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“Will we stay, or will we go?” – Um diese Frage dreht sich die vom Brexit dominierte britische Wirtschaft derzeit und sorgt für ökonomische Instabilität. Die Auswirkungen auf die Geschäfte sind (bisher) gering, aber wichtige Entscheidungen werden schon jetzt immer häufiger auf einen Zeitpunkt nach dem Referendum vertagt. Viele der Shops trifft außerdem der Online-Shopping-Trend: die Verkäufe im Netz stiegen im vergangenen Jahr um mehr als 12%, die Verkaufspreise in den Shops hingegen fielen um rund 2,5%. Die Umsatzwerte stiegen lediglich um 1,4% (Februar) im Vergleich zu einem Anstieg der Verkaufsmengen von 3,8%. Aufgrund der schwächelnden Wirtschaft im In- und Ausland ist weiter mit einer Abnahme der Ausgaben im Einzelhandel zu rechnen. Die gute Nachricht ist dafür, dass die Arbeitslosenzahlen weiterhin sinken und mit 5,2% seit Januar 2006 ihren Tiefstand laut ONS (Office for National Statistics) erreicht haben. Kommen wir zum Bordsport-Geschäft. Ein langgediegener Händler musste seinen Shop nach 34 Jahren schließen: Jon und Carol Dodsworth von Surf & Ski (Brighton) haben dicht gemacht – und sind damit nicht die einzigen. Jetzt bereisen sie die Welt und genießen hoffentlich einen langen, gesunden Ruhestand. Der Grund für die Schließung? Die Miete stand an, der Vermieter verlangte immer mehr Geld und das Geschäft war nicht länger rentabel. Jon, wie immer pragmatisch, erklärt: “Es waren 34 tolle Jahre, meistens, aber in den letzten paar Jahren wurde es wegen des Internetwachstums und der ständigen Rabatte immer härter.” Ein weiterer Core-Shop, der dran glauben musste. Ian Madden von Boardshop und Hardcloud zieht ebenfalls seine Schlüsse aus dem Softgoods-Markt, der für ihn nichts mehr hergibt. “Wir sind raus. Wir bieten keine Kleidung, Schuhe und Accessoires mehr an. Wir können keinen ausreichenden Gewinn machen, um das Geschäft fortzuführen.” Hardcloud wird weiterhin existieren, Ian hat den Shop “für nicht viel Geld” verkauft. Und wer ist für den Niedergang des Softgoods-Marktes verantwortlich? Für Ian ist klar: “Die großen Jungs, die Aktiengesellschaften, die dem Umsatz hinterher jagen. Damit das gelingt, müssen sie auf die riesigen Ketten setzen. Diese wiederum kümmern sich ebenfalls nur um den Umsatz und verkaufen das Zeug zu jedem Preis.” Ist das zukunftsfähig? Nein! Lautet die simple Antwort. Wir sehen das bereits an den größeren Brands, die selbst ums Überleben kämpfen. Die Rache dafür wird kommen, aber ob der Sooftgoods-Markt je wieder so richtig florieren wird, ist zweifelhaft. Bedauert Ian seine Entscheidung? “Auf keinen Fall. Es vergeht kein Tag, an dem ich mit meiner Entscheidung nicht zufrieden bin. Boardshop läuft gut und wir konzentrieren uns auf Hardgoods. Die Gewinnspanne mag kleiner sein, aber unser Engagement ist geringer und das Business kann stärker von einem Tag auf den anderen reagieren. Sehr viel schneller als bei den Softgoods. Ich bin froh, da raus zu sein.” Ein anderes Hardgoods-Urgestein ist Ben von Big Dreams. Ben ist bekannt für seine klare Meinung, die da lautet: sein Shop ist durch und durch ein Snowboardshop. Nicht mehr und nicht weniger. Doch auch das ist jetzt vorbei: “Ich gehe auf die dunkle Seite. Ich muss… Ich habe genug von den Leuten, die danach fragen. Ich glaube wirklich, dass mir nichts anderes übrig bleibt.” Und meint damit 72

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Skifahrer. “Ja, es ist an der Zeit, auch die Skifahrer hereinzulassen. Ab der nächsten Saison haben wir also auch Skier.” Ob das funktioniert? “Es muss – wir können nicht länger allein mit Snowboarden überleben und müssen pragmatisch sein. Das SkiBusiness wächst und Snowboarden nicht – für mich ist das eine klare Sache.” Sonst bleibt Ben seinen Überzeugungen aber treu. Dazu gehört auch, dass es keinen Online-Verkauf gibt. “Das gefällt mir nicht. Für uns funktioniert das nicht, also bleiben wir bei dem, was wir am besten können.” Shops verändern und erfinden sich also neu. Wie SS20, zum Beispiel: einer der am längsten etablierten Skate/Snow-Shops in Großbritannien. Das Geschäft erfindet sich als Kooperative neu und lädt jeden dazu ein, Mitglied zu werden. “Wir müssen uns neu erfinden und können nicht immer wieder das Gleiche tun. Das funktioniert nicht mehr,” erklärt Mon von SS20. Das Konzept ist sehr interessant und wenn sie es gut umsetzen, kann es durchaus ein Erfolg werden. Die Edinburgh Bicycle CoOp ist das beste Beispiel dafür, mittlerweile besitzt sie sechs Shops. Wir wünschen den Jungs von SS20 jedenfalls alles Gute und sind gespannt! Ben, Mon (und alle anderen Verkäufer, bei denen der Kundenkontakt im Geschäft und nicht im Internet stattfindet) finden vielleicht Trost in einem Bericht des britischen Wirtschaftsverbandes BRC, nach dem die Verkaufszahlen im Januar um 1,2% gestiegen sind – zum ersten Mal seit 2013. Insgesamt ist am Ende des Winters festzustellen, dass das Snowboard- und auch das Skigeschäft schlecht läuft, lediglich Skischuhe verkaufen sich gut. Interessant ist die Entwicklung, dass die Shops den Lieferanten/ Brands mehr Verantwortung zuschieben wollen, damit diese einen größeren Anteil am Risiko tragen. Das wird größeren Brands zugute kommen, für kleinere unabhängige Labels hingegen könnte das zum Problem werden. Sie können das ganz einfach nicht stemmen. Und wie steht’s mit dem Surf-Business? Diese Jahreszeit ist immer schwierig. “Es war ein langer Winter mit einem sehr unregelmäßigen Geschäft,” bedauert Paul von Zuma Jay. “In diesem Jahr waren die ruhigen Zeiten wirklich sehr ruhig, aber als das Wetter und die Surfbedingungen stimmten, kehrten auch die Kunden zurück. Nach den letzten beiden guten Wochen vergisst man schnell die Monate voller Nieselregen und On-Shore-Wind. Das ist also ein guter Start in den Frühling. Obwohl Ostern dieses Jahr früh ist und wir das typische Regenwetter an den Feiertagen hatten, kamen die Leute trotzdem her, um das Meer zu genießen.” Auf die Frage nach Kleidung antworte Paul: “Es ist nach wie vor hart und mittlerweile fraglich, ob wir weitermachen sollen, da es nicht besser wird. Die Leute scheinen an neuen Klamotten und Styles interessiert, aber das ist jetzt die Domäne des Internets und der Discount-Firmen. Ich musste lachen, als ich letztens einen Surf Shop in der Nähe mit einem großen Schild ‘Neue Frühjahrssaison 50% Rabatt’ sah.” Überlassen wir es ihnen einfach. Guter Tipp, Paul!

Gordon Way


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