Bachelorarbeit
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Fehlanreize in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Diplomandin Flavia Gfeller Dozentin
In der Schweiz waren im Jahr 2012 rund 79 % aller Mütter
delle sowie zum Steuerabzug der Kinderfremdbetreu-
erwerbstätig, davon jedoch 77 % nur in einem Teilzeitpen-
ungskosten. Beim Verein Tagesfamilien Bezirk Affoltern
sum. Um die Erwerbstätigkeit und insbesondere das Er-
wird jedoch nur ein Teil der Empfehlungen umgesetzt. Be-
werbsvolumen von Müttern zu erhöhen, war ein Schwer-
rechnungen zeigen ausserdem, dass sich für Zweitverdie-
punktziel des Kantons Zürich in der Legislatur 2007 – 2011,
nerinnen, insbesondere für jene mit hohen Arbeitspensen,
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.
die Erhöhung der Arbeitszeit häufig nicht lohnt. Die Grün-
Dazu gehört, dass Arbeit sich für Mütter auch finanziell loh-
de liegen in der Begrenzung des Steuerabzugs für Kinder-
nen soll. Dies ist nicht immer der Fall, denn durch das Zu-
fremdbetreuungskosten sowie in den höheren Kinderbe-
sammenwirken von einkommensabhängigen Tarifmodellen
treuungskosten. Diese entstehen aufgrund des höheren
für familienergänzende Kinderbetreuung sowie Sozialleis-
Betreuungsbedarfs und der höheren Kosten pro Betreu-
tungen und Steuern können Fehlanreize entstehen.
ungstag.
Diese Arbeit untersucht am Beispiel des Tarifmodells des
Das Beispiel des Vereins Tagesfamilien Bezirk Affoltern
Vereins Tagesfamilien Bezirk Affoltern, ob im Kanton Zürich
zeigt, dass Fehlanreize in Bezug auf Vereinbarkeit von Fa-
Fehlanreize im Steuer- und Sozialleistungssystem in Bezug
milie und Beruf bestehen. Das Beispiel des Vereins stellt
auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestehen und wie
jedoch nur ein Tarifmodell von vielen im Kanton Zürich dar.
diese beseitigt werden können. Insbesondere wird geprüft,
Deshalb kann nicht abschliessend beurteilt werden, inwie-
ob sich für Zweitverdienerinnen mit Kindern die Erhöhung
fern Tarifmodelle im Allgemeinen den Empfehlungen aus
des Arbeitspensums lohnt.
der Literatur entsprechen. Es kann aber festgehalten werden, dass die Begrenzung des Steuerabzugs der Kinder-
Die Analyse von Fehlanreizen in Bezug auf Vereinbarkeit
fremdbetreuungskosten im gesamten Kanton Zürich
von Familie und Beruf erfolgt mittels Statistiken und Unter-
Fehlanreize begünstigt, vor allem bei höheren Arbeitspen-
suchungen aus der Schweiz. Anschliessend werden Emp-
sen und höherem Einkommen. Um Fehlanreize zu beseiti-
fehlungen aus der Literatur in Bezug auf das Tarif- und
gen müssen Gemeinden und Kinderbetreuungsinstitutio-
Steuersystem zusammengetragen und ein Theorie-Praxis-
nen die Tarifmodelle den Empfehlungen aus der Literatur
Vergleich mit dem Verein Tagesfamilien Bezirk Affoltern er-
anpassen. Die fachliche Unterstützung durch den Kanton
stellt. Zum Schluss wird mittels sechs Falltypen berechnet,
wäre dabei wünschenswert. Zudem sollte der Kanton die
ob für Zweitverdienerinnen Fehlanreize bei Erhöhung des
Steuerabzugshöchstgrenze aufheben oder erhöhen. Mit
Pensums bestehen.
diesen Massnahmen könnte der Grundsatz, «Arbeit soll sich lohnen» besser umgesetzt werden.
Um Fehlanreize in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu vermeiden, gibt es Empfehlungen zu den Bereichen öffentliche Finanzierung, Ausgestaltung der Tarifmo-
Economics and Politics
Dr. Iris Eliisa Rauskala