schweiz
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Die Erfahrung von Silvia Caluori und Christine Spychiger zeigt, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund geringe Chancen haben, eine Lehrstelle zu finden.
Noor Hamzawi hat vor einer Woche bei der Bäckerei Sidler in Gisikon die Zusage für eine Lehre als Bäckerin erhalten. Die junge Frau mit dem offenen Blick und dem Kopftuch hatte ursprünglich andere Berufswünsche: «Ich wollte Floristin oder Tierpflegerin werden.» Doch die Betriebe wollten ihrer Kundschaft keine Stiftin mit Kopftuch zumuten. «Auf dem Land ist die Zeit wohl noch nicht reif für das Kopf tuch», meint Karin Amrein, die Noor bei der Lehrstellensuche gecoacht hat. «In der Backstube spielt das Kopftuch keine Rolle.» Karin Amrein ist Primarschullehrerin und arbeitet ehrenamtlich beim Coaching für Lehrstellensuchende des SAH Zentral schweiz mit. Sie hat sich seit dem letzten Oktober alle zwei Wochen mit der 17-Jäh rigen Sek.-C-Schülerin getroffen, deren Fa milie vor neun Jahren aus dem Irak in die Schweiz geflüchtet ist. «Meine Hauptaufga be war, Noor zu motivieren, die Lehrstel lensuche intensiver anzugehen», erinnert sich Karin Amrein. An jedem Treffen ver einbarten sie, was Noor bis zum nächsten Mal erledigen musste: Offene Lehr- und Schnupperstellen suchen, Bewerbungen schreiben. Auf Floristin und Tierpflegerin folgten Optikerin und Drucktechnologin. Als sich alles als unrealistisch herausstell te, schlug Noor Bäckerin vor. Ein pragma tischer Entscheid: «Als Bäckerin gab es noch am meisten freie Lehrstellen. Ausser dem habe ich meiner Mutter immer gerne beim Kochen geholfen.»
Über 50 Prozent Erfolgsquote Im Projekt «Coaching für Lehrstellensu chende» des SAH Zentralschweiz beglei
ten 14 Gotten und Göttis 14 Jugendliche bei der Lehrstellensuche. «Sechs Jugendli che haben eine Lehrstelle gefunden, zwei beginnen ein Jahrespraktikum und eine hat die Prüfung fürs Gymnasium bestan den», resümiert Silvia Caluori, die das Pro jekt zusammen mit Christine Spychiger im Oktober 2009 lanciert hat. Die Erfolgs quote kann sich bis Ende Sommer noch erhöhen. Die meisten, die bis dann nichts gefunden haben, werden an einem Brü ckenangebot teilnehmen und weiterhin von ihren Gotten und Göttis begleitet, da mit es nächstes Jahr klappt. Allerdings gab es auch ein paar Tandems, die sich nicht mehr getroffen haben, weil ihre Zu sammenarbeit nicht gut funktionierte.
Cartoon von ANNA
«Es gibt zu wenig Attestausbildungen für Jugendliche, die die Voraussetzungen für eine Lehre nicht mitbringen. Viele Ju gendliche resignieren, weil sie in ihrem Traumjob keine Chancen haben. Und bei gewissen Berufsfeldern – wie zum Bei spiel Kauffrau – haben Jugendliche mit Migrationshintergrund auch mit guten Noten in der Sek. A kaum Chancen», fasst Christine Spychiger die Probleme bei der Lehrstellensuche zusammen.
Sich nicht entmutigen lassen In der Backstube duftet es intensiv nach frisch gebackenem Brot. Neben einem Gestell mit Hunderten von Laiben stehen Schüsseln gross wie Bottiche mit