. m. U. seines Vaters Alexandre Vicomte de Beauharnais; als Mitglied der Nationalversammlung an „Monsieur DeNeuville /procurer de Du roi et membre De Municipalité de Romorantin“: „... je vous prie de vouloir bien faire part au comité que l’assemblée nationalle m’a fait l’honneur de me choisir premier de ces Secrétaire les fontions en durent un mois à commencer d’aujourd’hui  …“ (Paris 23.XI.1789, mit Siegel und Adresse, etwas fleckig).

392 BEAUHARNAIS, Stephanie, Adoptivtochter Napoleons I., Gemahlin des Großherzogs Karl von Baden, 1789 – 1860. E. Br. m. U. Mannheim 27.X. o. J. 31/2 S. 8o. Mit bekrönter, farbiger S-Initiale am Kopf. Zwei kleine Heftlöcher. (300.—)

Verzweifelter Brief an eine Königliche Hoheit, die Scheidung ihrer Tochter Prinzessin Luise von Schweden betreffend. Diese hatte 1830 ihren Cousin, den ehemaligen Kronprinzen Gustav von Schweden geheiratet. „Je remercie du fond de mon coeur, Votre Altesse Royale des voeux affectueux qu’elle veut bien faire pour moi à l’occasion de ma fête qu’elle soit bien persuadée qu’au milieu de toutes mes tribulations l’amitié qu’elle m’a témoignée …

Je viens de recevoir dans cet instant une lettre du P[rin]ce de Hohenzollern“ (wohl ihr Schwiegersohn Karl Anton Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, seit 1834 mit ihrer Tochter Prinzessin Josephine verheiratet) „qui me dit que le P[rin]ce Gustave après avoir semblé disposé à une séparation à l’amiable, paroit plus que jamais vouloir le Divorce, au nom de Dieu que Votre Altesse Royale veuille bien mettre le poids de son influence pour empêcher un semblable scandale, je connais Louise jamais elle ne consentira à une séparation légale, car elle auroit pour elle d’affreuses conséquences, et un procès! …“ Die Ehe des Paares wurde 1844 geschieden.

IV. GESCHICHTE 252

„des agents sécrets de l’autriche et du cabinet de St. James“

393 – MORAND, Joseph, General, 1757 – 1813 (nach dem Gefecht bei Lüneburg). Br. m. U. Luxemburg 2. Thermidor an 7 (20.VII.1799). 13/4 S. 4o. Mit allegorischer Holzschnitt-Vignette („A. Schütz f[ecit]“) im gedruckten Briefkopf. Leicht fleckig, Nadellöcher. (400.—)

Als Kommandant der Festung Luxemburg und des „Département des Forêts“ an Louis Guillaume Reymer, „adjudant général commandant le département de la Sarre“ in Trier, über die feindliche Gesinnung der Bevölkerung gegen die neue Herrschaft.

„... l’esprit public dans le département des Forêts est aumoins aussi mauvais que dans celui de la Sarre, tous les rapports que je reçois sont rien moins que satisfaisants et tout porte a croire, que des agents sécrets de l’autriche et du cabinet de St. James cherchent a fomenter une insurrection génerale, non seulement dans les neufs départements réunis mais encore dans les 4 départements situés entre Meuse et Rhin …“

Beiliegend ein Br. m. U. von Hugues Bernard Maret, Herzog von Bassano, Mainz 1.XI.1813; kurz vor seiner Absetzung als Außenminister an den Präfekten des Departements de la Roer in Aachen wegen eines Befehls des Kaisers zur Sicherung der Rheinübergänge durch die „Gardes nationales afin de prévenir toutes les Entreprises de l’Enemi qui pourroit s’en servir pour jetter des ponts sur la rive Gauche …“ (Erst in der Neujahrsnacht setzte Blücher bei Kaub über den Rhein.) – Ferner beiliegend ein Brief der Pariser „Administration de l’Enregistrement et des Domaines“ an die in Trier ansässige Behörde des Saar-Departements (an 10).

394 NEY, Michel, Fürst von der Moskwa, Herzog von Elchingen, Marschall des Kaiserreichs, 1769 – 1815 (erschossen). Br. m. U. Nußloch 24. Brumaire an 8 (15.XI.1799). 1 S. folio. Leicht unfrisch. Kleine Randläsuren. Linker Rand angefalzt. (300.—)

Als Divisionsgeneral der Rheinarmee an die Brigadegenerale Bonnet, Sahuc, Rouyer und Forbier mit Befehlen zum Vormarsch von Heidelberg den Neckar aufwärts durch den Odenwald.

„... Le G[énéral] Bonnet partira en conséquence demain … de sa position de vieux Wissloch … pour s’emparer des débouchés de Horberg et prendre position en arrière de Hoffheim …

Le G[énéral] Sahuc … suivra ce mouvement …

Le G[énéral] Rouyer partira … pour s’emparer des hauteurs en arrière de Sulzenhausen …

Le G[énéral] Forbier … suivra la Direction de la Brigade de droite …“

395 Genehmigungsvermerk m. U. auf einem an ihn gerichteten Schreiben von Generalleutnant Comte Edouard Colbert, Angers 2.VIII.1814, 1 S. folio. Leicht gebräunt. Kleine Randschäden. (250.—)

Ney genehmigt die Versetzung eines Leutnants D’hame von der „Jeune Garde“ zur „Vieille garde“. D’hame habe sich die ehrenvolle Versetzung durch besondere Tapferkeit erworben; er sei u. a. „blessé de deux coups de sabre, L’un à la Tête et l’autre à L’épaule à la bataille de montebello“. Nach der Wiedereinsetzung der Bourbonen diente Ney, den Napoleon 1804 zum Marschall ernannt hatte, König Ludwig XVIII., der ihn zum Pair de France ernannte; dieser sowie die Ney von Napoleon verliehenen Titel finden sich auf dem vorliegenden Gesuch.

IV. GESCHICHTE 253

(M. Ney)

396 Br. m. U. Les Coudreaux 3.III.1815. 3 S. 4o. Kleiner Ausriss an der Bugfalte. (300.—)

An Fürst Honoré IV. von Monaco mit der Bitte, die Bewerbung des Obersten Baron Clouet um die Stelle eines Maitre-d’hôtel du Roi bei König Luwig XVIII. zu unterstützen.

„... comme il est naturel que cette affaire soit renvoyée à s.a.s. M.gr le Prince de Condé, je m’empresse de témoigner à votre altesse sérénissime la vive obligation que je lui aurais si elle voulait bien mettre quelque intérêt à la faire réussir …“

Zwei Tage nach Napoleons Landung im Golf von Juan geschrieben. Zwei Wochen später schloss Ney sich dem Kaiser wieder an; nach der Rückkehr des Königs wurde er als Hochverräter erschossen.

397 NASSAU-WEILBURG. – PHILIPP I., Graf, 1368 – 1429. Urkunde. O. O., Mariä visitatio (2.VII.)1430 [sic!]. 1 S. quer-schmal-4o. Pergament. Tinte stellenweise verblasst; kleine Löcher (geringe Textverluste). (400.—)

Lehnsbrief für Cuno von Pyrmont über einen Hof zu Esch bei Münstermaifeld („monster in meinfelt“) und einen Hof „genant winthusen gelegen by lanstern“ (Oberlahnstein). – Erwähnt frühere Belehnungen durch seine Vorfahren, die „seligen graffen Otten und graffen Walraffen von Nassauwe“. Das Datum gibt ein Rätsel auf, da Graf Philipp I. laut ADB genau ein Jahr zuvor, am 2.VII.1429 gestorben war. – Köllner führt in seiner Liste von Philipps Lehnsleuten aus der Grafschaft Saarbrücken Cuno (VII.) von Pyrmont nicht auf (Friedrich Köllner, Geschichte des vormaligen Nassau-Saarbrück’schen Landes und seiner Regenten, Band I. S. 187).

„ein Schriftsteller versteht, dass das Beste im Leben Trunkenheit und Wahnsinn ist“

398* NOBEL, Alfred, schwedischer Chemiker und Industrieller; Erfinder des Dynamits und Stifter des nach ihm benannten Preises, 1833 – 1896. E. Br. m. U. Paris 23.X.1893 (?). 1 S. gr.8o. Schwedisch. (2.000.—)

Familienbrief an seinen Bruder Robert über Carl von Frischen Ridderstolpe, den Ehemann seiner Nichte Ingeborg.

„... Hier sind alle Russlandverrückt, aber ein Schriftsteller versteht, dass das Beste im Leben Trunkenheit und Wahnsinn ist.

Ich würde fast meinen, dass Du meine Meinung über Carl Ridderstolpe bereits teilst. Er erweckt den Eindruck einer ganz und gar männlichen Persönlichkeit, der die kultivierte Geselligkeit möglicherweise einige scharfe Züge eingeprägt hat. Auf jeden Fall ist er sehr frei von der schwedischen Adelskrankheit …“ Weiter über seinen in England angestrengten Prozess gegen die Patentierung des Explosivstoffes Kordit; sein Kollege, der Physikochemiker James Dewar, hatte für die Patentierung die Zusammensetzung eines mit Nobel entwickelten Sprengstoffs leicht modifiziert und so das Vertrauen Nobels verletzt.

„Mein Prozess gegen die englische Regierung hat mich gezwungen, hierher zurückzukehren. Ich bin sehr müde von der langen Reise und habe schlecht geschrieben, aber die Grüße sind umso herzlicher von / Alfred“ (Übersetzung).

254

IV.
GESCHICHTE

Nr. 398

399 ÖSTERREICH. – FRANZ JOSEPH I., Kaiser, 1830 – 1916. E. Billett m. U. (Paraphe). O. O. (22.IV.1863). 1/2 S. gr.-8o. An den Rändern leicht gebräunt. (250.—)

„Graf Pálffy soll, wenn er abkommen kann auf 24 Stunden nach Wien kommen. / FJ“

400 STEPHANIE, Kronprinzessin, Gemahlin des Kronprinzen Rudolf, Tochter König Leopolds II. von Belgien, 1864 – 1945. Portraitphotographie mit e. Namenszug auf der Bildseite. Großes Kabinettformat (ca. 31 × 19 cm). Aufnahme: Othmar von Türk, Wien. Kleinere Defekte außerhalb der Darstellung; Photographenkarton am Unterrand beschnitten. (300.—)

Kniestück, Dreiviertelprofil nach links; Aufnahme aus früheren Jahren. Beiliegend ein Namenszug ihres Schwiegervaters Kaiser Franz Joseph I. (abgeschnittener Urkundenschluss, Wien 1854).

IV. GESCHICHTE 255

401 OSNABRÜCK. – KONRAD IV. von Rietberg, 1482 Fürstbischof, regierte seit 1497 (nach seiner Wahl zum Bischof von Münster) als Administrator, um 1456 – 1508. Urkunde. (Osnabrück), am Tag der zehntausend Märtyrer (22.VI.)1506. 1 S. quer-folio (ca. 18,5 × 32,5 cm).

Pergament. Kleine Einrisse. Mit 6 (von 9) teils defekten Siegeln. (800.—)

Bischof Konrad, Domdekan Johann von Snetlage und weitere namentlich genannte Kleriker wie auch Mitglieder des Rats der Stadt beurkunden den Verkauf einer Wiese („wysch“), gelegen „bynnen und tusschen der lantwer und der wullen mollen“ an die Wollwebergilde. – Erwähnt das Siechenhaus „buten der haseporten“.

Beiliegend 2 mit einander verbundene, ebenfalls die Wollwebergilde betreffende Urkunden auf Pergament vom 10.IV. und 15.V.1579; die zweite ausgestellt von Domdechant Wilhelm Gehenckingh und Prior Conradt Ketteler mit Bezug auf die angehängte „Gerechtigkeit“ im Namen des Fürstbischofs Heinrich. Die Pergamente etwas fleckig und leicht defekt; von den insgesamt 4 an Presseln hängenden Wachssiegeln sind 2 nur fragmentarisch erhalten, das große Stadtsiegel (Durchmesser: 8,6 cm) ist lediglich an der Legende beschädigt.

IV. GESCHICHTE 256

402 6 Urkunden auf Pergament. 1505 bis 1726. Verschiedene Formate. Teilweise mit Siegel(n). (800.—)

1505. Hermann Feygingk van Frackel, „Richter upe Nyenstat to Osenbrugge“: „gerichtl. Zeugnuß wegen Gerd Müselers Eltern“ (Regest); Wachssiegel, kleiner Randdefekt.

1507. Derselbe: „wechselbrieff zwischen Ledwin Ertman und den wüllnern“ (Wollwebern, Regest); 2 Wachssiegel, kleiner Randdefekt.

1608. Georg von Lengerke, „dero Altenstadt Osnabrugk geschworner Richter“: Schuld- und Zinsverschreibung; Gottschalk Rulandt und seine Ehefrau Ilsabe Schwencke zahlen dem Inhaber der Urkunde auf ein Darlehen von 700 Talern einen jährlichen Zins von 42 Talern aus ihrem in der Feldmark von Osnabrück gelegenen Hof; mit 2 Siegeln. Am Kopf ein Erledigungsvermerk des Obristleutnants Hermann von Westerholt, verso ein Quittungsvermerk a. d. J. 1631; zum Zeichen der Erledigung ist die Urkunde durchstrichen und zweifach eingeschnitten.

1616. Conrad Vette, „dero Newenstadt Osnabrügk geschworner Richter“: Das „Wandtmacherampt“ (Tuchwebergilde) zu Osnabrück zahlt Timmeke Venneman 120 Taler „jerlicher rente“ für ein Darlehen von 2000 Talern zum Bau der „Newen Mühlen an der Hase ausserhalb der Hasenpforten“, m. U. des Notars Ptolomeus Borckhorn; ohne das Siegel.

1663. Bürgermeister und Rat: Schuldbrief über 500 Taler für Conrad von Gülich „alß Scholarchen dieser Unser Evangelischen Schoelen“, m. U. des Notars Rudolf Abeken; ohne das Siegel.

1726. Christian Vette, „Beyder Rechte Doctor, verordnet und geschworner Richter der Stadt Osnabrück“: „KauffContract mit dem Gewandtmacher Ambte … wegen Redekers Erbes und der grossen Walckemühlen ausser dem Herrnteichsthor“ (Regest); 2 Wachssiegel (1 Fragment).

403 6 Urkunden von Fürstbischöfen aus den Jahren 1590 bis 1783; durchweg Lehnsbriefe auf Pergament. Verschiedene Formate, meist mit den Siegeln. (600.—)

Bernhard II., Graf von Waldeck (reg. 1585 – 1591). Iburg 1590, mit Siegel; für die Gildemeister der Wollweber („des Wulner Ampts“) zu Osnabrück.

Eitel Friedrich, Graf von Hohenzollern, Kardinal (reg. 1623 – 1625). 1625 (schwach fleckig); dito. Karl Joseph, Herzog von Lothringen, auch Erzbischof von Trier (reg. 1698 – 1715). 1712, mit Siegel in Holzschale; für einen Herrn von Neheim zu Sondermühlen („Nehem zue Sundermühlen“). Ernst August II., Herzog von Braunschweig-Lüneburg, auch von York und Albany (reg. 1716 – 1728). 1717, mit eigenh. Unterschrift und wohlerhaltenem Siegel in Holzkapsel; dito. Friedrich, Prinz von Großbritannien, Herzog von York und Albany, Feldmarschall; der letzte Fürstbischof (reg. 1764 – 1802). 2: 1783, mit Siegel in Holzkapsel bzw. Holzschale (Randdefekt); beide für Ernst August von Ledebur.

404 PADUA. – Diplom der Universität. Padua 15.X.1756. 5 S. 4o. Pergament. Geheftet und mit Goldkordel in rote Samtdeckel eingebunden, daran 3 Universitätssiegel in roten Lederetuis mit goldgeprägten Deckeln. In Lederkassette aus späterer Zeit (mit rotem Rückenschildchen; leicht berieben). (400.—)

Doktordiplom, im Namen der Juristischen Fakultät ausgestellt von Ottavio Benedetto für den Steiermärker Franz Xaver Pistor. – Mit vielfarbig gestalteter Titelseite sowie schöner Wappenmalerei auf dem Gegentitel; der Text in goldener und schwarzer Tinte.

IV. GESCHICHTE 257

405 PÄPSTE. – CLEMENS VIII., vormals Ippolito Aldobrandini; Gönner Tassos, 1536 – 1592 – 1605. Breve. Rom, „apud Sanctum Petrum“ 22.V.1592. 1 S. quer-schmal-folio. Pergament. Mit Adresse und Spuren des Fischerringsiegels. Schwach staubfleckig. (400.—)

An den Bischof von Cremona, päpstlicher Nuntius am Hof Kaiser Rudolfs II., dem der Papst die Erlaubnis erteilt, im Rahmen der Notwendigkeiten seiner Gesandtschaft mit „Haereticis et Schismaticis“ zu verkehren („colloqui, conversari, ac etiam cibum sumere“) und verbotene Bücher („libros in Indice ab hac Sede proposito comprehensos“) zu lesen.

Der erste päpstliche Index librorum inhibitorum war 1559 unter Papst Paul IV. entstanden. – Aus den ersten Monaten seines Pontifikats. Beiliegend ein Breve Papst Pius’ VI. (1788).

406 INNOZENZ X., vormals Giovanni Battista Pamfili, 1574 – 1644 – 1655. Breve. Rom 7.IX.1646. 1 S. quer-schmal-folio. Pergament. Mit Spur des Fischerring-Siegels. (300.—)

Ablassbrief für alle Besucher der Kirche „Sancti Joannis bapt[ist]e“ in Obermülstatt bei Salzburg, die am 24. Juni, dem Johannistag, dort in der Kirche bestimmte Gebete verrichten.

407 GREGOR XVI., vormals Bartolommeo Alberto Capellari, 1765 – 1831 – 1846. Bulle. Rom, 3. Idus Julii (13.VII.)1831. 1 S. quer-imp.-folio. Pergament. Mit kalligraphiertem Namenszug am Kopf. Ohne das Siegel. (180.—)

Verleihung einer Pfründe von 10 Goldgulden („decem florenum auri“) an Giuseppe Pellati, „prepositus secularis“ der Kirche Sta. Maria Maioris in Valenzia (Diözese Alessandria, Piemont). – Drei Monate nach seiner Wahl zum Papst (am 2.II.1831) ausgestellt.

„Questa è la condizione della Umana vita“

408* PIUS IX., vormals Giovanni Maria Mastai-Ferretti, 1792 – 1846 – 1878. 2 e. Br., davon 1 m. U. „Pius PP. IX.“ O. O. 23.IV.1874 und o. O. u. D. 2 S. kl.-folio. Leicht gebräunt. 1 Brief mit Randeinriss (ca. 5,5 cm). (350.—)

An verschiedene Empfänger.

1874. An Conte Luigi Mastai, der ihm ein Gemälde übersandt hatte, mit tröstenden Worten zu einer gescheiterten Ehe. „... In questo mondo non sono i soli gemi giganteschi che infastidiscono, ma vi sono anche i gemi fanciulleschi che talvolta recono la stessa noia. Ma che si ha da fare? Questa è la condizione della Umana vita, e per sopportarne le miserie, bisogna alzar li occhi in alto …“

O. D. An einen Geistlichen, u. a. mit einer kleinen Zuwendung. „... Nella Cassetta del tabacco manca una boetta: In quello spazio ho collocato un involto contenent circa [scudi] 170 che potete adoperare per uso della famiglia …“

IV. GESCHICHTE 258

409 LEO XIII., vormals Gioacchino Pecci, 1810 – 1878 – 1903. 5 Br. m. U. „Leo P.P. XIII.“ Rom, „apud S. Petrum“ 7.I.1882 bis 6.I.1886. 7 S. folio. Mit Siegel und Adresse. Leicht gebräunt. Mit kleinen Rand- und Faltenrissen. (800.—)

An Francesco Battaglini, den Kardinal-Erzbischof von Bologna.

15.IX.1882. Nach Battaglinis Ernennung zum Erzbischof von Bologna am 3. Juli des Jahres; davor waltete er als Bischof von Rimini. „... Cum itaque Bononiensi Archidioecesi, quam tot graves et peculiares rationes Nostrae praecipuae benevolentiae commendant, tua a Riminensi sede translatione, omnibus numeris praeditum Pastorem selegisse in Domino confidamus, magna animi Nostri jucunditate accepimus ex obsequentissimis tuis litteris die 13 Iunius mensis ad Nos datis intra biduum illustrem Tibi concreditam Metropolim ingressurum esse …“

29.XI.1884. Dank für die Ausführung der Rosenkranzgebete im Oktober, die er angeordnet hatte. „... Magno enim gaudio Nobis fuit ex iis agnoscere pias curas, quas animarum Curatores aliique Rectores Ecclesiarum e civitate ista aliisque istius Diocesis locis contulere, ut indictae a Nobis Rosarii preces elapso Octobri mense Deiparae Virgini a fidelibus haberentur, et praeclarum ac flagrans studium quo fideles isti ex omni ordine Nostris votis respondentes, oblata occasione cerlatim usi sunt, ut Sanctam Dei Matrem colerent …“ – Den Beschluss des Betens von wenigstens fünf Dekaden des Rosenkranzes hatte Papst Leo XIII. in seiner zweiten Enzyklika, der „Superiore anno“, am 30. August des Jahres niedergelegt.

28.I.1885. Dank für eine weihnächtliche Botschaft der Liebe und des Glaubens. „... Egregiam in Nos voluntatem tuam, etsi diu multisque rebus cognoveramus, libenter tamen perspeximus ex iis litteris, quas, appetente Natali Jesu, Nobis redendas curavisti. Illae vero cum per se gratae, tum etiam fuerunt gratiores, quod Cleri populique Bononiensis fidem Nobis et amorem profitebantur …“ Papst Leo XIII. hatte Battaglini im Juli 1885 als Kardinalpriester in das Kardinalskollegium aufgenommen.

Beiliegend 3 Briefe mit gestempelter Unterschrift; an denselben, ähnlichen Inhalts (Rom 1887 bis 1890). Ferner beiliegend über 100 Br. m. U. von anderen Absendern, ebenfalls an Battaglini, darunter die Könige und Königinnen Albert von Sachsen, Karl I. von Portugal, Leopold II. von Belgien, Ludwig I. von Portugal, Prinzregent Luitpold von Bayern, Maria Christina von Österreich, Maria Pia von Savoyen, Peter II. von Brasilien und Teresa Maria Cristina von Bourbon-Sizilien, die Bischöfe Sebastiano Galeati, Paulus Melchers und Charles-Philippe Place sowie die Kardinäle Gaetano Alimonda, Luigi di Canossa, Michelangelo Celesia, Sebastiano Galeati, Gustav Adolf zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Henry Edward Manning, Camillo Mazzella, Theodulf Mertel, Josip Mihalovic, Antolín Monescillo y Viso, Luigi Oreglia di Santo Stefano, Francesco Ricci Paracciani, Gaetano de Ruggiero und Vincenzo Vannutelli.

410 JOHANNES PAUL II., vormals Karol Wojtyla, 1920 – 1978 – 2005. Br. m. U. O. O. Dezember 1966. 1 S. kl.-4o. Mit farbigem Stempeldruck am Kopf (Zweig mit brennender Kerze). (400.—)

Als Kardinal und Erzbischof von Krakau mit Weihnachtsgrüßen: „Die festo Nativitatis Domini / anno millesimo Poloniae baptizatae / omnia bona faustaque exopto …“ Am Kopf (neben dem Druck) die Antiphon: „Rex pacificus magnificatus est / cuius vultum desiderat universa / terra (Antiph. I. Nativ.)“.

IV. GESCHICHTE 259

411 POLCH (Eifel). – Urkunde. Monreal, „Sabbato post Epiphaniam Domini“ (11.I.)1270. 1 S. quer-folio (ca. 20 × 33 cm). Lateinisch. Pergament. Leicht fleckig, kleine Löcher (geringer Textverlust). Mit Rest eines von ursprünglich zwei Siegeln (Rautenwappen der Grafen von Virneburg; Legende fragmentarisch erhalten). (800.—)

Johann und Christian von Monreal, Petrus von Laynsteyn, Petrus Merzilahe, Henricus de Pessil und Andere einigen sich mit Graf Heinrich von Virneburg („Henricus Comes de Virrniburch“ ) über die auf ihren Besitzungen zu Polch („polyche“) vorgenommenen Neuordnungen („limitatis novalibus“); verso alter Vermerk „Polcher novalia betreffend“.

„myt offgereckten fingern“

412 Von Schöffen zu Monreal besiegelte Urkunde. (Monreal) 1400. 1 S. quer-schmal-folio (ca. 11,5 × 32,5 cm). Pergament. Leicht fleckig, Tinte stellenweise verblasst (geringe Buchstabenverluste). Mit Resten eines von drei Siegeln. (600.—)

Leibeigenschaftsbrief. – Henne, Jeckels Sohn und Cuntze, Clais Sohn, „Beide von poelche“ , erklären vor den Schöffen mit heiligem Eid ihre Leibeigenschaft gegen den Junker Konrad von Brühl d. J. „... wir han gloifft … myt offgereckten fingern zu den heiligen gesworen eynen … eyt unse Lyff noch unse gut nümmer zu entferren … von deme Edeln Unsen Lyven Jonckeren Joncker Conraidt von Broel deme Jongen

IV. GESCHICHTE 260
…“

413 PREUSSEN. – FRIEDRICH WILHELM I., König von Preußen, der „Soldatenkönig“, 1688 – 1740. Schriftstück m. U. Potsdam 6.X.1723. 1 S. folio. Mit Ringsiegel. (400.—)

Wiederholte „ordre an die Geldersche Commißion“, sie solle „verfügen, daß von dem dortigen Lande 20 Mann vor das Golzische Regiment auffgebracht werden … und die bemelte Manschafft zu bestimmter Zeit ohnfehlbar bey sammen seyn muß …“

Beiliegend eine Urkunde m. U., Potsdam 29.IV.1719: „Staabs Capitains Patent beym Coenenschen Regt. zu Fueß, vor den bisherigen Lieut. von Roedinghausen“ (gebräunt).

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, von ihr auf der vierten Seite eigenh. bezeichnet „Friedrich Wilhelm der 1ste. König von Preußen“ (zunächst hatte sie das Autograph Friedrich dem Großen zugeschrieben).

„auff freywillige Art“

414 Br. m. U. Potsdam 5.IX.1732. 3/4 S. 4o. Leicht gebräunt. (300.—)

An (Herzog Karl Friedrich von Sachsen-Meiningen), den er um Erlaubnis zur Anwerbung von Langen Kerls in dessen Land bittet.

„... Es machet Sich Mein Major v. Mirbach v. papsteinischen Regiment die Hoffnung, in dem Meinungischen Lande einige große leute, auff freywillige Art, gegen ein gutes Handgeld anwerben zu können. Euer Liebden jederzeit gegen Mir verspührte affection veranlaßet Mich, dieselben um Dero Erlaubniß und assistence hierinnen zu ersuchen …“ – Am Kopf Empfangsvermerk (vom 25. Oktober!).

Der König suchte für sein Leibregiment großgewachsene Grenadiere, die mindestens sechs rheinische Fuß (ca. 1,88 m) messen sollten.

415 FRIEDRICH II., der Große, König, 1712 – 1786. Br. m. U. Charlottenburg 6.VI.1740. 1⁄3 S. 4o. Gebräunt. Ränder und Mittelfalte unterlegt. (400.—)

Eine Woche nach der Thronbesteigung an Carl Wilhelm von Bredow, Chef des Infanterieregiments Nr. 7 in Stettin.

„... Ich habe Euer abgestattetes wohlgemeinte compliment, über das betrübte absterben Meines Hochstseeligen Herrn Vaters Maj[estät] und Meinen antritt der Regierung erhalten. Ihr könnet versichert seyn daß Ich zu Euch, denen officiers, und dem gantzen Regiment alle Königl. gnade tragen und zeigen werde daß Ich sey / Euer wohl affectionirter König / Friedrich …“

Einen Monat später ernannte der König v. Bredow zum Generalmajor und anschließend zum Kommandanten von Stettin.

416 Urkunde m. U. Berlin 30.IV.1741. 2 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel. Etwas fleckig, kleine Faltenlöcher fachgerecht ausgebessert.

(500.—)

„Fähndrichs Patent, beym Lespsischen Regiment zu Fuß, für den bisherigen Gefreyten Corporal, Just von Rheden“ (Regest). – Unterschrift mit breiter Feder geschrieben, Tinte etwas verlaufen. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

IV. GESCHICHTE 261

(Freidrich II.)

417 11 Br. m. U. „Fch“ und „Federic“. Potsdam und Berlin 30.X.1754 bis 19.X.1769. 11 S. 4o. In Umschlag alt geheftet. Etwas fleckig. (3.000.—)

Die ersten drei Briefe an den Hauptmann und späteren Major Christian Binius vom Füsilierregiment Prinz Heinrich Nr. 35 (1757 gefallen):

Potsdam 2.X.1755. „... Auf Euer Schreiben vom 1t. dieses, worin Ihr um die Eurer Anzeige nach zu Münster Eiffel im Jülichschen zu meiner Collation vacant gewordene Praebende bitten wollen, ist Euch hierdurch in Antwort, wie Ich bis dato von dieser Vakantz noch keine Nachricht erhalten habe, folglich auch davon noch nicht disponiren kann …“

Dazu ein ebenfalls an Binius gerichteter Brief von Prinz August Wilhelm, der ihm zur Beförderung zum Major gratuliert (Spandau 1755).

Die weiteren acht Briefe sind an Binius’ Schwiegersohn, den Architekten, Vermessungsingenieur und Ingenieur-Oberstleutnant Pierre Ricaud de Tirregaille in Berlin und Potsdam gerichtet.

Potsdam 22.IX.1764. Erlaubnis zur Heirat – „que vous épousiez la fille de feu Major Binius“.

Potsdam 27.VII.1765. „J’ai vu avec satisfaction … que vous avez fini d’expliquer le cours militaire à Mes Marechchaux de Logis, et agrée ce que vous M’en avez proposé …“

Potsdam 5.X.1768. Order, sich für 8–10 Tage mit einigen Offizieren der Berliner Garnison nach Freienwalde zu begeben, um das Gelände zu untersuchen – „pour prendre avantageusement des Camps, et … faire faire des Plans sous vôtre Direction.“

Potsdam 3.V.1769. Bewilligung eines Urlaubs von zwei Monaten „pour aller recueillir un heritage, que vôtre epouse vient de faire à Cleves …“

Potsdam 19.X.1769. Order, den Hauptmann von Poser im Ingenieurwesen zu unterweisen. „... Je veux bien vous avertir … que vous lui donniez en consequence les lecons necessaires, et que vous vous attachiez avec soin, à l’instruire scientifiquement, de tout ce qui a du rapport à l’architecture militaire et aux fortifications …“

Ricaud de Tirregaille hatte vor seiner Zeit in preußischen Diensten im Auftrag des polnischen Königs den ersten maßstäblichen Stadtplan von Warschau angefertigt. Seine den Druck einrahmenden Darstellungen Warschauer Paläste waren nach dem Zweiten Weltkrieg eine wertvolle Quelle für deren Wiederaufbau.

418 Br. m. U. „Federic“. Dobritz 9.IX.1758. 1/2 S. 4o. Leicht gebräunt und knittrig. (600.—)

Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges, kurz nach der Schlacht von Zorndorf am 25. August, an seinen Lieblingsneffen Prinz Heinrich von Preußen.

„Mon très cher Neveu. Vôtre lettre du 27e d’aout a toute Mon approbation. Vous m’y temoignes la part sensible que vous prennez à la journée du 25 d’aout, et vous êtes ravi de la gloire qui m’en revient …“ In Zorndorf hatte Friedrich die russische Armee unter Wilhelm von Fermor geschlagen.

419 2 Br. m. U. Peterswaldau 4.IX.1762 und Potsdam 26.VI.1776. 11/2 S. 4o. Ein Brief mit gesiegeltem Umschlag. Leicht gebräunt. Einige Läsuren. (800.—)

An „Ritt-Meister“ Johann Friedrich von Székely des „Usedomschen Husahren Regiments“ (1776). Peterswaldau 1762. Gegen Ende des Siebenjährigen Krieges mit dem Befehl, sich unverzüglich von Glogau „in die Gegend von Rothenburg“ zu begeben, „und da der General Major v. Schmettau in kurtze, mit einem Corps Trouppen daselbst eintreffen wird; so müßet Ihr demselben, nach der Gegend von Hirschberg, Euere Rapports … erstatten …“

262

IV. GESCHICHTE

Potsdam 1776. „... Ich habe aus Eurem Schreiben … Euer Verlangen, Euch in Schlesien bey der bevorstehenden Revüe der dasigen Regimenter als auch hier nächst bey denen Herbst Maneuvres zu Potsdam einzufinden ersehen: und da Ich Euch ersteres hierdurch erlaube; so könnt Ihr zur Zeit der Schlesischen Revüe nur dahin kommen …“

Beiliegend 1 Br. m. U. von König Friedrich Wilhelm II. (Frankfurt a. M. 1793) und 1 Br. m. U. des preußischen Generals Friedrich Ludwig Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen (Bechtheim 1793).

420 Br. m. U. „Frch“. Potsdam 23.IX.1784. 3/4 S. 4o. Leicht gebräunt. (600.—)

An einen Fürsten („Freundlich geliebter Vetter“), der ihm seine Aufwartung gemacht hatte und auf der Rückreise den „Herbst Manoeuvres, bey Magdeburg, beywohnen“ wollte.

„... so bin Ich Ew. Liebden zuvor recht sehr verbunden, für die freundschaftliche Zuneigung, welche dieselben, Mir zu bezeigen, die Gütigkeit haben, und wünsche aufrichstigst, daß Ew. Liebden, eine glückliche Rückreise haben mögen, und dependirt es im übrigen, gantz von Dero Entschließung, wann Dieselben, die Mühe Sich geben, und denen Magdeburgschen Manoeuvres, gefälligst beywohnen wollen …“

Friedrich II. empfängt den großen Aufklärer

421* Br. m. U. „Federic“. Potsdam 31.VII.1785. 1⁄8 S. 4o. (3.000.—)

An den Marquis de La Fayette, „Marechal de Camp“, mit einer Einladung. – La Fayette, der 1782 aus Amerika zurückgekehrt war, wo er als überzeugter Demokrat an der Seite George Washingtons für die Unabhängigkeit der Kolonien gekämpft hatte, besuchte zu dieser Zeit mehrere europäische Höfe. „... Je serai bien charmé, de faire vôtre connoissance, ainsi que celle de Mr. le Lieutenant Colonel de Gouvion“ (Laurent de Gouvion Saint-Cyr). „Vous pouvés vous rendre pour cet effet ici, quel jour vous voudrés, & vous adresser, à Mon General Major, Comte de Goertz“ (Johann Eustach von Görtz, Staatsminister), „qui a ordre, de vous presenter. Il dependra ensuite egalement de vous, de venir voir Mes revuës en Silesie . Je vous en accorde, à tous les deux, la permission & prie Sur ce Dieu, qu’il vous ais, Mr. le Marechal de Camp la Fayette, en sa sainte et digne garde …“

422 HEINRICH, Prinz, Bruder und Heerführer Friedrichs des Großen, 1726 – 1802. Schriftstück m. U. Potsdam 14.II.1754. 2⁄3 S. folio. Mit Wappensiegel (gesprungen). Etwas flekkig, minimale Faltenschäden, rechter Rand scharf beschnitten. (350.—)

Dienstzeugnis für einen Kammerdiener, den er mit einer jährlichen Rente von 100 Livres aus seinen Diensten entlässt.

„Nous Frederic Henry Louis de Prusse Frere du Roy &c &c &c. / Le Nommé Michel Bastide nous ayant servi l’Espace de Cinq Ans en qualité de Valet de Chambre avec tout le zele et toutte la fidelité possible …“

IV. GESCHICHTE 263

423 MERIAN, Johann Bernhard, Philologe und Philosoph schweizerischer Herkunft; Professor am Französischen Gymnasium in Berlin und Direktor der Philologischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften, später deren ständiger Sekretär, 1723 – 1807.

E. Br. m. U. Berlin 17.II.1765. 1 S. gr.-4o. Leicht fleckig. (600.—)

An Friedrich den Großen, den er um eine Anhebung seiner Bezüge bittet. – Merian hatte 1761 Joanne-Marie Jordan geheiratet, eine Tochter des Theologen Charles Étienne Jordan, Friedrichs Vertrauten seit seinen Rheinsberger Tagen; vermutlich deshalb konnte Merian sich in dieser Angelegenheit direkt an den König wenden.

„Sire / L’approbation dont Votre Majesté a daigné honorer mon mariage avec la fille du feu Conseiller Jordan et les gracieuses promesses qu’Elle a bien voulu y joindre, me font espérer qu Elle ne désapprouvera pas la liberté que je prens de m’adresser à Elle dans les circonstances présentes. Comme Votre Majesté dispose actuellement des pensions de l’Académie, jài crû, Sire, pouvoir, sans indiscrétion, La supplier de vouloir bien se souvenir de moi, d’autant plus que je me permets cette démarche pour la premiere fois depuis quinze ans que j’ai l’honneur d’être à Son service; que des six-cens écus que Votre Majesté me fait la grace de me donner, il n’y en a que deux-cens sur l’état de l’Académie, et que par le changement des tems cette somme est devenue disproportionnée à mes besoins …“

Für den Fall, dass eine Anhebung der Bezüge nicht möglich sei, bittet Merian um seine Berufung als Nachfolger des wegen Krankheit amtsunfähigen kgl. Bibliothekars Jacques Gaultier de la Croze, „chargé du soin de la Bibliothèque et du Cabinet Royal, et tombé, depuis quelque tems dans un état d’enfance et d’infirmité, qui laisse peu d’espoir. Mon amour pour l’étude de la belle Antiquité, et quelque connoissance des langues pourroient me rendre propre pour ce poste …“

Gaultier de la Croze starb am 21. Juli des Jahres; zu seinem Nachfolger ernannte der König nicht Merian, sondern den Juristen Friedrich Wilhelm Stosch.

424 FRIEDRICH WILHELM II., König, Neffe und Nachfolger Friedrichs des Großen, 1744 – 1797. Br. m. U. Potsdam 3.I.1777. 1⁄3 S. 4o. Leicht fleckig, kleine Randläsuren. (200.—)

An die ihm befreundete Frau von Blan(c)kart in Geldern, der er für Wünsche zum neuen Jahr dankt.

„... Soyés bien persuadée, Madame, de la sincérité des Miens pour vous qui tendent a vous savoir heureuse et contente, jusques aux Ages les plus reculés …“

Beiliegend 2 Lehnsbriefe im Namen König Friedrich Wilhelms III., die Familie von Staell betreffend (Minden 15.II.1805 und Münster 6.VII.1805, je 1 S. quer-imp.-folio, Pergament; der erste mit großem papiergedecktem Siegel).

425 Br. m. U. „FrGuillaume“. Berlin 8.I.1787. 3/4 S. 4o. Leicht gebräunt. Am Unterrand schwach fleckig. Dreiseitiger Schwarzschnitt. (250.—)

An den Landgrafen Wilhelm IX. von Hessen-Kassel, den späteren ersten Kurfürsten, dessen Neujahrsgratulation er erwidert.

„Monsieur mon cher Cousin. Je suis infiniment flatté du véritable interét que Votre Altesse Sérénissime a la bonté de me témoigner en toute occasion & dont elle me donne une marque récente et précieuse dans les souhaits qu’elle se plait à former, à l’époque de la nouvelle année, pour la conservation de mes jours …“

IV. GESCHICHTE 264

„ohne Gnade wegschaffen“

426 Br. m. U. Berlin 7.I.1791. 1 S. 4o (300.—)

An den General und späteren Feldmarschall Friedrich Adolf Graf von Kalckreuth, der Offizieren von „übler Conduite“ mit der Entfernung aus dem Dienst drohen solle.

„... Aus denen vom Ober Krieges Collegio Mir vorgelegten Extracten aus den ConduitenListen der Officier von der Cavallerie, habe Ich gantz gern ersehen, daß verschiedene derselben, denen im verwichenen Jahre kein gutes Lob gegeben werden können, Beßerung gezeiget … Mit eben so vielen Misvergnügen habe Ich dagegen aber auch wahrnehmen müßen, daß noch sehr viel Officiere in ihrer üblen Conduite fortfahren, und unter selbigen befinden sich verschiedene in Eurer Inspection … Diesen werdet Ihr allso bekandt werden laßen, daß wenn sie sich keiner Beßerung befleißigen und solche in kurtzer Zeit wahrnehmen laßen sollten, sie sich es selbst beyzumeßen haben würden, wenn Ich sie ohne Gnade wegschaffen laße … Übrigens kann Ich Euch aber auch nicht verhalten, wie es Mir Wunder nimt, daß Leute zu Officieren in Vorschlag gebracht werden können, von deren üblen Conduite oder Unbrauchbarkeit man schon vorhero überzeügt gewesen …“ – Mehrere Offiziere sind namentlich benannt. Kalckreuth sympathisierte mit der Französischen Revolution und war ein Gegner des Bündnisses mit Österreich im (1792 ausgebrochenen) Ersten Koalitionskrieg; in den folgenden Jahren befürwortete er ein Bündnis mit dem von ihm bewunderten Napoleon Bonaparte.

427 FRIEDRICH WILHELM III., König, 1770 – 1840. Br. m. U. Wilhelmsbad 26.VI.1799. 1/2 S. kl.-4o. (200.—)

An den Fürstbischof von Würzburg (Georg Karl von Fechenbach). „... Euer Liebden geehrtes Schreiben … habe ich währends meines Aufenthaltes in meinen fränkischen Fürstenthümern … wohl erhalten, und hole hierdurch für die darinn enthaltenen Glückwünsche … den aufrichtigsten Dank nach …“

428 FRIEDRICH WILHELM IV., König, 1795 – 1861. Br. m. U. Berlin 28.XII.1846. 1 S. 4o. Kleine Randläsuren. (200.—)

„An den Staats- und Finanz-Minister von Düesberg“.

Der König bewilligt „der Wittwe des Chausseewärters Hallmann … ein Erziehungsgeld von 12 r. jährlich für jedes ihrer vier jüngsten Kinder bis zu deren zurückgelegtem 14ten Lebensjahre … zugleich aber auch ein einmaliges Geschenk von Zwanzig Thalern aus Meinem Dispositions-Fonds …“

429 WILHELM I., König, 1871 auch Deutscher Kaiser, 1797 – 1888. Urkunde m. U. „Wilhelm PvP“. Berlin 22.VI.1852. 21⁄3 S. folio (handschriftlich ausgefüllter Vordruck). Mit geprägtem Siegel. Leicht beschnitten; gelocht. (250.—)

„Patent für den Rittmeister und Escadron-Chef im 4ten Cürassier-Regiment [Adolph] Grafen von Beissel-Gymnich“ (Regest), vom Kronprinzen als Regent für den kranken König Friedrich Wilhelm IV. ausgestellt.

Beiliegend 3 weitere Offizierspatente für denselben bzw. einen jüngeren Verwandten (1836 – 1886) sowie Zeugnisse und Familienpapiere.

IV. GESCHICHTE 265

430 FRIEDRICH WILHELM, Kronprinz, 1888 als Friedrich III. König und Deutscher Kaiser, 1831 – 1888. Portraitphotographie mit e. Namenszug „Friedrich Wilhelm K[ron] p[rinz]“. Visitformat. Aufnahme: Carl Wigand, Berlin. Minimale Kratzspuren. (300.—)

Brustbild aus mittleren Jahren, Halbprofil nach links, in Uniform mit Pour le Mérite. Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

431* PROUDHON, Pierre Joseph, französischer Sozialist und Staatstheoretiker; prägte den modernen Begriff des Anarchismus, 1809 – 1865. E. Br. m. U. Ixelles bei Brüssel 10.IV.1861. 4 S. kl.-4o, eng beschrieben. Minimale Faltenrisse. (2.500.—)

Großer politischer Brief aus dem Brüsseler Exil an einen Franzosen, der eine fortschrittliche politische Wirksamkeit unter Napoleon III. für möglich hielt. Eingangs belustigt sich Proudhon über die Kontrolle seiner Korrespondenz und den Überwachungswahn der französischen Regierung.

„... Mes amis de France m’ont quelquefois écrit que mes lettres leur semblaient avoir été ouvertes: ils en jugeaient d’après les brèches faite à l’enveloppe et un retard de la distribution. Ce que je puis affirmer … Quant à moi, je vous avouerai, Monsieur, que je n’ai jamais pris mal souci de cette curiosité de la police. Le gouvernement impérial croit avoir besoin, pour sa sûreté, d’écouter aux portes, de regarder par le trou des serrures, de rompre des cachets, etc. Je le plains bien sincèrement. Ce n’est pas ainsi pour mon compte que je fais de la politique. Je suis convaincu que tout ce qui se décide dans le conseil privé de l’Empereur à des causes plus élevées que le bon plaisir de S.M.; et quand il me plaît, à vue des décrets et des faits, de remonter aux sources, je puis dire que je ne me trompe guère. Le gouvernement est informé, par cette pratique ingnoble, que tel jour tel réfugié, dans un accès d’indignation, a vomi contre lui toutes sortes d’imprecations; que le lendemain, changeant de thème, il accusait la corruption publique, la lâcheté des consciences, l’égoïsme des partis, les intrigues de coteries et de sectes; qu’une autre fois, faisant de la psychologie collective, il attribuait tout le mal aux évolution de la pensée humaine, à des préjugés traditionnels; à l’anticipation des idées sur les institutions, ou des événements sur les idées. Ne voilà-t-il pas un gouvernement bien instruit! Et comme cette inquisition ténébreuse lui profite! Mais de l’engendrement de l’histoire, des courants de l’opinion, de la marche des choses, qui lui importe à si haute degré, il ne sait rien, il ne peut même rien savoir … Un jour, un employé supérieur de la police me fit cette confidence: ‘Nous savons, Monsieur, que vous ne nous aimez point!’ – Et vous avez eu besoin de lire dans mes lettres pour en être convaincu, lui dis-je en éclatant de rire … Ce qui vous arrive en ce moment, Monsieur, confirme mes appréciations tant sur les dispositions du gouvernement impérial que sur celles du public. Ce n’est pas avec vous, esprit serieux et calme, que j’accuserai le gouvernement impérial de machiavélisme et de perfidie; je me borne à dire que, bon gré mal gré … la situation où il s’est placé, les maximes qu’il suit, l’enfilade qu’il a prise, lui permettant moins que jamais de développer la pensée de l’iberalisme qu’il a eue, je le suppose, en rendant le décret du 24 novembre. Un journal, intitulé le Suffrage universel, et publiant des articles signés P.-J. Proudhon, l’inquiète, l’effraie: je le crois parbleu bien. Le gouvernement s’enfonce dans l’illogisme et l’arbitraire; il n’a foi qu’à son habileté et il devient absurde. Les événements, comme l’opinion, lui échappent; tout arrive et tout se prononce contre ses prévisions et ses voeux. Un journal qui ne ferait autre chose qu’enprimer quotidiennement l’état de situation, lui porterait des coups mortels. Il y a quatre ans, on pouvait accuser le gouvernement impérial, de par la logique des principes et de l’histoire d’imprévoyance; on pouvait donc encore, mettant de côté toute intention accusatrice, ce servit. Aujourd’hui cela n’est plus possible. Il n’y a pas un fait, pas une idée qui ne soit devenu hostile au gouvernement; pas un principe de morale, pas un article de loi qui ne le condamne. Est-il donc, au fond, plus criminel ce gouvernement, que ne

IV. GESCHICHTE 266

le furent des devanciers? Eh! non: seulement il s’est arrangé de telle sorte, avec la constitution, avec la police, avec son gouvernement personnel, avec son chauvinisme, avec ses hâbleries brochurières et pseudo-parlementaires, avec sa manie de tout s’asservir, les hommes, les idées, et les choses; il a tant fait d’omnipotence là où il ne fallait que du sens commun, que tout se tourne maintenant contre lui: le droit, la morale, la liberté, la philosophie, l’église, l’économie politique, les faits et la raison …“ Proudhon war am 12. Dezember des Vorjahrs vom Kaiser begnadigt worden, blieb aber zunächst noch im belgischen Exil. In diesem Jahr erschien sein Werk „La Guerre et la Paix, recherches sur le principe et la constitution du droit des gens“.

IV. GESCHICHTE 267

432 REIMS. – WILHELM von Blois, gen. Wilhelm von den weißen Händen, frz. „Guillaume aux blanches mains“, auch „Cardinal de Champagne“, 1164 Bischof von Chartres, 1169 – 1176 Erzbischof von Sens, dann von Reims; Kardinal, Mitregent für seinen Neffen Philipp II., den er 1179 zum König von Frankreich salbte, 1135 – 1202. Urkunde. 1174; ohne Angabe von Ort und Tag. 1 S. 4o (ca. 18,7 × 18 cm). Pergament. Schwach fleckig, minimal berieben. Ohne das Siegel, Pergament-Pressel vorhanden. (3.000.—)

Erzbischof Wilhelm von Sens beurkundet die Stiftung eines ewigen Almosens („in perpetuam dederunt elemosinam“): Fulcher „loiemerarius“, seine Ehefrau Aleis sowie ihr Neffe Stephan schenken der Kirche zu Rosoy („Roseto“) Einnahmen von 34 Pfund aus ihrem Landbesitz „quam habuerunt apud villam chestui“.

Die Eingangsformel lautet (Abkürzungen aufgelöst): „Willelmus dei gratia Senonensis archiepiscopus, Apostolice sedis legatus. Omnibus tam futuris quam presentibus, ad quos littere iste pervenerint in domino salutem  …“ – Bezeugt wird die Stiftung von Odo, Dekan zu Sens; Stephan, Abt von St. Remigius; Magister Stephan de Pruvino, Kanoniker zu Sens; Reinhard, „priore de castro Rinardi“, den Rittern Gilbert de Haudo und Hudeerus de Surbona „& aliis pluribus“.

Als erster Erzbischof von Reims war Wilhelm von Blois auch Pair von Frankreich und Herzog von Reims. – Sens war schon seit dem 3. Jahrhundert Sitz eines Bischofs und bald darauf eines Erzbischofs, der seit Theodor I. († um 394) den Titel „Primas von Gallien und Germanien“ führte; kurz vor der Ausstellung dieser Urkunde hatte dort von 1163 bis 1165 der aus Italien geflohene Papst Alexander III. seine Residenz.

Urkunden des 12. Jahrhunderts sind im Handel sehr selten.

IV. GESCHICHTE 268

433 REINHARD, Karl Friedrich Graf, französischer Staatsmann und Diplomat deutscher Herkunft (Pair von Frankreich), Freund Goethes, 1761 – 1837. E. Br. m. U. Hamburg 24. Nivôse an 6 (13.I.1798). 21/2 S. 4o. Leicht gebräunt. Rechts schmal lichtrandig. Schwacher Tintenabklatsch. (800.—)

Als Gesandter bei den drei Hansestädten an „Citoyen Ministre“ (Talleyrand), der ihm seine Versetzung nach Florenz mitgeteilt hatte. Er werde über Rastatt dorthin reisen.

„... J’ai un devoir de piété à remplir; j’ai à revoir un père de 70 ans qui demeure entre Rastatt et Schafhouse …“

Über seinen augenblicklichen Posten schreibt er: „... je ne crains que trop que, par la faute des esprits étroits et imprévoyans qui gouvernent les villes, l’époque actuelle qui aurait à jamais pû assurer leur bonheur, ne leur devienne funeste … A vous dire vrai, je regarde ces villes“ (Lübeck, Bremen und Hamburg) „comme perdues …“

Von seiner Frau Christine geb. Reimarus heißt es am Schluss: „quoique Hambourgoeise elle mérite la bonne opinion qu’on vous en a donné“.

Reinhard reiste in Begleitung seines Privatsekretärs Georg Kerner, eines Bruders des Dichters, über Rastatt – wo der Friedenskongress tagte – nach Italien. In Maulbronn und Balingen wurden Kerners und Reinhards Eltern besucht.

434 RÖMISCH-DEUTSCHE KAISER. – FRIEDRICH III., 1452 als letzter Deutscher König in Rom zum Kaiser gekrönt, 1415 – 1493. Urkunde. Linz, „an Montag sannd Marchstag“ (25. IV.)1485. 1 S. quer-gr.-4o. Pergament. Ohne das Siegel. (800.—)

Lehnsbrief für Jörg Ketzler, Bürger zu Leoben (und dessen Erben), denen der Kaiser den „Hof im Winkhl, bey unserr Burgk daselbs gelegen, zu Rechtem Burgkrecht, oder Kaufrecht“ verleiht gegen einen jährlichen Zins von „Dreytzehen phunt phenning guter Lanndtlewffiger Munnss“; auch sollen die Belehnten „sunst alles tun …, das annder Hindersessen Irm Herrn schuldig, und phlichtig sein zetun“.

IV. GESCHICHTE 269

435 MAXIMILIAN I., „der letzte Ritter“, 1459 – 1519. Br. m. U. „Maxi[milian]us“. Mechelen („malines“) 28.III.1480. 2⁄3 S. quer-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Schwach fleckig, unbedeutende Läsuren. (1.200.—)

Früher, als 21-jähriger Herzog von Burgund geschriebener Brief an Josse de Lalaing, Seigneur de Montigny, seinen „conseillier chambellan et lieutenant de noz pays de hollandt zeelandt p.“, dem er für dessen „avertissemens“ hinsichtlich seiner seit 1430 unter burgundischer Herrschaft stehenden Stadt Löwen („nostre ville de le leyde“) dankt sowie Befehle erteilt.

Der Adressat Josse de Lalaing (um 1442 – 1483) war schon unter Karl dem Kühnen herzoglicher Rat und Kämmerer, 1477 kämpfte er in der Schlacht bei Nancy, in der Herzog Karl fiel. Von Karls Nachfolger Maximilian in seine alten Würden wieder eingesetzt, fiel Josse am 5. August 1483 bei der Belagerung von Utrecht.

Sehr selten so früh und mit Namenszug statt seiner später üblichen Unterschriftsformel „per regem per se“. – Mit Gegenzeichnung seines Sekretärs Gerard Numan, der ebenfalls schon Karl dem Kühnen gedient hatte.

Beiliegend eine französische Urkunde in seinem Namen, Wien 1493 (Pergament; Feuchtigkeitsschäden).

436 (—) Urkunde der Richter des kaiserlichen Hofgerichts zu Augsburg. Augsburg, Kalendis Februarii (1.II.)1517. 1 S. quer-gr.-folio. Pergament. Mit an roter Schnur hängendem Siegel in Wachsschale. Siegel gesprungen, minimale Abplatzung. (600.—)

Beglaubigung (lateinisch) einer vollständig inserierten deutschen Urkunde Kaiser Maximilians, datiert Innsbruck 28.XII.1507. Der Kaiser überlässt seinem einflussreichen Sekretär Matthäus Lang von Wellenburg, damals Bischof von Gurk, 1519 Erzbischof von Salzburg, jährliche Einnahmen von 2.000 Gulden aus „unnser herschafft Kutzpuhl“ (Kitzbühel), für die Lang die „kaufsumma“ von 40.000 Gulden entrichtet hat. – Eine vollständige Abschrift liegt bei.

– Siehe auch Nr. 482.

IV. GESCHICHTE 270

437 KARL V., als Karl I. König von Spanien, 1500 – 1558. Brief in seinem Namen. Esslingen 11.VI.1526. 1 S. imp.-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Adressseite etwas staubfleckig, Textseite tadellos. (400.—)

An die gemeinsam regierenden Herzoge Wilhelm IV. und Ludwig X. von Bayern mit dem Befehl, der Regensburger Patrizierin Margrethe Steyrer und ihren Söhnen Hans und Wolfgang zu ihrem Recht zu verhelfen und ihre verbrieften Ansprüche gegen ihren Schuldner Heinrich zum Guttenstein durchzusetzen.

„... So Befehlen wir Ewr Liebn sambt unnd besonder hiemit aber ernstlich, … Das Ir den obgenantn Steyrern vermög des Rechten und der billicheit Irer unbezahltn schulden on aller genants vom Guttenstein Haben, Güter, schuldn und gelt, so Er in Ewrm Furstenthumb und Lande hette, zu unverzuglicher, billicher, und geburlicher bezallung verhelffet, und solchs nit waygert noch verziehet …“

Der Brief trägt die Unterschrift seines Statthalters in Oberösterreich, Graf Wolfgang I. von Montfort (um 1489 – 1541) – „w g z montfort des kayserlichn stathalteramptz verweser &c.“.

Aus der Zeit der österreichischen Verwaltung Württembergs nach der Vertreibung des Herzogs Ulrich.

438 Br. m. U. „carolus“. Brüssel 26.XI.1531. 1 S. quer-folio (der untere Teil des Blattes mit der Gegenzeichnung seines Kanzlers fehlt). Mit Adresse. (400.—)

An Kurfürst-Erzbischof Johann III. von Trier (1492 – 1540), bei dem er zwei Gesandte akkreditiert. „... Wir haben unnsere getrewen lieben Maister Niclausen von Nauen unnsers Raths zu Lutzemburg President, unnd Dietrichen von Metzenhausen Rathe daselbst, zu deiner liebd abgefertiget …“

439 Br. m. U. „carolus“. Regensburg 13.IV.1546. 1 S. imp.-4o. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Fleckig, kleinere Faltenschäden. (400.—)

An Bürgermeister und Rat der Stadt Trier, die er anhält, den Arnold Krutkremer in seinem „handel und wandel“ nicht länger zu behindern. Die zuständige kurfürstliche Kommission habe offiziell festgestellt, dass Krutkremer den Adam Hanns, „etwan Burgern zu Tryer“, in Notwehr tödlich verletzt habe.

Krutkremer sei von seinem Widersacher „vor sein … behausung daselbst mit etlichen uppigen schmehworten angetast, unnd zuletst dahin getrungen worden, das er sich zu rettung leibs unnd lebens gedachts Adam Hannsen erweren muessen, Unnd denselben indem verwundet het, davon Er auch nachmals verstorben were …“

Mit Gegenzeichnung seines vertrauten Hofkanzler-Sekretärs Johannes Obernburger (1486 – 1552).

440 Br. m. U. „carolus“. St. Omer („Sanct Othmar“) 24.VIII.1554. 2 S. folio. Mit Siegelspur und Adresse. Stark braun- und wasserfleckig. (200.—)

An die Grafen zu Hanau-Lichtenberg „sampt und sonderlich“, die der Kaiser anweist, die Kriegsrüstungen des in die Acht erklärten Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg nicht zu dulden. Der Markgraf, einer der Initiatoren des „Fürstenaufstands“ gegen den Kaiser von 1552, musste nach Frankreich fliehen.

IV. GESCHICHTE 271

441 JOHANN von Österreich (Don Juan de Austria), unehelicher Sohn Kaiser Karls

V. aus dessen Verbindung mit der Regensburgerin Barbara Blomberg, Befehlshaber der spanischen Flotte und Statthalter der habsburgischen Niederlande, 1547 – 1578. Brief mit 6-zeiligem e. Zusatz u.U. Neapel 29.XI.1573. 1 S. folio. Mit Siegelspur und Teil der Adresse. Heftspuren, etwas wasserrandig. (2.000.—)

An seinen Halbbruder König Philipp II. von Spanien mit der Bitte um einen Gnadenerweis für Juan Enrriquez, der dem König in Granada (bei der Niederschlagung des Morisken-Aufstands?) treue Dienste geleistet habe.

„... Don Juan Enrriquez … a me dicho que para poder se aquietar, y servir a v[uestra] m[agesda] d en lo venidero con mas comodidas, pretende que en remuneración de sus servicios, Le mande v. m.d hazer me[rce]d de remitirle, y pérdonar lo que toca a su real Justicia y fisco e nel negocio de que fue acusado …“

Im eigenhändigen Zusatz bekräftigt Don Juan sein Zeugnis („ha servido a v[uestra] m[a]g[esda]d don Jù enrriquez …“) und schließt mit der Formel „D[omine] V[uestra] M[a]g[esda]d / hechura y mas humilde servidor que Sus Reales manos besa / Don Jù de Austria“.

Von Philipp II. verdächtigt, verbittert und verlassen, starb Don Juan am 1.X.1578 im Feldlager bei Namur, möglicherweise an Gift.

Sehr selten.

IV. GESCHICHTE 272

442 FERDINAND I., Bruder und Nachfolger Karls V., 1503 – 1564. Br. m. U. Prag 30.III.1530. 1/2 S. quer-folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Schwach gebräunt, leicht fleckig. (350.—)

Als König von Böhmen an Graf Ruprecht von Manderscheid, der um bessere Besoldung gebeten hatte.

„... gebn dir mit gnaden zuerkhennen, das wir gedennkhen, und in uebung sein, ytzo in kurz ein new und mer anzal kriegVolkh anzunemen, unnd so das beschiht, wollen wir dises deines underthenigen bits mit gnaden eingedenngkh sein …“

443 MAXIMILIAN II., 1527 – 1576. Br. m. U. Wien 24.XII.1573. 11⁄3 S. folio. Mit Siegelspur und Adresse. Schadstelle fachgerecht repariert (geringe Buchstabenverluste). (250.—)

An Graf Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg, bei dem er den Augsburger Patrizier Georg Illsung von Tratzberg als Gesandten akkreditiert.

„... und gesynnen darauf an dich gannz genediglich, du wollest gedachten unnsern Rath dem Illsung … als unns selbst allen volkhommen gueten glauben geben …“

Beiliegend ein Br. m. U. seines Sohnes Erzherzog Albrecht, Brüssel 4.IV.1618, als Statthalter der Österreichischen Niederlande an Ferdinand von Bayern, Kurfürst-Erzbischof von Köln (Defekte).

444 RUDOLF II., 1552 – 1612. Br. m. U. Prag 5.I.1595. 11⁄3 S. folio. Leicht fleckig, linker Rand leicht lädiert. (300.—)

An „Wolgeborne Edl, liebe getreüe“ beim Westfälischen Kreistag wegen des Gesuchs der Stadt Köln um „vergleichung der jüngst bewilligten Regenspurgischen Türckhen Hülff“. Aus der Zeit des Langen Türkenkriegs.

445 MATTHIAS, 1557 – 1619. Br. m. U. Ebersdorf 16.X.1597. 2 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse (teilweise getilgt). (300.—)

Als Statthalter des Erzherzogtums Österreich an die Regierung von Niederösterrreich wegen der militärischen Sicherung der „Altenburgischen und Paperischen“ Grenze (Ungar. Altenburg und Pápa). – Aus dem Langen Türkenkrieg, nach der Eroberung von Tata („Totte“).

„... [Wir] hielten … nit für böß, wan der General und die Herren ubrigen VierlHaubtleüt sich alsobaldt an bayde Gräinzen verfüegten, die Pasß besehen und aines und andern ortts die Khreiden und warnungs Feür und schüß in ordinere richtet, damit das Landvolckh … vor straiff und schaden gewarnet und versichert wirdt …“

446 Urkunde m. U. Regensburg 17.IX.1613. 1 S. quer-imp.-folio. Pergament. Leicht fleckig. Mit Resten der schwarz-gelben Siegelschnüre; Siegel fehlt. (300.—)

„Legitimatio für Wilhelm Veldbrugk“. – Der Kaiser „dispensirt“ Wilhelm Veldbrugk vom „unschuldig empfangnen Mackel, und gebrechen seiner unehelichen geburtt“. – Veldbrugk war Sohn des „Arnold von Altenbrugk genant Velbrugk[!]“ und „ainer Ledigen Weibs Person, welche bey seiner Muttern Anna von Hennerich, alß ain Cammermagt gedient“.

Beiliegend eine weitere Urkunde m. U., Wien 9.II.1615 (Fragment, ein Drittel des Textes fehlt).

IV. GESCHICHTE 273

447 FERDINAND II., 1578 – 1637. Gedruckte Urkunde in seinem Namen. Wien 3.VI.1628. 1 S. quer-imp.-4o. Mit papiergedecktem Siegel. Kleinere Faltenschäden (Verlust zweier Buchstaben). (250.—)

An alle Landgerichte „und andern Oberkaiten“ in Niederösterreich, denen er sein „ungnädiges Mißfallen“ darüber ausdrückt, dass „nit allein wider Unser hievor außgangenes Verbott … allerhand newe Werbungen fürgenommen, sondern auch daß daß geworbne Kriegsvolck zu Roß und Fueß“ großen Schaden anrichte durch „betrangnuß, beraub- und schätzung deß armen Manns, wie auch plünderung der Raisenden“. – Mit mehreren Unterschriften, darunter die des Statthalters von Niederösterreich Graf Seyfried Christoph von Breuner (1569 – 1651), eines der engsten Berater des Kaisers. Beiliegend eine Urkunde m. U. des Kaisers für Dekan und Kapitel der Basilika St. Aposteln zu Köln (Wien 1620, lateinisch, handschriftlich ausgefüller Vordruck; defekt).

448 Br. m. U. Wien 12.V.1633. 11/2 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Leicht fleckig. Kleine Rand- und Faltenschäden. Fehlstelle am Siegel ausgebessert. (300.—)

An Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt wegen des Marburger Erbstreits, der nach dem Tod von Landgraf Ludwig von Hessen-Marburg 1604 zwischen der Kasseler und der Darmstädter Linie entbrannt war.

„... Wir haben aus D[ero] L[iebden] Schreiben … vernomen, Waßmassen Dieselbe Dero Vettern Landtgraff Morizen zu Hessen Casselischer Linj requiriert, Das Er nach außweissung deß zwischen beeden Linien des Fürstlichen Haußes Hessen aufgerichten, und von Uns Confirmirten Haupt accords verglichene Jurament laisten solle, Weyl Er sich aber solches verwaigert, Alß bitten D. L. besagtem Landtgraff Morizen, Crafft innhalt yztgemelten Haupt accords zur succession der Fürstlichen Hessischen Ländern … unsere Kay: rescripta ergehen zu laßen …“

Da die Angelegenheit „für sich selbst hell und clar“ sei, wünsche der Kaiser sich in den jetzigen Streit nicht einzumischen.

Durch ein Urteil des Reichshofrates von 1623 und einen Vergleich von 1627 zwischen beiden Linien war Marburg an die Darmstädter, zum Kaiser haltende Linie gefallen. Erst durch den Westfälischen Frieden kam Marburg an Hessen-Kassel.

449 FERDINAND III., 1608 – 1657. Br. m. U. Donauwörth 10.VI.1636. 1/4 S. folio. Mit Ringsiegel auf dem Adressblatt. Adresse und Name in der Anrede ausgeschnitten, geringer Randschaden. (300.—)

An Graf (Kolowrat) wegen der überhöhten Kosten für Apotheker und Hebammen – „Hewammen“ – seiner Gemahlin, der Königin Maria Anna.

In einem Gutachten hatte der Adressat auf die „Unbilligkait so hoch gespanten Kostgelts und Besoldung, da man hingegen mit der helffte anderwerts gefolgen, undt gleichwol besser versehen sein kunte“, hingewiesen.

Beiliegend 7 Schriftstücke aus den Jahren 1635 – 46, die Besoldung von Ärzten und Apothekern am Wiener Hof betreffend.

IV. GESCHICHTE 274

450 Gedruckter Brief m. U. Wels 26.V.1640. 1 S. imp.-4o. Mit papiergedecktem Siegel (etwas durchfettend) und Adresse. Leicht fleckig, Faltenrisse alt hinterlegt. (250.—)

An die Grafen von Manderscheid, die er zu dem nach Regensburg einberufenen Reichstag lädt, damit nach dem „Pragerischen Frieden“ (1635) „auch die ubrige unruhe gäntzlichen gestillt, das Heyl. Röm. Reich zu völliger Beruehigung gebracht, und alles mit dem Lieben Frieden wider erquickt werden möchte …“

Beiliegend eine gedruckte Urkunde in seinem Namen, Wien 26.I.1656, mit papiergedecktem Siegel: An alle Handwerker in Ober- und Niederösterreich ergehender „ernstlicher Befelch“ zu gebührlichem Verhalten untereinander und der „ordentlichen Obrigkeit eines jeden Orts“ gegenüber.

451 Schriftstück m. U. Wien 20.IV.1644. 11 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel über schwarz-gelber Heftschnur. Bugfalten teilweise etwas eingerissen. (350.—)

Instruktion für seinen Sondergesandten nach Lüttich, den Obrist-Feldzeugmeister Jobst Maximilian Graf von Bronckhorst-Gronsfeld (1598 – 1662).

Gronsfeld, der damals zurückgezogen in Köln lebte, solle Stadt und Stände des Bistums Lüttich zur Zahlung einer Kriegssteuer von 100 Römermonaten (1,2 Millionen Gulden) veranlassen – „daß sie unß mit dieser begehrten Türckensteür nit auß Handen gehen“ – und hierfür Rat und Vermittlung des KurfürstErzbischofs von Köln und des Bischofs von Lüttich (Ferdinand Herzog von Bayern) in Anspruch nehmen. Das Reich sei vielfach bedroht durch „der Franzosen und Schweden machinationes“ und „darzue noch den Ragozi und den Erbfeindt Christlichen Nahmens“.

452 LEOPOLD I., 1640 – 1705. 6 Br. m. U. Wien 11.XII.1659 bis 11.II.1694. Zus. 13 S. folio. Mit 3 Siegeln (1 schönes Ringsiegel) und 2 Adressen. Etwas fleckig, kleinere Defekte. (1.200.—)

11.XII.1659. An seinen späteren Schwiegervater Herzog Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1685 Kurfürst von der Pfalz) mit der Bitte, zwei nach Münster zur Unterstützung des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen entsandte, „in Unsern vorder Osterreichischen Landen und der Marggraffschafft Burgaw gelegene Regimenter gegen Bezahlung deß Underhalts … durch dero Landten“ marschieren zu lassen. – Der Fürstbischof bereitete damals die zweite (nun erfolgreiche) Belagerung seiner Stadt Münster vor.

30.IV.1660. An eine geistliche Körperschaft, die zu einer Klage wegen „noch ausständiger Tafelgeföhl des Stüfft Münster“ für die Jahre 1620 bis 1650 Stellung nehmen solle.

9.VI.1665. An einen Fürsten mit der Bitte, kaiserliche Hilfstruppen durch sein Territorium ziehen zu lassen. „... Wann Wir nun Unsers Vetters und Fürstens Marggraff Hermanns zu Baden … auffgetragen, besagte Anzahl KiegsVolkhs … mit dem fürderlichsten in die Nid[er] Burgundische Lande zuführen und dabey solche Kriegszucht zu halten, damit sich niehmand … zu beschwehren verursacht werde …“ – Vom Beginn des Zweiten Englisch-Niederländischen Krieges (1665 – 1667).

IV. GESCHICHTE 275

(Leopold I.)

3.VI.1677. An einen kaiserlichen Kommissar mit dem Befehl, „in verschiedenen strittigkeiten“ zwischen Gerlach Mau, dem Magistrat der Stadt Aachen, dem Fürsten zu Salm und dem Abt von St. CorneliMünster einen Vergleich herbeizuführen.

2.I.1683. An einen Kurfürsten mit der Bitte, seinem Hofkriegsrat Wilhelm Anton Grafen von Daun zu gestatten, in seinen Ländern „bey itzigen antrohenden gefehrlichkeiten ein neües regiment zu fueß zu werben“.

11.II.1694. An den kurkölnischen Kanzler Johann Friedrich Karg von Bebenburg, „der Hey: Schrifft und beeder rechten Doctoren“, nach der Wahl des Kurfürst-Erzbischofs Joseph Clemens von Köln zum Bischof von Lüttich. – „... Ihr werdet auch wohl versichert sein, daß Ich Mich … über dießen success von herzen erfrewe …“

Beiliegend 2 Br. m. U. seiner dritten Gemahlin Eleonore Magdalene geb. Pfalzgräfin von Neuburg (1718/1719; Defekte), eine gedruckte Urkunde des Kaisers (Einblattdruck 1685, die Verdrängung der „zunftmäßigen Schnurmacher und Pasementirer“ durch Manufakturen betr.) sowie 1 weiterer Druck.

453 KARL VI., als Karl III. König von Spanien, 1685 – 1740. 2 Br. m. U. Wien 11.X.1712 und Graz 16.VIII.1728. Zus. 4 S. folio. Mit 1 papiergedecktem Siegel (das zweite ausgeschnitten) und Adressen. Etwas fleckig, kleinere Läsuren. (400.—)

1712. An den Kurfürst-Erzbischof von Trier, Karl Joseph von Lothringen, den er auffordert, den Antrag „des von Breitbach“ (wohl der kurtrierische Geheimrat Ferdinand Damian von Breitbach-Bürresheim) „in sachen desselben wider das Closter Siegburg ratione edendorum actorum prioris instantiae“ nicht länger zu verschleppen.

1728. An Reichsritterschaft und Adel des unterrheinischen Bezirks mit dem erneuten Befehl, „die von Wallpott zu Königsfeldt“ zur Zahlung ihrer Schulden bei der Witwe des kaiserlichen Hofagenten Selke zu bewegen. „... So befehlen Wir Euch hiermit bey straff fünff Marck löthigen goldes, unsern … Kayserl. Verordnungen in Zeit zwey Monathen ein gnügen gehorsahmbst zu leisten …“

454 2 Br. m. U. Wien 30.VII.1726 und Schloss Halbturn 22.IX.1735. Zus. 5 S. folio. Beide mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Der erste Brief leicht gebräunt und fleckig. (600.—)

1726. An den Abt zu Werden und Helmstedt anlässlich eines Streits zwischen dem Kurfürst-Erzbischof von Köln und der Stadt Köln „wegen verhinderter reparirung des respée Hacht- und so genannten Bingerhaußes “. Der Abt solle „in Krafft Unßers dir hierdurch ertheilenden Kays[erliche]n gewalts, auf beyder theilen gleiche kösten, diese sache mit vorladung ermelter beyder theilen“ untersuchen, „auch von dem strittigen durchgang einen abriß verfertigen“ lassen und sein Gutachten binnen zwei Monaten vorlegen.

1735. An den Fürstbischof Johann Franz II. von Konstanz sowie an den Herzog Karl Alexander von Württemberg gerichteter Brief, die „Abhelffung deren von denen mit neutralen Schweitzer- und Graubinderischen Commerciirenden Reichs-Städten und Orten eingebrachten Beschwerden“ betreffend. – Aus der Zeit des Polnischen Thronfolgekriegs.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff; der erste Brief mit ihrem eigenh. Vermerk „Carl der Sechste“.

IV. GESCHICHTE 276

„mes affaires du barrois“

455 FRANZ I., Gemahl Maria Theresias, Begründer des Hauses Habsburg-Lothringen, 1708 – 1765. E. Br. m. U. Lunéville 23.VIII.1730. 3 S. 4o.

Brief des 21-jährigen Herzogs von Lothringen und Bar an einen Vertrauten in Luxemburg über den Widerstand des Pariser Parlaments gegen seinen Regierungsantritt im „Barrois mouvant“.

(600.—)

„... pour ce qui regarde mes affaires du baroy le parlement de paris paroit touiours de plus en plus irrité contre moy et meme jusque la qu’il n’a pas respecté les ordres que le cardinal de fleury avoit donné en ma faveur au suiet du joyeux avenement, qui étoit comme vous savés de ne recevoir aucune plainte a cet égard, aucontraire ille a donné une arret de deffense aux plus mutins du barois pour ne le point payer et quand, j’ay somé les ministres de leur parole, ils m’ont re pondu qu’ils étoint très fachés, que le parlement leurs en ait fait manquer dans cette occasion ce qui me fait bienvoir, combien peu l’on peut comter sur les assurances qu’ils donnent et sur leurs parole[.] j’espere pourtant que tout cela saccomodera le mieux qu’il sera possible …“ – Ferner über eine Kölner Gesandtschaft und den Ankauf zweier englischer Pferde für den Adressaten. Am 1. Februar des Jahres hatte Franz als Herzog von Bar König Ludwig XV. als seinem Lehnsherrn feierlich gehuldigt. Selten so früh.

Im Namen Maria Theresias an die niederösterreichische Regierung wegen der Unterbringung des –nach dem Frieden von Berlin – „aus Bayern eingeruckten gesambten Feld-Artiglerie-Corpo …“

IV. GESCHICHTE 277
456 Br. m. U. „[in] no[min]e Reginae“. Wien 2.I.1743. 2 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel. (300.—)

IV. GESCHICHTE

(Maria Theresia)

457 Br. m. U. Wien 6.X.1759. 11/2 S. folio. Leicht gebräunt. (250.—)

An einen geistlichen Kurfürsten mit der Bitte, einen von den Österreichischen Niederlanden zur „Kay. Kön. Haupt-Armée“ marschierenden „Recrouten Transport von ein Tausend Köpfen für die zufeld stehende Bataillons der Vallonen Regimenteren“ freien Durchzug durch dessen Länder – „gegen baarer Bezahlung“ – zu gestatten. Aus der Zeit des Siebenjährigen Kriegs.

458 KARL, Prinz von Lothringen, Bruder Kaiser Franz’ I., Schwager Maria Theresias; kaiserlicher Feldmarschall, Generalgouverneur der Österreichischen Niederlande, 1712 – 1780. Urkunde m. U. „Charles de Lorrajne“. Brüssel 25.III.1756. 1 S. quer-imp.-folio. Pergament. Mit an golddurchwirkter roter Seidenschnur hängendem Fragment seines Reitersiegels. (300.—)

Ernennung zum „Conseiller Secretaire Ordinaire“ für Johann Michael von Weiß, der sich Verdienste sowohl in seiner Kabinettskanzlei als auch in der Kriegskanzlei Maria Theresias („Sa Majesté l’Imperatrice Reine“) erworben habe. Kurz vor Ausbruch des Siebenjährigen Krieges ausgefertigt.

459 Br. m. U. u. E. und 1 Br. m. U. Brüssel 22.X.1763 und 19.II.1771. 3 S. folio und 4o. Der erste Brief leicht fleckig und mit kleinen Läsuren. (400.—)

1763 (Br. m. U.). An (Jean Baptist) Graf Baillet de Latour. „... Je me rapelle la promesse que je vous ai donnée de vouloir prendre votre fils au nombre de mes pages …“

1771 (Br. m. U. u. E. „Euer Liebden / gantz Ergebenster Treuer Freund Vetter und Diener / Carl von Lothringen“). An Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Kurfürst-Erzbischof von Trier wegen einer „bey dem Provincial Rath zu Luxemburg“ anhängigen Klage gegen den kur-trierischen Untertanen NN. de Maringh. Beiliegend 2 abgeschnittene Briefschlüsse.

460 MARIA THERESIA, Tochter Karls VI., Gemahlin Kaiser Franz’ I., 1717 – 1780. Br. m. U. Wien 23.III.1744. 3/4 S. folio. Mit Siegel (über Pergamentstreifen) und Adresse. Leicht fleckig. Kleine Rand- und Faltenläsuren. (300.—)

Aus dem Zweiten Schlesischen Krieg an den Markgrafen Karl Friedrich von Baden, den späteren Kurfürsten (1803) und Großherzog (1806), dem sie die Ernennung Franz Christoph von Deineraths zum außerordentlichen Gesandten bei der Armee mitteilt.

„... Umb all-dasjenige zu erleichteren, was bei Vorruckung Meiner Armée in denen Neutralen ReichsLanden erforderlich seyn dörfte, so habe … für gut befunden, daß dem sothane Armée Commandirendem Generalen ein eygener Minister zugegeben werde …“

278

461 Br. m. U. Wien 6.IX.1744. 8 S. folio, davon 11⁄3 Seiten Brieftext. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Geheftet. Leicht gebräunt. (400.—)

An Fürst Nikolaus Joseph Esterházy, den österreichischen Gesandten in Warschau.

„... Obwohlen Wir erst vor wenigen tagen einen Courier an dich abgefertigt; So sehen Wir Uns doch gezwungen, einen anderen nachzusenden, umb willen ungehindert der würcklich erfolgten feindlichen berennung der Haubt Statt Prag, und ungehindert derer conditionaté an Chur Sachsen überlassener 50 000 Thaler, die schon vor einigen wochen nach enpfangenem geld auff 14. täge zugesagte conjunction nunmehro … auff fünff biß sechs wochen … verschoben werden will …“

Eine solche Verschiebung der Vereinigung der österreichischen und sächsischen Truppen sei ein großer Vorteil für Preußen und müsse unbedingt verhindert werden. 10 Tage später, am 16. September, fiel Prag in die Hände Friedrichs des Großen.

462 4 Urkunden m. U. a. d. J. 1744 bis 1763. (600.—)

1) Gedruckte Urkunde m. U. Wien 23.XI.1744. 7 S. folio. Geheftet. Leicht fleckig, minimale Randläsuren. Erhebung von Sondersteuern in Niederösterreich „zu Rettung des Universi“ nach dem „Preußischen Friedens-Bruch“. – Am 10. August war mit der Kriegserklärung Friedrichs des Großen der Zweite Schlesische Krieg ausgebrochen.

2) Urkunde m. U. Wien 7.VII.1750. 1 S. quer-imp.-folio. Pergament. Etwas unfrisch. Ohne das Siegel. „Reitt Brief“ für Johann Michael Stramberger, Feld-Proviant-Commissar zu Brüssel über dessen 1727 – 1729 zu Koblenz und 1730 – 1741 zu Brüssel geführte Proviant-Buchhaltung.

3) Gedruckte Urkunde m. U. Wien 2.IV.1758. 1 S. quer-imp.-4o. Mit papiergedecktem Siegel. Kleinere Faltenschäden.

Ernennung „des Saxengottaschen Infanterie Regiments-Commandanten“ Obristen Franz de Baxeras zum Obrist-Feldwachtmeister der kaiserlichen Armee. – Mit Gegenzeichnungen des Hofkriegsratspräsidenten Johann Philipp Graf Harrach und des Feldmarschalls Wilhelm Reinhard Graf von Neipperg.

4) Urkunde m. U. Wien 20.I.1763. 5 S. folio. Pergament. Ohne das Siegel, die farbige Siegelschnur weitgehend erhalten.

Privilegienbrief für die Bewohner von „Chantemelle, Province de Luxembourg “. Beiliegend die am 11.I.1781 zu Aachen gehaltene „Leichen-Rede“ auf Maria Theresia (zeitgenöss. Handschrift, 10 S. folio; leicht feuchtfleckig).

463 Br. m. U. und e. Zusatz. Wien 21.VIII.1759. 2 S. 4o. Kleiner Faltenriss am Oberrand. (350.—)

Aus dem Siebenjährigen Krieg an Feldzeugmeister Ferdinand Graf von Harrsch, kommandierender General im Banat und in Böhmen, mit einer Rüge für die schlesischen Truppen, bei denen es zu „verschiednen Excessen, Nahmentlich mit Raubung vieler leinwand“ gekommen war.

„... Ich halte Mich gänzlich Versicheret, das unter euerer Obsicht solcher Unfug nicht getriben werden wird; habe auch von Euch die gnädigste Meinung, daß ihr Obsorg tragen werdet, damit der GottesDienst auferbäulich und fleissig gehalten, weder das Spillen, Noch sonsten offentliche ärgernussen geduldet, auch keine Weiber deren Officiers, oder anderer – der Armée folgenden beamten in laager, ja nicht ein Mal in der Näche von zweyen und mehr Meylen gelitten werden.

Dieses und was Noch sonsten zur erhaltung der guten Ordnung und disciplin, welche alß einen Weesentlichen Theil des Militar-Dienstes ansehe, gereichen mag, empfehle euer Obsorg Nachdrücksam …“ Eigenhändig fügt Maria Theresia an: „man meldet mir das die obristin hussei [?] so gar in schlesien mit ware welches Von euch wissen will.“

IV. GESCHICHTE 279

„weillen die auslagen zu gros sind“

464 E. Schriftstück m. U. (Paraphe). (Wien, Ende 1759 / Anfang 1760.) 11/2 S. 4o. Mit dreiseitigem Goldschnitt. (500.—)

An einen Vertrauten, Veränderungen in der Generalität betreffend: Franz Moritz Graf von Lacy solle die Stelle des Freiherrn Johann Anton von Tillier als Feldzeugmeister übernehmen.

„nachdeme tillier nicht mehr in stand ist der heürigen campagne vorzustehen, lasci zu erlauben ist, sich seines feldzeügemeister patent zu prevalirn und bey der armee also anzustellen, so finde vor nöthig, … Veranstaltungen zu machen. anstatt lasci ist siscowitz zum general quartier meister zu benenen …“ Wegen weiterer Veränderungen wolle sie noch „des dauns meinung abwarten. Dem general wied benene auch zum feldzeügemeister bey der armee angestelt so wohl er aber als lasci wie auch all andere die villeicht noch avancirn müße hätten sich mit ihren jtzigen gage zu vergnügen weillen die auslagen zu gros sind …“

Mit Lacys Ernennung zum Feldzeugmeister bedankte sich Maria Theresia für seine maßgebliche Beteiligung am „Finckenfang von Maxen“ (20.XI.1759).

465 Br. m. U. Wien 24.XII.1763. 1⁄3 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Trauerrand (mit einigen Läsuren). (250.—)

An den Fürstbischof von Fulda, Heinrich von Bibra, dessen Weihnachts- und Neujahrswünsche sie erwidert.

„... wenn hingegen Se. Andacht jener Wohlstand wiederfahret, welchen Wir Derselben von Herzen gönnen, so werden Sr. Andacht mit dero untergebenen Stifft bis in die späteste Jahre die vollkommenste Glückseeligkeit geniessen …“

280

IV. GESCHICHTE

Maria Theresias Militärhaushalt

466 Randvermerk m. U., 11/2 S., auf den linken Spalten eines von 4 Teilnehmern unterzeichneten Sitzungsprotokolls der Hofkammer vom 19.V.1764, 26 S. folio (halbspaltig beschrieben), mit schwarz-gelber Seidenschnur geheftet. Schwach fleckig. (800.—)

„Protocollum Concertationis … Die allergnädigst anbefohlene Ausweisung der für den Militar-Staat gewidmeten Fonds von jährlichen 16 Millionen oder inclusive der Invaliden Einkünfte per 16477892 fl. und dern Ausgleichung respectu des verflossenen halben Jahrs betreffend“. – Mit den Unterschriften des Hofkanzlers Johann Karl Graf Chotek, des Hofkammerpräsidenten Johann Seyfried von Herberstein, des General-Kassendirektors Carl Friedrich Anton Graf Hatzfeldt und des Kammerrats Ludwig Graf von Zinzendorf.

Der diktierte und eigenhändig unterzeichnete Randvermerk Maria Theresias enthält Vorbehalte und Anordnungen zu 8 von 12 Punkten.

467 Urkunde m. U. Wien 30.III.1765. 7 S. gr.-folio. Französisch. Pergament. Mit großer Wappenmalerei in Gold, Silber und Farben (15,6 × 17,8 cm). Minimal fleckig. In rotem Samtband (leicht berieben) mit Brokatpapier-Spiegeln, gold- und silberdurchwirkter Siegelschnur und 2 (von 4) Verschlussbändern (Siegel und Holzkapsel in moderner Nachbildung). (600.—)

Adelsbestätigung („Confirmation du Titre de Chevalier“) für Joseph Gabriel von Weiß, „Notre Conseiller Aulique actuel de Guerre et Secretaire de Cabinet de Notre très cher et très aimé Beau-Frere et Cousin Le Duc Charles Alexandre de Lorraine et de Bar“. – Ihr Schwager Herzog Karl Alexander von Lothringen war seit 1744 Gouverneur und Generalkapitän der Österreichischen Niederlande.

Beiliegend eine weitere Urkunde m. U. Maria Theresias vom selben Tag: „Lettres Patentes de Naturalité“ für denselben; 4 S. gr.-folio, Pergament, mit an farbiger Seidenschnur hängendem großem Thronsiegel in verzinkter Blechkapsel (Deckel fehlt).

IV. GESCHICHTE 281

(Maria Theresia)

468 Br. m. U. Wien 19.X.1770. 1 S. folio. Mit Trauersiegel und Adresse. Trauerrand. Leicht fleckig, kleinere Randläsuren. (300.—)

An Emmerich Joseph Freiherrn von Breidbach, Kurfürst-Erzbischof von Mainz, über das „von Seite Pohlen und der Türkey sich äussernde Pest Übel “.

„... Ich verweile also nicht Euer Liebden … zu eröfnen, daß in meinen Gränzen gegen Pohlen eine verstärkte Contumaz“ (Quarantäne) „auf 42 Tage angeordnet, und hierauf mit aller hiezu nöthigen Vorsicht bestanden werde; Auch ist von Königl: Preuß: Seite mit nachbarlicher Einverständniß eine auf ebenso viele Tage sich erstreckende Contumaz in ihren Gränzen festzustellen beliebet worden.

Von der Seite gegen die Türkey wird ohnehin jederzeit und dermalen um so viel genauer die schärfeste Obsicht gehalten …“

469 E. Billett o.U. Prag 8.VI.1774. 1 S. 8o. Leicht tintenfleckig. (200.—)

An den Reichsvizekanzler Rudolph Joseph Fürst Colloredo wegen der Bevorzugung eines Bittstellers. „coloredo disen bey erster vacantz / schon vor 2 jahren versprochen und es vergessen.“

Beiliegend 2 ausgeschnittene e. Randvermerke m. U. (Paraphen), 16 bzw. 7 Zeilen, auf an Colloredo gerichteten Eingaben mit desssen Unterschrift (beide 1774).

470 Br. m. U. Wien 22.VI.1774. 11/4 S. gr.-folio. Mit Trauersiegel und Adresse. Trauerrand. (350.—)

An Anton Ignaz Graf von Fugger-Glött, Bischof von Regensburg, wegen der von Papst Clemens XIV. im Vorjahr angeordneten Aufhebung des Jesuitenordens.

„... Ob Mich zwar gnädigst enschloßen, die päbstliche Encyclicam, so die Mitglieder der aufgehobenen Societät von dem Beichtstuhle, und Predigamt gänzlich ausschlüßet, in Meinen deutschen Staaten keinesweegs anzunehmen, so bin Ich doch nichts desto weniger auch nicht gemeinet, die Anwendung dieser Patrum zu den ersagten Verrichtungen der Seelsorge weder allgemein festzusezen, noch darzu Eüer And[ach]t, als Ordinarium zu verhalten, sondern Ich überlaße lediglich Eüer And:t eigener pflichtmäßiger, und gewißenhaften Beurtheilung, ob, und in wie weit die erwehnte Patres der aufgelößten Societät zu ein, so anderen Amt, und Verrichtung der Seelsorge anzustelllen, entweder in Ermanglung des anderweiten Cleri nothwendig, oder sonsten diensten ermeßen werden: Wobey jedoch all-erforderliche Behutsamkeit anzuwenden, und die vorläufig-hinlängliche Prüfung der Subjectorum nach klaren Inhalt des päbstlichen Aufhebungs-Breve nicht außer Acht zu laßen seyn wird …“ Beiliegend ein Br. m. U. von Kaiser Franz I., für seine Gemahlin Maria Theresia an die ungarische Regierung (Wien 1741, lateinisch).

IV. GESCHICHTE 282

„votre billiet m’at amusée“

471 E. Br.o.U. O. O. u. D. 1 S. quer-4o, auf einem Folioblatt unter einem an sie gerichteten Brief der Adressatin (2 S. quer-4o). Minimale Läsuren. (400.—)

An eine Prinzessin, die von ihr und Kaiser Franz I. mit dem Ankauf von Schmuckstücken für eine bevorstehende Hochzeit betraut worden war und in ihrem Brief von sich ergebenden Schwierigkeiten berichtet („en me disant hier que s’agissant d’un trocq et non d’un achat come il avoit supposé“). Maria Theresia antwortet: „Dans ce moment je recois du bien de vos doutes chere princesse car je dois vous avouer que votre billiet m’at amusée. mais je ne veux vous laisser long tems dans l’incertitude. l’Emp[ereur] ne conte vous faire un present ni veux en recevoir. mais il est trop heureux dans une bagatelle pareil de vous etre util et de vous tirer d’embaras c’est la raison pourquoi j’ai remise a reideck“ (wohl der in den Ankauf eingeschaltete Juwelier) „le reste des pierres pour les assortir. Je vous prie de ne le pas confondre je lui ais tout expliquée, et vous pouvez etre tranquille je vous donne l’absolution sur tout les torts que vous pouriez nous faire je vous en demande autant pour nous car les pendloques sont belles l’Emp: en est content. et je souconne que l’Estimation de reideck n’at eté faite qu’apres avoir vue les autres et vue que vous inclinois a le donner a ce prix on peut bientot confondre l’esprit de l’homme. le plus sure pour nous seroit si vous auriez fait rechercher ce qu’elles ont couté oder in der Theillung seind angenohmen worden. vous trouverois surement que ce n’est pas vous qui faite des generositez mais vous agissez en femme qui veut dabord ce qu’elle souhaite et se le laisse tout couter. je n’ais pas encore vue l’Emp: je lui ferois votre message il est aussi content du cuisinier que de vous il viendra vous voir avant le mariage.“

472 E. Billett m. U. (Paraphe). O. O. u. D. 1 S. quer-8o (Abriss von einem größeren Blatt). (250.—)

An ihren Hofkanzler Johann Karl Graf Chotek.

„lieber graff coteck weillen ich zu was höchst nöthigen 24[000] fl gebrauche so wären selbe an seinen brudern aus dem banco von denen darinigen angetrofen geldern zu begern das dise woche haben kunte zu handen des cabinet secretarij Koch ich bleibe die schuldnerin in seine cassa und werde nach und nach selbe abzahlen und zu ende auch das interesse was er indessen von selben aus dem banco genossen hätte / MTh“

473 JOSEPH II., Sohn und Mitregent, 1780 Nachfolger Maria Theresias, 1741 – 1790. 1 Br. m. U. u. E. und 1 Br. m. U. Wien 10.X.1776 und 21.II.1785. Je 11/2 S. (gr.-)folio. Kleine Randläsuren. (400.—)

1776 (Br. m. U.) an Kurfürst (Maximilian Friedrich von Köln) wegen eines Rechtsstreits zwischen Carl von Stein und den (Brüdern) Zandt (von Merl) zu Lissingen und Weißkirchen um den „Rettenroder ZehendAntheil“ (gemeint ist Retterath bei Adenau). – Mit Gegenzeichnung des Reichsvizekanzlers Fürst Colloredo.

1785 (Br. m. U. u. E. „Euer Liebden Gutwilliger Vetter / Joseph“) an einen Kurfürsten, mit dem Dank für „jene ausgezeichnete Willfährigkeiten …, welche Eüer Liebden bey dem Durchzuge Meiner nach denen Niederlanden marschirenden Regimentern in Ihren Landen, auch sonsten gegen die sich feindlichbetragende Republik Holland, für Mich, und Meines Erzhauses Nutzen“ bewiesen habe.

IV. GESCHICHTE 283

(Joseph II.)

„nicht

den geringsten Umstand machen“

474 Br. m. U. Wien 30.XI.1776. 23/4 S. 4o (350.—)

Vor Antritt seiner großen Frankreich-Reise, auf der er auch seinen Schwager und seine Schwester, König Ludwig XVI. und dessen Gemahlin Marie Antoinette, besuchte, an General Freiherrn von Ried mit detaillierten Anweisungen, einen „Zwischenstop“ in Ludwigsburg betreffend. Er wünsche, in strengstem Inkognito unter dem Namen eines Grafen von Falkenstein zu reisen und sich nur „in denen Gasthäusern einzulogiren“.

„... Da Ich aber gerne zu Ludwigsburg die von dem Herzoge von Würtemberg“ (Karl Eugen) „allda angelegte Accademie in Augenschein nehmen – und einen Tag, aus besonderer Freundschaft für den Herzog, Mich aufhalten möchte, wenn Ich versicheret seyn könnte, daß man für Mich allda nicht den geringsten Umstand machen, keine Jäger vorausschiken, in der Accademie keine Anrede halten, nirgends eine Galla ansagen, keine Truppenparadirung veranlaßen, oder gar einige Festins anordnen, oder aber, wenn Ich etwa mit dem Herzoge speisete, Mich etwa nicht mittels eines besondern Fauteils, oder Page-Bedienung, auszeichnen, sondern durchgängig … auf keinem andern Fuß, als dem eines particular-Cavaliers, Mich aufnehmen würde; so lieget Mir diese vorgängige Zusicherung so nahe an, daß Sie allen Bedacht zu nehmen haben, Mir solche zu verschaffen, widrigenfalls Ich eher Mich allda nicht einfinden, sondern eine ganz andere Straaße nehmen würde …“

475 Br. m. U. „Joseph (Corr[egens])“. Wien 8.I.1777. 1/2 S. 4o. Minimal fleckig. Kleine Rand- und Faltenschäden. (250.—)

Ebenfalls an General Freiherrn von Ried.

„... Da Ich für gut befunden habe, Meine Reise, wegen gegenwärtiger übler Witterung und anderer Ursachen halber, für dermalen und biß auf eine andere beßere und bequemlichere Zeit einzustellen, so mache Ich ihnen dieses … hiermit zu wißen …“

476 Br. m. U. Sankt Petersburg 11.VII.1780. 21/4 S. gr.-folio. Mit Siegel und Adresse. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenläsuren fachgerecht ausgebessert. (300.—)

Von seinem Besuch bei Katharina der Großen an Ernst Konstantin von Droste zu Hülshoff (1736 – 1799), Domherr in Osnabrück und Domdekan am St. Paulus-Dom in Münster, der einen „Coadjutore und künftigen Nachfolger am Bistum Münster“ verlangt hatte.

Der Kaiser hatte sich daraufhin entschlossen, „Frantz Georg des Heiligen Röm. Reichs Grafen von Metternich-Winneburg und Beilstein abzuschicken … So habe Ich demselben mitaufgetragen, dießfalls Meine gnädigste Meynung Euch zu eröfnen, und darüber ins besondere sich mit Euch zu vernehmen, in der gnädigsten Zuversicht, daß, gleichwie dabey Mein Kayserliches Verlangen vorzüglich auf das Beste der Religion, der Kirche, und der Reichs-Verfassung, auch sonderlich des Bistums Münster gerichtet ist, also auch Ihr solches nebst anderen Mitkapitularen Eurer guten Einsicht und Devotion nach eyfrig zu beförderen Euch willig und beflissen bezeigen werdet, damit besagte Wahl zu dem abgezielten Löblichen Endzweck, nemlich zur Ehre Gottes, zum Nutzen der Kirche, und des Teutschen Reichs-Wohlfarth auschlagen möge …“

Franz Georg Karl Graf von Metternich-Winneburg, Diplomat und Minister in österreichischen Diensten, hatte die Wahl von Maximilian Franz von Österreich zum Erzbischof von Köln und Bischof von Münster im Jahr 1784 beeinflusst.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

IV. GESCHICHTE 284

477 Br. m. U. Wien 23.X.1784. 11⁄3 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Fleckig. (250.—)

An die Kurfürsten Friedrich Karl Joseph Freiherrn von Erthal, Erzbischof von Mainz, und Karl Theodor von Bayern als „ausschreibende“ Fürsten des Oberrheinischen Kreises mit dem Ersuchen, drei Infanterie-Regimentern den Durchzug nach den Niederlanden zu ermöglichen.

478 FRANZ II., der letzte römisch-deutsche Kaiser, als Franz I. erster Kaiser von Österreich, Schwiegervater Napoleons I., 1768 – 1835. E. Br. m. U. „seinen besten Freund / und Bruder / Franz“. Wien 5.V.1803. 11/2 S. 4o (800.—)

An seinen Bruder Erzherzog Ferdinand, seit 1803 Kurfürst und Herzog zu Salzburg – von Napoleons Gnaden.

„... Mich hat es sehr gefreuet daß Du glücklich in Salzburg angekommen, wo Du … um alles anzusehen und kennen zu lernen viel zu thun haben wirst …“ Ferdinand hatte 1801 auf Toskana verzichten müssen und dafür später Salzburg erhalten, das er 1805 gegen Würzburg tauschen musste.

IV. GESCHICHTE 285

„die Eine große Sache“

479 RUGE, Arnold, Philosoph und politischer Publizist; Vertreter der Linken in der Frankfurter Nationalversammlung, 1802 – 1880. E. Br. m. U. Halle a. d. Saale 26.XII.1840. 11/2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (400.—)

An den Schriftsteller und Publizisten (Levin Schücking) in literarischen Angelegenheiten.

„... Ihre gütige Mittheilung üb. Freiligraths Rose hat mich sehr interessiert, mir freilich wird das Gedicht dadurch als ein Ganzes nicht begreiflicher. Denn nun sieht man vollends keine Notwendigkeit und keinen Zusammenhang. Gutzkow hat eben die Notiz gebracht, wie sehr sich Hiecke in Ihrer Religion geirrt habe, obgleich Hiecke wohl nicht so sehr auf Sie, als auf Freiligraths Intention mit dem Namen Levin ausgegangen ist, den er für absichtlich gewählt hielt, um ‘in dem Freunde mit den Gespensteraugen’ den Juden zu bezeichnen.

Ihr Cappenberg erfolgt, wie Sie wünschen …

Die Zeit ist so angethan, daß man sich selbst vergessen u. vergessen machen muß, um nur alle Freunde der Freiheit in Kunst & Wissenschaft wie im Staate mit ihrem Eifer auf die Eine große Sache zu richten, die das Jahrhundert zu uns[erer] Aufgabe gemacht hat …“

Robert Heinrich Hiecke (1805 – 1861) war mit Theodor Echtermeyer befreundet, mit dem Ruge seit 1838 die „Hallischen Jahrbücher“ herausgab.

Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff, Schückings mütterlicher Freundin; von ihr auf der vierten Seite des Doppelblattes eigenh. bezeichnet „Ruge“.

480 RUSSLAND. – ALEXANDER I., Kaiser, 1777 – 1825. Urkunde m. U. Sankt Petersburg 19.VIII.1804. 3 S. imp.-folio. Pergament, etwas wellig. Mit schöner Wappen- und Bordürenmalerei in Gold und Farben. Russisch. In goldfarbener Leinenmappe mit grünen Seidenvorsätzen (beschädigt). (1.200.—)

An den Diplomaten Wassili Stepanowitsch Tomara, seit 1799 außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Konstantinopel.

IV. GESCHICHTE 286

Tomara hatte 1799 vom Vater Alexanders I., Paul I., mehrere Territorien und 1499 Bauern als Geschenk erhalten. Alexander I. bestätigt die Schenkung mit der vorliegenden Urkunde, die besagt, dass diese Besitztümer mit allem, was mit ihnen zusammenhängt, vollständig Tomara und seinen Nachkommen gehören.

„... Da aber dem Geheimen Rat Tomara bis jetzt noch kein Freibrief für dieses Gut gegeben worden ist, so überlassen wir ihm, Tomara, gemäß unserer autokratischen kaiserlichen Macht durch die Kraft dieses unseres Freibriefes das besagte Gut mit allen dazu gehörenden Dörfern und leeren Ländereien, Mühlen, Höfen, Dörfern, Herrenhäusern und Gemüsegärten, mit Ackerland und Wiesen, mit Wäldern, mit Heuwiesen und Fischgründen, und mit den vorhandenen und flüchtigen Bauern, ohne irgendetwas von allem, was zu diesem Gut gehört, auszuschließen …“ (Übersetzung).

Auf der 4. Seite der Vermerk, dass die Abgaben für 1499 Bauern bezahlt wurden (6.IX.1804).

„comme la mère la plus tendre“

481 ELISABETH, Kaiserin, Gemahlin Alexanders I., geb. Prinzessin von Baden, 1779 – 1826. E. Br. m. U. O. O. u. D. (Russland, 1793). 2 S. 4o (400.—)

Als Verlobte des späteren Zaren Alexander I. an Königin Friederike von Preußen, die als geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt eine Schwester ihrer Mutter war. – Die 14-jährige Prinzessin berichtet von ihrer neuen Umgebung am Zarenhof.

„... Les bontés dont Elle m’a honorée à Custrin me sont un sûr garant … du plaisir qu’Elle a de l’heureux sort qui me destiné … Depuis que je suis ici, Sa Majesté Impériale“ (Katharina die Große) „n’a pas cessé un instant d’en agir envers moi comme la mère la plus tendre. Monseigneur le Grand Duc et Madame la Grand Duchesse me comblent de bontés“ (ihr angehender Schwiegervater Großfürst Paul, der spätere Zar Paul I. und seine Gemahlin Marie [Sophie] geb. Prinzessin von Württemberg) „et je suis sincèrement attachée à l’Epoux qui m’est destiné …“

IV. GESCHICHTE 287

482 SALZBURG. – PÜRSTINGER, Berthold (auch Berthold von Chiemsee), Theologe; Bischof von Chiemsee (1526 abgedankt) und Weihbischof von Salzburg, 1465 – 1543. Urkunde. Salzburg 14.XI.1524. 1 S. quer-imp.-folio. Pergament. Mit an Pressel hängendem Siegel in Wachsschale. Urkunde und Siegel wohlerhalten. (600.—)

Beglaubigung („Vidimus“) einer vollständig inserierten Urkunde des Erzbischofs von Salzburg, Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg, datiert Salzburg 17.VI.1524. Der Erzbischof schenkt seinem gleichnamigen Neffen, Pfleger von Itter und Kropfsberg, anlässlich seiner Heirat 10.000 Gulden aus den Einnahmen der Herrschaft Kitzbühel, die ihm Kaiser Maximilian pfandweise und auf Wiederkauf überlassen hatte. – Eine vollständige Abschrift liegt bei.

– Siehe auch Nr. 436.

483 SCHURZ, Carl, nordamerikanischer General und Staatsmann; 1849 Teilnehmer am Badischen Aufstand, 1829 – 1906. Br. m. U. Washington, D.C. 8.V.1878. 1 S. 8o. Mit blau gedrucktem Briefkopf „Department of the Interior / Washington“. Verso Montagespuren. (250.—)

Als Innenminister der Vereinigten Staaten an einen Herrn, dessen Besuch er erwarte.

„... Sie werden mich mit Ausnahme des nächsten Donnerstag voraussichtlich jeden Tag hier finden … Von 12 bis 2 bin ich gewöhnlich bei dem Präsidenten beschäftigt …“ (Rutherford B. Hayes, 23. Präsident der USA).

484 SCHWEDEN. – KARL XII., König, 1682 – 1718. Br. m. U. Blonje 14.XI.1705. 11/4 S. 4o. Schwedisch. Mit Adresse, an der Stelle des Siegels ein Loch. Gebräunt. Kleinere Läsuren. (300.—)

An den Gouverneur von Kurland, Generalleutnant Baron Carl Magnus Stuart, mit dem Befehl, einen Festungsbaumeister zu Generalleutnant Baron Maydell zu senden, „der Fortification versteht und die Übersicht dergleichen Arbeiten … haben kann …“ (Übersetzung).

485 Urkunde m. U. Bender (Bessarabien) 30.VIII.1710. 12⁄3 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel. Schwach gebräunt. Etwas fleckig. Kleine Faltenrisse. (400.—)

Oberstpatent für Reinhold Johann Freiherr von Fersen, Kommandeur des in Wismar liegenden Infanterieregiments. Aus dem Großen Nordischen Krieg.

„... Daher haben wir … beschlossen, Herrn Reinholt Johan von Fersen zum Kommandeur eines Regiments zu ernennen, das anstelle von Mauritz Wellingk in Wismar stationiert werden soll …“ (Übersetzung).

Graf Wellingk waren kurz zuvor die ihm gewährten Vollmachten als königlicher Geheimrat, Oberkommandierender General der schwedischen Armee in Deutschland und Gouverneur der Hansestadt Wismar entzogen worden, da König Karl XII. Wellingk Bereicherung unterstellte.

Nach dem Verlust der Schlacht bei Poltawa im Sommer 1709 hatte Karl XII. im Osmanischen Reich Schutz gesucht und bemühte sich, schließlich mit Erfolg, dieses zum Krieg gegen Russland zu bewegen.

IV. GESCHICHTE 288

486 SPANIEN. – FERDINAND II. (V.), der Katholische, König von Kastilien und León (1474 – 1504), König von Aragón (seit 1479); bereits seit 1468 König von Sizilien, ab 1505 als Ferdinand III. auch König von Neapel, Förderer von Kolumbus, Begründer des spanischen Nationalstaats, 1452 – 1516. Br. m. U. „Rex Ferd[inand]us“. „In casali arnoni“ 13.I.1475. 1 S. quer-gr.-8o. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. (800.—)

Als König von Sizilien an Francesco Mallette, Sekretär und Gesandter des Herzogs von Mailand, Galeazzo Maria Sforza („ducali Secretario & oratori denoto“), dem er für Nachrichten vom Mailänder Hof dankt. „... per la vostra de li xij del presente havemo inteso como lo Ill[ustrissi]mo S[ignor] Duca de milano have novamente facto suo capitanio generale de gente darme lo Ill. Marchese de monferrato et resta suo luocotenente generale lo Ill. marchese de mantoa havemo preso de ciò piacere assay et ve rengratiamo de tale adviso …“

Guglielmo VIII. Paleologo, Marchese di Monferrato (1420 – 1483) hatte schon Francesco Sforza als Condottiere und auch als Erzieher seines Sohnes Galeazzo Maria gedient.

487 Urkunde m. U. „yo el Rey“. Madrid 17.XII.1510. 1/2 S. imp.-folio. Mit papiergedecktem Siegel (von der Rückseite durchschlagend). Etwas fleckig. In altem Archiv-Umschlag geheftet. (600.—)

Von Ferdinand als Regent für seine Tochter Johanna von Kastilien unterzeichnete königliche Verfügung („Zedula Real dela S[eñor]a Reyna Doña Juana“) in einem Erbstreit, „a favor de Don Diego de Zuniga“ (zit. nach den Regesten).

488 SPD. – Sondermarken-Karte vom Parteitag der SPD 1962 in Köln mit 18 e. Namenszügen von Teilnehmern auf der Rückseite, darunter Herbert Wehner, Willy Brandt und Helmut Schmidt. Mit SPD-Sonderstempel. (600.—)

Außer dem Parteivorsitzenden Erich Ollenhauer haben ferner signiert: Luise Albertz, Adolf Arndt, Waldemar von Knoerringen, Heinz Kühn, Marta Schanzenbach, Käte Strobel und Georg-August Zinn. –Auf dem Parteitag waren Wehner und Brandt zu Stellvertretern Ollenhauers gewählt worden.

Mit diversen Beilagen:

Erich Ollenhauer (3 Br. m. U., Bonn u. Hannover 1950 u. 1957; mit Briefköpfen der SPD), Ernst Reuter (Br. m. U., Berlin 1951; als Regierender Bürgermeister von Berlin), Carlo Schmid (e. Briefentwurf m. U.; an Rainer Barzel, dem er mitteilt, dass er an „der Trauerfeier für Heinrich von Brentano“ nicht teilnehmen könne, November 1964) und Kurt Schumacher (3; 1 Br. m. U. Berlin 1947, 1 signierte Portraitphotographie sowie 1 e. Namenszug auf einer e. Postkarte m. U. von Emil Groß vom 2. Parteitag der SPD nach Kriegsende; an ein Redaktionsmitglied der „Freien Presse“ in Bielefeld, Nürnberg 1947, mit 11 weiteren Namenszügen von Parteitagsteilnehmern).

Ferner beiliegend ein e. Billett m. U. von August Bebel (Berlin 1913).

IV. GESCHICHTE 289

„mit unseren wenigen Mitteln doch viel geleistet“

489 STEIN, Karl Freiherr vom und zum, preußischer Staatsmann; als Mitbegründer der Monumenta Germaniae Historica ein Wegbereiter der deutschen Mediävistik, 1757 – 1831. 3 e. Br. m. U. Frankfurt a. M. und Nassau 23.XII.1819 bis 21.III.1825. 41/2 S. 4o. 2 Briefe mit Siegel und Adresse; die beiden ersten mit Trauerrand. Leicht gebräunt; der letzte mit kleinem Ausriss an der Siegelstelle (ohne Textberührung). (3.000.—)

An den Germanisten Joseph von Laßberg auf Schloss Eppishausen, die Herausgabe mittelalterlicher Texte betreffend.

Frankfurt a. M. 23.XII.1819. „... Mir sind mehrere Fälle bekant daß Handschriften aus der Königlichen Bibliotheck zu Paris an fremde Gelehrte im Ausland verabfolgt worden – ich … frage in Paris bey denen Bibliothecaren an …

Von Waltharius ist eine Handschrift auf der Pariser Bibliotheck … und habe ich wegen ihrer Beschreibung und Conferirung bereits geschrieben  …“ – Trauerrand wegen des Todes seiner Ehefrau Wilhelmine Friederike geb. Gräfin von Wallmoden-Gimborn am 15.IX.1819.

7.I.1820. Mit der Nachricht, dass einem Versand der Pariser Manessischen Handschrift ins Ausland Hindernisse entgegenständen, „die nicht leicht beseitigt werden können. Es bleibt also nichts übrig als eine Reise nach Paris zu machen …“

Nassau 21.III.1825. Dank für „das schöne Geschenk“, das Laßberg ihm „mit dem 2t Band des Lieder Saals“ gemacht habe. „... Empfangen Sie meinen lebhaften Dank für diese an gediegenen, treflichen Gedichten reiche Sammlung, deren angekündigte Fortsetzung allen Freunden der vaterländischen Dichtung erfreulich ist.

IV. GESCHICHTE 290

Der erste Band der Monumenta hist. Germ. Medii aevi etc. wird auf Michaelis Messe erscheinen … bißher war die Unterstützung von seiten der Regierungen sehr lau … Ich hatte eigentlich nie auf sie gerechnet, aber gehofft, daß die reichern unter unserem deutschen Adel … etwas Erklekliches für die Unternehmung thun würden, ich lehnte daher a[nn]o 1818 das gnädige zuvorkommende Anerbieten der … Königin v. Württemberg ab, und benutzte nicht ein Mittel um eine Unterstützung vom Kaiser Alexander“ (von Russland) „zu erhalten.

Unterdessen ist mit unseren wenigen Mitteln doch viel geleistet, und die Sache rückt langsam fort –freylich wäre es zu wünschen, wir könnten durch junge Gelehrte in Wien Rom u. Paris die Archive u. Bibliothecken bearbeiten laßen.

Hochwohlgebohren gütiges Anerbieten der Collation des Waltharius zu einer besonderen Ausgabe zu benutzen, und damit noch einige andere historische Gedichte zu verbinden, nehme ich mit lebhaftem Dank an, und werden Sie sich neue Verdienste um unsere vaterländische Litteratur erwerben …“ Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff.

„etliche Jämmerlich entleibt“

490 TRIER. – JAKOB III. von Eltz, Kurfürst-Erzbischof, 1510 – 1581. Br. m. U. Trier 4.IX.1568. 2 S. folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Kleine Randläsuren, etwas fleckig. (600.—)

An Fürst Wilhelm I. von Oranien („der Schweiger“) in Breda, den er auffordert, sein „kriegsvolck“ unverzüglich aus „unnsers ErtzStiffs gepieth“ abzuziehen.

„... mögen wir EL … nit pergenn, Das Unnß vonn unsern Underthanen unsers nidern ErtzStiffts unuffhörlich erbarmliche clagenn furkhomenn, Was maßenn EL kriegsvolck zu beidenn seiten des Rheins, und Mosell, sich etliche meilenn wegs vonn EL Lager mit großen Hauffenn herauß ufs Land thun, und sich nit allein an notturfftiger Profiandt unnd fueterung nit benuegen lassenn, sonder auch Plundern, Kistenn und Kastenn aufschlagenn, und alles was sie darInnen finden sampt dem Viehe, was vorhandenn, zu unwiderpringlichenn schadenn, unnd eusserstem verderbenn der armen Leuth, mit sich nemenn, und hinweg fuerenn solte … darunder auch etliche Jämmerlich entleibt werdenn …“

Vom Beginn des Achtzigjährigen Kriegs um die niederländische Unabhängigkeit. Beiliegend ein Brief in seinem Namen (Münster 1571, an Arnold v.d. Eltz über „Gartenknecht“, die im Land ihr Unwesen trieben) sowie eine Urkunde in seinem Namen (Koblenz 1575, wegen eines die Grafschaft Kriechingen betreffenden Rechtsstreits).

491 PHILIPP CHRISTOPH von Sötern, Kurfürst-Erzbischof, 1567 – 1652. Br. m. U. u. E. Trier 26.VI.1646. 1 S. folio. Mit Siegelspur; Adresse abgeschnitten. Leicht fleckig, kleinere Randläsuren. (400.—)

Wohl an Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel, bei der er sich darüber beschwert, dass „Ew. Ld. Soldatesca“ die Pächter der Abtei Prüm in mehreren Orten des Amtes Münstereiffel derart mit Kontributionen belasteten, „daß etliche deren Ihr Hauß unndt Hoff rahumen undt den fluchtigen fueß setzen müßen“; dies entgegen der wiederholten Zusicherung, „Unß unndt Unßer armen Brodt- unndt Viehelößer Underthanen zuverschonen zulaßen“.

Im April 1645 war der Frankreich zugewandte Kurfürst-Erzbischof nach zehnjähriger kaiserlicher Haft freigekommen und nach der Eroberung der Stadt durch die Franzosen im November wieder in Trier eingezogen.

IV. GESCHICHTE 291

492 MANNAY, Charles, Bischof von T., Auxerre und Rennes; Lehrer von Talleyrand, 1745 – 1824. E. Br. m. U. Trier 2. Messidor an 13 (21.VI.1805). 1 S. 4o. Mit Siegel (brüchig) und Adresse. Kleiner Einriss. (300.—)

An Monsieur Gatterman, „procureur general imperial en la Cour de justice criminelle du dept de rhin et mozelle“ in Koblenz, der als Kandidat für das „corps legislatif“ aufgestellt worden war. „... j’ai appris avec bien du plaisir que les suffrages du college electoral de l’arrondissement de coblentz vous ont placé parmy les candidats du dept. de rhin et mozelle pour le corps legislatif …“

Beiliegend ein Br. m. U. u. E. des Trierer Kurfürst-Erzbischofs Johann Hugo von Orsbeck (Ehrenbreitstein 7.X.1686, italienisch; an Kardinal Coloredo) sowie ein Lobgedicht auf dessen Vorgänger Karl Kaspar von der Leyen (zeitgenöss. Handschrift, 21/2 S. folio).

493 Urkunde des Amtmanns und Hofrichters Arnold von Hoinckeringen. (Trier,) „quarto feria sexta post festiuitatem assumptionis beate marie virginis“ (20.VIII.)1294. 1 S. gr.-4o (ca. 34 × 36 cm). Pergament. Schwach fleckig. Ohne die Siegel. (800.—)

Arnold von Hoinckerigen, „Officialis treverensis ac judex Curie“, entscheidet in einem Streit zwischen dem Bruder Leon, Mönch der Reichsabtei St. Maximin als Prokurator der Abtei sowie Verwalter („provisor“) des Spitals St. Elisabeth zu Trier einerseits und Gerhard gen. Lardenoix, Sohn des Ritters Droher von Montmédy („Montemaideyo“), Kirchherr zu Signy-le-Petit („Signeyo“) in der Diözese Trier.

IV. GESCHICHTE 292

Letzterer erkennt an, dass der Zehnte seiner Kirche kraft „juris patronatus“ zur Hälfte dem Kloster St. Maximin als wahrem Patron der Kirche gehöre. Als Entschädigung für zurückgehaltenen Zehnten zahle er dem Elisabeth-Spital 10 Pfund kleiner Turnose („Turonensium parvorum“), und zwar jeweils „centum solidos“ am nächsten und übernächsten Fest Mariä Himmelfahrt.

Die Bedeutung dieser Schlichtung lässt sich aus der Zahl der aufgeführten Zeugen ermessen: Paulinus, Kanoniker von St. Paulinus in Vertretung des abwesenden Trierer Amtmanns Walter, „decanus Palatiolensis“; Eurardus, Thesaurar von St. Symeon zu Trier; Godinus, Kantor zu Ivoix-Carignan („Ynodiensis“); Theoricus von Montmédy, Kanoniker zu Ivoix; Magister Johannes von Ivoix, Advokat zu Trier; die Landdekane Albert von Ivoix und Gerard von Juvigny („Giuigneyo“); Anselm, Priester von Laferté („Fermitate“) und päpstlicher Notar („sedis apostolice tabellione publico“); Jakob, Vizepastor von Breux („Brues“) sowie die Kleriker Allard von Montmédy, Petrus von Avioth und Gerard von Amel („Amella“).

494 (—) Urkunde. 10.IV.1372. 1 S. quer-8o (ca. 11,5 × 22 cm). Pergament. Ohne die Siegel. Farbstift-Unterstreichungen in blau. (600.—)

Kaufbrief („wider Kauffs brieve“). – Yde von Brücken sowie Gobil von Bubingen und seine Ehefrau Nese von Manderscheid erklären, dass Sie – im Besitz einer entsprechenden Urkunde von Abt und Konvent des Benediktinerklosters St. Marien („des münsters Sent marien der alder bij Tryere“) – die Vogtei zu Fellerich („voydige des dorffs genanten velrich“) dem Ritter Peter von der Leyen übertragen haben.

IV. GESCHICHTE 293

Trotzki in Halifax

495* TROTZKI, Leo, ursprünglich Bronstein, russischer Revolutionär; Organisator der Roten Armee, von Stalin verbannt, 1879 – 1940 (ermordet). E. Ansichtskarte m. U. An Bord der Hellig Olav, 30.IV.(1917), Poststempel: Halifax 4.V.1917. Russisch. Auf der Bildseite die S./S. Hellig Olav der Skandinavien-Amerika-Linie. (3.000.—)

An den Anwalt Louis B. Boudin in New York, dem er einen Tag nach seiner Haftentlassung in Halifax von seiner Weiterfahrt nach Oslo berichtet. – Nachdem er von der Februarrevolution erfahren hatte, begab sich Trotzki von New York aus auf den Weg nach Russland, wurde aber am 3. April in Halifax interniert. „... Lieber Genosse, / Seit gestern sind wir alle endlich auf einem Schiff und auf dem Weg nach Christiania. / Herzliche Grüße an Dich und Deine Gattin / Leo Trotzki …“ (Übersetzung). Trotzki erreichte Russland am 17. Mai 1917, wo er als Vorsitzender der Bolschewiki und zum Hauptorganisator der Oktoberrevolution gewählt wurde.

496 UNGARN. – MATTHIAS CORVINUS a. d. H. Hunyadi, König von Ungarn, Kroatien und Böhmen, 1443 – 1490. Br. m. U. „Mathias Rex manu p[ro]p[ri]a“. Buda 23.XI.1489. 1⁄3 S. quer-imp.-4o. Pergament. Mit Siegelspuren und Adresse. Schwach fleckig, eine Ecke leicht lädiert. (2.000.—)

An Gian Galeazzo Maria Sforza, Herzog von Mailand; Akkreditiv für seinen Gesandten Franz Fontana. „... Remisimus tandem ad Illu[strissimam] Do[minationem] v[est]ram Magnificum dominum franciscum fontanam, Oratorem nostrum, cuius medio, nonnulla Do. vre. Illu. significavimus, Quam rogamus summopere, velit verbis et relatibus suis, solidam ac plenam fidem, perinde ac nobisipsis adhibere …“

Aus der Zeit der Ausdehnung seiner Herrschaft auf weite Teile der österreichischen Erblande. 1485 war Matthias Corvinus in Wien eingezogen, wo er bis zu seinem Tod hauptsächlich residierte. Sehr selten.

IV. GESCHICHTE 294

Nr. 496

497 MARIA, Königin, Gemahlin Ludwigs II., Schwester der Kaiser Karl V. und Ferdinand I., Statthalterin der Niederlande, 1505 – 1558. Urkunde m. U. „Marie“. Brüssel 20.VIII. 1553. 1 S. quer-folio. Pergament. (600.—)

Ernennung des Gouverneurs von Arras, Jean de Langeval, Sieur de Vaulx, zum Hauptmann über 200 kaiserliche Reiter. – Mit Angaben zu seiner persönlichen Ausstattung, dem Unterhalt der Soldaten etc. Beiliegend ein Br. m. U. der Erzherzogin Marie Elisabeth als Statthalterin der Niederlande, Brüssel 17.X.1737; an den Gouverneur von Luxemburg, Wilhelm Reinhard Graf Neipperg, in amtlichen Angelegenheiten.

IV. GESCHICHTE 295

498* VÖLKERBUND. – Gedruckte, illustrierte Speisekarte des Hotels „Les Bergues“ in Genf. 5.IX.(1929). Mit 14 e. Namenszügen von Völkerbund-Delegierten (Blei). Illustration: Alois Derso und Emery Kelen. 1 S. imp.-folio. Minimal fleckig. (250.—)

Anlässlich des „Déjeuner de L’Association Internationale des Journalistes Accrédités Auprès de La S[ociété] d[es] N[ations] / A L’Occasion de la / X-e Assemblée“ angefertigte Speisekarte. – Über der Speisefolge die fast ganzseitige, karikaturhafte Darstellung der Grundsteinlegung für das Palais des Nations: ein überdimensionierter Grundstein, die Jahreszahlen „1919 – 1929“ werden soeben eingemeißelt, wird von 25 Delegierten, die sich im Vergleich zum Stein wie Liliputaner ausnehmen, mit vereinten Kräften aufgerichtet.

Die folgenden 14 Politiker haben neben ihrer Darstellung unterschrieben: Aristide Briand (Frankreich), Raoul Dandurand (Kanada), Mohammad Ali Foroughi (Iran), José Gustavo Guerrero (El Salvador), Arthur Henderson (Vereinigtes Königreich), Paul Hymans (Belgien), Louis Loucheur (Frankreich), Ramsay MacDonald (Vereinigtes Königreich), Adachi Mineichiro (Japan), José María Quiñones de León (Spanien), Gustav Stresemann (Deutschland), Albert Thomas (Frankreich) und August Zaleski (Polen). – Carl von Schubert unterzeichnet am Fuß rechts; er wurde nicht karikiert, gehörte jedoch – neben Stresemann und Gaus – zu der dreiköpfigen deutschen Delegation beim Völkerbund in Genf.

Das Palais des Nations wurde zwischen 1929 und 1938 im Genfer Ariana-Park erbaut und war ab 1933 bis zur Auflösung des Völkerbundes im Jahr 1946 dessen Hauptsitz.

IV. GESCHICHTE 296

499 WALDECK-EISENBERG. – PHILIPP II., Graf, 1453 – 1524. Urkunde. Bielefeld, „uff den hilgen palmabint“ (3.IV.)1512. Pergament. Mit Wachssiegel (kleinere Randdefekte). (400.—)

Von Graf Philipp als Statthalter der Grafschaft Ravensberg (für den minderjährigen Herzog Johann von Jülich-Kleve-Berg) erteilter Schiedsspruch („Scheide brieff“) in einem Streit zwischen Ludger Nagel und Dietrich Asperkamp, „eines gudes halben gnant gartenesch“. Das Gut habe seinerzeit der Ritter Heinrich Asperkamp von Graf Bernhard von Ravensberg († 1346) „in pantverschriebeng entfangen und vort ludeken Nagel und sinen erben vor vierzig und drittehalve bilveldessche margk … versatzt“. Graf Philipp entscheidet, dass Nagel dem Asperkamp „noch zwinzig gude volwichtige rinsche golt gulden“ zahlen solle und Letzterer daraufhin für sich und seine Erben auf weitere Ansprüche verzichte.

Als Verbündeter des Mainzer Erzbischofs Albrecht wurde Graf Philipp 1516 von Götz von Berlichingen gefangen genommen und erst nach Zahlung eines Lösegeldes von 8.900 Dukaten wieder freigelassen.

500 2 mit Presseln verbundene Urkunden (Transfix). Ohne Ort und Jahr, „gudenstags nach sant Egidius dage“ (4.IX.) und Bielefeld, „Dinstags Nach Sant Simon und Jude der hilgen apostelen Dage“ (29.X.)1521. Je 1 S. quer-(gr.-)folio (ca. 14,5 × 36 bzw. 26,5 × 43,5 cm). Pergament. Einige den Text nicht beeinträchtigende Wurmlöcher. Mit 3 gut erhaltenen Siegeln (von ursprünglich 5), darunter das des Herforder Stifts. (800.—)

Von Graf Philipp als Statthalter der Grafschaft Ravensberg für den minderjährigen Herzog Johann von Jülich-Kleve-Berg beurkundete „gutliche verclaringe“ im Streit zwischen der Äbtissin Bonizeth des Stifts Herford und Allart von Quernheim, mit der die „Irrigen puncte“ zwischen den Parteien ausgeräumt seien: Für den „hove zcu Odenhußen“ zahlen Allart von Quernheim und sein Sohn Jaspar dem Stift zeit ihres Lebens jährlich einen Zins von „zcehen molt korns hervorder maße“. – An dem Vergleich wirkten mit die Droste zu Ravensberg und Vlotho („floto“) sowie der Rentmeister „zum Sparrenberge“ (der Bielefelder Sparrenburg).

Die zweite Urkunde gibt im Wesentlichen den Inhalt der ersten wieder, allerdings ausführlicher und einen Rechenfehler korrigerend; Aussteller sind hier neben Graf Philipp von Waldeck auch Bertram von Nesselrode, „Erffmarschall des landes von dem Berge“ und Jaspar von Elverfelde, „Droste zcu Wetter“.

501 ZIETEN, Hans Joachim von, preußischer General, Reiterführer Friedrichs des Großen, 1699 – 1786. Br. m. U. u. E. „gantz Ergebenster Diener HJvZieten“. Wustrau 6.X.1779. 3 S. folio. Gebräunt. Leicht unfrisch. (400.—)

An einen „Justitz-Rath“ wegen der Klärung eines Nachbarschaftstreites, zu dem es in „der vertrüßlichen Sache mit den Herrn von Knesebeck wegen der über den alten Rhin zu schlagenden neuen Brücke … zum abfahren des Carwischen Heues vom Wustrauschen Zinßwesen“ gekommen war. Zieten ist bereit einzulenken, unter der Bedingung, dass „diese Brücke zu dem … allein beabsichteten Zweck des Heu abfahrens ohne eine andere Bestimmung und Einschränckung der Zeit ihrer Dauer … also … ohne daß die Brücke von früh Jahr bis zu Ende des Herbstes liegen darf …“

IV. GESCHICHTE 297

V. MUSIK

502 ALBERT, Eugen d’, 1864 – 1932. E. musikal. Albumblatt m. U. Berlin 11.V.1884. 1 S. quer-gr.-8o. Am Oberrand montiert. (120.—)

Vier Takte „aus der Sinfonie ‘Zur Höhe’ – v. Vict. Bendix … / Zur Erinnerung an / Eugen d’Albert / Berlin. 11 Mai 1884.“

Das Werk des dänischen Violinisten und Komponisten Victor Bendix war am 11. April unter der Leitung von Georg Wilhelm Rauchenecker uraufgeführt worden.

503 2 e. Br. m. U. Höhenried bei Bernried (Starnberger See) und Berlin 23.VIII.1896 und 8.I.1904. Zusammen 101/2 S. gr.-8o. Ein Brief mit Umschlag. Schwach gebräunt. (250.—)

Höhenried 1896. An den Musikkritiker Otto Leßmann in Berlin, der sich zurückhaltend über seine neue Oper „Ghismonda“ geäußert hatte.

„... Sie haben sich meiner in pianistischer Hinsicht im Anfang meiner Carriere trotz der Gegner stets liebenswürdigst angenommen; warum unterstützen Sie mich als Operncomponist gar nicht? … Sie müßen mir doch zugeben … daß manch minderwertiges Werk auch von Ihnen mehr Beachtung erfahren hat. Da hätte z. B. eine Besprechung über ‘Ghismonda’, die Sie den Werken Weingartner’s u. Strauß’ angedeihen ließen, dem Werke Vortheile gebracht. Eine solche ist … in der stets ernsten italienischen Zeitschrift ‘Rivista Musicale’ soeben erschienen. Ein schlimmes Zeichen, wenn die Ausländer sich deutscher Kunstwerke annehmen müßen! …“

Berlin 1904. An Hans von Vignau, Generalintendant in Weimar. „... Es freut mich ungemein, daß Sie Hoffnung hegen, die Sache in der gewünschten Weise zu regeln u. bin ich sicher, dass Sie mich was dies anbetrifft, nicht tiefer als Generaldirektor Steinbach einschätzen werden …“

Beiliegend ein e. musikalisches Albumblatt mit einem 3-taktigen Notenzitat aus seiner Oper „Tiefland“ (1912).

504* AMENDA, Carl, deutsch-baltischer Theologe und Geiger; einer der wichtigsten Freunde Ludwig van Beethovens, 1771 – 1836. E. Br. m. U. Talsen 5.II.1804. 21⁄3 S. gr.-4o. Mit Siegelrest und Adresse. Kleinere Randläsuren. (800.—)

An den Komponisten Andreas Streicher in Wien, der zusammen mit seiner Frau Nannette geb. Stein die von ihrem Vater in Wien gegründete Klaviermanufaktur leitete. – Amenda hatte dort im Vorjahr drei Klaviere zu sich nach Kurland geordert.

„... Sie mögen sichs wohl zuweilen gedacht haben, wie ich an Ihrem Fortepiano sitze, mich an seinem schönen Tone und seinen Harmonien ergötze und nach und nach anfange ein fertigerer Klavierspieler zu werden. Aber wenn Sie so dachten Lieber Streicher, dann irrten Sie sehr, denn ach! mein liebes Fortepiano und alle Freuden durch daßelbe liegen in den Wellen begraben. Der Schiffer, der die drey nußbaumen Instrumente führte, strandete vorigen Spätherbst bey fürchterlichem Sturme vor Liebau. Zum Glück waren die drey F.p. gut vernsecurirt, und zu meiner und meiner Freunde noch größern Beruhigung können Sie Theuerster Freund, uns wieder andre gute Instrumente schicken; und das, hoffe ich zu Ihrer Freundschaft, werden Sie so bald als möglich thuen, damit die F.p. noch bey guter Jahreszeit die Ostsee passiren können …

V. MUSIK 300

Unser Freund Mylich“ (der Sänger und Gitarrist Gottfried Heinrich M., ebenfalls mit Beethoven befreundet), „der nun auch schon Pastor ist, und Sie herzlich grüßen läßt bittet auch … um drey Fortepiano … Meine drey sind natürlich wieder für mich, den Hrn. Superintendenten Maczewsky und den Kameralhofs Secr: Geczinsky. Gut wär es wenn Sie alle 6 Instrumente zusammen könnten abgehen lassen. Für promte Bezahlung lassen Sie mich sorgen. Aber eilen Sie liebster Streicher sonst kann es wieder gehen wie voriges Jahr. Und überhaupt leiden die Instrumente doch etwas von der rauhen Herbstwitterung … Meinen theuern Beethoven bitte gelegentlich aufs herzlichste von mir zu grüßen und mir seine genaue Adresse zu geben, Schreiben Sie mir doch auch vorläufig wie ihms geht. Auch Madame Mozart u. Hrn. Niessen mein Compliment und dem kleinen Wowi“ (Franz Xaver Wolfgang Mozart, das jüngste Kind von Constanze und Wolfgang Amadeus) „meinen herzlichen Gruß …“

Amenda, der zwischen 1798 und 1799 einige Zeit – u. a. als Musiklehrer in der Familie Constanze Mozarts – in Wien gelebt hatte, war Beethoven in dieser Zeit ein enger Freund geworden, mit dem er vielfach zusammen musizierte und bis 1815 in brieflichem Kontakt stand. Beethoven behauptete später, dass seine Freundschaft zu Amenda „die einzige war, auf die niemals auch nur der leiseste Schatten eines Missverständnisses fiel“ (so Ulrich Drüner in seiner Beethoven-Biographie).

505* BALAKIREW, Mily, 1837 – 1910. Portraitphotographie mit eigenh. Namenszug (russisch) auf dem Untersatzkarton. Ca. 20 × 15 cm. Etwas gebräunt. Leicht unfrisch. (600.—)

Kniestück en face, in späteren Jahren; Balakirew in Anzug und Krawatte, an einem Tischchen sitzend.

V. MUSIK 301

„übrigens gibt es noch Böcke genug“

506 BEETHOVEN, Ludwig van, 1770 – 1827. E. Br. m. U. (Wien, Januar 1817.) 1 S. quer-4o Mit Adresse. Bleistift. Leicht gebräunt. Schwach braunfleckig. Auf der Adressseite am linken Rand Montagereste. (30.000.—)

An Tobias Haslinger, Buchhalter seines Verlegers Sigmund Anton Steiner, wohl Korrekturen seiner 8. Sinfonie op. 93 betreffend.

„Bester wohlgebohrenster Adjutant des g – ll – t –Ich bitte sie morgen Früh wegen den Korrekturen der sinfonie zu mir zu kommen, sie sind bis dahin beendigt, u. ich habe nothwendig wegen einigem darin zu sprechen, übrigens gibt es noch Böcke genug. – ich erwarte sie sicher, denn ich kann nicht zu ihnen kommen. –der g – s“

Beethoven bediente sich im Umgang mit seinem Verleger und dessen Angestellten scherzweise einer militärischen Sprache: „Adjutant des g – ll – t“: „Adjutant des Generalleutnants“, „der g – s“: „der Generalissimus“.

Die Partitur und der Klavierauszug erschienen 1817 im Druck. Briefwechsel Band 4 Nr. 1076.

V. MUSIK 302

507 Eigenh. Schriftstück m. U. Wien 1.IV.1817. 3/4 S. gr.-folio. Mit rotem Lacksiegel („LvB“) und zwei Gebührenstempeln. Etwas gebräunt. (25.000.—)

Beethoven quittiert den Erhalt des Halbjahresbetrages der Pension von 1200 Gulden, die ihm 1809 von Fürst Ferdinand Kinsky – in Gemeinschaft mit Erzherzog Rudolph und Fürst Joseph Franz Lobkowitz – ausgesetzt worden war. Nach dem plötzlichen Tod Kinskys hatten die Erben die Zahlungen eingestellt und erst 1815, nach einem Prozess, wieder aufgenommen. „Über f 600 W.W. sage Sechshundert Gulden in Wiener Währung welche ich Endes Unterfertigter, als [ein] laut Dekret ddo“ (de dato) „[18t Jänner 815] mir kommenden Zuschuß halbjährig von Monath April 1817 bis October 1817 von der Fürstlich Kynskischen Cassa Baar und richtig empfangen habe.

Wien den 1 April 1817

Ludwig van Beethoven“

Die in eckigen Klammern stehenden Worte sind von Johann Kanka in die von Beethoven freigelassenen Stellen eingefügt worden.

Am unteren Rand zwei Bescheinigungen:

1) von Johann Kanka, Prag 8.IV.1817, der die Pension „zu Handen des Hrn. Beethoven erhoben“ hatte. Von Kankas Hand stammt auch das Wort „Unterstützungsbeitrag“ über dem Beethovenschen „Zuschuß“ und

2) von Johann Georg Uhl „Domherr … und Chormeister bey St. Stephan“, Wien 29.III.1817, („Befindet sich noch am Leben“) mit papiergedecktem Siegel.

Am Kopf unter den Gebührenstempeln ein Vermerk von fremder Hand: „Nro 82.“

Um das Geld zu erhalten, waren die oben erwähnten Bescheinigungen unerlässlich: offizielles Papier (Stempelpapier), Siegel, eigenhändige Unterschrift sowie eine Beglaubigung, dass der Begünstigte sich am Leben befand, ausgestellt von einem Pfarramt als standesamtlicher Instanz.

V. MUSIK 303

Beethovens letzter Brief an Erzherzog Rudolph

508 E. Br. m. U. (Baden bei Wien, Ende Juli/August 1825.) 3 S. 4o. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Faltenschäden (zum größten Teil fachmännisch ausgebessert). (120.000.—)

Prachtvoller Brief an Erzherzog Rudolph von Österreich, Erzbischof von Olmütz, seinen einzigen Kompositionsschüler und langjährigen Freund und Förderer, dessen Ankunft in Wien er mit Freude begrüßt. – Beethoven hielt sich seit dem 7.V.1825 in Baden auf, wo er in der Eremitage des Schlosses Gutenbrunn wohnte.

„Ihro Kaiserliche Hoheit!

Gleich ihre ankunft in Vien hatte ich in der Zeitung gelesen, u. wollte gleich schreiben, um I.K.H. meine Freude darüber auszudrücken, dies ist denn in Gedanken tausendmahl geschehen, der Post vertraue ich nicht gern Briefe in die Burg, da ich schon mehrmahlen erlebt habe, daß selbe gar nicht angekommen sind, ich wartete daher auf die ankunft von einem meiner Freunde hier, um meinen Brief sicher ankommen zu wissen in vien – mit Betrübniß u. größter Theilnahme erfahre ich von I.K.H. ihr übelbefinden, hoffentlich wird es wohl bald vorübergehen, ob aber jezt die Luft in Vien den Zustand der Gesundheit I.K.H. verbeßern wird, daran zweifle ich; – hätte ich eine wohnung in der Stadt, so hätte ich mich früher sogleich in die Stadt begeben um I.K.H. meine geziemende aufwartung zu machen – meine Gesundheit hat leider früher einen starken stoß erhalten durch eine Gedärm Entzündung, wobey ich an den pforten des todes mich beynahe befand, doch geht es jezt beßer, obschon noch nicht ganz hergestellt – traurig daß eine gewiße Bildung der Menschen auch ihren tribut der schwäche der Natur bezahlen muß; – ich werde morgen oder übermorgen noch nachschreiben u. mir die Freyheit nehmen, I.K.H. zu sagen, was das beste wäre, wenn Höchstdieselben wünschten wieder einige Stunden Musikal. zuzubringen mit mir –alles, was nur der Himmel gedeihliches herabschickt, gedeihe für I.K.H. –I.K.H. mit innigster / Theilnahme / gehorsammst / treuster / Diener / Beethoven“

„ihre Ankunft in Vien hatte ich in der Zeitung gelesen“: die Wiener Zeitung hatte am 20.VII.1825 gemeldet: „Den 18. Julius Abends, sind Se. kaiserl. Hoheit und Eminenz, der Erzherzog Rudolph, Cardinal, und Fürst-Erzbischof zu Olmütz, in der k.k. Hofburg im erwünschten Wohlseyn angekommen.“

„hätte ich eine wohnung in der Stadt“: seine frühere Stadtwohnung in der Johannesgasse hatte Beethoven bei seinem Umzug nach Baden aufgegeben; nach seiner Rückkehr am 15.X.1825 zog er in das Schwarzspanierhaus, Alservorstadt Nr. 200.

„eine Gedärm Entzündung“: die Krankheit, von der sich Beethoven noch nicht ganz erholt hatte, war Mitte April 1825 ausgebrochen.

Einzigartige Bedeutung erlangt der Brief nicht nur durch den prominenten Adressaten, sondern auch durch Beethovens Aussage am Schluß: „daß eine gewiße Bildung der Menschen auch ihren tribut der schwäche der Natur bezahlen muß“. Es darf vermutet werden, dass Beethoven hier eine für ihn zentrale Überzeugung formuliert, kurz: Außergewöhnliche Begabung fordert ihren Preis. Im Hinblick auf seine schlechte Gesundheit und insbesondere seine Taubheit ist dies eine höchst bemerkenswerte Aussage. –Vgl. Ulrich Drüner, Die zwei Leben des Ludwig van Beethoven, München 2020, S. 365ff.

Beethoven hatte zu Rudolphs Inthronisation als Erzbischof von Olmütz (1820) seine „Missa solemnis“ geschaffen und widmete seinem Kompositions- und Klavierschüler viele seiner Werke, darunter das vierte und fünfte Klavierkonzert sowie die Hammerklavier-Sonate.

Briefwechsel Band 6 Nr. 2021.

– Siehe auch Nrn. 504 (Carl Amenda) und 624 (Nannette Streicher).

V. MUSIK 304
305
V. MUSIK
Nr. 508 Ludwig van Beethoven

509* BERLIOZ, Hector, 1803 – 1869. E. musikal. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1/2 S. quer-kl. folio. Mit dreiseitigem Goldschnitt. Etwas gebräunt (an den Rändern stärker) und fleckig. Verso Montagereste. (2.000.—)

„Fragment de la symphonie Fantastique (Le Bal)“. – 9-taktiges Notenzitat im 3⁄8-Takt. Berlioz schuf mit seiner Fantastischen Symphonie op. 14, im Original „Épisode de la vie d’un artiste, symphonie fantastique en cinq parties“, ein bedeutendes Werk der romantischen Programmmusik. Das Zar Nikolaus I. von Russland gewidmete Werk wurde 1830 im Pariser Konservatorium uraufgeführt.

510 BERNSTEIN, Leonard, 1918 – 1990. Portraitphotographie mit e. Notenzitat, Widmung u. U. O. O. 1977. Ca. 25,5 × 20,5 cm. Schwarz-weiß-Aufnahme. (600.—)

Brustbild. Die Aufnahme zeigt den Dirigenten in Frack und Fliege im Profil nach rechts. In der rechten unteren Ecke ein zweitaktiges Notenzitat, bezeichnet „Ma-ri-a“, aus seinem Musical „West Side Story“.

Beiliegend ein e. Billett m. U. „Best wishes / Leonard Bernstein.“

511 BOIELDIEU, François Adrien, 1775 – 1834. E. Br. m. U. O. O. 12.IX.1828. 2⁄3 S. gr.-8o. Mit Siegelrest und Adresse. Montagereste auf der Adressseite. (250.—)

An Manfred Arnault in Paris mit Terminen für eine Verabredung. „... En arrivant de la Campagne je trouve chez moi la lettre que vous m’avez fait l’honneur de m’adresser et je m’empresse de vous assurer de tout le plaisir que jaurai a vous recevoir; mais devant repartir demain pour la campagne je ne serai chez moi jusqu’a midi, ou aujourdhui de midi a deux heures …“

Beiliegend ein „Fragment d’un manuscrit de Boildieu offert par son fils à Monsieur Duval / A. Boildieu“; insgesamt 7 beschriebene Notenzeilen auf 2 Seiten (ca. 10 × 25 cm, Abschnitt eines größeren Blattes).

V. MUSIK 306

512 E. Br. m. U. O. O. u. D. 22⁄3 S. 8o. Mit Siegelspur und Adresse. Etwas fleckig. Oberrand unregelmäßig abgetrennt. (250.—)

Wohl an seinen Librettisten Emmanuel Théaulon („Monsieur Lambert“), der ihn auf eine frei werdende Wohnung in seinem Haus und eine Möglichkeit, preiswert Bordeaux zu beziehen, aufmerksam gemacht hatte.

Leider fehlten ihm und „Mme Bertin“ in der Wohnung zwei Zimmer. Was den Wein betreffe, „... nous sommes de très petits consommateurs, et j’en avais beaucoup. je sais qu’un homme sage je devrais remplacer mais … cette année encore a des grandes dépenses pour ma campagne ou j’occupe des ouvriers depuis un an je veux payer tous ces braves gens qui me ruinent avant de penser a toute autre espece de dépense …“ Erwähnt den Librettisten Claude de St.-Juste, ebenfalls ein „trés petit consommateur aussi etant habitué a ne boire chez lui que de vin de Bourgogne“ sowie den 20-jährigen Sohn von Madame Bertin, der eine neue Stelle suche, „car il est toujours facheux“.

513 BRAHMS, Johannes, 1833 – 1897. E. Br. m. U. O. O. Januar 1872. 2 S. gr.-8o. Mit Monogramm. Etwas gebräunt. Kleine Faltenrisse. (2.500.—)

An einen Herrn, der sich wohl das 1861 bei Rieter erschienene Klavierkonzert in d-Moll op. 15 erbeten hatte.

„... Ich bin Ihnen sehr verbunden für die freundliche Theilnahme welche Sie meiner Musik schenken u. bedaure daher um so mehr Ihnen mit der gewünschten Partitur nicht dienen zu können.

Zwar besitze ich eine Abschrift derselben aber ich habe die wenigsten meiner Sachen u. Noten bei mir u. wüßte nicht einmal in welcher Kiste etwa sich diese den Augenblick befindet.

Meines Wissens jedoch hat auch der Verleger des Concerts Hr. Rieter-Biedermann in Winterthur sich eine Partitur copiren laßen …“

V. MUSIK 307

(J. Brahms)

514 E. Postkarte m. U. „J. Brahms“. Poststempel: Hamburg 3.I.1882. Etwas gebräunt. Eine Ecke abgerissen (montiert). (1.600.—)

An Friedrich Gernsheim, Direktor der Gesellschaft zur Beförderung der Tonkunst in Rotterdam.

„... Mir ist für den Morgen des 24ten die Probe in R[otterdam] angesetzt. Wegen alles Weitern u. Genaueren bitte ich das Kursbuch … zu fragen.

Für einen besten Flügel sorgen Sie hoffentlich?! Ich hätte den Wunsch, bei der Gelegenheit Ihr neues Chorstück mit Frau Joachim“ (die Sängerin Amalie J. geb. Schneeweiss) „zu hören! …“

Am 26. Januar gab Brahms gemeinsam mit Amalie Joachim ein Konzert in Rotterdam.

515 Eigenh. musikal. Albumblatt m. U. „J Brahms“. „Wien-Barmen“, Januar 1887. 1 S. quer-gr.-4o. Auf gedrucktem Notenpapier mit ornamentaler blauer Bordüre, darin Musikinstrumente. Minimal gebräunt. Mittelfalte verso hinterlegt. (16.000.—)

„Ach Mutter, liebe Mutter“, 11 Takte aus dem Lied „Guter Rat“ für Singstimme und Klavier, im 2⁄4Takt. Dazu der unterlegte Text: „Ach Mutter, liebe Mutter, der Kleider hab’ ich nicht viel; gieb / mir nur hundert Thaler, so kauf’ ich was ich will, so kauf’ ich, so kauf’ ich was ich will!“

Das Lied entstand 1877, das Autograph ist verschollen. Veröffentlicht in „Balladen und Romanzen für zwei Singstimmen und Klavier“ op. 75, Nr. 2, nach dem Gedicht „Wär ich ein Knab geboren“ aus „Des Knaben Wunderhorn“ von Achim von Arnim und Clemens Brentano. – Geschrieben in Wien, wohl für einen Verehrer in Wuppertal-Barmen.

308

V. MUSIK

516 E. Billett (4 Zeilen) auf der Rückseite seiner gestochenen Visitenkarte. (Wien 21.IV.1892.) Messerspuren auf der Vorderseite. Mit e. adressiertem Umschlag (nur Vorderblatt). (600.—)

An „Frau Hofrath / Maria Flamm“.

„Herzlich erfreut durch Ihre gütige Einladung wird ihr mit Vergnügen folgen Ihr sehr ergebener“ (umseitig gestochen:) „Johannes Brahms“.

„die dicke Grütze, die Du so gerne ißt“

517 BRAHMS, Christiane, geb. Nissen, seine Mutter, 1789 – 1865, und Wilhelmine Louise Elisabeth Brahms, genannt Elise, seine Schwester, 1831 – 1892. Gemeinsamer Brief. Hamburg 17.(IX.?)1854. 2 S. 8o. Schwach fleckig. Kleinere Randläsuren. (2.500.—)

An Johannes Brahms, der nach monatelanger Trennung vom elterlichen Haus in Hamburg seit Dezember des Vorjahres einen Besuch angekündigt hatte, bei dem er Clara Schumann einführen wollte, die sich im November für Konzerte in Hamburg und Umgebung aufhielt. Christiane Brahms (Vorderseite): „Lieber Johannes / … Wahrscheinlich wird sie [Clara Schumann] nicht lange in H[amburg] bleiben Du weißt es ia am besten, und kenst sie am besten ob es sich paßt das wür Fr[au] Sch[umann] es anbieten bei uns zu wohnen, etwas besser sieht es bei uns aus wie Vorigs Jahr wie der alte Kochoffen in der Stube stand, und E[lise] krank war, für Krankheit wird uns der liebe Gott bewahren, und dan werden wir Alle mehr davon haben, ich freu mich ganz Unendlich hatte Weinachten nicht Zeit ein Wort mit Dir zu theilen, wir wollens nachholen kom nur recht bald, und bleib recht lange Ich will mich auch bei den schreiben nicht länger aufhalten, da wir uns nun bald sehen und sprechen, schreib uns aber ia wan Du komst damit wier die dicke Grütze den Tag vorher kochen, die Du so gerne ißt in stücken geschnitten … ein Gruß von Vater u[nd] Mutter / … auch an Fr[au] Sch[umann]“ Elise Brahms (Rückseite): „Lieber theurer Johannes. / … ich kan die Zeit garnicht abwarten Dich bei uns [zu] sehn und die gute Frau Schuman auch, es ist viel Ehre für uns, diese herlige Frau kennen zu lernen, schreibe uns recht genau wann Du kommen wirst, damit wir uns darauf richten und recht schönes Essen kochen können und Abens gebratene Kartoffeln mit recht viel Zwiebeln wie Du sie gerne machst die hast Du armer Junge den vorigen Winter garnicht bekommen …“

Clara Schumann nahm die Einladung der Eltern in diesem Jahr noch nicht an, war jedoch einige Male bei ihnen zu Tisch; erst im April des folgenden Jahres übernachtete sie bei Brahms’ Eltern. In Auszügen gedruckt bei Karl Geiringer, J.B. – Sein Leben und Schaffen, Basel 1974, S. 58; BrahmsBriefwechsel-Verzeichnis (Datenbank) Nr. 137.

518* BRITTEN, Benjamin, 1913 – 1976. E. Namenszug auf dem Titel eines Programmheftes des „Hunter College Playhouse“ (New York 20.IX.1967, 4 S. kl.-folio). – Darunter ein e. Namenszug des Sängers Peter Pears. An den Rändern leicht gebräunt. (120.—)

Das Programm des Liederabends im New Yorker Hunter College war betitelt „Peter Pears and Benjamin Britten“; gegeben wurden Werke von Henry Purcell, Händel, Haydn, Franz Schubert und Benjamin Britten („The Poet’s Echo“).

V. MUSIK 309

519* BRUCH, Max, 1838 – 1920. E. Br. m. U. auf seiner gedruckten Visitenkarte. BerlinFriedenau 31.I.1892. 2 S. 16o. Mit Umschlag. (250.—)

An die junge Geigerin Emma Borchardt.

„Mein verehrtes Fräulein, Ihr Vortrag meines III. Concertes hat mir eine reine und durch nichts getrübte Freude bereitet. Ich wünsche Ihnen Glück zu Ihrem wohlverdienten Erfolg und bin überzeugt daß Sie einer schönen Zukunft entgegensehen … Besuchen Sie uns doch einmal in Friedenau!“

Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U., an einen Verwandten der Geigerin, dem er zu ihrem frühen Tod kondoliert. Er erlaube sich, „hierdurch Ihnen und den übrigen Hinterbliebenen meinen aufrichtigsten Antheil an dem höchst schmerzlichen Verlust auszusprechen, den Sie Alle durch den Tod der liebenswürdigen und hochbegabten jungen Künstlerin erlitten haben …“ (Berlin-Friedenau 29.III.1895).

„amerikanische Menschenlebensaugenblicke“

520 BÜLOW, Hans von, 1830 – 1894. E. Br. m. U. „Verlagspousseur / HvBülow“. Berlin 26.IX.1861. 1 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. An den Rändern leicht gebräunt. Respektblatt abgerissen. (300.—)

Wohl an den Musikverleger Julius Schuberth in Leipzig, den er um Begleichung eines Honorars bittet. „Geehrter Herr Faustverleger“ (Schuberth hatte Franz Liszts „Faust-Sinfonie“ herausgegeben, die Bülow im selben Jahr in Weimar dirigiert hatte), „mit grossem Widerstreben gehe ich an die Anfertigung gegenwärtigen Mahnzettels. Aber ‘es muss sein’ sagt Beethoven. Ich bedarf dringlichst der noch restirenden hundert Verdi-thaler und wollte Sie ergebenst bitten, dieses unabweisbare Bedürfniss zu befriedigen. Wie gesagt, es ist mir wenig erfreulich, in der Lage zu sein, Ihnen bei der gegenwärtigen amerikanischen Situation“ (Sezessionskrieg; der Verlag unterhielt seit 1850 eine Niederlassung in New York) „mit dieser Mahnung lästig zu fallen, aber ‘it must be so’ – auch bei den Cisatlantischen gibt es amerikanische Menschenlebensaugenblicke … Thun Sie Ihr Mögliches – ich halte Sie für noch nicht gänzlich abgebrannt … Später mündliche Explication meiner lakonischen Dringlichkeit, die für mich gar nicht spasshaft ist …“

521 E. Br. m. U. Berlin 6.VII.1863. 2 S. gr.-8o. Leicht gebräunt und fleckig. Kleine Randund Faltenläsuren (teilweise ausgebessert). (350.—)

An den Musikverleger Kahnt in Leipzig, in verschiedenen geschäftlichen Angelegenheiten. Es sei ihm aufgefallen, dass er seinen Mitgliedsbeitrag für den 1861 durch Franz Brendel, Franz Liszt u. a. gegründeten Allgemeinen Deutschen Musikverein noch nicht gezahlt habe.

„... Nun scheint es mir dringend nothwendig daß alle bisher beigetretenen Mitglieder ihre Schuldigkeit thun – daß eine offizielle wiederholte Mahnung an die Rückständigen ergehe. Ihnen als Cassirer dise [sic] Sache angelegentlichst empfehlend beginne ich die Execution mit mir selbst und bitte Sie … meinen Beitrag für 62/63 wie für 63/64 … zu entnehmen. Weiterhin tritt meine Frau (Cosima von Bülow, geb. v. Liszt) als Mitglied ein …“ Für Geld, dass er noch bei ihm guthabe, bitte er, ihm „mit 50% Exemplare meines Op. 15 zu senden. Vielleicht sind Sie so freundlich dem ‘Corrector’ ein Freiexemplar von Liszts Loreley und Mignon in Partitur beizufügen! …“

Des Weiteren über in Dresden geplante Konzerte Ende des Jahres.

V. MUSIK 310
„In quanto alla noia della vita – prendete pazienza“

522* 2 e. Br. m. U. Edinburgh und Florenz 1.II.1871 und 10.V.1884. 5 S. gr.-8o. Italienisch. 1871 mit bekröntem Monogramm und Notenzitat am Kopf, 1884 auf der Rückseite eines Konzertprogramms. Schwach gebräunt. Mit den Umschlägen. (400.—)

An Giuseppe Buonamici, einen ehemaligen Schüler, der ab 1873 als Klavierlehrer und Chorleiter am Instituto Musicale in Florenz tätig war.

1871. Überschwänglicher, 4-seitiger Brief u. a. über absolvierte und bevorstehende Konzerte. – Bülow war bereits vor der Scheidung seiner Frau Cosima geb. Liszt nach Florenz gezogen, von wo aus er als Pianist große Konzertreisen nach Russland, Amerika und England unternahm. Zuerst über seine geplante Beethovenausgabe, mit 2-taktigem Notenzitat. „... L’accento ritmico-melodico anzi tutto – eppoi non deve esser troppo legato questo passo … Del resto fra brevissimo sarà stampata e alle mostre di tutti i magazzini di musica la mia edizione delle opere di Beethoven e allora troverete le varianti necessarie (di diteggiatura) per le altre evoluzioni della suddetta figura …“

Weiter teilt er ihm das Programm eines geplanten Schumann-Konzerts mit: „1. Secondo Trio in Fa Op. 80. / 2. Studij sinfonici per Piano solo Op. 13 / 3. Pezzi nello stile popolare con Violoncello (bellissimi) / 4. Due Romanze e due Novellette / 5. Quintetto …

... Sul finire della settimana vado a Milano per diverse ragioni – per riposarmi un po’ dalle immense fatiche del mese scorso (mai sono stato tanto affaccendato) – anche per sentire l’Amleto di Faccio, di cui i frammenti è quasi conosco mi fanno augurare il meglio …“ – Diese Aufführung der Oper an der Scala blieb nach der Uraufführung im Jahr 1865 die einzige; das Werk fiel durch und wurde erst 2002 wiederentdeckt.

„La serata Mendelssohn … ha superata ogni aspettative tanto le mie quanto quelle del pubblico. Fu un successo straordinario – l’andante della Sonata con Violoncello replicato alla richiesta generale ecc. … Che potrei narrarvi di bello, di nuovo? Niente, niente – non sono uscito quasi mai, avendo tanto da fare; tal giorno ho studiato sei ore il piano; si, anche c’era giuocoforza – tre programmi quasi nuovi da fissare nelle dita e nella mente! …

In quanto alla noia della vita – prendete pazienza: non soltanto devesi imparare l’arte dell’ annoiarsi convenevolmente ma anche quella di farsi ispirare per questa noia per non annoiare un giorno altrui …“

– Erwähnt u. a. Josef Rheinberger, Gaetano Donizettis Oper „Lucrezia Borgia“ und Federico Riccis Oper „Una Follia a Roma“.

Den Brief aus Edinburgh schrieb Bülow auf der Rückseite seines Programms eines „Pianoforte Recitals“ in der Music Hall vom gleichen Tag, er berichtet u. a. über die Aufführung von Alexander Campbell Mackenzies Orchesterballade „La Belle Dame Sans Merci“ op. 29.

V. MUSIK 311
„Liszt mit einer wahren Martyr-Miene am Flügel“

523 CORNELIUS, Peter, 1824 – 1874. E. Br. m. U. Wallerfangen bei Saarlouis 4.V.1853. 7 S. gr.-4o. Mit Siegelrest und Adresse. Gering fleckig. Kleine Randeinrisse. (2.000.—)

Langer Brief an Bettina von Arnim in Berlin, der er von seinen „ersten Erlebnissen seit meinem Abschied von Ihnen“ berichtet: einer Soirée bei Liszt (den er im Brief vielfach erwähnt) und einem bierseligen Abend in Gesellschaft von Joseph Joachim und Hans von Bülow.

„... wenn Sie mir nach so langer Zeit einmal wieder aufmerksam und nachsichtig zuhören wollen, wie Sie es so manches liebe Mal in Weimar gethan, so will ich … mich in einem ungeheuer langen Brief an Sie vernehmen lassen. Ich hoffe, daß dann auch die Giesel und Armgard , vielleicht gar die Maxe , etwas davon zu lesen bekommen, und dann doch auch einmal wieder an den verschollenen Freund denken. Um übrigens ganz von vorne anzufangen, war’s doch gestern Abend ganz hübsch bei Lißtens, besonders gefiel mir die kleine Phantasie die er an das Volkslied anknüpfte … Sonst weiß ich von dem Abend nicht viel, als daß ich Liszt mit einer wahren Martyr-Miene am Flügel sitzen sah, weil die guten Bremer, die dicken Möller’s, doch auch etwas von ihm hören wollten … Zum Abschied gab es das große A mol v. Beethoven . Das nahm ich mit auf die Reise. War es doch auch fast ein Abschiedsquartett dieser Verbindung von Künstlern, wie wir sie so oft bei Joachim bewundert haben, denn wie bald nachher hat er nicht Weimar verlassen …

Nachdem Sie mir im Thor des Elephanten die Hände aufgelegt hatten … und mir Ihren antijesuitischen Segensspruch beim Abschied ertheilt hatten, ging ich mit Joachim[,] Stör und Hans in verschiedne Hotels, und diese Bösewichter verleiteten mich zu enthusiastischem Biersaufen, wobei die Hallunken selbst ganz nüchtern blieben. Hier componirte mir Joachim noch ganz schnell den wundervollen Monat Mai … in mein Notizbuch. Sodann gingen wir zu Joachim woselbst mir dieser alle Taschen voll Birnen u. Obst stopfte … Sodann geschah eine ganz raffinirte Verschwörung zwischen Hans v. Bülow in einer Ecke des Zimmers, von welcher mir noch die verruchten Worte … eines Geigers im Gedächtniß sind, welcher in unheimlichem Mezza voce zu Hans sagte: ‘Wir können ihn doch in diesem Zustand unmöglich reisen lassen!’ Hansens Gewissen aber schien in dieser ganzen gottlosen Zeit doch immer noch einen falben Schimmer … der früheren kindlichen Reinheit bewahrt zu haben, denn Sie finden Ihren Ibikus bald darauf, ‘unverdorben von böser Buben Hand’ mit dem einen seiner gedungenen Mörder, der aber seinen Kranichen trotzdem nicht entgehen wird, bei anbrechender Morgendämmerung den halsbrechenden Weg zur Altenburg hinaufdämmern …“ – Es folgt die Schilderung seiner Eisenbahnfahrt nach Soest unter „Schaaren von Auswanderern“ und des Empfangs durch seinen Bruder, den Historiker Carl Adolf Cornelius.

Erwähnt zahlreiche Bekannte (u. a. Herman Grimm und die Gerüchte über dessen Verlobung mit Bettinas Tochter Gisela) und die Arbeit an zwei Messen für einen Londoner Wettbewerb.

524 Eigenh. Gedicht m. U. „P.C.“ Wien 16.I.1860. 1 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. (600.—)

„Der Fürstin Maria.

Von mütterlichem Geiste fein gedichtet, Von kund’gen Händen feenhaft vollendet, Hat Aller Augen jüngst die Pracht geblendet Des Ballstaats, den man für Dich hergerichtet.“

Es folgen 3 weitere Strophen.

V. MUSIK 312

An seinen Verleger Georges Hartmann, den er um Geld bittet.

„... Merci de votre affectueuse promptitude a me répondre et, ne traitez plus de confrère ce Mr Heugel“ (der Verleger Henri H.) „qui en plus de tout ce qu’il coupable envers la musique me paraît un fort vilain homme.

J’aimerais mieux que vous puissez me donner en entier la somme que je vous demande. J’ai tant à payer! .. et des gens hurlent des injures sous ma fenêtre, pourtant je ne voudrais pas vous embarrasser et retirer le pain de la bouche de Margot.

Vous remettrez donc le plus possible à la personne salariée qui viendra demain matin …“ Aus der Autographensammlung Charles Hamilton. Gedruckt in „Correspondance“ (1993), S.127f.

V. MUSIK 313 525* DEBUSSY, Claude, 1862 – 1918. E. Br. m. U. O. O. 19.IX.1897. 1 S. gr.-8o (2.000.—)
„vado

in scena alla fenice col Belisario“

526 DONIZETTI, Gaetano, 1797 – 1848. E. Br. m. U. Venedig 28.I.1836. 1 S. 4o. Mit Siegelspur und Adresse. Falzrest am linken Rand. (1.600.—)

An den Bankier Auguste Decoussy in Paris, der sich für ihn bei Adolphe Thiers verwenden wollte. Ferner mit Reminiszenzen an seinen ersten Paris-Aufenthalt im vergangenen Frühjahr sowie über seine Oper „Lucia di Lammermoor“ und die bevorstehende Uraufführung von „Belisario“ in Venedig. „... voi vi esibite far tutto con Mr Thiers ed io non saprei come significarvene la mia gratitudine; La speranza in me di ottener tal favore, e piccola lo confesso, ma se da voi è ottenuto, come vi dimostrerò io la riconoscenza?

Se i vostri desideri, se i miei non saranno compiti, la colpa sarà della mia stella, non attribuita alla mancanza di zelo per ciò che da voi dipende … Ebbe poi da Mr Latte i pezzi di Lucia di Lammermoor com’ io ordinai all’Editore che li spediva? …

Frà otto giorni vado in scena alla fenice col Belisario, e parto di volo per Napoli; non azzardo dirvi scrivetemi colà per non annojarvi …“

Am 22. Februar wurde Adolphe Thiers zum ersten Mal französischer Ministerpräsident.

527 DOSTAL, Nico, 1895 – 1981. E. musikal. Albumblatt m. U. Salzburg 1980. 1 S. quer-gr.8o. Mit gedruckter Portraitphotographie. (80.—)

Viertaktiges Notenzitat, darunter die Widmung „für Edda Mayer mit vielem / Dank für das schöne Kästchen! / Herzlichst / Nico Dostal.“

Die Portraitphotographie (Brustbild, Halbprofil nach links) zeigt den Komponisten in Anzug und Krawatte, an einem Tisch sitzend.

V. MUSIK 314

528 DVOR ˇ ÁK, Antonín, 1841 – 1904. Portraitphotographie mit e. Widmung u. U. auf der Rückseite. O. O. 17.V.1892. Kabinettformat (16,2 × 10,7 cm). Aufnahme: J. Mulac, Prag. Bildseite unsauber, Ränder stellenweise beschädigt, Rückseite fleckig. (2.000.—)

Brustbild nach links. – Verso die Widmung (tschechisch) an Herrn Kovanda, „meinen alten Freund von Sankt Vojtech in Prag“ (Übersetzung). – Dvorˇ ák war von 1874 bis 1877 Organist an der Prager St. Adalbert-Kirche (Kostel sv. Vojtecha v Jirchárich) gewesen.

529 EGK, Werner, 1901 – 1983. E. musikal. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1 S. 12o. Roter Filzstift. (80.—)

Zweitaktiges Notenzitat aus seiner Oper „Zaubergeige “. – Die Uraufführung hatte 1935 in Frankfurt a. M. stattgefunden.

530 EINEM, Gottfried von, 1918 – 1996. E. musikal. Albumblatt m. U. Wien 24.XI.1969. 1 S. quer-gr.-8o (120.—)

Sechs Takte aus seiner Oper „Dantons Tod“.

531 FÄCHER mit über 25 Namenszügen von Musikern, Schauspielern, Schriftstellern und anderen. Zum überwiegenden Teil Frankfurt a. M., München und Wien sowie O. O. Meist 1880er Jahre. Leinwand, beidseitig farbig koloriert. Mit Aufdruck „Gebr. Rodeck Patent“ auf einem der Holzstäbe. (400.—)

Entzückender Fächer, handbemalt mit rosenumrankten Visitenkarten, in die sich nachträglich eingetragen haben:

Eduard von Bauernfeld, Friedrike Bognar, Felix Dahn, Eugen d’Albert, Franziska Ellmenreich, Fanny Elssler, Amalie Friedrich-Materna, Hans Hacker, Wilhelm Jahn, Louis Köhler, Heinrich Laube, Christine Nilsson, Adelina Patti, Hans von Rokitansky, Anton Rubenstein, Pablo de Sarasate, Marcella Sembrich-Stengel, Karl Sonntag und Amalie Waizinger sowie die Maler Anton Braith, Horst Hacker, Friedrich August und Hermann Kaulbach, ferner der Chirurg Theodor Billroth u. a.

V. MUSIK 315

532 FRANZ, Robert, 1815 – 1892. 2 e. Br. m. U. Halle 10.VIII.1885 und 10.VII.1887. 3 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Rand- und Faltenrisse teilweise hinterlegt (1 Brief mit Klebefilmspuren). (300.—)

An eine Bewunderin in Süddeutschland, jeweils mit verspätetem Dank für Geburtstagswünsche. 1887. „... Bei meiner lahmen Hand war ich aber entsetzlich mit Schreibereien überhäuft … Ihre Theilnahme an der von mir eingeschlagenen Kunstrichtung macht mir natürlich große Freude – Liedern dieser Art muß zunächst der Boden im Kreise der Familie bereitet werden …; der Concertsaal eignet sich wenig dazu …“

533 GRÉTRY, André-Ernest-Modeste, 1741 – 1813. E. Br. m. U. „de L’hermitage de j. j. Rousseau / à emile montmorency, 22 juin 1808“. 1 S. kl.-4o. Verso linker Rand mit Montagerest. (350.—)

An einen Herrn, den er in seine Ermitage einlädt. Er hatte diese 1798 aus Verehrung für Jean-Jacques Rousseau erworben, der dort 1756/57 gelebt hatte.

„vous ne pouvez pas doutter, Monsieur le Sénateur, du bonheur que nous aurons, jean-jacques, + moi, de vous recevoir dans notre humble heremitage. une des pièces les plus probantes de votre amitié pour nous, sera votre bonet de nuit, nous vous prions de ne pas l’oublier, recevez l’assurance de ma respectueux amitié. / Grétry …“

534 GRETSCHANINOW, Alexander, 1864 – 1956. Eigenh. Musikmanuskript mit e. Namenszug am Kopf. 3 S. großes Hochformat, 18-zeilig. Russisch. Anmerkungen in Blei. Minimale Rand- und Faltenrisse. (600.—)

„O, Jungfrau-Rose “ (Übersetzung). – Liedkomposition für hohe Singstimme („Canto“) und Klavierbegleitung, bezeichnet „Passionato“, mit dem unterlegten Text nach dem gleichnamigen Gedicht von Alexander Puschkin (1824).

535 GRIEG, Edvard, 1843 – 1907. Portraitphotographie mit e. Widmung u. U. auf der Rückseite. O. O. „April 82“. Visitformat. Aufnahme: Georg Brokesch, Leipzig. Minimal fleckig. (800.—)

Brustbild, Dreiviertelprofil nach links. Gewidmet „Fröken … Dekker“, mit Dank für ein Tischtuch.

536* E. Postkarte m. U. Kopenhagen „Hotel Fönix“ 24.III.1902. Montagerest am Kopf der Adressseite. (800.—)

An Sophie Mörch in England über sein Lied „Frühling“ op. 33, 2. „... Eine große Anzahl meiner Lieder wurden mit französischem Text veröffentlicht, – darunter auch ‘Våren’ – von meinem Verleger in Leipzig, C.F. Peters. Dieses Lied wurde in Norwegen geschrieben. Digter af Vinje“ („Digte af Aasmund Olavsson Vinje“ op. 33) „ist eine melancholische Betrachtung des Frühlings, der vielleicht der letzte ist …“ (Übersetzung).

V. MUSIK 316

537 GRUBER, Conrad Franz Xaver, schrieb 1818 die Melodie zu „Stille Nacht, heilige Nacht“, 1787 – 1863. Eigenh. Musikmanuskript mit montiertem Namenszug. 4 S. Hochformat. Etwas gebräunt und fleckig. (1.200.—)

„IIIte Kreuzweg-Andacht “. – Lied für zwei Singstimmen, im 3/4-Takt.

Jeweils auf zwei Seiten sind die „Ite Melodie“ (recto) bzw. die „IIte Melodie“ (verso) zu demselben unterlegten Text, jedoch zu verschiedenen Melodien notiert; insgesamt 4 Notenzeilen pro Bogen sowie 8 unterlegte Textzeilen pro Notenzeile. Der Text beginnt: „Auf den letzten Gang voll Schmerzen folg’ ich Dir mit trüben Herzen! Auf der / Höhe Golgatha bleib’ ich Dir, mein Jesu! nah. O mein Jesu! wie so willig nimmst das Kreuz …“

Es sind dies Teile seines Opus H 94 „Auf den letzten Gang voll Schmerzen“ für 2 Singstimmen und Orgel, entstanden 1848 – 61.

Sehr selten.

Beiliegend ein Schriftstück m. U. von Joseph Mohr, dem Verfasser des Textes zu „Stille Nacht, heilige Nacht“: „Jahres-Bericht über die Seelsorge“ der Gemeinde Wagrain im österreichischen Pongau, wo Mohr seit 1837 als Vikar tätig war.

538* HAUER, Josef Matthias, 1883 – 1959. Eigenh. Musikmanuskript mit Titel, Namenszug und Datum am Kopf. 1 S. großes Hochformat, 10-zeilig. 28.XII.1954. Tinte, Blei und 4 Farbstifte.

„Melischer Entwurf in der Zwölftonschrift “ für Klavier. – Insgesamt 42 Takte. In der Hauerschen Zwölfton-Notenschrift erscheinen die Notenlinien nach dem Prinzip der schwarzen Klaviertasten gebündelt (eine Notenzeile hat 8 Notenlinien), sie geben Einblick in das vierstimmig-polyphone Geflecht des vierhändigen Klaviersatzes. Die Stimmführung kennzeichnet Hauer durch Linien, wobei er folgende Farbverteilung verwendet: grün = 1. Stimme, orange = 2. Stimme, blau = 3. Stimme, rot = 4. Stimme. Sehr selten.

(3.000.—)

V. MUSIK 317
„wie gern ich jemand anderer sein möchte“

539 HENZE, Hans Werner, 1926 – 2012. 64 e. Br. m. U., 15 Br. m. U. und 8 e. Postkarten m. U. Ascona, Bielefeld, Forio D’Ischia, London, Marino (Rom), München, Neapel, Paris, Rom, Schloss Berlepsch, Turin, Wiesbaden u. o. O. 18.I.1951 bis 21.I.1960 sowie 10.I.1968 bis 11.II.1975 u. 26 Briefe o. D. Insgesamt 174 S. gr.-4o bis quer-schmal-8o und die Postkarten. Bleistift, Kugelschreiber und Tinte. Mit 1 Umschlag. Leicht gebräunt. Ein Brief mit verblasster Tinte (unleserlich). (12.000.—)

Inhaltsreiche und teilweise sehr intime Briefe an den Musikjournalisten und Ballettkritiker Klaus Geitel („mon chou“, „Cara Closetta“, „Chere Claudette“, „hochwürden“, „sehr geehrte gnädige frau“, „Claude mon amour“, „Liebes Klausekind“) in Berlin. – Beide waren sich erstmals 1951 in Paris begegnet, der damals 24-jährige Henze hatte sich bereits als einer der führenden Komponisten seiner Generation etabliert. Der drei Jahre ältere Geitel hatte während eines Forschungsaufenthaltes an der Pariser Sorbonne seine Dissertation abgebrochen und knüpfte stattdessen Kontakte zu Künstlern wie Alberto Giacometti und besuchte unzählige Ballett- und Tanzaufführungen.

Henze lässt seinen Freund an der Entstehung seiner Kompositionen teilhaben, berichtet von seinen Reisen, Konzertdirigaten und Inszenierungen und beschreibt seine Faszination für die mediterrane Welt, vornehmlich für Italien, wo er – zuerst in Ischia, dann in Neapel, Rom und schließlich Castel Gandolfo lebend – ab den 1950er Jahren seine zweite Heimat findet.

O. O. 18.I.1951. „... geschäftliches: ‘landarzt’“ (Oper, nach der Erzählung von F. Kafka) „war in stockholm, ‘apoll und hyazinth’“ (Improvisationen für Cembalo, Altstimme und acht Soloinstrumente) „in london u. bristol, violinkonzert in paris. ‘pas d’action’“ (Ballett) „kommt in venedig … auf dem pariser festival im april kommt meine 2. sinfonie unter rosbaud, unser balletto“ (Ballett des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Henze war damals dessen künstlerischer Leiter und Dirigent) „gastiert im salzburger ISCM-fest mit ‘les chansons’ …“

V. MUSIK 318

O. O. 22.X.1953. Über Neapel, wohin er 1956 umsiedelt. „... das teutsche culturleben ist mir recht egal, zumal ich hier gerade soviel machen kann, wie ich will, und wie es mit meiner opern-niederschrift, die übrigens zur zeit viele fortschritte macht, conveniert  ich werde nie wieder freiwillig diese gegend verlassen. alles ist kühl, die gesichter sind nicht diejenigen gewisser bürgerlicher massenmörder, sondern die gesichter sind intakt. ich könnte oft einen küssen und in brüderliche tränen ausbrechen, denn ich habe meine heimat gefunden. hier will mir niemand was böses, hier wird man geliebt, richtig eingeschätzt und in ruhe gelassen. aber sag es nicht weiter, lieber klaus, Dein henzeschwein ist sehr glücklich, so wie noch nie im leben …“

O. O. 4.IV.1958. Über Ingeborg Bachmann. „... die bachstelze (rosa klagenfurt) (ingebach borckmann) hat einen begeisterten brief an mich gesandt, sie war hauptsaechlich von blacky’s“ (Geitels Lebenspartner) „laientum angetan, und erst in zweiter linie von unvergeistigten menschen und hirschen. sie fand berlin sei ganz von schnee durchloechert gewesen. und sie sei immer so faul gewesen, aber jetzt nachdem sie den hirsch“ (Henzes Oper „König Hirsch“, UA 1956) „gesehen hat, da will sie ein stueck schreiben fuer das schauspieltheater  … / bachmaennchen hat mir angeboten, dass sie selber fuer mich den ‘homburg’ umficken will und die noetigen neuen verse produssieren will, was natuerlich fein ist. sie ist halt arg lieb. / eine dame, die mich verehrt und respektiert  …“ – Henze verband seit 1952 eine enge Freundschaft mit der Dichterin, mit der er zeitweise zusammen lebte. Sie schrieb für ihn die Libretti zu seinen Opern „Der Prinz von Homburg“ (1958) und „Der junge Lord“ (1964), Henze wiederum komponierte die Musik zu ihrem Hörspiel „Die Zikaden“ (1954), gemeinsam schufen sie die „Nachtstücke und Arien“ (1957) sowie die „Lieder von einer Insel“ (1964). – Erwähnt ferner die Arbeit an seiner Komposition „Drei Dithyramben für Kammerorchester“ (in memoriam W. Strecker, UA 1958).

O. O. 23.VII.o. J. (wohl 1958). „... im nebenzimmer haemmert die ingeborg auf der olivetti, sie ist vor 8 tagen aus paris gekommen und bleibt nun bis in den herbst hinein. das homburg libretto ist heute auch im rohbau fertig geworden, mit einer genialen schlussloesung der bachstelze …“ – Am Schluss 2 e. Zeilen m. U. von Bachmann, ein weiterer Brief mit 7 e. Zeilen m. U. von ihr (o. O. 23.V.1958).

O. O. 10.I.1968. Henze gibt seinem Freund für dessen Werk „Hans Werner Henze“, das im Rembrandt Verlag in Berlin erscheinen sollte, ausführlich Auskunft zu einigen seiner aktuellen Kompositionen:

„Moralitäten“ (Drei szenische Kantaten), „2. Klavierkonzert“ und „Das Floß der Medusa“ (Oratorium). – Zu letzterem Werk schreibt er: „... Es ist als ein Requiem für ‘Che’ Guevara gedacht, der in den Tagen ermordet wurde als ich das Stück zu schreiben begann. / Aber die Musik ist nicht funèbre. Sie ist subversiv. Sie ist im Angriff. Es gibt nicht mehr die lyrische Weltabgewandtheit. Kein Klagen mehr. Es hat sich ausgeklagt. Ausgeweint  …“ – Die geplante Uraufführung der „Medusa“ Anfang Dezember 1968 in Hamburg scheiterte aufgrund massiver Proteste der Studentenbewegung gegen das „Ritual“ des Konzerts, das „für ein bourgeoises Publikum zelebriert“ werde; es kam zu Tumulten und Verhaftungen. Die konzertante Uraufführung fand erst 1971 in Wien statt, die szenische ein Jahr darauf in Nürnberg. O. O. 10.III.1968. In derselben Angelegenheit. „... Man kann Dein Buch … lesen als den Bericht über einen Proletarier, der einen einsamen umständlichen Weg geht, der alles falsch sieht, falsch macht, immer wieder, Proben nie besteht – und der sich unendlich danach sehnt, glücklich zu sein. Ich war am 17. & 18.II. bei der Literaturkonferenz & bei der Demonstration unendlich glücklich weil es ein Gefühl von Bewusstwerden, von Befreitwerden, von geliebt und benötigtwerden dabei gab, das alles übersteigt was ich je mit Menschen oder mit Musik erlebt habe …“ – Henze war kurz zuvor der Kommunistischen Partei Italiens beigetreten und hatte im Februar 1968 an der Berliner Demonstration gegen den amerikanischen Kriegseinsatz in Vietnam sowie am Berliner Vietnam-Kongress teilgenommen. Marino (Rom) 30.VII.1968. „... Ja, stell Dir vor, das Buch ist also eingetroffen, und ich habe nicht den Mut gehabt, es zu lesen. Nicht dass ich Angst vor dem Text gehabt hätte, aber ich war so fertig mit mir selbst, fand mich so sehr beschäftigt mit der Administration meiner selbst, diese kleine Kulturfabrik mit dubiosen Aktionären, fand mich so lächerlich und angreifbar mit diesem ganzen massiven pompösen ‘Oeuvre’ dass ich fast einen Schrecken bekam, als das Buch darüber nun auch noch ‘vorlag’ – / Du kannst Dir nicht vorstellen, wie sehr ich manchmal das Ganze hasse, myself not excluded, und wie gern ich jemand anderer sein möchte, ein Unbekannter, der keine Musik schreibt, und, am Allerliebsten, überhaupt nicht existiert …“

O. O. 27.X.o. J. „... Der Abend mit Strawinsky hier war memorabel und sehr schoen wirklich, er ist so ein mensch mit einer kultur und mit soviel substanz und wuerde und groesse. es hatte eine gute wirkung auf mich. wie immer bei so grossen leuten, ist man auch ganz entspannt und gluecklich: keine missverstaendnisse kommen auf, keine kompromisse sind noetig, alles versteht sich, und von selbst. / er

V. MUSIK 319

(H. W. Henze)

hoerte sich auch ein paar stuecke an (auf seinen wunsch, weiss gott nicht auf meinen) … und zeigte sich sehr interessiert und beeindruckt. der homburg wird ihm gewidmet, die anfrage freute ihn ungemein, er zerschmolz fast. sehr lieb. am schluss kuessten wir uns auch, und mir kam in erinnerung was Er mal in new york dem lincoln kirstein gesagt hat ‘If I were queer I would love Henze’ …“ Erwähnt Pierre Boulez, Maria Callas, Heinz von Cramer, Herbert von Karajan, Jean-Pierre Ponnelle und Luchino Visconti sowie seine Werke „Boulevard Solitude“ (Oper, UA 1952), „Das Ende einer Welt“ (Opera buffa, nach der gleichnamigen Erzählung von W. Hildesheimer, UA 1953), „Die schlafende Prinzessin“ (Ballett, Musik nach P.I. Tschaikowski, von Henze für kleines Orchester eingerichtet, UA 1951), „Drei Dithyramben“ (für Kammerorchester, UA 1958), „Ein Landarzt“ (Oper, Libretto von Henze nach F. Kafka, UA 1951), „Ode an den Westwind“ (für Violoncello und Orchester, UA 1954), „Maratona di Danza“ (Ballett, UA 1957) und „Undine“ (Ballett, UA 1958).

Beiliegend 4 e. Schriftstücke über seine Werke „Symphonische Variationen“ für Kammerorchester (1950) und „Quattro Poemi“ für Orchester (1955).

540 HILLER, Ferdinand von, 1811 – 1885. Eigenh. Musikmanuskript mit e. Widmung am Kopf und Namenszug am Schluss. London 6.VI.1852. 2 S. großes Querformat, 12-zeilig. Etwas gebräunt. Kleine Rand- und Faltenrisse (teilweise ausgebessert). (600.—)

„Heisse Liebe“. – Vollständige Lied-Komposition. Insgesamt 99 Takte für Sopranstimme und Klavierbegleitung, bezeichnet „Bewegt“. Mit unterlegtem Text, beginnt: „Frag’ mich nicht, ob ich Dich liebe, kann’s nicht kann’s nicht sagen ach’ frag’ mich nicht …“

Die Widmung „Für Fräulein von Treffz.“ – Die österreichische Opernsängerin Henriette Treffz heiratete 1862 Johann Strauss Sohn.

320

V. MUSIK

541 HINDEMITH, Paul, 1895 – 1963. Br. m. U. O. O. 15.X.1961. 1 S. folio. Bläuliches Papier. Gelocht. (200.—)

An „Lieber Herr Intendant“, wohl Rolf Liebermann, Intendant der Hamburgischen Staatsoper. „... Bitte gruessen Sie Herrn Ludwig“ (der Dirigent Leopold L.) „und sagen Sie auch ihm Dank, dass er sich des CARDILLAC annehmen will. Wenn es moeglich waere, in Ihren Ankuendigungen das Beiwort ‘Neufassung’ zu vermeiden waere ich besonders gluecklich … Musikalisch ist der alte Cardillac zu 95% in der Ueberarbeitung enthalten und diese ist nun die einzige und endgueltige Form in der die Oper auffuehrbar ist …

Ich habe uebrigens eine Scene (Duett) neu geschrieben (Nr. 16 Duett …), die mir nicht gefiel … / Vielleicht interessiert es Ihre Mitarbeiter, dass von der gesamten Oper ein recht gutes Band existiert. Es stammt von einer Auffuehrung im Wiener Radio, welche ich selbst gemacht habe … Ich koennte mir denken, dass es bei der kurzen Vorbereitungszeit ein gutes Hilfsmittel waere …“

Die ursprünglich 1926 entstandene Oper war in einer überarbeiteten Fassung erstmals 1952 in Zürich gegeben worden.

„das Brodmannsche Haus in der Josephstadt“

542 HUMMEL, Johann Nepomuk, 1778 – 1837. E. Br. m. U. Weimar 10.III.1829. 23/4 S. 4o Mit Siegelrest und Adresse. Leicht gebräunt. (800.—)

Als weimarischer Hofkapellmeister an seinen Freund und Verleger Tobias Haslinger in Wien über die Herausgabe seiner „Anweisung zum Piano-Forte-Spiel“, für die er sich „auch einen Erratabogen für die Subskribenten“ erbittet, da „der zu schnelle Druk des Werkes“ zu Tadeln führen könnte, sowie über die Verpflichtung einer Sängerin „von guter Stimme, hübschen Vortrag und gefälligem Äußerm“ für Weimar. „... Nun etwas anderes, aber ganz Geheimes nur zwischen uns Beiden. Ich hoffe es wird nach und nach wohl auch die Zeit kommen, wo ich mich sozusagen in die Ruhe setzen werde; daher will ich Sie auf eine Idée und Wunsch von mir aufmerksam machen, die sich villeicht realisiren könnte wenn sich der Augenblik dazu darböte, eher aber nicht. Es hat uns das Brodmansche Haus in der Josephstadt an der Glaçis längst wohlgefallen. Solange er lebt so ist nicht daran zu denken, daß er es entweder oder nur zu hohen Preis verkauft; allein stirbt er, und alt ist [er] schon ziemlich, so fällt das Ganze ohne dieß theils lachenden Verwandten im Auslande zu, und bei dieser Gelegenheit könnte es sich durch Freunde unter der Hand wohl machen laßen, daß es um einen billigen Preis an sich zu bringen wäre; Sie hätten also vor der Hand nur im Stillen auf diesen Zeitpunkt zu lauern. Indeßen haben Sie wohl auch bauverständige Freunde, durch die zu ermitteln wäre, was das Haus wie man zu sagen pflegt: untern Brüdern werth wäre; es genügt mir dieses vorläufig zu wissen! – Es wäre recht schön wenn wir uns einst wieder näher kommen sollten; aber alles diese nur unter uns Beiden vor der Hand …“

Der gebürtige Preuße Joseph Brodmann hatte 1796 in Wien seine Klavier-Werkstatt gegründet, die 1828 von seinem Lehrling Ignaz Bösendorfer übernommen worden war.

V. MUSIK 321

543* HUMPERDINCK, Engelbert, 1854 – 1921. Eigenh. Musikmanuskript mit Namen auf dem Titel. Bonn, Weihnachten 1890. Titel und 2 S. Querformat, 10-zeilig. Auf S. 2 (über der Komposition) ein farbig gesticktes Blumensträußchen montiert. Kleine Einrisse hinterlegt. (2.500.—)

„‘s’Sträussle’ . / Schwäbisches Volkslied / für eine Singstimme mit Klavierbegleitung. / Fräulein Amalie Gutheil zugeeignet / von / Engelbert Humperdinck“. – Vollständige Komposition für „Gesang“ und „Klavier“, bezeichnet „Leicht bewegt.“ Mit dem unterlegten Text: „Glei hinter mei’m Häusle, wo’s Kappele stoht, pass’ i wia a Mäusle, bis d’Sonna ‘naufgoht …“

Das Lied erschien 1895 bei Ries & Erler in Berlin – mit einer Widmung an Emilie Welti-Herzog, nicht an die Sängerin Amalie Gutheil-Schoder. Musikmanuskripte Humperdincks sind selten.

544 JOACHIM, Joseph, 1831 – 1907. 2 e. Br. m. U. Berlin und London 2.XI.1875 und o. D. 5 S. gr.-8o und 8o. Ein Brief mit Umschlag. Ein Brief mit Briefkopf „JJ / 3. Beethovenstrasse, N.W. / Thiergarten.“ Leicht gebräunt. (600.—)

Berlin 1875. An einen ihm befreundeten Musiker mit einer Empfehlung für den Geiger Max Brode. „... Solltest du … Neigung haben – gar das eine oder andere Mal mit ihm privatim zu musiciren, so würde nicht nur ihm, sondern auch mir damit etwas sehr Erfreuliches angethan werden. Aber ich fürchte, als Vielbeschäftigter, wirst dazu wohl kaum kommen; ich weiß wie sehr wir beide angespannt sind …“ London o. D. An einen Musiker, dem er beim Versuch einer Anstellung in Glasgow hatte behilflich sein wollen. „... Meine Anfrage von Berlin wurde nicht beantwortet, was kein gutes Omen war. Ich denke sie wollen dort einen Engländer, oder einen ihnen schon bekannten jüngeren Musiker. / Daß Sie sich in den neuen Verhältnissen heimisch und glücklich gefühlt haben würden bezweifle ich, und wir können kaum bedauern daß nichts daraus wurde …“

V. MUSIK 322

545* E. Br. m. U. Newcastle 20.III. o. J. (vor 1897). 4 S. gr.-8o (300.—)

An Carl Reinecke wegen gemeinsamer Konzerte. – Geschrieben während eines Englandaufenthaltes, in dessen Verlauf er seinen in London lebenden Bruder Heinrich besuchte.

„... Es hat mir leid gethan, Deinen Spohr -Erinnerungsabend nicht mitmachen zu können; da ich wirklich eine große Verehrung für ihn hege, und glaube er wird jetzt unterschätzt. Auch seine Zeit wird wohl wieder kommen, d.h. man wird sich unbefangener manches herrlichen erfreuen, das er aus echtester Empfindung gesungen als jetzt möglich ist … Ich freue mich sehr Dich an Dein gütiges Versprechen erinnern zu dürfen am 18ten April in Berlin unter meiner Leitung zu spielen. Was wirst Du uns bringen? … Wir haben am 25ten April das letzte Concert in Berlin, in dessen 2ten Theil ein neues Chor-Werk von Kiel“ (der Komponist Friedrich K.) „gemacht wird; auch von diesem Concert könnte ich Dir die erste Hälfte zur Verfügung stellen …“

546 KREUTZER, Rodolphe, 1766 – 1831. Eigenh. Musikmanuskript mit e. Namenszug und Widmung am Kopf. 2 S. Querformat, 8-zeilig (ca. 21 × 30,5 cm). Leicht gebräunt. Kleinere Randläsuren. (800.—)

„Romance à trois nottes …“ – Vollständige Liedkomposition für eine Singstimme und Pianoforte, mit unterlegtem Text („plaisir d’aimer qui fait le bien suprême / n’est plus pour moi que peines que tourmens / l’ingratte helas qui me disait je t’aime / en un seul jour a trahi ses sermens“, darunter der Text der drei weiteren Strophen). Gewidmet „Monsieur de Beauchène“.

547 KÜCKEN, Friedrich Wilhelm, 1810 – 1882. Eigenh. Musikmanuskript. 1 S. schmalquer-folio (Ausschnitt aus einem größeren Notenblatt; unregelmäßig beschnitten). Bleistift. Leicht gebräunt. (400.—)

Vierstimmiger Toast auf den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin: „Unser Großherzog lebe hoch! …“ Verso weitere Notenskizzen (Tinte und Bleistift). Beiliegend ein ausgeschnittener e. Namenszug.

548 LIND, Jenny, verh. Goldschmidt, „die schwedische Nachtigal“, 1820 – 1887. E. Br. m. U. Stockholm 10.VI.1845. 3 S. gr.-8o. Mit Adresse. Kleine Rand- und Faltenrisse. Schwach fleckig. (150.—)

An ihren Berliner Arzt „Medicinal-Rath Gustorff“.

„... Erinnern Sie sich mir noch? oder haben Sie vergessen dass so ein Wesen wie ich existire? … ich bin heute sehr eigennüzig … denn ich komme mit eine grosse bitte zu ihnen. – es ist wegen dass Wasser was Sie mir verschrieben haben; Sie versprachen mir einmal in Berlin, mir es anzuschaffen und jetzt beschwöre ich sie / (oder Ihnen) mir damit behülflich sein [zu] wollen … und es schnell als möglich – es mit das Dampfschiff von Lübeck nach Stockholm zu schicken. Sie brauchen nur mein Namen darauf zu schreiben …“

V. MUSIK 323

(J. Lind)

549 E. Br. m. U. (London) 15.V.1865. 3 S. 8o. Bläuliches Papier. (250.—)

An Clara Schumann, die sich für Konzerte in London aufhielt, mit einer Einladung.

„... wenn es Ihnen möglich uns … ein Besuch abzustatten so würden wir uns uns sehr geehrt fühlen. In der Hoffnung daß es Ihnen wohl geth – und in der freudigen Erwartung Sie heute Abend zu hören und bewundern, bin ich, geehrte Mme Schumann / Ihre Ergebene / Jenny Lind-Goldschmidt“

Clara Schumann sollte an diesem Abend, zusammen mit Joseph Joachim, das erste Mal in den „Popular Concerts“ auftreten, in einem von Direktor Arthur Chapell veranstalteten reinen Robert SchumannAbend. Clara schreibt darüber in ihrem Tagebuch: „Der Empfang, der mir wurde, war derart warm, wie ich nie einen erlebt … Ach hätte Robert das erlebt …“

550 E. Br. m. U. (London) 30.VI. o. J. 4 S. 8o. Bugfalte eingerissen. (120.—)

An „Dear Mr. Benecke“, der ihr im Laufe des Sommers eine junge Dame vorstellen wollte. „... I am afraid I shall not be back for good until October – at least I could not appoint any time neither in August or September … at present, I have settled to go to Freshwater in a fourtnight to be with my daughter …“ (ihre 1857 geborene Tochter Jenny).

551* LISZT, Franz, 1811 – 1886. Eigenh. Musikmanuskript mit Namenszug am Unterrand. 1 S. kleines Querformat, 9-zeilig. Leicht gebräunt. Kleine Ausrisse an der linken oberen und unteren Ecke (war montiert). (6.000.—)

„Lento “, das erste Thema des Satzes „Le porte dell’Inferno“ seiner Dante-Symphonie. – 16 Takte für Klavier in d-Moll mit dem unterlegten Text „Per me si va nella città dolente[.] Per me si / va nell’eterno dolore: / Lasciate ogni speranza voi ch’entrate“. Seine Richard Wagner gewidmete Symphonie zu Dantes Alighieris „Divina Commedia“, einer Symphonischen Dichtung mit Chor für Frauen- und Knabenstimmen, hatte Liszt zwischen 1855 und 1856 komponiert und im November 1857 in Dresden selbst uraufgeführt.

552 E. Brief in dritter Person, mit zweimaligem Namenszug im Text. O. O. u. D. 22.IV. (1841). 1 S. 12o (800.—)

„Mr Liszt a l’honneur de saluer Mr Le Comte de Lostanges et le prie de vouloir bien insérer dans la quotidienne de demain. L’annonce ci-jointe –Le Produit du Concert étant Destiné à La Souscription pour le monument de Beethoven . Mr Liszt est obligé de s’imposer une si grande réserve qu’il a le regret de ne pouvoir lui offrir qu’une Halle – / ce 22 avril –“

Das Beethoven-Denkmal von Ernst Julius Hähnel, für dessen Errichtung sich Liszt seit 1836 eingesetzt und erhebliche Mittel beigesteuert hatte, sollte schließlich zum Gedenken an Beethovens 75. Geburtstag und anlässlich des ersten Beethovenfestes am 12.VIII.1845 auf dem Münsterplatz in Bonn enthüllt werden. Für den Festakt war in Rekordzeit von nur 12 Tagen eine Halle erbaut worden, die 3000 Menschen aufnehmen konnte; zwei Monate nach dem Anlass erfolgte der Abriss und die Versteigerung des Baumaterials.

La Mara, Liszt-Briefe, Band 8 Nr. 28.

324

V.
MUSIK

Nr. 551

553 E. Br. m. U. „F. Liszt“. Paris 1.IX.1842. 2 S. 8o. Leicht gebräunt, an den Rändern etwas stärker. (1.200.—)

An (Casimir Martin), dem er sein Interesse an dessen 1841 erfundenen „Chirogymnaste“ bekundet, einem Fingerturnbrett für Klavierspieler, das zur Kräftigung und Dehnung der Finger dienen sollte.

„... Le Chyrogymnaste … me parait effectivement destiné à rendre permitte pour la majorité des pianistes, l’execution d’un certain genre de compositeur, inévitables par temps qui court.

Ne soyez donc pas tromper, si d’ici à peu les Editeurs des Oeuvres de M[essieurs] Chopin, Thalberg, Henselt, Döhler, etc. joignent aux nouvelles compositions de ces Messieurs, un exemplaire du Chyrogymnaste comme manière de s’en servir “

554 E. Billett m. U. O. O. 18.IV.1850. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (600.—)

„Votre débiteur pour tout le plaisir de perdre contre vous / F Liszt …“

V. MUSIK 325

(F. Liszt)

555 E. Br. m. U. „F. Liszt“. Weimar 26.VIII.1872. 2 S. 8o. Leicht gebräunt. Kleiner Einriss in der Bugfalte. (1.600.—)

An einen Herrn („Verehrter Freund“) über die aktuellen Weimarer Ereignisse.

„... Bei dem häufigen Wechsel der äusseren Dinge, steht es nicht so übel an sich selbst nicht zu wechseln und seine kleinen Einrichtungen beizubehalten.

Daher verbleibe ich hier, gemäss meinem früheren Entschluss, bis Mitte September. Beendige schnell die schlimme Beschäftigung des Mediziniren und erfreue mich mit deinem Besuch … Übermorgen (28ten August)“ – Goethes Geburtstag – „versammeln sich hier die Kreisrichter der Göthe Stiftung , – Hermann Grimm, Hähnl, etc. Eines der eingesandten Modelle für das Denkmal der deutschen Krieger gefällt dem Grossherzog sehr“ – Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach war Liszts Förderer. Das Denkmal von Robert Härtel erinnert an die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 und wurde 1878 auf dem Weimarer Watzdorfplatz enthüllt.

„Die Wiedereröffnung des Theaters ist bis auf den 15ten Sept: verschoben. Wahrscheinlich beeilt sich auch Lassen nicht, zurückzukommen …“ – Eduard L. war nach dem Rücktritt von Liszt Hofkapellmeister in Weimar. Liszt lebte von 1869 bis zu seinem Tod im Hofgärtnerhaus am Rande des Parks an der Ilm in Weimar.

556* E. Br. m. U. Weimar 18.VII.1880. 1 S. 8o. Mit Umschlag. (800.—)

An seine frühere Schülerin, die „Hof Pianistin“ Pauline Erdmannsdörfer in Sondershausen, die Frau des Dirigenten Max E.

„Verehrte Freundin, / ‘Vergessen’ wäre niederträchtig. / Mit dem aufrichtigen Wunsch Ihnen und Erdmannsdörfer dienlich sein zu können, verbleibt stets / freundschaftlich ergebenst / F. Liszt.“

326

V. MUSIK

557 E. Br. m. U. Venedig, „Palazzo Vendramin “ 9.XII.1882. 4 S. gr.-8o. Leicht gebräunt, stellenweise schwach fleckig. Kleine Faltenrisse. Leichter Tintenabklatsch auf der 2. und 3. Seite. Mit Umschlag. (2.500.—)

Während eines Aufenthaltes bei Richard Wagner in Venedig an Carl Riedel in Leipzig, dem er für die kommende dortige „Tonkünstler Versammlung“ des Allgemeinen Deutschen Musikvereins Werke vorschlägt – Liszt war Gründungsmitglied und Ehrenpräsident.

„... Gustav Weber’s Trio, Op: 5, bei Siegel verlegt und mir gewidmet, halte ich für ein ausgezeichnetes, sehr empfehlens- und aufführungswerthes Werk …

Dem Lieder Programm der Tonk[ünstler] Vers[ammlung] wünsche ich 2 Lieder von Ihrem Homonym, Riedel … beizufügen … warum bringen Sie so selten Ihre gehaltvollen, verzüglichen Werke zu Gehör, in der Concert Öffentlichkeit? …“

Schließt mit der Bitte, „Härtels zu veranlassen mir baldig hierher … Notenpapier … gegen Bezahlung zu schicken …“

Liszt war Mitte November 1882 in Venedig im Palazzo Vendramin eingetroffen, um Wagner, der einen Seitenflügel des Palastes bewohnte, seine neuesten Klavierkompositionen vorzustellen; Wagner reagierte jedoch mit völligem Unverständnis. Am 13. Februar, Liszt war inzwischen wieder abgereist, erlag Wagner in Venedig einem Herzinfarkt.

V. MUSIK 327

(F. Liszt)

558 E. Br. m. U. „FLiszt“ Weimar o. D. 5 S. gr.-8o. Etwas fleckig. Kleine Rand- und Faltenschäden. War geheftet. (2.500.—)

Inhaltsreicher Brief an eine Pianistin in London mit Ratschlägen zur Aufführungspraxis seines Scherzos „Les patineurs“ aus den „Illustrations du Prophète“ (einer Bearbeitung der Balletteinlage von Giacomo Meyerbeers Oper „Le prophète“) sowie über seine neuen Werke.

„... Vous me faites un grand plaisir par vos lignes, Madame, et comment ne serais je pas très sensible à l’honneur qu’un Artiste hors ligne, tel que vous, accorde à mes ‘Patins’! Sous vos doigts venusiens toutes les glaces se fondent et se changent en flammes etincelantes, en gerbes lumineuses – et je vous entends d’ici, patinant sur les imaginations emerveillés de vos auditeurs, ensorcellés par votre talent magique …“

Sie könne seine Werke nach Belieben kürzen: „Dans le Scherzo des Patineurs par exemple il y a plusieurs pages de superflu et il y aurait peut être avantage à couper les pages 12, 13, 14, 15, 16, en passent et saute à la reprise …“ Ferner scherzhaft über einen neuen Kompositionsansatz; er habe versucht, das Rezept eines ihm mundenden Salats, das der französische Staatsmann Maréchal Maison ihm verschafft hatte, auf seine Arbeit zu übertragen: „... Mettez un peu trop de tout, me dit-il, et tenez la réussite pour assurée S’il m’était parfois arrivé d’exagerer ce principe en l’appliquant, à mes Fantaisies de Piano , l’excuse s’en trouverait assez naturellement dans la mauvaise humeur que devrait me causer d’autres produits de mêne espèce à peu près, où il n’y a vraiment pas assez de rien … il est à présumer que Weymar m’aura servi à adopter et maintenir une ligne plus moyenne, ce dont vous vous appercevrez par mes nouvelles publications …

Dans quinze jours les Etudes seront prêtes … J’y joindrai pour vous les 6 Fugues de Bach avec Pédale que j’ai arrangé pour deux mains sans pieds …“ – Er lädt sie nach Weimar ein und rät ihr, sich u. a. in Leipzig und Berlin zu präsentieren: „Venez … et faites moi entendre de nouveau ce que c’est que le Piano …“

328

V. MUSIK

559 eigenh. Billets auf seinen gedruckten Visitenkarten (die gedruckten Namenszüge dienen jeweils als Unterschrift). 2 S. 16o. Kleinere Läsuren. Mit 1 Umschlag. (600.—)

1) „Morgen zwischen 11–15 Uhr erwartet Sie Franz Liszt ergebenst / Montag“.

2) „Liebster Freund / Ist auch der Wasser Fall von Calam ein falsum (nach Gerstenberg’s Methode? ) Wahrscheinlich anwortetst – ‘und schon gar der! – F. Liszt“. Der Umschlag ist e. adressiert an den Schauspieler „Herrn / Doctor Otto Devrient “.

560* LISZT, Daniel, Sohn Franz Liszts und Marie d’Agoults, 1839 – 1859. E. Br. m. U. O. O. 3.X.1857. 3 S. kl.-8o (Abriss eines größeren Blattes). (2.000.—)

Als Achtzehnjähriger an Marie Prinzessin von Sayn-Wittgenstein (1837 – 1929), die Tochter der Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein, die zusammen mit ihrer Mutter bei Liszt in Weimar lebte. Die Fürstin war von 1847 bis 1861 Liszts Lebensgefährtin.

Daniel Liszt hatte Ende 1856 seine Schule in Paris, wo er mit seiner Großmutter lebte, beendet und Anfang 1857 einige Monate bei seinem Vater in Weimar verbracht, wo beschlossen worden war, dass er in Wien Rechtswissenschaften studieren sollte.

„Chère Magnolette, Si je ne me trompe, vous m’avez supposé le projet ultra-sournois d’allonger insensiblement le caoutchouc des chainons qui composent notre correspondance. C’est du moins la première interprétation qui s’est présente à mon esprit. mais en relisant attentivement le lettre de votre mère, je me suis convaincu, et je ne pense plus à me défendre contre un soupcon qui n’existe point.

Les cours de droit vont commencer bientot. Je compte écrire à mon père lorsque je pourrai lui donner un comple-rendu circonstancié de mes études. Pour le moment je suis dans une attente qui n’a rien de particulièrement agréable. Elle me met dans l’état d’une persone qui arrive à la gare du chemin de fer quelques heures avant le départ. Enfin, je me console en pensant que dans quelques jours je me mettrai en mouvement, piochant de mon mieux, et regardant plus souvent la terre qu’il faut creuser, que les corneilles que l’on ne peut pas faire rôtir …“

Daniel Liszt starb im Alter von 20 Jahren in Berlin an Tuberkulose.

561 SAYN-WITTGENSTEIN, Carolyne Prinzessin von, geb. Iwanowska, Freundin Liszts, 1819 – 1887. 2 e. Billetts, eines m. U. (Paraphe). O. O. u. D. 4 S. 12o bzw. 16o. Kleine Läsuren. Mit den Umschlägen. (300.—)

1) An „Monsieur Davidson“. „... Liebenswürdiger Mensch und grosser Künstler – wir geben der Erlaubniss nicht Ihr Wort nicht zu halten, und möchten gerne die Entschuldigung für nicht gültig zu erklären können. Für Ihre Freunde machen Sie eine Ausnahme und kommen Sie eine Tasse Kaffee mit uns zu trinken, ohne Gefahr geplagt mit Bitten zu sein …“

2) An den „ConcertMeister Edmund Singer“ in Gran in Ungarn, bei dem sie sich nach zwei Herren („Holatza“ und „Feldinger“) erkundigt.

V. MUSIK 329

562 LORTZING, Albert, 1801 – 1851. E. Br. m. U. Leipzig 20.V.1845. 1 S. gr.-4o. Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht fleckig. Kleine Rand- und Faltenrisse. (1.600.—)

An seinen Freund, den Musiker Karl Gollmick, der sich über einen „Schmäh-Artikel“ in den „Signalen“ beschwert hatte sowie über das im April erfolgte abrupte Ende seiner Anstellung als Kapellmeister in Leipzig, nach nur einem Jahr.

„... Du wünschest den wahren Grund meines Weggehens von Leipzig zu wißen. Ja, lieber Freund, den weiß ich selbst und ganz Leipzig nicht. In Etwas ist wohl Oekonomie Schuld. Ich bin mit meiner Mutter“ (die Schauspielerin Charlotte Sophie L.) „engagirt; um sie los zu werden, schickt man mich fort … Außerdem liegt von Seiten des Direktors gegen mich eine Persönlichkeit zum Grund – denn ich schmeichle mir, beim Publikum, beim Personal und beim Orchester gleich beliebt zu sein … Muthmaaßlich werde ich nach Wien gehen, ich habe einen schönen Antrag von Pokorny der im Theater an [der] Wien eine neue Oper organisiren will“ (Franz P. hatte das Theater im selben Jahr gekauft). „... einen Klavierauszug der Undine sende ich Dir durch eine hiesige Buchhandlung …“ Der Lortzing feindlich gesonnene Direktor des Leipziger Stadttheaters war Dr. (med.) Karl Christian Schmidt.

563* E. Br. m. U. Wien 2.VI.1847. 1 S. gr.-4o. Mit schönem roten Lacksiegel „Albert Lortzing“ und Adresse. (1.600.—)

An den Redakteur Hartmann Schellwitz von der „Illustrirten Zeitung“ in Leipzig. „... Ihre schmeichelhafte Zuschrift erwiedernd, so habe ich zwar augenblicklich nichts nach Ihrem Wunsche auf dem Lager – wie man zu sagen pflegt – ich werde indeßen – obwohl sehr beschäftigt – binnen 14 Tagen eine Komposition einsenden und wünsche ich nur daß ich den Geschmack der geehrten Redaction getroffen haben möge …“

V. MUSIK 330

564 MAHLER, Gustav, 1860 – 1911. E. Briefkarte m. U. O. O. u. D. (1905 oder 1906). 2 S. quer-8o. Am Kopf die Prägung „Der Director / des / k.k. Hof-Operntheaters“. Minimal fleckig. (4.000.—)

An Georg Dohrn, seit 1901 Chefdirigent des Breslauer Orchestervereins.

„... Ich stelle Ihnen mit Vergnügen Herrn Slezak für die gewünschten Tage zur Verfügung. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen nochmals sagen (oder habe ich es überhaupt noch nicht gethan) welche angenehme Erinnerung ich an die Breslauer Tage behalten habe. Nicht zum mindesten ist es die Erinnerung an Sie und die sehr lieben Stunden, die ich mit Ihnen verbracht. Grüßen Sie bitte Ihre Frau und Neissers, herzlichst von mir.

Ihr sehr ergebener / Mahler

Über die Kritiken, die mir … zugegangen sind, war ich geradezu ‘paff’, und – wie ich aufrichtig gestehen will, hocherfreut.“

Mahler hatte im Dezember 1905 die 5. Symphonie und im Oktober 1906 die 3. Symphonie in Breslau dirigiert; beide Male hatte er bei seinem Biographen, dem Musikkritiker Arthur Neisser gewohnt.

V. MUSIK 331

565 MARSCHNER, Heinrich, 1795 – 1861. Eigenh. Musikmanuskript mit Widmung u. U. am Kopf. Hannover 23.VII.1834. 2 S. kleines Querformat, 4-zeilig (ca. 8 × 13 cm). Mit einseitigem Goldschnitt. Verso Montagespuren (vierseitig angerändert). (1.200.—)

„Erinnerungswalzer“ (recto) und „Trio“ für Pianoforte (verso), notiert im 3/4-Takt, zusammen 37 Takte. – Am Kopf: „Zur freundlichen Erinnerung an Heinr. Marschner.“

Beiliegend eine Quittung m. U. über den Erhalt von „Reichsthaler Eilf auch 22/gr von Herrn Schlesinger für gelieferte Beiträge zur berliner musikalischen Zeitung …“ (Berlin 1827, etwas fleckig). Musikmanuskripte Marschners sind sehr selten.

566 Eigenh. Musikmanuskript mit zweimaligem e. Namenszug auf Titel und am Kopf der 1. Seite. Norderney 24.VII.1857. 4 S. Hochformat, 14-zeilig (mit Titel). Heftspuren. (2.000.—)

„Abend am Meere / Lied für eine Sopr[an]- oder Tenorstimme / mit Begleitung des Pianoforte / componirt / v. / Heinrich Marschner.“

Vollständige Komposition, bezeichnet „Andante“, mit dem unterlegten Text „Oh sieh, der Abendhimmel glüht u. Purpurwolken zogen als wären Rosen aufgeblüht dahin am Himmelbogen. Die Wellen strahlen es zurük sanft schwankend und vergehend, hinauf, herab send’ ich den Blik, hinauf, herab send’ ich den Blik zum Meer, zum Himmel sehend …“

Der Text stammt von seiner Frau Marianne. Das Werk war erstmals 1852 als op. 156 Nr. 3 bei Böhme in Hamburg veröffentlicht worden.

V. MUSIK 332

„die große Paßion“

567 MENDELSSOHN BARTHOLDY, Felix, 1809 – 1847. E. Br. m. U. „Felix MB“. (Berlin 10.I.1829.) 1 S. 4o. Mit Siegel und Adresse. Leicht gebräunt. Kleine Einrisse an der Siegelstelle. (2.500.—)

Humorvoller, schöner Brief an seinen Freund Carl Klingemann, Gesandtschaftssekretär in London, dem er die von ihm dirigierte Aufführung von Bachs Matthäus-Passion ankündigt, die für den 11. März durch die Berliner Sing-Akademie geplant war. Mendelssohn sollte die Rezitative des um etwa die Hälfte gekürzten Werks auf einem Hammerflügel begleiten, da keine Orgel zur Verfügung stand. Diese erste Wiederaufführung der Passion seit Bachs Tod markiert den Beginn der Bach-Renaissance. Zunächt jedoch schilt er seinen Freund ausführlich wegen des Ausbleibens von Korrespondenz und kündigt ihm seinen Besuch an. „... Ich bin so böse auf Sie, daß ich Ihnen eigentlich gar nicht schreibe, sondern nur Ihrem Geist; denn der Klingemann, der mir auf meine lange und breite Epistel nicht einmal durch einige Zeilen einen Empfangsschein sendet, ist wahrlich nicht der alte gartenzeitungsschreibseelige Bekannte“ (die Geschwister Mendelssohn unterhielten zusammen mit ihren Freunden eine „Gartenzeitung“); „auch habe ich, um Ihren Geist mit Ihnen nicht zu verwechseln, und dennoch ins Plaudern mich einzulassen, die eine Seite dieses Bogens abgerissen, und bin somit gezwungen concis zu sein. Die Ursache meines Schreibens ist, Ihnen wissen zu lassen, daß ich mich freue. Als wahrer Freund müßte Ihnen gleichgültig sein, worüber, aber für alle Fälle setze ich hier den Grund noch her: so Gott will, werde ich Sie in der nächsten Zeit in London besuchen. Denn da ich im April meine Reise antrete, und

V. MUSIK 333

(F. Mendelssohn Bartholdy)

im December wieder in Berlin sein will, so gehe ich wahrscheinlich in diesem Jahre nach Wien, München u. London, oder umgekehrt; komme also entweder im April oder im October zu Ihnen. Wir wollen uns dann erfreuen, und ich will Ihnen mündlich Alles das, was ich hier verschweige, ausführlich erzählen, das ist viel, und ich verschweige demnach alle Veränderungen in der Familie, die nicht geschehen sind, alle Compositionen, Gesundheitszustände, Grüße u. dgl. Auch werden Ihre fleißigen Correspondentinnen meine Schwestern“ (Fanny, Rebecka und Lea Mendelssohn Bartholdy korrespondierten seit 1827 mit Klingemann), „Mlle. Solmar“ (Henriette Marie S. geb. Salomon, Schriftstellerin und Mitglied der SingAkademie, unterhielt einen Salon in Berlin), „und vielleicht Mde. Zimmermann“ (Johanna Z. geb. Ries, Gesangslehrerin in Berlin) „alles Interessirende gemeldet haben, und mir bliebe die Nachlese. In diesem Augenblick wird die muette de Portici von Auber zum erstenmal gegeben“ (Daniel-François-Esprit A.s Oper „La muette de Portici“ wurde am 12. Januar des Jahres zum ersten Mal in Berlin aufgeführt), „über den Erfolg in London. Im März denke ich kurz vor meiner Abreise, die große Paßion von Seb. Bach öffentlich mit der Sing Akademie aufzuführen … Endlich bitte ich Sie den inliegenden dicken Brief gütigst an Moscheles befördern zu wollen, da ich dessen Wohnung nicht weiß. Mehreres in London …“ Klingemann hatte Mendelssohn Bartholdy als Kanzlist des Hannoverschen Gesandten in Berlin kennengelernt, dessen Gesandtschaft ihren Sitz in der Beletage des Hauses Mendelssohn hatte. Als er 1827 nach London versetzt wurde, begannen die beiden eine umfangreiche Korrespondenz. Sämtliche Briefe Band 1 Nr. 132. – Der Brief ist undatiert; das Datum ergibt sich aus Mendelssohn Bartholdys „inliegenden dicken Brief“ an Ignaz Moscheles vom 10.I.1829 (siehe Sämtliche Briefe Band 1 Nr. 131).

568* E. Br. m. U. „Felix Mendelssohn Bartholdy“. Leipzig 10.III.1847. 1 S. gr.-4o. Mit Siegel („FMB“) und Adresse. Leicht gebräunt. (2.500.—)

An Nikolaus Simrock in Bonn, den er bittet, seinem Freund Carl Klingemann ein Paket zukommen zu lassen, u. a. mit Eugène Scribes Libretto-Entwurf zu „La tempesta“ (nach Shakespeare); einem Opernstoff, mit dem sich Mendelssohn beschäftigte.

„... da mir daran liegt, daß es so schnell als möglich nach London komme, so bitte ich Sie es lieber über Ostende statt über Rotterdam zu schicken, ja wenn es nicht gar zu theuer per Post wird, so wäre mir dieser Weg als der schnellste der liebste. Aber jedenfalls bitte ich Sie mir es sofort und sicher an die Adresse zu befördern und mir in ein Paar Zeilen den richtigen Empfang u. die Beförderung gütigst anzuzeigen. Verzeihen Sie die Belästigung die ich Ihnen mache und sein Sie meines besten Danks gewiß.

Vorgestern habe ich die corrigirte Viola u. Bass-Stimme des 1sten Theils“ (seines Oratoriums „Elias“) „unter Kreuz-Couvert an Sie zurückgeschickt. Morgen oder spätestens übermorgen schicke ich sämtliche Blaseinstrument-stimmen des 2ten Theiles an Sie ab.

In jedem Falle bitte ich Sie vorläufig von den Saiten-Instrumenten nur soviel Abzüge machen zu lassen als in England gebraucht werden“ (für die dort geplanten Aufführungen des Oratoriums im April 1847), „... nicht mehr, damit die etwaigen falschen Noten, die sich bei den dortigen Proben noch finden möchten, vor der deutschen Herausgabe corrigirt werden können …“

Sämtliche Briefe Band 12 Nr. 5671.

334

V. MUSIK

569* E. Br. m. U. „Felix Mendelssohn Bartholdy“. Schaffhausen 27.VI.1847. 1 S. gr.-8o Mit Trauersiegel („FMB“) und Adresse. Bläuliches Papier. Schwach gebräunt. (2.000.—)

Ebenfalls an Simrock in Bonn mit Druckanweisungen für sein Oratorium „Elias“.

„... Ihren geehrten Brief vom 24sten empfange ich heut, u. bitte Sie den Alt in der Partitur wie in der des Paulus im Sopranschlüssel stechen zu lassen. Wenn es Ihnen einerlei ist, so wäre mirs übrigens lieber die Correcturen der Partitur nicht bogen- oder lagenweise, sondern entweder in einem Male, oder in 2 bis 3 Malen abzumachen, so daß ich die erste Hälfte des 1sten Theils gleich zusammen erhielte u.s.w. Doch muß dadurch allerdings keine Verzögerung entstehen u. nur wenn dies der Fall nicht ist bitte ich Sie mir die ersten Bogen bis zu einer größeren Sendung aufzusparen. Ich verlasse Schaffhausen übermorgen und erbitte mir Ihre ferneren Mitteilungen nach Thun hotel de Bellevue, wo ich die nächsten Wochen zuzubringen gedenke …“

Das Oratorium erschien kurz darauf im Druck. Ein Jahr zuvor war es in Birmingham uraufgeführt worden. – Mendelssohn plante für den Herbst von ihm selbst geleitete Aufführungen in Berlin und Leipzig, starb jedoch an den Folgen mehrerer Schlaganfälle am 4. November 1847 in Leipzig, ohne sein Werk in Deutsch gehört zu haben. Sämtliche Briefe Band 12 Nr. 5779.

Felix in Weimar

570 MENDELSSOHN BARTHOLDY, Lea, geb. Salomon, seine Mutter, 1777 – 1842. E. Br. m. U. Berlin 31.X.1821. 3 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. Minimale Rand- und Faltenrisse. (1.600.—)

An „liebste Cousine“, wohl Fanny Hertz geb. Bacher (1777 – 1829), bei Übersendung der „letzten Ackte des Freischützen , einen Tag nach seiner Erscheinung in der musikalischen Welt“. „... Ich hoffe, auch ohne den Zauber des Orchesters, Gesanges u. Theaterschmucks wird das schöne Werk Ihrem talentvollen Sohne Freude gewähren. Hier erregt dieser Klavierauszug durch die Erinnerung des auf der Bühne gehabten Kunstgenußes viel Intereße … Ich fordere Herrn Adolph Herz freundlichst auf, bald zu uns zu kommen u. dieses, wie recht viele andre musikalische Hauptwerke gründlich kennen zu lernen. Das Fagott darf aber nicht zu Hause gelassen werden, wenn er das engagement in meiner Kapelle nicht verscherzen will …“

V. MUSIK 335

Im Weiteren über die Reise ihres Sohnes Felix mit seinem Lehrer Zelter nach Weimar. „Zelter ist nämlich zur Errichtung des Denkmals Luthers, nach Wittenberg u. von dort nach Weimar gereist. Er bat uns, ihm Felix anzuvertrauen, weil er selbst ihn bei Goethe einführen wolle. Eine so vortreffliche Gelegenheit, den Segen unsers größten Veteranen zu erlangen, konnte ich unmöglich vorübergehen laßen, obgleich die Entbehrung des herrlichen Knaben, wäres auch nur auf wenige Wochen, hart für mich ist. Sehr begierig bin ich zu hören, wie er sich, allein u. selbstständig, in einer für ihn so fremden, neuen u. imposanten Welt betragen u. fühlen wird. Wenn ihm Goethe indeß keinen Knabenumgang verschafft, wird ihm all sein Dichter Nimbus in Felixens Augen nicht helfen; denn er ist, Gott sei Dank, trotz seines entwickelten Geistes ganz ein unbefangenes lustiges Kind. Gestern erhielten wir den ersten Brief von ihm, deßen Natürlichkeit, Gesetztheit u. Kindlichkeit uns herzlich rührte …“

Vom 3. bis 19. November waren Felix Mendelssohn und Zelter Goethes Hausgäste. Am 8. November notierte Goethe in sein Tagebuch: „Waren vor Tische die beyden Fürstinnen und der Erbgroßherzog gekommen, um den Felix zu hören.“ Mendelssohn Bartholdy widmete Goethe das 3. Klavierquartett h-Moll op. 3.

571 MOSCHELES, Ignaz, 1794 – 1870. Eigenh. Musikmanuskript. 1 S. großes Querformat, 6-zeilig (Abschnitt von einem größeren Blatt). Leicht fleckig. Verso Montagespur. (800.—)

„Allegretto“. – Kompositionsskizze für Klavier, insgesamt 31 Takte. Die Bassstimme ist nicht vollständig ausgeführt.

Verso eine alte Zuschrift: „Original-Handschrift von I. Moscheles aus dessen Soiren-Buch mitgetheilet durch Jos. Neugebauer“.

572 E. Br. m. U. London 18.IX.1840. 1 S. 4o. Kleine Montagereste am linken Rand. (300.—)

An den Musikwissenschaftler Heinrich Karl Breidenstein in Bonn, der wohl einen Spendenaufruf zugunsten des Beethoven-Denkmals in Moscheles’ englische Beethoven-Biographie (1841) einrücken wollte. „... Je eher Sie uns einige Notizen über die Monuments Angelegenheiten schicken können desto willkommener werden sie seyn. Es muß ohnehin die Zeit zur Uebersetzung derselben in Anschlag gebracht werden, und der Verleger will das Werk gern bald publiziren …“

573 MOTTL, Felix, 1856 – 1911. 2 e. Br. m. U. (Wien) o. D. 4 S. gr.-8o. Mit gedrucktem Monogramm am Kopf. Leicht gebräunt. Ein Brief mit einigen Läsuren. (200.—)

1) Wohl an einen Komponisten, dem er einen von ihm instrumentierten Walzer übersendet. „... Sollten vielleicht einige Stellen u. z. B. Bässe nicht nach Ihren Angaben gemacht sein, so müßen Sie diess den Umständen unter denen der Walzer geschrieben wurde (Ausfertiger in Wien, Componist in Leipzig) zuschreiben. So viel kann ich Ihnen aber versichern dass selber so accurat als möglich ausgefertigt wurde u. sie ihn jedem Musiker mit gutem Gewissen zeigen können …“

2) An einen Verleger, dem er Kompositionen übersandt und noch keine Antwort erhalten hatte. „... ich fürchte, dass Sie meine 3 Briefe … nicht erhalten haben, da Sie nicht Willens scheinen mir nur die geringste Ansicht über Ihre von mir aufgeschriebenen Compositionen mitzutheilen …“

V. MUSIK 336

„welche Er fleißig bei sich trug“

574 MOZART, Constanze, geb. Weber, in erster Ehe mit Wolfgang Amadeus Mozart, in zweiter mit Georg Nikolaus Nissen verheiratet, 1762 – 1842. Eigenh. Schriftstück mit Namen im Text. (Salzburg 17.II.1840.) 1/2 S. schmal-4o (ca. 23,5 × 10,0 cm). Etwas gebräunt. Verso mit schwarz-gelber Schnur angesiegelt: 4 dünne Elfenbeintäfelchen, ca. 5,0 × 10,5 cm, an der Schmalseite genietet, die Außenseiten mit je 4 Notenzeilen. (18.000.—)

Zertifikat für vier fächerartig zu öffnende Elfenbeintäfelchen aus dem Besitz ihres

1791 verstorbenen Ehemannes Wolfgang Amadeus Mozart, die dieser als Notizbuch mit sich geführt hatte:

„zur wahrheit bestättigt Constanza Etatsräthin von Nissen gewesene Wittwe Mozart, daß die 4 schreibplättigen von Elfenbein von ihrem seligen Gatten Mozart sind, welche Er fleißig bei sich trug um darauf zu notiren was er nicht vergeßen woltte.“

Darunter eine offiziell besiegelte Echtheitsbestätigung des Salzburger Bürgermeisters

Alois Lergetporer: „Daß Constanza Etatsräthin von Nissen; gewesene Wittwe Mozart diese Bestättigung eigenhändig geschrieben habe, bezeugt.

Stadtmagistrat Salzburg 17/2 1840.

A. Lergetporer

Bürgermeister“

Alois Lergetporer (1786 – 1851) war von 1831 bis 1847 Bürgermeister von Salzburg.

Die Täfelchen ließen sich mit Bleistift beschreiben, die Notizen nach Erledigung wegwischen.

– Siehe auch Nr. 504 (Carl Amenda).

V. MUSIK 337

575 MUSIKER. – Über 40 Autographen. Meist Briefe und Albumblätter. (4.000.—)

Darunter Ernest Ansermet, Pierre Boulez, Benjamin Britten, Pablo Casals (kleines signiertes Notenzitat), Manuel de Falla, Wolfgang Fortner (2; sign. Musikmanuskript und sign. Portraitphotographie), Michael Gielen, Karl Amadeus Hartmann, Clara Haskil, Hans Werner Henze (2 musikal. Notenzitate), Ferdinand Hiller, Leonard Bernstein (sign. Photographie: Bernstein am Dirigentenpult), Wilhelm Kempff (sign. Portraitphotographie), Erich Kleiber (e. Namenszug), Otto Klemperer, Györgi Ligeti (3 e. Br. m. U.), Pietro Mascagni, Jules Massenet, Hermann Reutter (sign. Notenzitat), Jacques Offenbach (e. Namenszug), Max Reger, Swjatoslaw Richter, Hans Rosbaud, Camille Saint-Saëns, Elisabeth Schwarzkopf (sign. Portraitzeichnung), Isaac Stern (e. Namenszug auf Programmblatt), George Szell, Arturo Toscanini (Portraitphotographie mit e. Namenszug auf der Rückseite), Peter Tschaikowski (e. adressierter Briefumschlag), Anton Webern, Charles Widor und Hugo Wolf (e. adressierter Briefumschlag).

576* 25 Autographen. (1.600.—)

Darunter Josef Bayer (e. musikal. Albumblatt m. U. auf der Rückseite der Photographie eines Portraitgemäldes, Wien 1895), Ignaz Brüll (3 e. Br. m. U., davon 2 an Julie Kalbeck, mit 2 Umschlägen), Carl Halir (e. Br. m. U., Berlin o. D. ), Zarah Leander (eigenh. Widmung m. U. auf der Innenseite eines Notenheftes des Liedes „Daran zerbricht man doch nicht“ aus dem Musical „Madame Scandaleuse“, Wien 1958), Hermann Levy (e. Postkarte m. U., Giessen 1880), Fritzi Massary (Portraitpostkarte mit e. Namenszug auf der Textseite), Amalie Materna (2; davon 1 e. Br. m. U.), Max Pallenberg (Portraitpostkarte mit e. Widmung u. U., Berlin 1913), Joseph Rubinstein (e. Postkarte m. U., Neapel o. D. ), Emil von Sauer (Portraitphotographie mit Widmung u. U. auf dem Untersatzkarton, Wien 1940: „Dem grossen Künstler und verehrtem Freunde / Hugo Balzer …“), Wilhelm Westmeyer (e. musikal. Albumblatt m. U., o.O.u.D.), Marie Wittich (sign. Portraitphotographie) und Carl Michael Ziehrer (e. Br. m. U.).

577* 13 Autographen. (1.200.—)

Adolf Busch (e. Br. m. U., Wien o. D. ), Luigi Cherubini (e. Schriftstück m. U.), Margaret „Gretchen“ Damrosch Finletter, Tochter des Dirigenten Walter Damrosch (2 e. Zeilen m. U., Chicago 1926, darüber 2 e. Zeilen von Jiddu Krishnamurti, Chicago 1926), Gaetano Donizetti (e. Br. m. U.), Robert Franz (e. Br. m. U., Halle 1871), Ossip Salomonowitsch Gabrilowitsch (e. musikal. Albumblatt m. U., 1922), Karl Goldmark (e. Br. m. U., Wien 1894, mit Umschlag), Vladimir Horowitz und Gregor Piatigorsky (e. Zeilen m. U. auf einem Billett von Zitla Furtwängler), Joseph Labitzky (e. Br. m. U., Karlsbad 1859), Pietro Mascagni (e. Schriftstück m. U.), Giacomo Meyerbeer (e. Schriftstück m. U., London 1855), Josef Rheinberger (e. Br. m. U. auf der Rückseite seiner gedruckten Visitenkarte, mit Umschlag) und Giuseppe Verdi (e. Billett m. U., mit Umschlag).

578 8 Autographen. (1.200.—)

Charles Gounod (e. Br. m. U., St. Cloud 1878, mit Umschlag), Franz Lehár (e. Br. m. U., Wien 1909; wohl an einen Musikdirektor, dem er ein Werk empfiehlt: „... ‘Die beraubten Götter’ Fräulein Pavelko die Komponistin hat mir das Werk vorgespielt. Ich kann nur sagen, das reizende Sachen darin vorkommen …“), Ruggero Leoncavallo (e. musikal. Albumblatt m. U., Berlin 1911; drei Takte aus seiner Oper „Maïa“), Carl Orff (e. Br. m. U., München 1925, mit Umschlag; an die Sängerin E. Neiendorff), Hans Pfitzner (e. Br. m. U., München 1943, an einen Herrn wegen einer ausgebliebenen „Weinsendung“), Giacomo Puccini (Portraitphotographie mit zweimaligem e. Namenszug), Emil Nikolaus von Reznicek (e. musikal. Albumblatt m. U., sechs Takte aus seiner „Ouvertüre zu ‘Donna Diana’“) und Robert Stolz (Br. m. U., Wien 1962, an einen Freund mit Dank für Geburtstagswünsche).

V. MUSIK 338

579* MUSSORGSKI, Modest Petrowitsch, 1839 – 1881. Eigenh. Musikmanuskript. 1878. 11/2 S. Querformat (25,2 × 33,5 cm), 12-zeilig. Russisch. Leicht gebräunt. Kleine Randeinrisse. Schwach fingerfleckig. (25.000.—)

Volkslied „Уж ты воля моя, воля“ („Mein Wille geschehe“) für 2 Solostimmen und Männerchor a capella. Vollständige Komposition (18 Takte) für 3 Tenor- und 2 Bassstimmen (davon 2 Tenor-Solostimmen) in b-Moll, bezeichnet „Andante assai. Cantabile“, mit unterlegtem Text nach Tertij Iwanowitsch Filippow. – Zu dem lange als verschollen gegoltenen Manuskript sind keine Entwürfe bekannt. Mussorgski notierte auf dem Doppelbogen drei Chorsysteme mit je drei durch eckige Akkoladen bezeichnete Notensysteme: (1) Tenor-Solo, (2) Tenor-Solo und (3) Zweiter Tenor, Bass 1 und Bass 2. Die Noten- und Textschrift in dünner, schwarzer Tinte in Schönschrift, einige Korrekturen durch Rasur, so die Erniedrigungs-Vorzeichen hinter den Schlüsseln, einige Vorzeichen bzw. Auflösungszeichen im Notentext sowie einige Noten (Takte 13, 14 und 15).

Am Kopf rechts eine Echtheitsbestätigung von der Hand des Chordirigenten Michail Andrejewitsch Bermans: „Arrangiert und geschrieben von der Hand M.P. Mussorgskis 1878“ (Übersetzung). Am Kopf links der Name des Komponisten von fremder Hand (in Blei).

Das Volkslied ist neben seinen vier weiteren Liedern der Gattung eine Auftragsarbeit für Bermans Männerchor „Duma-Kreis“ in St. Petersburg. Der Komponist hatte dazu auf die Liedersammlungen von Filippow zurückgegriffen, dessen Texte er adaptierte.

Das Lied wurde, zusammen mit den vier anderen Liedern, erstmals postum 1884 beim Moskauer Verlag P. Jurgenson gedruckt, allerdings mit einigen Änderungen von der Hand Bermans, die auch bei späteren Nachdrucken, so auch der von Pawel A. Lamm herausgegebenen Gesamtausgabe, unverändert übernommen wurden, so die Anzahl der Solisten (nur ein Tenorsolist), die Tempoangabe („Andantino“ anstatt „Andante“) sowie in der Notation.

Das Autograph galt seit der Auflösung des Duma-Chors im Jahr 1890 als verschollen. Es verblieb wohl in St. Petersburg und gelangte in den 1940er Jahren über ein Antiquariat in eine Privatsammlung. Die vier

V. MUSIK 339

(M. Mussorgski)

anderen Lieder wurden aus dem Besitz Bermans in die Bestände der Bibliothek der Musikhochschule von Poltawa überführt, wo Berman 1913 gestorben war. Die Bibliothek wurde im 2. Weltkrieg geplündert; heute befinden sich die Autographen in verschiedenen öffentlichen Sammlungen in St. Petersburg und Moskau.

Die Wiederentdeckung des Manuskripts ist musikhistorisch bedeutsam, denn die Partitur zeigt – im Vergleich mit sämtlichen Drucken – Unterschiede in Notation und Text. Siehe dazu den im März 2023 erschienenen Artikel „New information about M. P. Mussorgsky’s choral arrangements of folk songs“ von Antonina V. Lebedewa-Emelina und Anna S. Winogradowa vom Staatlichen Institut für Kunstgeschichte des russischen Kulturministeriums („Journal of Moscow Conservatory“, Nr. 14/1, S. 60–91, mit Abbildungen). Die beiden Forscherinnen hatten bereits im Juni 2021 eine Expertise zum Autograph vorgelegt. Autographen Mussorgskis, insbesondere Musikmanuskripte, sind sehr selten.

580 OISTRACH, Dawid, 1908 – 1974. E. Br. m. U. Poststempel: London 2.IX.1968. 2 S. kl.folio. Russisch. Mit gedrucktem Briefkopf „Prince of Wales Hotel“. Mit Umschlag. (200.—)

An Dirk Nabering von der Gustav-Mahler-Gesellschaft in Berlin, der ihm Belegexemplare seines Buches „David und Igor Oistrach“ gesandt hatte, das – zum 60. Geburtstag des Geigers – im Rembrandt Verlag in Berlin erschienen war.

„... Die Photos sind gut ausgewählt und wecken das Interesse. / Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns für die Bibliothek weitere Exemplare des Buches senden könnten.

Meine beinahe einen Monat dauernde Konzertreihe in England habe ich beendet. Übermorgen werden meine Frau und ich wieder nach Hause reisen …“ (Übersetzung).

Oistrach war in der Royal Albert Hall in London als Solist und Dirigent mit dem Staatlichen Akademischen Sinfonieorchester Russlands aufgetreten und hatte u. a. das 2. Violinkonzert von Bach sowie das ihm gewidmete 2. Violinkonzert von Dmitri Schostakowitsch aufgeführt; letzteres unter Jewgeni Swetlanow. Die Aufführung vom 22. August wurde von der BBC aufgezeichnet.

581 PACINI, Giovanni, 1796 – 1867. E. Br. m. U. O. O. u. D. 2 S. 12o. Mit violetter ornamentaler Bordüre und Blindsiegel. (300.—)

An den in London lebenden Dirigenten und Komponisten Michele Costa, dem er seine Töchter anvertraut hatte.

„... Quanto ti son grato della gentile, e cordiale accoglienza che hai fatto alle mie figlie te ne sono altretanto più ricoscente conoscendo le immense occupationi che hai, possedento lo scettro musicale in Londra! te ne ringrazio, atteso che una tua lode, raddo pia il talento d’un artista, è fortuna per la mia piccola e cara figlia che un uomo del tuo merito si sia interessato per lei! giovine ragazza studiosa, di ottimo core, e riconosente …“

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V. MUSIK

582* PUCCINI, Giacomo, 1858 – 1924. Portraitpostkarte mit e. Notenzitat und unterlegtem Text m. U. auf der Bildseite. O. O. 1917. Aufnahme: Alfieri & Lacroix, Milano. Verso Zeilen von fremder Hand. (1.200.—)

Brustbild, Dreiviertelprofil nach rechts. Die Aufnahme zeigt den Komponisten mit Hut. Darunter das dreitaktige Notenzitat aus seiner Oper „La Fanciulla del West“ mit unterlegtem Text „ma il primo bacio mio vi siete preso“.

583 E. Br. m. U. Wien 25.X.1920. 4 S. gr.-8o. Schwach gebräunt und knittrig. Anmerkungen von fremder Hand (roter Farbstift). (1.200.—)

An seine Londoner Freundin Sybil Seligman, der er begeistert von Carlo Gozzis Libretto zu „Turandot“ berichtet, seinem neuen Opernstoff, sowie über die Pläne zu einer dritten Bearbeitung seiner Oper „La Rondine“. – Puccini schrieb ihr aus Wien, wo er mit Aufführungen mehrerer Opern gefeiert wurde; darunter den deutschsprachigen Premieren von „La Rondine“ und „Il trittico“.

„... Troppo feste, tropo inviti … La Jeritza“ (Maria J., Primadonna assoluta) „è veramente l’artisti per il Covent Garden dite lo a Higgins“ (Henry Vincent H., Direktor von Covent Garden) „che un se la faccia scappare – come pure La Lehman“ (Lotte Lehmann) „che ha cantato l’Angelica in modo straordinario … Riparo per la 3a volta la Rondine! Questa 2a edizione non mi va – preferisco le 1a quelle di Monte Carlo – ma la 3a sacrà la 1a con cambiamenti a causa del libretto … E Turandot? A ora non ho il libretto ma il piano dell’opera è bello e credo de la farò …“

„Turandot“ sollte Puccinis letzte Oper sein; er starb kurz vor der Fertigstellung. Franco Alfano vollendete das Werk, die Uraufführung fand 1926 in Mailand statt.

Sybil Seligman (1868 – 1936) hatte 1904 in London eine kurze Affäre mit Puccini. Sie blieb ihr Leben lang mit ihm befreundet.

– Siehe die Abbildung auf Seite 342.

V. MUSIK 341

Nr. 583

584* E. Br. m. U. Viareggio 27.III.1923. 1 S. quer-4o. Gedruckter Briefkopf. Mit frankierter und gestempelter Adresse (Faltbrief). Leicht fleckig. (350.—)

An Luigi Moncano in New York mit verspätetem Dank für Weihnachtsgrüße.

„... Le unisco un saluto augurale che prego compagnare al grande mago …“

585 E. Br. m. U. Mailand o. D. („mercoledi“). 1 S. gr.-8o. Mit Adresse (Faltbrief). Auf seinem Briefpapier („Via Verdi, 4, Milano“). Gelocht. (600.—)

An den Maler Filiberto Minozzi in Mailand, der um eine Empfehlung gebeten hatte.

„... Io poco posso fare per Lei. Conosco molto gente di saluto ma pochissimi intimamente o confidenzialmente …..

Poi, oggi parto per Londra e l’estate mi chiama ai monti, als mare  L’augurio mio fervido di successi e fortuna lo segua e le conforti la vita …“ Beiliegend eine Portraitphotographie (Brustbild, Dreiviertel-Profil nach links).

586* RAFF, Joachim, 1822 – 1882. E. Br. m. U. Wiesbaden 25.XII.1872. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (300.—)

An einen Dirigenten, dem er für die Aufführung seiner 4. Symphonie dankt. – Die Premiere des Werks hatte im Februar des Jahres am Königlichen Hoftheater in Wiesbaden stattgefunden.

„... Meine Frau hat mir Programm und Breslauer-Zeitung nachgeschickt, während ich in Sondershausen war, aber ich gelangte dort wirklich nicht dazu Briefe zu schreiben, in dem ich 3 Tage lang v. früh bis spät an den Auflagenstimmen meiner 5. Symphonie corrigirte, von welcher ich dort zu meiner persönlichen Information ein paar Proben abhielt …“

V. MUSIK
342 (G. Puccini)

587 REGER, Max, 1873 – 1916. Eigenh. Manuskript. (1904.) Mit 7 Notenbeispielen. 15 S. 4o, paginiert. Geheftet. Etwas fingerfleckig. (3.000.—)

Mehr Licht! “

Die vollständige Satzvorlage eines Artikels für die „Neue Zeitschrift für Musik“, mit dem Reger auf eine abwertende Besprechung seiner „Modulationslehre“ antwortete. – Beginnt:

„Eine in den Blättern für Haus- u. Kirchenmusik (No 5, 1904) stehende, längere Besprechung meines Büchleins ‘Beiträge zur Modulationslehre’ beweist mir zu meinem größten Bedauern, daß Goethes Worte heutzutage leider noch gar nicht veraltet sind; u. um so betrübender ist diese Thatsache, wenn man sieht, daß in manchen Köpfen selbst über die denkbar einfachsten Fragen der musikalischen Theorie noch immer heillose Konfusion herrscht. Herr Max Arend, der mein Büchlein besprach, äußerte in dem Referate Ansichten, die ich nicht umhin kann, etwas näher zu beleuchten. Zuerst sei Herr A. auf seinen ‘Eingangsirrtum’ aufmerksam gemacht. Er schreibt da, mein Büchlein könne als ein Praktikum der Riemannschen Modulationslehre u. damit gleichzeitig als ein Repetitorium der Riemannschen Harmonielehre bezeichnet werden. Wie der Verfasser zu dieser durch nichts bewiesenen Behauptung kommt, ist mir unerklärlich …“

Der Schluss lautet: „Obwohl in der Musik die von vielen Seiten stark protegierten rückblickenden Tendenzen und Bestrebungen sich immer mehr breit machen, obwohl wir gerade in der Musik über eine imposante, unübersehbare Reihe von ‘Denkmälern deutscher Kritik’ zu verfügen haben, geben wir, die wir uns mit Vertrauen in den deutschen Geist und offenem, vorwärts sehendem Blick der Weiterentwicklung unserer Kunst weihen, die Hoffnung doch nicht auf, daß dereinst in Erfüllung gehe Goethes Wort: / ‘Mehr Licht!’“

Schon im Vorjahr hatte Reger mit einem empörten Artikel („Ich bitte ums Wort!“) auf Kritik an seiner Arbeit reagiert. – Von fremder Hand stark korrigiert.

V. MUSIK 343

(M- Reger)

588* E. Bildpostkarte m. U. (Reger-Karikatur von Oscar Garvens). Poststempel: Leipzig 12.II.1899. (350.—)

An den Kaufmann Anton Heinrich Wolff in Leipzig, eine Geldsendung betreffend.

„... Ihr Herr Schwiegersohn hat heute 50 M gesandt; wir haben uns sehr gefreut darüber …“

589* E. Br. m. U. Leipzig 17.IX.1907. 2 S. gr.-8o. Auf seinem Briefpapier. Kleine Läsuren am Unterrand. Gelocht. (350.—)

An den Konzertveranstalter Norbert Salter, bevorstehende Aufführungen betreffend.

„... Bitte fragen Sie doch in Danzig an, wie die Orchesterproben zu den beiden Concerten am 11. + 13. November liegen; ich muß das balde wissen, damit ich mich mit meiner Zeit einrichten kann; ferner: wie heißt der Dirigent in Danzig? …“

„mit aller Wucht“

590 E. Br. m. U. Leipzig 28.IX.1910. 4 S. gr.-8o. Mit mehreren Notenzitaten im Text. Mit Umschlag. (600.—)

An Siegfried Ochs in Berlin, der die dortige Erstaufführung von Regers Chorsinfonie „Der 100. Psalm“ op. 106 dirigierte und den Komponisten dazu eingeladen hatte.

344

V. MUSIK

„... Schönsten Dank! Wir kommen natürlich zum 16. Nov; bitte um 2 Karten … / Wünsche hab’ ich nicht, da ich den Psalm ausgezeichnet bei Ihnen aufgehoben weiß.

Nachfolgend noch 2 entsetzliche Stichfehler …“ Es folgt eine detaillierte Beschreibung der Fehler anhand von Notenzitaten. „Bitte lassen Sie diese Fehler in Partitur u. den betreffenden Orchesterstimmen verbessern. Den Schluß (Seite 100, 101) denke ich mir riesig breit; das ‘Orchesterblech’ mit aller Wucht den Chor unterstützend, damit die Choraltrompeten u. Choralposaunen nicht die Chorpolyphonie umbringen; überhaupt Seite 100 + 101 ‘loslegen’ in allen Instrumenten und Kehlen …

Ich freue mich – u. meine Frau natürlich mit – riesig auf 16. November. Ich hoffe mal ein Te Deum noch zu schaffen …“

591* ROSSINI, Gioachino, 1792 – 1868. Br. m. U. Paris 26.III.1829. 1 S. gr.-4o. Leicht und unregelmäßig gebräunt. Kleiner Randriss (ausgebessert). (1.200.—)

Als Direktor des Théâtre-Italien in Paris an „Monsieur le Vicomte“, seine Honorarzahlung betreffend.

„... J’ai l’honneur de vous informer qu’il m’est du la somme de 5,433.34 pour solde de mon traitement de l’année 1828. Cette somme aurait du m’être payée à la fin du mois de Decembre. Quelques engagemens d’honneur, qu’il ne m’est plus permis de differer, me forcent de vous importuner pour vous prier … de vouloir bien donner vos ordres afin que le payement de cette somme soit fait avant Samedi 28. du mois courant.

Ce reliquat de traitement n’ayant aucunes relations avec le nouveau traité que j’ai eu l’honneur de vous soumettre, j’ose me flatter que vous voudrez bien accueillier ma demande …“

Im selben Jahr sollte in Paris seine letzte Oper „Guillaume Tell“ uraufgeführt werden. Da König Karl X. im Verlauf der Juli-Revolution abdanken musste, verlor Rossini seine Ämter und lebte fortan von einer lebenslangen Rente.

V. MUSIK 345

(G. Rossini)

592 Br. m. U. O. O. 5.X.1835. 1 S. kl.-folio. Am Kopf leicht gebräunt und fleckig. Ausriss am linken Rand (Wortverlust). (800.—)

An eine Herzogin, der er auf Bitten des Pariser Bankiers Alexandre Aguado dessen „Coupon de sa loge des Italiens“ übersendet.

„... Je m’acquitte avec plaisir de cette commission, qui me permet d’offrir a Madame la Duchesse l’hommage de mes sentimens distingués …“

Beiliegend eine gedruckte Einlasskarte zur Trauerfeier Rossinis („Obsèques de Rossini“) in der Pariser Dreifaltigkeitskirche am 21.XI.1868.

593* E. Br. m. U. Florenz 8.VI.(1850). 11⁄6 S. folio. Mit 3 Siegeln (mit Ausrissen am Unterrand) und Adresse. Leicht gebräunt. Verso Montagereste. (1.600.—)

An seinen Agenten Angelo Mignani in Bologna in einer Geldangelegenheit.

„Giovanardi con suo foglio del 8 D[i]c[embr]e mi scriveva quanto segue. ‚Mi acceserai ricevuto dell’unito appunto di [Scudi] 1000, già senduto a carico di Rusconi, e che è uno de miei titoli di credito. Lo terrai in pegno e se mi determinerò ad agire come credo ti pregherò di mandarlo a Mignani e farò gli atti a mezzo di sartori. Se verro a convenzioni all’atto di segnarle ti sostituirò un recapito per il tuo avere’ …“

594 E. Br. m. U. „G.R.“ O. O. u. D. 3 S. 4o. Leicht gebräunt. (1.600.—)

An einen befreundeten Grafen („Conte e Amico Carissimo“), den er um Rat bittet im Zusammenhang mit seinem Grundbesitz im Durazzo-Tal und in Riccardina (in der Gemeinde Budrio bei Bologna), dabei aus seiner 1848 entstandenen Arie „Francesca da Rimini“ zitierend: „Farò come colui che piange e dice“. –Rossini widmete der Verwaltung dieser landwirtschaftlich genutzten Güter große Aufmerksamkeit.

346

V.
MUSIK

„... Tu sai ch’io posseggo una Impresuccia alla Ricordina ed’ una valle (di Giosafat) in Durazzo, il sign. Albino Bonora tanto che visse il suo suocero Gandolfi (previo una piccola riconnoscenza) fu conduttore per mio cento di questi pochi Beni alla Cooperazione … Morto Gandolfi il sig. Albino Bonora sopracaricato di richezze e di ocupazioni non puote proseguire nelle atribuzioni che … disimpegnò con intelligenza ed’ amicizia, in questo stato di cose … il mio mandatario Angelo Mignani mi ha sottomesso un Progetto d’Affittanza … io le ho scritto non essere compatibile che il mio mandatario sia in uno il mio effittuario, egli mi ha risposto in modo che parmi preferisca l’onore di essere il mandatario del Autore del Barbiere di Siviglia . Nel conflitto in cui mi ritrovo crederei necessaria la visita alli Lud. Beni di un onesto Insegnere dalla quale potesse risultare (a mia istruzione) il partito ch’io dovessi prendere ora, credo poi tanto più necessaria la visita del Ingegnere Sapiente’ stante chè la valle si amunisce a modo da non potersi oramai più coltivare Riso ed’ aver strame …“

595* RUBINSTEIN, Anton, 1829 – 1894. E. musikal. Albumblatt m. U. Leipzig 6.I.1856. 1 S. quer-kl.-8o. Gebräunt. (250.—)

„Die Wellt ist rund und mus sich drehen aber wo möglich nach einem Walzer von J. Straus …“ – Darunter sechs Takte für Klavier, notiert im 3/4-Takt.

596 SALIERI, Antonio, 1750 – 1825. Eigenh. Musikmanuskript (Fragment). 2 S. großes Querformat, 12-zeilig. (1.600.—)

Auf der oberen Hälfte der Vorderseite die letzten 10 Takte einer Komposition für Gesang mit Begleitung, darunter und auf der Rückseite beginnt „N. XII. Larghetto“ mit dem Text „Se spiegar potessi, oh dio, l’eccessivo mio dolore …“, insgesamt 34 Takte.

V. MUSIK 347

597 SCHOBER, Franz von, Freund Schuberts, 1798 – 1882. E. Br. m. U. Dresden 22.XII.1877. 31/2 S. gr.-8o. Mit zittriger Hand geschrieben. Etwas gebräunt. Kleine Faltenrisse. (400.—)

Schwermütiger Altersbrief des 82-jährigen Dichters an einen jungen Freund, dem er für seine Zuwendung dankt; er könne ihm nur „die Miseren des Alters“ schildern.

„... Ich bin wirklich halb todt, obgleich ich in diesem schändlichen Zustande leider noch sehr lange fortleben kann, denn der Arzt sagt der Puls gehe sehr normal, die Zunge sey rein, die Verdauung gut, u. die Leute finden daß man vortrefflich aussehe. Der eigentliche Zustand ist aber so: Meine Schwäche ist schrecklich u. peinigend. Die geringste Bewegung kostet mich Anstrengung, ja Schmerz. Mein Schwindel ist so arg geworden, daß ich ohne geführt zu werden nicht mehr durchs Zimmer gehen kann, ohne Gefahr hin zu stürzen …

Wenn Du Dir den ganzen Zustand so zusammenstellst, wirst Du kein zu zu erfreuliches Resultat gewinnen. Dazu kommt noch die entsetzliche Einsamkeit. Ich sehe oft eine Woche keinen Menschen. Ich habe überhaupt hier wenig Bekannte u. einen Tauben zu besuchen ist für keinen ein Vergnügen. So gehen die Tage sehr trübselig mit Lesen vorüber u. man kann nur wünschen daß sie bald zu Ende wären u. daß es auf die wenigst schmerzhafte Art geschehe.

Du bist so außerordentlich freundlich mir Hoffnung zu machen daß Du mir von Deinen Sachen was erscheint, schicken werdest. Damit wirst Du mir eine ungeheure Freude machen u. sey so gut das auch auf Zeitungsausschnitte auszudehnen, wenn in Blättern Aufsätze von Dir enthalten sind, die ich sonst nie zu Gesicht bekommen würde, da ich nirgends hinkomme wo Zeitungen aufliegen u. selbst keine halte …“

598 SCHREKER, Franz, 1878 – 1934. E. Br. m. U. Wien 20.VI.1919. 1 S. kl.-folio. Rosa Papier. Oberrand perforiert. (300.—)

An den Industriellen und Musikgelehrten Paul Hirsch in Frankfurt a. M. „... Ich möchte Sie fragen ob Sie … August, oder Anfang September in Frankfurt sind: Dann kämen wir gern auf einige Tage um den ‘Schatzgräber ’ vorzuspielen. Bei Ihnen, wie wirs seinerzeit vereinbart. Die Première soll am 24. November sein … Darf ich … wirklich auf Ihre Gastfreundschaft rechnen?

Auch in diesen wenig angenehmen Zeiten? Ich denke mir, vielleicht haben Sie communistische Einquartierung …“ – Die Oper wurde erst am 21.I.1920 in Frankfurt a. M. uraufgeführt. Um 1930 besaß Paul Hirsch (1881 – 1951) die größte private Musikbibliothek Europas, die er nahezu vollständig in die Emigration nach Cambridge retten konne.

V. MUSIK 348

599 SCHUBERT, Franz, 1797 – 1828. E. Br. m. U. „Frz. Schubertmppria“. Wien 31.X.1822. 1 S. 4o. Mit Siegelspur. Leicht gebräunt und stockfleckig. (50.000.—)

An Josef Hüttenbrenner, den Bruder seines Freundes Anselm H., die Herausgabe neuer Lieder betreffend.

„... Da ich an den Ihnen übergebenen Liedern sehr wichtiges zu verändern habe, so geben sie selbe dem H. Leidesdorf noch nicht, sondern bringen sie mir heraus. Sollten sie schon überschickt seyn, so müssen sie eiligst abgehohlt werden …“

Schubert schrieb damals die As-Dur-Fassung seines Liedes „Frühlingsglaube“ (D 740), das zunächst (1820) in B-Dur komponiert worden war. Es erschien dann im Frühjahr 1823 als das zweite der drei Lieder op. 20 bei Sauer & Leidesdorf.

„bringen sie mir heraus“: Schubert wohnte damals in der Grünentorgasse 11 im Schulhaus bei seinem Vater, während Hüttenbrenner seine Wohnung im Bürgerspitalshaus beim Kärntnertor hatte.

Franz Schubert, Briefe und Schriften, hrsg. von Otto Erich Deutsch, Wien (1954), S. 56f.

Aus der Sammlung Wilhelm Heyer, Köln (Katalog der Auktion durch Karl Ernst Henrici und Leo Liepmannssohn, Berlin 6./7. Dezember 1926, Nr. 482, Zuschlagspreis: 1.000 Reichsmark).

Briefe Schuberts sind von größter Seltenheit. Deutsch waren lediglich 71 Briefe bekannt, deren Mehrzahl sich in öffentlichem Besitz befindet.

V. MUSIK 349

(F. Schubert)

600 Stich: „Die abgeblühte Linde, Der Flug der Zeit, vom Grafen Ludwig von Széchényi. Der Tod und das Mädchen, von Claudius, für eine Singstimme mit Begleitung des Piano-Forte in Musik gesetzt, und dem … Grafen Ludwig Széchényi … gewidmet von Franz Schubert. 7tes Werk. Wien, in Commission bey Cappi und Diabelli …“ (1821). Platten-Nr. 855. 11 Seiten Querformat. Drei lose Bögen, Bugfalte von Bogen 1 gebrochen und mit hellgrünem Glanzpapier hinterlegt. Leichte Gebrauchsspuren, außen etwas fleckig. (3.000.—)

Mit eigenhändigem Kontrollvermerk Schuberts: „Schmp 22.“ (Schubert manu propria 1822) am unteren Rand der sonst leeren Seite 12.

Erste Ausgabe. Deutsch Nrn. 514, 515 und 531.

Die Eigenhändigkeit von Schuberts Kontrollvermerken wird immer noch kontrovers diskutiert; wir folgen der Argumentation Ulrich Drüners (Otto Haas, Katalog 40, S. 15 ff.): „... It is almost certain that on the occasion of the publication of his opus 1–7, Schubert proudly followed the examples given to him … by Haydn, and … by Johann Nepomuk Hummel … The tradition of signing music scores … was a protection against artistic and editorial fraud … signing was an act of authentification …“

601 SCHUBERT, Ferdinand Lukas, Bruder Franz Schuberts, 1794 – 1859. E. Schriftstück m. U. Wien 17.VI.1854. 1 S. kl.-8o. Schwach gebräunt. Rechtes unteres Eckchen ausgebessert. Verso Zeilen von fremder Hand (Buntstift). (250.—)

1. Partitur von dem / gemischten Doppelchor: / ‘Timebunt gentes’ in Es.

2. Partitur von dem Offer- / torium mit Horn-Solo, / u. hiervon auch die / Auflagstimmen.“

Bedeutend für die Musikgeschichte ist Ferdinand Schubert besonders durch die Überlieferung des Gesamtwerkes seines jüngeren Bruders Franz.

„auf einem deutschen Pianoforte unbehaglich“

602* SCHUMANN, Clara, 1819 – 1896. E. Br. m. U. Dresden 18.XI.1844. 2 S. gr.-8o. Mit Adresse und kleinem Blindsiegel. Schwach gebräunt. Klammerspur am Kopf. (3.000.—)

An Carl Gustav Carus, dessen Wunsch, „das B dur Trio zu spielen“ sie erfüllen möchte.

„... nur habe ich eine Bedenklichkeit wegen des Pianoforte’s, das mir doch, um mit Begleitung zu spielen, nicht mehr ausreichend scheint, und ich überdieß jetzt so sehr an die englische Mechanik gewöhnt bin, daß es mir auf einem deutschen Pianoforte unbehaglich zu Muthe ist. Ich erlaube mir daher Ihnen vorzuschlagen das Meinige (was ich nämlich jetzt auf meinem Zimmer habe) zu Ihnen für den Abend bringen zu lassen …

Mein Mann  … wird mich gern am Mittwoch Abend begleiten, nur bitten wir im Voraus um Entschuldigung, wenn wir uns bald wieder entfernen, da mein Mann noch nicht wohl genug ist, um in Gesellschaft lange auszuhalten …“

Der Gesundheitszustand Robert Schumanns hatte sich durch die Strapazen der vom Februar bis Mai 1844 unternommenen Russlandreise verschlechtert. – Clara hatte in Russland auf mit englischer Mechanik ausgestatteten Konzertflügeln des dortigen Klavierbauers Karl Wirth gespielt und voller Begeisterung eines seiner Instrumente erworben.

Die Datierung „18.II.1844“ ist – da sich Clara und Robert Schumann am 18. Februar 1844 in Russland befanden – als November desselben Jahres zu lesen.

Schumann-Briefedition Serie II Bd. 22/1, Nr. 10, S. 114 (zwei kurze Auszüge).

350

V. MUSIK

Endenich 1854

Nr. 602

603* Eigenh. Abschrift eines Briefes ihres Mannes Robert Schumann, Endenich 14.IX. 1854. 3 S. gr.-8o. Etwas gebräunt. (3.000.—)

Robert Schumanns erster Brief an seine Frau aus der Privatheilanstalt Dr. Franz Richarz in Endenich bei Bonn, wohin er Anfang März 1854 eingeliefert worden war, und wo er am 29. Juli 1856 starb. – Ende Februar 1854 hatte sich Schumann, wohl im Wahn, in den Rhein gestürzt, nachdem sich die Symptome einer Syphiliserkrankung verstärkt hatten. Man war daraufhin übereingekommen, ihn in die Heilanstalt einzuweisen.

„Wie freute es mich, geliebte Klara, Deine Schriftzüge zu erblicken! Habe Dank, daß Du gerade an solchem Tage schreibst“ (ihr Hochzeitstag war der 12. September, Claras Geburtstag der 13. September)

„und Du und die lieben Kinder sich meiner noch in alter Liebe erinnern. Grüße und küsse die Kleinen!“ (Marie, Elise, Julie, Ludwig, Ferdinand, Eugenie und Felix.) „O könnt’ ich Euch einmal sehen und sprechen; aber der Weg ist doch zu weit. So viel möchte ich von Dir erfahren, wie Dein Leben überhaupt ist, wo Ihr wohnt, und ob Du noch so herrlich spielst, wie sonst, ob Marie und Elise immer vorschreiten, ob noch auch singen – ob Du noch den Klems’schen Flügel“ (er hatte seiner Frau 1853 zum Geburtstag einen Klems-Konzertflügel geschenkt) „hast – wo meine Partituren Sammlung (die gedruckten) und die Manuskripte (wie das Requiem, des Sängers Fluch) hingekommen sind, wo unser Album, das Autographen von Göthe, Jean Paul, Mozart, Beethoven, Weber und viele an Dich und mich gerichtete Briefe enthielt, wo die Neue Zeitschrift für Musik und meine Korrespondenz? Hast Du noch alle an Dich von mir geschriebenen Briefe und Liebeszeilen, die ich Dir von Wien nach Paris schickte! Könntest Du mir vielleicht etwa Interessantes schicken, vielleicht die Gedichte von Scherenberg, einige ältere Bände meiner Zeitschrift und die musikalischen Haus- und Lebensregeln. Dann fehlt es mir sehr an Notenpapier, da ich manchmal etwas an Musik aufschreiben möchte. Mein Leben ist sehr einfach und ich erfreue mich

V. MUSIK 351

(C. Schumann)

immer wieder an der schönen Aussicht nach Bonn, und wenn ich da bin, an dem Siebengebirge und an Godesberg, an das Du Dich auch noch erinnern wirst, wie ich in der stärksten Sonnenhitze am ‘Pagen’“ (3 Gedichte, op. 30 Nr. 2) „arbeitend, von Krampfanfällen angefallen wurde. Dann möchte ich wissen, liebe Clara, ob Du vielleicht für meine Kleidung gesorgt und ob Du manchmal Zigarren gesandt! Es liegt mir viel daran es zu wissen. Schreibe mir noch Genaueres über die Kinder, ob sie noch von Beethoven, Mozart und aus meinem Jugendalbum spielen, ob auch Julie das Spiel fortsetzt und wie sich Ludwig, Ferdinand und die liebenswürdige Eugenie zeigen. O wie gerne möchte ich Dein wundervolles Spiel einmal hören! War es ein Traum, daß wir im vorigen Winter in Holland waren, und daß Du überall so glänzend aufgenommen, namentlich in Rotterdam, und uns ein Fackelzug gebracht wurde, und wie Du in den Koncerten das Es dur Koncert, die Sonaten aus C dur und F moll von Beethoven, Etüden von Chopin, Lieder ohne Worte von Mendelssohn, und auch mein neues Koncertstück in D so herrlich spieltest. Erinnerst Du Dich noch eines Thema in Es dur, was ich in der Nacht einmal hörte und Variationen darüber schrieb; könntest Du sie mir beilegen und vielleicht etwas von Deinen Kompositionen mit?

So viele Fragen und Bitten hab’ ich – könnt’ ich zu Dir und sie Dir aussprechen. Willst Du den Schleier über Dieses oder Jenes, worüber ich Dich gefragt, werfen, so thu es.

So leb’ denn wohl, geliebte Klara und ihr lieben Kinder, und schreibt mir bald. / Dein / alter getreuer / Robert.“

604* E. Br. m. U. Wien 7.I.1869 (wohl irrtümlich für 1870). 4 S. gr.-8o. Leicht fleckig. (2.000.—)

Wohl an den Juristen Josef Potpeschnigg, dessen Haus in Graz ein kultureller Treffpunkt war, ein bevorstehendes Konzert betreffend.

„... gern komme ich Ihrem Wunsche nach in der Schlußnummer – noch ein Stück meines Mannes zu spielen. Um jedoch das Publikum, welches auch gern etwas von Mendelssohn hört, zu berücksichtigen, wähle ich ein seltener gehörtes Presto von Mendelssohn. – Setzen Sie also die letzte Nummer wie folgt:

a Novelette F dur / No. 1.a. Op. 21. Schumann.

b Scherzo (Presto E moll) [e-Moll op. 16/2] / Mendelssohn

Sie sind wohl so freundlich … auf dem Programm zu bemerken, daß das Instrument (das bereits dort angekommen ist) von Streicher ist …“

Gemeint ist wohl Clara Schumanns Konzert in Graz vom 11.I.1870, wo sie neben den genannten Werken Robert Schumanns Waldszenen op. 82 spielte. – Vermutlich unterlief Clara Schumann der am Jahresbeginn häufige Fehler, noch auf das Vorjahr zu datieren; am 7. Januar 1869 hielt sie sich nicht in Wien auf. Schumann-Briefedition Serie II, Bd. 4, Nr. 11, S. 598 (kurzer Auszug).

605 E. Br. m. U. Baden-Baden 20.IX.1889. 3 S. 8o. Am Oberrand der 4. Seite montiert. (1.200.—)

An „Liebe Königl. Hoheit“, die ihr zum Geburtstag gratuliert hatte.

„... Bald hoffe ich wird mir Gelegenheit Ihnen, theure Frau Landgräfin, persönlich danken zu können. / Wie freute es mich aus Ihrer Königl. Hoheit gütigen Brief zu ersehen daß es Ihnen, und jetzt auch der jüngsten Prinzeß, gut geht, und, daß Sie wieder musicirt haben! …

Meine Töchter danken sehr für Ihr gütiges Erinnern ihrer. Marie ist jetzt nach Frankfurt voraus gereist, ich mit Eugenie denke Ende d.M. wieder zu Hause zu sein – freue mich sehr auf die geregelte Thätigkeit wieder …“

352

V.
MUSIK

606 SPONTINI, Gaspare, 1774 – 1851. E. Vermerk m. U. unter einem Schriftstück des Théâtre de l’Impératrice, Paris 1811, 1 S. kl.-folio. (250.—)

Unter der Kostenaufstellung über 4.000 Francs für die Miete „de la Loge de Sa Majesté l’Empereur et Roi“, Napoleon I., im Théâtre de l’Impératrice für die Monate Januar, Februar und März 1811 bescheinigt Spontini als Generalmusikdirektor die Richtigkeit für die Hälfte des Etats: „Certifié le present état veritable pour la somme de deux mille francs“. Daneben zeichnet Direktor Duval für die andere Hälfte.

607* STERKEL, Johann Franz Xaver, 1750 – 1817. E. Br. m. U. Regensburg 25.III.1805. 3 S. 4o. Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht gebräunt. Faltenrisse an der Siegelstelle (ausgebessert). (600.—)

An „Monsieur Schott / Editeur de Musique“ in Mainz, Schulden betreffend.

„... Ich habe schon seit 5 Jahren von meiner praebende keinen Kreuzer bezogen, und lebe allein von der kleinen Besoldung, die ich glüklicher weise vom Hofe habe, und von meinem Talent … Um indessen Ihnen aber einen beweis zu geben, wie bereit ich bin mich von dieser schuld allmählich zu entledigen, so offerire ich Ihnen etwas von meinen neuesten Arbeiten, entweder für den Deutschen oder Italiänischen Gesang oder Sonaten für das Piano-forte mit begleitung einer Violine, worunter ich zu wählen bitte, um vorläufig dadurch einen Theil meiner schuld abzutragen …“

„Mozarts

und

Betthofische kräftige Compositionen“

608* E. Br. m. U. Regensburg 3.IV.1806. 4 S. 4o

(600.—)

An „Euer Wohlgebohren“, wohl Andreas Streicher, dem er Werke für die Wiener Pianistin Franziska von Spielmann, eine Schülerin Streichers, übersandt hatte.

„... Es ergreift immer mein ganzes Herz, wenn Vorurtheils-freye kenner und kunstsinnige-fühlende liebhaber der Tonkunst die produkte eines kleinen Talents mit Nachsicht und güte aufnehmen … Daß Ihre Frau Gemahlin“ (die Pianistin und Klavierbauerin Nannette St.) „die Idée noch nicht aufgegeben hat, mein Konzert in C doch noch öffentlich zu spielen, schmeichelte mich sehr; aber – aber ich fürchte nur, daß die ohren, die an Mozarts und Betthofischen kräftigen Compositionen gewöhnt sind, jenes zu wässrig und durchsichtig finden werden. Bey dieser gelegenheit bitte ich ihnen zu sagen, daß ich dieses Konzert vor einigen Jahren für eine 15jährige Schülerinn von mir schriebe, daß es also so und nicht anders geschrieben seyn durfte und konnte …“

V. MUSIK 353

609 STRAUSS, Eduard, 1835 – 1916. E Br. m. U. Würzburg 8.VI.1899. 4 S. gr.-8o. Auf seinem Briefpapier. Leicht fleckig. Mit Umschlag. (400.—)

An den ihm befreundeten k.u.k. Landesgerichtspräsidenten Josef Ritter von Weittenhiller in Innsbruck, der ihm zum Tod seines Bruders Johann Strauss (Sohn), der am 3. Juni im Alter von 73 Jahren gestorben war, kondoliert hatte. – Strauss verschafft seinem Ärger Luft, erst so spät von der Familie informiert worden zu sein, so dass er den Bruder nur noch tot hatte antreffen können.

„... Ich weiß nicht, hat die Umgebung – (wie gewöhnlich bei diesen) die Symptome einer schweren Erkrankung … nicht erkannt, oder wollten sie sie verheimlichen? Auch die Angabe der Umgebung, daß der Ärmste sich die Verkühlung in der Hofoper am Pfingstmontag gehohlt hat, ist nicht stichhaltig, denn die Lungenentzündung in Folge einer Verkühlung hat zur Entwicklung keinen solchen Zeitraum vom Montag bis Samstag!

Die Verkühlung kann und muß erst Dienstag oder Freitag selbst erfolgt sein. Die Symptome … waren jene einer sehr schweren Erkältung, Schüttelfrost u. Erbrechen, also wie [bei] einer infectiösen Krankheit … der Lunge, Rippen-oder Brustfell, oder Bauchfell-Entzündung. Hat die ‘Umgebung’ die Erscheinungen davon für den Ausbruch eines ‘Schnupfens’ gehalten?!!! Fünf Tage hat man den Verwandten und der Welt nichts gesagt von der schweren Erkrankung, erst als Hofrath Nothnagel den Zustand für äußerst bedenklich erklärte, meldete man eine Erkrankung an einer leichten (sic!!) Lungen-Entzündung!

Dort, im Besitz der Erbschaft einer Rente von 34,000 fl wird der Schmerz wohl nicht so tief sein, wie bei Jenen, welche mit ihrer Mutter den Verblichenen in vier schweren Krankheiten pflegten! …“

Beiliegend eine signierte Portraitpostkarte von Johann Strauss (Sohn), als junger Mann in der Uniform eines k.u.k. Hofballmusikdirektors.

610* E. Br. m. U. Wien 23.VI.1915. 3 S. gr.-8o. Mit goldgeprägten Initialen am Kopf. Liniiertes Papier. Schwach gebräunt. (250.—)

An eine ihm befreundete „Excellenz“.

„... Meine Gedanken weilten …schon bei Eurer Excellenz und dem hochgeehrten Herrn Sohn. Sind es doch jetzt die einzigen Persönlichkeiten, welchen ich im Winter wie im Sommer meine Aufwartung erstatte …

Auch ich machte im Juni fleißig pr. Wagen Ausflüge auf das Land, welchen ich meine stete sehr gute Nachtruhe und sehr guten Appetit verdanken zu können glaube.

Am 1. Juli Nachmittags erfolgt meine Übersiedelung in das gelobte Kanaan! …“ Beiliegend ein e. musikal. Albumblatt m. U.; 5-taktiges Notenzitat im Dreivierteltakt.

611* STRAUSS (Sohn), Johann, 1825 – 1899. Photographie eines Gemäldes von Leopold Horovitz („Ischl 9. 1891“) mit 2 e. Zeilen und Namenszug „Johann Strauß“ auf dem Untersatzkarton. Aufnahme: J. Löwy, Wien 1897 („Platinotypie“). Größe: Photographie ca. 15 × 10 cm, Untersatzkarton ca. 31 × 21,5 cm. Schwach gebräunt. Minimale Randläsuren. (600.—)

„Herzliche Glückwünsche dem verehrten Collegen und Freunde Eduard Kremser zur freundlichen Erinnerung / Johann Strauss“ Kremser wirkte von 1869 bis 1899 als Chormeister des Wiener Männergesang-Vereins, der u. a. die Walzer „An der schönen blauen Donau“ sowie „Wein, Weib und Gesang“ zur Uraufführung brachte. Beiliegend eine gedruckte Visitenkarte mit 3 e. Zeilen: „Johann Strauss / k:k: Hofball-Musikdirector / bittet Herrn Kapellmeister Genée das Klavierarrangement der persischen Hymne u. der Walzer übergeben zu wollen.“ – Richard Genée wirkte von 1868 bis 1878 als Kapellmeister am Theater an der Wien. Ferner beiliegend die gedruckte Todesanzeige des Wiener Männergesangvereins für Johann Strauss (Wien, Juni 1899) sowie eine gedruckte Einladung für einen „Tanzabend beim Walzerkönig“ im Festsaal der Wiener Hofburg anlässlich der 100. „Wiederkehr des Geburtstages von Johann Strauß“.

V. MUSIK 354

(1.600.—)

612 STRAUSS, Richard, 1864 – 1949. E. musikal. Skizzenblatt. Um 1917. 11/2 S. kleines Querformat, 6-zeilig (ca. 8 × 12,5 cm). Dreiseitiger Rotschnitt (Blatt aus einem Skizzenbuch, Papierkennung „No. 80. Jos. Eberle & Co Musikaliendruckerei Wien, VII.“). Schwarze Tinte und Blei. Ecken minimal ausgefranst.

2 Kompositionsskizzen.

Recto: Bleistiftskizze, 3-zeilige Akkolade.

Verso: Mit „Adagio “ überschriebene Skizze auf zwei 2-zeiligen Akkoladen, darunter eine 2-zeilige Akkolade mit einer weiteren Bleistiftskizze, die der Bleistiftskizze der Vorderseite ähnelt. Diese ist aber nicht die rückläufig notierte Fortsetzung jener Skizze auf der Rückseite.

Es handelt sich um eine Doppelblatthälfte, die einem kleinformatigen Skizzenbuch entnommen wurde, wie Strauss es ab ca. 1912 häufig verwendete. Strauss bevorzugte die von der „Max Liebers Musikalien& Pianoforte-Handlung Freiburg i. Baden“ angebotenen Skizzenbücher, die bis in die erste Hälfte der 1920er Jahre Eberle-Notenpapier mit der „Nr. 80“ (und „Nr. 70“ für das größere, 9-zeilige Format) und später Papier mit einer eigenen Kennzeichnung enthielten. Das fragliche Papier dürfte dem Skizzenbuch Nr. 39 (um 1917) entstammen, dessen letztes bedrucktes Notenblatt es einst war.

Bei der dreizeiligen Bleistiftskizze (recto) handelt es sich um die Fortsetzung eines auf der (jetzt) letzten Seite in Skizzenbuch 39 begonnenen, nicht näher zugeordneten Adagio. Dieses dürfte seinerseits eine neue Ausarbeitung des auf der Rückseite des angebotenen Skizzenblattes unten begonnenen musikalischen Gedankens sein.

Das heute im Richard-Strauss-Institut aufbewahrte Skizzenbuch Nr. 39 (RSQV-ID q13039) enthält verschiedene „fremde Themen“ (von Strauss auf dem Vorsatzblatt I mit „gute Skizzen. Auch Kammermusik Gmoll“ bezeichnet) aus dem Kontext der Oper „Intermezzo“ op. 72. Das Skizzenbuch wurde nachträglich zwischen dem jetzt letzten Notenblatt und Vorsatzblatt III geklebt.

Wir danken Herrn Dr. Dominik Šedivý, Garmisch-Partenkirchen, für Informationen zu diesem Autograph.

V. MUSIK 355

(R. Strauss)

613 Eigenh. Musikmanuskript mit Namenszug „DrRichard Strauss“ am Kopf. Ca. 1918/1919. 4 S. großes Querformat (Doppelblatt), 24-zeilig. Hellbraunes Notenpapier. Notentext vorwiegend Bleistift, teilweise Eintragungen mit schwarzer Tinte. Erste Seite mit blauem Stempel von „Papeterie-Imprimerie E. Bellamy. 115, Rue Réaumur, Paris“, mit Anmerkung von fremder Hand am Kopf links und kleinem Stempel „Berlin. Schlesinger’sche Buch- & Musikhandlung“ am Seitenende rechts. Knickspur mittig. Letzte Seite stellenweise berieben. (12.000.—)

Particell zu seiner Oper „Intermezzo . Eine bürgerliche Komödie mit sinfonischen Zwischenspielen in zwei Aufzügen“ op. 72, Libretto vom Komponisten.

S. 1 und 2: Zweiter Aufzug, vierte Szene (Anfang bis Ziffer 121, Takt 4) mit unterlegtem Text (S. 2).

S. 3 und 4: Zweiter Aufzug, fünfte Szene (1 Takt vor Ziffer 168 bis 179, Takt 6), mit unterlegtem Text. Der Text der Seiten 3 und 4 lautet:

[S. 3] [zweiter Aufzug, fünfte Szene]

[Frau:] „Was ich gelitten wird dadurch nicht ausgelöscht“

[Robert:] „Aber doch nicht durch meine Schuld“

[Frau:] „Vielleicht meine?“

[Robert:] „Natürlich dies unüberlegt hitzige Köpfchen“

[Frau:] „Ich? das ist / unerhört“

[Robert:] „Na ich keinesfalls“

[Frau:] „Wer dann?“

[Robert:] „Du weißt daß ich ganz unschuldig bin.“

[Frau:] „Das weiß ich nicht“

[Robert:] „Die Beweise genügen dir nicht“

[Frau:] „Für / diesen besonderen Fall vielleicht aber man weiß doch nicht –“

Robert: „Du könntest wissen“

[Frau:] „Gar nichts Gar nichts / ich habe jetzt gesehn was alles passieren kann“

[Robert:] „Aber es ist doch nichts geschehn“

[Frau:] „Meine Lei- / den meine Seelenqualen“

[Robert:] „Hättest du dir größtenteils ersparen können wenn du besonnener zu Werke gegang[en] wärst.

Statt dessen / 2 völlig unverständliche, unbeantwortbare Telegram[me] an mich die mich dem Wahnsinn nahbrachten du warst beim Notar wegen Scheidung“

[Frau:] „Du weißt? Du weißt?“

[Robert:] „Er hat mir /

[S. 4] telegraphiert.“

[Frau:] „Gemeinheit“

[Robert:] „Ja der hat eine bessere Meinung von mir als meine eigene Frau“

[Frau:] „Ihr steckt alle unter einer Decke“

[Robert:] „Also kurz u. gut / es war die schlimmste Zeit meines ganzen Lebens 3 Nächte [kein Auge zu.]“

[Frau:] „Ich auch nicht“

[Robert:] „[Meine] ganze Tätigkeit unterbrochen“

[Frau:] „[Das] schadet dir schon“

[Robert:] „Hättest du lieber ordentliche Erkundigungen eingezogen“

[Frau:] „Habe ich[!] Sind noch gar nicht abgeschlossen“

[Robert:] „Was?“

356

V.
MUSIK

[Frau:] „Deinem saubren Col[le]gen / traue ich nicht wer weiß welches Complott“

[Robert:] „Nun wird mirs aber zu dum[m!] Ich gutmütiger Narre reise eigens nach Hause dir alles zu ver- / geben“

[Frau:] „Du mir“

[Robert:] „Ich dir Jawohl Und du machst mir noch eine Scene anstatt mir reumütig um den Hals zu fal[len!]“

[Frau:] „Reumütig[?] Ich bedaure nur, [dass ich dich geheiratet habe, dass ich überhaupt geheiratet habe!]“

Dieses Particell weist gegenüber der späteren Reinschrift der Partitur und der gedruckten Fassung kleine textliche Unterschiede auf. Auffällig sind zudem einzelne noch auskomponierte Stellen von gesprochenem Text. Strauss hatte den Text nach autobiographischen Begebenheiten 1917/1918 selbst geschrieben. Seine achte Oper bietet sowohl einen besonderen Einblick in die Kultur und den bürgerlichen Alltag in der Weimarer Republik als auch in das Privatleben des Komponisten. Die Uraufführung fand am 4.XI.1924 im Schauspielhaus Dresden unter der Leitung von Fritz Busch statt.

V. MUSIK 357

(R. Strauss)

614 Eigenh. Musikmanuskript m. U. „Richard Strauss“ (1940). 2 S. großes Hochformat, 34-zeilig. Stellenweise fleckig. Rand- und Faltenrisse. (8.000.—)

Skizzenblatt zur „Festmusik zur Feier des 2600-jährigen Bestehens des Kaiserreichs Japan“ (Japanische Festmusik) für großes Orchester op. 84.

Blattfüllende Skizzenfragmente aus den ersten Abschnitten des Werks:

S. 1: „Triumphmarschartig Maëstoso“. „Gong“. „Disposition: Einleitung Adur 4/4 das meerumflossene Eiland; von Fismoll nach Esdur 3/4 Allegro Heldentum. / Seitensatz Bdur die Kirschblüte. Durchführung: der Vulcan u. Fugato des arbeitenden Volkes / Von da rückwärts über Kirchblüte (gekürzt), Heldentum zur Schlußhymne Adur.“

„Einleitung Andante con moto“. / „Voraus / 8 Takte / Gongs“.

„Allegro“.

S. 2: „Dreitakt“. / „Kirschblü[te]“.

Die Japanische Regierung beauftragte zum Jubiläum im Jahr 1940 Musik von Komponisten aus verschiedenen Ländern (u. a. auch J. Ibert und B. Britten, der zu diesem Anlass die vom Auftraggeber zurückgewiesene „Sinfonia da Requiem“ schuf). Richard Strauss schrieb die „Japanische Festmusik“, für die er seine Arbeit an der Oper „Die Liebe der Danae“ unterbrach, innerhalb von wenigen Monaten und beendete dieses Gelegenheitswerk – zugleich seine letzte vollendete programmatische Komposition für großes Orchester – am 23.IV.1940 in Meran. Die Uraufführung fand am 14.XII.1940 in Tokio statt.

358

V. MUSIK

„wenigstens etwas“

615 E. Br. m. U. München 18.X.1886. 2 S. 8o. Schwach gebräunt. Gering fleckig. (800.—)

Als frisch bestallter Kapellmeister des Münchner Hof- und Nationaltheaters an „Herr Steyl“ von der Münchner Museumsgesellschaft über bevorstehende Aufführungen seines Chorwerks „Schwäbische Erbschaft“, seiner Symphonie f-Moll op. 12 sowie über die Fertigstellung seiner Orchesterfantasie „Aus Italien“ op. 16.

Zuerst empfiehlt ihm der 22-jährige Strauss die „liebenswürdige, talentvolle Sängerin Frl. Herzog“ und fragt, ob ihn „die Museumsgesellschaft zum dirigieren einladen wird“.

„... Wüllner“ (der Dirigent Franz W. war einer der wichtigsten Förderer aus Strauss’ Aufstiegszeit) „hat meinen Chor auf sein Programm gesetzt, Bülow macht meine Sinfonie in Hamburg!! Siegfried Ochs in Berlin hat mir ebenfalls eine Aufführung des Chors versprochen, außerdem winkt mir die ‘ferne’ Hoffnung meiner Sinfonie für Wien; die dortige philharmonische Gesellschaft wird sie dieser Tage in einer Novitätenprobe spielen; wenigstens etwas. Vom Gewandhaus habe ich für dieses Jahr einen refus erhalten; natürlich.

Sonst geht’s mir gut ich ich lege eben letzte Hand an eine 4 sätzige sinfonische Fantasie für Orchester …“ – Inspiriert durch seine Italienreise im selben Jahr widmete er sie Hans von Bülow; das Werk wurde unter Strauss’ Dirigat im März 1887 in München erstmals aufgeführt.

616 E. Br. m. U. Garmisch 7.IX.1921. 3 S. 8o. Gedruckter Briefkopf. Mit Umschlag.

(600.—)

An den Redakteur Albert Büsching in Frankfurt a. M. wegen eines angeblichen Interviews in der Zeitschrift „Nation“.

„... Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, daß Sie, frei von Sensationshunger … die Diskussion über das wirklich zu blöde ‘Interview’ vollständig unterdrücken wollen; bedauere nur herzlich, Ihnen dieses interessante Schriftstück nicht wieder zurücksenden zu können, da ich – es für eine Abschrift haltend –dasselbe längst dem wohlverdienten – Papierkorb einverleibt habe …

Falls Sie jedoch auf eine authentische Nachricht aus meiner Werkstatt Wert legen sollten, erhalten Sie hiermit als erster die Mitteilung, daß ich in diesem Sommer ein heiteres, 2actiges Ballet geschrieben habe, das in Saison 1922 – 23 zur Aufführung kommen kann. Dasselbe spielt in Wien u. wird mit Josephslegende zusammen einen Abend füllen …“

Gemeint ist „Schlagobers“, seine zweite Komposition für Ballett nach „Josephs Legende“ (1914).

617* 3 e. Karten m. U. Graz 15.V.1926 (Postkarte), Garmisch, Juni 1936 (gedr. Karte mit 2 e. Zeilen m. U.) und Taormina 22.I.1938 (Kunstpostkarte mit Notenzitat). Schwach gebräunt. Eine Karte gelocht. (400.—)

An verschiedene Adressaten.

Graz 1926. An den Konzertveranstalter Norbert Salter in Strassburg. „... Frau Fleischer wollte die Schlußscene aus Salomé singen: ich teilte ihr soeben mit, daß dies unmöglich, da ich sie erst für’s Concert bearbeiten müßte, wozu es mir jetzt an freier Zeit gebricht …“

Garmisch 1936. „... Schönste Grüße u. die besten Wünsche für den 5. Juli  …“ Geschrieben unter eine gedruckte Dankeskarte für Geburtstagswünsche.

Taormina 1938. An „Freunde in der Heimath“ mit Neujahrswünschen, dazu ein viertaktiges Notenzitat.

V. MUSIK 359

(R. Strauss)

618* 9 e. Br. m. U. Garmisch, Meran, Montreux, Taormina und Zürich 8.X.1932 bis 26.III.1948. 17 S. kl.-folio bis quer-kl.-8o. Teilweise auf seinem Briefpapier. Minimale Läsuren. Mit 2 Umschlägen. (3.000.—)

An den ihm befreundeten Dirigenten Hugo Balzer, von 1933 bis 1945 Generalmusikdirektor in Düsseldorf, über Aufführungen seiner Werke.

Zürich 3.VI.1936. Über eine am 5. Juli geplante Aufführung der „Frau ohne Schatten“. „... Wenn etwas gut wird, ist es nie zu spät und ich kann warten. Aber kommen kann ich diesmal leider nicht. Die hiesige Strausswoche nach der Kissinger Kur ist schon gegen ärztliche Vorschrift … Vielleicht läßt es sich im Herbst ermöglichen, daß ich das Werk bei Ihnen höre. Ich wünsche bestes Gelingen u. guten Erfolg! …“ Meran 13.III.1938. Über die im Mai stattfindenden „Reichsmusiktage“ in Düsseldorf. „... wenn tatsächlich eine direkte Einladung des Propaganda Ministeriums an mich erfolgt, so komme ich sehr gerne zum 22. Mai wieder zu Ihnen … / Eine Antwort auf Ihren Till vorschlag am 28ten Mai ist schon heikler! Sie müssten jedenfalls vorher sehr vorsichtig sondieren, ob Ihr freundlicher Wunsch geneigtes Gehör an höherer Stelle findet und ob es Herrn Dr Goebbels wirklich angenehm ist, wenn ich am selben Abend dirigiere. Denn eine direkte Ablehnung von seiner Seite wäre für mich in hohem Grade peinlich u. ich bitte Sie, wenn sie nicht ganz sicher sind, daß Ihr Vorschlag auch Zustimmung findet, die ganze Frage lieber gar nicht anzuschneiden …“ – Strauss war von 1933 bis 1935 Präsident der Reichsmusikkammer; er war im Juli 1935, nach einem Brief an Stefan Zweig, von Goebbels persönlich zum Rücktritt aufgefordert worden.

Garmisch 27.V.1938, in derselben Angelegenheit. „... Ich treffe in Düsseldorf am 25ten Nachmittag 3 Uhr ein u. bitte Sie, dies Freund Lönne mitzuteilen u. ihn zu ersuchen, mir von 4 bis 7 Uhr einen gemütlichen Skat (eventuell mit Papst) zu arrangieren. Abends will ich in den Kölner Männergesangverein! …“

Garmisch 12.II.1941. Mit Aufführungsvorschlägen. „... À propos ‘zeitgemäß’! Haben Sie sich daraufhin einmal meine beiden Chorwerke: Taillefer (Eroberung Englands) u. Bardengesang (Cheruskerschlacht) angesehn? Taillefer wurde vor kurzem im Leipziger Gewandhaus gesungen!

Bitte grüßen Sie die prachtvolle Erna Schlüter mit dankbarem Fern-Handkuß; freue mich sehr, wenn Sie bald auch bei Ihnen ihre großartige Elektra singen wird …“ Garmisch 21.VI.1941. „... ‘Die Liebe der Danae’ … kann erst frühestens 2 Jahre nach Friedensschluß aufgeführt werden: sie ist besonders dekorativ für heutige Intendantengeldbeutel zu anspruchsvoll. / Aber von meinen anderen 14 Operchen liegen noch so manche zur gefälligen Auswahl auf Lager …“ Montreux 26.III.1948. Strauss war im Oktober 1945 in die Schweiz übergesiedelt. „... Es geht uns in der gastlichen Schweiz sehr gut – wir sind aus Garmisch fort, weil wir keine Cooks mehr hatten u. meine Frau besonders einen deutschen Winter nicht im ungeheizten Hause verbringen darf – Sie schreiben von ‘Entlassen’, es scheint, daß wieder einmal viel dummes Zeug über mich geredet wird. Meine letzten Werke: Oboenconzert, Hornconzert, Duettconzertino für Clarinette u. Fagott, sowie Conzertarrangements der Josefslegende, Frau ohne Schatten, Rosencavalierwalzer (eigene Bearbeitung) sind bei Boosey u. Hawkes … teils erschienen, teils im Erscheinen begriffen u. werden Ihnen zeigen, daß ich das Arbeiten ‘immer noch nicht lassen kann’ …“

Mit der Erwähnung weiterer Werke und Musiker.

619* Portraitphotographie (zusammen mit Hugo Balzer) mit e. Widmung u. U. auf dem Untersatzkarton. O. O. 5.IV.(?)1932. Photographie: 22,4 × 17,6 cm, Untersatzkarton: 24 × 20,8 cm (minimale Klebespuren, kleiner Einriss am Oberrand). Der Untersatzkarton ebenfalls montiert. (800.—)

Die Widmung: „Seinem lieben Collegen Hugo Balzer dankend für den schönen / Rosencavalier …“ –Hugo Balzer war zu diesem Zeitpunkt Generalmusikdirektor in Freiburg.

Die Aufnahme zeigt beide Musiker im Straßenanzug, nebeneinander auf einem Sofa sitzend (Kniestück, en face).

Beiliegend 7 weitere Photographien, die Strauss und Balzer (teilweise mit Orchester) anlässlich gemeinsamer Aufführungen in Freiburg und Düsseldorf zeigen (1930er Jahre).

360

V. MUSIK

620 Portraitphotographie mit e. Widmung u. U. auf dem Untersatzkarton. Bayreuth 1.VIII.1934. Photographie: 23,7 × 17,5 cm, Untersatzkarton: ca. 40 × 29 cm (leicht gebräunt). (1.600.—)

Die Widmung des 70-jährigen Strauss lautet: „Der großen Künstlerin Frieda Leider in hoher Verehrung / Richard Strauss …“ – Die hochdramatische Sopranistin Leider, eine der bedeutendsten Opernsängerinnen der 1920er und 1930er Jahre, galt als gesuchteste Wagnersängerin der Welt.

Die Aufnahme zeigt Strauss in Frack mit schwarzer Weste und weißer Fliege (Brustbild, Dreiviertel-Profil nach links).

V. MUSIK 361
Nr. 620 Nr. 619

(R. Strauss)

621* Portraitphotographie mit e. Widmung u. U. auf dem Untersatzkarton. Düsseldorf 5.XII.1934. Photographie: 21,2 × 14,2 cm, Untersatzkarton: 32,2 × 23,6 cm (leicht gebräunt). (800.—)

Die Widmung: „Der vortrefflichen Zdenka [Arabella] und Sophie [Rosenkavalier]: Hermine Dippel / zur Erinnerung an dankbar ergebenen / Richard Strauss …“ – Geschrieben anlässlich der Düsseldorfer Strauss-Woche im Dezember 1934.

Die Aufnahme zeigt Strauss vor einem Tisch stehend, in Frack mit schwarzer Weste und weißer Fliege (Kniestück, en face).

622* E. Br. m. U. Garmisch 9.I.1936. 11/2 S. 8o. Auf seinem Briefpapier. Minimal fleckig, Kleine Faltenrisse (ausgebessert). (400.—)

An einen Herrn (Name teilweise ausradiert) mit Dank „für die Übersendung Ihres famosen Stückes, das mir ausgezeichnet gefallen hat. Zum Operntext eignet es sich Mangels breiterer Lyrik wohl kaum, würde auch componiert seinen Hauptreiz der Frische u. seines prachtvollen Tempos verlieren. Ich selbst habe mich mit Rosencavalier u. Arabella auf Wienerisch, fürchte ich, ein für alle mal ausgegeben. Vieleicht treffen wir uns noch einmal auf anderem Terrain. Jedenfalls würde es mich freuen, Ihnen einmal persönlich zu begegnen! …“

„meine liebe alte Kapelle“

623 E. Br. m. U. „Dr. Richard Strauss“. Garmisch 15.X.1940. 1 S. quer-8o (auf der Textseite einer Ansichtskarte). Mit kleinem Notenzitat im Text. Schwach fleckig. Umseitig eine Aufnahme seines Arbeitszimmers in Garmisch. (2.000.—)

Vermutlich an Herbert von Karajan („Lieber Freund!“), der im Februar des Jahres Strauss’ Oper „Elektra“ neu inszeniert und sich wohl wegen eines weiteren Konzerts am 13. Oktober an Strauss gewandt hatte. – Der damals 31-jährige Karajan war seit 1939 Staatskapellmeister in Berlin.

„... Die 32tel sind richtig. Ich ließ sie spielen, weil die Sechszehntel immer ein bischen schlapprig u. nicht scharf genug herauskommen. Freue mich sehr, daß [Sie] den Zarathustra machen!“ – Karajan sollte das Werk anlässlich eines Symphoniekonzertes am 21. Oktober dirigieren. – Grüßen Sie mir meine liebe alte Kapelle!“ – Hier eingefügt die zwei Anfangstakte der „Elektra“ zu dem scherzhaft umgedichteten Text „Wie war Elektra?“ (statt „Wo bleibt Elektra?“) – „darf ich Sie einladen, am 29.ten zu meinem Guntram nach Weimar zu kommen? …“

Strauss’ wenig gespielte erste Oper „Guntram“ war 1894 in Weimar uraufgeführt worden und konnte sich in Weimar 1940 auch in einer stark gekürzten Fassung nicht auf der Bühne durchsetzen.

362

V.
MUSIK

„niemand als ich“

624* STREICHER, Nannette, geb. Stein, Klavierbauerin und Komponistin; mit ihrem Mann Andreas Streicher mit Beethoven befreundet, 1769 – 1833. E. Br. m. U. „Deine Nannette Stein“. O. O. u. D. (wohl vor 1793). 1 S. 8o. Minimale Randläsuren. (500.—)

Liebesbrief an den Pianisten und Komponisten Johann Andreas Streicher, ihren späteren Ehemann und Kompagnon in der vom Vater ererbten Kaviermanufaktur, dem sie ein kleines Geschenk zukommen lässt.

„Lieber Streicher, Hier folgt etwas für Dich daß ich selbst verfertigte; ich weis zwar nicht ob Du Strumpfbänder trägst aber so viel weis ich, daß ich unter der Arbeit daran, nur einen Gedanken hatte, und der warst Du. Du magst also Gebrauch davon machen oder nicht, so wirst Du sie immer als ein Zeichen meiner Liebe annehmen, und nie weg geben. Ich lies nicht einmal meinen Bruder den Drath dazu machen, weil außer den Schnälchen niemand als ich daran arbeiten solte …“

Das Paar heiratete 1793 und leitete die Manufaktur, die unter der Führung ihres Sohnes Johann Baptist Streicher Weltruhm erlangen sollte, gemeinsam. – In den letzten Lebensjahren Beethovens gehörte das Ehepaar Streicher zu seinen wichtigsten Vertrauten, wobei besonders Nannette, die teilweise die Rolle einer mütterlichen Freundin ausfüllte, zu einer wichtigen Briefpartnerin wurde.

625* TAUBERT, Wilhelm, 1811 – 1891. E. Br. m. U. O. O. 1.V.1869. 4 S. gr.-8o. Die letzte Seite leicht gebräunt. (200.—)

An einen Musiker („Mein lieber Elßler“), dem er zu seinem „Jubelfest“ gratuliert.

„... Wie ich Ihnen viel zu danken habe, für die große Mühe, die Sie meinen mehr oder weniger gelungenen Werken eine lange, lange Reihe von Jahren so hingebend angedeihen ließen, so danke ich Ihnen ins besondere für das warme Interesse, das Sie überhaupt stets meinem Arbeiten, meinen Fortschritten, meiner künstlerischen und Lebensstellung entgegen getragen haben, und das mich oft Muthlosen wieder anregte, mein Künstlerbewußtsein stärkte … Ich habe ja selbst annähernd ähnliche Freuden genossen, als ich meine Silberhochzeit, und vor 2 Jahren mein 25 jähriges Jubiläum feierte. Auch das vor acht Tagen stattgefundene 50 jährige Jubiläum meines alten Freundes Devrient hat mein Herz reich gemacht, indem es meine eigne Jugend mir vor die Seele brachte, meine Hoffnungen und Enttäuschungen …“

V. MUSIK 363

626* TELEMANN, Georg Philipp, 1681 – 1767. Schriftstück von fremder Hand mit eigenh. Ergänzungen und Korrekturen im Text. (Hamburg) 1745. 1 S. folio. Rechter Rand unterlegt. Einige schwache Stock- und Tintenflecken, kleine Rand- und Faltenrisse. (8.000.—)

Kostenkalkulation für die am 8. Dezember 1745 vorgesehene Aufführung der Hamburger Festmusik anlässlich der Krönung und des Geburtstags von Kaiser Franz I. (Kantate „Gott sprach, es werde Licht“, TVWV 13:16) in der St. Johanniskirche in Hamburg: „Verzeichniß der Personen, so bey der obhanden Kayserl. Crönungs-Music, so in der St. Johannis-Kirche d. 8.Xbr.1745 aufzuführen ist, zu gebrauchen sind, nebst deren Bezahlung von der Cammer“. Es folgt eine Auflistung der Mitwirkenden mit jeweiliger Angabe ihres Verdienstes, zuerst „Telemann, für die Compostition – – 50 Rthl.“, dann die zehn „Sänger“, ferner „Acht Rathsmusicanten a 2 Rthl. … Drey Trompeter u. ein Pauker, a 2 Rthl. … Der Clavirist … Der Notist …“, verschiedene „Gehülfen“ sowie der „Organist“ und „dessen Calcant“, zuletzt „Der Instrumententräger … Der Chor-Knabe … Der Clavierstimmer“ und als Nachtrag „Ein Harfenist bekömmt 6 Ducaten“. Die Kalkulation über insgesamt „127 Rthl.“ stammt von der Hand eines Kopisten Telemanns, eventuell Otto Ernst Gregorius Schieferlein. Telemann hat sie an einigen Stellen eigenhändig korrigiert und ergänzt, so z. B. durch den Zusatz „von der Cammer“ am Ende der vierten Zeile. – Vgl. Jürgen Neubacher, Georg Philipp Telemanns Hamburger Kirchenmusik und ihre Aufführungsbedingungen (1721 – 1767), Hildesheim 2009, S. 351ff. Wir danken Herrn Dr. Neubacher, Hamburg, für Informationen zu diesem Schriftstück.

Mit einer – irrigen – Echtheitsbestätigung am unteren Blattrand von Bernhard Müller, Bratscher des Müller-Quartetts und Autographensammler: „Originalhandschrift von Georg Philipp Telemann nach Vergleich als ächt erkannt …“

Das Dokument befand sich, als eigenhändig geltend, in den Sammlungen Werner Wolffheim und Karl Geigy-Hagenbach.

V. MUSIK 364

Nougat zu Weihnachten

627 VERDI, Giuseppe, 1813 – 1901. 4 e. Br. m. U. „GVerdi“. Busseto, Cremona, Florenz und O. O. 20.VII.1862, (24.III.1871), 23.XII.1881 und o. D. 4 S. 4o bis 8o. 1 Brief mit Adresse, die weiteren mit adressierten Umschlägen. Leicht gebräunt. 1 Brief mit leichtem Tintenabklatsch. (4.000.—)

An seinen Freund, den Journalisten Opprandino Arrivabene, zumeist Verabredungen betreffend. Busseto 20.VII.1862. „... Sono mezzo ammalato e non verrò per era a Torino. Anzi, se tu sei un galantuomo, fammi il piacere di andare alla Posta della Camera e dire a quelli Ill.mi di mandare a Busseto le mie lettere, soltanto le lettere …“

(Florenz 24.III.1871.) „Stammattina non ci troverai a mangiare!!! ma t’aspetto a mangiare con noi oggi alle sei“

Cremona 23.XII.1881. Kündigt ihm eine Nougat-Sendung zur Weihnachtsfeier an. „... Due parole in fretta per dirti addio, per augurarti le buone feste e per farti sapere che colla Ferrovia riceverai un piccolo pacchetto di Torroni di cotesta illustre Città …“

Florenz o. D. „... Arrivo qui all’istante con le dodici e mi fermerò stanchissimo. Desidero vederti. Sarò in casa (lo spero almeno) verso le cinque: se tu non potessi venire da me dimmi ove potrei vederti domattina … / Addio addio …“

Beiliegend ein e. Br. m. U. des Politikers Giuseppe Piroli an Arrivabene (mit Umschlag).

V. MUSIK 365

(G. Verdi)

628* E. musikal. Albumblatt m. U. Paris 10.IX.1867. 1 S. quer-4o. Mit dreiseitigem Goldschnitt. An den Rändern leicht gebräunt und schwach fleckig. (8.000.—)

„Traviata “. – 10 Takte für Sopran mit dem unterlegten Text: „Amami, Alfredo, amami quant’io t’amo …“ (Violetta, 2. Akt, 6. Szene).

Die Uraufführung der Oper hatte 1853 im Teatro La Fenice in Venedig stattgefunden.

629 24 e. adressierte Briefumschläge. Busseto, Cremona und Genua 1.II.1865 bis 17.III.1886 (Poststempel; einige unleserlich). 12o bis schmal-kl.-8o. Mit den Briefmarken. (2.000.—)

Ebenfalls an seinen Freund „Conte Opprandino Arrivabene “. – Den frühesten an Arrivabene gerichteten Umschlag sandte Verdi aus Cremona (Poststempel 1.II.1865), den spätest datierten aus Genua (Poststempel 17.III.1886).

Die Briefumschläge sind an Arrivabenes folgende Wohnsitze gerichtet:

Turin: „Albergo Trombetta“ (1865),

Florenz: „Via S[an] Antonio No. 25“ und „Via Faenza No. 125 Secondo Piano“ (1865 bis 1871) sowie Rom: „Piazza S[an] Lorenzo in Lucina no. 40 Secondo Piano“ (1872 bis 1886).

Der aus Mantua stammende Journalist wechselte häufig seine Wohnsitze; er lebte in Mailand, Neapel, Genua, Turin, Florenz und schließlich Rom, wo er im Alter von 79 Jahren starb. Die erhaltene Korrespondenz zwischen Verdi und Arrivabene umfasst über 200 Briefe aus 50 Jahren; der früheste erhaltene Brief stammt aus dem Jahr 1846.

Beiliegend Verdis gedruckte Visitenkarte.

366

V. MUSIK

„Dann nehme ich meinen Wanderstab“

630 WAGNER, Richard, 1813 – 1883. E. Br. m. U. Zürich 10.VII.1849. 21/2 S. gr.-4 o , eng beschrieben. Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht gebräunt. Rand- und Faltenrisse. (6.000.—)

Großer Brief an Natalie Planer, die 23-jährige uneheliche Tochter seiner Frau Minna, an die Wagner sich hier indirekt wendet mit der inständigen Bitte, ihm ins Züricher Exil zu folgen – er war wegen seiner Beteiligung am Dresdener Maiaufstand in die Schweiz geflohen. Die von Streitereien überschattete Ehe mit Minna war deswegen eskaliert; es blieb ihr unbegreiflich, dass Wagner seine Dresdener Stellung als Königlich Sächsischer Hofkapellmeister aufgeben konnte.

„... ich wende mich an Dich um von Minna etwas zu erfahren, von der ich nicht einmal weiß wo sie sich gegenwärtig aufhält. Was ich ihr selbst schreiben sollte weiß ich kaum: über ihre Härte gegen mich will ich ihr keine Vorwürfe machen; meine Vertheidigung würde sie aber auch nicht verstehen wollen, – denn wer mich nicht selbst und aus sich selbst zu vertheidigen vermag, der wird auch meine Vertheidigung, wenn ich sie führe, nicht gelten lassen oder verstehen wollen. Somit bliebe mir nichts weiter mehr übrig, als ihr meine herzliche Sehnsucht nach ihr auszudrücken: dieß könnte ich aber auch wieder nicht anders, als indem ich Alles aufböte um sie dazu zu vermögen, zu mir zu kommen, damit nicht das Traurige unsrer Lage durch das grösste Uebel, die Trennung, noch verschlimmert werde! Sie hat aber ausdrücklich, und namentlich auch um ihrer Gesundheit willen von mir verlangt, daß ich sie in dieser Hinsicht nicht bestürmen oder belästigen möge. Was soll ich ihr nun schreiben? Soll ich von mir schreiben? Wie können sie im Ernste bei solchen Gesinnungen Nachrichten von mir mit Theilnahme erfüllen? Schreibe ich ihr unzufrieden mit meinen Unternehmungen oder mit meinem

V. MUSIK 367

Zustande, so verhöhnt sie mich und ruft mir zu: ‘siehst Du, so hast Du es ja gewollt!’ – oder schreibe ich von Gelingen, von Aussichten u. Hoffnungen, so bezweifelt sie und nennt alles Täuschung. Hierin mag sie nun zwar sehr vorsichtig und klug handeln, von Liebe finde ich aber nicht eine Spur darin, sondern nur Lieblosigkeit und Eigensinn. In meiner jetzigen Lage kann ich mich aber an Minna nur wenden, wenn ich ihrer Liebe gewiss bin: nur die Liebe kann Alles das überwinden, was jetzt zu überwinden ist, nur die Liebe kann vertheidigen, entschuldigen, erkennen u. versöhnen. Das erste Bekenntnis dieser Liebe wäre in unsrem Falle aber, dass die Frau, zu der ihr Mann nicht kommen kann, zu ihrem Manne ginge: ist Minna unter allen Umständen zu diesem Entschlusse nicht fähig, nun so beweist sie eben offen u. klar, dass sie keine Liebe zu ihrem Manne hat, dass ihr ein Ort, eine Wohnung, Tische, Stühle u. Sachen – um die sie jetzt trauert u. klagt – lieber sind als der lebendige Mensch, welcher ihr Mann heisst, – dass sie es mehr liebt, von ihrem Manne Verleumdungen, engherzige Beurtheilungen u. Nasenrümpfen anzuhören u. zu sehen, als an seiner Seite selbst sich Gewißheit über ihn zu verschaffen …“ Im Folgenden eröffnet er Natalie seine derzeitige Situation und seine Pläne für eine gemeinsame Zukunft mit Minna: „... nachdem ich einige Antworten auf Briefe abgewartet, – was in dieser Entfernung immer viel Zeit braucht –, ging ich noch einmal nach Paris zurück um mit meinem Dichter den förmlichen Contrakt abzuschliessen“ (Franz Liszt hatte die Bearbeitung des „Rienzi“ für eine französische Aufführung im Winter 1849/50 in Paris vorgeschlagen) „u. da ich nun zunächst nichts weiter mehr zu thun hatte als zu arbeiten, wozu ich mich in Paris um keinen Preis je mehr aufhalten möchte, reiste ich nach Zürich zu diesem Zwecke. Hierher war ich auf das Dringendste eingeladen durch meinen Freund Alexander Müller, Professor der Musik“ (Wagner hatte den Pianisten und Dirigenten Müller bereits 1833 kennengelernt und bewunderte dessen Fertigkeit im Improvisieren), „der sein eigenes Haus hat, in welchem ich zwei große schöne Stuben bewohne. In der einen Stube standen schon zwei Betten, für mich und meine Frau: nun, das eine steht noch leer u. unbenützt. Ich kann aus dem Fenster der andren Stube auf die herrliche Gegend nicht hinausblicken ohne zu denken: Gott, was müßte dieser Anblick Minna stärken an der Seite ihres Mannes, wenn sie ihn lieben könnte … Hier würde ich jedenfalls ein für alle mal meine Heimat aufschlagen: meine Pariser Angelegenheiten würden mich doch nur immer auf einige Monate im Jahre dorthin ziehen. Schon jetzt würde es mir Möglich sein, meine fertige Oper Lohengrin in Bausch u. Bogen gut zu verkaufen. Wollte Minna nur erklären, daß sie komme, es wäre Alles leicht u. schnell in Ordnung: nur jetzt, da sie so kalt u. lieblos in der Ferne bleibt, habe ich für nichts gehöriges Interesse u. betreibe auch nichts mit Feuer …

Ach, möchte der gute Geist, der Geist der Liebe bald wieder über Minna kommen: überwältigt sie dieses edelste u. reinste Gefühl für mich nicht bald wieder, so fürchte ich, wird sie auch nie wieder der Liebe für mich fähig sein: dann soll sie mir es sagen, daß sie mich nie wiedersehen möge, daß sie mich nie mehr lieben könne, – u. dann – leb’ wohl, Kunst u. Alles was mein Leben ausmacht! Dann nehme ich meinen Wanderstab u. gehe in die weite Welt hinein, daß keiner mehr eine Spur von mir finden soll! …“

Natalie sandte den Brief an Minna weiter, die Wagner am 18. Juli antwortete: „Du sprichst in Nataliens Schreiben nur immer von meiner Lieblosigkeit gegen Dich … aber was hab ich denn für einen Beweis von Liebe von Dir? Du hättest mir müssen mit guten Beispiel vorangehen, das hast Du aber nicht, sonst hättest Du meine Bitten erhört und mir auch einmal ein Opfer gebracht … doch wirst Du mir zugestehen, daß Du ein großes Unrecht gegen mich, am Ende auch gegen Dich selbst begangen hast, indem Du ein sorgenfreies Leben mit einem höchst unsichern aufs Spiel setztest. Ich wünsche, daß Du es nie bereuen mögest“ (Sämtliche Briefe Band 3 S. 43). – Minna folgte ihrem Mann dennoch nach Zürich, wo sie in bescheidenen Verhältnissen lebten. Erst 9 Jahre später, im Sommer 1858, kam es wegen Wagners Freundschaft mit Mathilde Wesendonck zum endgültigen Bruch.

Sämtliche Briefe Band 3 Nr. 11.

V. MUSIK
368

631* Portraitphotographie. Hochformat, ca. 24 × 18 cm. Aufnahme: Pierre Petit (Paris 1860). Mit eigenh. Unterschrift des Photographen auf der Bildseite. Montiert auf Untersetzkarton. Kleine Läsuren. (800.—)

Brustbild, Dreiviertelprofil nach rechts. – Die eindrucksvolle Aufnahme zeigt den Komponisten in weitem Fellmantel während seines zweiten Aufenthalts in Paris 1860.

632 E. musikal. Albumblatt m. U. Paris 10.VI.1861. 2⁄3 S. quer-folio. 12-zeiliges Notenpapier, die mittleren 5 Zeilen beschrieben. Mit goldgedruckter Bordüre. Leicht gebräunt (an den Rändern etwas stärker). Kleine Randeinrisse (teilweise hinterlegt). (12.000.—)

Der Beginn der Arie des Hirten aus „Tannhäuser“ (1. Akt, 3. Szene) zu den Worten „De Son mont sortait Dame Holda pour voir les champs la prairie: ah, quels doux sons j’entendais là, mon âme se sentait ravie!“

Musikalische Albumblätter Wagners sind selten, da er diesbezügliche Bitten meist ablehnte.

V. MUSIK 369

(R. Wagner)

633 E. Br. m. U. Penzing 1.XI.1863. 12⁄3 S. gr.-8o. Faltenschäden mit Klebeband ausgebessert; etwas unfrisch. (2.000.—)

An den Tapezierer Ferdinand Schweickhart, den Wagner mit der prachtvollen Dekoration seiner Wiener Wohnung beauftragt hatte. Wagner, in beständigen Geldnöten, hatte mit Wechseln bezahlt.

„... Ich ersuche Sie, die am 4. Nov. fälligen Accepte in Ihre Wohnung zu bestellen, da ich heute nach Prag verreisen muss. Sie empfangen zur Einlösung der Wechsel hiermit, durch meinen Diener Franz / fünfhundert Gulden / und erhalten am 3. Nov. noch einmal 500 fl. für mich durch Herrn A.C. Schlesinger …, bei welchem Sie, im Verzögerungsfalle, gefälligst Nachfrage halten wollen. Sollte wider Erwartung diese Zahlung Ihnen bis 4. Nov. früh nicht zugekommen sein, so müssten Sie mir nach Prag, schwarzes Ross, telegraphiren, worauf ich Ihnen ebenfalls telegraphisch die nöthige Anweisung zukommen lassen würde, so dass Sie selbst in dem durchaus unvoraussichtlichen schlimmen Falle der Unpünktlichkeit des Herrn Schlesinger in keine Verlegenheit kommen würden …“

Da Schlesinger nicht zahlte, telegraphierte Schweickhart tatsächlich nach Prag, und Wagner ließ zur Bezahlung des zweiten Wechsels „das im ersten Konzert gewonnene Geld“ an den Wiener Tapezierer überweisen („Mein Leben“, S. 743).

Sämtliche Briefe Band 15 Nr. 276.

„Glücklicher Weise bleibt mir das Selbstvertrauen“

634* E. Br. m. U. Luzern 3.X.1869. 23/4 S. 8o. Leicht gebräunt. Mit Umschlag. (3.500.—)

An den Tenor Joseph Tichatschek („Lieber alter Freund“) in Dresden, zunächst mit der Bitte, sich beim dortigen Theater zu erkundigen, „wie es mit meinen Tantièmen für die Meistersinger steht“. „... Vor einiger Zeit wandte ich mich auch an KM. Rühlemann mit einem Auftrage, worauf ich jedoch gar keine Antwort erhalten habe. Ich wünschte nämlich von meinem ehemaligen Dresdener Verleger je ein Exemplar der Klavierauszüge von Rienzi, fliegender Holländer und Tannhäuser, welche mir abhanden gekommen sind: – nöthigenfalls gegen Bezahlung. Ausserdem bat ich ihn bei Fürstenau nachzufragen, ob er nicht die grosse Freundlichkeit haben wollte, sein Exemplar der autographischen Partitur von Rienzi mir abzulassen, da ich dieses ebenfalls gar nicht mehr besitze …

Sei mir … nicht böse, dass ich Dich gerade nur mit derlei Gesuchen belästige. Allein, weiss Gott, Du bist in Dresden noch der Einzige, auf den ich mich verlassen zu können glaube …“ Ferner über seinen Streit mit König Ludwig II. über die Münchner Rheingold-Aufführung; der Uraufführung am 22. September war Wagner demonstrativ ferngeblieben. „... Welchem Kummer und tief gehenden Aerger ich forwährend ausgesetzt bleibe, wirst Du neuerdings wohl wieder zur Genüge erfahren haben. Gott weiss, ob es mir je beschieden ist, in einem ruhigen Hafen festzuankern. Glücklicher Weise bleibt mir das Selbstvertrauen, sowie auch der Verlass auf meine Gesundheit …“ Sämtliche Briefe Band 21 Nr. 294 (Auszüge).

635 Schriftstück (handschriftlich ausgefüllter Vordruck) m. U. Bayreuth 1.II.1872. 1 S. gr.-4o. Minimale Läsuren. (1.200.—)

„Patronats-Schein / Nro. 33“ für den „Richard Wagnerverein in Mannheim“, der durch die Zahlung von 300 Thalern „die Rechte eines Patrones der in / Bayreuth / zu bewerkstelligenden drei vollständigen Aufführungen des Bühnenfestspiels / ‘Der Ring des Nibelungen’ erworben“ habe. Am selben Tag erwarb Wagner das Grundstück für sein Haus „Wahnfried“, mit der Ausgabe der Patronats-Scheine wurde begonnen.

370

V. MUSIK

636 E. Br. m. U. „RWagner“. (Tribschen/Luzern) 23.II.1872. 1 S. gr.-8o. Etwas gebräunt. Faltenrisse hinterlegt. Mit Adressblatt des Umschlags (Poststempel: 24.II.1872, montiert). (3.500.—)

An Hans Richter, damals Kapellmeister in Pest, über die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten zur Grundsteinlegung des Festspielhauses. Drei Wochen zuvor hatte Wagner das Grundstück für Haus Wahnfried erworben und den Verwaltungsrat der Festspiele gegründet. Sodann über die Geburt seiner wohl dritten unehelichen Tochter mit seiner Bediensteten Verena Stocker geb. Weidmann.

„... Zwei Worte! – / Ihre Musiker“ (neben Richter wirkten sieben weitere Musiker aus Pest mit) „freuen mich sehr, und wären mir noch willkommener, wenn es, statt, vier – vierzehn wären. Aus Wien werden mir 12 angemeldet. Wollen nun sehen! –“

Richter veranstaltete am 28. Februar ein Konzert, dessen Erlös von 1000 Gulden er nach Bayreuth sandte: „Ihr Conzert freut mich nicht minder: nur so fort! Ich hab’ mit der Sache manche Noth u. werde viel Geduld haben müssen. Bringen Sie dort keinen Verein zu Stande? –

Ich wünsche, dass Ihr Intendant“ (Bódog Orczy) „bis Ende März seine 1000 fl. findet, ich brauche sie bis dahin – da sie mir einmal in Aussicht gestellt waren habe ich auf das Geld gerechnet.“ – Richter hatte Wagner im April 1000 Gulden für das Aufführungsrecht für „Der fliegende Holländer“ angekündigt, deren Erstaufführung am Pester Nationaltheater – in ungarischer Sprache – er am 10.V.1873 leiten sollte. „Vreneli ist vorgestern entbunden: das Mädchen ward heute Johanna Maria getauft.“ – Wagner hatte mit Verena Stocker bereits zwei uneheliche Kinder, Wilhelm Richard (geb. 1868) und Bernhard (geb. 1869). Alles ist sonst wohl, namentlich blüht Fidi!“ (Richard und Cosimas Sohn Siegfried war 1869 geboren worden). „Schreiben Sie oft und haben Sie Glück! Bald machen wir hoffentlich wieder Musik …“ Sämtliche Briefe Band 24 Nr. 65.

V. MUSIK 371
Nr. 636 Nr. 634

(R. Wagner)

„die gar zu frühen Ankunftsstunden“

637 E. Br. m. U. „Richard Wagner“. Bayreuth 26.IV.1877. 2 S. gr.-8o. Minimal gebräunt. (2.500.—)

An einen Herrn in London, kurz vor seiner Konzertreise nach England, wo er am 22. Mai seinen 64. Geburtstag feierte.

„... wie ich Ihnen diess bereits zu erkennen gab, beruht meine einzige Sicherstellung für die Londoner Unternehmung nur in der Redlichkeit der Herrn Hodge & Essex. Dieser durch Ihre gütige Ueberwachung mich versichert zu wissen, genügt mir zu vollkommener Beruhigung.

Sehr verbunden bin ich Ihnen auch für die Mittheilung der empfehlenswerthesten Reiserouten. Ob wir Vliessingen benützen werden, glaube ich zwar nicht, da mir die gar zu frühen Ankunftsstunden sowohl in England als in London selbst etwas beschwerlich dünken …“

Wagner dirigierte gemeinsam mit Hans Richter zwischen dem 7. und 29. Mai insgesamt acht Konzerte in der Royal Albert Hall, u. a. Ausschnitte aus dem „Fliegenden Holländer“ und der „Walküre“. – Richter hatte im Vorjahr bei den ersten Bayreuther Festspielen die Aufführungen des „Ring des Nibelungen“ geleitet. Die Einnahmen aus den Londoner Konzerten sollten dazu beitragen, das finanzielle Defizit der ersten Festspiele abzutragen.

638* (—) Haarlocke (ca. 2,5 × 2,5 cm), mit Lorbeer- und Enziankranz auf ein breites Passepartout montiert, mittig eine Portraitpostkarte Richard Wagners (Zeichnung, „Carrie Pringle fecit 1883“, nach einem Gemälde von Franz von Lenbach, ca. 14 × 10 cm), unter Glas in Rahmen der Zeit (ca. 39 × 33,5 cm). Bayreuth 1883. (400.—)

Die Haarschleife ist im unteren Teil des Passepartouts über einem Enzianarrangement montiert. Das Portrait zeigt Wagner im Dreiviertelprofil nach links (Brustbild mit breitkrempiger Mütze und Halsschleife). Auf dem Rückwandkarton der Vermerk „Huterfabrik H. Schnappauf / Bayreuth 1883 angefertigt“. – Bernhard Schnappauf, Wagners Barbier und enger Vertrauter, trug gemeinsam mit fünf weiteren Bayreuther Handwerksmeistern im Februar 1883 Wagners Sarg in die Gruft im Garten des Hauses Wahnfried.

Weitere Anmerkungen auf einem später rückseitig aufgeklebten Papierstreifen: „M. Vater B. Schnappauf war im Hause Wahnfried v. 1871 – 1904 wo er am 10/III verstarb“, „Sämtliche Blätter von Kränzen die der Meister Richard Wagner erhielt“.

639 WAGNER, Cosima, seine zweite Ehefrau; Tochter Franz Liszts, in erster Ehe mit Hans von Bülow verheiratet, 1837 – 1930. E. Br. m. U. „Cosima Liszt“. O. O. u. D. (Berlin, nach 1855). 1 S. gr.-8o. Mit Adresse. Leicht gebräunt. Schwache Läsuren. (400.—)

Wohl als Zögling Franziska von Bülows an den Pianisten Franz Kroll, den sie zu einem Konzert einlädt. – Cosima war 1855, zusammen mit ihrer Schwester Blandine, zu Hans von Bülows Mutter nach Berlin in die Wilhelmstraße gezogen und erhielt von Kroll Klavierunterricht.

„... N’auriez-vous pas envie d’assister au concert de Wiprecht? Nous irons ce soir, dans le cas ou la partie vous serait agréable je viens vous proposer de venir nous prendre à 4 heures et demi à la Wilhelmstrasse; je pense que vous préfériez vous écoucher les oreilles en copagnie que seul, c’est pourquoi je vous ai proposé cette combinaison …“

Gemeint ist wohl der Militärmusiker Wilhelm Wieprecht, ein Freund von Franz Liszt.

V. MUSIK
372

Nr. 639

An Major Hans Freiherrn von Laßberg, persönlicher Adjutant des späteren Königs Ludwig III. „... in dankbarer Erinnerung an den gnädigen Besuch mit welchem S. Königl. Hoheit der Prinz Ludwig das Haus Wahnfried beehrte, möchte ich Sie bitten, meine und meiner ganzen Familie ehrerbietigste Glückwünsche dem hohen Herrn darzubringen, indem wir auf fernere huldvolle Gesinnung respectvollst hoffen …“ – Die Glückwünsche galten dem 61. Geburtstag des Prinzen am 7. Januar. Beiliegend ein e. Br. m. U. ihres Sohnes Siegfried, Regensburg 1913, an einen Freiherrn v. Mallinckrodt, der Fürst Fürst Albert und Fürstin Margarete von Thurn und Taxis seinen Dank für deren „huldvolle Einladung“ aussprechen möge (auf Briefbogen und mit Umschlag des Hotels „Grüner Kranz“). Aus der Autographensammlung Annette von Droste-Hülshoff und Nachfolger.

641 E. Billett m. U. „Cosima“. O. O. u. D. Mit Trauerrand. Mittelfalte gebrochen (ausgebessert). (800.—)

An einen Redakteur.

„Darf ich mit herzlichstem Gruss um den fürstlichen gotha’schen Calender bitten …“ Beiliegend ein Br. m. U. von fremder Hand im Namen Cosimas an den Sänger Theodor Bertram: „... Die Erweckung der Wala und die Szene mit Siegfried waren einzig  …“ (o. O. u. D.) sowie ein signiertes Rollenbild von Theodor Bertram als „Wanderer“ in „Siegfried“ mit dem e. Zusatz „Wer meines Speeres Spitze fürchtet“.

V. MUSIK 373
640 E. Br. m. U. Bayreuth 29.XII.1905. 3 S. kl.-4o (1.200.—)

642 WAGNER, Siegfried, 1869 – 1930. Portraitphotographie mit e. Namenszug auf der Bildseite und Widmung auf der Rückseite. (Bayreuth) 7.VII.1908. Kabinettformat („Bayreuther Bühnen-Festspiele“). Aufnahme: A. Pieperhoff, Bayreuth. Mit Schwarzschnitt. Kanten gering bestoßen. (300.—)

Brustbild. Profil nach links, in weißem Anzug. Die Widmung: „Zur Erinnerung an eine sehr schöne ‘Parsifal’ Aufführung als ich mit Sessnitzers dort war – 7 August 1908.“ Beiliegend ein e. Albumblatt m. U. („Villa Böcklin Florenz / 1 Mai 1904“), ferner beiliegend seine Visitenkarte.

643 E. Postkarte m. U. Poststempel: Bayreuth 10.X.1911. Mit Unterstreichungen in rotem Kopierstift. (120.—)

An das „Hotel Hungaria / Budapest“, dem er sein Kommen ankündigt.

„Euer Wohlgeboren theile ich mit, dass ich mit Gräfin Gravina am 20. Nachmittags eintreffe …“

Seine Schwester Blandine, aus der Ehe Cosimas mit Hans von Bülow, hatte sich 1882 mit dem Grafen Biagio Gravina vermählt, der sich 1897 erschossen hatte.

„Verbrecher!“

644 WAGNER, Winifred, seine Ehefrau, 1897 – 1980. 1 e.Br.m.U, 7 Br. m. U. sowie 2 Briefkarten (eigenh. ausgefüllte Vordrucke) m. U. Dortmund und Bayreuth, 25.III.1969 bis 9.I.1979. 13 S. gr.-4o bis quer-8o. Auf ihrem Briefpapier (1 Brief auf Hotelbriefbogen). (600.—)

An den Dirigenten Rolf Agop. Bayreuth 24.IV.1969. „... Gestern Abend hörte ich hier Bartoks Sonate für 2 Klaviere und Schlagzeug – Das Zylophon ging mir dabei auf die Nerven – das Übrige war virtuos gekonnt –Die Familienbesprechung ging einigermassen friedlich ab – nur war ich doch ziemlich empört über das Erscheinen – ungebeten und sogar abgewinkt – meiner Schwiegertochter Gertrud – die trotz unmöglichen Benehmens mir und Wolfgang gegenüber, die Anmassung hatte, mein Haus zu betreten. Wir haben sie entsprechend kühl behandelt! – Gegen die Stiftungsidee scheint nunmehr nach Darlegung der Situation niemand mehr etwas einzuwenden zu haben …“ – Die Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth wurde 1973 errichtet und ist seither Eigentümerin und Trägerin des Bayreuther Festspielhauses und wählt den Leiter der Festspiele. – Winifred Wagner leitete die Festspiele bis 1949, danach übernahmen Wieland und Wolfgang Wagner die Gesamtleitung; Wolfgang wurde nach dem Tod seines Bruders 1966 alleiniger Leiter. Bayreuth 9.I.1979. Agop hatte um Karten für einen Freund gebeten. „... es ist Tatsache, dass kaum noch Karten zu haben sind (mir völlig unverständlich bei den jetzigen Schandinszenierungen!) und bei meiner ablehnenden Haltung den Regissueren [sic] – Verbrechern – gegenüber, lehnt natürlich mein Sohn jede Hilfestellung mir gegenüber ab. – Dagegen hoffe ich weiterhin mein Amt als Kartenverteiler für die Familie beizubehalten und für diesen Fall müsste und könnte ich versuchen, je zwei Karten abzuzeigen [sic] … Wahrscheinlich wird der Lohengrin noch unmöglicher als der Tannhäuser, denn Herr Ueker“ (Günther Uecker) „macht die Bühnenbilder!!!!!! – Herr Friedrich “ (Götz F.) „ist der Regisseur-Verbrecher!

V. MUSIK 374
…“

645 GLASENAPP, Carl Friedrich, Wagnerforscher, Verfasser der ersten Wagner-Biographie, 1847 – 1915. E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. gr.-8o. Leicht gebräunt. (180.—)

An einen Redakteur, der ihm eine Nummer der „Musikal. Zeitung“ gesandt hatte, da die „hiesige Buchhandlung“ ihm sein Abonnement nicht hatte zukommen lassen.

„... Beifolgend erlaube ich mir Ihnen für Ihr reichhaltiges Blatt einen Bericht über die hiesige sehr hübsche Liszt -Feier zu senden, von dem ich wünsche, daß Sie ihn verwendbar fänden …“

646* WESENDONCK, Mathilde, geb. Luckemeyer, Freundin und Förderin Richard Wagners, 1828 – 1902. 3 e. Br. m. U. Altmünster am Traunsee und Berlin (2) 28.VIII.1882, 19.II.1898 und 11.XII.1901. Zus. 8 S. 4o und gr.-8o. Die beiden ersten Briefe mit Trauerrand und den dazugehörigen Umschlägen. (600.—)

An den Musiker Otto Leßmann, Inhaber und Redakteur der „Allgemeinen Musik-Zeitung“ in Berlin, die (1882) über Richard Wagner berichtet hatte. 1882. „... Senden Sie mir doch gütigst die Heintz’sche“ (der Organist und Musikschriftsteller Albert H.) „Analyse der Parsifal-Musik, nebst Abhand[lun]g über die Sagen Stoffe. / Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ohne Ihnen meine Befriedigung auszusprechen, nun endlich eine MusikZeitung zu besitzen, in welcher authentische Nachrichten über Richard Wagner selbst sowohl, als über seine grosse u. heilige Sache anzutreffen sind:

Wenn man, wie ich, durch ein ganzes Leben hindurch zu den aufrichtigsten u. ergebensten Bewundern des Meisters, seiner Familie u. seiner Kunst gehört, so berührt es überaus peinlich, in der Presse allüberall nur zweideutigen Notizen zu begegnen … Ich verdanke es Ihnen, hochverehrter Herr, mich aus dieser Noth errettet zu haben …“

1901. „Das Liebesverbot“, Wagners zweite, 1834 entstandene Oper betreffend, über die sie in seinen „Gesammelten Schriften“ gelesen hatte. „... Auch hier muss man wieder einmal, unsern Meister bewundern! Giebt es etwas Einfacheres, Klareres u. Aufrichtigeres, als diesen seinen Bericht! Nichts wird vertuscht, nichts beschönigt, aber auch Nirgendwo der Aufführung des Werkes das Wort gesprochen! Meine Empfindung geht dahin, daß Er eigentlich davon abräth! …

Ein Gedanke ist mir beim Durchlesen gekommen: ob wohl Jung Siegfried seinen leichtfertigen ‘Wildfang’ aus dem ‘Liebesverbot’ geschöpft hat, wenigstens die Anregung dazu?? …“

V. MUSIK 375

647 WEBER, Carl Maria von, 1786 – 1826. E. Br. m. U. „Fhr. von Weber“. Stuttgart 19.X. 1808. 1 S. 4o. Mit Siegel und Adresse (Siegelausriss alt ausgebessert). Schwach fleckig. Mit kleinem Heftloch am Kopf. (1.200.—)

Als Sekretär des Herzogs Ludwig von Württemberg an Hofrat Ludwig Wilhelm Döring, die Einstellung dreier Kammerfrauen und zweier Kammerdiener betreffend.

„... Geehrteste Zuschrift habe die Ehre schuldigst dahin zu beantworten, daß ich bereits dem HaushofM[ei]st[e]r. S: Hoheit diejenigen Aufträge gegeben, die die Vollziehung des Allerhöchsten Willens Sr. Majestät“ (König Friedrich I. von Württemberg) „zur Folge haben werden. Die Nahmen der Kammerfrauen Ihro Hoheit sind, – Madam Kraft, Mlle. Burrmeister und Mlle. Schwarz; und der Kammerdiener, Briwaloff und Bernhard …“

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe, Digitale Edition, http://weber-gesamtausgabe.de/A040195 (Version 4.9.0 vom 5. Februar 2024).

V. MUSIK 376

Weber und Spontini

648 E. Br. m. U. „Weber“. Dresden 27.II.1825. 12⁄3 S. 8o (1.600.—)

An seinen Freund, den Schriftsteller und Verleger Friedrich Wilhelm Gubitz in Berlin, dem er Material zur geplanten Märchen-Oper „König Alfred“ übersendet. – Wie Gubitz in „Bilder aus Romantik und Biedermeier“ schreibt, ist dies „sein letzter Brief an mich, der, fünfzehn Monate vor seinem Tode, nicht die geringste Andeutung von Krankheit, eher volle Lebensfrische bescheinigt“.

„Ja wohl, eine Ewigkeit ist es, mein sehr lieber Freund, daß wir uns nicht geschrieben haben. Wie das so armen geplagten Geschäftswesen eben geht. Troz Lust und Willen komt man nicht dazu ohne bestimtes Muß mit seinen Freunden zu plaudern. Da Dresden immer der erste Ausflug der Berliner ist, so hoffte ich immer einmal die freundlichen Elbufer sollten auch Sie mit dem holden Weibchen“ (die Sängerin und Schauspielerin Henriette G.) „einmal hieher lokken. aber da sizt Er und dichtet, und ordnet, und schreibt und schnizt, und schweigt …

Ich wäre gerne auch einmal wieder zu Euch gerutscht, so lange aber der Y[psilon]Ritter da haust, kann ich nicht. Ich möchte nicht gerne den Componisten der Vestalin ignoriren, mit Hr: Spontini kann ich aber nichts zu schaffen haben; und da ist’s besser man bleibt weg.“ – Im Jahr zuvor war es wegen „Euryanthe“ zu einem schweren Zerwürfnis zwischen Spontini und Weber gekommen, so dass die Oper erst nach Spontinis Weggang – Ende 1825 – in Berlin aufgeführt wurde.

„Hier zum Eintragen die verlangten Akte des Alfred . Bald mein theurer Freund wird man keine Oper mehr für Deutschland schreiben können, und zwar wahrlich nicht des so sehr empfänglichen und lohnenden Publikums willen; aber die Directionen und der priveligirte Diebstahl“ (illegale Bearbeitungen und Aufführungen seiner Opern)

– „Es wäre gewiß unterhaltend zu lesen wenn ich meine gemachten Erfahrungen in diesem Punkte einmal der Welt erzählen wollte: man würde glauben glauben [sic] ich hätte mich in’s Fach des MärchenErzählers geworfen …“ Die geplante Oper wurde nie vollendet. Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe, Digitale Edition, http://weber-gesamtausgabe.de/A042430 (mit kleinen Abweichungen).

V. MUSIK 377

(C. M. v. Weber)

649 E. Br. m. U. „vWeber“. Paris 1.III.1826. 1/2 S. 4o. Etwas gebräunt und fleckig. Kleine Faltenrisse alt ausgebessert. (1.200.—)

Am Vortag seiner Abreise nach London an Sir George Smart, den Leiter der dortigen Königlichen Kapelle, dem er eine Verzögerung seiner Abreise mitteilt.

„... I am very sorry, that it is not in my power to part to day from here, consequently my first plan, but, a faithless Smith make me lose this Day … it is therefore impossible to be in London the 4th of March, and I shall be content when I arrive there the 5th

Pray, Dear Sir, to have the goodness to hire a room for my friend Fürstenau in the Hotel which [is] close to your house. I hope you will excuse my short and confuse letter …“

Weber hatte verschiedene Engagements in London angenommen, obwohl seine Kräfte immer rascher schwanden. Er reiste zusammen mit seinem Freund Anton Fürstenau, einem jungen Flötisten. Am 5. März erreichten sie London, wo Weber in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni im Beisein von Smart und Fürstenau starb.

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe, Digitale Edition, http://weber-gesamtausgabe.de/A042704.

650 WEILL, Kurt, 1900 – 1950. E. Namenszug mit Datum „Wien, April 1932“. 1 S. quer16o. Montiert unter einem Portrait (Photographie einer Zeitungsaufnahme). Grünes LeinenPassepartout (29 × 18,5 cm). Schwach gebräunt. (300.—)

„Kurt Weill“. – Darunter die Datumsangabe.

651 WOLF, Hugo, 1860 – 1903. Eigenh. musikal. Albumblatt m. U. „Hugo Wolf. / aus Wien“. Burg Hochosterwitz (Kärnten) 4.VI.1888. Gr.-folio. Zweiseitiger Rotschnitt. Am Fuß und am rechten Rand beschnitten. Etwas gebräunt. Heftzweckenspuren an den Rändern. (4.000.—)

„An eine Aeolsharfe .“ – 5-taktiges Notenzitat der Klavierstimme des gleichnamigen Liedes nach dem Gedicht von Eduard Mörike, bezeichnet „langsam“, notiert im 6⁄4-Takt.

Darüber der Beginn des Gedichts:

„Angelehnt an die Efeuwand Dieser alten Terrasse; Du, einer luftgebornen Muse Geheimnissvolles Saitenspiel Fang an, Fange wieder an Deine melodische Klage!“

Rechts daneben eine getilgte Anmerkung von fremder Hand. Am Kopf ein e. Vermerk von Hugo Wolfs

Schwager: „Josef Strasser / kk. Steuer-Inspektor aus / Bruck a/d M. / 4. Juni 1888.“ Verso weitere AlbumEinträge von fremder Hand; das Blatt stammt wohl aus einem Album der Burg Hochosterwitz.

Beiliegend ein kalligraphisches Schriftstück mit Zeichnung von Ch. C. Rodemund, in dem die Entstehung dieses Albumblattes beschrieben wird: „... Im Sommer 1888 besuchte Hugo Wolf seinen Schwager Josef Strasser … in Bruck a.d. Mur und machte mit ihm von hier aus einen Ausflug durch Obersteiermark, der die beiden Wanderer bis nach Kärnten führte. Sie stiegen zur märchenhaften Burg – Hochosterwitz bei Glandorf … Durch die weiten Säle des Schlosses gehend, blieb Hugo Wolf plötzlich wie gebannt stehen. Er hörte seltsame, klingende Accorde an sein Ohr schlagen, es klang ihm zuerst, als ob man in der Ferne Klavier spiele und verwundert weitergehend, sah er in einem Fenster des letzten Saales eine

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V. MUSIK

Aeolsharfe. Ganz verzückt hörte er zu. Dann lief er zurück zu Strasser, der zurückgeblieben war, und rief: ‘Das ist doch wunderbar! Schau’, ich hab’ in meinem Leben noch nie eine Aeolsharfe gehört, bis zu dem Augenblick, und so, wie die Aeolsharfe da klingt, genau so hab’ ich’s erraten; so steht’s in meinem Lied. Das ist doch merkwürdig!’

Er setzte sich hin und schrieb seinem Schwager die betreffenden Tacte aus seinem Mörike-Lied ‘An eine Aeolsharfe’ auf und übergab ihm das Blatt zum Andenken an die überraschende Stunde.“

652 ZELTER, Karl Friedrich, 1758 – 1832. E. Br. m. U. (Entwurf). Berlin 5.X.1828. 11/2 S. kl.-folio. Leicht fleckig. Minimale Rand- und Faltenläsuren. (600.—)

Antwortentwurf auf einen Brief des Altenburger Musikers J.F.S. Döring vom März 1828, geschrieben in den freien Raum der beiden Außenseiten von Dörings Brief. Dieser hatte Zelter ein Heft mit von ihm komponierten mehrstimmigen Gesängen überbringen lassen.

„... Hätte ich Sie in Ihrem jetzigen Wohnorte vermuthet so wären Sie vor einem Besuche kaum sicher gewesen, als ich voriges Jahr … durch Altenburg nach München reisete; Man hätte als Eingewanderter allenfalls das gute Handwerk gegrüßt. Wie es denn geht im Leben so in der Kunst: wenn die gelegene Zeit vorüber ist wird man inne, wie man’s am Besten gemacht hätte. Das soll uns jedoch nicht abhalten ferner aktiv zu seyn; wer kann Besseres geben als er hat?

Ihre Herrn Altenburger habe auch ich als ganz hübsche Leute (wie Sie es nennen) gefunden wenn ich auch nicht wüsste woran ich ihre Musiklust erkennen sollte. Die sogenannten hübschen Leute mögen wohl überall von Einer Sorte seyn. Man quält sich mit Ihnen u. das lassen Sie sich gefallen besonders so man ihnen zu lachen gibt …“

V. MUSIK 379

IV. THEATER UND FILM

653 GIRARDI, Alexander, 1850 – 1918. 2 e .Br. m. U. O .O. u. D. 3 S. gr.-8o und 1 S. 8o. Dazu: 2 verso signierte Rollenbilder, Kabinettformat und kleines Visitformat (Aufnahme: Krziwanek, Wien). (200.—)

An einen Autor, „Herr Höllrigl“, der ihn gebeten hatte, ein Stück von ihm bei der Intendantin des Theaters an der Wien, Alexandrine von Schönerer, unterzubringen. „... Wenn mir Ihr Stück noch so sehr gefällt kann ich Ihnen doch nicht nützen da sich Schönerer bei Annahme von Stücken von Niemandem beeinflußen läßt – ich habe mir daher erlaubt …, Schönerer zu ersuchen das Stück, nachdem es fertig ist, und Suppé sich dafür interessirt, zu lesen. Wenn Sie also dafür sind? bitte schicken Sie ihr das Buch, aber nach der Première von ‘Probe-Heirath’ … Glauben sie mir das ist das Beste …“

Der zweite Brief an einen Freund mit der Bestellung von Karten für den „Narrenabend“. Die beiden Rollenbilder zeigen Girardi als „Lehrling“ bzw. als „Botschafter“. – Beiliegend 2 gedruckte Visitenkarten mit e. Zusätzen.

654 HITCHCOCK, Alfred, 1899 – 1980. Portraitphotographie mit e. Widmung u. U. sowie kleiner Zeichnung auf der Bildseite. Frankfurt a. M. 29.IX.1966. Schwarz-weiß-Aufnahme. 24 × 18 cm. Minimal berieben. Verso Montagereste. Oberes rechtes Eckchen geknickt. (1.200.—)

Brustbild in weißem Hemd mit dunkler Krawatte. Schöne Aufnahme im Dreiviertelprofil nach links. Dazu am linken Rand sein charakteristisches Selbstportrait im Profil (ca. 8 × 4,5 cm) und die Widmung „To Doctor Sauer / from / Alfred Hitchcock / Sep 29th 1966. / Frankfurt a. M.“. Geschrieben während eines Aufenthaltes im Hotel Frankfurter Hof, dessen Gäste bei gelegentlichen Unpässlichkeiten von Dr. Sauer behandelt wurden.

Hitchcock befand sich in Deutschland auf einer Promotionstour für seinen Film „Der zerissene Vorhang“, einem Ost-West-Spionagethriller, der in beiden Teilen Deutschlands spielt. Siehe dazu https://www.youtube.com/watch?v=ZmgPuhLhBNU (ab 10:00).

IV. THEATER UND FILM 382

„Was ist all und jede Kunst ohne Herz!“

655 IFFLAND, August Wilhelm, 1759 – 1814. E .Br. m. U. Frankfurt a. M. 23.IX.1811. 3/4 S. 4o. Mit zerteiltem Siegel und Adresse. Etwas gebräunt. (300.—)

An seinen Arzt Johann Georg Klees, dem er sein Bild übersendet.

„... Nehmen Sie meinen innig empfundenen Dank, für die sorgliche, liebevolle Art, womit Sie um mich bemüht gewesen sind und mir so wesentlich geholfen haben, diese hat so viel gewirkt wie die Kunst. Was ist all und jede Kunst ohne Herz! Wohl Ihnen und denen die Ihrer bedürfen, daß Sie beides besitzen …“

656 PONTO, Erich, 1884 – 1957. Portraitphotographie mit datiertem e. Namenszug auf dem Untersatzkarton. „Dresden, 1927.“ Größe der Aufnahme: 15 × 11 cm, darunter montiert ein Blatt Goldpapier, Größe des Kartons: ca. 22,5 × 18,5 cm. Aufnahme: Ursula Richter, Dresden. Leicht verblasst und schwach fleckig. (80.—)

Schöne sepia-farbene Kopfstudie im Profil nach rechts, darunter der Namenszug „Erich Ponto.“

657 REINHARDT, Max, Pseudonym für Max Goldmann, 1873 – 1943. E .Br. m. U. „Dein Dein Dein / Max“. Berlin 29.IV.(1904). 31/2 S. gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf „Max Reinhardt / Kleines Theater – Neues Theater / zu Berlin“. Lochung ausgebessert (geringer Buchstabenverlust). Notizen von fremder Hand am Kopf. Mit Umschlag. (800.—)

„Mein heißgeliebter, süßer Schatz.“ – Auf dem Umschlag adressiert an „Fräulein Erna Helmer / Belzig / Heilstätte“. Nach den Angaben eines Vorbesitzers handelt es sich um ein Pseudonym für die Schauspielerin Else Heims, die spätere Ehefrau Reinhardts, die sich zur Kur in Bad Belzig aufhielt.

„... Ich selbst fühle mich nach wie vor gar nicht wohl, habe die bedenklichsten Schmerzen und frage mich selbst immer ob nicht auch bei mir so was von Hypochondrie mitspricht. Wir Großstadtmenschen neigen ja sehr leicht dazu und seelische Verfassungen haben da sehr viel Einfluß darauf.

... Ich werde also – und deshalb schreib ich Dir davon – gerne eine ruhige, planmäßige Erholungszeit mit Dir teilen und mit Dir, für Dich und für mich vorsichtig sein … Es dauert ja doch nicht mehr lange bis dahin. Was Deine künstlerischen Sorgen anbelangt, so wirf sie vorläufig nur ruhig über Bord. Dafür wird schon gesorgt sein und wir werden ja bald Gelegenheit haben, ausführlich darüber zu sprechen. Hier giebt es jetzt furchtbar viel zu thun. 2 Premièren sollen hier noch rauskommen, was weiß ich noch nicht – !? / Repertoire für Budapest. / Repertoire in dieser Zeit für Kleines Theater und Neues Theater. / Hauskaufsfrage / Frischs Engagement. / Schule im nächsten Jahre“ ( Efraim F., sollte einer der ersten Lehrer der Schauspielschule des Deutschen Theaters werden) „Zeitung. Gastspiel München / Repertoire im nächsten Jahre / Engagements: Sandrock , Pagay / Tägliches Vorsprechen sämtl. jugendlicher … Liebhaber. Theaterbau in Dresden. / Atelierfrage …

Das sind so ungefähr die Fragen die täglich vor u. nachmittags, morgens u. abends, mittags und nachts besprochen, beraten, überlegt und berechnet werden. Scheusslich! …“ – Siehe die Abbildung auf Seite 385.

IV. THEATER UND FILM 383

658 SCHAUSPIELERINNEN und SCHAUSPIELER. – 9 Autographen. (800.—)

Sarah Bernhardt (Portraitphotographie mit e. Namenszug auf der Rückseite; Aufnahme aus jungen Jahren, Nadar), Kurt Horwitz (e .Br. m. U. München 1959), Curd Jürgens (Br. m. U. Saint-Paul-de Vence 1982; an Géza [von Cziffra?], der ihm einen Chanson-Text übersandt hatte: „... was Du vielleicht nicht so weißt, wie leider das Publikum, es war mir nie vergönnt einen Sohn zu haben … Durch die – nach einem Autounfall erfolgte Sterilisation – hatte ich zwar privat viel Hetz … aber der Wunsch nach einem Sohn konnte sich nie erfüllen …“), Alexander Moissy (e .Br. m. U. Milwaukee o.D., 7 S. gr.-8o; während einer Amerika-Tournee an einen Freund: „... The theatre-business were in Pittsburgh not important, in Chicago considerable and in Milwaukee – the proud city of the germans – o good! – very, but very bad! I am glad to leave to-morrow that Milwaukee which has considerable resemblance with Zwickau …“), Max Pallenberg (e .Br. m. U. Berlin 1925; an Maximilian Harden, bei dem er sich entschuldigt, sich längere Zeit nicht gemeldet zu haben), Leni Riefenstahl (Portraitpostkarte mit e. Namenszug auf der Bildseite), Vittorio de Sica (Br. m. U. Camogli 1958; an einen Münchener Kulturreferenten über die deutschitalienische Co-Produktion von Wolfgang Staudtes Film „Kanonenserenade“, in dem er eine Hauptrolle spielte), Tilly Wedekind (e .Br. m. U. Seeheim 1929; an einen Herrn: „... ich freue mich ausserordentlich über den grossen Erfolg von ‘Die Kaiserin von Neufundland‘ …“) und Weiß Ferdl (e .Br. m. U. Solln 1947; Geburtstagswünsche für den Sänger Georg Wieter).

659 SCHRÖDER, Friedrich Ludwig, 1744 – 1816. E .Br. m. U. Hamburg 30.VIII.1787. 1/2 S. 4o. (250.—)

An einen Herrn, der ihm ein „Nachspiel“ gesandt hatte.

„... Sie wissen wohl nicht, daß es ursprünglich Du frenj ist; dann von Cibber bearbeitet, und Sie haben es von Murphy – Sonderbar! Ich bin von dem Unglück an meinem Fusse ziemlich hergestellt, und hoffe, daß es noch besser werden soll. Wie geht es Ihnen? Das hätten Sie mir wohl durch eine Zeile sagen können …“

„Du frenj“: Charles Dufresny, auch Charles Du Fresny, französischer Journalist und Schriftsteller.

„Cibber“: Colley C., britischer Schauspieler und Dichter.

„Murphy“: Arthur M., irischer Dichter.

660 E .Br. m. U. „S.“. (Rellingen bei Hamburg) 22.VI.1813. 1 S. 4 o. Mit Oblatensiegel und Adresse. (300.—)

An Martin Hinrich Cords, wohl ein Logenbruder („Mein gel. Br.“) in Hamburg, nach dem unerfreulichen Abschluss seiner Laufbahn als Theaterdirektor. Cords Vater war ernstlich erkrankt, so dass er sich, „Geldgeschäfte“ betreffend, lieber an den Adressaten wende.

„... Ich habe gefunden, daß in der Obligation keine Interessen bestimmt sind. Gott weiß, ich würde nicht an solche denken, wenn ich nicht gewiß wäre, daß meine einzige Nahrungsquelle – das Theater – zu Grunde gehen muß; es gehe auch mit Hamburg wie es wolle. Dünkt es Ihnen zuviel, wenn ich 31/2 p. in die Obligationen setze? (Ich erinnere mich, daß Ihr Herr Vater Ihrem Schwager Otto für diese Procente Geld gegeben hat.)

Wenn Sie dieß billig finden, so sagen es meinem Freunde; wo nicht, so schreiben Sie mir vorher … / Haben Sie keine Hofnung, daß Ihr Bruder bald kömmt? Die Wege sind ja nun offen. O wie gern spräche ich meinen kranken Freund! Aber ich darf mich nicht in H. sehen lassen und an mich erinnern …“

IV. THEATER UND FILM 384

Nr. 657 Max Reinhardt

661 SCHRÖDER-DEVRIENT, Wilhelmine, Tochter von Friedrich Ludwig Schröder, 1804 – 1860. E .Br. m. U. Dresden 18.XI.1832. 2 S. gr.-4o. Dreiseitiger Goldschnitt. Einige kleinere Papierschäden. Linke obere Ecke abgerissen. (250.—)

An einen befreundeten Herrn, den sie bittet, sich für ihren „Onkel Herr Brose“ beim „Theater zu Braunschweig“ zu verwenden.

„... Seine Ansprüche sind nicht groß; er ist in jedem Fach, und zu Allem brauchbar, sehr thätig und fleißig, und aus dem Grunde in jedem Fall eine gute aquisation für jede Direction. Ich bin überzeugt, daß ein kräftiges Fürwort von Ihnen alles zur Erfüllung der Wünsche meines Onkels thun würde, und darum bitte ich Sie um dieses Fürwort …“

662 TALMA, François-Joseph, 1763 – 1826. E .Br. m. U. Dünkirchen 9.V.1817. 11/2 S. 4o. Mit Siegelrest und Adresse. Etwas gebräunt. (150.—)

An „Monsieur Champion“, „Administrateur“ am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, dem er mitteilt, kein Engagement in Brüssel annehmen zu können.

„... avant de partir de Paris l’on m’a fait entendre qu’on ne me verroit pas aller là sans quelque déplaisir. Cependant ceci est un obstacle que je vaincrois facilement en écrivant à celui qui pourroit facilement être instruit de toutes mes demarches et de leur pureté. De plus je suis engagé avec Valinciennes …“

385

663 WIGMAN, Mary, 1886 – 1973. Eigenh. Manuskript mit Titel und e. Namenszug auf der

1. Seite. Um 1921. Mit Titel 28 S. in blauem Oktav-Schulheft, liniiert. Leicht gebräunt. Der blaue Umschlag und die Heftung mit kleinen Schäden. (800.—)

„Die sieben Tänze des Lebens / Tanzdichtung von / Mary Wigman“; beginnt:

„Prolog vor dem geschlossenen Vorhang zu sprechen:

Der König sprach: ‘Du tanzest um Dein Leben, Sklavin; und wenn Dein Tanz des Lebens Sinn mir deuten kann, so bist Du frei.’ –

Da tanzte die Frau den ersten Tanz des Lebens, der der Tanz des unerlösten Sehnens war.

‘Löset ihre Fesseln’ sagte der König. – / Und die Frau tanzte den Tanz der Liebe.

‘Tötet sie noch nicht’ rief der König. / Darauf tanzte die Frau den wilden Tanz der Lust, der alle Fesseln sprengte und alle Grenzen überschritt.

Der König verhüllte sein Haupt: ‘Dafür musst Du sterben, Weib.’ / Und die Sklavinnen brachten ihr den schwarzen Schleier des Todes …“

Es folgen die Tänze „des Leidens“, „des Dämons“, „des Todes“ und „des Lebens“ sowie detaillierte Ausführungen zu den handelnden „Personen“, der „Musik“, der „Dekoration“, dem „Kostüm“ und „Zwischentänze und Pantomimen der Sklavinnen“.

Im Druck erschienen bei Diederichs 1921. – Aus dem Nachlass von Lucian Hermann Neitzel (siehe die folgende Nr.).

664 9 e .Br. m. U. Silvaplana und Zürich 1.IX.1918 bis 3.IV.1919, 4 Briefe o. D. Zusammen 18 S. gr.-4o bzw. kl.-folio. Zwei Briefe mit gedrucktem Briefkopf „Mary Wigman“. Bleistift und Tinte. Teilweise einige Rand- und Faltenschäden. (600.—)

Inhaltsreiche Briefe der noch unbekannten Tänzerin an den Journalisten und Herausgeber Lucian Hermann Neitzel. Wigman hatte Neitzel, der als Schulfreund Hans Arps zum Umkreis der Dada-Bewegung gehörte, in der Künstlerkolonie Monte Verità bei Ascona kennengelernt, wo sie als Assistentin von Rudolf von Laban von 1913 bis Kriegsende Sommertanzkurse gab. Wigman war bei Ausbruch des Krieges Laban nach Zürich gefolgt, wo sie sich mit Privatstunden und gelegentlichen Aufführungen durchbringen musste.

Silvaplana o. D. (wohl vor September 1918). Über Aufführungsmöglichkeiten für Ihre eigenen Choreographien. „... Nun sind Sie schon längst fort … Was wird mit Ihnen? Haben Sie schon Pläne? Schreiben Sie mir bald ein paar Zeilen … Was haben Sie mir nur für eine schwierige Aufgabe gegeben … Ich will mir sicher Mühe geben und alles versuchen, um meine Tänze lebendig machen zu können. Ich habe auch … alles Mögliche versucht, las einigen Leuten den Text für die Tänze vor und sah, dass sie, trotz aller Verschiedenheiten alle gepackt waren davon. Und meinten, ich müsse den Text als ‘Tanzdichtung’ drucken, womöglich einem Verlag geben … Vergessen Sie mich nicht, weder was die ‘Tänzerin’ von Ihnen erwartet noch überhaupt …“

Silvaplana 1.IX.1918. „... Endlich kam ein Lebenszeichen von Ihnen. Ich wusste gar nicht was mit Ihnen geschehen war und machte mir Sorge … Was ich machen werde, ist mir noch unklar … Wenn’s geht bleibe ich noch in Silvaplana. Aber es bleibt mir nichts anderes übrig, als mir einen seelischen Blutegel in Gestalt von Frl. Trümpy“ (die spätere Tanzpädagogin Berthe T. sollte zu Wigmans Vertrauter werden) „kommen zu lassen und ihr soviel Tanzstunden zu geben, dass ich wenigstens 2 Hotelwohnrechnungen davon bezahlen kann. Was ich bisher für meine Tänze unternommen habe zwecks Finanzierung, ist mißlungen. Aber ich werde weiter sehen. Meine liebevollen Schülerinnen arbeiten gegen mich, ihr Neid hat mir schon manches untergraben … Ich würde Ihnen so gern Positiveres berichten. Aber ich sitze hier oben in grosser Einsamkeit, ein wenig weltfremd und auch ein wenig gereinigt von dem Dreck der zusammengepferchten Stadtkultur. Das ist … schön, aber höchst unpraktisch, denn dem Dreck kann man nur mit Dreck imponieren, wie sie wissen …“

IV. THEATER UND FILM 386

Zürich 11.X.1918. „... Ich kam aus meiner arbeitsvollen Einsamkeit herunter, um die Pantomime einzustudieren, für die sich inzwischen ein Gönner gefunden hatte. Die Pantomime habe ich inzwischen mit Laban umgearbeitet. Titel: ‘Im Laufe des Schweigens’ … die alte Pantomime wurde eine ganz neue, weil ich mit den vielen Dilettanten nicht arbeiten wollte, sondern nur mit denen, die wenigstens ein bischen was können. Aber ich hatte fast vergessen wie unangenehm es ist Menschen als Instrumente zu haben. Sie funktionieren immer nur unter der persönlichen momentanen Suggestion und das kostet Nerven …“ O. O. 27. XII.1918. „Lieber Neitzel, ich habe Sehnsucht nach einem Menschen! Wie schade, dass Sie nicht hier sind! … Ich habe nie jemanden gesehen bis auf den 1. Weihnachtstag, an dem die Taeuber einige Bekannte eingeladen hatte. Es war so, wie schon oft, die Taeuber – lieb und nett, der Arp mit erotischer Tendenz …“ Die Malerin Sophie Taeuber, die spätere Ehefrau von Hans Arp, gehörte zu ihren Schülerinnen. „... Am Sylvester ist bei Flake “ (Otto F. hatte sich kurzzeitig dem Züricher Dada-Kreis angeschlossen) „ein Fest geplant … Ich will hingehen, weil ich gern einmal wieder lustig bin … Zu Weihnachten bekam ich zwei Reisekoffer geschenkt! Ich bin sehr stolz auf meinen wachsenden Besitz und bereite mich auf den peinlichen Moment der Sozialisierung vor. Denn zwei Reisekoffer wird man mir kaum lassen! …“ Zürich 3.IV.1919. Zunächst begeistert über „einen Tanzabend“ in Davos. „... der war zu meinem eigenen Erstauen von einer starken Wirkung auf das haarsträubende Curhauspublikum da oben. Und jetzt in Zürich staunte ich noch mehr die Züricher in heller Begeisterung lodern zu sehen … Und man prophezeit mir von allen Seiten die herrlichsten zukünftigen Dinge. Sie werden sagen, ich habe das ja immer gewusst. Ich ja im Grunde auch. Das Schlimmste ist nur dass man von Tanzabenden mit ‘künstlerischen Erfolgen’ und einem begeisterten Publikum nicht leben kann … Schrieb ich Ihnen eigentlich, dass man mich an die Frankfurter Oper haben will als erste Ballettmeisterin, zwecks Reformierung des Balletts? …“

Ein Jahr später eröffnete Wigman ihre berühmte Schule für modernen Tanz in Dresden.

IV. THEATER UND FILM 387

VERSTEIGERUNGS-BEDINGUNGEN

CONDITIONS OF SALE

1. Die Versteigerung erfolgt im Namen der J. A. Stargardt GmbH & Co. KG (im Folgenden „Versteigerer“ genannt) auf Kommissionsbasis für fremde Rechnung.

1. Auctioning shall be in auctioneer’s name (J.A.Stargardt GmbH & Co. KG) for the account of a third party.

2. Die Versteigerung erfolgt in Euro (€). Die Ware kann ausnahmslos erst nach vollständiger Bezahlung abgeholt werden. Ein Versand durch das Auktionshaus erfolgt auf Kosten und Gefahr des Käufers. Die Steigerungsraten werden vom Versteigerer festgesetzt; gesteigert wird in der Regel um etwa 5 bis 10 %.

2. Auctioning shall be in Euros and against cash payment. Delivery or dispatch of the items shall be effected only after total payment has been obtained by auctioneer. Bidding rates are set by auctioneer. Offer prices shall be raised as a rule by about 5 to 10%.

3. Der Ausruf erfolgt nach Maßgabe der vorliegenden Limite und mindestens bei drei Vierteln der Schätzpreise. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge zu versteigern oder, wenn ein besonderer Grund vorliegt, zurückzuziehen.

3. The initial price asked shall be within the applicable limits and shall amount to at least three quarters of the estimated price. Auctioneer reserves the right to merge or split auction items, to auction them out of order and, if there is a special reason, to withdraw them.

4. Das höchste Gebot erhält den Zuschlag; es verpflichtet zur Abnahme. Der Käufer hat auf den Zuschlags¬preis ein Aufgeld von 28 % zu entrichten, in dem die Umsatzsteuer enthalten ist; sie wird nicht separat ausgewiesen (Differenzbesteuerung). Für Katalogpositionen, die mit einem * gekennzeichnet sind, ist auf den Zuschlagspreis ein Aufgeld von 20 %, auf den Rechnungsendbetrag die Mehrwertsteuer von 19% zu entrichten (Regelbesteuerung). Für deutsche Unternehmen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, kann die Rechnung auf Wunsch nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Von der Mehrwertsteuer befreit sind Ausfuhrlieferungen in Drittländer (d. h. außerhalb des EU-Raumes) und an Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten, vorausgesetzt, sie kaufen für den gewerblichen Gebrauch ein und teilen uns vor der Auktion schriftlich ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mit. Alle anderen Käufe aus Ländern der EU unterliegen der deutschen Mehrwertsteuer. Käufern aus Drittländern wird die Mehrwertsteuer erstattet, wenn binnen vier Wochen nach der Auktion der deutsche zollamtliche Ausfuhrnachweis erbracht wird. Erfolgt der Versand der Ware durch uns, gilt der Ausfuhrnachweis als gegeben.

5. Das Eigentum an den ersteigerten Sachen geht erst mit der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises an den Käufer über, die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung bereits mit dem Zuschlag. Bei Meinungsverschiedenheiten über den Zuschlag wird die Nummer nochmals versteigert.

6. Soweit erforderlich, kann der Versteigerer für den Käufer eine Ausfuhrgenehmigung einholen. Der Käufer trägt hierfür die Kosten und das Risiko der Nichterteilung. Der Versteigerer stellt pro Genehmigung 40 € sowie eventuelle behördliche Gebühren in Rechnung.

4. Acceptance of the bid is to the highest bidder, committing him/her to accept the item. In case of written bids with equal amounts acceptance shall be to the earliest received bid. The buyer shall pay a 24% surcharge on the hammer price which includes VAT (value added tax). VAT shall not be displayed separately (differential taxation). For catalogue items identified with a * a 16% surcharge has to be paid to the hammer price as well as the reduced VAT of 7% on the final invoice amount (mandatory tax). By request, German clients authorised to tax on input deduction may obtain invoices issued according to mandatory taxation. No VAT shall be charged for export deliveries to third countries (i.e. countries outside of the European Union) and to companies of EU member countries provided purchase of the items is for commercial use only, and turnover tax identification number has been submitted to us in writing before the auction. All other purchases from EU countries are subject to German VAT. VAT shall be reimbursed to buyers from third countries provided German customs exportation certificate has been submitted to us within four weeks after auction. Auctioned items delivered by us to countries outside the EU shall be tax-free.

7. Die geschuldeten Beträge sind mit dem Zuschlag fällig. Drei Wochen nach der Versteigerung gerät der Käufer in Zahlungsverzug. Bei Verzögerungen der Zahlung haftet der Käufer für alle entstehenden Schäden. Der Versteigerer kann in diesem Falle wahlweise Erfüllung des Kaufvertrages oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Er kann den Käufer seiner Rechte aus dem Zuschlag für verlustig erklären und den Kaufgegenstand auf Kosten des Käufers nochmals zur Versteigerung bringen. In diesem Falle haftet der Käufer für den Ausfall, dagegen hat er auf einen Mehrerlös keinen Anspruch.

5. Ownership or title of possession shall not pass to the buyer until the purchase price is paid in full, with the risk in respect of any kind of damage passing to him on acceptance. In case of dispute over an acceptance the item concerned shall be auctioned again. Commission agents shall be liable for their clients.

6. A 2% surchage shall be levied on any amount not received within three weeks of an auction, without prejudice to the applicable penal interest of 1% per month. In case of delay in payment the auction buyer shall be liable for any damage incurred. In that event auctioneer shall be free to either claim performance of the purchase contract or damages for non-performance. He may deprive the buyer of his rights under the acceptance and offer the item concerned once again for auction at this own expense. In that case the buyer shall be liable for deficiencies, but shall have no claim to any additional proceeds received.

8. Die versteigerten Sachen können vor der Versteigerung besichtigt werden. Sie sind gebraucht und werden unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft. Katalogangaben werden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, stellen jedoch keine Garantie des Versteigerers oder Vereinbarung über die vertragliche Beschaffenheit dar. Der Verkauf erfolgt ohne Haftung des Versteigerers gleich aus welchem Rechtsgrund. Der Haftungsausschluss gilt nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Versteigerers oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Versteigerers beruhen und ebenso nicht für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Versteigerers oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Versteigerers beruhen.

7. The authenticity of the autographs on offer shall be guaranteed. Such guaranty shall relate to the latest developments in research. Claims for refunds may be entertained only up to the applicable invoice amount and must be asserted within five years of the auction date. Items having material defects or which are deviating from the catalogue data will be taken back against return of their invoice amount. Complaints of this nature must be lodged within three days of receipt of the item, however, not later than three weeks after the auction.

9. Abweichend von Ziffer 8 garantiert der Versteigerer die Echtheit der Autographen. Die Garantie bezieht sich auf den derzeitigen Forschungsstand. Reklamationen wegen mangelnder Echtheit sind nur bis zur Höhe des jeweiligen Rechnungsbetrages möglich und verjähren fünf Jahre nach dem Auktionsdatum. Gegenstände, bei denen sich wesentliche Mängel oder Abweichungen gegenüber den Katalogangaben zeigen, werden zum Rechnungsbetrag zurückgenommen. Solche Mängelrügen verjähren ein Jahr nach der Auktion.

8. Unknown clients will be asked to provide security or furnish references. The highest bids set in orders for public auction are exclusive of surcharge and VAT. If in an item number and headword do not match, the number listed shall prevail. Proper handling is not guaranteed when orders reach auctioneer less than 2 days before an auction.

9. These conditions of sale shall also be applied to post-auction sales from this catalogue.

10. Unbekannte Auftraggeber werden um Sicherheiten oder Referenzen gebeten. Die in Kaufaufträgen festgelegten Höchstgebote verstehen sich ohne Aufgeld und Steuer. Bei gleich hohen schriftlichen Geboten erhält das früher Eingegangene den Zuschlag. Wenn der Auftrag einen Widerspruch zwischen Nummer und Stichwort enthält, wird die angegebene Nummer als maßgeblich betrachtet. Bei Aufträgen, die später als zwei Tage vor der Auktion beim Versteigerer eingehen, ist eine ordnungsgemäße Bearbeitung nicht gewährleistet.

11. Der Versteigerer ist berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, wenn sich im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Geldwäscheprüfung ein möglicher Geldwäscheverdacht ergibt.

10. In the case of bids submitted in writing, on the telephone, as well as in the case of post-auction sales, the provisions on distance-selling agreements as per Sections 312 b) – d) BGB (German Civil Code) shall not apply.

12. Diese Versteigerungs-Bedingungen gelten sinngemäß auch für Nachverkäufe.

11. Place of performance and venue for both parties shall be Berlin. German law shall apply. The United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG) shall not be applied.

13. Bei schriftlichen Geboten, telefonischen Geboten, Geboten via Internet und bei Nachverkäufen finden die Bestimmungen über Fernabsatzverträge gemäß §§ 312 b)– d) BGB keine Anwendung. Für das Zustandekommen oder die Aufrechterhaltung des Übertragungsweges übernimmt der Versteigerer keine Verantwortung.

12. Should one of the foregoing provisions be wholly or partly invalid, this shall not affect the validity of the remaining provisions.

13. A buyer making a bid or placing an order shall be deemed to thereby accept the above terms.

14. In case of controversy over the interpretation of the above provisions the German version shall prevail.

14. Erfüllungsort und Gerichtsstand im kaufmännischen Verkehr ist Berlin. Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts. Die verstärkten Gewährleistungsrechte des Verbrauchsgüterkaufs gelten nicht, da es sich um eine öffentlich zugängliche Versteigerung handelt (§ 474 Absatz 2 BGB).

15. Durch Abgabe eines Gebotes oder Erteilung eines Gebotsauftrages erkennt der Käufer diese Versteigerungsbedingungen an.

J. A. Stargardt GmbH & Co. KG, Berlin

Wolfgang Mecklenburg, öffentlich bestellter und vereidigter Versteigerer

388
93

CONDITIONS OF SALE

CONDITIONS OF SALE

1. Auctioning takes place on behalf of J. A. Stargardt GmbH & Co. KG (hereinafter referred to as the „Auctioneer”) on a commission basis for account of third parties.

1. Auctioning shall be in auctioneer’s name (J.A.Stargardt GmbH & Co. KG) for the account of a third party.

2. Auctioning takes place in euros (€). Without exception, the goods can only be collected once full payment has been received. Shipment by the auction house shall take place at the expense and risk of the Buyer. The Auctioneer shall set the increment, which is generally around 5 to 10 %.

2. Auctioning shall be in Euros and against cash payment. Delivery or dispatch of the items shall be effected only after total payment has been obtained by auctioneer. Bidding rates are set by auctioneer. Offer prices shall be raised as a rule by about 5 to 10%.

3. Bidding shall begin in accordance with the limits set and at no less than three quarters of the estimated prices. The Auctioneer reserves the right to combine or separate lots, to auction them out of sequence or even withdraw them (if there is a special reason to do so).

3. The initial price asked shall be within the applicable limits and shall amount to at least three quarters of the estimated price. Auctioneer reserves the right to merge or split auction items, to auction them out of order and, if there is a special reason, to withdraw them.

4. The highest bid shall receive the object and obliges the bidder to take delivery. The Buyer must pay a premium of 28 % on the hammer price, which includes VAT; this is not itemised separately (margin scheme). For catalogue items marked with an *, a premium of 20 % on the hammer price and 19 % VAT on the final invoice amount must be paid (standard taxation). For German companies that are entitled to deduct input tax, the invoice can be issued in accordance with the standard taxation system on request. Export deliveries to third countries (i.e. outside the EU area) and to companies from EU member states are exempt from VAT, provided they are purchasing for commercial use and inform us in writing of their VAT identification number before the auction takes place. All other purchases from EU countries are subject to German VAT. The VAT is refunded to Buyers from third countries if the German customs export certificate is submitted within four weeks after the auction. If we ship the goods, the proof of export shall be deemed as given.

5. Ownership of the auctioned items is only transferred to the Buyer upon full payment of the purchase price, while the risk of accidental loss and accidental deterioration is already transferred upon knockdown. In case of disagreement about the hammer price, the lot shall be auctioned again.

6. If necessary, the Auctioneer can obtain an export permit for the Buyer. The Buyer shall bear the costs and the risk of non-issuance. The Auctioneer shall charge € 40 per permit and any regulatory fees.

4. Acceptance of the bid is to the highest bidder, committing him/her to accept the item. In case of written bids with equal amounts acceptance shall be to the earliest received bid. The buyer shall pay a 24% surcharge on the hammer price which includes VAT (value added tax). VAT shall not be displayed separately (differential taxation). For catalogue items identified with a * a 16% surcharge has to be paid to the hammer price as well as the reduced VAT of 7% on the final invoice amount (mandatory tax). By request, German clients authorised to tax on input deduction may obtain invoices issued according to mandatory taxation. No VAT shall be charged for export deliveries to third countries (i.e. countries outside of the European Union) and to companies of EU member countries provided purchase of the items is for commercial use only, and turnover tax identification number has been submitted to us in writing before the auction. All other purchases from EU countries are subject to German VAT. VAT shall be reimbursed to buyers from third countries provided German customs exportation certificate has been submitted to us within four weeks after auction. Auctioned items delivered by us to countries outside the EU shall be tax-free.

7. The amounts owed are due upon knockdown. The Buyer will be deemed to be in default of payment three weeks after the auction. If payment is delayed, the Buyer will be liable for any loss or damage incurred. In this case, the Auctioneer is entitled to demand either fulfilment of the purchase contract or compensation for non-performance. It is entitled to revoke the Buyer’s rights from the knockdown and put the object of purchase up for auction again at the Buyer’s expense. In this case, the Buyer will be liable for the loss, but has no claim to any additional proceeds.

5. Ownership or title of possession shall not pass to the buyer until the purchase price is paid in full, with the risk in respect of any kind of damage passing to him on acceptance. In case of dispute over an acceptance the item concerned shall be auctioned again. Commission agents shall be liable for their clients.

8. The auctioned items can be inspected before the auction. They are used and are sold without any warranty. Although the information about items in the catalogue is prepared to the best of our knowledge and belief, it does not constitute a guarantee on the part of the auctioneer or an agreement on their contractual quality. The sale takes place without liability on the part of the Auctioneer for any legal reason whatsoever. Exclusion of liability shall not apply to damage arising from injury to life, body or health based on a negligent breach of duty by the Auctioneer or an intentional or negligent breach of duty by a legal representative or vicarious agent of the Auctioneer nor to other damage arising from the grossly negligent breach of duty by the Auctioneer or on an intentional or grossly negligent breach of duty by one of their legal representatives or vicarious agents.

6. A 2% surchage shall be levied on any amount not received within three weeks of an auction, without prejudice to the applicable penal interest of 1% per month. In case of delay in payment the auction buyer shall be liable for any damage incurred. In that event auctioneer shall be free to either claim performance of the purchase contract or damages for non-performance. He may deprive the buyer of his rights under the acceptance and offer the item concerned once again for auction at this own expense. In that case the buyer shall be liable for deficiencies, but shall have no claim to any additional proceeds received.

7. The authenticity of the autographs on offer shall be guaranteed. Such guaranty shall relate to the latest developments in research. Claims for refunds may be entertained only up to the applicable invoice amount and must be asserted within five years of the auction date. Items having material defects or which are deviating from the catalogue data will be taken back against return of their invoice amount. Complaints of this nature must be lodged within three days of receipt of the item, however, not later than three weeks after the auction.

9. Notwithstanding clause 8, the Auctioneer shall guarantee the authenticity of the autographs. The guarantee is based on the current state of research. Claims due to lack of authenticity are only admissible up to the amount of the respective invoice amount and shall expire five years after the date of the auction. Items that show significant defects or deviations from the information in the catalogue shall be taken back at the invoice amount. Any such notices of defects shall expire one year after the date of auction.

10. Clients who are not known to the Auctioneer shall be asked to provide collateral or references. The maximum bids specified in purchase orders are exclusive of premiums and taxes. In the case of written bids of the same amount, the bid that was submitted first shall receive the object. If the order contains a contradiction between the lot number and the code word, the lot number shall be regarded as definitive. The Auctioneer cannot guarantee proper processing of any orders it receives later than two days before the auction.

8. Unknown clients will be asked to provide security or furnish references. The highest bids set in orders for public auction are exclusive of surcharge and VAT. If in an item number and headword do not match, the number listed shall prevail. Proper handling is not guaranteed when orders reach auctioneer less than 2 days before an auction.

9. These conditions of sale shall also be applied to post-auction sales from this catalogue.

11. The Auctioneer shall be entitled to withdraw from the Agreement if any suspicion of money laundering arises in the course of the legally prescribed money laundering check.

10. In the case of bids submitted in writing, on the telephone, as well as in the case of post-auction sales, the provisions on distance-selling agreements as per Sections 312 b) – d) BGB (German Civil Code) shall not apply.

12. These Conditions of Auction shall also apply, mutatis mutandis, to any post-auction sales.

13. In the case of written bids, telephone bids, bids via the internet and post-auction sales, the provisions on distance contracts pursuant to Section 312 (b)– (d) of the German Civil Code (BGB) shall not apply. The Auctioneer shall not assume any responsibility for the establishment or maintenance of the transmission path.

11. Place of performance and venue for both parties shall be Berlin. German law shall apply. The United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG) shall not be applied.

12. Should one of the foregoing provisions be wholly or partly invalid, this shall not affect the validity of the remaining provisions.

13. A buyer making a bid or placing an order shall be deemed to thereby accept the above terms.

14. In case of controversy over the interpretation of the above provisions the German version shall prevail.

14. The place of performance and jurisdiction for commercial transactions is Berlin, Germany. German law shall apply to the exclusion of the UN Convention on Contracts for the International Sale of Goods. The enhanced warranty rights of the sale of consumer goods do not apply, as this is a publicly accessible auction (Section 474 (2) BGB)

15. The Buyer accepts these Conditions of Auction by placing a bid or placing a bidding order.

16. In case of controversy over the interpretation of the above provisions the German version shall prevail.

J.A.Stargardt GmbH & Co. KG

J. A. Stargardt GmbH & Co. KG, Berlin

Klaus

Wolfgang Mecklenburg, attested public auctioneer

389
93

A

Abercrombie-Snow, Edith 186

Acosta, Joaquin 242

Adler, Dora 86

Adriani, Erich 85

Agop, Rolf 644

Albany, Luise von 10

Alfano, Franco 573

Alfieri, Vittorio 316

Amfiteatrow, Alexander 174

Arago, François 242

Arnim, Achim von 150, 523

Arnim, Georg von 346

Arnswaldt, Anna von 225

Arp, Hans 664

Arrivabene, Opprandino 627, 629

Avenarius, Ferdinand 261, 262

B

Bachmann, Ingeborg 539

Baden, Georg Friedrich von 319

Baden: Friederike Amilie, Markgfn. 358

– Karl Friedrich, Markgf. 460

Baer, Joseph 172

Baillet de Latour, Maximilien A. de 320, 350, 459

Balzer, Hugo 618, 619

Banks, Joseph 249

Bäte, Ludwig 303

Battaglini, Francesco 409

Bauer, Felice 102

Baum, Peter 116

Bäuml, Albert 310

Bayern: Ludwig I., Kg. 111

– Ludwig III., Kg. 640

– Maria del la Paz, Przn. 92

– Ludwig X., Hzg. 437

– Wilhelm IV., Hzg. 437

Beauharnais, Stephanie de 390, 391

Bebel, August 378, 488

Beckmann, Max 306

Beethoven, Ludwig van 504, 520, 552, 572, 608

Bendix, Victor 502

Bentheim-Tecklenburg, Moritz Grf. zu 111

Bergemann, Karl Wilhelm 284

Bernays, Edward 214

Bernoulli, Maria 83

Bertola, Aurelio de‘ Giorgio 254

Berzelius, Jöns Jakob 242

Besso, Michele Angelo 202

Bibra, Heinrich von 465

Bie, Oscar 73, 83, 140

Bischof, Gustav 242

Blennerhasset, Lady Charlotte 144

Bleuler, Eugen 213

Bodmer, Hans Conrad 89

Boedeker, Karl 284

Bonpland, Aimé, 234, 241 Bonstetten, Johann Viktor Eduard

Bonstetten, Karl Emanuel von 7, 194, 216, 233, 276, 316 Borchardt, Emma 519

Borghese, Pauline, Fstn.

25, 37, 38, 43, 47, 69, 70, 78, 96, 99, 104, 105, 106, 107, 108, 111, 112, 119, 120, 121, 136, 155, 156, 157, 158,

390
10
von
389
440
Wilhelm,
357 Brandt,
488
Breidbach,
Frh. von 468
Heinrich
Brendel, Franz
Brentano, Emilie 111 Breuner, Seyfried Christoph von 447 Brodmann, Joseph 542 Bronckhorst-Gronsfeld, Jobst Maximilian Gf. von 451 Brun, Friederike 216 Brüning, Heinrich 264 Brünnow, Franz 242 Buch, Leopold von 242 Buchan, Bertha von 171 Bülow, Franziska von 639 Bülow, Hans von 523, 643 Bunsen, Marie von 144 Bunsen, Robert Wilhelm 242 Buonamici, Giuseppe 522 C Cambacérès, Jean-Jacques Régis de 389 Capote, Truman 40 Carrasco, Enrique Gil y 245 Carus, Gustav 602 Cassirer, Paul 183, 288 Champion, Edouard 145 Chatzidakis, Iosif 217 Chotek, Johann Karl Gf. 472 Claes, Astrid 5 Colloredo, Rudolph Joseph, Fst. von 469 Colloredo-Waldsee, Franz de Paula von 384 Cook, James 242, 249 Costa, Michele 581 Cotta, Georg von 15 Coudray, Clemens Wenzeslaus 53 Craussen, Carl Wilhelm Christian von 45 Cremieux, Adolphe 78 Cuvier, Georges 10
Dalberg, Karl Reichsfreiherr von 160 Dalton, John 242 Daubeny, Charles 242 Daun, Wilhelm Johann Anton 336 Decopussy, Auguste 526 Droste-Hülshoff, Annette
15,
160, 162,
170, 173, 176, 179, 180, 183, 189, 191, 195, 196, 221, 223, 224, 225, 227, 245, 250, 251, 253, 266, 271, 283, 293, 315, 331, 345, 347, 348, 349, 354, 413, 416, 430, 454, 476, 489, 640 Droste-Hülshoff, Clemens von 2, 119, 121 Droste-Hülshoff, Pauline von 2 Droste-Hülshoff, Therese Luise von 169 Droste-Hülshoff, Werner von 250 Diederichs, Eugen 142 Deutsche Kaiser: Viktoria Ksn. 337 – Wilhelm I. 330 – Wilhelm II. 298 Döblin, Alfred 4 Döblin, Herbert 302 Dohrn, Georg 564 Don Juan de Austria 441 Dörpfeld, Wilhelm 274 Dove, Heinrich Wilhelm 242 Dr. Owlglass 87 Droysen, Johann Gustav 199 Duchastel, Marc-Louis 9 Dufresny, Charles 659 E Edward, Georg 46 Eichstädt, H.K.A. 51 Einsiedel, Friedrich Hildebrand von 66a Eloesser, Arthur 73, 123 Emge, Carl August 264 Ende, Hans am 303 Engels, Heinrich 120 Erdmannsdörfer, Pauline 556 Eschenmeyer, C.A. von 51 Esenbeck, Ch.G. Nees von 51 Esslinger, David 297 Esterházy, Nicolaus Joseph, Fst. 461 Eylert, Rulemann Friedrich 246, 247
Brahms, Johannes 517 Brandenburg: Albrecht Alcibiades, Markgf.
Brandenburg-Ansbach: Friedrich
Markgf.
Willy
Bredow, Carl Wilhelm von 415
Emmerich Joseph
Breidenstein,
Karl 572
521
D
von 2, 11,
168, 169,
Personenregister

F

Flüglistaller,

Fontane,

Fontane, Friedrich

Fontane, Georg

Frankreich:

G

von 61 Goethe, Wolfgang von 59

Gogh, Vincent van 292

Göschen, Georg Joachim 64

Götz, Friedrich 644

Goyau, Georg 135

Gutheil-Schoder, Amalie 543

Gutmann, Albert J. 82

Gutzkow, Karl 348

H

Haber, Fritz 228

Hahn, Georg 301

Hähnel, Ernst Julius 552

Haller, Gottlieb Emanuel von 194

Hamilton, Charles 525

Hanau-Lichtenberg: Philipp IV., Gf. 443

Hansteen, Christopher 242

Harden, Maximilian 116, 658

Harrsch, Ferdinand Gf. von 463

Härtel, Robert 555

Hartmann, Georges 525

Haslinger, Tobias 506, 542

Hauptmann, Gerhart 32

Hauxlede, Johann Frank von 344

Haüy, Réne Just 242

Haxthausen,

Heims,

Henckel,

Herz, Ida

Hessen-Darmstadt:

Hessen-Kassel: Amalie Elisabeth, Landgfn. 491

Jean Paul

Jung, Carl Gustav

K

Kalckreuth, Friedrich Adolf

Grimm,

Grosz,

Gubitz, Wilhelm 648

Gumlich,

Gütersloh,

Klingemann, Karl 567, 568

Kolb, Gustav 78

Korff, Johann Hauer, Freigf. 360

Kraukling, Karl Konstantin 172

Krauss, Karl 116

Kremser, Eduard 610

Kroll, Franz 639

Kuchel, Karl Ludwig von 62

Kügelgen, Gerhard von 50

Kügelgen, Wilhelm von 300

L

La Fayette, Marie-Joseph Motier, Marquis de 421

Laban, Rudolf von 664

Lachmann, Karl 223, 283

Lacy, Franz Moritz Gf. von 464

Laplace, Pierre Simon, Comte de 242

Laßberg, Friedrich von 271

Laßberg, Hans Frhr. von 640

Laßberg, Hildegunde von 108

Laßberg, Jenny von 107

Laßberg, Joseph von 104, 105, 160, 176, 190, 195, 196, 221, 223, 224, 227, 266, 283, 489

Lassen, Eduard 555

Laube, Heinrich 76

Lechter, Melchior

Ledebur, Heinrich 373

Lefebvre, François-Joseph, Duc de Dantzig 369

Leider, Frieda 620

Lenau

Leßmann, Otto 503, 646

Lewald, Fanny 29

Lewin, Ludwig 117

Leyen, Karl Kaspar von der 353

Leyen, Peter von der 494

Liebermann, Max 32

Liebermann, Rolf 541

391
Fechenbach, Georg Karl von 427 Feininger, Lore 291 Felixmüller, Conrad 4
Philip Emanuel 8
Wilhelm von 418 Fersen, Axel Gf. von 321 Fichte, Johann Gottlieb 277
Stephen D. 200
Gino de 302 Flake, Otto 664
Fellenberg,
Fermor,
Field,
Finetti,
Leonz 223
Emilie 28
31
26
Napoleon I., Ks.
426, 606 Freiligrath, Ferdinand von 348 Frenssen, Gustav 74
Karl 34 Friedensburg, Ferdinand 333 Fugger-Glött, Anton Ignaz Gf. von 470 Fürst, Clara 291 Füssli, Johann Heinrich 10, 216
Josephine, Ksn. 319, 390
Marie Antoinette, Kgn. 321 –
368, 369,
Frenzel,
Gagern, Karl Frhr. von 323 Gay-Lussac, Joseph Louis 212 Gehler, J.S.T. 242 Geitel, Klaus 539 Gellert, Christlieb Ehrengott 45 Gellert, Johanna Salome 45 Gerling, Christian 247 Gernsheim, Friedrich 514 Geyso, Johann von 341 Giese, Therese 125 Gilliss, James Melville 247 Gmelin, Wilhelm Friedrich 234 Goethe, Johann Wolfgang von 67, 210, 555, 570
Ottlie von 60, 61 Goethe, Walther
Goethe,
Graff, Anton 224 Grätzel, Johann Heinrich 194
Gfn. von
Gravina, Blandine
643
Grimm, Herman 226, 523
Jacob und Wilhelm 76, 266 Grimm, Wilhelm 224
George 4
Ernst 203
Albert Paris 313
Werner von 227
Hayes, Ruherford B. 483
Else
Albert 117
Wilhelm 139
657 Heine,
Heinsius,
249
Fanny 570
Johann Friedrich
Hertz,
122, 126
342,
Georg II., Landgf.
448
Eduard vor 234, 242, 243
Peter 116 Hilsdorf, Jacob 46 Hirsch, Paul 598
Carl 46 Hirschfeld, Ludwig von 274 Hoffmann, Friedrich 242
Hugo von 141 Holstein-Schaumburg, Jobst Hermann Gf. zu 347 Huch, Ricarda 84 Huet, Nicolas 236 Hufeland, Gottlieb 48 Humbracht, Adolph Carl von 335 Hüttenbrenner, Josef 599 I Illsung, Georg 443 Ingenhousz, Jan 249 J Jacquin, Joseph Franz von 270 Jakobsohn, Siegfried 117 Jawlensky, Alexej 296
– Wilhelm IX., Landgf. 425 Hildebrandt,
Hille,
Hirschfeld,
Hofmannsthal,
159
Joachim, Joseph 523
213
Gf.
426
166
123
433 Kibbling,
287 Kiel,
545
507
306
von
Kanka, Johann 507 Kant, Immanuel
Karajan, Herbert von 623 Kayser, Rudolf
Kerner, Georg
Ernst
Friedrich
Kinsky, Fürst Ferdinand
Kirchner, Ludwig
Klopstock, Friedrich Gottlieb 45 Knebel, Karl Ludwig von 66 Kohlrausch, Heinrich 242
46
160

Liebig, Justus 284

Lindner, Dolf 71

Liszt, Franz 520, 521, 523, 639

Lothringen, Karl Joseph von 453

Lottin, Viktor Charles 242

Löwenthal, Max 118

Lucca, Pauline 23

Luckner, Heinrich Gf. 306

M

Mahler, Gustav 580

Manderscheid, Gf. Ruprecht von 442

Mann, Thomas 40

Maret, Hugues Bernard 386, 393

Mariani, Lucio 217

Martin, Casimir 553

Martins, Charles 242

Matthison, Friedrich von 7, 8, 9, 10, 216, 133, 276, 314

Max, Brod 4

Mendelssohn Bartholdy, Felix 604

Merlato, Giovanni Gasparo 78

Merz, Julius 209

Mignani, Angelo 593

Miller, Oscar von 229

Minozzi, Filiberto 585

Modersohn, Otto 303

Moeller, Ferdinand 311

Mohr, Joseph 537

Moissi, Alexander 72

Moll, Albert 213

Morandel, Joseph von 372

Morel, Isabelle 192

Mörike, Eduard 651

Moszkowski, Alexander 204, 207, 302

Moulton, Paul 10

Mozart, Constanze 504

Mozart, Wolfgang Amadeus 270, 574, 608

Müller, Johannes von 10, 51, 221

Münter, Friedrich 10

Mylich, Gottfried Heinrich 504

N

Necker, Jacques 9

Nelson, Horatio 249

Neumann, Alfred 125

Nicolovius, Alfred 284

Nietzsche, Friedrich 265

O

Oberrnburger, Johannes 439

Ochs, Siegfried 590

Oesfeld, Gotthelf Friedrich 12

Oesterley, Georg Heinrich 218

Oltmanns, Jabbo 245

Österreich: Ferdinand, Ehzg. 478, 479

– Rudolph, Ehzg. 503

Öttingen, Ludwig Eberhard Gf. von 319

Overbeck, Fritz 303

P

Paleologo, Guglielmo VIII., Marchese di Monferrato 486

Palleske, Emil

Passarge, Ludwig

Sachsen:

Sachsen-Gotha:

Sachsen-Meiningen:

Sachsen-Weimar:

Salm-Salm,

Schuberth, Julius 520

Schücking, Levin 38, 43, 70, 136, 80, 253, 348, 479 Schuffenecker, Émile 292

Schumacher, Kurt 488

Schumann, Clara 517, 549 Schumann, Robert 602

Simond, Louis

Simrock, Nikolaus 568, 569

Sipprell,

Sismondi,

392
Oprecht, Emil 40
Osann,
242
Oranien, Fürst Wilhelm I. von 490
Emil
373
75 Pasqualini, Alessandro
100 Patheiger,
340 Pears,
518
Friedrich 15, 25, 168, 315 Pfalz-Neuburg: Philipp Wilhelm, Hzg. 452 Piroli, Giuseppe 627 Planer, Minna 630 Plesch, János 208 Pocock, Lexden Lewis 338 Poggendorf, Johann Christian 242 Pogwisch, Ulrike von 61 Potpeschnigg, Josef 604
Friedrich II., Kg. 365, 423, 461 – Friedrich Wilhelm III., Kg. 246, 257, 365 – Friedrich Wilhelm IV. Kg. 242, 429 Pringle, John 249 Puschkin, Alexander 534 Pyrmont, Cuno von 397 R Raumer, Friedrich von 272 Reed, Siemeon J. 200 Reichel, Oskar 313 Reimer, Georg Andreas 114 Reinecke, Carl 545 Reisiger, Hans 125 Reitzenstein, Sigismund von 197 Remak, Fanny 299 Remer, Paul 84 Rheinberger, Josef 522 Richter, Hans 636, 637 Riedel, Carl 557 Rilke-Westhoff, Clara 303 Risbeck, Kaspar 10 Ritzerfeld, Helene 24 Rohde, Erwin 259 Römisch-deutsche-Kaiser: Franz I. 470, 626 – Maria Theresia, Ksn. 281, 456, 458 Rötger, Gotthilf Sebastian 63 Rötscher, Heinrich Theodor 75 Ruge, Arnold 209 Rümelin, J.Chr.B. 93 Russland: Alexander I., Zar 481 – Katharina, Zarin 476, 481 S
Karl Joseph
Peter
Perthes,
Preußen:
Johann Friedrich, Kurfst. 362
Ernst
332
Luise Dorothea, Hzgn. 58
I., Hzg.
Karl Friedrich, Hzg. 45, 414
Anna Amalia, Hzgn. 55, 66a
Carl August, Hzg. 49, 53
Fst. zu 336
Norbert
Sandrock, Adele
von
Schad,
Schauer, Kurt Georg 146 Schellweitz, Hartmann
Schiller, Charlotte von 154 Schlaf, Johannes 32 Schlegel, Friedrich von 51 Schlenther, Paul 32, 72 Schlüter, Erna 618 Schmidt, Erich 32 Schmidt, Helmut 488 Schmidt, Karl Christian 562 Schnitzler, Arthur 141 Schönborn, G.F.E. 168
von 341
Nikolaus Leopold
Salter,
588
657 Sayn-Wittgenstein, Marie Prinzessin
60
Christian 96
563
Schönborn, Johann Philip, Gf.
Schopenhauer, Adele 155, 279
176 Schwenger, Carl 147 Scribes,
Seckendorff,
Gf. von 338 Seidel, Annemarie 40
Johannes 244
Sybil
Gottfried
Galeazzo
242
Schwab, Gustav
Eugène 568
Götz
Seifert,
Seligman,
583 Seume, Johann
3 Sforza,
Maria 496 Siljeström, Per Adam
10
Clara E. 207
Smart,
Jean Charles Léonard de 10
Sir George 649
249 Solario, Antonio 159
Henriette Marie
Ludwig Gf. zu
Soemmering, Samuel Thomas von 66 Solander, Daniel
Solmar,
567 Solms-Assenheim,
363

Spanien:

Spielhagen, Friedrich

Spielmann, Franziska von 608

Sprickmann, Anton Matthias 11

Sta¨el-Holstein, Anne-LouiseGermainne, Baronne de 8 Stägemann, Friedrich August 257

Steig, Reinhold 226

Stein zum Altenstein, Karl von 257

Stein, Charlotte von 55, 154

Stein, G.E.J.F. von 55

Steiner, Sigmund Anton 506

Stolberg-Stolberg, Friedrich

Stosch,

Strasser, Josef

Straube, Gottlob Benjamin 45

Strauss, Richard 193

Strawinsky, Igor 539

Strauss, Johann 609

Streicher, Andreas 504, 608, 624

Streicher, Nannette 504, 608

Stresemann, Gustav 498

Stuart, Baron Carl Magnus 484

Suhrkamp, Peter 24, 40

Suppé, Franz von 653

Székely, Johann Friedrich von 419

Taeuber, Sophie 664

Talleyrand, Charles-Maurice de 386, 433

Tettenborn, Friedrich Karl

Théaulon, Emmanuel 512

Thiers, Adolphe 526

Thun-Hohenstein: Paul, Gf. 143

Tichatscheck, Joseph 634

Tirregaille, Ricaud de 417

Tomara, Wassili Spepanowitsch 480

Treffz,

Treutler,

Trier:

393
Philipp II., Kg. 441 Spengel, Leonhard 97
32
Leopold zu 37
129
Storm, Theodor
Friedrich Wilhelm 423
651
T
Frhr.
von 179
Henriette 540 Trembley, Jean 10
Johanna 28
Johann III., Erzbischof
43 – Clemens Wenzeslaus von Sachsen, Kurfst.-Erzbischof von 459 Trier, Walter 302 U Uecker, Günther 644 Uhl, Johann Georg 507 Unseld, Siegfried 24 Usteri, Paulus 216 V Vignau, Hans von 503 Villiers, Ch.F.D. de 166 Vogeler, Heinrich 303 Voß, Johann Heinrich 94 Voss, Richard 144 W Wachsmuth, Wilhelm 63 Wagenseil, Kurt 128 Wagner, Richard 557, 646 Walden, Herwarth 116 Wattenbach, Wilhelm 273 Weaver, Thomas 242 Wehner, Herbert 488 Weittenhiller, Josef Ritter von 609 Weiß, Christian Samuel 242 Wieprecht, Wilhelm 639 Wildenbruch, Ernst von 32 Witte, Karl 278 Wohryzek, Julie 103 Wolff, Anton Heinrich 588 Wrisberg, Adrian von 220 Württemberg: Karl Eugen, Hzg. 190, 474 Württemberg, Alexander Gf. von 118 Z Zech, Paul 116 Zelter, Carl Friedrich 570 Zweig, Stefan 4
von

Berlin 3, 5, 27, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 35, 72, 73, 84, 87, 102, 114, 116, 117, 144, 151, 164, 180, 199, 203, 207, 214, 217, 224, 226, 232, 243, 244, 245, 246, 247, 256, 257, 258, 271,

277, 299, 302, 309, 311, 312, 337, 340, 349, 354, 415, 416, 417, 423, 425, 426, 428, 429, 448, 502, 503, 519, 520, 521, 539, 544, 567, 570, 580, 590, 623, 646, 652, 657

Bern 8, 9,

394 A Aachen 336 Aarau 10, 191, 192 Agnetendorf 72, 74 Aix-les-Bains 389 Altmünster 646 Amsterdam 270 Angers 395 Aschaffenburg 335 Ascona 539
275 Auerbach 369 Augsburg
B Bad Belzig 657 Bad Gastein 123 Bad Kissingen 330 Bad Münstereiffel 491 Baden (Schweiz) 86 Baden bei Wien 508 Baden-Baden 73, 179, 605 Ballenstedt 300 Baltimore 378 Barmen 38 Basel 84, 283 Bayreuth 620, 635, 636, 637, 640, 643, 644
213
Athen 273, 274,
78, 136, 436
Berchtesgaden
272,
216 Beverly Hills 186 Bielefeld 90, 373, 499, 500, 539 Big Sur 128 Blonje 484 Bogotá 236, 239 Bökendorf 225, 293 Bologna 409, 593 Bonn 156, 284, 569 Braunschweig 25, 661 Breda 490 Bremen 65, 94, 142, 348 Breslau 564 Broadstairs 21 Bruckberg 209 Brüssel 269 Brüssel 438, 458, 459, 497, 662 Budapest 496, 636, 643, 657 Burwash 113 Busseto 627, 629 C Calw 83, 84 Cambridge 269 Cambridge, Mass. 294 Château de Muzot 144 Chemnitz 81 Chimborazo 238 Chur 266 Cleveland 378 Cremona 627, 629 D Damaskus 78 Darmstadt 363, 365, 368, 370 Davos 131 Demmin 137 Dessau 296, 314, 317 Dobritz 418 Donauwörth 449 Dortmund 120, 644 Dresden 173, 193, 300, 521, 597, 602, 634, 648, 661 Dünkirchen 662 Düsseldorf 301, 374, 379, 618, 621 E Ebersdorf 445 Edinburgh 522 Eisenach 138 Elberfeld 116, 348 Endenich 603 Erfurt 334, 335 Esslingen 437 Eutin 315 F Fichtelberg 378 Florenz 316, 381, 522, 593, 627 Forio d’Ischia 539 Frankfurt a. M. 70, 94, 166, 172, 279, 280, 282, 335, 489, 616, 654, 655, 598 Freiburg i.Br. 127, 619 Freiwaldau 59 Fürstenfeldbruck 134 Fulda 465 G Gaienhofen 83 Garmisch 616, 617, 618, 622, 623 Geldern 424 Genf 7, 9, 316 Genua 629 Gera 139 Gießen 253, 343 Glatz 378 Glückstadt 69 Gmunden 77 Goch 355 Gomaringen 161 Gotha 15, 47, 58 Göttingen 12, 50, 194, 276, 284 Graz 98, 453, 604, 617 Großkochberg 67 Grundlsee 215 Güstrow 286, 287 Gut Abbenburg 293 Gut Erdmannsdorf 354 H Halifax 495 Halle a.d. Saale 63, 211, 479, 532 Hamburg 25, 179, 306, 315, 433, 514, 517, 541, 626, 659, 660 Hannover 11, 119, 359, 565 Harkotten 360 Heidelberg 197, 210 Helmstedt 454 Herford 361 Hiddensee 73 Hilversum 87 Hof Gagert 187 Hohenheim 190 Höhenried 503 Hohenschwangau 325 I Innsbruck 372, 609 Ixelles 431 J Jalapa 240 Jena 48 Jülich 374 K Kairo 298 Kaltern 372 Karlsruhe 153, 318, 319 Kassel 223, 224, 298, 341, 347, 366 Kiel 4, 69 Kitzbühel 482 Koblenz 221, 336 Köln 5, 444, 473, 488 Konstantinopel 274, 480 Konstanz 251 Kopenhagen 536 Kronberg 71 Krummhübel 31 Kuba 235 Kurland 484, 504 Küsnacht 125, 126 L Laeken 329 Leiden 124 Leipzig 45, 255, 265, 520, 521, 557, 562, 563, 568, 588, 589, 590, 595 Les Coudreaux 396 Lima 239 Linz 434 London 22, 26, 249, 357, 358, 384, Ortsregister
181,

Wels 450

Wesel 353

West Orange, N.J. 201

Westerland 5

Wien 23, 75, 76, 77, 117, 118, 182, 198, 204, 213, 249, 258, 270, 281, 336, 356, 382, 384, 391, 400, 443, 447, 448, 451, 452, 453, 454, 456, 457, 460, 461, 462, 463, 464, 465, 467, 468, 470, 473, 474, 475, 477, 478, 504, 506, 507, 516, 530, 563, 573, 598, 599, 601, 604, 610, 633, 651

Wien-Barmen 515

Wiesbaden 296, 539, 586

Wilhelmsbad

Worpswede 5, 303

Wuppertal-Barmen 515

Würzburg 111, 609

Z

Zürich 10, 80, 85, 193, 216, 266, 378, 618, 630, 664

395 539, 544, 548, 549, 558, 567, 572, 580, 637, 649 Lübeck 43, 44, 124 Lüdikenbeck 169 Ludwigsburg 474 Lunéville 379, 455 Lüttich 451 Luxemburg 393 Luzern 634 M Madrid 487 Magdeburg 63 Mailand 390, 496, 585 Mainz 319, 468, 607 Malmaison 388 Mannheim 392, 635 Marburg 247, 370, 448 Marienrode 61 Marseille 385 Maulbronn 93 Mechelen 435 Meran 618 Milwaukee 275 Minden 149 Monreal 411, 412 Monsheim 323 Montagnola 89 Monte Verità 664 Montreux 618 München 24, 76, 86, 92, 100, 116, 123, 124, 125,143, 144, 146, 159, 196, 197, 301, 310, 322, 323, 324, 326, 327, 328, 539, 615 Münster 38, 119, 121, 452, 476 N Namur 320 Nassau 489 Naumburg 263 Neapel 441, 539 Neubrandenburg 137 New York 97, 200, 291, 495, 518, 584 Newcastle 545 Nürnberg 209, 231 Nußloch 394 Nymphenburg 321 O Oldenburg 75 Orinoco 235 Osnabrück 147, 401 P Padua 404 Pápa 445 Pappenheim 322 Paris 78, 145, 175, 212, 230, 351, 386, 398, 511, 526, 539, 553, 591, 606, 628, 632, 649 Pasadena 207 Passau 14 Pavia 254 Penzing 633 Peterswaldau 419 Philadelphia 189 Pirmasens 364 Plön 170 Potsdam 243, 244, 339, 413, 414, 417, 419, 420, 421, 422, 424 Prag 102, 103, 140, 141, 202, 346, 442, 444, 469, 507 Pretoria 377 Q Quito 237 R Rapallo 73 Ravensberg 168, 499, 500 Regensburg 342, 439, 446, 450, 470, 607, 608 Rio Negro 235 Rom 159, 278, 297, 405, 406, 407, 409, 539 Rotterdam 514 S Saarlouis 523 Salzburg 478, 482, 527, 574 Santa Maria Ligure 72 Schaffhausen 221, 569 Schloss Berlepsch 539 Schloss Detmold 345 Schloss Eppishausen 161, 162, 176, 191, 195, 221, 266, 283, 489 Schloss Hadamar 344 Schloss Halbturn 454 Schloss Johannisberg 382, 383 Schloss Meersburg 43, 104, 105, 107, 108, 176, 224, 250, 251 Schreiberhau 72 Seon 152 Sestri Levante 73 Sheerness 101 Sigmaringen 271 Sils Maria 91 Silvaplana 664 Sofia 174 Sondermühlen 169, 170 Sondershausen 556 Spangenberg 362 St. Moritz 3 St. Omer 440 St. Petersburg 476, 480 Starnberg 128 Stettin 228 Stockholm 548 Stralsund 346 Stuttgart 15, 41, 95, 129, 156, 161, 163, 176, 195, 287, 290, 647 Suhl 371 T Talsen 504 Taormina 618 Tatenhausen 167 Teneriffa 234 Toulon 385 Tribschen 636 Trient 338 Trier 439, 490, 491, 492, 493 Troja 274 Tübingen 176, 177, 178 Turin 261, 262, 539 U Ungarisch Altenburg 445 V Venedig 340, 526, 557 Venlo 120 Veracruz 241 Versailles 135, 350 Vianden 380 Viareggio 584 Ville d’Avray 289 Vlotho 75 W Warendorf 331 Warschau 417, 461 Washington, D.C. 483 Weimar 48, 49, 51, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 66, 66a, 96, 139, 154, 155, 264, 542, 555, 556, 558 Weinsberg 105, 107, 108, 109, 110, 111
427 Windsor 338 Wismar 485 Wolfenbüttel 332
Wustrau 501

Verzeichnis der Auftraggeber

10066: 97, 113, 209, 219, 228, 231, 407, 414, 422, 423, 426. – 10067: 142, 184, 185, 186, 333, 334, 387, 388, 389, 391, 434, 437, 441, 486, 487, 496, 521, 535, 578, 590, 616, 639, 657, 658. – 10115: 52, 122, 126, 292, 421, 495, 504, 509, 536, 551, 560, 582, 588, 589, 602, 603, 604, 608, 624, 628, 631. – 10761: 518, 519, 545, 576, 595, 611, 617, 618, 619, 621, 622, 625, 646. – 11732: 42, 81, 85, 90, 117, 346, 580. – 11741: 146, 532, 601. – 11945: 326, 327, 328. – 12202: 20, 24, 71, 101, 102, 139, 214, 270, 431, 610. – 12308: 77, 550, 656. – 12489: 79, 124, 505, 525, 538, 543, 556, 563, 568, 569, 593, 634. – 12887: 420, 510, 546, 558, 567, 592, 606, 615, 637. – 13278: 198, 212, 217, 218, 254, 255, 264, 269, 638. – 13285: 103, 528. – 13529: 132, 298, 498. – 13592: 135, 526. – 13595: 655, 659, 662. – 13854: 98, 502, 511, 520, 534, 541, 565, 566, 647, 648, 649, 650. – 13875: 230. – 14252: 1, 149, 151, 229, 325, 351, 399, 428, 503, 512, 517, 524, 533, 540, 544, 571, 573, 581, 612, 613, 614, 642, 651, 653, 661. – 14253: 307. – 14422: 17, 40, 268, 285, 291, 304, 410, 488, 575. – 14424: 480. – 14425: 594. – 14486: 202, 317. – 14489: 385, 522, 577, 584, 586, 591. – 14499: 200, 201. – 14510: 152, 318, 319, 321, 322, 324, 332, 338, 341, 342, 343, 352, 356, 357, 358, 359, 362, 363, 364, 365, 366, 367, 368, 369, 370, 371, 382, 390, 392, 396, 404, 405, 406, 436, 445, 448, 449, 456, 460, 463, 465, 470, 474, 475, 477, 478, 481, 482. – 14595: 68, 249, 537, 609. – 14609: 6. – 14613: 5. – 14614: 299, 301, 308, 311, 339. – 14621: 323, 335, 337, 394, 427. – 14626: 2, 11, 15, 25, 37, 38, 43, 47, 69, 70, 78, 96, 99, 104, 105, 106, 107, 108, 111, 112, 119, 120, 121, 136, 155, 156, 157, 158, 161, 162, 168, 169, 170, 173, 176, 179, 180, 183, 189, 191, 195, 196, 220, 221, 223, 224, 225, 227, 245, 250, 251, 253, 266, 271, 283, 293, 315, 331, 344, 345, 347, 348, 349, 354, 413, 416, 430, 454, 476, 479, 489, 640. – 14631: 539. – 14677: 91, 141, 246, 248, 418, 425. – 14678: 13, 16, 21, 22, 26, 33, 41, 44, 48, 51, 56, 60, 61, 66, 95, 131, 137, 138, 145, 147, 159, 164, 165, 166, 174, 175, 182, 187, 199, 210, 247, 256, 273, 274, 275, 277, 278, 287, 289, 300, 306, 309, 330, 372, 377, 381, 386, 395, 415, 433, 461, 484, 485, 501, 507, 513, 516, 547, 548, 549, 562, 600, 605, 652, 660. – 14679: 398, 408. – 14680: 378. – 14681: 14, 23, 29, 34, 49, 50, 58, 62, 63, 64, 65, 66a, 67, 74, 92, 94, 143, 193, 281, 284, 286, 296, 303, 312, 523, 542, 570, 572, 587, 596, 633, 635. – 14682: 55. – 14684: 409. – 14685: 320, 329, 336, 340, 350, 353, 355, 361, 373, 374, 375, 376, 379, 380, 383, 384, 393, 397, 400, 401, 402, 403, 411, 412, 417, 424, 429, 432, 435, 438, 439, 440, 442, 443, 444, 446, 447, 450, 451, 452, 453, 455, 457, 458, 459, 462, 464, 466, 467, 468, 469, 471, 472, 473, 483, 490, 491, 492, 493, 494, 497, 499, 500. – 14686: 181. – 14687: 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244. – 14688: 654. – 14690: 82, 88. – 14691: 4. – 14692: 150, 167, 197, 211, 607. – 14693: 7, 8, 9, 10, 192, 194, 216, 233, 258, 276, 297, 314, 316. – 14694: 115. – 14695: 419. – 14696: 531. – 14697: 259, 260. – 14698: 574. – 14699: 294. – 14700: 208. – 14701: 3, 18, 19, 27, 30, 39, 80, 86, 87, 89, 93, 109, 110, 118, 129, 130, 134, 153, 154, 160, 163, 172, 177, 178, 188, 190, 232, 272, 282, 290. – 14702: 252. – 14703:

302. – 14705: 54, 57. – 14706: 627, 629. – 14707: 53, 127, 267. – 14708: 45. – 14709: 552, 553, 554, 555, 557, 559, 561. – 14710: 310, 313, 506, 508, 514, 515, 527, 529, 530, 564, 583, 585, 597, 598, 599, 620, 623, 630, 632, 636, 641, 643, 644, 645. – 14711: 203. – 14714: 663, 664. – 14715: 12, 28, 31, 32, 35, 36, 46, 59, 72, 73, 75, 76, 83, 84, 100, 114, 116, 123, 125, 128, 140, 144, 171, 204, 205, 206, 207, 213, 215, 222, 226, 257, 261, 262, 263, 265, 279, 280, 288, 295.

– Irrtum vorbehalten –

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