Bilder ihres Rennens Vor genau 30 Jahren feierte Carina Lilge-Leutner den ersten und lange Zeit einzigen Sieg einer Österreicherin beim Vienna City Marathon. Das Laufen liegt im Moment hinter ihr. Doch sie weiß, wie man kämpft. teXt_Andreas Maier // Foto_Lisa Maria Leutner
Dieses Aufbrausen und Schreien der Leute höre ich heute noch.
Foto// vcM
Bilder von früher, so aktuell: „Es gibt
2009 Andrea Mayr einen Sieg beim Vienna City Marathon – sie
Momente, die haben sich einfach einge-
ist nach wie vor eine der Kolleginnen aus dem Sport, mit denen
brannt. Der Wien Marathon 1987 war der
Carina freundschaftlichen Kontakt hat.
markanteste, einer der einprägsamsten Momente in meinem Leben. Das Einbie-
Carina Weber-Leutner, wie sie 1987 hieß, hat das Rennen mit
gen auf den Heldenplatz. Dieses Aufbrau-
Start am Rathausplatz sehr schnell begonnen. Die Halbmara-
sen und Schreien der Leute höre ich heute
thonmarke (im Donaupark – damals mussten die Läufer zweimal
noch. Da muss ich gar nicht die Augen
die Reichsbrücke überqueren) passierte sie schon nach 1:16 Stun-
zumachen dafür.“ Carina Lilge-Leutner
den. Heftiger Rückenwind in diesen Passagen machte ein solches
hat vor genau 30 Jahren, am 5. April
Tempo möglich. Nur die starke ungarische Läuferin Karolina
1987, den ersten und lange Zeit einzigen
Szabo konnte mithalten. In der Hauptallee ist die Konkurrentin
Sieg einer Österreicherin beim Vienna
aus dem Nachbarland jedoch ein paar Schritte zurückgefallen.
City Marathon gefeiert. Sie lief nach
„Da habe ich erstmals gedacht: Heute kann ich gewinnen.“ Die
2:40:57 Stunden als umjubelte Siegerin
langjährige österreichische Marathonrekordlerin (2:37:09 in
ins Ziel. Bei einem Treffen in einem Café
Chicago 1986) und vielfache Staatsmeisterin holte zudem in den
nahe ihrer Wohnung in Wien erzählt sie
Jahren 1986, 1988 und 1991 jeweils den dritten Platz beim Mara-
davon, als ob es gestern gewesen wäre:
thon in der Bundeshauptstadt.
„Wenn der Zahnarzt gesagt hat, ich soll an etwas Schönes denken, habe ich mir
Laufen, Triathlon, Berg. Der Sport füllte ihr Leben aus. Noch im
immer diesen Zieleinlauf vorgestellt.“ Als
Jahr 2010, im Alter von 50 Jahren, nahm sie an Berglauf-Europa-
einzige weitere Österreicherin schaffte
meisterschaften der Allgemeinen Klasse teil. Doch unvermittelt ist daraus eine Welt von früher geworden. „Ich kann nicht laufen. Ich kann gehen. Der Alltag ist anstrengend. Im Moment ist es ein anderes Leben für mich. Der Sport ist das Kapitel davor“, sagt sie. Denn ihre Gegenwart heißt seit gut einem Jahr Krebs.
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