Standpunkt - Jugendmagazin für vernetzte Denkkultur

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2019/20

ver netzte Denkkultur

3,00 Euro

www.standpunktonline.com

Jugendmagazin und

UNSERE STUDIE:

UNSER ZUKUNFTSCHECK:

WIE SMART SIND WIR

PA R A L L E L U N I S I V E R S E N ?

‚HARDT 4.0‘ – WIRKLICH?

SIND SCHULE UND LEBEN

THEMEN VERNETZT:

20% FUTURE VISIONS, 30% E U R O P A - B I L D S C H I R M Z E I T,

30% ECO, 20% SCHULSTUFF


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standpunkt Magazin fĂźr junge Denkkultur


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editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Willkommen im neuen Standpunkt!

In der neuen Ausgabe des Standpunkt – Hardt 4.0 möchten wir Aktuelles und Zukünftiges vernetzen, indem wir den aktuellen Standpunkt im Schulalltag betrachten und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft von Gesellschaft, Umwelt und Politik werfen. Berichte und Interviews aus unterrichtlichen Projekten treffen auf Reportagen und Beiträge, die uns neben der Schule beschäftigen. Die Collage der ausgewählten Beiträge beschreibt den aktuellen Standpunkt aus der Perspektive junger Menschen in der Auseinandersetzung mit ihrer Zukunft. Mit dem Blick auf den Schulalltag zeigt der Standpunkt aber auch, wie die Gesamtschule Hardt die Schülerinnen und Schüler auf diese Zukunft vorbereitet. „Was erwartet uns, wie können wir mitgestalten, sind wir auf dem richtigen Weg, was müssen wir noch lernen?“, das sind Fragen, mit denen wir uns ständig auseinandersetzen müssen, um unseren Standpunkt und unsere Möglichkeiten abgleichen zu können. Standpunkt ‚Hardt 4.0‘ ist die Coproduktion einer Schulgemeinde, die sich auf den Weg in die Zukunft macht.

Euer Standpunkt-Team


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Zukunft vernetzt

WIEVIEL GESELLSCHAFT BRAUCHT EIN MENSCH? Ü B E R G E M E I N S C H A F T, G E F Ü H L E UND GESCHICHTE.

WA S G E H T M I C H E U R O PA A N ?

S. 14-25

Ü B E R S E L B S T V E R S TÄ N D L I C H K E I -

T E N U N D WA S E U R O PA F Ü R J U N G E M E N S C H E N B E D E U T E T.

S. 6-13

LERNST DU NOCH ODER TRÄUMST DU SCHON? G U T G E S C H U LT I N D I E Z U K U N F T UND WIE DU DEINEM TRAUMB E R U F N Ä H E R K O M M S T.

S. 26-53

V E R S T E H S T D U D I E W E LT N O C H ? MITREDEN KÖNNEN UND ANDERE K U LT U R E N V E R S T E H E N , M A C H T

M E H R S PA S S , A L S S P R A C H L O S U M DEN GLOBUS ZU REISEN.

S. 54-63

WA S M A C H T D A S A L L E S M I T U N S ? ZUM EXPERTEN WERDEN, UM IN T E C H N I K , NAT U RW I S S E N S C H A F -

T E N U N D I N F O R M A T I K D I E W E LT T I T E L B I L D : I VA N A B A U M A N N

M I T Z U G E S T A LT E N .

S. 64-75


5 WEG DAMIT! MEINE ZUKUNFT WILL ICH NICHT

VERSAUEN. ÜBER EINE WEGWERFGESELLSCHAFT UND MÖGLICHKEIT E N , E T WA S Z U Ä N D E R N .

S. 76-87

ALLES ANDERE ALS SMART! I N S L O C H G E FA L L E N ! W I E WÄ L D E R U N D D Ö R F E R V E R GRABEN WERDEN UND GANZE

WIE SMART WIR WIRKLICH SIND U N D W A S D I G I T A L S O A B G E H T.

S. 130-143

LANDSTRICHE VERSCHWINDEN.

S. 88-115

E I N F A C H R U N T E R G E S P Ü LT ! W I E E S S I C H A N F Ü H LT, K E I N

VON A NACH B!

D U S C H WA S S E R Z U H A B E N O D E R

WIE WIR UNS IN ZUKUNFT

ZU KÖNNEN.

DIE STRASSEN TEILEN MÜSSEN.

KEINE KLOSPÜLUNG BENUTZEN

S. 116-129

S. 144-153

QUER GEDACHT! WIE KUNST PERSPEKTIVEN UND

S TA N D P U N K T E V E R Ä N D E R N K A N N .

S. 154-161


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Was bedeutet es in Europa zu leben? Wie soll Europa mit den Herausforderungen der Zukunft umgehen? Welche Chancen und Möglichkeiten bietet Europa jungen Menschen?

Projekt ‚EUROPA‘ ENTWURF FÜR DAS PROJEKT „EUROPE POSTER“*

SABINE HAAG

*Beiträge zum Wettbewerb der Initiative europäischer Designer


7 ENTWÜRFE FÜR DAS PROJEKT

„EUROPE POSTER“

TESSA

SCHUITEMAN

Über diese und viele weitere Fragen diskutieren junge Menschen bundesweit und auch in unserer Schule anlässlich des EU-Projekttages. Sinn und Zweck dieses Europa-Projekttages ist es, das Interesse an sowie das Verständnis der Schülerinnen und Schüler für Europa und der Europäischen Union zu wecken und zu stärken. Das Standpunkt-Jugendmagazin der Gesamtschule Hardt hat sich am 25. März in den Workshops zum Europa-Projekttag umgesehen und nachgefragt. Wenn man Jugendliche heute fragt, wie sich Europa anfühlt, dann ist Europa ein Lebensort und weniger eine Ideologie. Europa, das ist für diejenigen, die darin selbstverständlich hineingeboren sind, einfach Realität. Aber wie kann man Schülern die europäische Idee vermitteln? Der Europa-Projekttag wird traditionell mit Schülerinnen und Schüler n der EF und ihren Lehrerinnen und Lehrern gestaltet und organisiert. Um Jugendliche für Europa zu begeistern, müssen die Vorteile erkannt und diskutiert werden. Politikerrhetorik oder Werbeslogans motivieren nicht alleine, sich für Europa zu interessieren und zu engagieren.

Konkrete Themen, die auch Jugendliche in ihrem Lebensraum beschäftigen, wie IT-Sicherheit, internationale Studienabschlüsse, Reisefreiheit und Auslandserfahrung werden heute von den meisten Jugendlichen als größter Vorteil der europäischen Einigung genannt. Junge Menschen sollten die Werte Europas entdecken und es auch mit gestalten können. Dabei sind seriöse Nachrichtenquellen und gut recherchierte Hintergrundinformationen die Grundlagen für einen konstruktiven Austausch und eine aktive Auseinandersetzung mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen Europas. Dies konnten die Schüler*innen in Workshops wie dem ‚Planspiel Food Labelling‘, ‚Nutzung atomarer Energien in Europa‘, ‚Daten als Zerrbild der Realität‘ und ‚Zukunftsperspektiven in der EU‘ fast spielend erfahren. Aber auch mit unkonventionellen und genussvollen Themen wie ‚Europäisch Kochen‘, ‚Europa in Bewegung‘, ‚Europa-Quiz‘, ‚Lyrische Auseinandersetzung‘ und der Gestaltung von ‚Motivationskampagnen für die Europawahl im Instaformat‘ konnte man sich dem Thema Europa widmen.

P R O J E K T ‚ E U R O PATA G ‘ :

PEGGY GENNES

NICOLE TENTEN

Diese Themen online auf: bit.ly/2NDr0G7 bit.ly/2PvrBMK


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ENTWÜRFE FÜR DAS PROJEKT

„EUROPE POSTER“ LEONIE EBBING.


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Die Europawahl ist eine wichtige Gelegenheit für alle, sich einzubringen. P R O J E K T J U N I O R WA H L : PEGGY GENNES

NICOLE TENTEN

F O T O S : I VA N A B A U M A N N

Europe is not only an idea but also safety, home and faith in equality. The main idea of Europe needs to be thought through further and be developed by each and everyone of us. Only then we can reach our full potential.

Das macht 21 Prozent der gesamten EU-Bevölkerung aus! Am 26. Mai wählt die europäische Bevölkerung die Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Diese werden die Zukunft von Kindern und Jugendlichen in Europa* und über die Grenzen hinweg gestalten. Jedes vierte Kind, also mehr als 25 Millionen Kinder in Europa*, sind in Gefahr, von Armut und Ausgrenzung betroffen zu sein. Diese Zahlen beschreiben die Zukunft und viele Europäer sind besorgt, dass ihre Kinder weniger Chancen in ihrer Zukunft haben wie sie selbst. (*13,4 Millionen Kinder leben in Deutschland)

Auch Kinder und Jugendliche, die noch kein Wahlrecht haben, können aktiv werden. Im Rahmen von bundesweiten Schulprojekten wie die Juniorwahl, bringen Kinder und Jugendliche Politik und Demokratie auch nach Hause. Dadurch können Kinder ihre Eltern anregen, zur Wahl zu gehen. Die Juniorwahl ist ein Projekt zur politischen Bildung und wird anlässlich der Europawahl am 26. Mai 2019 bundesweit an über 3.000 Schulen aller Schulformen der Sekundarstufen I und II und in Berufsschulen durchgeführt. An der Gesamtschule Hardt haben in diesem Jahr Peggy Gennes und Nicole Tenten die Organisation der Juniorwahl übernommen. Die Schüler*innen wurden in den Sowi-Kursen vorbereitet, sodass heute mit Unterstützung der Wahlhelfer*innen der abschließende Wahlakt mit allen Schülerinnen und Schülern der Stufen 9, 10 und EF durchgeführt werden konnte. Mit der Juniorwahl zur Europawahl 2019 können Schüler*innen mit politischer Bildung in einem Maße und einer Qualität erreicht werden, wie man es später im Leben nicht mehr ohne Weiteres schaffen wird. Hier geht es um das Üben und Erleben von Demokratie. Im Unterricht werden die Themen Wahlen und Demokratie behandelt und am Ende steht keine Klassenarbeit, sondern ein Wahlakt. Wer das Thema vier bis acht Stunden behandelt hat, wird dann auch ein Kreuzchen machen. Das Gesamtergebnis der Juniorwahl 2019 zur Europawahl wird am Sonntag, dem 26. Mai 2019 um 18 Uhr unter www.juniorwahl. de veröffentlicht.

Die Europawahl 2019 ist wichtig für die Zukunft von Kindern und Jugendlichen, weil sie eine Chance für die EU ist, mehr Verantwortung für Kinder und Jugendliche zu übernehmen. Sowohl politische Entscheidungen innerhalb der EU als auch in der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik betreffen Kinder und Jugendliche direkt und indirekt. In Zeiten von wirtschaftlichen Herausforderungen in Teilen Europas, von Migration und Flucht und zahlreichen humanitären Krisen weltweit ist die Rolle Europas von großer Bedeutung, um die Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu fördern – besonders in Krisen und Konflikten. Das bisherige Engagement muss weitergeführt und ausgeweitet werden, um die Rechte von Kindern sowohl hier in Europa als auch weltweit zu verteidigen, zu schützen und eine nachhaltige Zukunft zu gewährleisten. Als wirtschaftlich stärkster und bevölkerungsreichster Mitgliedstaat steht Deutschland besonders in der Verantwortung, die Umsetzung der Kinderrechte auf europäischer Ebene voranzubringen. Dazu hat sich Deutschland sowohl mit der UN-Kinderrechtskonvention, die dieses Jahr ihren 30. Jahrestag feiert, als auch mit der Agenda 2030 verpflichtet.

Die Juniorwahl online: bit.ly/2PvrBMK


10 „Europa macht Schule“ ist ein Projekt, welches im Jahr 2006 aus der Dresdner Konferenz „Was hält Europa zusammen?“ hervorgegangen ist und seit 2008 unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht.

Wie schafft man es, Europa lebendig und hautnah im Klassenzimmer erfahrbar zu machen?

Genau diese Frage beantwortet das ehrenamtliche Projekt „Europa macht Schule“.

ENTWÜRFE FÜR DAS PROJEKT

„EUROPE POSTER“

LEONIE EBBING


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Das Projekt ‚Europa macht Schule‘ wird regelmäßig mit den Bili-Klassen der Stufe 7 durchgeführt. Für René Amels, der dieses Projekt an der GE Hardt initiierte, war der erste Durchgang ein voller Erfolg. Im schriftlichen Feedback gaben die Schüler*innen dem türkischen Studenten Ugur und dem Projekt Bestnoten, lobten den persönlichen Zugang zur anderen Kultur und äußerten ein gestiegenes Interesse für einen eigenen Aufenthalt im Ausland.

Die Idee ist dabei ebenso simpel wie genial: An einem Hochschulstandort werden Erasmus-Studierende dazu ermutigt, ein Projekt mit einer Schulklasse über ihr Herkunftsland zu gestalten, um den Gedanken des europäischen Austauschs mit Leben zu füllen, Vorurteile abzubauen und ein unmittelbares interkulturelles Erlebnis zu schaffen. „Europa macht Schule“ leistet damit einen sehr wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung in Europa und fördert das europäische Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Gesamtschule Hardt konnte die Premiere des Programms mitgestalten. Zusammen mit dem türkischen Studenten Uğur hat sich die Bili-Klasse 7.4 in den letzten Wochen mit der Herkunft und der Geschichte eines der wichtigsten europäischen Getränke beschäftigt: Gemeinsam begab man sich virtuell

zum Ursprungsort der Kaffeepflanze, verfolgte die Verbreitung über das Osmanische Reich nach Westeuropa und lernte interessante deutsche und v. a. türkische Kaffeetraditionen kennen. Anschließend erstellen die Schüler*innen eine kleine Umfrage über den Kaffeekonsum (n = 68) und werteten diese mit Hilfe von Excel statistisch aus – die Arbeitssprache war dabei stets Englisch. Ihre Ergebnisse stellten sieben Schüler*innen der Klasse im Café Europa in Düsseldorf vor den anderen Projektgruppen, dem Oberbürgermeister der Stadt, Thomas Geisel, sowie der Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Bildung im Europäischen Parlament, Petra Kammerevert, vor. Die Zuschauer waren durchweg begeistert von der Souveränität sowie den Englischkenntnissen der Zwölfjährigen.

P R O J E K T ‚ E U R O PA M A C H T SCHULE‘: RENÉ AMELS

I L L U S T R AT I O N : I VA N A B A U M A N N

Online: bit.ly/2Ldlqaw bit.ly/2L4MDNC


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Europa verstehen Als Europaschule ist es der Gesamtschule Hardt ein sehr großes Anliegen, Europa durch Projekte, Wettbewerbe und Exkursionen erfahrbar zu machen. Einen Baustein in diesem Bestreben stellt die Exkursion der Bili-Klassen nach Brüssel im Jahrgang 8 dar. Dabei geht es uns als Schule nicht nur um eine Vertiefung der Unterrichtsinhalte zur Geschichte der EU durch einen Besuch des Europäischen Parlaments sowie des Museums of European History. Vielmehr sollen die Schüler*innen ihre Rolle in Europa verstehen, reflektieren und bewerten so-

lernen wie den Einfluss der EU auf ihren Alltag erfahren. In einem Gespräch mit einem Abgeordneten des Europaparlaments machen die Schüler*innen außerdem wichtige Schritte bei der Erkenntnisgewinnung, insbesondere in Bezug auf die Wichtigkeit eines europäischen Zusammenhalts sowie der Möglichkeiten einer aktiven Mitgestaltung sowie Teilhabe an der europäischen Gemeinschaft. Die Exkursion ist fest in unserem Schulprogramm verankert und findet jährlich im Frühjahr oder Sommer statt.

Day trip to Brussels and the European Parliament.

P R O J E K T ‚ B R Ü S S E L‘ : R E N É A M E L S F O T O : I VA N A B A U M A N N

Die Bedrohung durch Atomwaffen ist also längst nicht überwunden. Die Bilder von Hiroshima und Nagasaki gingen damals um die Welt und sollten auch heute noch ein Mahnmal gegen den Einsatz von Atomwaffen sein. Die Reichweite und das Ausmaß des Schadens der Atomwaffen, die über Hiroshima und Nagasaki niedergingen, ist im Vergleich zur Wirkung heutiger Atomwaffen übrigens gering. Die Folgen eines Atomkrieges übersteigen somit völlig unsere Vorstellungskraft.


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nuclear– Moving forward free Europe PROJEKT ‚NOBELPREISTRÄGER‘: NICOLE TENTEN

F O T O : I VA N A B A U M A N N

„Nobody gives you power, you just take it!“

Wie brisant das Thema Atomwaffen ist, zeigte sich, als die USA aus dem INF–Vertrag mit Russland zum Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen ausstieg. Zusammen mit der Lehrerin Nicole Tenten nahm der Leistungskurs Sozialwissenschaften der Stufe Q1 an der Vortragsreihe „Nobelpreisträger in Mönchengladbach“ teil und hörte im Audimax der Hochschule Niederrhein einen Vortrag von Beatrice Fihn, schwedische Juristin und Direktorin der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), welche 2017 für den Einsatz zur Abschaffung aller Atomwaffen durch einen bindenden völkerrechtlichen Vertrag den Friedensnobelpreis erhielt. Ein bindendes Verbot von Atomwaffen sollte, so Beatrice Fihn, also unser aller Anliegen sein. Und hier appellierte sie an die jungen Menschen im Publikum vor ihr, die, wie sie sagt, als junge Generation sehr viel Macht besitzen, die sie lediglich für die Erreichung ihrer politischen Interessen nutzen müssen.

Online: bit.ly/2ZBwxTU


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„Hier haben wir Zeit, auch über Themen zu sprechen, die in der Schule nicht besprochen werden können.“

Erlebnistage

P R O J E K T ‚ K E N N E N L E R N TA G E ‘ : IRMGARD SCHRÖDER

S A S C H A PA C H T- N E U K I R C H E N

Für alle Schüler*innen hat sich zu Beginn dieses Schuljahres mit Sicherheit einiges verändert. Doch die Schülerinnen und Schüler der achten Klassen entdecken gerade einige neue Seiten der eigenen Schule. Zum einen den Umzug der Klassen vom Altbau in den Neubau sowie den Wechsel der Fach-, und Klassenlehrer*innen. Um diesen Übergang für die Schüler*innen sowie deren Klassenlehrer *innen optimal zu gestalten, findet seit diesem Schuljahr ein Erlebnistag statt. Offiziell dient dieser Tag dem Zweck, die Arbeit und das Vertrauensverhältnis untereinander zu stärken und besonders, sich mit den zum Teil neuen Lehrer*innen intensiver auseinanderzusetzen. Für den Fokus des sozialen Miteinanders, wurde am 2. und 4. Oktober ein ganzer Schultag in den Räumen des Wilhelm-Kliewer-Hauses im Hardter Wald mit Workshops und gemeinsamen Aktionen belebt. Dass die Erlebnistage ihren Sinn und Zweck erfüllten, zeigte sich schon während der Veranstaltung. Es wurden viele organisatorische Themen besprochen, damit sich jeder auf die kommenden

Jahre im Neubau vorbereitet fühlt. Die Schülerinnen und Schüler knüpften und vertieften aber auch Kontakte zu Mitschülerinnen und Mitschülern, mit denen sie bisher nicht viele Gemeinsamkeiten geteilt haben. Die Achtklässler*innen wurden dabei durch ihre Klassenlehrer*innen und durch zwei Erlebnispädagogen der Organisation Care in Workshops betreut. Dazwischen gab es natürlich auch Pausen mit gemeinsamen Essen. Gerade für die Stufe 8 würden alle Lehrer*innen und Schüler*innen die Erlebnistage weiterempfehlen, besonders aufgrund des Kennenlernens außerhalb des Schulgebäudes, was zu einem stärkeren Vertrauen und Gemeinschaftssinn führt. Wenn man die O-Töne der Teilnehmer hört, steht fest, dass dies nicht die letzten Erlebnistage der Gesamtschule Hardt sein werden.

„Ich finde es toll, auch mal mit Klassenkameraden ins Gespräch zu kommen, mit denen ich ansonsten nicht viel zu tun habe.“

Online: bit.ly/2zqaAZo


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vom Staat für jeden.

Geld

Bedingungsloses Grundeinkommen

TEXT: MARK OFFERMANN

Worum geht es in der Debatte um das BGE? Das bedingungslose Grundeinkommen ist das politische Zukunftsprojekt der digitalen Moderne. Geld vom Staat für jeden – ob Milliardär oder Arbeitsloser. Bedingungslos und ohne Gegenleistung. So vielversprechend das klingt, so umstritten ist es auch. Hat das BGE das Potential, den deutschen Sozialstaat umzukrempeln? Mark Offermann, ehemaliger Chefredakteur unseres Schüler- und Jugendmagazins klärt auf.

Was ist das bedingungslose Grundeinkommen? Das Grundeinkommen sieht vor, jedem Bürger ein staatlich finanziertes Einkommen zuzusichern. In aktuellen Debatten um das Grundeinkommen sind das häufig 1.000 € im Monat, die der Staat als garantierte und bedingungslose Leistung zur Verfügung stellt. Damit unterscheidet sich das BGE sehr grundsätzlich von dem aktuellen System aus Sozialleistungen wie Hartz IV, Elterngeld oder Wohngeld. Diese sind an Bedingungen geknüpft oder werden dem Bürger nur nach erfolgreicher Bedürftigkeitsprüfung zugesichert. Das bedingungslose Grundeinkommen würde all diese Leistungen ersetzen und in einer Leistung bündeln - und das auch im Falle der Erwerbstätigkeit.

Wie soll das finanziert werden? Ein Grundeinkommen würde den bürokratischen Aufwand und auch die Verwaltungskosten von Behörden erheblich senken. Dennoch warnen Kritiker vor den wirtschaftlichen Folgen einer Einführung. Diese sind weitestgehend unvorhersehbar. Ein Betrag von 1.000 € für jeden würde jedenfalls den Bundeshaushalt, aus dem die Mittel finanziert werden müssten, sprengen. Etwa dreimal so viel Geld bräuchte es in der Kasse des Bundes, um das Vorhaben zu realisieren. Ein Teil der aktuellen Ausgaben würde natürlich wegfallen, Kosten für Hartz IV und weitere Sozialleistungen etwa. Ausreichend ist dies jedoch nicht. Fest steht also: Ein Grundeinkommen kann nicht ohne weitere Geldquellen finanziert werden. Eine Anhebung von Unternehmens- oder Erbschaftssteuer werden deshalb als weitere Ansätze diskutiert. Politisch wäre eine solche Lösung allerdings hoch umstritten.

Das bedingungslose Grundeinkommen klingt erstmal vielversprechend. Jeder Bürger hätte die Freiheit und Sicherheit, den eigenen Lebensbedarf unabhängig vom Einkommen oder familiärer Unterstützung decken zu können. Doch was macht ein sicheres Einkommen mit der Arbeitsmotivation? Darum geht es im Kern der öffentlichen Debatte. Befürworter behaupten, ein sicheres Grundeinkommen würde die Kreativität und den Unternehmergeist stärken. Viele Bürger hätten nun die Möglichkeit, den Traum eines eigenen Gewerbes zu verwirklichen oder aus ungeliebten Jobs auszusteigen, um eine Weiterbildung zu finanzieren. Kritiker behaupten das Gegenteil. Sie sagen, dass erst der Leistungs- und Wettbewerbsgedanke des Menschen ihn dazu verleitet, arbeiten zu gehen. Ohne die finanzielle Notwendigkeit würde diese Motivation wegfallen.

Welche Modelle gibt es? Unterschiedliche Ideen, Ansätze und Konzepte, die bereits in verschiedenen Ländern umgesetzt und erprobt werden, kann man nachlesen auf:

Online: bit.ly/2Zr9nAk


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Pressefreiheit ist Menschenrecht!

Durch Trumps Angriffe auf die freie Presse leidet auch das Vertrauen der Menschen in unabhängige Berichterstattung. Das habe gefährliche Konsequenzen schreibt der Globe: Unabhängige Medien durch staatliche zu ersetzen sei eine Praxis, die in korrupten Regimen üblich sei, wenn sie das Land übernehmen wollten. Wo Menschen ihre Meinung nicht frei äußern können oder Journalist*innen an ihrer unabhängigen Berichterstattung gehindert werden, werden auch andere Menschenrechte verletzt. Die Qualität der Demokratie eines Landes ist daran zu messen, wie weit die Achtung der Menschenrechte, in Freiheit zu informieren und informiert zu werden, umgesetzt wird. Pressefreiheit ist die Basis einer demokratischen Gesellschaft. Informationen sind der erste Schritt zu Veränderungen – deshalb fürchten nicht nur autoritäre Regierungen eine freie und unabhängige Berichterstattung. Wo Medien nicht über Unrecht, Machtmissbrauch oder Korruption berichten können, findet auch keine öffentliche Kontrolle statt, keine freie Meinungsbildung und kein friedlicher Ausgleich von Interessen. (www.reporter-ohne-grenzen.de)

Die Meinungs- und Pressefreiheit „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […]. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (Art. 5, Abs. 1 GG) Die Meinungsfreiheit Die Meinungsfreiheit, wie sie der erste Satz des Artikels 5 beschreibt, ist ein Menschenrecht. Als solches steht sie auch in der „Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“, die der Europarat 1950 entworfen hat, und wurde von da aus in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union aufgenommen. Die Meinungsfreiheit hat eine doppelte Funktion: Einerseits dient sie jedem einzelnen Menschen, seine Persönlichkeit zu entwickeln. Gleichzeitig ermöglicht sie den Meinungsaustausch im Kontakt mit anderen Menschen. Dabei ist es unwichtig, ob die Meinung sinnvoll, interessant und wertvoll ist. Jeder darf zeigen, was er denkt - ob in Bildern, einem Text oder im Gespräch.

Online: bit.ly/2L4LLbO

Die Pressefreiheit Die Pressefreiheit erlaubt jedem, journalistisch tätig zu sein und das zu tun, was dafür notwendig ist. Daher ist auch der Druck, die Verbreitung etc. von der Pressefreiheit geschützt. Der Staat darf keinen Einfluss darauf nehmen und muss vielmehr dafür sorgen, dass die Medien auch bestehen können. Wie für die Meinungs- gilt für die Pressefreiheit: Auch wenn ein Zeitungsartikel, ein Beitrag im Fernsehen o. ä. qualitativ fragwürdig ist, ist er doch erlaubt. Die Verfassung schützt ihn. Das Zensurverbot Jegliche Aktion, die die Medienfreiheit einschränken könnte, ist verboten. Daher darf eine Vorzensur nicht bestehen. Eine Nachzensur ist unter Umständen möglich, z. B. wenn ein Medienbeitrag jugendgefährdend ist.


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Keine Woche ohne Tweets von Donald Trump, mit denen der US-Präsident gegen Medien polemisiert. Er bezeichnet kritische Berichterstattung über seine Politik als „Fake-News“ und greift kritische Journalistinnen und Journalisten direkt an. F O T O S : I VA N A B A U M A N N


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Der Herbst bricht an. Nach dem goldenen Sommer 2014 wollen es einige, wichtige Politiker im Bundestag noch nicht wahrhaben, dass nun komplizierte Zeiten anstehen. Es ist der Herbst der ankommenden Flüchtlinge. Willkommenskultur breitet sich aus, Kanzlerin Merkel verkündet die kurzfristige Aufhebung europäischen Asylrechtes und ebnet den Weg für eine Politik der moralischen Überlegenheit, wie es später heißen wird. Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsgebiet Syrien oder dem von Krisen und Terror gezeichneten Afghanistan suchen Schutz vor Verfolgung – in Deutschland wie in Europa. Was aus deutscher Sicht und der von Bundeskanzlerin Merkel als „alternativlos“ gilt, sehen nicht alle in Europa so. Die Flüchtlingspolitik der offenen Grenzen bekommt Risse. Nachdem Ungarn sich einer Aufnahme von Flüchtlingen verweigert, folgt auch Polen. Der östliche Nachbar am Rande der Ukraine galt sehr lange als Auswanderungsland. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschoben sich die Grenzen des polnischen Staatsgebietes, zahlreiche Aussiedler verließen das Land in Richtung Westen. Heute wird Polen seit fast zwei Jahren von der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) regiert. Nationalistische Töne und eine restriktive Einwanderungspolitik bestimmen den Ton der Politik. Die Zeichen stehen auf Abschottung. Doch stimmt das? Nur bedingt. Seit der Ukraine-Krise reisten viele Ukrainer aus den Kriegsgebieten im Osten nach Polen und stellten Anträge auf Asyl. Die Regierung nimmt ukrainische Flüchtlinge bereitwillig auf. Nachdem hochqualifizierte, polnische Arbeitskräfte in die wirtschaftlich attraktiven Länder des

Westens abgewandert sind, mangelt es Polen an Arbeitskräften im eigenen Land. Ukrainische Migranten kommen der Regierung gerade recht. Das Problem: Oft bekommen eingewanderte Ukrainer unterbezahlte Jobs, die von polnischen Arbeitern nicht angenommen werden. Ein Nährboden, der wie gemacht zu sein scheint für soziale Unruhen und Ressentiments, wie sie auch von der polnischen Regierung geschürt werden. Nach außen bekräftigt die PiS-Regierung mit ihrer scharfen Rhetorik das Bild eines unkooperativen Partners. Die europäische Solidarität bei der Flüchtlingsfrage wird von der Regierung nicht mitgetragen. Wie aber steht die polnische Bevölkerung zu Fragen der Einwanderung und Integration von Flüchtlingen? Max Bohmer und Lea Szukalla haben nachgefragt. Mit einem internationalen Team reisten sie nach Lubin in Polen, um den Ursprüngen der Flüchtlingsthematik auf den Grund zu gehen. Auf der Reise in ein Land, das Stolz und Vorurteile ebenso vereint wie die Hoffnung auf Wandel.

P RO J E K T KO O R D I NAT I O N : DOROTHÉE VOLLMER

FOTOS: LEA SZUKALLA, GLOCAL FILMS

Online: bit.ly/2NCeLcQ


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Flüchtlinge – damals und heute Was bringt einen Menschen dazu, seine Heimat zu verlassen? Wie wird die Fluchterfahrung erlebt? Wie das Ankommen? Wodurch unterscheiden sich Migrationsbewegungen in der Vergangenheit von Flucht und Vertreibung heutzutage?

In dem Projekt „Flüchtlinge – damals und heute” haben sich 21 Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, Polen und der Ukraine, über einen Zeitraum von einem halben Jahr, in jedem der drei Länder getroffen, um in einwöchigen Workshops insgesamt 6 Dokumentarfilme zu produzieren. In jedem Land setzten sich die Teilnehmenden in einem historischen Film, intensiv mit den Themen Flucht und Vertreibung im und nach dem zweiten Weltkrieg auseinander. Parallel dazu beleuchteten sie in einem kontemporären Film die gegenwärtige Flüchtlingsthematik des Landes. Sie recherchierten nach Quellen, befragten und interviewten Zeitzeugen, Historiker, Ethnologen, Mitarbeiter von NGO’s sowie Geflüchtete. Jeder der drei Workshops endete mit einer feierlichen, öffentlichen Filmvorführung. Eine anschließende Q&A bot eine erweiterte Plattform für Reflektion, Dialog und Austausch. Das Projekt wurde mit Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland gefördert. Kooperationspartner sind das Goethe-Institut und das Deutsche Youth For Understanding Komitee.


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„Wolhynien - auf der Suche nach der Wahrheit” Das Projekt, das von Glocal Films initiert wurde, wird vom Goethe-Institut in Kooperation mit dem Deutschen Youth For Understanding Komitee e.V. organisiert und durchgeführt. Es wird aus Mitteln des Auswärtigen Amts zum Ausbau der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft und Russland gefördert sowie der Stiftung deutsch-polnischer Zusammenarbeit.

TEXT+FOTOS: GLOCAL FILMS


kr ieg

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Projektwoche Ukraine

Film online: bit.ly/2LeJdXM

ich endlich mal

frieden

Die Dokumentarfilme „Krieg ich endlich mal Frieden“ und „Wolhynien - auf der Suche nach der Wahrheit” sind im Kontext des trilateralen Projektes „Flüchtlinge - damals und heute“ entstanden, in dem Jugendliche aus der Ukraine, Polen und Deutschland gemeinsam Filme produzierten. Mit “KRIEG ich endlich FRIEDEN?” haben die Schüler*innen einen ergreifenden Film über die Fluchterfahrung junger Menschen aus der Ostukraine gemacht. Sie fanden aus erster Hand heraus wie es, ist einen Krieg zu erleben, was Flucht mit einem Menschen macht und was helfen kann, den Verlust, den Schmerz und die Angst zu verarbeiten. „Wenn ich jetzt in den Nachrichten eine Meldung über Russland oder die Ukraine höre, stelle ich das Radio direkt lauter,“ meint Max, den die aktuelle Lage im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine nach seiner Rückkehr aus Riwne in der Westukraine sehr interessiert.

Er setzte sich im Filmteam schwerpunktmäßig mit den Ursachen und Folgen der Flucht angesichts der aktuellen politischen Lage im Ukraine-Russlandkonflikt auseinander. Auch die filmischen und praktisch-technischen Aufgabenstellungen, die das professionelle Filmteam von Glocal Films vermitteln konnte, waren sehr hilfreich für seinen Berufswunsch.

„Während der Vorbereitung unseres Dokumentarfilmes haben wir so intensive und tiefe Gespräche mit Betroffenen geführt, die mich echt berührt haben und gezeigt haben, wie man sich als Flüchtling im eigenen Land fühlt“, sagt Lea, die sich während des Dokumentarfilmprojektes mit den geschichtlichen Hintergründen zum Thema Binnenflüchtlinge beschäftigt hat. Im historischen Film wurde das Massaker von Wolhynien (1943) beleuchtet, indem 40.000 -100.000 Polen von ukrainischen Nationalisten ermordet wurden und fast 500.000 Menschen flüchteten.

Besser nachvollziehen, was geschichtlich hinter den Ursachen von Flucht und Vertreibung in der Ukraine steht, kann auch Lea, die sich seit längerem in ihrer Freizeit in der Flüchtlingshilfe engagiert.

Das Ergebnis ihrer eindrücklichen Reise offenbart bewegende Geschichten von Vertriebenen, die sich nach Jahren der Unruhe nur eines wünschen: ein friedliches Leben.


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“Die H offnung ist größer als die Angst” Projektwoche Polen

Film online: bit.ly/2ZBZ8oh Mit diesem Film ist den Jugendlichen ein komplexes multivokales Werk über die derzeitige polnische Flüchtlingspolitik gelungen. Wie auch im historischen Film „Entwurzelt“, spielt hier die unterschiedliche Sichtweise der drei Länder auf ein Thema eine große Rolle. Philosophisch hört man dann die Einigkeit der jungen Stimmen in ihrer Analyse von Ausgrenzung und Integration. Unterstützt von Profis des ‚Glocal Films‘ Teams und des Goethe-Institutes Warschau, produzierten die 21 Jugendlichen aus der Ukraine, Polen und Deutschland zwei Dokumentarfilme, in dem Menschen vorgestellt werden, die nur mit ihren Interviews einen ganz persönlichen und berührenden Blick auf Flüchtlingsschicksale und eine Auseinandersetzung mit dem Thema anstoßen soll. Ein Beitrag, der uns als Europäer zum Nachdenken und Handeln anregen sollte. TEXT+FOTOS:

GLOCAL FILMS

Berichte online: bit.ly/2ZBZjQt bit.ly/2MJPeil bit.ly/2NK0meu

Lea Szukalla und Max Bohmer


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wurzelt ent-

Vorurteile, Stimmungsmache oder was ist wirklich dran an dem Bild, wie Polen zum Flüchtlingsthema steht? Film online: bit.ly/2ZxgHtC „Entwurzelt“ ist ein historisches Werk, das seine Aufmerksamkeit auf die Umsiedlungen in Osteuropa in den 40er Jahren, mit speziellem Augenmerk auf die Aktion Weichsel, einer Zwangsumsiedlung ethnischer Ukrainer, Bojken sowie Lemken aus dem Südosten der Volksrepublik Polen in den Norden und Westen des Staatsterritoriums (den so-

„Ich bin anders so wie du“

genannten wiedergewonnenen Gebieten) lenkt. Neben Passanten auf der Straße wurde Prof. Dr. Ruth Leiserowitz, stellvertretende Direktorin des Deutschen Historischen Instituts in Warschau sowie Anna Dabrowski von Menschenrechtsorganisation Homo Faber interviewt. Mit diesem Film ist den Jugendlichen ein

Link zu allen Filmen: https://vimeo.com/showcase/4973503

ist die Nachricht, die die Schüler*innen aus Polen, der Ukraine und Deutschland an alle Flüchtlinge der Welt schicken wollen. Gepaart mit ihrem eigenen philosophischen Verständnis der derzeitigen Migrationssituation, flicht der letzte Film des Projektes ‚Flüchtlinge - damals und heute‘, auch Stimmen von zwei Neu-Berlinern aus Syrien und dem Irak sowie einem Professor für Ethnologie, der die Systemzusammenhänge erklärt und einem Flüchtlingsheimleiter aus Brandenburg.

Projektwoche Deutschland

komplexes multivokales Werk über die derzeitige polnische Flüchtlingspolitik gelungen. Wie auch im historischen Film „Entwurzelt“, spielt hier die unterschiedliche Sichtweise der drei Länder auf ein Thema eine große Rolle. Philosophisch hört man dann die Einigkeit der jungen Stimmen in ihrer Analyse von Ausgrenzung und Integration.

„Damit sich nichts Schlechtes wiederholt“ ‚Damit sich nichts Schlechtes wiederholt‘ ist ein Aufruf von Schüler*innen aus der Ukraine, Polen und Deutschland, die im „Flüchtlinge – damals und heute“ Projekt in Berlin Parallelen der Fluchterfahrung nach dem 2ten Weltkrieg und heute erforschten. Dazu interviewten sie Zeitzeugen die nach dem zweiten Weltkrieg aus Osteuropa nach Deutschland flüchteten sowie Dr. Andreas Kossert, wissenschaftlicher Mitarbeiter der „Stiftung Flucht, Vertreibung“.


24 Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Hardt setzen sich in den Fächern Gesellschaftslehre und Religion intensiv mit den Themen Nationalsozialismus und der Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung jüdischer Menschen und anderer Bevölkerungsgruppen auseinander.

PROJEKT: JAGODA POSANZ FOTOS: DANIEL PURRIO

„Sie haben die Verantwortung, dass so etwas nie wieder passiert.“

Neben Büchern, Filmen und Ausstellungen gehören Gespräche mit Zeitzeugen und Besuche von Gedenkstätten dazu. Letztere sind dabei die authentischste und nachhaltigste Form der Vermittlung. Daher haben die Lehrer*innen Jagoda Posanz, Winfried Paeßens und Franz Ingmanns auch in diesem Jahr wieder die Initiative ergriffen und 28 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10 auf eine Reise zu den Gedenkstätten des Holocaust, Auschwitz 1, Auschwitz 2 und Birkenau, vorbereitet und begleitet. Unterstützt wurde das beispielhafte Projekt von der Konrad-Adenauer Stiftung und dem Bistum Köln. Die Reise wurde ausführlich vorbereitet und mit Tagesberichten und Fotos dokumentiert sowie nach unserer Rückkehr in zahlreichen Treffen reflektiert.


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„Wer die Vergangenheit nicht meistert, kann die Zukunft nicht gestalten.“

Als Zeitzeuge und Mitglied der „Christlich-jüdischen Gesellschaft“ berichtete Herr Schmitz, der die NS-Zeit in Mönchengladbach als Kind einer „Misch-Ehe“ erlitten hat, über das grausame Schicksal seiner Familienangehörigen im Krieg und berichtete von seinen erschütternden Erfahrungen in der NS-Zeit.


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Mitreden können in einer globalisierten Welt. Warum bilingualer Unterricht? Unsere globalisierte Welt und das wirtschaftlich sowie politisch zusammenwachsende Europa werden an die heutigen Schülerinnen und Schüler in ihrer weiteren Ausbildung und in ihrem Beruf höhere Anforderungen stellen, insbesondere an die Fähigkeit, sich in Fremdsprachen problemlos zu verständigen. In zahlreichen international orientierten Betrieben und Institutionen ist Englisch als Geschäftssprache in schriftlicher Korrespondenz, in Telefongesprächen und Verhandlungen selbstverständlich. Im Studium werden junge Leute zunehmend mit wichtiger englischsprachiger Fachliteratur konfrontiert. Auch das Studium an einer Universität im englischsprachigen Ausland ist heute eine gern gesehene zusätzliche Empfehlung im Berufsleben. Wie ist der bilinguale Bildungsgang in der Sekundarstufe I strukturiert? Die Schülerinnen und Schüler in der bilingualen Neigungsklasse nehmen in den Stufen 5 und 6 innerhalb der Förderschiene am Förderkurs „Englisch Plus“ teil, um den Sprachumsatz von Beginn an hoch zu halten. Darüber hinaus wird der Unterricht im Fach Gesellschaftslehre (GL) bereits ab Klasse 5 durch einige bilinguale Module (z. B. Basic Mapwork, European countries, Ancient Egypt, The Romans, Holidays in Germany and the UK) bereichert.

Bili-Stundentafel online: bit.ly/34iHauu

Ab Klasse 7 setzt der eigentliche bilinguale Sachfachunterricht ein. Dabei wird der bilinguale GL-Unterricht in jedem der Jahrgänge 7 bis 9 um zwei Zusatzstunden auf 5 Unterrichtsstunden erhöht. Dadurch wird das projektorientierte Arbeiten (z. B. field work, educational visits, various kinds of contacts with London twin school, presentations) gefördert. Auf der Homepage zeigen weitergehende Informationen, in denen die allgemeingültigen Vorgaben für Gymnasien dem Organisationsmodell der Gesamtschule Hardt gegenübergestellt sind, dass das Angebot an der GE Hardt weit über die gestellten Anforderungen an Gymnasien hinausgeht.

PROJEKT: RENÉ AMELS, PEGGY G E N N E S , C H R I S TA K L I N G E R FOTOS: PEGGY GENNES


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Wenn im Lehrplan „Industrielle Revolution“ steht, ist dieses Thema für die Schüler*innen der bilingualen Neigungsklasse 8.4 mit einem besonderen Highlight verbunden: mit einem History Slam im Industriemuseum Ratingen. Die Schüler*innen hatten verschiedene Themen zur Auswahl und konnten selbst die Art der Präsentation ihrer Gruppenergebnisse wählen.

Industrielle Revolution im History Slam

The material of which dreams are made: The students explained the triangular trade with special regards to the cotton business. They beat the cotton on the betting table and showed how the cotton is loosened further and combed. Mechanization of the revolutionary textile industry: The students talked about the technology and the working methods by describing the carding machines and lantern benches, the preliminary and fine spinning. Energy and power transmission: The students reported on the undershot waterwheel and how the water beat the paddle and started to move the water wheel.

Factory owner Brüggelmann and his water frames: Students informed about Johann Gottfried Brüggelmann, merchant and founder of the textile mill Ratingen Cromford, his pioneering spirit and the industrial espionage. Richard Arkwright invented the waterframe in England. But although the English government protected the secret of the machine Johann Brüggelmann succeeded in spying on Arkwright and stole the secret of the machine and founded the Cromford tectile factory in Ratingen, the oldest factory on the European mainland in 1783.

The social question: In a role play the students discussed pauperism, the extreme poverty of the factory workers during the Industrial Revolution, their terrible living quarters, no space for families, no rights for workers low wages, diseases and hard punishment. Child labour: Another role play informed about the situation of the working children, their kind of work, no school education, long working hours, strict rules, accidents.

Erfahrungen im Interview online: bit.ly/2LsHFcT


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BFD, FSJ und was man noch so nach der Schule machen kann. TEXT: ANNA BOLDYREV

Hier geht es zu den Alternativen nach der Schulausbildung: bit.ly/30DkkLL

Für Anna Boldyrev gehört nach der Schule viel mehr dazu, als sich für eine Ausbildung oder ein Studium zu entscheiden. Man muss sich selbst entfalten und herausfinden, was man wirklich will und wer man wirklich ist. Manche Schüler*innen wissen dennoch nicht genau, was sie werden wollen oder wer sie sind und da ist es nicht gerade sinnvoll, sich unbedacht für irgendein Studienfach oder einen Ausbildungsberuf zu entscheiden. In diesem Zusammenhang stellt sie sich in ihrer Projektarbeit die Frage „Studies and professional education – Are these the only opportunities?“ und zeichnet die verschiedenen Möglichkeiten, die Schüler*innen heute neben Studium und Berufsausbildung nach der Schule noch bereitstehen, auf.


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Studies and disability

T E X T: K AT H R I N RÜ B A RT S C H

Finding a suitable place of study – Bezogen auf berufliche Ziele sowie persönliche Interessen und Fähigkeiten, scheint es einfach, einen passenden Studienplatz zu finden.

Behinderte Personen werden oft mit viel mehr Fragen konfrontiert, die es in einer umfassenden Recherche zu beantworten gilt. Weil sie selbst gehbehindert ist, hat sich Kathrin Rübartsch intensiv mit Fragestellungen zum Thema ‚Studies and disability‘ beschäftigt. Z. B.: Werden benachteiligte Student*innen während ihres Studiums von der Universität unterstützt? Ist der Campus barrierefrei? Wie lässt sich Lernen und Alltag möglichst ohne Hindernisse miteinander verbinden? Da sie selbst ein Studium anstrebt, ist es für sie besonders wichtig, sich neben dem Ausbildungsangebot der Universität auch über die Gegebenheiten in der Stadt und dem Campus zu informieren. Im Rahmen ihrer Projektarbeit des Erasmus-Programms 2018/2019 führte sie eine Analyse zweier Universitäten, im Hinblick auf die Integration von Student*innen mit Behinderung, durch. In Bezug auf ihre persönlichen Bedürfnisse soll sich zeigen, ob eine Behinderung in ein Studium integriert werden kann oder ob Verbesserungen vorgenommen werden müssen.

Hier geht es zum Uni-Check: bit.ly/2Zo3PGH


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BerufswahlDatenbanken im Check Mit 33 Prozent ist der Anteil der Lehrlinge und Studenten, die scheitern, erschreckend hoch. Welche Gründe gibt es dafür? Die Berufswahlvorbereitung ist intensiver und breiter aufgestellt denn je. Aber was macht eine gute Berufswahlhilfe aus? TEXT: SUKIRTHAN S AT H E E S H K U M A R

FOTOS: DOROTHÉE VOLLMER

Hier geht es zum Datenbank-Check: bit.ly/2NF2p3Q

Im Rahmen des Erasmus+ Projekts „Creating & developing your future“ hat Sukirthan Satheeshkumar ausgewählte Datenbanken zu BerufswahlTestverfahren untersucht. Mithilfe eines von ihm entwickelten Bewertungsverfahren wurde ein Ranking der Datenbanken erstellt. Suki Satheeshkumar hat in seiner Arbeit ausgewählte Datenbanken zu Berufswahl-Testverfahren untersucht. Mit Hilfe eines von ihm entwickelten Bewertungsverfahren wurde ein Ranking der Datenbanken erstellt. Schüler*innen können sich mit Hilfe der Datenbanken über verschiedene Ausbildungs- und Studienberufe informieren. Dadurch haben sie die Möglichkeit, herauszufinden, welche Kompetenzen und Fähigkeiten für die jeweiligen Berufe gefordert bzw. benötigt werden. Anhand der Berufswahltests können die Schüler*innen ihre Interessen, Stärken und Schwächen herausfinden. Das soll ihnen neben einer individuellen Auswahl von passenden Berufen auch helfen, sich auf diese vorzubereiten und sich für ihr Ziel zu optimieren.


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Perspektive Traumberuf Ist die Berufswahl heute noch aktuell?

Lucie Cremer macht in einem Jahr ihr Abitur und beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Weiterbildung nach der Schule. Bei ihrer Suche nach Studien- oder Ausbildungsplätzen, sind ihr unterschiedliche Berufswahlberatungskonzepte aufgefallen. Nach einer ausführlichen Recherche, sowohl auf digitaler als auch analoger Ebene stellte sie fest, dass sich angesichts der Veränderung von Berufsbildern in einer digitalen Welt auch der Berufsberatungsmarkt neu ausrichten muss. Heute ist es wichtig, dass eine offene, flexible und vor allem aktuelle Berufsorientierung angeboten wird. In ihrer Arbeit hat sie Orientierungsmöglichkeiten analysiert und kritisch bewertet, um die Frage zu beantworten, ob in einer sich immer schneller verändernden Berufswelt eine aktuelle Berufsorientierung überhaupt möglich ist.

Hier geht es zur Analyse der Berufsberatung: bit.ly/2ZryKRS

TEXT: LUCIE CREMER

Jeder Dritte bricht heutzutage sein Studium oder seine Ausbildung ab. Was könnten die Gründe sein? Mehr auf: bit.ly/2PlMYzU


bit.ly/2PlPNB0

bit.ly/2NCg63m

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Ein Team aus Standpunktredakteur*innen und Erasmusteilnehmer*innen hat im Vorfeld der Bewerbungsphase die Jurymitglieder interviewt und daraus individuelle Trailer zur Vorstellung der einzelnen Personalverantwortlichen mit ihren Erwartungen produziert. Diese sind auf dem YouTube-Kanal des Projekts und auf Standpunkt verรถffentlicht.

M O D E R AT I O N : S E ร N L E V E Y VIDEOS: SVEN HESS, DANIEL PURRIO

bit.ly/2PlPNB0

bit.ly/32ftmyL

Filme auf:

bit.ly/2ZlR0g4

Trailer und


33 Kein Plan oder die Qual der Wahl PROJEKT ERASMUS+:

R E N É A M E L S , E VA S I E W E K E ,

DOROTHÉE VOLLMER

Die Frage „Und, was machst du jetzt so nach dem Abi?“ nervt, weil allein im Ton schon die Erwartungshaltung durchsickert, nach der Schule etwas Vernünftiges zu machen. Viele haben vor und auch nach dem Abi aber noch keinen Plan. Viele starten ein Studium und brechen dann ab, weil es eben doch nicht das Richtige für sie war. Unzählige studieren etwas und arbeiten danach in einem Bereich, den sie sich niemals zugetraut hätten oder den sie gar nicht vor Augen hatten. Der Weg, den sie beschreiten, erschließt sich ihnen erst unterwegs. So kann jeder Umweg Teil des Weges werden. Letztlich ist alles ein Weg und der muss nicht immer gerade oder komplett durchgeplant sein. Nur die Eltern machen Stress, denn sie müssen lernen, dass die Biografien anders verlaufen als in ihrer Generation. Sie sollten entspannter sein, denn die Wege sind für die zukünftigen Berufsgenerationen viel offener. Es wird viel leichter sein, den Beruf zu wechseln. Es werden sich mehr Weiterentwicklungsmöglichkeiten ergeben. Die Querverbindungen zwischen den Berufen werden zunehmen. Eltern könnten sich zurücklehnen und den Berufswahlstress, den die Kinder ohnehin schon haben, von ihnen nehmen. Die Vielfalt an Optionen überfordert eigentlich alle. Wenn aber die anfängliche Berufswahl keine endgültige Entscheidung mehr fürs Leben bedeutet, ist es auch nicht mehr so essentiell, womit ein junger Mensch ins Berufsleben einsteigt. Es ist also in Ordnung, mit dem einem zu beginnen und später gegebenenfalls etwas anderes zu machen. Man findet etwas, das zu einem passt und entscheidet viel kurzfristiger.

Darüber haben die Standpunktredakteure mit den Personal- und Ausbildungsverantwortlichen in der Stadt Mönchengladbach und Umgebung gesprochen und ihre Ansichten, Erfahrungen und Ansprüche an junge Berufsanfänger in Videotrailern zusammengefasst. Hintergrund der Interviews ist ein internationales Projekt an der Gesamtschule Hardt, das die Schülerzeitungsredaktion Standpunkt seit zwei Jahren redaktionell begleitet. Im Januar 2019 begrüßte die Gesamtschule Hardt die Schülerinnen und Schüler ihrer Erasmus+ Partnerschulen aus Frankreich, Spanien und Polen. Mit einem großen Bewerbungswettbewerb und entsprechendem Rahmenprogramm richtete die Schule in Kooperation mit Ausbildungs- und Personalverantwortlichen aus lokalen Unternehmen und Stadtverwaltung das Finale des internationalen zweijährigen Projektes „Creating & developing your future“ in Mönchengladbach aus. Fast 50 Schülerinnen und Schüler aus vier Nationen haben sich im Januar auf reale Ausbildungsstellen in Mönchengladbach und Düsseldorf beworben. Während ihres Projekttreffens vom 16. bis 20. Januar 2019 an der Gesamtschule Hardt durchliefen sie verschiedene Bewerbungsverfahren vom Telefoninterview über das Assessment-Center bis zum finalen Bewerbungsgespräch. Die Arbeitssprache für die Schülerinnen und Schüler aus Polen, Frankreich, Spanien und Deutschland war dabei Englisch.

Creating & developing your future

Mehr zum Erasmus+ Projekt: bit.ly/30HxO97


34 Vorbereitet und betreut wurden die Teams während der fünftägigen Projektzeit an der Gesamtschule Hardt durch Personalentwickler*innen, Ausbildungsleiter*innen und Berufsberater*innen der Stadt Mönchengladbach, der Agentur für Arbeit, kooperierender Unternehmen aus Mönchengladbach und durch Lehrerinnen und Lehrer des Erasmus+ Projektes. So haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowohl auf angebotene Ausbildungsstellen als auch auf Duale Studiengänge bewerben können. Die Stadt Mönchengladbach nahm zum Beispiel aus ihrem Ausbildungsportfolio das neue Angebot zum Studium der sozialen Arbeit mit ins Projekt. Die RP Mediengruppe spezialisierte sich auf den Bereich Medien und stellt den Ausbildungsberuf zur Medienkauffrau und zum Medienkaufmann in den Fokus. Die Stadtsparkasse Mönchengladbach zeigte mit einer Ausbildungsstelle zur Bankkauffrau und zum Bankkaufmann ihre Stärke im Finance Bereich.

Der Film zum final event auf: bit.ly/2PiDtkN

Scheidt & Bachmann blickt auf viele Auszeichnungen im Bereich der Ausbildung im elektrotechnischen Bereich und bietet hier unterschiedliche Ausbildungsmöglichkeiten an. Am Ende mussten alle Bewerberinnen und Bewerber die Personal- und Ausbildungsverantwortlichen der einzelnen Unternehmen und der Stadt überzeugen. In einem großen Finale am 19. Januar im VIP Club Bökelberg des Borussia Parks endete das viertägige Bewerbungsprojekt mit einer Juryentscheidung. Hier wurden die Finalist*innen unter den Bewerber*innen vom Oberbürgermeister der Stadt und den Vertretern der kooperierenden Unternehmen verkündet und geehrt. Neben den Erfahrungen werden auch die Empfehlungsschreiben und Praktikaangebote der Jury zum erfolgreich durchlaufenen Berufswahlverfahren einen großen Wert für zukünftige Bewerbungsunterlagen der jungen Teilnehmer haben.

Das betreuende Lehrerteam der GE Hardt: Dorothée Vollmer, Schulleiterin Susanne Kölling, René Amels und Eva Sieweke.


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Das Projekt in Kürze:

„Creating and developing your future“ ist das Thema des Erasmus+ Projektes 2018/19, das junge Menschen im Prozess ihrer persönlichen Berufs- und Studienwahl unterstützt. Entwickelt wurde das Konzept des Finales durch ein Lehrerteam der Gesamtschule Hardt, das gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Partnerschulen die Erasmus+ Austauschtreffen in Talavera, Lyon und Warschau gestaltet und koordiniert. Das von der EU geförderte Erasmus+ Projekt beinhaltet die Entwicklung von Problemlösungen, Gamification, Design Thinking, Business Creation und Start-up-Simulationen. Die Teilnehmer lernten zudem, moderne Medien effektiv zu nutzen, in multinationalen Teams zu kommunizieren, Projektergebnisse zu präsentieren und über Ländergrenzen hinweg zu kooperieren. Das erste Austauschtreffen des zweijährigen Projekts fand im Januar in Talavera

in Spanien statt. Im April trafen sich die Teams in Warschau und im September reisten die Schülerinnen und Schüler nach Lyon. Die Abschlussveranstaltung wurde vom deutschen Team vom 16. bis 20. Januar 2019 in Mönchengladbach ausgerichtet. Für diese Zeit bewarben sich ca. 60 Schülerinnen und Schüler aus Spanien, Polen, Frankreich und Deutschland auf reale Ausbildungsstellen Mönchengladbacher Unternehmen und städtischer Verwaltungen. Sie durchliefen dabei die Bewerbungsphasen eines Assessment Centers und wurden gecoacht und entsprechend vorbereitet. In einer finalen Jurysitzung entschieden die Verantwortlichen der beteiligten Unternehmen, welche Bewerber*innen eine reale Chance auf ihren Ausbildungsplatz hatten. Dieses Projekt wurde mit Unterstützung durch das Programm Erasmus+ der Europäischen Union“ finanziert.

Rückblick Workshops Talavera und Lyon: bit.ly/2UeyeBz


36 Martha Arnolds im Gespräch mit Niklas ßber seine Visionen vor dem Abitur und seinen Alltagsabgleich von der Ausbildung zum technischen Produktdesigner bis zum Ingenieurstudium. Das ganze Interview mit Niklas online.

Glaubst du, dass deine Ausbildung als Technischer Produktdesigner dir bei deinem Studium als Ingenieur hilft?


Abi,

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das

Im Rahmen der bundesweiten Gründungswoche hat die standpunkt-Redaktion der Gesamtschule Hardt einen Tag des Unternehmergeistes umgesetzt und die Studien- und Berufswahlberatung mal entstaubt. Dazu wurden ehemalige Mitschülerinnen und Mitschüler eingeladen, zu ihrem Studium, ihrer Ausbildung oder ihrem Beruf befragt und ihre Antworten festgehalten. Vorbereitet und durchgeführt wurde das Treffen von Q1 Schülerinnen und Schülern des aktuellen Erasmus+ Projektes „Creating and developing your future“. Im Zentrum der Veranstaltung stand die Frage: „Abi – und was dann?“ Herausgekommen ist ein Erfahrungsaustausch rund um Studium und Beruf und wie sich das Leben nach dem Abi wirklich anfühlt. Dabei konnte man sich in unterschiedlichen Interessensbereichen, Branchen und Berufs- und Karrieremodelle vertiefen. Themen waren auch Beschäftigungsund Ausbildungsmöglichkeiten, Selbstständigkeit und Unternehmensgründungen. Nach den Gesprächen wurden die Ehemaligen vor Ort zu einem professionellen Porträtfotoshooting mit Interview eingeladen. Dabei wurde der Austausch in Form eines „Picterview“ – einem Interview ohne Worte – festgehalten:

Alle Interviews online auf: bit.ly/349ptxi

PROJEKT ‚GRÜNDUNGSWOCHE‘: DOROTHÉE VOLLMER PICTERVIEWS:

I VA N A B A U M A N N

Leben danach.


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Du sagst, als Studienort war Bonn als ehemalige Hauptstadt sehr passend für dich. Wäre auch Berlin als „neue“ Hauptstadt infrage gekommen?

Nikolas Proksch im Gespräch mit Mark, weshalb Bonn seine ganz persönliche Hauptstadt ist, in der das Studium der Politischen Wissenschaft und Soziologie alles andere als langweilig ist und wie er damit sein Berufsziel Journalismus umsetzen will. Das ganze Interview mit Mark online.


39 Christian Köppen mit Lena über ihren Sprung vom Bioleistungskurs ins Biologiestudium, wie sich das tatsächlich anfühlt und womit sie nie gerechnet hätte. Das ganze Interview mit Lena online.

Hat dich die Schule gut auf das Studium vorbereitet?


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Ist das Uni-Leben stressig?

Karim Ben Hand mit Marc ßber das WP-Fach Informatik an der Schule, die Spielleidenschaft und der Kampf mit Bugs und XXL Computern im Informatikstudium. Das ganze Interview mit Marc online.


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Du erzählst deinen Eltern, dass dein Wunsch ist Medizin zu studieren. Wie haben sie reagiert?

Paula Wetzels im Gespräch mit Volker über die Lernerei vor und nach dem Abitur, was für ihn das Medizinstudium bedeutet und wie sich der Traumberuf anfühlt. Das ganze Interview mit Volker online.


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Welche Leistungskurse hast du belegt? Hanyang Qiu im Gespräch mit Johannes über die Verbindung von Klavierspielen und Maschinenbau und ob Mathematik die Musik beflügelt oder umgekehrt. Das ganze Interview mit Johannes online.


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Hat dich deine Schulzeit gut auf das Studium und die Berufswahl vorbereitet? Anne Schmitz im Gespräch mit Timo über die täglichen Herausforderungen mit Mathe und Physik im Elektrotechnikstudium, über Praktika als größte Erfahrungsquelle und das Spannende am Studium. Das ganze Interview mit Timo online.


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Wie zufrieden bist du mit deinem

Studium?

Julia Mitsch im Gespräch mit Julia über ihren Erfahrungen im Studium, eine mutige Entscheidung mit neuen Herausforderungen und ihre Sicht auf die Berufsvorbereitung. Das ganze Interview mit Julia online.


45

Wie w체rdest du dein Studium beschreiben? Ivana Baumann im Gespr채ch mit Paula 체ber die Herausforderung immer kreativ sein zu m체ssen, Kommunikation zu visualisieren und dem Aachener Weihnachtsmarkt zu widerstehen. Das ganze Interview mit Paula online.


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Wie war die Reaktion deiner Eltern, als du ihnen erzählt hast, dass du dich selbstständig machst?

Leonie Roy im Gespräch mit Simon über seine Motivation und Neugierde, Neues auszuprobieren und seine Ideen in zu vermarkten. Das ganze Interview mit Simon online.


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Welchen Gesichtsausdruck hast du, wenn du in der Uni sitzt? Alina Lynch im Gespräch mit Kristina über ihren Musical-Kindheitstraum und wie sie die Wirklichkeit nach einem Praktikum am Theater und im Studium der Medienwissenschaften eingeholt hat. Das ganze Interview mit Kristina online.


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Wie groß waren die Hindernisse, die du auf dem Weg in die Selbständigkeit und bis zur Firmengründung bewältigen musstest?

Beatrice Brüss im Gespräch mit Christoph über seinen Weg in die Selbstständigkeit, über das Spannende an Energieeffizienz und seine Erfahrungen als junger Unternehmer. Das ganze Interview mit Christoph online.


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Alina Lynch im Gespräch mit Max über Leidenschaft und Engagement, über seine Band und sein Studium der Sozialen Arbeit und was für ihn Berufung bedeutet. Das ganze Interview mit Max online.

Wie hast du dir dein Studium vorgestellt?


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Wie viel Freizeit bleibt dir bei der dualen Ausbildung bei der Polizei NRW?

Sven Kommer im Gespräch mit Fabian über Regeln und Vorschriften, über Dienst und Freizeit und seinen Traumberuf. Das ganze Interview mit Fabian online.


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Was für eine Bedeutung hat deine ehemalige Schule heute noch für dich?

Luis Michels im Gespräch mit Linus über das Coolste während seiner Schulzeit, Auswendiglernen im Psychologiestudium und die Menschen, die man in seiner Fakultät so trifft. Das ganze Interview mit Linus online.


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Rom, Venedig und Hardt – einzig in ihrer Art.“

T E X T : PA U L I N E S C H R A M M E N

Wie sich Heimat anfühlt.

Kurz zu mir: Mein Name ist Pauline, ich bin 23 und Studentin in Hamburg. Meine Papa pflegt das Sprichwort: Rom, Venedig und Hardt – einzig in ihrer Art. Er hat Recht, er ist dort aufgewachsen, wie auch ich. Hardt, das ist ein 8.000 Einwohner Dorf, 10 km von der Innenstadt Mönchengladbachs entfernt, wo die Seele von Borussia Mönchengladbach schlägt und jeder Rheinländer genauso lacht wie auch ich: laut und eigentlich immer. Hier weiß jeder, dass Heimat unabhängig von Schönheit ist, sondern abhängig von Gemeinschaft. In meinem Dorf bin ich oft bei meinen Großeltern gewesen, die früher eine Dorfmetzgerei betrieben. Mit meiner Oma ging ich häufig sonntags mit Sonntagskleidung in die katholische St. Nikolaus Kirche, obwohl ich eigentlich evangelisch war und meine Eltern nicht sonderlich religiös. Danach machten wir Spaziergänge mit ihren alten Freundinnen durch den Hardter Wald. Als sie starb, bestand der Trauerzug aus gefühlt einem Achtel des Dorfes – und sie war eine ganz einfach Frau, eine Verkäuferin in der Metzgerei ihres Mannes. Sie betete vor dem Schlafengehen, von ihr bekam ich meine moralapostelmässige und manchmal leicht konservativ-schicke Art, aber auch die freche. Die Gemeinschaft Hardt hatte eine nicht-ersetzbare Freundin verloren. Die Familie der Schwester meines Vaters wohnte keine 3 Minuten zu Fuß entfernt. An Wochenenden freute ich mich über die Besuche meiner Cousinen oder besuchte sie in ihren Studienorten: Münster und Aachen, 1-2 Stunden Bahn. Die damals 20-jährigen Cousinen gingen

mit mir, kleinem Mädchen, ein ganzes Wochenende in den Zoo, in die Mensa, an den See, anstatt mit ihren Unifreunden durch Bars zu ziehen. Jeder Mensch meiner Familie zählte für mich als mein Ursprung, mein Herzschlag, mein Idol. Ich wollte immer sein, wie meine Familienmitglieder längst waren. Ich liebte das Dorfleben, obwohl sich mein Tagesleben in der Stadt verbrachte, wo ich zu einem privaten katholischen Gymnasium ging mit den „Stadtkindern“, während die Dorfjugend auf ein näher gelegenes Gymnasium zog. Viele Nächte verbrachte ich dennoch mit meinem älteren Cousin und seinen noch älteren Freunden, die für das Studium maximal nach Aachen gezogen waren, in der Dorfkneipe, dem Zeus, der eigentlich Jägerhof heißt, aber den jeder nur nach seinem Besitzer benennt. Hier tranken wir mittwochs Bier für 1 Euro, häufig mit den Freunden meines Vaters

Ich fühlte mich hier immer wohl, aber für mein Studium wollte ich etwas anderes kennenlernen. Ich wollte das Leben in der Großstadt kennenlernen, eine zweite, neue Heimat.

gemeinsam und philosophierten unseren eigentlich kurzen Weg stundenlang nach Hause. Meine gleichaltrigen Freunde kamen jedoch aus der Innenstadt Mönchengladbachs, wo ich mich ebenfalls häufig rumtrieb, meine Mutter mich aber stets hinfuhr und zu jeder Nachtzeit abholte-

inklusive aller meiner Dorffreunde, die sie alle nach Hause fuhr. Das Dorftaxi, meine Mami. Ich fühlte mich hier immer wohl, aber für mein Studium wollte ich etwas anderes kennenlernen. Ich wollte etwas studieren, das mich herausforderte, wollte das Leben in der Großstadt kennenlernen, eine zweite, neue Heimat mit neuen, andersdenkenden Freunden aus ganz Deutschland finden. Ich wollte unabhängig werden. Und bekam einen Studienplatz in Bochum. Als ich mit meinem Papa durch Bochum lief, musste ich fast weinen. Ich war so dankbar über meinen Medizinstudienplatz, so unendlich dankbar, und trotzdem so sauer, dass ich nach Bochum ziehen sollte. Bochum erinnerte mich so sehr an Mönchengladbach. Ich wusste, dass ich hier Menschen finden würde, die ich lieben würde, dass ich Kneipen finden würde, die ein zweites Zuhause würden, dass ich glücklich sein könnte und werden würde, aber, dass es mich nicht erfüllen würde- zumindest nicht für die nächsten 5 Jahre. Also verbrachte ich Wochen in Online Portalen für Studienplatztausche und fand Franziska, die mit mir für ihre große Liebe von Hamburg nach Bochum tauschte. Hamburg, eine Stadt mit 1,7 Millionen Einwohnern, in der man schräg angesehen wird, wenn man, wie ich, andauernd laut loslacht oder freche Kommentare abgibt. Hamburg, eine wunderschöne Stadt, mit Hafen und Alster und Kultur und allem, was Mönchengladbach nicht hat, aber Menschen, die so anders eingestellt sind, als ich es war. Hier kostet ein kleines Bier 3 Euro (von


53 Mietpreisen will ich gar nicht erst anfangen), einen Traktor hab ich tatsächlich in 5 Jahren nicht ein einziges Mal gesehen und Schlager kennt man nur vom Schlagermove, wo aber keiner, den ich kenne, hingeht. Im Zweifel ist das eine Erfindung für all die, die vom kleinen Dorf in die Millionenstadt gezogen sind. Das Ticket nach Hause kostet mindestens 20 Euro pro Fahrt. Also 40 Euro, um ein Wochenende nach Hause zu kommen und zweimal mit den Eltern zu Abend zu essen, anstatt kostenlos und schnell mit dem NRW-Ticket von Bochum nach Mönchengladbach-Hardt zu pendeln. Ich vergaß die Heimat kein bisschen. Ich verdrückte ein Tränchen, wenn ich Bilder von Familiengeburtstagen sah, aber bereute es nicht, gleichzeitig durch die Schanze zu ziehen, neue Bars zu erkunden, Caipis in der Katze oder an der Elbe ein Alsterwasser zu trinken und Sonntags in die Kunsthalle zu gehen. Ich studierte und liebte es. Ich liebte und liebe Hamburg. Ich liebe das förmliche Sie, dessen Du man sich hart erkämpfen muss. Ich liebe das Derbe, von dem alle immer reden. Ich liebe Sonntagsspaziergänge an der Alster. Und ich liebe es die Leute von hier mit meiner rheinischen Frohnatur zum Lachen zu bringen – aber ich vermisse es, von anderen diese Frohnatur zu erleben. Dann fing ich an, für jeden Familiengeburtstag und jedes Mal, wenn meine beste Freundin aus der 5. Klasse daheim war, nach Hause zu fahren. Zu jedem Schützenfest. Auf einmal konnten meine Unifreunde aus Frankfurt, München, Berlin nicht verstehen, wieso ich so oft nach Hause fahre, was ich mit den ganzen Schlagern anfangen kann, die ich auf jeder Party um drei Uhr nachts anschmeiße, und wieso ich mit so „einfach denkenden Dorftrotteln“ klarkomme, die auf Schützenparaden mit Fake-Gewehren marschieren und danach billiges Bier in Zelten trinken. Ich hörte irgendwann auf, mich zu rechtfertigen. Und sagte einfach, dass sie das nicht verstehen können und Hardt schlicht und einfach der schönste Ort der Welt ist. Wo jeder weiß, dass Heimat unabhängig von Schönheit ist, sondern abhängig von Gemeinschaft. Ich meinte es so. Und so ist es zur Tradition geworden, dass meine Freunde aus Hamburg

an Karneval zu meiner Familie nach Hardt kommen und Hardt genauso lieben lernten.

Tag lobe ich mir meinen Bochum-Hamburg-Tausch. Ich fühle mich auch hier unfassbar wohl.

Vor zwei Jahren haben mein Freund, den ich in der ersten Uni-Woche kennengelernt habe, und ich uns getrennt. Weil wir zu oft gestritten haben. Wenn meine Freundinnen mich nach Beispielen fragten, dann sagte ich: Naja, ich bin noch so jung und wir haben uns sogar darüber gestritten, wo wir später hinziehen wollen. Und ich weiß, dass das zu früh ist. Und ich weiß, dass ich da nicht festgelegt sein sollte. Aber wenn ich nunmal darüber nachdenke, wo ich später hinziehen will… dann will ich zurück. Es muss nicht Hardt sein, aber schön fand ich es doch. Aber vielleicht muss es NRW sein, mir fehlen die Jecken… Mir fehlt das Leichtsinnige. Mir fehlt der Rhein,

Aber wenn ich älter werde und Kinder bekomme, dann will ich, dass sie in einer solchen Gemeinschaft aufwachsen. Mit ihren Großeltern aufwachsen. Dass sie mit Traktoren zur Schule in die Stadt fahren und stolz darauf sind. Dass sie Schlager schreien können, Mädchen fragen, ob sie sie zum Schützenfest begleiten, in Kneipen sitzen, mit Vätern und Großvätern. Geborgen. Gemeinsam.

Auf einmal konnten meine Unifreunde aus Frankfurt, München, Berlin nicht verstehen, wieso ich so oft nach Hause fahre, was ich mit den ganzen Schlagern anfangen kann, die ich auf jeder Party um drei Uhr nachts anschmeiße.

der nicht annähernd so schön ist, wie die Alster oder der Hafen an der Elbeaber der so viele Städte verbindet, in denen Leute so denken, wie ich. Ich liebe Hamburg, ich bin im Herzen eine halbe Hamburgerin geworden und dennoch: ich will zurück. Nicht nur an den Rhein, sondern ins Dorf – zum Schützenfest, zum Zeus und zu den „Dorftrotteln“, die mit mir so viel mehr gemeinsam haben, als sie inzwischen denken. Wenn ich mit meinem damaligen Freund darüber redete, wollte er nach Zürich, nach Singapur, nach Amerika, nach München ziehen – Hauptsache in einen wunderschönen Ort. Wo es Kulturangebote gibt wie in Berlin, Wetter wie in München, Häuser wie in Hamburg, Berge wie in Zürich, Erfolg wie in Amerika. Und das will ich auch, für ein paar Jahre. Für meine Zwanziger ist Hamburg und jede andere Großstadt, in die es mich noch ziehen wird, perfekt. Jeden

Aber er konnte das nicht verstehen. Fand das engstirnig, nicht weltoffen. Er sei halt nicht so heimatpatriotisch und fänd das auch nicht erstrebenswert. Und ich fand ihn oberflächlich, weil er seine Heimat nach dem Aussehen aussuchte, nicht nach der Gemeinschaft. Ich empfand ihn so, wie meine Dorffreunde mich wahrscheinlich sahen, als ich fürs Studium nach Hamburg zog, anstatt wie sie in der Nähe von Hardt blieb: undankbar, abgehoben, fast schon familienverräterisch. Einen Monat nach unserer Trennung haben er und ich uns wiedergesehen. Das erste, was er mit Tränen in den Augen sagte, war: „Es tut mir so leid, dass ich dich dafür verurteilt habe, dass du zu deiner Familie zurückziehen willst. Ich weiß, das hat dich sehr getroffen. Und es tut mir so, so leid. Das ist so etwas bewundernswertes, tolles und es ist eigentlich traurig, dass ich das nicht so kenne, sehe und wünsche. Ich will, dass du weißt, dass ich dich jetzt verstehe und dafür liebe.“ Ja, dachte ich, es ist sehr traurig, wenn man nicht das Gefühl kennt, immer wieder zu einem Ort zurückkehren zu wollen, nur wegen der Gemeinschaft, die dort herrscht. Wenn man das Vertrauen in Menschen nicht hat, dass sie einen noch so unspektakulären Ort zu einem so tollen Zuhause machen können. Was aus meinen Plänen wird: ich weiß es nicht. Aber was ihn angeht: Ich wünsche ihm, dass er eines Tages einen solchen Ort findet – ganz vielleicht in den Bergen, ganz vielleicht am Meer, oder vielleicht: bei einem anderen Menschen.


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„Wenn Sie das hier lesen, können Sie Latein.“

Stimmt nicht? Zumindest teils. Das lateinische Alphabet ist das weltweit verbreitetste Schriftsystem und bestimmt heutzutage den gesamten süd- und mittelamerikanischen Kontinent, sowie Europa und der Großteil Afrikas und Ozeaniens, und somit alle romanischen Sprachen und u. a. auch Deutsch. Nichts desto Trotz denken viele, die totgeglaubte Sprache sei für nichts mehr zu gebrauchen. Was früher als kleiner italienischer Dialekt am Fluss Tiber in der Region Latium, in der Nähe des heutigen Rom, gesprochen wurde, entwickelte sich dank des Römischen Reiches zur mächtigsten Sprache der Welt. Doch auch nach Untergang des Römischen Reiches 476 n. Chr., behielt Latein seinen Einfluss und wurde während der Renaissance zur Sprache der Wissenschaften. Ein Grund für Befürworter, die Sprache weiterhin in der Schule zu unterrichten. Latein öffnet die Türen zum Verständnis der Grundlagen von Kultur, Politik und Philosophie, und lehrt Schülerinnen und Schülern somit mehr als nur eine Sprache. Zudem sehen Unterstützer, wie Johann Osel, das Großartige des Unterrichtsfachs in seinem Mehrwert: Es ginge nicht um die Bildung einer Arbeitskraft, welche konkretes Wissen anwendet, wie in vielen anderen Fächern des Lehrplans, sondern um die Bildung eines Menschen und das Wissen, welches ihn in seiner Bildung stärkt. Das Lernen der Verben und Grammatikformen zahlt sich auch aus: durch Fleiß, Ehrgeiz und den richtigen Lernbüchern schult man Selbstdisziplin. P RO J E K T: ‚ L AT E I NAU S -

TA U S C H ‘ : K A R I N P E T E R

TEXT: SEÁN LEVEY

F O T O S : B E AT R I C E B RÜ S S

In diesem Kontext kann man an der Gesamtschule Hardt auch vom Fach Latein profitieren. Im Rahmen des Lateinunterrichts findet ein regelmäßiger Austausch mit der Partnerschule Liceo Ginnasio Melchiore Gioa aus Piacenza statt. Der Austausch steht immer im Zeichen der römischen Kultur und der lateinischen Sprache. Dabei ist die moderne lingua franca (Englisch) die Arbeitssprache der Schülerinnen und Schüler.


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In Vino veritas und andere Klischees


Ba rcel ona 56

Impressionen online: bit.ly/2Zr9N9S


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Capital polifacética de una comunidad bilingüe

Eine Reise durch die spanische Kultur und Geschichte P R O J E K T ‚ B A R C E L O N A FA H RT ‘ : INGO LEIMERT

FOTOS: INGO LEIMERT

Es gibt viele gute Gründe, Spanisch als Fremdsprache zu lernen, aber einer der überzeugendsten ist die globale Bedeutung des Spanischen. Mit geschätzten 427 Millionen Muttersprachlern ist Spanisch die am zweitmeisten gesprochene Muttersprache der Welt und platziert sich somit noch vor Englisch und nur hinter Mandarin. Es ist in den Vereinigten Staaten die beliebteste Fremdsprache und zählt in der Europäischen Union zu den fünf am meisten unterrichteten Sprachen. Die Weltsprache Spanisch eröffnet kulturelle und berufliche Chancen auf internationalen Märkten. Die wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Kontakte mit dem EU-Mitglied Spanien werden immer intensiver. Neue Märkte befinden sich in den Schwellen- und Entwicklungsländern des süd- und mittelamerikanischen Kontinents. Auch in internationalen Organisationen (UNO, UNESCO, EU) ist Spanisch eine der offiziellen Sprachen.

Zentrales Anliegen des Spanischunterrichts an der GE Hardt ist es, neben der Vermittlung der spanischen Sprache einen Einblick in die verschiedenen Kulturen Spaniens und Lateinamerikas zu geben. Die Unterrichtsinhalte in der Qualifikationsphase sind von den Vorgaben des Zentralabiturs in NRW bestimmt. Dabei arbeiten wir sowohl analytisch als auch kreativ und intensivieren die Fähigkeiten zur mündlichen und schriftlichen Kommunikation. Im Rahmen der ersten Exkursion nach Barcelona erkundeten die Spanischkurse der Q1 die zahlreichen kulturellen und historischen Highlights der Metropole. Ein Besuch der epochalen Bauten von Antoni Gaudi, wie der Sagrada Familia, gehörten ebenso zum Exkursionsprogramm, wie ein Besuch des Olympiastadions, des Port de Barcelona und der Promenade La Rambla. In einem abschließenden Videoprojekt zu den unterrichtlichen Themen wird die Exkursion in verschiedenen Teams nachbereitet und auf der Homepage der Schule veröffentlicht.


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Le Programme De Brigitte Sauzay »Allons-y«!

P RO J E K T »A L L O N S -Y« :

UTE GÄRTNER, ANDREA WITTE TEXT: LARA MUND

F O T O : I VA N A B A U M A N N

Abenteuer, bessere Sprachkenntnisse, neue Freunde... das erträumen sich die Meisten von einem Austausch ins Ausland, doch nur die wenigsten Schülerinen und Schüler der Mittelstufe trauen sich diesen großen Schritt zu. Lara und Michelle aus der Schülerzeitungsredaktion haben ein paar Mutige aus der 10. Klasse der Gesamtschule Hardt nach ihren Erwartungen und Gefühlen zu ihrer bevorstehenden Reise und ihren Erlebnissen mit ihren Gastschülerinnen befragt. „La Martinique“ – das klingt schon ziemlich exotisch und spannend. Drei Monate lang können Schülerinnen und Schüler aus Deutschland und Frankreich im Rahmen des Brigitte-Sauzay-Programms das jeweils anderen Land ihrer Austauschpartner*innen erleben und zusammen mit ihnen die Schule besuchen.

Das Programm beruht auf Gegenseitigkeit, wobei die Teilnehmenden ihren Aufenthalt nacheinander absolvieren. Auf diese Art können sie sich gegenseitig ihre Kultur und Lebensart nahe bringen. Die Schülerinnen und Schüler entdecken nicht nur ihr Nachbarland, sondern auch ein anderes Schulsystem, sammeln damit interkulturelle Erfahrungen und verbessern in signifikanter Weise ihre jeweiligen Sprachkenntnisse. Der diesjährige Austausch der Gesamtschule Hardt mit FORT-DE-FRANCE auf La Martinique, einer karibischen Insel, die zu den Kleinen Antillen gehört, geht zurück auf das Engagement des ehemaligen Französisch- und Sportlehrers, Norbert Poschen, der dort bereits mehrere Begegnungen auf Sport- und Vereinsebene hatte, zu denen auch Schüler*innen aus der Oberstufe mitreisen konnten. Die aktuellen Gäste sind jetzt über das Austauschprogramm „Brigitte-Sauzay“ hier, das mit Hilfe des Deutsch-Französischen Jugendwerks zustande kam. Entsprechend dem Brigitte-Sauzay-Programm findet der Échange drei Monate hier in Mönchengladbach und im Anschluss drei Monate auf Martinique statt.

Zwei Schüler*innen der Stufe 10, Merle und Til, ergriffen die Chance, sich auf neue Erfahrungen einzulassen und die französische Insel mit ihrer Kultur und ihren Bewohnern zu erkunden. Ihre Partnerinnen, Margaux und Clothilde, sind in Mönchengladbach und besuchen zusammen mit den beiden den Unterricht. Mehr als nur ein Grund für die Redaktion, Merle und Til mit ihren Gästen einzuladen und ihren Standpunkt zu hinterfragen. Es war schon am Anfang sehr deutlich, dass in Martinique definitiv andere Umstände und Sitten herrschen als in Deutschland. Nicht nur, dass in diesem Land allein drei Sprachen als Amtssprache gelten. Dazu kann es sogar sein, dass der Schulweg an tropischen Wäldern und traumhaften Stränden vorbeiführt. Wenn sich das nicht nach Urlaub und Entspannung anhört! Kaum zu glauben, dass dort tatsächlich Schülerinnen und Schüler zur Schule gehen und bald auch unsere Schüler*innen Merle (15) und Til (14). Drei Monate Austausch sind eine sehr lange Zeit, besonders für Jugendliche, die wahrscheinlich auch noch nicht allzu viel Erfahrung mit der Sprache gemacht haben, außer im Un-


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Ein Surfbrett + Austauschpartner zum Mitnehmen,

s‘il vous plaît! Mönchengladbach – Martinique

terricht. Doch Merle und Til trauen es sich zu, sich dieser Erfahrung zu stellen. Til sagte uns: „Als wir den Vorschlag erhalten haben, in die Karibik zu reisen, war es sehr verlockend, gerade wegen der vielen Filme und den Fotos, die man von der Karibik gesehen hat. Dann nach weiterem Überlegen hat man sich eher gedacht, dass das wahrscheinlich nichts wird, sondern eher eine Art Träumerei bleibt. Aber letztendlich ist es dann doch dazu gekommen. Bei Merle war es dann doch eine größere Überwindung, denn sie sagte, dass sie zuerst nicht ganz von der Idee überzeugt war, doch am Ende das Interesse an der französischen Sprache überwogen hat. Auch die Angst vor einem unbekannten Menschen, der zu einem nach Hause kommt, hat bei den beiden schnell nachgelassen. „Mit der Zeit gewöhnt man sich an den fremden Menschen und lernt die Person besser kennen“, sagten die beiden mit Überzeugung. Doch nicht nur für Til und Merle schien es leicht gewesen zu sein, eine andere Person um sich zu haben. Auch für die beiden Austauschpartnerinnen war es eine ganz neue Erfahrung, die ihnen ebenfalls sehr viel Spaß gemacht hat. Sie sagten, sie würden immer wieder nach Deutschland kommen, auch oder gerade wegen der vielen Unterschiede zu Martinique.

„In Martinique haben wir viel länger Schule als in Deutschland und essen auch kein warmes Abendessen zu Hause, sondern in der Schule. Dazu sind die deutschen Städte viel größer als in Martinique“, erzählen sie. „Viele hier denken, dass alle Strände aus weißem Sand und klarem Wasser bestehen, doch besonders im Norden ist der Sand oft schwarz und das Wasser sehr dunkel.“ Doch bestätigen kann uns Margot auf jeden Fall, dass es sehr schön ist, in der Nähe eines Strandes zu wohnen. Denn gerade dort betreibt Margot ihr Lieblingshobby, das Surfen. Und natürlich verbringt sie ihre Freizeit mit Freunden sehr ausgiebig im Wasser und am Strand. Aber welche Motivation ist wohl die größte? Macht man so einen Austausch nicht auch, weil man Abenteuer erleben und etwas riskieren möchte. Viele hätten doch bestimmt den Wunsch, etwas in diesem Land zu entdecken. Ob es vielleicht ein karibisches Basketballspiel anschauen für Til ist, ein Ausritt am Strand für Merle oder das Surfen im karibischen Wasser. Beide versuchen bestimmt, so viele Erfahrungen und Abenteuer zu erleben wie sie können, denn es ist wahrscheinlich, dass sie die Chance dafür nicht so schnell wieder erhalten werden.

Der ganze Beitrag online auf: bit.ly/2ZujbVn


60 PROJEKT: ELISABETH BRÄUTIGAM

FOTO: DANIEL PURRIO

Un grand merci et au Impressionen online: bit.ly/30IvGOC

revoir Alassane Pléa! Auf dieses Erlebnis bereits seit Tagen mit großem Engagement vorbereitet, stellten die Schülerinnen und Schüler ihm eine Frage nach der anderen, natürlich nur in französischer Sprache. Ein Glücksrad entschied, zu welchem Themenkomplex (Biografie, Borussia, Deutschland, Familie usw.) Alassane jeweils eine Frage gestellt werden konnte. Als „perfekter“ Moderator fungierte der ehemalige Kollege und jetzige Pensionär Norbert Poschen, der sowohl das Fach „Sport“ als auch das Fach „Französisch“ viele Jahre an der Schule unterrichtet hatte und gleichzeitig bekennender Borussenfan ist.

Eine besondere Französischstunde erwartete die „kleinen und großen“ Franzosen in der Gesamtschule Hardt am 13. März im Selbstlernzentrum der Schule. Die Fachschaft „Französisch“ hatte auf Initiative ihrer durchaus fußballaffinen Schulleiterin Frau Kölling den bekannten Borussenspieler Alassane Pléa eingeladen, der in Begleitung des Scouting Direktors Steffen Korell das volle SLZ der Schule betrat.

Auf die Fragen antwortete der beliebte Fußballer offen und sehr charmant. Unter anderem ermunterte er die Schüler*innen auch dazu, möglichst viele Sprachen während der Schulzeit zu erlernen. Er verriet seinen zweiten Vornamen, sagte auch etwas zu seinen (guten) Noten in der Schule und erzählte, warum seine Mutter nicht immer glücklich über seine Fußballkarriere war.

Eine kurzweilige und amüsante Stunde endete mit großem Applaus, einer Vielzahl von Selfies und Autogrammen auf den eigens mitgebrachten Kappen, Schals und Trikots, sowie einem nachträglichen „Joyeux anniversaire“-Geburtstagsständchen für den Borussenstürmer mit der Nummer 14. Un grand merci… et au revoir!


61 Wie schon die Jahre zuvor hat der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach die Schule besucht, um den fünften Klassen im Rahmen des bundesweiten Vorlesetages aus einem seiner Lieblingsbücher vorzulesen: Der Tag, an dem ich cool wurde von Juma Kliebenstein.

„Lothar Matthäus ist mein Idol.“

Im Anschluss gab es natürlich noch Autogramme und die Gelegenheit, Fragen zum Buch oder auch zu Borussia zu stellen. Hier die Fragen der Schülerinnen und Schüler und zum Interview mit den Schülerzeitungsredakteuren Daniel und Sven aus der EF. „Sie waren ja selbst Fußballprofi. Was hat Sie damals dazu inspiriert, einer zu werden?“ Eberl: „Ich hatte, seitdem ich laufen konnte irgendwie immer einen Ball am Fuß und hab auch regelmäßig mit meinem Vater die Sportschau geschaut. Zudem hab ich es geschafft, in die Bambini-Jugend des FC Bayern zu kommen, was auch von Vorteil für eine Profikarriere war.“ „Wer war damals oder ist immer noch Ihr Idol?“ Eberl: „Definitiv Lothar Matthäus.“ „Wollten Sie schon immer Sportdirektor werden?“ Eberl: „Ja. Ich wollte schon immer etwas im Fußball machen und hatte das Glück in meinem Leben zwei Träume leben zu dürfen. Erst einmal als Fußballprofi und danach, also jetzt, als Sportdirektor.“ „Was finden Sie am Fußball am Besten?“ Eberl: „Ich würde sagen, es ist die Gemeinschaft, die Spieler untereinander haben, aber auch die, die Spieler und Fans verbindet.“ „Wie kam es dazu, dass Sie am bundesweiten Vorlesetag gerade an unserer Schule vorlesen?“ Eberl: „Ich wurde gefragt und habe das Angebot gerne angenommen, da ich auch ein Vorbild für andere sein möchte.“

Der Sportdirektor Max Eberl in einer Königsdisziplin.

Impressionen online: bit.ly/2UfqFe8 INTERVIEW:

SVEN HESS, DANIEL PURRIO P R O J E K T ‚ V O R L E S E TA G ‘ : ANKE BROCH

„Lesen Sie noch irgendwo anders vor oder nur hier?“ Eberl: „Ich lese nur hier. Dass hat natürlich auch etwas mit der Partnerschaft von Borussia Mönchengladbach mit der GE Hardt zu tun. Zudem besucht auch mein Sohn diese Schule, da lag es dann nahe, dass ich hier vorlese.“ „Und wie kam die Partnerschaft zwischen Borussia und der Gesamtschule Hardt zustande?“ Eberl: „Borussia holt auch immer wieder junge Spieler von weiter weg in seinen Verein und da diese auch zur Schule gehen müssen, sind wir in Partnerschaften mit Schulen, wie z. B. mit der GE Hardt.“ „Warum haben Sie gerade dieses Buch ausgesucht?“ Eberl: „Ich will ganz ehrlich sein, ich habe einen Tipp bekommen und da ich dieses Buch auch gut fand, hab ich mich dazu entschlossen, es vorzulesen.“

„Was haben Sie in ihrer Jugend gelesen?“ Eberl: „Natürlich die Schullektüren und Bücher und Comics wie „Asterix und Obelix“, die ich mir selber ausgesucht habe, aber auch Bücher, die mir von Verwandten geschenkt wurden.“ „Haben sie jetzt im Moment einen Lieblingsautor, ein besonderes Genre oder ein Lieblingsbuch, bzw. was lesen sie im Moment?“ Eberl: „Ich lese sehr gerne philosophische Bücher. Gerade lese ich ein Buch von Yuval Noah Harari mit dem Titel „Homo Deus“.“ „Was haben Sie ihrem Sohn früher vorgelesen?“ Eberl: „Moderne Klassiker wie „Gregs Tagebuch“, aber auch „Asterix und Obelix“ waren dabei.“ „Denken Sie, dass das Vorlesen von Büchern auch den Zuhörern zum Lesen motiviert?“ Eberl: „Das wünsche ich mir, da Lesen auch ein wichtiger Teil zur Weiterbildung ist.“


62 „Seien wir mal ehrlich: Wer liest diese ganzen Werbungen, Neuigkeiten und Angebote, die täglich in Form von E-Mails in unsere Postfächer flattern?“ Als dieser Satz kürzlich in einer Gesprächsrunde fiel und alle um mich herum zustimmend nickten und amüsiert abwinkten, musste ich schmunzeln. Denn er erinnerte mich daran, dass unsere Schule vor einiger Zeit eine ganz besondere Partnerschaft mit der Lakeshore High School in Michigan (USA) eingehen konnte, deren außergewöhnliche Entwicklung ich keineswegs vorhergesehen hatte. Den Anfang machte tatsächlich ein Newsletter des Pädagogischen Austauschdienstes, der im Dezember 2017 in meinem Postfach eintrudelte. Die Schulleitung war sofort vom „German American Partnership Program“ (kurz: GAPP) begeistert und ich machte mich prompt auf die Suche nach einer geeigneten Partnerschule. Wer jetzt glaubt, die Suche in Zeiten des Internets sei einfach, hat sich leider geirrt. Hierzu ein paar Zahlen: Auf der Online-Plattform partnerschulnetz.de, eine virtuelle Partnerschulbörse, sind fast 4.000 deutsche Schulen und knapp 300 US-amerikanische Schulen registriert. „Das macht dann 0,075 potenzielle amerikanische Schulen pro deutsche Schule“ rauschte es mir durch den Kopf, als ich die Zahlen verdaut hatte. Um keine Zeit zu verlieren, verschickte ich noch am selben Abend dutzende E-Mails – und es folgten weitere Tag für Tag. Kurzzeitig dachte ich darüber nach, in einem anderen außereuropäischen Land nach einer Partnerschule zu suchen, da eine positive Antwort auf sich warten ließ. Allerdings sah ich in den Projekt- und Reisekostenzuschüssen durch GAPP die Chance, ein Austauschprogramm anzubieten, welches die finanzielle Hürde zumindest teilweise senken kann. Dass die USA landschaftlich, kulturell und historisch hochinteressant sind, muss ich wohl niemandem erzählen. Ungefähr einen Monat nach meinen ersten Online-Kontaktversuchen erhielt ich eine Antwort von Brad. Er stellte sich als Schulleiter vor, nannte ein paar Eckdaten zu seiner Schule und erzählte mir zu meiner Verwunderung, dass er eine gute Freundin in Krefeld hat. Wie klein die Welt doch ist! Nach mehreren E-Mails und Skype-Te-

Offenheit leben – oder warum wir ab und zu mal einen Newsletter öffnen sollten. lefonaten stand fest: Wir hatten uns gesucht und zum Glück auch gefunden. Interessierte und engagierte Schülerinnen und Schüler für die erste Austauschbegegnung in Stevensville (Michigan) im Oktober 2018 zu begeistern, war dann zugegebenermaßen nicht mehr ganz so schwierig. Mit der Hilfe engagierter Kolleginnen und Kollegen konnte ein Projekt zur Humanevolution vorbereitet und im März/April 2019 mit dem Gegenbesuch der amerikanischen Gruppe erfolgreich abgeschlossen werden. Meine Bilanz neun Monate später fällt eindeutig aus: Der Schüleraustausch mit der Lakeshore High School war für alle beteiligten Schülerinnen und Schüler sowie für die begleitenden Lehrkräfte eine unbeschreiblich wertvolle und intensive Erfahrung. Denn wir haben alle viel gelernt. Wir haben unser Weltwissen erweitert, unser interkulturelles Verständnis intensiviert, Ansichten und Wertvorstellungen überdacht und Perspektivwechsel betrieben – die typischen Ziele eines Schüleraustausches konnten wir also erreichen. Doch das Besondere an unserer Partnerschaft ist, dass sich in kurzer Zeit Freundschaften entwickelt haben, die viel nachhaltiger sind, als ich anfangs erhofft hatte. Freundschaften, die in einigen Fällen ewig halten werden. Während ich diese Zeilen schreibe, befindet sich gerade wieder eine kleine Gruppe der Gesamtschule Hardt in Michigan und sitzt dort am Lagerfeuer mit neuen Freunden. Nur diesmal handelt es sich um eine Reise, die privat in den Sommerferien organisiert wurde und zwar neun Monate nach der ersten Austauschbegegnung. Da fällt mir der Spruch ein, der unser selbstentworfenes Austausch-T-Shirt ziert: Friendship knows no borders! An dieser Stelle geht ein herzlicher Dank an den Pädagogischen Austauschdienst und seinen Newsletter! Ich lese ihn tatsächlich jeden Monat. Die Schüleraustauschbegegnung wurde (u. a.) aus Mitteln des German American Partnership Program (GAPP) des Auswärtigen Amts gefördert und durch den Pädagogischen Austauschdienst (PAD) des Sekretariats der Kulturministerkonferenz unterstützt.

P R O J E K T ‚ U S A - A U S TA U S C H ‘ : RENÉ AMELS,

S A S C H A PA C H T- N E U K I R C H E N

Impressionen und Informationen online auf: bit.ly/2ZwVAnc bit.ly/2Pljgea bit.ly/30J7U51 bit.ly/345o6Qa


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German American Partnership

Anlass war das neue Schüleraustausch Projekt mit der neuen Schwesternschule Lakeshore High, die in einer Kleinstadt ca. 45 Minuten von Chicago entfernt liegt. Im Gegenbesuch wurden die amerikanischen Gäste ein halbes Jahr später in Hardt begrüßt. Die Schülerzeitungsredaktion war neugierig und hat nachgefragt, was so alles hinter dem neuen Austauschprojekt steht: Ziel dieses regelmäßigen Austauschs ist nämlich, die Gelegenheit zu bekommen, andere Länder, Sprachen, Kulturen und ihre Menschen kennenzulernen. In einer immer globaler werdenden Welt ist es wichtig, auch schon während der Schulzeit mal über den Tellerrand der Schule zu schauen, um die Welt zu verstehen. Internationalität wird an unserer Schule groß geschrieben. Dafür sorgen die vielen Austausch- und Sprachenangebote, die nicht nur in der Oberstufe angeboten werden.

Vor den Ferien hatten sich Schüler*innen der 9. und 10. Jahrgangsstufe der Gesamtschule Hardt zum ersten Mal auf den Weg gemacht und sind über den ‚großen Teich‘ Richtung Chicago geflogen.

In den internationalen Projekten entwickeln die Schüler ein tieferes Verständnis für ausländische Sprachen und Kulturen und können ihre allgemeinen sprachlichen Kenntnisse mal ohne Rotstrich und Noten erproben. Gleichzeitig sind sie aber auch als Botschafter der Gesamtschule Hardt unterwegs, denn der Austausch fördert auch die Freundschaft und Beziehung der beiden Schulen. Die Teilnehmer beteiligen sich nicht nur am Unterricht vor Ort, sondern sind auch in viele kulturelle Aktivitäten eingebunden. Für viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist dieser Austausch auch die erste Reise außerhalb von Deutschland oder Europa – und das ohne Eltern. Auch wenn die Entscheidung zur Teilnahme an diesem Austauschprojekt für einige viel Mut brauchte, war die Resonanz auf das Angebot sehr groß.


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Im Rahmen des Rückbesuches der US-amerikanischen Partnerschule Lakeshore High School forschen die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Hardt gemeinsam zum Themenbereich der Humanevolution. TEXT+FOTOS:

SUSANNE KÖLLING

Der ganze Beitrag online auf: bit.ly/32czdoQ

International Human evolution

Ein Besuch im Neanderthal Museum, der mit einen englischsprachigen Workshop zu Schädeluntersuchungen verbunden war, stand deshalb selbstverständlich auf der Agenda. Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse wurden von den deutschen Schüler*innen auf Englisch und von den amerikanischen Gästen auf Deutsch präsentiert. Erläutert wurde dabei, welcher Entwicklungsepoche die Teams die von ihnen untersuchten Schädel zugeordnet haben.


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please touch Experimente zum Anfassen – Naturwissenschaften ‚on tour‘ zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) PROJEKT ‚NW-EXKURSION DLR‘: B A R B A R A O S T WA L D

Einen ganz Tag lang selber ausprobieren, womit sich Wissenschaftler im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz beschäftigen – diese Erfahrung machten 28 Schülerinnen und Schüler der Stufe 8, die den Schwerpunkt Physik/ Chemie des Wahlpflichtfaches Naturwissenschaften gewählt hatten. Mit den Themen Infrarot, Schwerelosigkeit, Roboter auf dem Mars, dem Traum vom Fliegen und Werkstoffe im Flugzeugbau waren wichtige Forschungsbereiche rund um das Fliegen und den Weltraum erfasst. Wissenschaft macht Spaß, so das Fazit der Schülerinnen und Schüler, von denen viele das DLR gerne erneut besuchen möchten.

Infos online: bit.ly/2ZsAEgY


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Woher kommt der Zucker? T E X T : B A R B A R A O S T WA L D

I L L U S T R AT I O N : I VA N A B A U M A N N

Als MINT-Klasse geht die 7.1 immer wieder Fragen von Alltagsphänomenen auf den Grund, die die Fächer Mathematik, Naturwissenschaften und Technik berühren.

Oder was haben Kalk und Verdampfung mit der Zuckerherstellung zu tun?

Impressionen online: bit.ly/32lwXM7

So entstand im Rahmen des Besuches eines landwirtschaftlichen Betriebes tatsächlich die Frage nach den Produktionsschritten zwischen einem Rohstoff und dem Endprodukt, in diesem Fall zwischen dem Rohstoff Zuckerrübe und dem Endprodukt Weißzucker und alle andere Endprodukte, die aus der Zuckerrübe gewonnen werden. Daraus folgte z. B. im Oktober 2018 eine Werksbesichtigung bei der Firma Pfeiffer und Langen in Appeldorn, zeitgleich mit der Anlieferungsphase der geernteten Zuckerrüben aus der Region. Die Anfuhr der Rüben in die Fabrik ist bis ins Detail geplant, da die Rübenlaster punktgenau die Wiegestation in der Fabrik erreichen müssen. So werden lange Wartezeiten und Rübenengpässe in der Produktion vermieden. Neben der spannenden Demonstration der gesamten Verarbeitungskette wurden bei der Führung auch Berufsfelder rund um die Zuckerherstellung erschlossen.


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Warum ist der Himmel blau?

PROJEKT NANOTECHNOLOGIE:

Projektkurs Nanotechnologie Und warum kann der Himmel morgens und abends auch rötliche Farben annehmen? Die Antwort unter anderem auf diese Frage wurde im Laufe des ersten Physik-Projektkurses erforscht. Ein Jahr lang beschäftigten sich neun Schülerinnen und Schüler aus der Qualifikationsphase mit Lehrer Michael Inderfurth in dem Projektkurs mit dem Bereich der Nanotechnologie. Und dieser Bereich ist vielfältig und begegnet uns täglich im Alltag. Einen Eindruck zu der Frage, wo Nanotechnologie überall vorhanden ist, lieferten die Besuche des Evonik-Schülerlabors der UniversitätDuisburg-Essen. Von dem Erforschen der Zusammensetzung von Sonnencreme und dem Aufbau von Handydisplays bis zur Herstellung einer Farbstoff-Solarzelle, all dies ist im Schülerlabor in Duisburg möglich. Das Labor ist mit besonderen Gerätschaften, wie hochauflösenden Lichtmikroskopen, einem Rasterelektronenmikroskop und UV-Spektrometern ausgestattet und bietet somit mehr Möglichkeiten für die Erforschung des Nanobereichs als die Ausstattung einer Schule.

MICHAEL INDERFURTH TEXT+FOTOS:

MICHAEL INDERFURTH

Bei den Besuchen in Duisburg wurden unter Anleitung von Physikstudent*innen einige Versuche durchgeführt, bei denen die unterschiedlichen Geräte zum Einsatz kamen, um diese besser kennenzulernen. Denn für den weiteren Verlauf des Projektkurses sollten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einen selbst gewählten Bereich der Nanotechnologie fokussieren und hierbei Versuche durchführen, die in die abschließende Projektarbeit einfließen und konnten hierbei auf die Instrumente des Schülerlabors und die Unterstützung der Student*innen zurückgreifen.

Informationen online: bit.ly/34896B9

Das breite Spektrum des Themenbereichs der Nanotechnologie spiegelt sich auch bei der Themenauswahl wider. Bei der Entwicklung von Produkten mit besonderen Eigenschaften und Oberflächen orientieren sich die Forscher häufig an natürlichen Vorbildern, beispielsweise bei Carbon-Anzügen. Im Vergleich kann man den Unterschied zwischen einer normalen Stofffaser und einer Carbonfaser bei Betrachtung mit Hilfe des Rasterelektronenmikroskops erkennen.


68 Einige Bereiche überschneiden sich auch mit dem Themenfeld der Chemie. Sogenannte Ferrofluide, also Flüssigkeiten, die magnetisch sind und den Menschen neue zukunftsweisende Möglichkeiten eröffnen, konnten sogar in der Schule mit Unterstützung des Chemie-Kollegen Dr. Hans-Peter Merckens hergestellt werden. Glas hat sich in den letzten Jahrtausenden zu einem nicht mehr wegzudenkenden Material entwickelt, ist nahezu in allen Arten von Bauwerken in unterschiedlicher Form auffindbar. Rollladen und Vorhänge sorgen häufig dafür, dass Fenster vor Blicken und Sonneneinstrahlung geschützt sind, das Glas der Zukunft jedoch ist intelligent. Sogenanntes „elektrochromes Glas“ ist eine tönbare Verglasung, die sich durch eine Energiequelle, die zum Beispiel durch elektrischen Strom oder natürlicher Sonneneinstrahlung entsteht, verfärbt. Solch eine Eigenschaft kann mithilfe einer „Berliner-Blau-Schicht“ erzeugt werden, die im Projektkurs ebenfalls selber hergestellt werden konnte. Mithilfe der Nanoforschung können auch Phänomene des Alltags erklärt werden, wie bereits eben genannt die Entstehung des Himmelblaus und des Morgen- und Abendrots. Diese Wahrnehmung hängt nämlich mit der Zusammensetzung der Luft zusammen, deren Moleküle für die Streuung des Lichts verantwortlich sind. Nanotechnologie ist eine Technologie mit Zukunft, kann zur Sicherheit des Menschen beitragen, beispielsweise in der Automobilindustrie. Aber es gibt auch Risiken, die Nanopartikel mit sich bringen, unter anderem in der Textilindustrie, einem der wichtigsten Bereiche, in dem die Nanotechnologie Anwendung findet. Sie sorgt beispielsweise für wasserabweisende oder feuerbeständige Kleidung, aber die verwendeten Nanomaterialien, zum Beispiel Silber, Aluminiumoxid oder Zinkoxid können bei Herstellung und Reinigung in die Luft und in die Kanalisation gelangen. Da sie teilweise in der Kläranlage nicht rückstandslos aus dem Wasser entfernt werden können, sorgen sie für ein Risiko für Menschen, Tiere und Pflanzen.


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Der Plastikmüll in den Weltmeeren ist ein globales Problem, darüber sind sich alle einig. Wie schlimm ist es wirklich?

INTERVIEW: BIRK GRÜLING / FLUTER.DE

F O T O : PA U L A V O L L M E R

Viel zu lange ist es nicht als solches erkannt worden und wird nun zum Glück mehr und mehr thematisiert. Große Supermarktketten stellen um auf Papiertüten und ändern ihr Sortiment, Menschen nehmen ihre eigenen Taschen mit, statt Plastiktüten in Geschäften zu kaufen. Was können wir dagegen tun? Bernhard Bauske, Plastikmüll-Experte der Umweltschutzorganisation WWF, erklärt die globalen Dimensionen des Problems

Plastik – ein globales Problem

Die meisten Kunststoffe sind biologisch nicht abbaubar. Einmal in der Umwelt, wird der Müll zu einem dauerhaften Problem. Dazu kommt die schiere Menge an Abfall. Je nach Schätzung gelangen bis zu 13 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr in die Weltmeere. Das ist etwa so, als würde jede Minute ein großer Müllwagen ins Wasser entleert. Die Folgen sind überall sichtbar, vermüllte Strände, gewaltige Plastikansammlungen auf dem Meer oder Plastikmüll in den Mägen von Walen oder Meeresvögeln. Wie gelangt der Plastikmüll in die Weltmeere? Etwa 80 Prozent des Meeresplastiks kommt vom Land über große Flüsse ins Meer. Der Rest stammt aus der Schifffahrt und der Fischerei. Dort werden Plastikabfälle einfach über Bord geworfen, oder Fischernetze gehen verloren und werden nicht wieder geborgen.


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Aus welchen Ländern stammt der Plastikmüll? Ein Großteil kommt aus Ländern, in denen der Müll nicht richtig eingesammelt wird, also Länder in Afrika, Südamerika und vor allem Südostasien. Die Abfälle werden oft einfach in die Flüsse geworfen. Viele illegale Müllkippen liegen in der Nähe von Meeren und Flüssen. Mit der Strömung treibt der Abfall schnell weg und bleibt nicht vor der eigenen Haustür liegen. Entsprechend groß ist der Anteil dieser Länder am Meeresplastik. In Deutschland funktionieren die Mülltrennung und das Recycling besser. Natürlich wird auch an unseren Stränden achtlos Müll liegen gelassen, allerdings ist die Menge deutlich geringer. Welche unterschiedlichen Arten von Plastik gibt es in den Meeren? Ein Problem ist das Mikroplastik. Das sind kleinste Plastikteilchen, die entweder Kosmetikprodukten bewusst beigemengt werden oder durch Abrieb zum Beispiel beim Waschen von Kunststofftextilien entstehen. Das Mikroplastik gelangt über Abwassersysteme in die Flüsse und Meere. Die größeren Teile sind Plastiktüten oder Verpackungen. Auch sie haben negative Auswirkungen auf maritime Ökosysteme. Was sind das für Auswirkungen? Meeresschildkröten verwechseln Plastiktüten mit Quallen und fressen sie. Aus der Fischerei gelangen Taue und Netze

TEXT: FLUTER.DE

F O T O S : I VA N A B A U M A N N

Geschätzt landen bis zu 13 Millionen Tonnen Plastikmüll jährlich in den Weltmeeren.

in die Meere. Darin können sich Meeressäuger wie Delfine oder Robben verfangen und sterben, weil sie nicht mehr zum Atmen an die Oberfläche kommen können. Wale nehmen Plastikmüll auf, wenn sie mit ihrem Maul Plankton aus dem Wasser filtern. Meeresvögel fressen regelmäßig Plastik, weil sie den Abfall mit Nahrung verwechseln. Die Folgen sind dramatisch. Scharfkantige Teile können den Magen-Darm-Trakt verletzen. Plastiktüten verstopfen den Darm und erzeugen ein falsches „Sättigungsgefühl“. Am Ende können die Abfallreste nicht mehr richtig ausgeschieden werden und verstopfen das Verdauungssystem. Über kurz oder lang können die Tiere an dem aufgenommenen Müll sterben. Auch an den artenreichen Korallenriffen kann man die Auswirkungen gut beobachten. Der Müll lagert sich auf Korallen ab und stört dieses fragile Ökosystem. In der Tiefsee zerstört der Plastikmüll wichtigen Lebensraum und gefährdet die oftmals noch unerforschte Artenvielfalt. Gelangt das Meeresplastik durch die Fische auch auf unsere Teller? Die meisten Fische werden vor dem Verzehr ausgenommen und damit auch potenzieller Plastikmüll entfernt. Anders ist es bei Meeresfrüchten wie Austern oder Muscheln. Über sie nehmen wir auch Mikroplastik auf. Möglicherweise sind diese kleinen Plastikteilchen Träger von Schadstoffen. Ob dies auch bedeutende Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben kann, ist bisher unklar.


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Wir müssen deutlich weniger Abfall produzieren.

Es gibt zahlreiche Projekte, die den Plastikmüll aus dem Meer fischen wollen – zum Beispiel mit großen Netzen. Wie erfolgversprechend sind solche Ansätze?

Grundsätzlich ist das Einsammeln von Müll am Strand oder auf dem Meer eine gute Sache. Wir gehen aber im Moment davon aus, dass etwa 90 Prozent des Plastikmülls in die Tiefen der Meere absinkt. Das Abfischen an und direkt unter der Oberfläche löst nur einen kleinen Teil des Problems. Effektiver wäre es, den Müll an den Flussmündungen abzufischen. Dort gelangt in einigen Regionen nämlich massiv Müll in die Meere. Die beste Lösung ist aus meiner Sicht allerdings die Bekämpfung der Ursachen. Wir müssen deutlich weniger Abfall produzieren und den globalen Müllberg verringern. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die Entsorgungssysteme auf der gesamten Welt funktionieren – auch in Ostasien, Afrika und Lateinamerika. Dafür sollten sich auch die globalen Unternehmen, die in diesen Ländern produzieren, am Aufbau und einer Finanzierung der Abfallsysteme beteiligen.

Was kann jeder von uns gegen den Plastikmüll im Meer tun? Auch in Deutschland nimmt die Menge der Verpackungen immer mehr zu – zum Beispiel durch den Boom des Onlinehandels oder Kauf und Verzehr von Essen und Getränken unterwegs. Dadurch wächst der Müllberg, und der weltweite Ressourcenverbrauch, zum Beispiel von Erdöl, steigt. Deshalb sollte sich jeder Verbraucher, aber auch die Industrie, dringend Gedanken darüber machen, wie man Verpackungsmüll reduzieren kann. Ich selbst kann mit einer Jutetasche einkaufen gehen, unverpacktes Obst und Gemüse kaufen oder auf den Coffee to go verzichten. Und natürlich sollte man seinen Müll richtig trennen und entsorgen. Nur so kann der Abfall richtig recycelt werden und muss nicht verbrannt werden.


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Interessante Phänomene der Natur im Alltag entdeckt und durch die Wissenschaften erklärt.


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Mint

Wissens

Rollentausch und spektakuläre Experimente bei der MINT-Nacht.

Beeindruckende Experimente brachten das Publikum gleich zu Beginn des ersten MINT-Abends zum Staunen. Die Explosion von Wasserstoff in einem Luftballon in SlowMotion, Schaum, der auf der Hand entzündet werden kann und Wunderkerzen, die selbst beim Eintunken in ein Wasserbecken nicht gelöscht werden – Versuche, die leider aus Sicherheitsgründen nicht live vor Publikum vorgeführt werden konnten, dafür aber ihre Wirkung auf der Leinwand im Forum entfalten konnten und somit den Abend einläuteten. Naturwissenschaftliche Versuche standen an diesem Abend im Mittelpunkt und natürlich sollten die Besucherinnen und Besucher nicht nur zuschauen, sondern auch selbst mitwirken und – was das wichtigste war – sie sollten die Vorgänge dahinter verstehen. Die Rolle des Lehrers übernahmen an diesem Abend die Schülerinnen und Schüler aus ganz verschiedenen Jahrgangsstufen. Die Besucher*innen konnten bei einem Rundgang durch die verschiedenen Fachräume eine Vielfalt an Experimenten aus allen Bereichen der Naturwissenschaften und der Technik live erleben und sich von den jeweiligen Betreuerinnen und Betreuern erklären lassen sowie Nachfragen stellen. Themenbereiche waren beispielsweise die Nanotechnologie, mit der sich der Physik-Projektkurs der Q1 auseinandersetzte, Roboterprogrammierung oder ein Versuch, der die einzelnen farblichen Bestandteile eines Filzstifts deutlich machte. Obwohl beim finalen Highlight, dem Abschuss einer Mini-Rakete im Forum, der Vorführeffekt einen Strich durch die Rechnung machte, reagierten die Versuchsleiter professionell – der Beweis dafür, dass der Schüler-Lehrer-Rollentausch an diesem Abend geglückt ist.

nacht

PROJEKT ‚WISSNACHT‘: E LV I R A B R E U E R TEXT+FOTOS:

NIKOLAS PROKSCH

Moderation: Seán Levey und Ivana Baumann


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Angst vor Mathe? P R O J E K T ‚ PA N G E A‘ : HEIKE SCHÄFER

FOTO: WP2 KUNST

Die Gesamtschule Hardt hat als eine der 10 erfolgreichsten Schulen beim Finale des Pangea-Mathematikwettbewerbs 2017 in Nordrhein-Westfalen abgeschnitten. Ein herzlicher Glückwunsch geht an die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler und natürlich an den Finalteilnehmer Lukas aus der Stufe 6. Zur Philosophie dieses Wettbewerbs sagen die Organisatoren: Leider haben viele Kinder „Angst“ vor der Mathematik, insbesondere Mädchen. Diese Angst ist unbegründet und kann durch Erfolgserlebnisse abgebaut werden. Um allen Kindern gerecht zu werden, sind beim Pangea Wettbewerb durch geschickte Aufgabenstellung viele Aufgaben in der Vorrunde für Schülerinnen und Schüler lösbar. Auch schwächere Schüler werden dadurch für die Mathematik motiviert. Der Pangea-Mathematikwettbewerb verbindet die Freude am Knobeln und Grübeln, an Logik und Rechenkunst. Die Schülerinnen und Schüler, die sich der Mathematik abgeneigt fühlen, öffnen sich dieser wieder und haben sogar Spaß daran. Die Teilnehmer können und sollen ihre eigenen Erfahrungen auch an ihre Freunde und Klassenkameraden weiter vermitteln und diese mit ihrer Freude am Rechnen anstecken!“

Pangea die Welt der Mathematik. Mehr zum Thema online: bit.ly/30J9yn4


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Laborkittel Handschuhe PROJEKT ‚JULAB‘: E LV I R A B R E U E R

Schutzbrille

Das MINT-Programm für die MINTNeigungsklasse sieht für die Stufen 8, 9 und 10 jeweils eine Fahrt zum Schülerlabor JuLab des Forschungszentrums Jülich vor.

Das Campusgelände ist sehr groß und man konnte es erst nach Voranmeldung und strenger Kontrolle betreten. Nach einem zehnminütigen Fußweg erreichten wir das moderne Gebäude des JuLabs, das durch seine ansprechenden funktionalen Räumlichkeiten und vor allem durch seine – den hohen Sicherheitsanforderungen entsprechendenLabore besticht. Nach einführenden Gesprächen, die sich mit den Forschungsschwerpunkten des FZ Jülich auseinandersetzten, und einer Sicherheitseinweisung des Laborleiters startete die Laborrallye. Wer jetzt dachte, es handelt sich dabei um besondere Schnelligkeit bei Durchführung chemischer Experimente, sah sich getäuscht – denn bei der Laborrallye geht es um wichtige Grundsätze naturwissenschaftlicher Arbeit: absolute Sauberkeit, größtmögliche Genauigkeit, Exaktheit und forschend-entwickelnde Gedanken. Nur wer diese Eigenschaften bei allen Stationen umsetzt, hat die Chance hier Gewinner zu werden und darf den Titel „Laborchampion“ tragen.

Fünf Versuche aus den Bereichen Labortechnik und Analysenerfahren hatten die Mitarbeiter des JuLab für die Schülerinnen und Schüler vorbereitet, die sie in Partner- bzw. Gruppenarbeit erledigen sollten. Die einzelnen Gruppen bekamen jeweils ein Proben-Set mit verschiedenen Stoffen, die sie an ausgewählten Stationen mit Hilfe von Photometrie, Gas- und Dünnschicht-Chromatographie und Titration analysierten. An einer Station durften die Schülerinnen und Schüler sogar ein Präparat (Acetylsalicylsäure) selber herstellen und per Schmelzpunktanalyse auf Reinheit untersuchen. Alle Anweisungen konnten dabei einem ausführlichen Laborheft entnommen werden, in dem auch alle Ergebnisse dokumentiert und dazugehörende Fragen beantwortet werden mussten. Mit Laborkittel, Handschuhen und Schutzbrille sowie dem ausführlichen Laborheft, in dem alle Ergebnisse dokumentiert werden sollten, gerüstet, gingen die Schülerinnen und Schüler zu Werke.

JuLab online: bit.ly/32fzOWP


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Zero waste

Was bedeutet das?

Im Grunde bedeutet es schlicht und einfach Null Müll. Zero Waste sollte jedoch nicht als „weltverbesserer-move“ abgestempelt werden. Es sind kleine Schritte, die einen enormen Input leisten. Kleinigkeiten wie beim Smoothie im Café auf den Strohhalm verzichten, im Supermarkt die Plastiktüte sparen, oder für Coffee to go sogar einen eigenen Becher bereithalten. Aber warum überhaupt Zero Waste? Der Durchschnitts-Deutsche wirft etwa 450 kg Haushaltsmüll im Jahr weg, also mehr als ein Kilo am Tag. Selbst wenn man seinen Müll trennt, kann nur ein geringer Anteil davon recycelt werden – und das unter hohem Energieaufwand. Der andere Teil wird verbrannt, die Umwelt leidet. Selbst wenn man Müll besser „entsorgen“ könnte: Die bessere Alternative bleibt, erst gar keinen Müll entstehen zu lassen. Das spart Ressourcen und schützt die Umwelt. Durch die Vermeidung giftiger Stoffe wie BPA, das in Plastik(-verpackungen) enthalten ist, schützt man zudem die eigene Gesundheit. Abgesehen vom Umwelt-Faktor, den die meisten mulmig abwinken, spart man enorme Summen. Beispielsweise hält feste Seife doppelt so lange, wie flüssige Seife in einer Plastikflasche, spart unglaublich an Platz und es bleibt keine Flasche über, die Platz im Badezimmermülleimer wegnimmt.

Mehr Infos online: (https://utopia.de/ratgeber/ zero-waste-leben-ohne-muell/)

TEXT+FOTOS:

I VA N A B A U M A N N

In unserern Instagram Highlights findet ihr Denkanstöße und unter „ZERO WASTE“ auch eine Fotostory zum zero waste lifestyle im Alltag.


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Die Marke mit den zwei Punkten. Gute Sache

„pinqponq“ ist ein aufstrebendes Label für hochwertige Rucksäcke und Accessoires. Seit 2014 steht das Unternehmen FOND OF für intelligente Produkte, die Design, Funktion und Nachhaltigkeit miteinander verbinden. Ihre Produkte werden in Köln entwickelt und designt, in Vietnam in Handarbeit gefertigt und auf den Weg nach Deutschland gebracht. Hier werden sie an ausgewählte Handelspartner ausgeliefert und anschließend zum Verkauf angeboten.


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Nachhaltigkeit und Design

„Produkte müssen zukunftstauglich sein.“

P RO J E K T KO O R D I NAT I O N : CHRISTIAN BERTHOUD INTERVIEW:

I VA N A B A U M A N N

FOTOS: PINQPONQ

Für uns ist die nachhaltige Produktion keine Botschaft oder Marketingstrategie, sondern ganz einfach eine Selbstverständlichkeit!

Design lebt von Inspiration, unabhängig welcher Art. Welcher Input hat euch so beeindruckt, dass ihr in PET-Flaschen Potential zum Rucksack seht? Bei uns ist das Besondere, dass es uns immer um den Dreiklang aus Nachhaltigkeit, Mode beziehungsweise Ästhetik und Funktionalität geht. Dabei versuchen wir, alle drei Bereiche gleichwertig zu integrieren. Der aus recycelten PET-Flaschen gefertigte Polyester-Stoff ist für Rucksäcke bestens geeignet, da er sehr stabil ist. Und da wir selbst mit unserem Lieferanten in Taiwan Stoffe entwickeln, können wir auch auf den ästhetischen Aspekt Einfluss nehmen.

Dass sich coole Mode und faire Herstellung gegenseitig ausschließen, widerlegt ihr mit euren Designs - wer ist der Kopf hinter diesen Entwicklungen? Unsere Designerin Annemarie Keizers ist seit der Entstehung der Marke 2014 für das Design der Produkte verantwortlich. Euer Leitfaden, vegan, fair und nachhaltige Ware zu produzieren, die zudem noch fashionable ist, ist in der heutigen Produktion eher die Nadel im Heuhaufen. Welche Botschaft möchtet ihr damit vermitteln?

Jede Produktion versucht sich so gut wie möglich am Leben zu erhalten, manche eher auf Biegen und Brechen. Wenn ihr das Fernrohr auszieht – wo seht ihr euch auf längere Distanz? Wir sehen pinqponq als eine globale Marke. In Europa sind wir bereits in fast allen Ländern erhältlich und zurzeit starten wir auch in den amerikanischen und japanischen Markt. Wir brennen auf Insider-Wissen. Welcher ist der Sylvester Stallone unter euren Rucksäcken? Der CUBIK ist ganz sicher einer unser beleibtesten Modele, durch die auffällige Silhouette erkennt man sofort, dass es sich um einen pinqponq Rucksack handelt. Der Sylvester Stallone ist dann ganz sicher der CUBIK Grand Extra, der besonders groß ist und noch viele weiter praktische Funktionen wie ein Regenschutz und eine herausnehmbare Kulturtasche hat.


80 „Man merkt, dass das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Gesellschaft wächst und die Nachfrage nach fairen Produkten steigt.“

Soweit klingt euer Konzept einwandfrei. Aber mal Hand auf’s Herz, jedes Fashion-Teil hat seine Schwächen – was gibt’s aus eurer Sicht noch zu bemängeln am „Cubik“ und seinen Kollegen und wie sehen die Zukunftspläne aus? Da auch wir als Unternehmen Produkte in den Kreislauf bringen, die einen negativen Einfluss auf die Umwelt haben, können wir nicht von uns behaupten 100% „nachhaltig“ zu sein. Allerdings sind wir uns unseres Einflusses bewusst und wissen, wie groß unsere „unternehmerische Verantwortung“ innerhalb der Gesellschaft ist. Dieser Verantwortung versuchen wir Stück für Stück gerecht zu werden, indem wir unser Handeln täglich hinterfragen und nach besseren Alternativen suchen. Zurzeit arbeiten wir an einem „Most Responsible Product“, bei dem neben dem Stoff auch viele weiter Komponenten wie Reißverschlüsse und Verschlüsse nachhaltig sind. Ihr produziert in Vietnam, aber eure Designs entwickelt ihr in Köln. Wie läuft das dann mit den humanen Arbeitsbedingungen bei dieser Entfernung? Zusammen mit der Fair Wair Foundation haben wir uns das Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie zu verbessern. Das schaffen wir un-

ter anderem dadurch, dass wir unsere Nähereien fest im Blick haben und bei sogenannten Audits genau überprüfen, wie die Arbeitsbedingungen vor Ort sind. Dabei besucht eine Expertengruppe der FWF, bestehend aus 2-3 Auditoren, unsere Fabriken und überprüft die Arbeitsbedingungen zwei Tage lang ganz genau. Ein weiterer wichtiger Baustein der FWF ist die sogenannte „Worker Helpline“. Diese ist eine Beschwerdehotline, die die FWF in den Produktionsländern eingerichtet hat. Jeder Arbeiter hat die Möglichkeit, schwerwiegende Probleme direkt telefonisch an die FWF weiterzuleiten. Um dabei zu bleiben: Der Endverbraucher ist es gewöhnt, den Preis seiner Ware nicht tiefergehend zu hinterfragen. Alles, was er sieht, ist der gestiegene Betrag im Vergleich zu anderen (nicht fair produzierten) Rücksäcken o. Ä. Dadurch lebt man nicht von virtueller Laufkundschaft...warum soll der Verbraucher denn überhaupt in eine faire und nachhaltige Produktion investieren? Das ist natürlich eine Frage der persönlichen Einstellung. Für uns ist es einfach selbstverständlich, dass wir auf eine nachhaltige Produktion achten. Durch die Fast-Fashion Industrie sind viele Kunden inzwischen Dumpingpreise

gewöhnt, doch für so wenig Geld kann meist auch keine gute Qualität geleifert werden und die Sachen gehen schnell kaputt. Da lohnt es sich lieber einmal in ein hochwertiges Produkt zu investieren und lange Freude daran zu haben. Wir können alle viel Input auf den sozialen Medien leisten, aber mal so unter uns, sind Sie im Alltag auf der Seite des reusable Kaffebechers, oder muss der alte Einwegbecher doch noch herhalten? Wir sind alle nicht perfekt, weder pinqponq als Unternehmen noch wir einzelnen Mitarbeiter. Aber jeder sollte sich seinen Handlungen und welche Konsequenzen diese haben, bewusst sein, da hilft jeder Einwegbecher oder jedes Fast Fashion Teil weniger. Einer der großten Streitpunkte dieser Zeit ist unsere Zukunft. Wie wir mit ihr umgehen, sie präventiv beeinflussen und retten können. Kurz und direkt, sagen Sie uns, sind Sie Optimist oder Pessimist, was Zukunftsvisionen betrifft? Man merkt, dass das Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Gesellschaft wächst und die Nachfrage nach fairen Produkten steigt – daher eindeutig Optimisten!


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Das Recycling ist ein elementarer Pfeiler ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zur Minimierung des Umwelteinflusses bei der Produktentstehung. Pinqpong verwendet Stoffe, die zu 100% aus recycelten PET-Flaschen hergestellt sind und sind bekennender bluesign® Systempartner, sowie Mitglied der Fair Wear Foundation (FWF). bluesign® zielt darauf ab, alle giftigen Chemikalien aus der Lieferkette fernzuhalten. Die FWF überprüft und verbessert kontinuierlich die Arbeitsbedingungen der Produktionsstätten. www.pinqponq.com/de/nachhaltigkeit


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Long live the Das Smartphone braucht in der Herstellung fünf bis zehn Mal so viel Energie und CO2 wie in der Nutzung. (Ralph Hintemann)

smartphone!

TEXT: SEÁN LEVEY

Mit mehr als 109.000 Besuchern, Ten- Verarbeitung führt hierbei nicht nur zu denz steigend, ist der Mobile World Con- einer Ressourcenknappheit der seltegress die Größe Mobilfunk Messe Eu- nen Stoffe, vor welcher die Europäische ropas. 2400 Aussteller stellten 2019 in Kommission bereits 2010 warnte, sonBarcelona die neusten Trends, darunter dern auch zu immensen Umweltschäfaltbare Smartphones, der interessierten Masse vor. Auch wenn der MWC als größte klimaneutralste Messe ausgezeichnet wurde, wird bei den Herstellern und Konsumenten oft die Folgen ihrer Branche und Leidenschaft hinten angestellt. Allein in Deutschland ist seit 2007 die Zahl der verkauften Smartphones mit 23 Millionen um 2091 % in 2017 gestiegen. Was ein positiver (Umfrage standpunkt 4.0) Fortschritt für die Bedürfnisse der Konsumenten und die Wirtschaftslage der führenden Unternehmen ist, stellt jedoch größtenteils einen Rück- den. Ebenso besorgniserregend ist der schritt für die Umwelt dar. Doch wo ge- Energieaufwand bei der Produktion: nau liegt das Problem? Besonders um- In den letzten Jahren verbrauchte die weltschädigend ist die Produktion der Smartphone-Produktion laut Greenpeace weltweit 968 Terawattstunden Strom, Smartphones sowie ihre Entsorgung. so viel die komplette jährliche EnergieIn einem Gerät stecken 60 verschiede- versorgung Indiens. ne Stoffe, allein 30 davon sind Metalle. Darunter sind begrenzt vorhandene Als Teil der Befragung zu standpunkt Edelmetalle wie Gold und Silber und 4.0 ergab sich, dass der Durchschnitt sogenannte seltene Erden, wie Lant- der befragten Schülerinnen und Schüler han, ein Metall welches in Ladeakkus vier Stunden pro Tag am Smartphone verarbeitet wird. Ihre Beschaffung und surft, der weltweite Durchschnitt be-

„Der Durchschnitt der befragten Schülerinnen und Schüler besaß bereits vier Smartphones“

trägt zwei Minuten. Verursacht werden dabei jährlich 5000 kg CO2 pro Schülerin oder Schüler, äquivalent zu der gesamten jährlichen CO2 Emission dreier Menschen aus Indien, darunter Ernährung, Strom und Freizeit. Und hier ist der CO2 Verbrauch der Rohstoffgewinnung noch nicht einmal mit einberechnet, welche bei jedem neuen Smartphone entstehen. Doch wie genau lässt sich einem zu großen CO2 Verbrauch entgegenwirken? Zum einen lässt sich der Kauf eines neues Smartphones überdenken. Das, was Forscher als psychologische Obsolenz bezeichnen, bedeutet nichts anderes als das Wechseln eines Smartphones, weil es dem Verbraucher zu uninteressant wurde; zwar völlig funktionstüchtig, aber out. Wenn man an die Klimakrise denkt in der die Welt sich befindet, und man zwischen den neusten Trends und der Zukunft der Erde abwägt, lohnt es sich, erneut über die eigentliche Ausgangssituation nachzudenken: Bin ich nicht eigentlich mit den Funktionen meines Smartphones zufrieden? Liegt die Überlegung eines neuen Smartphones jedoch daran, dass das alte Gerät defekt ist, rät das Umweltbundesamt zu einer Reparatur.


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Produktion, Recycling und Wiederverwertung. Kunststoffe ­— von der Herstellung über das Produkt bis zur Wiederverwertung. PROJEKT ‚WP-TECHNIK‘: SASCHA NICOLAI

DOROTHÉE VOLLMER

Beim Wahlpflichtfach Arbeitslehre Technik der Stufe 9 ist das Thema Kunststoff eine Herausforderung im Lehrplan. Denn Kunststoff nur einem Schulfach zuzuordnen, ist schwer. Es werden sowohl chemische als auch physikalische Kenntnisse gefordert. Die Bandbreite des Themas geht von der Herstellung bis zur Wiederverwertung von Kunststoffen. Dabei liegt der Fokus auch auf Kunststoffvermeidung hinsichtlich des Umweltschutzes. In der Aufgabenstellung von der Idee zum fertigen Produkt simulieren die Schüler*innen einen individuellen Kundenauftrag. Sie entwickeln eine Produktidee und erarbeiten das Design eines Kunststoffartikels, sie lernen mit Maschinen und Werkzeugen umzugehen, die Produktqualität zu überprüfen und an Verbesserungen zu arbeiten. Am Ende müssen sie ihr Produkt auch vor den kritischen Blicken ihrer Mitschüler präsentieren und es mit seiner Funktion, Form und Wiederverwertbarkeit „verkaufen“.


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Jenseits des Mainstreams


85 Upcycling-Projekte sind Thema im Unterricht des WP2 Kunstkurses der Stufe 10. Es geht hierbei um Design und Nachhaltigkeit. Upcycling bietet einen hohen Motivationsfaktor, denn es hat Alltagsrelevanz und lädt zum Experimentieren und Arbeiten mit unterschiedlichsten Materialien ein. Im Rahmen dieser Unterrichtsreihe beschäftigen sich die Schüler*innen mit Design vom Entwurfsprozess bis zur Produktanalyse. Dabei geht es auch um Nachhaltigkeit und das Entwickeln von Alternativen zu unreflektiertem Konsum. Die Schüleri*nnen werden zum aktiven und kreativen Handeln aufgefordert und sollen aus vorhandenen Produkten eine Lampe gestalten. Im Fokus steht das Umgestalten und

Design projekte

Prototypen, Redesign & Upcycling

Wiederverwenden. Für die Nachhaltigkeit ist entscheidend, die Lebensdauer von Gebrauchsgütern ohne große Neuinvestition von Energie und Ressourcen zu verlängern. Dies kann durch Upcycling geschehen, aber auch durch Weitergeben, Umwidmen und Neuinterpretation. Ein erster Schritt ist, die Dinge, die bereits vorhanden sind, neu zu betrachten und ihren Wert wahrzunehmen. Dabei ist Upcycling mehr als Basteln und stellt in erster Linie eine Denkweise dar, in der die Wertschätzung und Wahrnehmung von Ressourcen reflektiert wird, dass nichts einfach weggeworfen werden sollte, sondern immer auf Wieder- und Weiterverwertbarkeit überprüft wird. Jeder Stoff ist es wert, genau betrachtet zu werden, ehe man ihn energieaufwendig recycelt oder entsorgt.

PROJEKT ‚WP-KUNST‘: DOROTHÉE VOLLMER

im Kunstunterricht

Noch mehr Ideen online: bit.ly/2NHg5uX


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Was hat Palmöl mit dem Klima zu tun?

TEXT+FOTO:

CHARLOTTE SCHMITZ

Ich heiße Charlotte Schmitz, bin 13 Jahre alt und gehe in die Klasse 7.4. Meine Lieblingsfächer sind Mathe und Naturwissenschaften. Ich habe mich schon immer für den Umweltschutz interessiert und eingesetzt. Vor einiger Zeit habe ich in unserem Badezimmer alle Produkte markiert, in denen Palmöl ist und war sehr erstaunt wie viel das ist. Jetzt probieren wir, so wenig wie möglich mit Palmöl zu kaufen. Ich benutzte eine App um das zu überprüfen. Außerdem habe ich eine Zeit lang Strichlisten geführt, wer das Licht wann und wo einschaltet. Als ich von der Protestaktion von Greta Thunberg gehört habe, fand ich das direkt gut. Seit die Streiks auch in Mönchengladbach stattfinden, denke ich, dass es für uns eine gute Lösung ist, zu zeigen, dass wir auch so wie Greta Thunberg denken. Was nützt uns die Schule, wenn wir keine Zukunft haben! Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Schülerinnen und Schüler von unserer Schule an den Streiks teilnehmen, wir uns zusammentun und eine Gemeinschaft gegen den Klimawandel bilden.


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Mal abgesehen von der Frage, ob der vergangene Hitzesommer nun schon der Beginn einer neuen Heißzeit war, die uns bevorsteht: Eigentlich sollte der Klimawandel heute das bestimmende politische Großthema sein – wenn Schlimmeres verhindert werden soll. Stattdessen hat man den Eindruck, dass viele Staaten an einer Politik festhalten, in denen Wirtschaftswachstum weiter über allem steht und niemand es wagt, an unser aller Konsumfreiheit zu rütteln. Doch kann man im Ernst unseren Lebensstil erhalten, wenn der anderswo auf dem Planeten Menschen die Lebensgrundlage entzieht? Und was können wir selbst im Alltag ändern? Am 20. August 2018 ging Greta Thunberg nicht zur Schule, sondern setzte sich vors schwedische Parlament um zu demonstrieren. Ihre Forderung: Schweden solle das Pariser Abkommen erfüllen und Maßnahmen ergreifen, um die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. In den folgenden drei Wochen saß Greta jeden Tag vorm Parlament, gemeinsam mit immer mehr Unterstützern. Mittlerweile streikt sie „nur noch“ freitags, hat aber weltweit junge

TEXT: NADJA SCHLÜTER FLUTER.DE

Fridays for future Menschen inspiriert: In vielen Ländern finden freitags Demos und Schulstreiks unter dem Motto #FridaysforFuture statt. Dazu trugen auch ihre Auftritte vor der Weltöffentlichkeit bei. Im Dezember hielt Greta eine viel beachtete Rede bei der Weltklimakonferenz, im Januar legte sie beim Weltwirtschaftsforum in Davos nach. „Ich will eure Hoffnung nicht“, sagte sie dort an die Erwachsenen gerichtet. „Ich will, dass ihr in Panik geratet, dass ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre!“ Anschließend wurde Greta im Netz von Klimaskeptikern mit Hass überschüttet. Unter anderem warf man ihr vor, sie werde bezahlt und von ihren Eltern und Klimaaktivisten gesteuert. Auf ihrer Facebook-Seite räumte sie mit den Gerüchten auf – und in den Kommentaren darunter wird deutlich: Die Unterstützung für die von ihr gegründete Bewegung ist nach wie vor riesig.

In der ganzen Welt machen sich junge Aktivist*innen auf, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten – und den Politikern einzuheizen.


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Der Kampf gegen die Rodung des Hambacher Forst und den damit verbundenen Kohleabbau war der grĂśĂ&#x;te Protest des Jahres.


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Hambacher Forst Was bisher geschah und wie es weitergeht – ein Multimediaprotokoll

TEXT:

ISABEL SCHNEIDER FÜR FLUTER.DE FOTO: KARIM BEN HAID

Die Geschichte des Streits beginnt im Jahr 1977. Damals erwarb die Rheinbraun-AG, die später in den RWE-Konzern überging, das Waldgebiet. Heute ist der Großteil des seit 12.000 Jahren existierenden Waldes zwischen Aachen und Köln der Rodung für den Braunkohletagebau gewichen: Von ursprünglich etwa 5.500 Hektar Fläche stehen heute noch 200. Seit 2012 hat sich der Konflikt zwischen Braunkohlegegnern und RWE immer stärker zugespitzt. Vor sechs Jahren besetzten Aktivisten erstmals in Baumhäusern Teile des Waldes. Nach einer ersten Räumung kam es 2013 erneut zur Besetzung. Seitdem harren die Aktivisten in ihren Lagern aus, immer wieder unterbrochen von Räumungen durch die Polizei. 2016 befindet das Oberverwaltungsgericht Münster die Besetzung für illegal. Im Jahr darauf erklärt das Verwaltungsgericht Köln, dass die geplante Rodung rechtmäßig ist. Die damalige rot-grüne Landesregierung genehmigt den Hauptbetriebsplan – der RWE-Konzern sichert sich somit das Recht, im Tagebau Hambach bis 2040 Kohle abzubauen. Doch die Gegner bleiben im Wald. Über die Jahre gründen sich verschiedene Initiativen, die sich auch im betroffenen Umland Kerpen-Buir gegen weitere Rodungen engagieren. Der Beginn der nächsten Rodung war

ursprünglich für Oktober 2018 geplant. Angesichts der nahenden Rodungssaison verschärfte sich bereits in den Sommermonaten der Konflikt zwischen RWE auf der einen und den Aktivisten auf der anderen Seite. Der Hambacher Forst wird zum Symbol für den Kampf um Kohle. Am 12. September dieses Jahres fordert das Bauministerium des Landes NRW die Stadt Kerpen auf, die Baumhäuser zu räumen. Begründet wird diese Forderung mit fehlendem Brandschutz in den Hütten. Am Tag darauf beginnt die Polizei mit der Räumung des Forsts. Ihre Vorgehensweise ist umstritten: Es kursieren Videos, die Polizeigewalt gegen Aktivisten zeigen. Gleichzeitig wird die Polizei eigenen Aussagen nach ihrerseits gewaltsam von Aktivisten angegriffen, unter anderem mit Molotowcocktails. Besonders tragisch überschattet der Tod eines Bloggers die Räumungsphase: Er stürzte von einer Hängebrücke und starb wenig später an seinen Verletzungen. Doch auch friedlicher Widerstand und gewaltfreie Räumung werden dokumentiert. Um den Hambacher Forst formiert sich während dieser Wochen eine rege Protestkultur von Braunkohlegegnern. Als die Räumung annähernd abgeschlossen ist, geben zwei Gerichtsurteile der Protestbewegung neuen Aufwind: Das Oberverwaltungsgericht Münster gibt einem

Eilantrag des Umweltverbandes BUND statt und verhängt am Vormittag des 5. Oktober einen vorläufigen Rodungsstopp. Zudem wird die Großdemonstration „Wald retten – Kohle stoppen!“ am Hambacher Forst zunächst von der Polizei Aachen verboten, doch das Verwaltungsgericht kippt das Verbot kurzfristig, sodass die Demo am 6. Oktober stattfinden kann. Nach Rodungsstopp und Demo-Erlaubnis kommen Tausende Kohlegegner zusammen und feiern den Zwischenerfolg. Im Hauptsacheverfahren wird nun das Verwaltungsgericht Köln entscheiden, ob der Hambacher Forst vom RWE gerodet werden darf. Inwiefern die Rodung wirklich notwendig ist, um die Energieversorgung durch Kohle zu sichern, oder ob der Schutz des Waldes als Lebensraum für Flora und Fauna Vorrang hat, muss neu bewertet werden. Bis über die Klage des BUND rechtskräftig entschieden ist, darf nicht gerodet werden. Das Urteil könnte aufgrund des komplizierten Gerichtsverfahrens erst im Jahr 2020 vorliegen. Währenddessen geht der Protest gegen Kohlestrom und das RWE in eine neue Runde. Die Umweltaktivisten haben bereits mit dem Bau neuer Baumhäuser im Wald begonnen und hatten einen Bagger im Tagebau besetzt. Der „Hambi bleibt“ also – zumindest vorerst.


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Der Hambacher Wald ist gefährdet – nicht nur durch die Bagger von RWE, sondern auch durch Hitze und Trockenheit. In der Studie untersuchen Wissenschaftler der Universität Eberswalde und vom Potsdam Institut für Klimaforschung, wie Klimawandel, das Mikroklima und die Lage am Rand riesiger Braunkohletagebaue sich gegenseitig negativ verstärkten. Mehrjährige Messungen ergaben: Im Sommer steigt die Temperatur in den Kohlegruben oft auf 45 Grad, im Wald beträgt sie zur gleichen Zeit nur 23 Grad. Gerade die Waldränder leiden unter dem Hitze- und Trockenstress, der von den angrenzenden Tagebauen ausgeht. Sie werden windanfälligt, sterben ab. Soll der uralte, artenreiche Hambacher Wald gerettet werden, muss eine 500 Meter breite Pufferzone wiederbewaldet werden, fordern die Wissenschaftler. Und das Abbaggern muss natürlich gestoppt werden.

Link zur Stiudie: h t t p s : / / w w w. g r e e n p e a c e . d e / s i t e s / w w w. greenpeace.de/files/publications/hambacher_forst.pdf


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FOTO: KARIM BEN HAID


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FOTO: MAXIMILIAN GAIDUL


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Sprecher der Baumhausaktivisten – Vermittler zwischen Polizei und Aktivisten.

Baumhäuser – Wohnorte von Aktivisten und Lebensversicherung für Bäume des Hambacher Forstes.

FOTO: SVEN HESS


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FOTOS: SVEN HESS

Keine Gegensätze sondern Gemeinsamkeiten – Aktiv für die gemeinsame Sache kämpfen.


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96 Umweltsch체tzer Michael Zobel k채mpft seit Jahren mit Waldspazierg채ngen f체r den Erhalt des Waldes.

FOTOS: SVEN HESS


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FOTO: SVEN HESS


99 Sobald das letzte Baumhaus weg war, begannen Braunkohlegegner an anderen Stellen wieder mit dem Bau neuer Hütten.

FOTO: MAXIMILIAN GAIDUL


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Der Protest rund um den Hambacher Forst ist derzeit eines der grĂśĂ&#x;ten gesellschaftlichen, politischen und medialen Themen.

FOTOS: SVEN HESS


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103 Tausende Menschen setzen sich seit Jahren gegen die Rodung des Hambacher Forsts fĂźr den Braunkohlenabbau ein.

FOTOS: SVEN HESS


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Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler bestand in der Aufforstung einer kleinen Fläche im Hardter Wald, auf der zuvor ein Haus gestanden hatte.

Nach getaner Arbeit gab es in der Waldstation der Försterei Grillwürstchen und Getränke.


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1.500 m 2

„Das ist doch nicht zu schaffen“, war die erste Reaktion der MINT-Klasse 6.1, nachdem Werner Stops, der Forstleiter der mags, ihnen die kleinen Bäume gezeigt und erklärt hatte, wie man sie einpflanzt. Ihre Aufgabe bestand in der Aufforstung einer kleinen Fläche im Hardter Wald, auf der zuvor ein Haus gestanden hatte. Zusammen mit seinen Mitarbeitern ging dann aber alles sehr schnell und leicht von der Hand: das Ausmessen der Abstände zwischen den einzelnen Bäumchen, das Ausheben der Pflanzlöcher, das Einsetzen der Stecklinge und – unbedingt wichtig – das Antreten des Pflanzlochs als letzter Schritt des Pflanzens. Stecklinge, die nach vielen Jahren eine Höhe von bis zu 20 Metern erreichen, wenn sie gesund und stabil bleiben, das beeindruckte die Gruppe. Die Schülerinnen und Schüler nahmen sich vor, das Pflanzgebiet in der Nähe ihrer Schule regelmäßig zu besuchen, um den Wachstumsfortschritt beobachten zu können. Angießen brauchten sie die kleinen Pflanzen nicht, diese Aufgabe übernahm der Regen, der unmittelbar nach Beendigung der Pflanzaktion wie bestellt einsetzte. Nach getaner Arbeit gab es in der Waldstation der Försterei Grillwürstchen und Getränke, die allen gut schmeckten.

Was bleibt von diesem außergewöhnlichen Einsatz? Sicher die Erinnerung an ein nettes Team rund um den Forstleiter Werner Stops, vielleicht auch etwas Muskelkater als Folge des Aushebens der Pflanzlöcher, vor allem aber das gute Gefühl, als Klasse etwas Nachhaltiges für die Umwelt getan zu haben. Die Bäume werden ihren Teil zu einem verbesserten Klima beitragen und das auf sehr lange Zeit.

Bei einer Pflanzaktion haben 23 Sechstklässler der Gesamtschule Hardt auf einer 1.500 Quadratmeter großen Fläche im Hardter Wald 400 Bäume gesetzt.

PROJEKT ‚PFLANZAKTION‘: B A R B A R A O S T WA L D


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Auf drei Exkursionen im Frühjahr 2019 dokumentierten Schüler*innen der Mönchengladbacher Gesamtschule Hardt dieses Engagement sowie das Umfeld Keyenbergs, Manheims und des Hambacher Forsts.

PROJEKT ‚FOTOGRAFIE‘: FRANK BREUER

FOTOS: KARIM BEN HAID, FRANK BREUER, MAXIMILIAN

GAIDUL, SVEN HESS, LARA MUND, DANIEL PURRIO, JARON RIEDL

Manchmal scheint es fast so zu sein, als würden wir die Welt mit einem großen Fernrohr betrachten: Ganz klar sehen wir in anderen Ländern Urwaldrodungen, Raubbau an der Natur, Korruption und Vertreibung von Mensch und Tier. Aber mit diesem großen Fernrohr schaffen wir es einfach nicht, auf das zu fokussieren, was direkt vor unserer Tür geschieht, es ist einfach zu nah. Das, was durch die Forderungen unseres westlich geprägten Wirtschaftssystems in anderen Ländern oft mit Macht und Gewalt durchgesetzt wird, ist hier in Deutschland an Rechtsstaatlichkeit und demokratische Prinzipien gebunden. Doch um klarer und mit eigenen Augen zu sehen, was dennoch auch hier bei uns möglich ist, ist es manchmal gut, vor die Tür zu gehen. Wälder, Bäume, Büsche, Sträucher und Hecken werden gerodet, Häuser, Höfe und Kirchen werden abgerissen. Die Bewohner müssen umsiedeln oder sie werden enteignet. Fruchtbarer Ackerboden wird abgetragen. Dort, wo einst die alten orte Otzenrath, Spenrath, Holz, Pesch und Borschemich waren, ist nun die 210 Meter tiefe Grube des Tagebaus Garzweiler II. Immerath ist bereits zerstört, Keyenberg soll folgen, dann Lützerath, Ober- und Unterwestrich, Kuckum und schließlich Berverath. Südlich des

Zu

nah!

Protest und Widerstand gegen Tagebau und Braunkohleverstromung dauern seit mittlerweile über 40 Jahren an. Die Formen des Protests sind vielfältig und vielfältig sind auch die Motive und Forderungen.


107 Tagebaus Hambach werden derzeit die Orte Manheim und Morschenich abgerissen. Der Tagebaubetreiber RWE nennt es „Rückbau“. Um Tagebau und Braunkohleförderung zu ermöglichen, muss der Grundwasserspiegel weiträumig abgesenkt werden. im gesamten Rheinischen Braunkohlerevier pumpen tausende sogenannte Sümpfungsbrunnen derzeit jährlich 570 Millionen Kubikmeter Grundwasser ab. Das entspricht dem Volumen eines Kubus von 1.000 m x 1.000 m Grundfläche und 570 m Höhe. 280 Millionen Kubikmeter davon werden in die Flüsse Erft und Rur abgeleitet. Allein für den Tagebau Garzweiler wird mit über 100 Millionen Kubikmetern pro Jahr der sechsfache Wasserbedarf der Stadt Mönchengladbach abgepumpt. In bis zu 210 Metern Tiefe lagert die Braunkohle im Tagebau Garzweiler. Sie ist weniger stark verdichtet als Steinkohle und hat einen Wasseranteil von 55-60 %. Ihr Heizwert gegenüber der Steinkohle ist um zwei Drittel niedriger. In den oberen Kohleschichten des Tagebaus, in 4070 Metern tiefe, ist die geochemische Phase des Prozesses der „Inkohlung“ noch nicht so weit fortgeschritten, wie in tieferen Schichten. Baumstämme und holzartige Strukturen sind daher in den oberen Kohleflözen immer noch

sehr gut zu erkennen. Erdgeschichtlich entstammen sie den Küstensümpfen des Miozän und sind somit zwischen 5 und 20 Millionen Jahre alt. Die Emissionen durch Braunkohleabbau und Kraftwerke im Rheinischen Revier sind beträchtlich: Feinstaub, Quecksilber, viele andere Schadstoffe und mit 90 Millionen Tonnen (2015) fast ein Drittel der klimaschädlichen CO2-Emissionen Nordrhein-Westfalens. Laut einer Ende 2017 veröffentlichten Publikation des Umweltbundesamtes belaufen sich allein die durchschnittlichen Umweltkosten für eine aus Braunkohle erzeugte Kilowattstunde Strom auf 19,19 Cent - bei einem Endverbraucherpreis von 29,88 Cent. Protest und Widerstand gegen Tagebau und Braunkohleverstromung dauern seit mittlerweile über 40 Jahren an. Die Formen des Protests sind vielfältig und vielfältig sind auch die Motive und Forderungen: Erhalt von Dörfern und Heimat, gegen Zwangsumsiedlung und Enteignung, für Umwelt- und Naturschutz, Begrenzung der Erderwärmung und Einhaltung der Klimaziele, Klimagerechtigkeit mit dem globalen Süden, Wachstums- und Kapitalismuskritik. Sowohl durch internationale Klimaschutzabkommen als auch durch die anhaltenden Auseinandersetzungen um die

politisch motivierten Baumbesetzungen im Hambacher Forst sind Tagebau, Wald, Dörfer und Braunkohleverstromung wieder verstärkt in den medialen Fokus gerückt. in den letzten Jahren haben sich verschiedene initiativen sowie eine wachsende Anzahl von Bürger*innen und Aktivist*innen miteinander vernetzt und engagieren sich auf Wald- und Dorfspaziergängen, Demonstrationen und dem „Sternmarsch nach Keyenberg“. Auf drei Exkursionen im Frühjahr 2019 dokumentierten Schüler*innen der Mönchengladbacher Gesamtschule Hardt dieses Engagement sowie das Umfeld Keyenbergs, Manheims und des Hambacher Forsts.

Mit einer Auswahl der dabei entstandenen Fotografien bietet ein Fotobuch einen kleinen und zeitlich begrenzten Einblick in das äußerst komplexe Thema.


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Über Schotter und Asphalt, unter Bäumen am Bach entlang geht es zur Kirche und dem Dorffriedhof. Wälder, Bäume, Büsche, Sträucher und Hecken werden gerodet, Häuser, Höfe und Kirchen werden abgerissen.

FOTOS: SVEN HESS


109 Sonntagsspaziergang – entlang menschenleerer Straßen, vorbei an Häusern, Gärten und Geschäften mit persönlichen Geschichten. Man spürt die einzigartigen Geschichten dieser Orte. Der Blick fällt durch Fenster, auf Briefkästen, in Vorgärten.


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Allein für den Tagebau Garzweiler wird mit über 100 Millionen Kubikmetern pro Jahr der sechsfache Wasserbedarf der Stadt Mönchengladbach abgepumpt in bis zu 210 Metern Tiefe lagert die Braunkohle im Tagebau Garzweiler.


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Auch die Keyenberger Heilig-Kreuz-Kirche mit ihren kostbaren Schätzen steht der Abriss bevorsteht. Die Kirche ist nach dem Immerather Dom die nächste, die dem Braunkohletagebau Garzweiler II weichen muss.

FOTO: KARIM BEN HAID

FOTO: JARON RIEDL


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FOTOS: FRANK BREUER


113 Manchmal scheint es fast so zu sein, als würden wir die Welt mit einem großen Fernrohr betrachten: Ganz klar sehen wir in anderen Ländern Urwaldrodungen, Raubbau an der Natur, Korruption und Vertreibung von Mensch und Tier. Aber mit diesem großen Fernrohr schaffen wir es einfach nicht, auf das zufokussieren, was direkt vor unserer Tür geschieht, es ist einfach zu nah.


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Der Weg zu den Computer- und Physikräumen führt zunächst zu einer neuen Fotoausstellung, entstanden im Rahmen des diesjährigen vom Programm „Kultur und Schule“ geförderten Projekts.

FOTOS: JARON RIEDL

GRAFIKEN: FRANK BREUER


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Drei

Ausf lüge ins Rheinische Braunkohlerevier

Die Abschlussausstellung und das Fotobuch-Dummy „Zu Nah. Drei Ausflüge ins Rheinische Braunkohlerevier“ entstanden im Schuljahr 2018-2019 während des Fotografieprojekts „Ein Foto ist selten allein – Vom Sammeln, Ordnen, Collagieren und Dokumentieren“ an der Gesamtschule Hardt, im Rahmen des Landesprogramms NRW Kultur und Schule. Gefördert wurde es durch das sowie durch die Stadt Abschlussausstellung und Fotobuch-Dummy basieren auf Fotografien und Bildkombinationen der beteiligten Schüler*innen: Karim Ben Haid, Maximilian Gaidul, Sven Heß, Lara Mund, Jaron Riedl und Joshua Sänger. Die Projektleitung hatte

Frank Breuer, der auch für das Fotobuch-Dummy die Konzeption, Grafik, Design, Recherche, Text und Postproduktion übernahm. Mit herzlichem Dank an Susanne Kölling und Axel Mugge-Dinn, Dorothée Vollmer und das Kulturbüro Mönchengladbach sowie an alle Menschen, die sich für dieses Projekt porträtieren ließen.

PROJEKT: FRANK BREUER

W W W. F R A N K B R E U E R . C O M


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„The new normal“ nennen die Capetonians ihren neuen Wassersparmodus.


117 Ein Bewusstseinswandel am Beispiel der Wasserkrise in Kapstadt. Eine jahrelange Dürre ist Ursache für die schwere Wasserkrise im südafrikanischen Kapstadt. Bislang hoffte die Millionen-Metropole auf ausreichende Regenfälle, die die Trinkwasserreservoire rund um die Stadt wieder füllen. Doch der Wasserspiegel sank in den letzten knapp fünf Jahren von fast 80 % auf nun mehr 23 % ab. Für die Kapstädter bedeutet dies eine drastische Reduzierung ihres täglichen Trinkwasserkonsums. Sie dürfen dann nur noch 50 Liter Frischwasser pro Tag nutzen. Zum Vergleich: In Deutschland werden pro Person und Tag mehr als 120 Liter verbraucht. Allein 30 Liter werden davon einfach die Toilette runtergespült.

TEXT+FOTOS+

INFOGRAFIKEN

PA U L A V O L L M E R

Warten auf den erlösenden Regen.

Rund 120 Liter Wasser nutzen die Deutschen normalerweise pro Kopf pro Tag.

Der ganze Bericht online: bit.ly/30KEN16


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Mindestens 200 Liter Wasser nutzen die Bewohner von Kapstadt normalerweise pro Haushalt am Tag. *1 Tropfen entspricht 10 Litern

Zwischen Sparsamkeit und Verschwendung Von Grundwasserbohrungen auf privaten Grundstücken profitieren die Bewohner aber auch die kommunalen Versorger gleichermaßen.

Das Wasser muss durch ein Leitungsrohr über die Hausmauern zur Straße für alle zugänglich sein. Hier wird es in Tankwagen und Kanister abgefüllt oder es läuft einfach die Straßenrinne entlang und verschwindet durch ein leckes Abwasserkanalsystem unaufgefangen ins Meer. Weltweit fließen 80 % der städtischen Abwässer unbehandelt in Flüsse, Seen oder ins Meer. In Entwicklungsländern sind es bis zu 90 %.


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Die drastisch gestiegenen Wasserpreise sind fĂźr viele fast nicht mehr bezahlbar.


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Laut WHO benötigt jeder Mensch am Tag 50 Liter Wasser, um genug zur Verpflegung und zur Körperhygiene zu haben. * WHO, World Health Organization

Etwas mehr als 30 Liter Wasser verwenden Deutsche durchschnittlich jeden Tag für ihre Toilettenspülung.


122 Das meiste Trinkwasser wird weltweit in der Landwirtschaft verbraucht. Während 11 % der Wasserressourcen von den Haushalten gebraucht werden, fließen 19 % in die Industrie. Schon heute werden also rund 70 % des Trinkwassers für die Nahrungsmittelproduktion verbraucht. Um den Hunger der wachsenden Weltbevölkerung zu stillen, muss die Erzeugung von Nahrungsmitteln bis 2050 auch um 70 % wachsen; dafür aber würde noch mal ein Fünftel mehr Wasser gebraucht als heute. Und das fehlt dann zum Trinken und für andere Nutzungen – zudem meist in Regionen wie dem Sahel oder Südasien, wo es ohnehin schon zu wenig Wasser gibt. In der Industrie und Landwirtschaft wird Wasser in diesem Zusammenhang auch als „virtuelles Wasser“ bezeichnet, für die Herstellung von Produkten benötigt. Als Beispiel wird um ein Kilogramm Rindfleisch zu bekommen, durchschnittlich 15.000 Liter Wasser benötigt und im Laufe der Produktion eines Autos werden insgesamt 400.000 Liter Wasser verbraucht.

Der Erde geht das Trinkwasser aus.


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11% Haushalte

Landwirtschaft 70%

19% Industrie

*Die globale Verwendung von Wasserressourcen

Laut den Vereinten Nationen beträgt der durchschnittliche Wasserverbrauch einer Personin den USA 300 Liter pro Tag, in Ägypten dagegen gerade einmal 22 Liter (Stand 2002). In Deutschland verbraucht eine Person ca. 120 Liter Wasser pro Tag. Im Einzelnen: • Duschen und Körperpflege: 46 Liter • Toilettenspülung: 30 Liter • Wäschewaschen: 15 Liter • Putzen und Garten: 8 Liter • Geschirrspüler: 8 Liter • Trinken und Kochen: 6 Liter


124 Knapp drei Viertel der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Experten warnen, dass der Klimawandel den Meeresspiegel steigen lässt. Davon sind aber nur rund 3 % trinkbar. Zwei Drittel des Süßwassers wiederum befindet sich als Eis an den Polen und ist daher für uns als Trinkwasser nicht zugänglich. Somit steht uns gerade einmal ein Drittel des weltweiten Süßwasservorrates in Bächen, Seen, durch Grundwasser und Niederschlag als Trinkwasser zur Verfügung.

Mehr als die Hälfte der weltweit verwendbaren Süßwasservorkommen finden sich laut WWF in gerade einmal neun Ländern: Brasilien, China, Indien, Indonesien, Kanada, Kolumbien, Kongo, USA und Russland. Aber auch hiervon steht nur ein kleiner Anteil des gesamten Süßwasservorrats der Erde für die Nutzung zur Verfügung. Dieser teilt sich in drei Hauptreservoire: die Oberflächengewässer, das Grundwasser und Gebirgsgletscher.

Der weltweite Wasservebrauch hat sich in den vergangenen 100 Jahren verzehnfacht, dagegen nahm die Bevölkerung der Erde „nur“ um das vierfache zu. Asien 7 800 000 km3

Afrika 5 500 000 km3

Nord Amerika 4 300 000 km3

Süd Amerika 3 000 000 km3

Europa 1 600 000 km3

Australien 1 200 000 km3 *Grundwasservorkommen nach Kontinenten


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Die Aufbereitung von Brauchwasser in Kläranlagen etwa könnte zumindest einen Teil der Lücke schließen. Denn derzeit werden 80 % des Brauchwassers weltweit noch gar nicht aufbereitet. Doch dafür braucht es technische Expertise. Und sehr viel Geld. Mehr als 1,4 Milliarden Euro etwa hat alleine Peking zwischen 2001 und 2005 für den Schutz seiner Wassereinzugsgebieten ausgegeben. Von solchen Ausgaben können Entwicklungsländer nur träumen. Naturschutz ist eine der billigsten Optionen zum Schutz des Trinkwassers. Feuchtgebiete etwa filtern Wasser und Waldböden, Seen und Sümpfe speichern riesige Mengen sauberes Wasser. Bei der nötigen Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft darf die Natur und ihre milliardenschweren „Dienstleistungen“ nicht vergessen werden. Erfolgreiches Wassermanagement muss Landwirtschaft und Ökosystem dienen, damit nicht langfristig das Trinkwasser ausgeht. Wasser und Boden sind unentbehrliche Ressourcen für unser Leben. Sie unterliegen einem natürlichen Kreislauf. Bei nachhaltiger Bewirtschaftung werden sie nicht ver-, sondern nur gebraucht. Vom Menschen verursachte Stoffströme – insbesondere Emissionen aus Industrie und Landwirtschaft – sorgen jedoch dafür, dass Oberflächen- und Grundwässer in einem ständigen, teils punktuellen, teils schleichenden Prozess kontaminiert werden. Trotz aller Bemühungen um nachhaltige Nutzungsformen und effiziente Technologien, lässt sich diese Beeinflussung der Umwelt nur reduzieren, nicht aber gänzlich vermeiden. Luft, Wasser und Boden haben zwar ein natürliches Selbstreinigungspotenzial, aber dieses ist begrenzt. Insbesondere im Grundwasser verlaufen viele chemische und mikrobiologische Prozesse sehr langsam. Eine allmähliche Anreicherung von Schadstoffen bedroht die extrem empfindlichen und nur langsam erneuerbaren Grundwasserressourcen zukünftiger Generationen.

An den Waschbecken bitten Aufkleber um Verständnis, dass das Wasser abgestellt ist, weil jeder Tropfen zählt. Als Ersatz für die Handwäsche stehen Desinfektionssprüher zur Verfügung. Auf öffentlichen Toiletten will man mit dem Hinweis „If it‘s yellow, let it mellow. If it‘s brown, flush it down.“ die Wasserspülung reduzieren. Spülen soll man also nur, wenn es auch wirklich notwendig ist. Selbst das Schmelzwasser von den Eiswürfeln aus den Getränkekühlern wird zum Wischen der Tische genutzt. Gespült wird später zuhause mit dem restlichen Kochwasser aus dem Wasserkocher.


127 Wassermanagement und ein Umdenken der Verbraucher sind jetzt notwendig.


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Der ganze Bericht online: bit.ly/30KEN16


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Wasser war die Voraussetzung für die Entstehung des Lebens auf der Erde. In flüssiger Form gibt es Wasser erst seit Abkühlung der Erde vor ca. vier Milliarden Jahren.

Auf dem Boden des Urozeans, der sich anschließend bildete, entstanden vor etwa 3,5 Milliarden Jahren die Urbausteine des Lebens. Leben auf dem Land wäre zu jener Zeit gar nicht möglich gewesen, da es keine Ozonschicht gab, die die Zellen vor der UV-Strahlung der Sonne schützte. Diese Aufgabe übernahm über lange Zeiträume der Erdgeschichte das Meerwasser. Erst vor ca. 400 Millionen Jahren setzte die Besiedlung des Festlandes ein. Dem Wasser sind aber auch die Lebewesen auf dem Land verhaftet geblieben. So besteht der Körper

der meisten Pflanzen und Tiere zu 50 bis 80 % aus Wasser. Ohne Wasser würden Pflanzen ihre Nährstoffe nicht aufnehmen können. Wasser dient innerhalb der Organismen als Transportmittel für Nährsalze, Enzyme und Hormone und ist an fast allen wichtigen Lebensprozessen beteiligt. Eine ausreichende Wasserversorgung ist daher auch grundlegend für die Existenz des Menschen auf der Erde. Nur mit Wasser kann er die benötigten Nahrungsmittel erzeugen und nur durch ständige Wasseraufnahme kann er sich selbst erhalten.


130 Umfrage zum Mediennutzungsverhalten von 875 Schülerinnen und Schülern der Gesamtschule Hardt im Februar 2019:

Nutzung & Einsatz

Inhalte & Konsum

Datenschutz & Sensibilität

In welchen Lebensbereichen bist du am häufigsten digital „unterwegs“?

Wo informierst du dich über Nachrichten und Weltgeschehen?

Hast du Überblick darüber, welche Daten von dir im Internet gespeichert sind?

Wie lange bist du täglich digital unterwegs?

Überprüfst du, ob Nachrichten, die im Internet, Social Media oder über Messenger verbreitet werden, wahr sind?

Hast du schon einmal die Datenschutzund Privatsphäre-Einstellungen von Apps verändert, bearbeitet oder überprüft?

Wie häufig nutzt du die folgenden Geräte? Welche Apps benutzt du am häufigsten am Smartphone?

Nutzt du dein Smartphone eher um Dinge selber zu erstellen (z. B. Fotos, Videos, Texte, usw.) oder schaust du dir lieber Dinge von anderen an?

Welche Programme benutzt du am Computer?

Wie oft postest du selber Inhalte auf Facebook, Instagram oder Twitter?

Wie findest du neue Funktionen in Computerprogrammen oder in Apps heraus?

Wünschst du dir mehr Unterstützung und Anleitung bei der Nutzung von digitalen Möglichkeiten?

Gibt es Regeln bei dir zu Hause bzgl. der Handynutzung? Welche Regeln gibt es bei dir zu Hause?

Wie alt warst du, als du dein erstes Handy/Smartphone bekommen hast? Wie viele Handys/Smartphones hattest du bisher? Welche Gründe gab es für ein neues Handy? Welche sozialen Medien benutzt du am häufigsten?

Wann nutzt du dein Smartphone für diese Dinge zu verschiedenen Tageszeiten?

Wie fit schätzt du deine Lehrer*innen in der Nutzung digitaler Medien ein? Wie fit schätzt du deine Eltern in der Nutzung digitaler Medien ein? Wie lang könntest du maximal auf dein Handy verzichten? Hat dich dein Handy/Smartphone schon einmal genervt?

Wie lange dauert es im Schnitt, bis du auf Nachrichten antwortest?

Alle Umfrageergebnisse online: bit.ly/2PlMCcy


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Wie PROJEKT ‚MEDIENSTUDIE‘: DOROTHÉE VOLLMER

‚smart‘

Die Konsequenzen der schnellen technologischen Entwicklung der letzten Jahre können wir noch nicht überblicken. Erst recht nicht die für unser gesellschaftliches Zusammenleben und unsere Lebenswelt von morgen. Schon immer haben die Menschen technologischen Fortschritt als Fluch oder als Segen betrachtet. Damit Innovationen auch Chancen bieten, muss man sich mit den Möglichkeiten und Gefahren in einem digitalen Zeitalter auseinander setzen.

Kinder und Jugendliche sind bereits in diese neue Welt hineingeboren und erleben die Geschwindigkeit der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung bereits als Generationen unterschiedlicher Zeitepochen. Von ihnen wird erwartet, dass sie die analogen und digitalen Herausforderungen beider Welten managen können. Und das betrifft alle unsere Lebensbereiche. Die Digitalisierung verändert unsere Art zu kommunizieren, zu lernen, zu konsumieren, Freundschaften zu pflegen, Freizeit zu gestalten und sich zu engagieren. Über die optimale Vorbereitung des Nachwuchses auf die digitale Welt von morgen wird derzeit viel diskutiert. Aber wie ist es wirklich um die Medienkompetenz von jungen Menschen gestellt? Wie smart sind die vermeintlichen ‚digital natives‘ wirklich? Sind das alles nur Vermutungen oder Bauchgefühle von Eltern und Lehrern? Die Standpunktredaktion will es genau wissen und mit Fakten in die Diskussionen um die Medienkompetenz ihrer Mitschüler*innen gehen. Wie ist unsere Generation auf die digitale Zukunft vorbereitet und wie schätzt sie sich selber ein?

Mehr dazu online: bit.ly/2NCQEut

Mit HARDT 4.0 hat die Standpunkt-Redaktion eine Umfrage mit 28 Fragen entwickelt und ihre Mitschüler*innen befragt. Es braucht ziemlich viel Zeit und eine engagierte Schülerzeitungsredaktion, um die Antworten von 924 Schüler*innen der Jahrgangsstufen 5 bis 13 auszuwerten. Aber die Arbeit lohnt sich, denn ihr könnt mehr als gespannt auf die Antworten nebenstehender Fragen sein. Die ganze Auswertung findet ihr online auf unserer Website.

bist du?


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Handy als Lexikon und Tablet statt Schulmaterialien? Ja – die Digitalisierung ist überall. Erst dieses Jahr wurde der Digitalpakt verabschiedet, welcher dem Bund erlaubt, die Länder mit 4 Milliarden Euro für die Digitalisierung der Bildungssysteme zu unterstützen. Unserer Umfrage an der Gesamtschule Hardt kam zu dem Ergebnis, dass bereits 670 von 831 der befragten Schülerinnen und Schüler regelmäßig ein digitales Medium im Unterricht benutzen.

GRAFIKEN: NIKOLAS PROKSCH

B E R I C H T : FA B I E N N E M A N H O L D , DANIEL PURRIO

Dies war natürlich Anlass für die Redaktion, einmal nachzufragen: Von kleinen Recherchen bis hin zum Ersetzen von Schulmaterialien war alles dabei und die Häufigkeit steigert sich von Stufe zu Stufe. Die Schülerinnen und Schüler der Stufen 5 und 6 erzählten uns, dass sie ihre Smartphones nicht während des Unterrichts benutzen dürfen und es auch in den Pausen im Spind lassen müssen. Doch durch den Unterricht mit elektronischen Geräten der Schule lernen sie, wie sie sich in den Weiten des Internets zurechtfinden und die Seriosität von Webseiten zu beurteilen. Unterstützt wird das Lehrpersonal dabei u. a. durch die Medienscouts der Schule, einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern die dazu ausgebildet wurden Aufklärungsarbeit im medialen Bereich zu leisten. Sie gehen unter anderem durch die 5. Klassen und stellen WhatsApp-Regeln für deren Klassengruppen auf und unterhalten sich mit den Schüler*innen über Cybermobbing.

Alles was die Schülerinnen und Schüler in diesen Jahren gelernt haben, werden sie in den Jahren bis zu ihrem Schulabschluss immer wieder anwenden, denn ein weiterer Punkt, an dem Medien im Unterricht eingesetzt werden, ist die sich oft wiederholende Aufforderung des Lehrpersonals im Internet u. a. für Präsentationen zu recherchieren. Hierzu werden sowohl die Computerräume der Schule als auch von Zuhause mitgebrachte Laptops und Tablets genutzt, um Präsentationen zu diversen Unterrichtsthemen zu erstellen. Diese werden dann auf den, in den Klassen installierten, Smartboards oder SmartTVs vorgestellt. In der Oberstufe hingegen häuften sich die Aussagen, dass dort schon das iPad das tägliche Schulmaterial – sprich Heft, Hefter und Federmappe, komplett ersetzt. Dort sitzen immer mehr Schülerinnen und Schüler, die im Unterricht auf ihren iPads mitschreiben, ihre Aufgaben bearbeiten und die Hausaufgaben damit erledigen. Auch zur Abiturvorbereitung nutzen immer mehr Schülerinnen und


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Schüler digitale Medien. Hier nutzen einige das Internet, um sich beispielsweise Zugriff auf Prüfungen der vergangenen Jahre zum Lernen zu verschaffen oder Definitionen zu recherchieren. Dabei gilt allerdings immer auf die Seriosität der jeweiligen Internetseiten zu achten. To put it in a nutshell: Je älter man wird, desto eher greift man auf das Internet und digitale Medien zu, um zu Lernen oder Schularbeiten zu erledigen – einfach, um den Schulalltag zu meistern.

Der ganze Beitrag online: bit.ly/32ajBSz

Apple pen statt pencilcase?


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Was fehlt? Technische Ausstattungen oder pädagogische Konzepte? Lernen in der realen oder virtuellen Welt?

Während Kinder und Jugendliche mit virtuellen Erfahrungen aufwachsen, bemängeln Eltern und Pädagogen oft die fehlende Auseinandersetzung mit der realen Welt. Nur durch den Umgang mit Medien und der Kenntnis, wie sie gemacht werden und wie sie auch manipulieren können, wird der Benutzer erst erfahren und kompetent. Das betrifft nicht nur Kinder und Jugendliche, auch viele Eltern bräuchten Nachhilfe in digitaler Bildung. Daher sind an der Gesamtschule Hardt sogenannte Medienscouts in Sachen Mediennutzung als geschulte Ratgeber unterwegs.

Jetzt sind aber die Elterngeneration und die Lehrer gefragt, Kinder und Jugendliche zu begleiten, um sie medial fit zu machen für eine digitale Zukunft und Arbeitswelt. Mediennutzung in der Schule sollen lebensweltliche Erfahrungen jenseits des Computers nicht ersetzen, sondern die junge Generation beim lebenslangen Lernen und der neugierigen Auseinandersetzung mit der realen und virtuellen Welt unterstützen.

Was bedeutet Medienkompetenz? Wenn Kinder und Jugendliche z. B. ein iPad benutzen können, dann hat das mit Medienkompetenz noch nicht viel zu tun, sondern bleibt erst einmal nur eine „Wischkompetenz“. Das Benutzen von Smartphones, Tablets und Co. bleibt an der Oberfläche und ist völlig kontextfrei. Dieses reine Bedienen lernen die Kinder zu Hause automatisch, dafür braucht es die Schule nicht. Hier liegt das Ziel der Mediennutzung in der Wissensaneignung und -verwertung.

Während Firmen dafür eine eigene Abteilung haben, die sich um den Gerätepark kümmert, bleibt es in den Schulen oft genug der Eigeninitiative von Lehrerinnen und Lehrern überlassen, die Hard- und Software und das Schulnetzwerk zu warten – was sie nicht selten in ihrer Freizeit machen müssen. Die technische Ausstattung zu verbessern, ist vor allem eine Frage des Geldes. Daran sollte es eigentlich nicht fehlen, und es kam auch ziemlich gut an, als Bundesbildungsministerin Wanka eine fünf Milliarden Euro schwere Digital-Bildungsoffensive des Bundes ankündigte. Aber das wirkliche Problem liegt eigentlich woanders.

Es gibt einfach zu wenige didaktische Konzepte, wie die Schüler auf die digitalisierte Welt vorbereitet werden sollen. Die aber wären die Voraussetzung dafür, zu entscheiden, welche Ausstattung die Schulen bräuchte. Und natürlich müssten auch die Lehrer*innen dementsprechend ausgebildet werden, denn derzeit ist der Medieneinsatz im Unterricht sehr


135 „präsentationslastig“. Das heißt, Lehrer*innen spielen etwas aus dem Internet an die Wand, einen Film oder eine Präsentation, die Schüler*innen schauen es an und schreiben es ab. Interaktive Anwendungen, also eine Vernetzung der Schüler*innen, ist weniger verbreitet. Das liegt auch an der Art der Aus- und Fortbildung der Lehrer*innen. An den Unis wird der Einsatz digitaler Medien, der über das Präsentieren von Inhalten hinausgeht, nur sehr unsystematisch gelehrt. Die Hoffnung, dass allein die Faszination der neuesten Geräte-Generation Schüler*innen motivieren könnte, sich kreativ damit befassen, wird sich nicht erfüllen, denn auch „Neues“ wird schnell uninteressant, wenn man es nicht beherrscht.

Neue Medien als Instrumente der Wissensaneignung und -verwertung Es ist zwar schön, wenn die Schüler*innen auf hübschen iPads herum wischen und schicke Laptops herumtragen, aber es muss ein pädagogisches Konzept da-

hinter stehen, dass die Medien zu Instrumenten der Wissensaneignung und -verwertung macht. Um nicht zu bloßen Konsumenten digitaler Techniken zu werden, braucht es ein Grundverständnis davon, wie sie funktionieren. Und zwar nicht nur ein theoretisches. Wer selbst gelernt hat, Programme zu schreiben, oder wenigstens eine Ahnung davon hat, versteht viel eher, wo die Möglichkeiten und Grenzen dieser Technik liegen.

Jungen Menschen Maßstäbe für Medieninhalte aufzeigen. Wie früher das Fernsehen die Gesellschaft revolutioniert hat, so wurde auch das Internet als Chance begrüßt. Es gibt viele gute Sendungen im Fernsehen wie auch seriös recherchierte Informationen im Netz. Der Anteil an überflüssiger, schlechter Unterhaltung und sogenannten Fake News überwiegt aber immer mehr. Die Schule muss daher viel intensiver als bisher Maßstäbe für Medieninhalte aufzeigen, damit vor allem junge Menschen sich selbst ein Urteil bilden können.

Ohne qualifizierte Lehrkräfte bringen auch Apple TVs keinen Bildungsmehrwert. Die Gesamtschule Hardt profitiert gerade davon, dass sie digitale Arbeitsweisen in ihren Unterricht integrieren kann. Mit einer optimalen technischen Ausstattung, die u. a. durch den Förderverein finanziert wird, arbeitet sie gerade an ihrem Medienkonzept für den Einsatz digitaler Lernmittel. Damit reagiert sie auf den digitalen Wandel als Bestandteil ihrer systematischen Schul- und Unterrichtsentwicklung. Lieber keine Experimente – so denken bisher viele Lehrer*innen über digitale Lernmittel. Die Lehrer*innen entscheiden selbst, welche elektronischen Lernmittel sie einsetzen, schließlich gestalten sie auch den Unterricht selbstständig. Im Hinblick auf die Vermittlung von Medienkompetenzen ist die wichtigste Komponente aber die Qualifikation der Lehrkräfte – ohne die kann man sich das Geld für die technischen Ausstattungen sparen.

PROJEKT ‚MEDIENSTUDIE‘: DOROTHÉE VOLLMER

GRAFIKEN: NIKOLAS PROKSCH


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Wie Serious Games funktionieren. Den Serious Games sieht man den didaktischen Aspekt für den Spieler nicht sofort an. Der Lernprozess soll das unterhaltsame Spielerlebnis eher unterschwellig begleiten. Realitätsnahe und alltägliche Situationen, in denen der Spieler Konflikte oder Fragestellungen lösen muss, die sich unmittelbar aus einer fiktiven Handlung ergeben, werden spielerisch aufgegriffen. Zudem fordert das Spiel den Anwender auf, sich mit komplexen Vorgängen und Verfahren z.B. aus der Berufswelt vertraut zu machen. Der Nutzer lernt dabei aktiv Zusammenhänge und Prozesse zu verstehen, indem er Informationen nicht nur theoretisch aufnimmt, sondern sich im Spiel mit ihnen beschäftigt. Anders als die bislang bekannten E-Learning-Tools setzen Serious Games didaktische Erkenntnisse aus der Entwicklung von Computerspielen in die Methodik mit ein, um Lerninhalte unterhaltsam, zielgerichtet und nutzerfreundlich zu vermitteln. Der „Spieltrieb“ und der sportliche Aspekt motivieren den Lernenden intrinsisch und begeistern ihn nachhaltig für den Lernstoff.

Herausforderungen mit individuellen Schwierigkeitsstufen sorgen dafür, dass weder Unter- noch Überforderung demotivierend wirken. Durch regelmäßige Erfolgserlebnisse wird das Verlangen gesteigert, die Lernumgebung immer weiter zu erkunden. Indem er sich Wissen im Spiel aneignet und es beim Lösen weiterer Aufgaben einsetzt, taucht der Anwender tiefer in die Spielewelt ein und erlebt den aus der Lernpsychologie bekannten „Flow“. Da Serious Games alle Sinne in den Lernprozess mit einbeziehen, erlebt der Anwender eine angenehme Lernatmosphäre. Er kann ausprobieren, forschen, herumexperimentieren und bei allem beleiben Fehler ungestraft. Der Lernende ist motiviert und dies regt seine Neugier an. So können Zusammenhänge besser verstanden und neue Erkenntnisse in weiteren Aufgabenstellungen des Spiels praktisch angewendet und eingeübt werden.

Quelle: www.seriousgames.de


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Serious Games als Wissensvermittlung. Videospiele und Bildung? Auf den ersten Blick passt das gar nicht zusammen. Es gibt sie aber immer mehr, die ernsthaften Computerspiele, die Bildungsinhalte spielerisch vermitteln sollen: die sogenannte Serious Games.

Noch haben Lehrer und Schüler wenig Erfahrung mit Computerspielen im Unterricht. Angesichts der Digitalisierung unserer Arbeitswelt stellt sich jedoch die Frage, ob künftig Serious Games als Lernmethode in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden sollten. Serious Games und Game-Based Learning wurden in den Anfängen von „echten“ Gamern eher als Nebenprodukt belächelt. Heute sind sie in vielen Bereichen und Branchen unverzichtbar geworden. So sind sie die optimalen Trainingspartner und Testgelände z.B. für Piloten, Mediziner und Schwertransportfahrer, die sich in aufwändigen 3D-Simulationen für die Praxis fit machen. Aber auch zur Wissensvermittlung in Form von Strategiespielen werde Serious Games eingesetzt, um weltpolitische Zusammenhänge verständlich zu machen. Selbst Fremdsprachen lernen

Schüler mit digitalen Programmen auf spielerische Weise. Serious Games nutzen die menschliche Neugierde, um unterhaltsam und effizient verschiedenste Inhalte dem Lernenden nahezubringen – von wissenschaftlichen und geschichtlichen Zusammenhängen über soziale und fachliche Kompetenzen bis hin zur Bedienung komplexer Maschinen. Serious Games werden daher immer mehr in Unternehmen als sogenannte „Corporate Games“ eingesetzt, um Mitarbeiter im Umgang mit Industrieanwendungen zu schulen. Einsatzmöglichkeiten findet man bereits bei Maschinenherstellern, in der Medizintechnik, der Autoindustrie und der Luftfahrtbranche bis hin zum Rüstungssektor. Auch bei Einstellungsverfahren- und Vertriebsschulungen kommen Serious Games schon zum Einsatz.

TEXT: GASTBEITRAG

F O T O S : R O C V R E C A R S VA J G E R


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Das Interview

Daniel Němec, Community Manager der Tschechischen Firma SCS Software, die auf Simulatorspiele spezialisiert ist, im Gespräch mit Tom Andrew:

Yes, how do you think your Company has an effect on the youth of today?

So, please tell us a little bit about your game? Okay, so SCS Software produce, develop and distribute two games, American Truck Simulator and Euro Truck Simulator 2, both are based on trucking simulations. In these games you are a professional truck driver, but you start with no trucks. Then as you progress through the game you can earn enough in game experience and enough in game money to buy your own first truck or start your own logistics company. Furthermore, you can hire new virtual drivers for your company, buy new trucks to build your fleet and also customize your trucks. There are also hundreds of cargoes you can haul. Our games are well known for being relaxing games, they say it’s almost like a zen experience. A lot of players play our game just to relax or to drive and explore Europe and its countries, because everything in our games is based on real references. It’s scaled down a little bit because we don’t want to force our players to drive from Paris to Rome for 16 straight hours, you know? So it’s a bit smaller but it’s all based on real life, so that people that live there can recognise their homeland and so on… (there is only so much I can tell you about our games to describe them well but I guess that we don’t want this first question to be 30minutes long so… if you want to know more just google Euro Truck Simulator 2 or American Truck Simulator and then you will find everything else…)

Well, I think that our company and the games that we produce can teach the youth how to act on the roads, the basics of the traffic rules and how to drive or how to approach certain situations on the road. I think they can even learn some management, like when you need to deliver something in time and then deciding when to take breaks (to deliver the Cargo on time) or just choosing which Cargo to deliver next. So yes, I think that our games have a positive effect on the youth and I think they help grow new professional truck drivers… or at least we hope so (haha…) because you know the Industry is suffering from a lack of professional truck drivers so we hope that our games help grow future truck drivers. We also have stories that people are sending us who use our games to teach the basics of driving a truck in driving schools, or people that fell in love with trucks so much that they quit their previous job and became professional truck drivers because of our games. These stories are really, really amazing! Definitely! Well, what makes your games so attractive to people? Well, I think it is the level of detail, the fact that everything is based on real scenery, and what I think is the main part is that we still develop our games. We don’t just do one title and then move on to a different game, we still expand our games with new features, new roads, new trucks, new trailers and we really care about the community, so that’s why we try to give them something new to play with all the time.

Yeah. So how do you go about selling your product? I think this question is more for our CEO, but I know that we do a lot of modern marketing through social media, through digital marketing like teasers and trailers and advertising what’s to come for new DLC’s and building the Hype when the DLC is about to release. Right, well, why do you come to gamescom? Because it’s the biggest gaming convention in Europe! But also, because here in Germany our games are really popular and a big part of our community is from Germany as well. People always say that Germany is the holy ground for simulator games because the people here really love them. gamescom is the biggest event on our list every year. If you want to be a big player in the gaming industry then you have to be at gamescom! Very true. So, last question. What do you enjoy most about being here? What do I enjoy most about being here? I mean… it’s the atmosphere, nowhere else other than gamescom can you meet all the wonderful people who just love games and they’re all in a good mood, they don’t want to fight or argue, they’re all just relaxed here. And nobody is faking anything, nobody thinks that they are better than somebody else. Everyone here is a gamer, and gamers are the best people. I have to agree! Thank you very much for the interview!


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Medienscouts meet

Die Medienscouts unserer Schule haben sich durch viele erfolgreiche Projekte die Auszeichnung zur Medienscouts Schule 2017/2018 verdient. Neben der stetigen Ausbildung neuer Medienscouts haben unter anderem viele Beratungsgespräche zum Thema Mobbing mit den Schüler*innen der unteren Jahrgänge der Gesamtschule Hardt stattgefunden. Neben der Aufklärung von WhatsApp in der Stufe 5 wurde eine Umfrage zu dem Spielekonsum der Klassen 5-7 an Handy oder PC durchgeführt. Dazu haben die Medienscouts viele Spiele getestet und eine Analyse vorgenommen. Als nächstes Projekt steht eine externe Kooperation an. Zuvor haben sich Tom Andrew und Daniel Purrio als Schülerzeitungsredakteure auf der Gamescom 2019 mit Fachleuten unterhalten und interessante Gespräche geführt.

Gamescom TEXT: TOM ANDREW

FOTOS: DANIEL PURRIO

PROJEKT ‚MEDIENSCOUTS‘:

INGA HILDEBRAND, SASCHA NICOLAI

Es ist die größte Spielemesse weltweit, mit über 1.100 Ausstellern auf einer Fläche von 218.000 Quadratmetern: die gamescom. Seit der ersten gamescom im Jahr 2009 steigen die Besucherzahlen jährlich an. Was Aussteller und Besucher zur gamescom zieht, haben Tom Andrew und Daniel Purrio für den Standpunkt auf der gamescom2019 in Interviews mit Vertretern der Cherry GmbH, Corsair, Charles Games und SCS Software recherchiert. Neben der Ausstellung von Spielen und Konsolen wird das Thema Digitalisierung für Firmen immer relevanter. Das zeigt sich unter anderem auch in der Präsenz von Informationsständen zu Beruf und Karrieremöglichkeiten in der Branche. So bildet die bayrische Firma Cherry GmbH, die insbesondere durch „Cherry

MX“ Tastaturschalter bekannt ist, sowohl im kaufmännischen Bereich als auch in der Produktionstechnik aus. Diese Schalter werden unter anderem von der Firma Corsair in ihren Tastaturen verbaut. Die Produktpalette der 1994 gegründeten amerikanischen Firma Corsair umfasst diverse Bauteile von Computern, Kopfhörer und PC Zubehör wie Wasser-Kühlvorrichtungen. Mit Charles Games und SCS Software konnten die Standpunktredakteure mit zwei Softwareentwicklern über ihre Spiele sprechen. Charles Games präsentierte „Svoboda 1945“, den Nachfolger ihres preisgekrönten Spiels „Attentat 1942“, als Neu-

erscheinung auf der diesjährigen Messe. Vorlage und Thema des Spielkonzept von „Svoboda 1945“ sind die Ereignissen nach dem Rückzug der Nationalsozialisten aus der Tschechoslowakei am Ende des Zweiten Weltkriegs, die Vertreibung der Sudetendeutschen und der Aufstieg der Kommunisten zur Macht. Als pädagogisch wertvoll bezeichnet Charles Games ihr Videospiel, weil es ein Beitrag zur historischen Wissenswermittlung über das Medium Videospiel ist. Ihrer Ansicht nach ermöglicht „Svoboda 1945“ den Spielern Geschichte auf einer interaktiven Weise zu erfahren. Das Spiel soll Anfang 2020 erscheinen. Das Gespräch online auf www.standpunktonline.com


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Im Internet gibt es kein „sicher“, aber es gibt ein „sicherer“. Wie du mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung weitgehend verhindern kannst, dass Stalker, Betrüger oder die NSA mitlesen. Ob im 1:1-Chat mit Freunden oder beim Mailverkehr mit der Bank: Wer über das Internet kommuniziert, muss damit rechnen, dass jemand mitliest. Die Daten werden schließlich nicht direkt von Gerät zu Gerät verschickt, sondern über eine Reihe von zwischengeschalteten Servern, die vor Hackern oder Betrügern nur bedingt sicher sind. Auch so mancher Geheimdienst interessiert sich für die (politischen) Aktivitäten von Internet-Usern. Wie bei einem Fahrradschloss geht es bei Verschlüsselung darum, einen Angriff möglichst unattraktiv zu machen, indem man den Aufwand zum Knacken erhöht. Wer seine Unterhaltungen privat halten will, kann sich entweder aus dem Internet verabschieden – oder aber er versucht, sie zu verschlüsseln. Hier gibt es ganz verschiedene Wege. Gerade groß in der Diskussion: Die „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung“. Das Verfahren verwandelt Nachrichten in einen unverständlichen Datenwust, der sich nur schwer entziffern lässt – außer der Empfänger hat den passenden Schlüssel. Lange war die Umsetzung eine komplizierte Angelegenheit, in letzter Zeit aber wird die Verwendung einfacher – und damit die Chance größer, dass auch Otto Normaluser auf sichere Kommunikation umsteigen.

Bei alldem gilt: Kein System ist komplett vor Angriffen geschützt, es besteht immer ein Wettlauf zwischen Angreifern und Softwareentwicklern. Ist eine Software Open Source, ist also der Quellcode für die Öffentlichkeit einsehbar, können „gute“ Hacker und Softwareaktivisten Schwachstellen entdecken, bevor es andere tun, und diese melden – ansonsten muss man sich darauf verlassen, dass der Anbieter gut arbeitet. Es gibt also nicht „sicher“, aber es gibt „sicherer“. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Supercomputer einen bestimmten Datenwust entschlüsseln – sie probieren einfach Billionen von Schlüsseln aus. Wie bei einem Fahrradschloss geht es deshalb bei Verschlüsselung darum, einen Angriff möglichst unattraktiv zu machen, indem man den Aufwand zum Knacken erhöht. Wenn es viele verschlüsselte Inhalte gibt, wird irgendwann auch völlig unklar, hinter welchem Schloss intime Informationen oder nur Katzenbilder liegen.

T E X T : M I C H E L L E H O F F, L A R A MUND, JARON RIEDL


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Das Netz vergisst nichts, oder?

Fast 66 % unserer Mitschüler*innen fühlen sich im Internet sicher und brauchen laut eigener Aussage keine Unterstützung. Wir denken, dass die meisten die Gefahr unterschätzen. Michelle Hoff aus der Standpunktredaktion hat einige Tipps zusammengestellt, die man unbedingt beachten sollte. Tipp 1: Kostenlose Software ohne Upgrade-Möglichkeiten oder Bedingungen, Webseiten, die vor aufdringlicher Werbung nur so wimmeln, sind Warnsignale, bei denen Sie wachsam bleiben sollten. Tipp 2: Ein weiterer wichtiger Tipp wäre, Passwörter so oft wie es geht zu wechseln, um Häckern gar keine Möglichkeit zu geben an ihre persönlichen Daten zu kommen. Dazu sollte man unterschiedliche und auch schwierige Passwörter verwenden.

Tipp 3: Betrüger suchen nach Opfern, die unwissend ihre Daten weitergeben. Bei Apps oder Websites sollte man sich über alles informieren und wissen, wofür man diese Informationen überhaupt weitergibt. Tipp 4: Schützen Sie Ihre Rechner durch Firewalls und regelmäßige Updates. Tipp 5: Außerdem bewahren Sie Ihren guten Ruf im Internet und schützen Ihre Privatsphäre. Denn auch Chefs achten sehr auf Profile im Internet.


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Wem vertraut die Fakenews.

KO M M E N TA R : J A R O N R I E D L

Dieses Wort existiert schon länger, doch hat es erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Aber woran erkennt man Fakenews? Und wo bekommt man mit Sicherheit wahre Informationen her? Wer sich sicher sein möchte, der schaut Nachrichten im TV. Diese Quelle gilt als sicher und wird auch von den Schüler*innen unserer Schule als die beste Variante zum beschaffen von Nachrichten angesehen. Doch der Fernseher ist nicht das einzige Medium über das Informationen verbreitet werden…

Wie sieht es zum Beispiel mit YouTube aus? Es gibt niemanden auf YouTube, der kontrolliert, ob immer die Wahrheit veröffentlicht wird. Trotzdem entnehmen 13 % der Schülerinnen und Schüler an der GE Hardt ihre Nachrichten und Informationen über aktuelle Themen aus YouTube. Und das, obwohl die meisten Youtuber alleine und ohne Redaktion arbeiten. Zusätzlich äußern sie meist in

Zukunft? ihren Videos ihre persönliche Meinung zu einem Thema und haben somit auch eine meinungsbildende Wirkung auf ihre Zuschauer. Manchmal ist genau das erwünscht. Eine Person, die eine Meinung hat, der man sich entweder anschließen kann oder sich einer anderen Meinung bewusst ist.

keit suchen müssen, etwas Geld zu verdienen. Denn man braucht keine Zeitungen austragen, wenn sie keiner liest. Andererseits vertrauen ebensowenig Leute Instagram oder Snapchat. Dafür hören über 10 % unser Schülerrinnen und Schüler Radio und informieren sich so über aktuelle Ereignisse in der Welt.

So wird bei unseren Schülern auch die Meinung der Eltern hoch gehandelt. Immerhin 15 % unserer Schule vertrauen ihren Eltern, wenn es um die neusten Informationen zum Weltgeschehen geht. Gleichzeitig stirbt das Papier in der Nachrichtenbeschaffung aus. Nur 6 % lesen aktiv Zeitung und nur 2 % schenken den Magazinen Glauben. Wenn dies so weitergeht, werden sich die jungen Leute eine andere Möglich-

Am Ende kann nur jeder selbst wissen wem er vertraut. Denn heutzutage möchte Jeder seine Meinung zu etwas äußern und diese möglichst vielen mitteilen. Die einzige Möglichkeit, um Fakenews größtenteils auszuschließen, ist, sich immer mehrere Meinungen über verschiedene Medien einzuholen, um sich selbst ein Bild der Situation zu machen. Doch sind wir ehrlich, wer tut das schon? Das wäre ja aufwendig.


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Alle Welt nutzt YouTube.

Aber wie nutzt YouTube dich? Wie macht es deine Daten zu Geld?

Mehr als eine Milliarde Menschen nutzen YouTube, das entspricht rund einem Viertel der Internetnutzer weltweit. Auf der Videoplattform landen Ausschnitte aus Nachrichtensendungen, YouTube wird zum Streaming von Musik genutzt und ist beinahe identisch mit einem ganzen Netzformat, dem Video-Bloggen. Gerade für junge Leute sind YouTuber inzwischen oft interessanter als die Fernsehprominenz. YouTube ist kostenlos, das heißt, du bezahlst mit deiner Aufmerksamkeit und mit deinen Daten. Und YouTube ist ein Teil von Google, der größten Datenverwertungsmaschine im Netz. Mögen Google-Dienste wie YouTube, die Google-Suchmaschine oder der App-Marktplatz Google Play Store auch sehr unterschiedliche Angebote sein, für sie alle gibt es nur eine gemeinsame Datenschutzerklärung. Und die gilt eben auch für YouTube, egal ob du den Dienst

An YouTube führt im Netz kaum ein Weg vorbei. Welche Daten von dir erfasst YouTube? Was macht der Mutterkonzern Google damit, und wie kannst du deine Privatsphäre schützen? über die Webseite oder die App nutzt. In der Erklärung unterscheidet Google zwischen zwei Arten von Daten: „Daten, die Sie uns bei der Nutzung unserer Dienste bereitstellen“: Die fallen z. B. bei der Erstellung eines Google-Kontos an. „Daten, die wir bei der Nutzung unserer Dienste erheben“: Das sind Informationen, die Google automatisch abgreift, wenn du eine Google-Webseite (zum Beispiel youtube. com) aufrufst oder die YouTube-App nutzt. Indem der Konzern keine eigene Datenschutzerklärung für YouTube bereitstellt, verschweigt er, welche Daten er bei diesem Angebot konkret sammelt und auswertet. Ein Beispiel: In der Liste der Informationen, die Google automatisch abgreift, stehen etwa auch Telefonie-Daten wie die Telefonnummern und der Zeitpunkt von Anrufen. Warum, wann und bei welchen Anwendungen

Google diese Daten erfasst, ist nicht bekannt. Bekannt ist allerdings, dass dies nur auf mobilen Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android geschieht. Achtung: Daten über dich sammelt YouTube nicht nur, wenn du direkt auf der Webseite youtube.com oder in der YouTube-App bist. Viele andere Webseiten binden YouTube-Videos ein, was für Betreiber von Webseiten sehr bequem ist. Auch dann landen Daten über dich bei YouTube, wenn der Webseitenbetreiber nicht explizit auf eine datenschutzfreundliche Einbindung achtet. Welche Daten genau erfasst werden und was damit geschieht, lässt sich nicht herausfinden. Diese Datensammelei auf externen Webseiten funktioniert über Cookies. Das sind kleine Textdateien, die der Videodienst in deinem Browser anlegt, wenn du eine Webseite mit YouTube-Inhalten besuchst.


144 P R O J E K T ‚ C H I N A - A U S TA U S C H ‘ : TONJA SINDERHAUF

TEXT+FOTOS: NIKOLAS PROKSCH

China – Eindrücke aus einem Land zwischen Fortschritt und Aberglaube Die Reise nach China im Rahmen des Austauschprogramms mit der 15. Mittelschule in Peking ermöglichte jedoch nicht nur einen Blick in die Zukunft, auch über die chinesische Geschichte und über die chinesischen Traditionen konnte sich neues, vorher unbekanntes Wissen ansammeln.

Modern, gigantisch groß und beeindruckend waren vor allem die Megastädte Peking und Shanghai mit jeweils mehr als 20 Millionen Einwohnern und den Wolkenkratzern am „Bund“ in Shanghai, der bekannten Skyline mit dem zweithöchsten Gebäude der Welt und der höchsten Aussichtsplattform, von der man einen atemberaubenden Blick von oben über die Stadt und die anderen Wolkenkratzer genießen konnte. Die Chinesen folgen dem Zahn der Zeit, vor allem in Sachen Technologie. Auf den Straßen fahren Elektroautos, elektrische Motorroller und elektrisch angetriebene Busse (gefühlt ein deutlich höherer Anteil als hierzulande). Innovation und Forschung werden von der Regierung finanziell gefördert und Projekte schnellstmöglich beschleunigt und umgesetzt, die in Deutschland einen monate- oder jahrelangen Genehmigungsprozess durch die Behörden erfordern würden.


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ZurĂźck

aus der Zukunft.


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Insgesamt hat die Regierung über ziemlich viele Dinge die Kontrolle und möchte möglichst alles über jeden wissen. Bemerkbar wird das für Reisende bei dem Ausfüllen der Visa-Anträge, spätestens bei der Einreise, bei der man mit sämtlichen Überwachungskameras, Infrarotund Fingerabdruckscannern überprüft wird. Direkt erleben konnte die Reisegruppe den Einfluss der Regierung, als bei Ankunft in Shanghai, der dritten Station der Reise, kurzerhand das Hotel umgebucht wurde. Den Überwachungsstaat spürt man aber auch beim normalen Spazieren durch die Stadt, bei dem man auf Schritt und Tritt von Kameras und Sensoren überwacht wird, tote Winkel nahezu ausgeschlossen. Durch die große Einwohnerzahl hält die Regierung diese Maßnahmen für nötig, um die Sicherheit zu gewährleisten. Polizisten und andere Ordnungskräfte sind nahezu in jeder U-Bahn-Station oder jedem Bus und an vielen Straßenecken aufzufinden. Die Bewertung und Kategorisierung der Bevölkerung lässt sich vor allem im Bildungssystem erkennen, das komplett an Leistung orientiert ist. Freizeit ist für die chinesischen Schülerinnen und Schüler ein Fremdwort, morgens geht es bis abends in die Schule, danach Nachhilfeangebote und darauf folgen Hausaufgaben. Soziale Kontakte

pflegen und private Treffen ohne Anlass sind kaum verbreitet bei den chinesischen Schüler*innen. Wichtig ist in der chinesischen Kultur jedoch das Zusammensein beim gemeinsamen Essen. Alle sitzen möglichst gemeinsam an einem großen Tisch der gefüllt ist mit sämtlichen Schüsseln, an denen sich jeder bedient. Aber nicht nur über das heutige Leben der Chinesen konnte man etwas auf der Reise erfahren, auch über die Geschichte gab es einiges zu lernen. Beispielsweise beim Besuch des Sommerpalasts in Peking oder der Besichtigung der Terrakotta-Armee in der historischen Stadt Xi’an, die aus tausenden aus Ton gefertigten individuellen Soldaten besteht und das Grab des Kaisers bewachen sollen. In Xi’an befindet sich auch eine muslimisch geprägte Marktstraße mit Garküchen und kleinen Marktständen und eine Moschee, die im chinesischen Gartenbaustil errichtet wurde. Dort konnten wir auch erfahren, dass die Chinesen trotz der rasant fortschreitenden Entwicklung ein abergläubisches Volk sind, die allgegenwärtig präsenten Lampions, die an Häusern und in Bäumen hängen, sollen – genauso wie die teilweise erhöhten Türschwellen – böse Geister von den Menschen fernhalten.

Mehr über den Austausch online: bit.ly/2MJ4dZH


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TEXT: GASTBEITRAG

Q U E L L E : W W W. S H U T U P L E G S . D E I L L U S : I VA N A B A U M A N N FOTOS: RALF EGGEN

„Eco-Chic“ ist der urbane Trend für einen naturbewussten undnachhaltigen Lifestyle. Eco unterwegs: Vom Single Speed bis zum Ein-Gang-Fixie. Nostalgische Designs sind schwer im Trend; man denke nur an das entspannte Flair der sogenannten „Hollandräder“.


149 Fair-Trade-Kaffee und Jutebeutel sind nur zwei der Greenlife-Alternativen, die hippe Großstädter gerade für sich entdecken. Was außerdem auf keinen Fall fehlen darf, ist ein funktionales und vor allem trendiges Fahrrad. Eco unterwegs: Vom Single Speed bis zum Ein-Gang-Fixie. Nostalgische Designs sind schwer im Trend; man denke nur an das entspannte Flair der sogenannten „Hollandräder“.

Die Kurve kriegen.

Die sogenannten Fat-Bikes mit ihren dicken Reifen sehen nicht nur lässig aus. Sie schlucken dank geringem Luftdruck jede Unebenheit weg – und das bei bestem Grip. Doch nur, weil Fahrradfahren der neue Retro-Style ist, muss das Fahrrad noch lang nicht immer Vintage und Oldschool sein: Schlichte und moderne Modelle wie die wartungsarmen Urban-Bikes sind das Richtige für alle, die es auf ihren täglichen Wegen edel

und funktional mögen. Ob SecondHand-Teil oder Fairtrade-Designerstück aus ökologisch angebauter Baumwolle: Modisch darf auf dem Rad alles kombiniert werden. Hauptsache, der Look ist mindestens so individuell wie das Zweirad-Accessoire. Oder anders gesagt: Bye-bye, Funktionsklamotte! Damit das Styling zum Bike passt (und umgekehrt), hier ein paar Tipps für coole und fahrradtaugliche Outfits:

Stilideen für Rad & Radler DOs: Skinny Jeans, knielange Röcke und sämtliche Leggings-Kombinationen sind ideal. DON’Ts: lange Halsketten oder Schals, sehr weite Boyfriend-Jeans und rutschige Umhängetaschen, die sich nicht richtig verschließen lassen


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Der Drahtesel ist heute mehr als ein günstiges Fortbewegungsmittel. In den vergangenen zehn Jahren hat sich in deutschen Großstädten der Anteil der Radfahrer verdoppelt. Die Infrastruktur in den Städten ist damit jedoch überfordert.

Zum Oldschool- oder Fat-Bike passen außerdem authentische Retro-Trikots: Die farbenfrohen Stücke entsprechen Originaldesigns aus den 50er und 60er Jahren. Gewebt wird auf zeitgenössischen Maschinen und sogar der Materialmix mit Wollanteil ist ein echtes Vintage-Rezept.

Vom Transportmittel zum Kunstobjekt On the road ist das Fahrrad bei allem Stilbewusstsein natürlich auch Transportmittel: So werden Laptop und Großeinkauf ökologisch einwandfrei und vor allem pfeilschnell an jedem Stau vorbei befördert. Für die richtige Gepäcksicherung sorgen hier zum Beispiel die angesagten „musette bags“. Die stylischen Umhängetaschen nach dem Vorbild der Tour de France fassen je nach Größe von Kleinkram bis zu einem beachtlichen Getränkevorrat so einiges – und zwar ohne zu rutschen. Anders als bei der Tour de France werden die schicken Taschen getreu des Eco-Chic-Gedan-

kens natürlich nicht nach einmaligem Gebrauch entsorgt. Apropos Gebrauchsgegenstand: Echte Fahrradfans lassen ihr Bike nicht im Regen stehen. Die Fahrradwandhalterung ist daher ein absolutes Must-Have für jeden „mobile Urban“: Im Halter lässt sich das Rad bequem an der Wand fixieren. So wird der lebendige Outdoor-Lifestyle mit einem Handgriff zum individuellen Indoor-Kunstobjekt!

Umweltbewusst, schnell und unabhängig Kein Transportmittel lässt sich so einzigartig gestalten und so individuell nutzen wie das Fahrrad – schon gar nicht im urbanen Raum, wo sich die Massen in U-Bahnen und auf verstopften Überholspuren drängen. Auf zwei Rädern lösen sich Umweltbelastung, Stress und Fahrplanänderungen dagegen in pure Freiheit auf. Der Individualverkehr kann einen ganz erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Dabei ist das Fahrrad nicht nur 100 % klimafreundlich, sondern gesünder und mancherorts sogar schneller. Die Fahrradindustrie boomt – dank E-Bikes, Retrorädern und Designermodellen. Der Drahtesel ist heute mehr als ein günstiges Fortbewegungsmittel. In den vergangenen zehn Jahren hat sich in deutschen Großstädten der Anteil der Radfahrer verdoppelt. Die Infrastruktur in den Städten ist damit jedoch überfordert. Damit ihre Kinder sicher zur Schule kommen, setzen Eltern auch bei kurzen Distanzen oft noch auf das Elterntaxi. Das Fahrrad wird nicht immer als Alternative zum Auto wahrgenommen. „Zu gefährlich“, denken viele Eltern. Dabei sind sich die Expertinnen und Experten einig: Gerade die fehlende Erfahrung im Straßenverkehr ist einer der größten Risikofaktoren für Kinder und Jugendliche. Radfahren üben sollte daher ein zentraler Baustein in der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserziehung sein.


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Safety first beim Fahrradfahren

P R O J E K T ‚ FA H R R A D ‘ :

INGA HILDEBRAND

Damit ihre Kinder sicher zur Schule kommen, setzen Eltern auch bei kurzen Distanzen oft noch auf das Elterntaxi. Beim alljährlichen Fahrradprojekt der Gesamtschule Hardt erlernen die Fünftklässler*innen in einem praxisnahen Übungsprogramm, ihr Fahrrad in schwierigen Situationen zu beherrschen und sich an wichtige sicherheitsrelevante Verhaltensweisen zu gewöhnen. Am Ende des Tages haben sie sogar eine schulische Radfahrprüfung absolviert. Unterstützung beim Projektes findet die Schule durch Bernhard Cremer von der Polizei Mönchengladbach und der ADAC Nordrhein e.V., Abteilung Verkehr und Umwelt.

Für die meisten Schülerinnen und Schüler ist das Fahrrad das wichtigste Verkehrsmittel, mit dem sie im immer dichter werdenden Straßenverkehr zurechtkommen müssen. Dies setzt voraus, dass sie die Regeln kennen und sicher mit dem Fahrrad umgehen. Impressionen online: bit.ly/2HwPPQ6


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Urban skater

I N T E R V I E W M I T N I K L A S B O LT E N ,

DR. HANS-PETER MERCKENS

Wie kamt ihr auf die Idee des Projektes und wie ist eure Planung und Umsetzung abgelaufen? Merckens: Zunächst einmal waren wir auf der Suche nach passenden Projekten für unsere AG, die im im Zusammenhang mit Rasperry Pi, dem Einchipcomputer, welcher Laienprogrammierern den Einstieg in die Materie erleichtert, steht. Niklas hat mit YouTube sozusagen ein weiterführendes Projekt gestartet, was sich eben perfekt angeboten hat. Wir wollten definitiv auch an etwas arbeiten, das ein wenig aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Niklas: Ich bin online auf elektrische Skateboards gestoßen, bei denen der Pi unter den Skateboards der Computer war. Wir haben uns dann dafür entschieden, das, so gut es geht, nachzubauen und trotzdem unsere eigenen Ideen mit einfließen zu lassen. Merckens: Wir haben uns zudem nach Vorgängern umgeschaut. Es war eben interessant und wichtig zu wissen, wie die schon vorhanden Skateboards konstruiert worden sind. Auch wenn Niklas sehr technisch versiert ist, war eben ge

nau diese technische Umsetzung Neuland für uns. Was mit unseren Mitteln möglich war, haben wir dann umgesetzt. Niklas: YouTube Tutorials haben auch sehr geholfen. Durch sie haben wir uns die besten Teile raussuchen und unser gemeinsames Board bauen können. Eine Fernbedienung, welche Motor und Batterie miteinander verbindet und für die Steuerung sorgt. Merckens: …und dazu dann das passende Longboard. Wenn der Prototyp in Serie gehen würde, wer wäre der Nutzer? Niklas: Am besten Leute, die auch schon selber Longboard- oder Skateboardfahren und geübt sind. Auch schon auf dem Markt erhältliche Elektro-Longboards können aufgrund des Motors sehr schnell werden, da sollte man schon geübt sein, sonst ist es definitiv zu riskant. Besonders bei der Fahrt im Straßenverkehr, wozu ich bei E-Longboards generell abraten würde.


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Ist der Motor wie als Antriebshilfe wie bei einem Pedelec gedacht? Und wo liegen die Vorteile bei einem elektrischen Longboard? Niklas: Der Elektromotor ist hauptsächlich zum Entspannen da. Sobald er läuft, muss man selbst keinen Anschwung mehr nehmen, der Motor regelt das also von allein und kann mehr Leistung erbringen, als man es mit eigener Körperkraft schaffen würde. Da der Motor auch mit einer der Rollen verbunden ist, ist das Longboard somit nicht einmal dafür ausgelegt, dass man selber noch nachhilft. Der Motor soll die volle Leistung übernehmen. Also wenn wir das richtig verstehen, dann bietet einem das E-Longboard also eine längere Reichweite, weil man sich weniger verausgabt? Niklas: Das kommt jetzt auf die Akkus an. Einmal auf die Akkuleistung an sich, aber dann natürlich auch auf das Gewicht. Durch den Motor und die zwei Batterien kommt schon einiges an Gewicht dazu. Was bietet euch die letzte Phase im Entwicklungsprozess des E-Longsboards in der ihr euch gerade befindet? Merckens: Wir sind ja noch in der Aufbauphase. Zwar sind wir schon weit gekommen, aber manchmal scheitert es eben an Kleinigkeiten. Oftmals sind es Details, wie eine Mutter, die fehlt, die dann eben doch groß etwas ausmacht. Aber wie es in der Wissenschaft auch eben ist, probiert man auch im technischen Bereich immer wieder Dinge aus: manchmal führen Wege dann in eine Sackgasse und manchmal eben zum Erfolg. Auch wenn wir jetzt kurz davor stehen es in der Praxis auszutesten, der Prozess ist nicht abgeschlossen. Man kann immer schauen, ob man noch eine Modifikation an das Longboard baut, ob kosmetischer Natur wie eine Beleuchtungseinrichtung, oder das technischer Natur, wie Installieren einer Kamera. Da gibt es noch unzählige Möglichkeiten.

In Deutschland ist Mobilität der drittgrößte Verursacher von CO2, Klimaschützer fordern eine grüne Verkehrswende. Forschungsabteilungen und Hochschulen arbeiten mit Hochdruck an neuen Mobilitätskonzepten. An der Gesamtschule Hardt experimentieren ein Lehrer und ein Schüler an einem ganz besonderen „Projekt“.


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Buchillustration im Kunstunterricht

PROJEKT ‚WP-KUNST‘: DOROTHÉE VOLLMER

llustration ist eine angewandte Bilderstellung, die einen Kontext visuell an eine Zielgruppe übermittelt. Illustration hat also, ähnlich wie Design, immer eine Funktion und Aufgabe. Sie beeinflusst unsere Art der Information und Bildung, was wir lesen und wie wir überzeugt werden, zu handeln. Sie bietet Meinung und Stellungnahme. Sie unterhält uns und inspiriert. Illustration (v. lat. illustrare: „erleuchten, erklären“) hat die Aufgabe, Geschichten zu erzählen (Storytelling) und das ohne Worte/Buchstaben visuell zu kommunizieren oder aber auch zusätzlich zu Texten Inhalte zu verdeutlichen, zu erklären.


155 „Kreativität fängt mit dem Wort ANDERS an.“ Henri Matisse

Ideenskizzen – Notizen/Denken mit dem Stift – sind dem Illustrationsprojekt dem WP2 Kunstkurs der Stufe 9 zu selbstgeschriebenen Geschichten oder Lieblingsbüchern vorweg gegangen. Wunsch und Anspruch im Unterrichtsprojekt: Den eigenen, kreativen Stil zu finden, die individuelle, persönliche Handschrift zu entwickeln und kreative und künstlerische Ausdruckspotenziale zu entdecken.


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Der Machtkampf mit der Digitalisierung In den letzten 30 Jahren erleben wir eine Vielzahl an Veränderungen, bedingt durch schnelle technologische Entwicklungen. Kulturbetriebe sehen sich in der Situation, sich auf diesen Wandel anzupassen oder den Kontakt zu seinem Publikum zu verlieren.

Die Möglichkeiten sind weit gefächert. Kulturbetriebe werden gerade durch neue Plattformen und das Internet ihrem Standort enthoben. Bereits vor dem Besuch ist der Kontakt zum Besucher möglich. Von einer eigenen App, über die eigene Homepage bis hin zu Profilen auf den gängigen Social-Media-Plattformen. Die Möglichkeiten für eine stärkere Bindung an sein Publikum, sind groß. Partizipation ist der Schlüssel: Den Menschen reicht der bloße Besuch im Museum oder dem Theater nicht mehr, sie wollen in aktiv eingebunden sein. Was viele Museen durch eigene Apps mit Augmented Reality schaffen, ist am Theater bislang nicht angekommen. Zusatzinformationen zum Stück, dem Autor, dem Kreativteam oder den Schauspielern könnten dort für den Zuschauer aufbereitet werden. Auch jene Inhalte die Dramaturgen für Stückeinführungen, eine Matinee oder Soirée vorbereiten, könnte über eine eigene App aufbereitet werden und so dem Publikum zu Verfügung gestellt werden. Kulturbetriebe sind inzwischen auf einem guten Weg: Museen nutzen bereits

verstärkt VR und AR, bieten eigene Apps an und zeigen mehr und mehr Kunst, geschaffen durch und mit technischen Mitteln. Auch das Theater scheint inzwischen neue Trends erkannt zu haben, verglichen mit Museen gewinnt man jedoch den Eindruck, dass der Startschuss verschlafen wurde. Durch Projekte und Institutionen wie die Dortmunder „Akademie für Digitalität und Theater“ zeigen aber deutlich, dass der Handlungsbedarf erkannt wurde. Augmented Reality sorgt vor allem dafür, dass die autoritäre Stellung von Museen und einzelnen Ausstellungen bei der Kunst-Vermittlung nicht mehr anerkannt werden. Den Betrachter selbst verlangt es nach Mitgestaltung und teilhabe an der Rezeption von Kunst. Virtual und Augmented Reality machen sich die Neugierde der Museumsbesucher zu Eigen. Besonders die erweiterte Realität eröffnet dem Besucher neue Raumebenen. Partizipation am Museumsbesuch scheint der zentrale Moment zu sein. Museum investieren in neue Technologien, schaffen Apps und widmen sich

TEXT: KRISTINA HEINEN

FOTO: DOROTHÉE VOLLMER

Kristina Heinen, ehemalige Chefredakteurin des Schülermagazins Mittelpunkt, arbeitet derzeitig als Studentin der Literaturwissenschaft und Medienkultur in der Presseund Öffentlichkeitsarbeit eines großen Musical-Veranstalters. In ihrem Beitrag setzt sie sich mit dem Thema „Digitalisierung im Kulturbetrieb“ auseinander. Den ganzen Beitrag gibt es online.

einem erfolgreichen Internet und Social Media Auftritt. „Für das Museum bedeutet es eine große Chance, die Besucher dort abzuholen und bereits vor dem Besuch mit ihnen in Kontakt zu treten oder das Publikum gar in die Entstehung einer Ausstellung zu involvieren.“ Mehr und mehr Museen sehen die Chancen auf Veränderung und erkennen die Auslöser-Funktion auf innovative Entwicklungen durch die technologische Entfaltung des Museums. Dieser Blickwinkel fehlt vielen Theatern noch. Hier gewinnt man immer wieder den Eindruck, dass viele Theatermacher noch im 18. und 19. Jahrhundert feststecken. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich Kultureinrichtungen künftig im Spannungsfeld zwischen technischer Innovation und gesellschaftlichem Nutzen bewegen. Der Grundstein für den sinnvollen Einsatz neuer Technologien ist bereits gelegt und unterstützt Kulturelle Einrichtungen dabei, gegen ihren verstaubten Ruf anzukämpfen – denn der Ruf ist das eigentliche Problem kultureller Einrichtungen.


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Museen und Theater gefangen zwischen neuen Trends und Überforderung. „Droht diesen Institutionen der Untergang, gefördert durch den technischen Fortschritt?“


158 Minerva Cuevas ist davon überzeugt, dass jeder Mensch die Möglichkeit und die Kraft hat, durch sein Tun den Lauf der Dinge zu beeinflussen.

Zu MINERVA CUEVAS Minerva Cuevas untersucht in ihren Installationen und Interventionen die Rolle multinationaler Konzerne in der globalen Wirtschaft. Sie thematisiert den Verteilungskampf um natürlicher Ressourcen, kritisiert Besitzverhältnisse und Werte der neoliberalen kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Sie bedient sich dabei der Sprache von Werbung und Warenästhetik, setzt diese in neue Kontexte. Subtil verändert sie bekannte Markenidentitäten, manipuliert Namen wie Bilder und regt so, oftmals spielerisch subversiv, zum Widerstand gegen gesetzte gesellschaftliche und ökonomische Spielregeln an. In ihrer Arbeit beschäftigt sie zudem, welche Auswirkungen lokale Protestaktionen auf die Durchsetzung fairer Arbeitsbedingungen und gerechter Umverteilung von Kapital haben. Dafür untersucht sie Strategie und Machtstrukturen, die bestimmten wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen zugrunde liegen.

kunst der Stiftung Niedersachsen im Edith-Russ-Haus. Sie war 2003 Stipendiatin des Berliner Künstlerprogramms vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und 1998 des Banff Centre for Arts and Creativity in Kanada. Ihre Werke wurden international in Einzelausstellungen gezeigt. Sie hat an zahlreichen Gruppenausstellungen sowie Biennalen teilgenommen. Vita 1975 Mexiko-Stadt, Mexiko 1993-1997 Kunststudium an der Escuela Nacional de Artes Plásticas, Mexiko-Stadt

Ausführliche Informationen: http://www.kurimanzutto.com/ artists/minerva-cuevas

Zudem geht die Künstlerin immer wieder der Frage nach, welchen Bedingungen das Individuum in einem kapitalistischen System ausgesetzt ist, das von Missbrauch, Enteignung und Entfremdung von angestammter und kultureller Identität geprägt ist. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass gerade im Alltag latente Möglichkeiten von Auflehnung liegen. In ihrer Arbeit nutzt die Künstlerin verschiedene Medien wie Wandmalerei, Skulpturen, Video und Fotografie. Minerva Cuevas studierte Bildende Kunst an der Escuela Nacional de Artes Plásticas in Mexiko-Stadt. Im Jahr 2004 erhielt sie das Stipendium für Medien-

P R O J E K T ‚ A R T I S T ‘ S TA L K ‘ : U L R I K E L U A

M O D E R AT I O N : I VA N A B A U M A N N , S E Á N L E V E Y FOTOS: NIKOLAS PROKSCH, DANIEL PURRIO


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artist‘s talk Minerva Cuevas über ihre Kunst zum Thema Globalisierung, Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Wandel. Sechs Monate wird Minerva Cuevas an der Steinmetzstraße wohnen und arbeiten. Die Künstlerin ist die 31. Atelierstipendiatin der Stadt. Im Künstlergespräch an der Gesamtschule Hardt spricht sie mit Schüler*innen der EF über ihre Konzepte und künstlerische Motivation. Minerva Cuevas stellt im Forum der Gesamtschule Hardt im Rahmen eines artist‘s talk einen Querschnitt ihrer Arbeiten vor, um anschließend mit den Schüler*innen im Plenum zu diskutieren. Moderiert und vorbereitet wird das Gespräch durch die Standpunktredaktion. Die mexikanische Konzeptkünstlerin beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit Globalisierung, Nachhaltigkeit und gesellschaftlichem Wandel. In der Veranstaltung, die durch die Kunstlehrerin Ulrike Lua initiiert wurde, bietet Minerva Cuevas den Schüler*innen der EF die Möglichkeit, einer weltweit agierenden politischen Künstlerin quasi im eigenen Wohnzimmer zu begegnen. Was Minerva Cuevas macht, hat subversive Kraft und Witz, ist politisch durchaus brisant und doch neutral und ohne Vorwurf. So sagt sie in einer Videosequenz, die Recherche sei ihre künstlerische Arbeit. Tatsächlich aber findet sie – unter Verwendung und Verfremdung bekannter Marken und Logos – eingängige Bilder, die etwa ideelle Werte verkörpern.

So im Werk „egalité“ im Kleid des französischen Labels „evian“, bei dem Kapitalismus und Hunger („Feast and Famine“) einander gegenübergestellt werden, indem alle 3.6 Sekunden ein Tropfen flüssige Schokolade von der Decke tropft. Jeder Tropfen ein Hungertod.

„If there is a border, there could be a bridge.“

Auch die Unter-Wasser-Demo am Belize Barrier Riff vor Cancun gehört zu diesen Bildern. Minerva Cuevas ist davon überzeugt, dass jeder Mensch die Möglichkeit und die Kraft hat, durch sein Tun den Lauf der Dinge zu beeinflussen. Ihre Inhalte berühren daher nicht nur den Kunstunterricht, sondern auch die Inhalte der Fächer Geographie, Sozialwissenschaften, Politik oder Philosophie. Darüber hinaus bietet sie den Gesprächsteilnehmer*innen die Möglichkeit, ihre Fremdsprachenkenntnisse in einer authentischen Kommunikationssituation zu erproben. Lange bevor der amerikanische Präsident Donald Trump verkündete, er werde eine Mauer zu Mexiko bauen lassen, realisierte sie im Jahr 2010 „Crossing the Rio Bravo“. In einem fünfminütigen Video („Bridging Borders“ von 2017) sagt sie an einer Stelle „If there is a border, there could be a bridge.“ Diese Haltung ist es wert, kommuniziert und multipliziert zu werden.

Gespräch und Film online: bit.ly/2PlfZLU


160 Abstrakte Darstellung australischer Landschaft, Motivation: Aborigines seien in der Australischen Wirtschaft nicht integriert; die Regierung unterstütze Marken, welche Schuhe aus Känguruleder herstellten, daher das Skelett einer ausgestorbenen Känguruart.

Modifizierte Werbung eines Lebensmittelherstellers; Antwort auf den die guatemaltekische Regierung, welche Firmen erlaubte, wichtige natürliche Ressourcen für ihre Produkte zu nehmen.

Comic-Art: Zerstörung steht für die Wirtschaft Spaniens nach Zusammenbruch der größten Airline Spaniens.


161 Ein Schauspieler verkleidet als McDonald‘s Clown lädt in Frankreich Kunden in ein Restaurant der Fast Food Kette ein, informiert jedoch gleichzeitig über die Missstände der Qualität des Essens und der kritikwürdige Arbeitsmoral des Unternehmens. Bei der gleichen Aktion in Norwegen wird ein anderer Schauspieler festgenommen.

Modifikation des Logos des Schweizer Schokoladenherstellers „Toblerone“ zu „To rebel“, handgemalt.


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Impressum

standpunkt. Magazin für junge Denkkultur Ausgabe: 3. Erscheinung — 2019/20 Auflage 1.000 Redaktionsleitung (v.i.S.d.P.): Ivana Baumann Seán Levey Nikolas Proksch Dorothée Vollmer

Artdirektion Ivana Baumann Dorothée Vollmer

über standpunkt: standpunkt ist ein werbefreies Gesellschafts- und Kulturmagazin, das von unabhängigen jungen Kreativen und Schreibern ins Leben gerufen wurde, um eine Plattform für kulturellen und gesellschaftlichen Austausch in ihrer Generation zu schaffen.

standpunkt Magazin GE Hardt, Vossenbäumchen 50 41169 Mönchengladbach redaktion@standpunktonline.com

standpunkt vernetzt Beiträge eigener Autoren mit Gastbeiträgen von interessierten Schüler*innen, Student*innen und Lehrer*innen. standpunkt kennt keine Grenzen: keine regionalen, keine medialen. standpunkt arbeitet nicht gewinnorientiert und ist angewiesen auf die Unterstützung von Fördervereinen und Unternehmen.

ausgezeichnet von:

DER SPIEGEL DIE ZEIT Junge Presse Jugendpresse Deutschland BDZV RSGV www.standpunktonline.com

Gefördert durch: Förderverein der GE Hardt Produktionsmanagement durch: impress media GmbH Heinz-Nixdorf-Str. 21 41179 Mönchengladbach

Mitarbeit Tom Andrew Sven Heß Michelle Hoff Ruben Koens Fabienne Manhold Lara Mund Daniel Purrio Jaron Riedl Sarah Strauch

Herzlichen Dank René Amels Christian Berthoud Elisabeth Bräutigam Elvira Breuer Frank Breuer Anke Broch Minerva Cuevas Peggy Gennes Kristina Heinen Michael Inderfurth Christa Klinger Susanne Kölling Ingo Leimert Ulrike Lua Hans-Peter Merckens Sascha Nicolai Barbara Ostwald Sascha Pacht-Neukirchen Karin Peter Heike Schäfer Eva Sieweke Pauline Schrammen Irmgard Schröder Tonja Sinderhauf Nicole Tenten Paula Vollmer Andrea Witte


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W W W. S TA N D P U N K T O N L I N E . C O M


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