NEXT Year 2015 (deutsch)

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#NE XT YEAR ! 2015

RETHINK DIGITAL STRATEGY. HOW THE LATEST INNOVATIONS WILL SHAPE MARKETING IN 2015.



#iN HAL T

#iNTRO Vier Wege zum Erfolg. Wie Marken 2015 geführt werden. Seite 4

#COmmerce Herausforderung und Chance zugleich. Amazon und Apple stellen den Handel auf den Kopf. Seite 8

#CONNECTION

Alles ist verbunden, und Dinge lernen sprechen. Marken stiften neuen Nutzen durch das Internet of Things. Seite 16

#CAMPAIGN

#COnTENT

Daten sind der Schlüssel zum Erfolg. Wenn sie entschlüsselt werden. Seite 30

Der ideale Weg zu neuen Kunden. Marken transportieren ihre Inhalte selbst. Seite 24

#OUTRO Leadership Transformation. Die ­Digitalisierung ist in den Führungs­­etagen angekommen. Seite 34


#In TR O 01

05–07

N EX T Experienc e

T EXT NI LS WOLLNY


next E xperien c e

NEXT EXPERIENCE Schluss mit Marketingroutinen. Marken brauchen digitale Nutzererlebnisse mit Weitblick.

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# intro

sellschaft, auf einzelne Geschäftsmodelle und ganze Industrien. Diese Veränderung konfrontiert viele Unternehmen mit neuen Herausforderungen und eröffnet ihnen zuDie Digitalisierung schreitet fort und ver- gleich neue Chancen – unter einer Vorauswandelt alles. Sie nimmt Einfluss auf ­jeden setzung: der bedingungslosen Fokussie­rung einzelnen Menschen und die gesamte G ­ e-­ auf den Nutzer und seine Bedürfnisse.


next E xperien c e

NEXT GENERATION: Ich, alles, jetzt Gemeinsam mit dem rheingold institut hat SinnerSchrader in einer qualitativen Studie junge Menschen zwischen 6 und 29 Jahren zu ihrem digitalen Alltag befragt. Das zentrale Ergebnis lautet: Niemand aus dieser Altersgruppe kann sich ein Leben ohne das Smartphone und dessen Dienste vorstellen. Der intensive und virtuose Umgang mit digitalen Technologien ist normal. Statt zwischen „online“ und „offline“ wird eher zwischen „onscreen“ und „offscreen“ unterschieden – aber auch diese Grenze verschwimmt zusehends.

NEXT EXPERIENCE: Vier Elemente der digitalen Marke Die neuen Ansprüche der Nutzer verlangen eine Abkehr von etablierten Marketingroutinen, deutlicher und entschiedener denn je. Dies erfordert eine Unternehmenskultur, die sich in jeder Hinsicht an den Bedürfnissen und Interessen der Nutzer orientiert – unter einer Führung, die den digitalen Wandel aktiv gestaltet. Wesentliche Aufgabe ist es, digitale Nutzererlebnisse vorausschauend zu denken und ständig weiterzuentwickeln. Es geht um den Entwurf einer ganzheitlichen NEXT EXPERIENCE, die aus vier Elementen besteht: Commerce – Transaktionen von Waren und Dienstleistungen. Unternehmen wie Amazon haben das Kaufverhalten von Menschen in den vergangenen zwei Jahrzehnten massiv verändert. Die nächste Welle von Innovationen, die das Verhalten der Nutzer erneut revolutionieren werden, steht bevor: Mobile Payment, intelligente Logistik und Beacon-Technologie.

„Services wie UBER und NETFLIX machen es vor: Commerce wird mit Connection, Content und Campaign zu einem überlegenen Angebot verknüpft.“ NILS WOLLNY G E S C H Ä F T S F Ü H R E R S T R AT E G I E S I N N E R S C H R A D E R

# intro

Der täglich neuen Flut von Angeboten und Informationen begegnen junge Menschen mit einer durch und durch digitalen Geisteshaltung: schnellen Entscheidungen nach einer Like-Dislike-Logik. Sie lehnen alles ab, was keinen unmittelbaren Nutzen verspricht. Die Erwartungen an das digitale Erleben einer Marke orientieren sich an deren Nutzwert und dem Kriterium maximaler Einfachheit. Etablierte Player wie Apple, Google oder Facebook setzen die Standards in Sachen Funktionslogik, Anmutung und Design. Mit ihnen wird alles verglichen, was das digitale Parkett betritt. Um in diesem Kontext als Marke weiterhin wahrgenommen zu werden, muss der Fokus auf die Gestaltung digitaler Erlebnisse gelegt werden.

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next E xperien c e

NEXT AGENCY: Agentur für eine neue Zeit Die Entwicklung solcher überlegenen Angebote und die Begleitung ihrer Realisierung ist nur mit einer neuen Art von Agentur möglich: Einer Agentur, die Unternehmen dabei hilft, mit dem Tempo von Technik und Nutzern Schritt zu halten – weil sie es selbst tut. Einer Agentur, die das Verhalten von Menschen analysiert, durchdringt und in der Lage ist, es mit ihren Ideen zu verändern. Einer Agentur, die in ganzheitlich konzipierten, lebendigen Systemen denkt – Systemen, die darauf ausgelegt sind, zu wachsen und sich ständig zu wandeln. SinnerSchrader arbeitet an dieser Schnittstelle von Technologie, Mensch und Marke und entwickelt wertstiftende Produkte und Services, in deren Mittelpunkt der User steht und die hervorragend umgesetzt sind. Als Initiator der internationalen Konferenz NEXT prägen wir seit Jahren digitale Trends. Wir verbinden Kreation und Technik zu Lösungen, die unsere Kunden erfolgreich machen. Das ist unser Anspruch. Das macht uns zur NEXT AGENCY.

N ils W ollny

ist Geschäftsführer Strategie bei SinnerSchrader. Mit einer nutzerzentrierten Denk- und Arbeitsweise hilft er Unternehmen verschiedenster Branchen, die Themen Innovation und Digitalisierung voranzutreiben.

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# intro

Connection – Verknüpfung von physischer und virtueller Welt. Produkte wie Apple Watch oder Google Glass heben die Möglichkeiten der Wearables auf eine neue Stufe. Gleichzeitig bringen Technologien wie Beacons oder NFC neue Arten von Services hervor. Darüber hinaus werden mit dem privaten 3-D-Drucker neue Produktkategorien entstehen. Content – Inhalte, die für die Nutzer von hohem Interesse sind. Traditionelle Werbekampagnen lassen die NEXT GENERATION ratlos zurück. Zugleich reduzieren die Auktionsmodelle der Netzgiganten die Effektivität der eingesetzten Marketinggelder. Aggregatoren werden zu Gatekeepern für digitale Angebote. Für Marken wird es daher überlebenswichtig, eine Contentstrategie zu entwickeln, die den Usern einen echten Mehrwert bietet. Campaign – Kommunikation zwischen Marke und Mensch. Kampagnen unterliegen aktuell einer zweifachen Evolution: sowohl einer systemischen als auch einer inhaltlichen Wandlung. Dank neuer Technologien wird die Distribution von Kampagnen und Content effizienter, und zugleich können die Botschaften und Inhalte personalisiert oder in Echtzeit angepasst werden. Eine ganzheitlich gedachte NEXT EXPERIENCE kann diese vier Elemente zu einem neuen, überzeugenden Erlebnis verbinden. Services wie UBER und NETFLIX machen es vor: Commerce (Kauf einer Transportdienstleistung bzw. Unterhaltungsdienstleistung) wird mit Connection (Fahrzeugtracking via Smartphone bzw. deviceunabhängiger Distribution), Content (Liberalisierung des Transportwesens bzw. eigene Serien) und Campaign (Empfehlungsmarketing bzw. Social Media) zu einem überlegenen Angebot verknüpft.


#co mm erce 02

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Amazon challenge

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Mobile Payment

TEXT Olaf Kolbrüc k

T EXT M eike S chrei ber


Was die zunehmende Vormachtstellung von Amazon für Konsumenten und Werbetreibende bedeutet.

A M A Z O N Challenge

Amazon CHALLENGE

Als Amazon-Boss Jeff Bezos 2001 mit Freunden am Mount Rushmore einen Stopp einlegte, wurde er an der Sehenswürdigkeit von Touristen erkannt – allerdings nicht als der CEO des schon damals mächtigen Unternehmens, sondern als der Typ, der in einem gerade aktuellen USSpot von Taco Bell für Käsetortillas warb. Vielleicht hat Bezos seitdem ein gespaltenes Verhältnis zur Werbung. Jahrelang machte Amazon einen Bogen um TV-Spots.

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# c ommer c e

A


2012 bis 2017

E - C o m m e rc e w e lt w e i t

2.043*

38% 81% ONLINE

2.000 1.763*

IM L A DE N

1.500*

JA

1.248

N EI N

M O BI L E C O MME R C E 2 0 1 1   &   2 0 1 4

1.500 1.058

Anteil der Befragten, die mobile Geräte zum Einkauf im Internet verwenden

23%

2.345*

S T R E N GT S H O P P E N A N ?

57%

1.000

43%

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2 , 6 6 MIll i ar d e n 2 0 1 3

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*   P rogno s e

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Pa k e tau f ko m m e n i n D e ut s chlan d

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U m s ät z e i n M i ll i ar d e n u s - Dollar

A M A Z O N . co m N e tto U MSÄT ZE

1 , 6 9 MIll i ar d e n 2 0 0 0

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2007 bis 2014

3,0 20,6 Milliarden US-Dollar im 1. Quartal 2007

v on 2 0 0 0 BIS 2 0 1 3

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Milliarden US-Dollar im 3. Quartal 2014

Quellen: eMarketer (2), bevh, boniversum, BIEK, KE Consult, Amazon, DHL-Studie Einkaufen 4.0

KeiNE NUTZUNG NUTZUNG


„Unser gröSSter Mitbewerber im Bereich Internet­ suche ist Amazon.“ E ri c S c hmidt E xe c u tive Chairman G oogle

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A M A Z O N Challenge

die Kunden bleiben. Er zimmert einen digitalen Mischkonzern: deutlich subventionierte Kindles, Publishingprogramme für Autoren, eine Leihbücherei mit „All you can read“-Flatrate, Inhaltelieferant mit TV-Produktionen für seine Abspielstation „Instant Video“ und die eigene TV-Set-Top-Box „­Fire TV“. Auch der Kauf der „Washington Post“ passt ins Bild. Die Zeitung stärkt das Contentangebot für den Kindle. Der Kauf von „Twitch“, dem YouTube für Gamer, sorgt für weitere Inhalte und Verkaufshebel. Und dann ist da noch das eigene „Fire Phone“. Das ist bislang kein Verkaufsschlager. Muss es auch nicht sein. Für Bezos rechnet sich das Smartphone langfristig. Es hilft nicht nur, den Verkauf weiterer digitaler ­Inhalte anzustoßen, sondern ist vor allem ein großer Datensauger: Mit einem Knopfdruck löst der Nutzer das „Kauf bei uns“-Feature aus und kann so mit Kamera und Mikrofon aufgenommene Produkte, Musik und ­Videos bei Amazon erwerben. Das Handy macht damit die Welt zum Showroom. So setzt sich Amazon nicht nur ­direkt an den ­Beginn des Kaufprozesses, sondern macht in Teilen die Google-Suche überflüssig. Warum schließlich noch lange in die Suchmaske tippen, wenn man das per Foto ­erledigen kann? Hinzu kommt: Fotoaufnahmen über das Feature „Firefly“ speichert Amazon, um die Funktion seines Systems zu verbessern. So erfährt der Konzern über ­zusätzlich übermittelte GPS-Daten, Umgebungsgeräusche und weitere Metadaten mehr über den Nutzer: wo er einkauft, was er in seiner Freizeit tut, welche Interessen er jenseits der Konsumwelt hat und was er vielleicht bislang vor Amazon verborgen hat. Ein Beispiel: Sie machen mit dem ­Identifizierungswerkzeug Bilder von ihrem Nachwuchs. Amazon kann das für pass­ genaue Produktempfehlungen und wirksamere Werbung nutzen.

# c ommer c e

Bevor der Digitalriese dann doch für den Kindle-Reader TV-Werbezeit buchte, betrachtete Bezos klassische Werbung als Zeichen von Schwäche: „Werbung ist der Preis, den man dafür zahlt, ein unscheinbares Produkt anzubieten.“ Künftig lässt er die Werbeindustrie zahlen. Die hat vermutlich noch nicht ­ein­mal gemerkt, was ihr bevorsteht. Einer, der es verstanden hat, ist Eric Schmidt – Executive Chairman Google: „Unser größter Mit­bewerber im Bereich Internetsuche ist Amazon.“ Schließlich wird schon jetzt etwa jede dritte Produktsuche bei Amazon und nicht bei Google durchgeführt. Das bedeutet weniger Klicks und weniger AdWords-Dollars für Google. Doch es geht nicht ­allein um die Suche. Abgesehen von Eric Schmidt nimmt der Rest der Welt Amazon immer noch vor allem als Onlineverkaufsplattform wahr, als Beinahe-Monopolisten gar, der ohne Rücksicht auf Gewinn weitere Marktanteile erzwingen will. Durchaus zu Recht: Fast jedes zweite E-Book in Deutschland wird nach Schätzungen bei Amazon gekauft. Im gesamten Buchmarkt – auch dies ist nur Kaffeesatzleserei – hat Amazon mehr als 40 Prozent Marktanteil. Der Gesamtumsatz mit Büchern, Musik, Elektronik und Mode lag 2013 in Deutschland bei 7,7 Milliarden Euro. Rund jeder vierte Euro im deutschen E-Commerce landet bei Amazon. Und Bezos tut alles, damit


A M A Z O N Challenge # c ommer c e

und seiner Reichweite tolle Conversion ­Rates erreichen kann, sondern jeder Klick verfeinert auch das Wissen von Amazon, um die eigenen Produkte, Inhalte und Services zu verbessern. Der Umgang des Onlineriesen mit seinen Partnern kann da lehrreich sein: Wenn die Daten melden, dass sich ein neues Produkt im Marktplatz eines Händlers besonders gut verkauft, soll Amazon gerne selbst in den Direktverkauf einsteigen – und unterbietet alle anderen Preise. Wenn sich ein Konsumgüterhersteller an zweistellige Umsatzanteile bei Amazon gewöhnt hat, zieht Amazon die Schraube für Rabatte und Konditionen knallhart an. Das bekommen gerade die Buchverlage zu spüren. Verkaufshemmnisse inklusive. Amazon ist nämlich vor allem an niedrigen Preisen interessiert. Da kommt die Quersubventionierung über die Werbegelder der Konsumgüterhersteller und Händler gerade recht. Wegezoll, der dann eines Tages zulasten eben dieser Marken gehen könnte, wenn Amazon mit Marketingeinnahmen Kampfpreise stützt, beispielsweise um Eigenmarken gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Oder um Händler im Marktplatz zu unterbieten. Amazon kann immer günstiger sein: Es spart schließlich die Amazon-Gebühr.

H ow to deal with amazon

# Reizen Sie Darstellungsoptionen wie Produktbeschreibung, Produkt­ bilder, Videos aus. # Nutzen Sie Werbepakete von Amazon wie den Brandstore zur Ergänzung eigener Kanäle. # Bieten Sie auf Amazon nur Teilsortimente an. # Stärken bzw. diversifizieren Sie ­andere Vertriebskanäle. # Vertreiben Sie Private Labels und neue Produkte zunächst nur über eigene Kanäle.

Während Google also den Werbeunternehmen gerade einmal sagen kann, was Nutzer suchen und klicken, kann Amazon ihnen sagen, was sie tatsächlich kaufen, wo und wie oft sie es tun und – mit einem immer genaueren Blick auf die Customer Journey – auch, warum sie es tun. Ein Konkurrent ist Amazon für Schmidt erst recht, seitdem dem Konzern unterstellt wird, sich selbst um mehr Werbegelder bemühen zu wollen und dafür seine Datengoldmine zu nutzen. Amazon will wohl schon 2015 ein eigenes Display-Advertising-Network starten und Anzeigenplätze ähnlich wie AdWords vermitteln. Zunächst sollen die Anzeigen auf der eigenen Website zu sehen sein, später auch bei anderen Publishern. Amazon tritt damit in direkte Konkurrenz zu Google. Nur zu Google? Das Targeting-Eldorado tangiert ebenso Marketer, Technologieanbieter und Agenturen. Wenn Amazon mit seinem eigenen Personalisierungsalgorithmus und seiner Datenmacht hausieren geht, macht es diese Dienstleister ein Stück weit überflüssig. Es geht aber nicht nur darum, dass Amazon mit seinen Daten

O laf Kol b rü c k

leitet das von ihm gegründete E-Commerce-Fachportal etailment.de und ist Autor des Fachbuchs „Erfolgs­ faktor ­Online-Marketing“. Von 2000 bis 2013 war er beim Fachmagazin „Horizont“ als Reporter verantwortlich für die Themengebiete Internet und E-Business.

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Wie das Smartphone den Zahlungsverkehr revolutioniert.

mo b ile payment

Mobile Payment

A

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# c ommer c e

Als Apple-Chef Tim Cook im Herbst 2014 das ­iPhone 6 vorstellte, sorgte vor allem ein neues Feature für lebhafte Debatten auch unter den deutschen Aficionados der Marke: die mobile Zahlungsfunktion „Apple Pay“. Unbescheiden kündigte Cook an: „Apple Pay wird die Art, wie wir einkaufen und bezahlen, für immer verändern.“ Dies wird sich noch erweisen müssen. Erst seit Herbst 2014 können Besitzer des iPhone 6 damit zahlen, und das bisher ­ nur an 220.000 Kontaktpunkten in den USA. Hilfsmittel ist die Technik Near Field ­Communications (NFC). Sie überträgt per ­Radiosignal Daten vom Handy auf eine Station. Identifizieren müssen sich Nutzer zur ­Sicherheit per Fingerabdruck. In Europa – wo die NFC-Technologie weiter verbreitet ist als in den USA – ist der Dienst für ­iPhone-Nutzer vermutlich ab 2015 verfügbar, in den USA dann bald auch für Träger der Apple Watch. Fest steht: Bezahlen wird einfacher. ­Eine neue technische Revolution steht vor der Tür. Bereits mit der Einführung von


mo b ile payment

Einsatz von Kredit- und Debitkarten, vor allem bei elektronischen und mobilen Zahlungsvorgängen“, wie es im aktuellen Payment-Report der Beratungsgesellschaft Capgemini heißt. Selbst im Scheine- und Münzen­mekka Deutschland zahlen wahrscheinlich bald sehr viel mehr Menschen unbar. Die Wirtschaftsprüfungs- und Be­ra­tungs­ge­sell­ schaft PwC schätzt, dass in Deutschland aktuell 176.000 Endverbraucher m ­ obil ­bezahlen, es 2020 aber 11 Millionen sein werden. Vorreiter ist Apple gleichwohl nicht. Zahlreiche Start-ups, Banken und Mobilfunkunternehmen bieten bereits MobilePayment-Konzepte an. Und auch die Ebay-Tochter PayPal testet in Deutschland gerade eine App zum mobilen Bezahlen. Durchgesetzt hat sich bislang aber noch kein Verfahren. Erst 40.000 der mehr als 740.000 Bezahlterminals in Deutschland können derzeit mit Mobilfunkgeräten oder speziellen Karten kommunizieren. Doch das kann sich ändern: So hat MasterCard kürzlich alle deutschen Einzelhandelspartner verpflichtet, ihre Terminals

i­Tunes hat Apple bewiesen, dass sich das Einkaufsverhalten der Menschen radikal verändern lässt. Pro Apple-Pay-Transaktion im Wert von 100 Dollar kassieren die Amerikaner 15 Cent Gebühr von den beteiligten Banken und Kartenanbietern. Damit ist Apple nach eigenem Bekunden günstiger als andere Zahlungssysteme. „Bis dato hat sich keine der Technologien im Massenmarkt durchsetzen können. Der jüngste Vorstoß von Apple mit diversen Kreditkartenanbietern könnte dies jedoch mittelfristig ändern“, schreibt die Deutsche Bank in einer Studie über die FinTech-Branche. Die Entwicklung ist eindeutig: 2013 stieg das globale Volumen bargeldloser Zahlungen gegenüber 2012 um 9,4 Prozent auf 366 Milliarden Transaktionen – „durch das starke Wachstum in aufstrebenden Märkten s­ owie den zunehmenden

jährli cher A nstieg mo biler

shops, die b is 2018

Z ahlungsvorgänge von 2 0 11 b is 2 0 15

auf mo bile payment u mstellen

+60 %

14

81 %

2015

Quelle: EHI RETAIL INSTITUTE

# c ommer c e

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­Apple Pay auf Kaufentscheidungen auswirkt. Die Chancen liegen vor allem in Apples Passbook-App für Loyalitätspro­ gramme, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Zahlungssystem verbunden wird. Marketingentscheider sollten daher dafür sorgen, dass Nutzer ihre Bonusprogramme oder Produktgutscheine unkompliziert in der App ablegen können. Diese könnte dann dem Kunden melden, wie viele Punkte sein aktueller Einkauf bringt, oder das aktuell zu erwerbende Produkt automatisch mit dem passenden Gutschein bezahlen. Anneke Neuhaus, Marketingexpertin von der Frankfurt University of Applied ­Sciences, sagt: „Marketingentscheider sollten sich zudem fragen, welche Vorteile die Kunden daraus ziehen könnten. Zum ­Beispiel könnten via Smartphone weitere ­Informationen zu dem Produkt angeboten werden. Warum bei hochwertigen Produkten nicht ein Erklärvideo oder alternative Modelle in anderen Preiskategorien an­ bieten? Der Kunde kann sich informieren und bei Nutzung der Zahlungsfunktion eine ­Rabattregelung oder Bonuspunkte in Anspruch nehmen.“ Hersteller könnten Kaufentscheidungen außerdem besser verstehen und dies für Produktentwicklungen oder Kommunikation nutzen. „Die Chance zur Interaktion mit dem Kunden kann zu ­einer Verdrängung, aber auch zu einem echten Win-win führen“, sagt Neuhaus.

John Collison C E O des payment- start- u ps S tripe

bis spätestens 2018 auf die NFC-Technologie umzustellen. Laut einer Umfrage des EHI Retail Institute unter 55 deutschen ­Einzelhandelsunternehmen mit insgesamt 58.300 Filialen wollen 81 Prozent ihre Kassensysteme aufrüsten. Und die Banken, deren Kerngeschäft ja immerhin auch der Zahlungsverkehr ist? Sie sind erleichtert, dass Apple nach wie vor mit ihnen kooperiert. So haben zum Beispiel die deutschen Sparkassen bereits verkündet, dass sie mit Apple zusammenarbeiten wollen. Denn abgeschlossen ist eine Zahlung auch weiterhin erst dann, wenn das Bankkonto des Kunden belastet wird. „Die Kuchenstücke sind also noch nicht verteilt“, so die Deutsche Bank in i­hrer FinTech-Studie. Kampflos werden die Geldhäuser die Provisionen, die im Zahlungsverkehr anfallen, jedenfalls nicht aufgeben. Warum auch – in der gegenwärtigen Versuchsphase hätten die klassischen ­ Finanzdienstleister die Chance, an der Entwicklung moderner digitaler Zahlungsverkehrslösungen mitzuwirken, glauben die Experten der Deutschen Bank. Auch in den Marketingabteilungen – vor allem der Konsumgüterhersteller – grübeln die Fachleute weltweit, wie sich

mo b ile payment

„In der Regel bezahlen wir das meiste noch offline, doch das wird sich schnell ändern. Schon bald werden alle unsere Zahlungen online passieren.“

ist Journalistin in Frankfurt am Main und berichtet seit vielen Jahren über die Bankenbranche. Mit Heinz-Roger Dohms unterhält sie das Journalistenbüro Schreiber-Dohms. Die beiden schreiben unter anderem für „Capital“, „manager magazin online“ und „DIE ZEIT“.

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# c ommer c e

M eike s c hrei b er


#co nn ect ion 03

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Internet of things

Beacons

TEXT P eter Bihr

text A xel Averd u ng

M obile connections

TEXT L au rent Bu rdin


internet of things

INTERNET OF THINGS

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# c onne c tion

Verbindungen f체r neue Gesch채ftsfelder.


internet of things

Das Internet der Dinge erlaubt einen ­ esonderen Dialog mit den Kunden. Intel­ b ligentes Sammeln und Analysieren von Daten ermöglicht die Entwicklung von ­ Diensten, die für Konsumenten wie Marketer gleichermaßen nützlich sind. Insbesondere zwei Bereiche versprechen agilen Vorreitern im Markt riesige Möglichkeiten: Wearables – also im wört­ lichen Sinne tragbare Technologien – und das vernetzte Automobil. Für den Erfolg muss jedoch der Drahtseilakt zwischen ­einem Mehrwert für den Nutzer und dessen Angst vor Datenkraken gelingen.

W

# c onne c tion

Was würden Alltagsgegenstände sagen, wenn sie sprechen könnten? Um genau diese Frage geht es, wenn wir die Möglichkeiten erkunden wollen die das Internet der Dinge ( oder kurz „IoT“ für „Internet of Things“ ) bietet. Das Internet der Dinge verbindet physische Objekte – TV-Geräte, Container, Armbänder, Kaffeemaschinen, Autos, Thermostate – zu einer digital vernetzten Welt, gespickt mit Sensoren und im ständigen Datenaustausch zwischen Menschen und Maschinen. IoT ist einer der einflussreichsten Technologietrends seit dem Beginn des Konsumenteninternets. Wie aber lässt sich IoT im Marketingkontext nutzen?

Wunderbare Wearables Was passiert, wenn Sie eine Smartwatch um Ihr Handgelenk legen oder einen Fit­ ness­tracker in die Hosentasche stecken? Sie lassen einen mit Sensoren und Internetverbindung ausgestatteten Computer in Ihr Leben. Die meisten von uns denken ­darüber kaum nach, da wir mit unseren Smartphones ohnehin einen vernetzten Computer bei uns tragen. Dank immer kleinerer Sensoren und Chips entwickeln sich auch die Wearables ständig weiter. Anstatt sperriger Smartwatches werden immer schickere Accessoires produziert. Auch Schmuck und M ­ ode sind zunehmend vernetzt. Ein Ring, der Sie Verbindung und Verbundenheit In den letzten Jahren wurde mit dem In- subtil informiert, dass Ihr Partner eine SMS ternet der Dinge auf sehr kreative Weise gesendet hat? Gibt es schon – vom New ­experimentiert. Die bekannteren Beispie- Yorker Start-up Ringly. T-Shirts und Sportle stammen dabei aus Werbekampagnen. BHs, die die Herzfrequenz messen? Die So baute Budweiser ein viel beachtetes ­Firma Sensil aus San Francisco entwickelt ­Gadget: eine Warnleuchte, die Eishockey-­ genau dies. Was jetzt noch nach Gadgets für Early Ergebnisse online mitliest. Hat das Lieblingsteam ein Tor erzielt, blinkt die Lampe Adopters klingen mag, wird in wenigen rot auf, begleitet von einem lauten Hupen. Jahren zum Alltag gehören. Die Chance Auf charmante Art kann die Marke über ein liegt darin, Dienste so zu gestalten, dass stark emotional aufgeladenes Thema so sie für die Nutzer attraktiv und nützlich spielerisch mit Fans in Dialog treten. Hun- sind. Damit werden sie Teil ihres Alltags derte Hockeyanhänger kauften diese Lam- und gehen eine echte Verbindung mit den pen, die seither in ihren Wohnzimmern Kunden ein. lautstark Bierwerbung machen. Eine clevere Werbeidee – und dennoch kratzt sie erst an der Oberfläche des Machbaren.

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Der bessere Beifahrer Zusammen mit unseren Daten bewegen sich auch Autos in die Cloud oder genauer: Die Datenwolke bewegt sich in den Wagen hinein. Mit ihrer permanenten Internetverbindung wachsen Autos – sei es nun das eigene oder ein mit anderen geteiltes – über ihren Charakter als bloßes Transportmittel hinaus. Sie entwickeln sich zu einem weiteren Medium, einem neuen Interface. Durch die Kombination von Navigationsdaten (Wo befinden Sie sich und wo wollen Sie hin?), Plänen (Ihr Kalender weiß, wohin Sie mit wem und warum gehen!) und externen Faktoren wie Wetter, Verkehr oder Veranstaltungsinformationen entsteht ein wahrer Datenschatz, den es zu bergen gilt. Auf dieser Grundlage lassen sich wunderbare kontextbezogene Services entwickeln, die von aufmerksamen Erinnerungen bis zu komplexen Angeboten reichen können. Zwei Beispiele:

internet of things

Der Schlüssel: Die Achtung der Privatsphäre. Der Schüssel zum Erfolg ist, wie so oft, das richtige Maß. Das Internet der Dinge bietet so viele Gelegenheiten, Daten zu sammeln, dass Unternehmen leicht die Sammelwut packen kann. Konsumenten sind jedoch hochsensibel, was das Speichern ihrer ­Daten für ihre Privatsphäre angeht – insbesondere in Deutschland. Sie werden jene Unternehmen belohnen, die die richtige Balance finden mit einem Marketing, das ihnen klaren Nutzen bietet und gleichzeitig ihre Privatsphäre respektiert. Wem das gelingt, den werden Konsumenten in ihr Leben lassen. Davon können beide Seiten nur profitieren.

peter b ihr

ist Gründer und Geschäftsführer der The Waving Cat GmbH. Er analysiert die Auswirkungen neuer Technologien und vermittelt durch Beratung und auf Konferenzen die Erkenntnisse führender Innovatoren. Peter Bihr hat eine Reihe erfolgreicher Konferenzen wie die ThingsCon ins Leben gerufen und ist seit mehreren Jahren Programmdirektor der NEXT Berlin.

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# c onne c tion

Crowdshaping Dank neuer Technologien können Menschen mit ihren Bioreaktionen künftig direkten Einfluss auf die physische Welt nehmen. Das Armband Lightwave etwa kann körperliche Aktivität und Energie­level des Trägers messen. Erfunden hat es die Entwicklerin Rana June, um ihrer Arbeit als DJ eine neue Dimension zu verleihen. Bei ihren Konzerten passt sie Musik und Artwork den (Körper-)Reaktionen des Publikums an und zeigt beispielsweise die Namen der wildesten Tänzer auf einer interaktiven Leinwand. Man stelle sich diese Innovation nur einmal im Marketingkontext vor: TV-Anzeigen, die in Echtzeit auf die Emotionen des Publikums reagieren, oder Sonderangebote, die sich im Geschäft dem Energielevel der Shoppingcrowd anpassen.

• Erinnerung: „Ihr Kühlschrank sagt, dass Sie noch Milch benötigen. Diese ist im ­Supermarkt an der nächsten Straßenecke im Angebot. Soll ich einen Zwischenstopp einkalkulieren?“ • Empfehlung: „Laut Verkehrsmeldungen benötigen wir für die Strecke 28 Minuten. Soll ich in der Zwischenzeit ein paar Kapitel Ihres aktuellen Hörbuchs abspielen?“


b ea c ons

BEACONS Unsichtbare Schlüssel zu neuen Services.

S „Software Is Eating The World“ erklärte der Unternehmer, Investor und Entwickler Marc Andreessen 2011 in einem Essay. Wie das, fragt man sich, besteht doch die physische Welt immer noch überwiegend aus Atomen, auch wenn Bits und damit die digitale Sphäre stetig an Bedeutung gewinnen. Beacons sind ein Teil der Antwort. Sie verbinden die physische Welt mit der digitalen. Beacons sind nichts anderes als kleine Sender mit geringem Energieverbrauch und begrenzter, lokaler Reichweite. Mobiltelefone zum Beispiel können die Signale empfangen und darauf reagieren. Dank Beacons weiß eine App, wo sich der Nutzer gerade befindet, und kann ihm so ein dem Kontext angepasstes Nutzerer-

lebnis bieten. Zu den ersten Anwendern gehört der Einzelhandel – kein Wunder, hat doch Apple selbst seine Stores frühzeitig mit Beacons ausgestattet und die AppleStore-App entsprechend aufgerüstet. Doch die Möglichkeiten gehen weit über den Retailbereich hinaus. Interaktive Museumsführer interagieren via Beacons mit dem Besucher und erklären ihm die Ausstellung. In den USA erhalten Fans im Baseballstadion Hintergrundinfos zum ­aktuellen Spielverlauf. Der Schaffner in der Bahn signalisiert der Bahn-App mittels ­Beacon seine Anwesenheit, woraufhin die App auf dem Smartphone des Fahrgasts automatisch das digitale Ticket anzeigt. Ebenso können neue Interfaces realisiert werden. Statt des schwerfälligen Geld­automaten bedient der Bankkunde eine elegante App, die dank Beacon weiß, ­welcher Kunde am Automaten steht. Nach wenigen Eingaben zahlt das Gerät den ­ ­gewünschten Betrag aus. Das Potenzial für innovative Services ist schier unbegrenzt. Der Erfolg wird auch hier davon abhängen, ob zuerst an den Nutzer und seine Bedürfnisse gedacht wird und Content und Nutzererlebnis an Ort und Kontext angepasst sind. Es gilt, die ­Relevanzschwelle anzuheben, denn was für den Nutzer irrelevant ist, wird er ignorieren. Kreativität ist also gefragt. Mit B ­ eacons ist schließlich weit mehr möglich, als nur Sonderangebote zu pushen.

# c onne c tion

D r . A xel Averd u ng

ist Head of Strategy bei SinnerSchrader und entwickelt innovative, nutzen­ stiftende Lösungen für digitale Produkte und Services.

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mo b ile c onne c tions

Mobile cONNECTIONS Anbruch einer magischen Zeit.

Die Uhr an unserem Handgelenk, sie tickt nicht mehr. Stattdessen können wir mit ihr reden, Nachrichten lesen oder den Kaffee bezahlen. Im kommenden Jahr wird vermutlich jeder Early Adopter eine tragen, und alle können die Magie der Mobile Connections erleben: neue Technologien, neue Anwendungen und neue Kunden. Mit der Smartwatch und weiteren Innovationen bricht die Zeit der Connected Objects an. Wie wird sie aussehen, die Welt, in der alles mit allem verbunden ist? Und welche Konsequenzen hat das für die Mobile-Branche?

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# c onne c tion

D


mo b ile c onne c tions

V om M o b ile M arketing z u r Conne c tions - S trategie in 6 S c hritten Heute :

1. Deutlich mehr Ressourcen zur Pflege des Mobile-Portfolios (App und Web) einsetzen. 2. Den Aktivitätspegel zur Erzielung größerer Frequenzen und einer höheren Zahl von App-Downloads stark steigern. 3. Die vernachlässigten Mobile-­ Webportale verbessern.

# c onne c tion

Eine Lawine fegt durch die Branche Experten prognostizieren eine Verhundertfachung der Zahl verbundener Geräte innerhalb der kommenden fünf Jahre. Aus der Branche für Mobile wird eine Branche für Mobile Connections. Der Wandel wird alle betreffen: Entwickler, Start-ups, Agenturen, Mobile-Produktanbieter, Marketer und große Brands. Ein Blick nach Berlin, wo die Mobile-Branche in Deutschland besonders stark vertreten ist, zeigt, welches enorme Ausmaß die Umwälzung derzeit hat. Magie durch Technik Hinter dem Trend stehen drei technologische Treiber: die Geräte, die Verbindung und die Cloud. Die Gerätehersteller liefern alle paar Monate Neuheiten wie Mobile Payment oder smarte Objekte – mehr Speicher, mehr Leistung, mehr Bildschirm. Auch die Verbindungsalternativen werden vielfältiger: Mobilfunk, Wi-Fi, NFC, Bluetooth Low Energy, eigene Automobil-Verbindungssysteme wie CarPlay oder Android Auto. Dahinter stehen Clouddienste, die alle Daten sammeln und auswerten. Die Magie wird alltäglich! So können sich beispielsweise Kaffeeliebhaber via App mit der Espressomaschine im Coffeeshop verbinden, die dann den Lieblingskaffee aufbrüht. Automatisch wird der Cappuccino mit dem Smartphone dann auch gleich bezahlt. A ­ lles bereits Realität bei TopBrewer in Kopen­ hagen. Verblüffend einfach für den Nutzer und extrem zeitsparend für den Coffeeshop.

morgen :

4. Einen Use-Case unter Verwendung eines Objekts ( z. B. Smartwatch ) ­erfinden. 5. Webanwendungen mit der physischen Welt verbinden ( z. B. im Handel ). 6. Ein proprietäres Connected Object entwickeln.

Mit Macht in den Markt Die Konsumenten sind bereit. Und der Elektrohandel ist es auch: MediaMarkt ­etwa hat seine Abteilung für Armbänder und Smartwatches groß aufgestellt und will sie weiter expandieren. Erinnern wir uns an den Markt für Kopfhörer: War er vor drei Jahren noch klein und unspannend, gibt es heute viele interessante Produkte und ein massives Facing im Handel. So wird es auch mit vielen weiteren neuen Connected Objects kommen.

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mo b ile c onne c tions

Personalisierte Impulse Die Möglichkeiten, Kunden und Interessenten im richtigen Moment zu erreichen, sind enorm gewachsen. Personalisierte Impulse ermöglichen ein vollständig neues Customer-Relationship-Management. Im Handel kann dies den entscheidenden Unterschied ausmachen. Ein neues Einkaufszentrum in Marseille, das mit 240 Beacons ausgestattet wurde, zeigt, wie es funktioniert: Hat ein Kunde die passende App, erhält er locationbasierte Promotions der Stores. Das Einkaufszentrum kann zudem die Kundenflüsse im Detail analysieren.

„ Der gröSSte Fehler ist, nichts zu tun.“ „Im Thema Mobile Connections stecken große Chancen, aber auch erhebliche Risiken. Nichts zu tun, führt zu den größten Risiken. An der Retailindustrie ist das derzeit gut abzu­ lesen. Da geht es um Amazon oder andere große Player wie Alibaba mit einer Marktkapitalisierung von über 200 Milliarden Dollar. Viele Akteure setzen massiv auf innovative ­Mobile-Lösungen: Tesco zum Beispiel mit ­Connected-Preisschildern, dem Ausrollen eines Beacon-Netzes und Push-Notifications im Laden. Oder Amazon mit dem eigenen Device ‚Dash‘, einem Barcodeleser mit Mikrofon, der hilft, Einkaufslisten im Haushalt zu erstellen, sich automatisch mit der App ver­ bindet und so One-Click-Shopping ermöglicht. Wie wäre es, wenn jede Marke ihr eigenes Device auf den Markt bringen würde, um sich auf charmante Weise mit den eigenen ­Kunden zu verbinden? Mein Traum.“

Vorpreschen – auch ohne Standards Der größte Fehler in dieser Situation ist, nichts zu tun. Technische Standards bestehen noch nicht, doch alle großen Player sind schon aktiv. Google positioniert sich mit Nest im Bereich Home Automation in Haus und Office. Hinter dem iBeacon steht ein Apple-Protokoll. Und alle Player entwickeln Automobil-Plattformen.

L a u rent B u rdin

ist Geschäftsführer von SinnerSchrader Mobile in Berlin, mitten im Mobile-­Ökosystem Deutschlands.

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# c onne c tion

Ende der Inseln Eine App hier, eine App da, mal eine Mobile-Website, eine Kunden-App, dazu noch Banner und eine Mobile-Landing-­ Page. Bislang bot die Mobile-Branche nur Additionen von Insellösungen. Jetzt werden sich Stand-alone-Lösungen mit der sischen Welt verbinden. Mit einer phy­ Smartwatch, mit einem Beacon im Shop, Stadion oder Museum, mit einer Kasse, einer Tür, einer Verpackung, einem Auto. Und all das basiert auf Technologien und Codesprachen aus dem Mobile-Bereich.


#co nt ent 04

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Best Practi ce

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Entertainment

T EX T N ils Jac obsen

T EX T Adam Tinworth


E „Ein iPod. Ein Telefon. Ein Internetkommunikator.“ Vor acht Jahren stellte der AppleGründer seine Erfindung der ­Öffentlichkeit vor. In der Folge prägte das Gadget die Kultur des noch jungen 21. Jahrhunderts wie kein zweites und ebnete den Weg für den Siegeszug des Smartphones. Innerhalb der vergangenen Jahre haben sich unsere Nutzungsgewohnheiten grundlegend verändert – weg vom Schreibtisch, hin zu Smartphone oder Tablet. „Mobile first“ wird von „Mobile only“ abgelöst,

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insbesondere bei der jungen Generation. Mobile hat gewonnen. Doch was bedeutet diese mobile Revolution für Telekommunikationsanbieter und Mobilfunkprovider, die mit ihren Netzen Millionen Kunden rund um die Welt verbinden? Vor allem eines: Umdenken. Das Geschäftsmodell Telefonie und SMS war gestern, Datenvolumen machen in naher Zukunft den Löwenanteil der Umsätze aus. Wie und wo aber sind die (potenziellen) Kunden ohne große Streuverluste erreichbar? Vor dieser Frage steht auch E-Plus, nach der Fusion mit O2 inzwischen die Nummer eins im deutschen Mobilfunkmarkt. In diesem weitgehend gesättigten Markt gilt es, Differenzierungsmerkmale herauszuarbeiten. Klassische Medien mit

Best P ra c ti c e

curved.de – Der „Guide Michelin“ für die mobile Generation.

# c ontent

BEST PRactice


Best P ra c ti c e

TV- oder Printwerbung können die Zielgruppe längst nur noch graduell und kurzfristig erreichen. Der Königsweg führt über das Internet. Und da Bannerwerbung und Initiativen zur Gewinnung neuer Kunden über Onlinemedien und Social Media ausgereizt scheinen, beschreitet man mit ­CURVED neue Wege. Content für die Generation Touch SinnerSchrader hat Anfang 2014 im Auftrag der E-Plus Gruppe die Plattform C ­ URVED gelauncht – damit hat die Generation Touch nun ein Techportal für das ­mobile Zeitalter, das bisher gefehlt hat. C ­ URVED berichtet über die menschliche Seite der mobilen Revolution. Über das, was die Gadgets aus unserem Leben machen, wie sie unseren Alltag erleichtern und zum Treiber des ­gesellschaftlichen Fortschritts werden. Das Konzept folgt dem über 100 Jahre alten Erfolgsrezept des Contentmarketings. Seit 1895 wendet sich der amerikanische Landmaschinenhersteller John Deere im Magazin „The Furrow“ an seine Kunden. Ein weiteres Musterbeispiel gelungenen ­Contentmarketings erschien erstmals im Jahr 1900: der „Guide Michelin“. Initiiert durch den Reifenfabrikanten Michelin, bietet der Restaurantführer Automobilisten gute Gründe, häufiger weitere Strecken zu fahren – was entsprechende Reifenabnutzung und Absatzsteigerungen zur Folge hat. Zwei Gründe machen dieses Modell bis heute erfolgreich: die Qualität der Inhalte und die Glaubwürdigkeit durch die Trennung von absendender Marke und Inhalt.

Analysen, Hintergrundstücke und Ratgeber mit langer Lebensdauer. Mehr als 25 neue Artikel erscheinen täglich, genutzt von 1,3 Millionen Unique Users pro Monat. Redaktionelle Unabhängigkeit ist dabei Basis für ein nachhaltiges Wachstum. Möglich wurde die rasante Reichweitensteigerung auch durch eine steile Lernkurve und die ständige Traffic-Überprüfung der Artikel. SEO-Experten helfen, Themen und Keywords zu priorisieren und die Website technisch perfekt für Google aufzubereiten. Die Sichtbarkeit bei Google bestimmt maßgeblich den Erfolg, denn die Präsenz in der organischen Suche verschafft CURVED nachhaltigen Traffic, auch für ältere Artikel. Welchen direkten Nutzen zieht E-Plus nun aus CURVED? „Inhaltlich qualifizierte Leads konvertieren in den Shops um einiges besser als Leads aus Werbung“, so Jürgen Rösger, der Anfang 2014 als Chief Digital Officer (CDO) von E-Plus die Einführung von ­CURVED begleitet hat. Je häufiger die Seite also gelesen wird, desto höher ist die Conversion Rate. Die jeweiligen Artikel werden mit den passenden Produkten im E-Plus Shop verlinkt. Hinzu kommen Banner und Ad­vertorials zu speziellen, nur für CURVED-­Leser verfügbaren Angeboten. CURVEDs Erfolgsrezept kann als Blaupause auch für andere Branchen dienen: Warum dem „manager magazin“ oder „Rolling Stone“ überlassen, was ein Bank- oder Musikportal mit entsprechender Produkt­ anbindung ebenfalls leisten kann?

# c ontent

N ils Jac o b sen

Reichweite rules Mehr als ein Jahrhundert später adaptiert CURVED dieses Prinzip für das digitale Zeitalter. Die Redaktion aus erfahrenen Techjournalisten bietet Smartphonenutzern rund um die Uhr Hilfe, Einordnung,

ist Wirtschafts- und Techjournalist mit 15-jähriger Erfahrung und schreibt neben seiner Tätigkeit als Chefredakteur von CURVED u. a. für das Medienportal MEEDIA und Yahoo.

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Best P ra c t c e

Interview mit den CURVED-Chefredakteuren Nils Jacobsen und Felix Disselhoff

Wie fällt euer Fazit nach einem Jahr CURVED aus? Nils Jacobsen: Sehr positiv. SinnerSchrader ist es gelungen, in nur 100 Tagen ein neues Techportal zu kreieren, das sofort funktioniert hat. Die Traffic-­Entwicklung ist sehr erfreulich. Wir haben mit 1,3 Millionen Unique Users bereits mehr als doppelt so viele wie auf den Onlineangeboten von „Neon“, der „Computerwoche“ oder des Mediendienstes „Horizont“. Welche Erfolgsfaktoren macht ihr aus? Felix Disselhoff: Die technische Basis, die SinnerSchrader als führende Digitalagentur mitbringt, ist extrem hilfreich. Probleme lassen sich auf kurzen Wegen an der Schnittstelle zwischen Redaktion und Programmierung integriert lösen. Vor allem aber: Zeitgemäße Inhalte sind im Mobile-Tech-­Bereich der Königsweg.

„Inhaltlich ­qualifizierte Leads konvertieren in den Shops um einiges besser als Leads aus WERBUNG.“ Jürgen R ö sger c o - fo u nder V O N CU R V E D

Welche Voraussetzungen sind eurer Meinung nach für den Erfolg eines Contentportals unabdingbar? Felix Disselhoff: Ein absolutes Commitment für ­redaktionelle Unabhängigkeit und ein langer Atem. Mit dem schnellen Erfolg von CURVED in dieser Form hatten wir nicht gerechnet. Doch in der schnelllebigen Techszene gleicht kein Monat dem vorherigen. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung.

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# c ontent

Was können Marketer anderer Branchen von CURVED lernen? Nils Jacobsen: Innovative Projekte entwickeln sich heute fast ausschließlich im Netz. Die Lerneffekte stellen sich praktisch täglich ein – schon in der ­regen Interaktion mit unseren Lesern in Form von Kommentaren oder in Social Media. Der Erfolg von CURVED als Contentangebot ist sicher auf andere Branchenportale aus dem Umfeld Musik, Lifestyle, Food oder Finanzen übertragbar, allerdings nicht eins zu eins. Die Techbranche hat ihre eigene, sehr spezielle Zielgruppe.


entertainment

entertainment Die Ablösung der „Glotze“.

F Fernsehen war früher so einfach. Man blätterte im Programm, schaltete den Fernseher ein und schaute eine Sendung an. Oder verpasste sie. Eine klare Sache. Diese Zeiten sind vorbei. Das Fernsehen hat die gleichen digitalen Erschütterungen erlebt wie andere Medien – allerdings in Zeitlupe. Vor zehn Jahren schon wurde das Ende des Fernsehens ausgerufen, doch es ist noch immer da. Hinter den

Y O U T UB E - S TA R P E W D I E P I E

# c ontent

Werbemillionen mit witzigen Gamer-Videos

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Veränderungen steht dabei aber nicht eine einzelne Erfindung oder ein besonderer Dienst, der das ganze Geschäft auf den Kopf gestellt hätte. Stattdessen kommt der Umbruch von allen Seiten und in unterschiedlichster Form. Da haben wir zum Beispiel den Aufschwung der Streamingdienste. Es kommen immer mehr Streamingboxen zum Anschluss an TV-Geräte auf den Markt. Apples „Hobby“, Apple TV, ist lange vor ­allem für iTunes-Content genutzt worden, jetzt fungiert es zusätzlich als Streamer für Netflix und eine wachsende Zahl weiterer Dienste. Google bringt sich mit zwei Neueinführungen in Position: dem Chromecast-Stick, einem kleinen, preisgünstigen ­Ge­rät, mit dem Videocontent von anderen Geräten auf den Fernseher übertragen wird, und dem neuen Android-TV-basierten Nexus Player. Amazon hat sein Fire TV, das vor allem als Streamingdienst für Amazon


entertainment

Tube-Werbeuniversum, die über Make-up, Mode und Kochen sprechen. Sie verkörpern eigene Lifestyle-Marken und wenden sich an ein riesiges Publikum – in einem Stil, den das traditionelle Fernsehen als unprofessionell gebrandmarkt hätte. Wir erleben die Entstehung eines neuen Mediums mit neuen Regeln. Videocontent dieses Zuschnitts passt perfekt in die digitale Welt. Das mächtige Medienportal BuzzFeed hat viel Geld investiert, um Topstars wie den Online­ Videokünstler Ze Frank zu engagieren und ein Studio zur Produktion seiner Videos zu bauen. Es verfügt über zahlreiche Sets für klassische Filmlocations, die es ermöglichen, Ideen sofort als Film am Set umzusetzen. BuzzFeed wird weiter investieren, um ein breites Produktionsspektrum abzudecken – von animierten GIFs bis zu Videos in Spielfilmlänge. Schnell, persönlich, unter Einsatz innovativer Technologien, mit Sets, die eine unmittelbare Realisierung von Ideen ermöglichen – so sieht die Dynamik der neuen Onlinevideos aus. Konsumiert werden sie on demand und auf einer Vielzahl von Geräten, zu denen jedes Jahr neue hinzukommen. Diese stille und langsame Revolution ist noch im Gange, aber sie lässt sich nicht länger ignorieren. Wer davon profitieren will, sollte sich nicht an traditionellen Vermarktungsstrategien orientieren: Setzt man stattdessen auf innovative Medien und den Onlinekanal? Oder betritt man gleich selbst die Welt der kostengünstigen, intelligenten und individuellen Contentproduktion?

A dam T inworth

ist Wirtschaftsjournalist, Medienberater und Dozent für Digitaljournalismus. Seit über einem Jahrzehnt studiert er die Effekte digitaler Technologie auf Medien und Wirtschaft und schreibt darüber u. a. auf dem NEXT Blog.

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# c ontent

Prime dient, schon früher in diesem Jahr auf den Markt gebracht. Aus Diensten, die als Nischenprodukt angefangen haben, sind praktisch eigen­ ständige Fernsehstudios geworden. Netflix bringt schon seit einiger Zeit eigene Serien heraus – oder hält bereits eingestellte wie „Arrested Development“ am Leben. Jetzt wird Netflix durch das Filmfranchise mit den enorm erfolgreichen Marvel-Comics noch einmal expandieren. Auch Amazon hat den Schritt in die Welt der Filmproduktion gewagt. Der Onlinehändler hat meh­ rere Piloten produziert, von denen einige ­inzwischen in Serie gegangen sind – ­darunter das hochgelobte „Transparent“. Anders als im traditionellen Fernsehen ­ werden bei diesen Serien alle Folgen auf einmal herausgebracht. So sieht Fernsehen in der Postprogrammzeitschriften-Ära aus. Diese Veränderungen haben Auswirkungen auf die Beziehung mit Marketern und Werbetreibenden, weil dieser Typ von TV-Serien keine Werbung enthält. Genau genommen sind die Serien selbst Werbung für den Streamingdienst. Für den, der auf der Welle ihres Erfolges mitreiten will, bleibt nur Product Placement. Die vielleicht interessanteste Entwicklung ist jedoch der Boom der YouTubeStars, die mittlerweile selbst zu eigenständigen Marken geworden sind. YouTube setzt auf die massive Vermarktung seiner Stars, denn sie bringen Werbeeinnahmen. PewDiePie, bürgerlich Felix Arvid Ulf Kjellberg, ist derzeit der größte von ihnen. Er produziert Videos für Gaming-Fans, erreicht pro Veröffentlichung zwei bis drei Millionen Klicks und hat 30 Millionen Abonnenten. Nach Angaben von „The Atlantic“ bringt ihm die Werbung in diesen Videos zwischen 140.000 und 1,4 Millionen Dollar ein – pro Monat. PewDiePies aktueller Vertrag mit den Maker Studios läuft nun aus. Es wird interessant sein, zu sehen, was er als Nächstes vorhat. Michelle Phan, Bethany Mota und ­Rosanna Pansino sind weitere Stars im You-


#ca mp aig n 05

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Private Programmati c

Cu lture of Testing 30

Interview mit M atthias S chrader

TI P P S VON AM ELI A S HOWALTER


Wie kommen Unternehmen an die Daten, die für ihre Kampagnen von Nutzen sein können? Matthias Schrader: Erstaunlicherweise haben die meisten Unternehmen schon Zugriff darauf. Die exklusiven Eigendaten von Werbetreibenden, die sogenannten First-Party-Daten, sind extrem wertvoll. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die ­Erfassung des konkreten Nutzerverhaltens auf der eigenen Website, aber auch um CRM-Daten. Sie sind deshalb so wertvoll, weil bereits heute ein b ­ edeutender Teil der Displaywerbung im Programmatic Buying nutzerprofilbezogen vermarktet wird. Dies wird in der Praxis über Hochgeschwindigkeitsauktionen im Millisekundenbereich ab­ge­wickelt. Und wie bei jeder Auktion gilt auch hier: Der Teilnehmer mit den besten Informationen macht den besten Deal und kann zu den wirtschaftlich günstigsten Konditionen die jeweils ­geeigneten Nutzer ansprechen.

o Onlinewerbung automatisiert sich rasant und kann längst nutzerprofilbezogen vermarktet werden. Der Schlüssel dazu sind die Daten, über die Unternehmen heute bereits verfügen, die sie oftmals aber nicht effizient nutzen. Hier liefert NEXT ­AUDIENCE mit Private Programmatic bessere E ­ rgebnisse und verknüpft für Werbetreibende die exklusive Eigenda­ tennutzung mit individuell a­ n­gepassten A ­ lgorithmen. Wie das funktioniert, ­erklärt Matthias Schrader.

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P R I VAT E P R O G R A M M AT I C

So bewahren Sie die Hoheit über Ihre Kundendaten.

# c ampaign

private programmatic


P R I VAT E P R O G R A M M AT I C

Das klingt auf den ersten Blick nach dem alt­ bekannten Retargeting. Matthias Schrader: Tatsächlich ist Retargeting ein spezieller Fall des Prozesses, den wir bei NEXT ­AUDIENCE Private Programmatic nennen. Es gibt drei wesentliche Unterschiede zum klassischen Retargeting. Erstens: Wir schauen nicht nur auf den Buying Funnel, also beispielsweise Warenkorbabbrecher. Wir analysieren die komplette ­Customer Journey eines Nutzers und können ­daher relevante Botschaften in jeder Phase des Kundenzyklus transportieren. Nur so skaliert Displaywerbung für die Werbekunden im gesamten Prozess. Zweitens: Wir verlassen uns nicht auf den Cookie, sondern speichern die Profile auf einer eigenen Serverinfrastruktur. Dadurch können wir die Profile jederzeit mit weiteren Daten anreichern – beispielsweise mit CRM-Daten – oder mittels statistischer Methoden Audience-Segmente schneiden, die individuell angesprochen werden. Drittens: Mit unseren Lösungen können Werbetreibende die Kontaktdosis und -qualität für jeden Nutzer sehr präzise definieren. Für den kurzfristigen Erfolg von Kampagnen und die langfristige ­Akzeptanz von Onlinewerbung wird dies unserer Meinung nach immer wichtiger werden. Was heißt Private Programmatic nun konkret? Matthias Schrader: Unter der Oberfläche findet gerade ein epochaler Krieg um die Daten der ­ ­Werbetreibenden statt. Auf dem Schlachtfeld gibt es drei Parteien, deren Geschäftsmodell in Zukunft darin liegen wird, diese Daten zu monetarisieren. Zum einen die großen Plattformen wie Google und Facebook, dann die Ad-Networks (etwa Re­tar­ge­t­ing­ anbieter) und schließlich die internationalen Media­ agenturen-Networks. Letztere verlieren durch das Auktionsmodell im Real Time Bidding ihre Einkaufsvorteile – mehr vom Gleichen wird durch den Auktionshammer teurer, nicht günstiger. Daher versuchen sie, durch den Einsatz eigener Technologie ihre bisherige, äußerst komfortable Margensituation zu konservieren. Der Haken: ­Werbetreibende können in diesem Spiel kaum die Potenziale heben, die ihnen Programmatic Buying eigentlich bietet. Nur die wenigsten Advertiser werden beispielsweise ihre CRM-Daten mit Google und Facebook teilen wollen. Aber auch die Mediaagenturen sind ein schwieriger Partner, denn durch ihre proprietäre Techno-

M atthias S c hrader CEO SINNERSCHRADER

# c ampaign

„ Unter der Ober­ fläche findet gerade ein epochaler Krieg um die Daten der Werbetreibenden statt.“

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Hardware, die ihm die vollständige Kontrolle über seine Daten garantiert. Sie ermöglicht ihm, die Nutzerprofile ohne Datenabflüsse an Dritte mit ­exklusiven Eigendaten, wie etwa CRM-Daten, anzureichern. Da hierfür lediglich technische Kosten anfallen, kommen die Effizienzgewinne im programmatischen Mediaeinkauf komplett dem ­ Werbetreibenden zugute, und er muss sie nicht mehr mit Dritten teilen. Dieses Prinzip nennen wir Private Programmatic.

TEST-KULTUR STATT BAUCHGEFÜHL

P R I VAT E P R O G R A M M AT I C

logie findet quasi ein Lock-in statt. Nutzerprofile lassen sich nicht auf ­einen neuen Agenturpartner übertragen, sodass Werbetreibende große Schwierigkeiten haben, ihre Agenturpartner zu wechseln, ohne massive Performanceverluste zu erleiden. Als NEXT AUDIENCE arbeiten wir ausschließlich für die vierte Partei am Tisch: den Werbetreibenden, der als Gastgeber die ganze Veranstaltung am Ende bezahlt. Wir betreiben für ihn eine exklusive Data Management Platform (DMP) auf eigener

# Eine solche Test-Kultur zu etablieren, bedeutet, dass alle etwas mehr Arbeit investieren müssen, um verschiedene Versionen von E-Mails, Bannern oder Landing-Pages zu entwerfen und zu testen. Vorausschauende Planung ist dabei das A und O. Und natürlich muss die Unter­nehmensführung hinter diesem Prozess stehen, denn ohne sie mit an Bord zu haben, ist eine TestKultur nicht umzusetzen.

Mit einer „Culture of Testing“ hat Amelia ­Showalter als Director of Digital Analytics erfolgreich die Wiederwahlkampagne von US-Präsident Obama vorangetrieben. Nun wirbt sie bei Unternehmen für die ­Implementierung dieser Test-Kultur. Ihre Grundsätze:

# Die besten Informationen über eine Zielgruppe sind die, die Ihnen die Leute freiwillig geben. Es ist besser, mit den Leuten in Kontakt zu stehen und Daten nach und nach abzufragen, als einfach Adressen oder Mobilnummern einzukaufen.

# Test-Kultur bedeutet, sich auf Daten, nicht auf das Bauchgefühl zu verlassen. # Fangen Sie klein an. Wenn Sie z. B. einen Newsletter unterhalten, teilen Sie die Empfängergruppe auf, und testen Sie, welche Aussagen und Formate besser performen. Ebenso können Sie mit Websites oder Anzeigen verfahren. Um eine Test-Kultur aufzubauen, müssen Sie irgendwo beginnen und immer neue Wege ausprobieren, um die Kampagne kontinuierlich zu verbessern. # Wichtig ist dabei, immer möglichst viele ­Messages und Bilder zu testen und jede ­Gelegenheit zu nutzen, mehr über die Präfe­renzen der Zielgruppe zu erfahren.

S trategie b eraterin

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# c ampaign

amelia showalter


#o uTR O 06

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W H AT ’S N EX T

T EX T MA rtin re c ke


W hat ’ s next

What’s NEXT? Die digitale Transformation erreicht die Führungsetagen.

Die meisten Innovationen werden in ihren Auswirkungen kurzfristig überschätzt, langfristig jedoch dramatisch unterschätzt. Das ist eine Binsenweisheit, trotzdem geschieht es immer wieder. Und zwar mit einer Berechenbarkeit, die die IT-Berater von Gartner in ihrem Hype Cycle für jede neue Technologie bis ins Detail nachzeichnen. Der Hype um die digitale Transformation hat 2014 wahrscheinlich den Gipfel der Erwartungen erreicht. Ähnlich wie die New Economy vor fünfzehn Jahren ist das Thema in den Chefetagen angekommen – die es ab 2001 erst einmal an Praktikanten delegiert hatten, bevor Mitte des vergangenen Jahrzehnts der langsame Wiederaufstieg begann. Mit der internationalen Konferenz NEXT und weiteren Veranstaltungen begleitet SinnerSchrader die digitale Revolution seit 2006 – ihren Beginn und die ersten Erfolge ebenso wie den Übergang zur nächsten Phase, der digitalen Transformation. Diese Revolution hat die Machtverhältnisse zugunsten der Konsumenten und zulasten

NEXT BERLIN

Seit 2006 stellt SinnerSchrader digitale Business­ trends auf Veranstaltungen wie der NEXT Berlin vor.

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# o u tro

D

der Unternehmen verschoben. Der digitale Konsument erwartet heute die Standards, die er aus dem Netz und von seinem Smartphone kennt, auch in der analogen Welt. Dies hat zunächst Konsequenzen für Interfaces, die Kommunikation und Interaktion mit dem Kunden, in der Folge aber ebenso für Produkte und Dienstleistungen selbst und schließlich für den gesamten Produktionsprozess inklusive Lieferkette. Hierfür stehen Begriffe wie Industrie 4.0 und Industrial Internet. Damit überschreitet die digitale Transformation die klassischen Ressortgrenzen in den Unternehmen. Fiel das Thema zunächst in den Bereich des Chief Marketing Officers (CMO), so hat sich in den letzten Jahren herausgestellt, dass nur wenige CMOs ihre Unternehmen im Alleingang vom analogen Kopf auf die digitalen Füße stel-



„ Frei nach Charles Dickens: Es ist die beste Zeit, und es ist die schlechteste Zeit. Die Technik, die uns umgibt, war nie so aufregend wie heute, aber gleichzeitig stellt sie unsere Organisationen vor enorme HERAUSFORDERUNGEN.“ P eter H inssen A u tor u nd S pre c her a u f der N E X T 1 4

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W hat ’ s next

Ein anderer Ansatz ist, das Thema beim COO anzusiedeln, der bereits eine klassische Querschnittsaufgabe hat und die digitale Transformation deshalb eher von der Warte der Ablauf- und Prozessorganisation betrachtet. Dafür hat sich die Deutsche Bank entschieden, als sie Ende Oktober ihrem COO, Henry Ritchotte, die Verantwortung für Digitales übertrug. Weitere Kandidaten für die Verankerung der digitalen Transformation im Management sind CIO und CTO, wobei Letzterer neuerdings auch gerne als „Chief Transformation Officer“ ausgeschrieben wird. Ihnen obliegt bereits die Verantwortung für die digitalen Plattformen und Prozesse in den Unternehmen, was sie in eine Gatekeeperposition bringt. Letztlich ist es für den Erfolg nicht entscheidend, wie die Vorstandsposition heißt und ob sie neu geschaffen wird oder nicht. Erfolgskritisch sind jedoch •  die Unterstützung des CEO, um Widerstände innerhalb des Hauses überwinden zu können, •  die Verankerung der digitalen Transformation im Topmanagement, da es sich um ein Thema von strategischer Tragweite handelt, und •  ein klarer Fokus auf den Konsumenten und seine Bedürfnisse, da die Konsumenten schon weiter sind als die meisten Unternehmen. Die NEXT hat es sich von Anfang an zur Aufgabe gemacht, in dieser unübersicht­ lichen Situation Orientierung zu schaffen und die relevanten Trends und Themen auf die Agenda der Entscheider zu bringen. Neben der jährlichen Konferenz dienen dazu auch das umfangreiche Videoarchiv und unser laufend aktualisierter Blog. Mit der in diesem Jahr erstmals von SinnerSchrader

# o u tro

len können. Dazu braucht es ein klares Commitment seitens des CEO. Viele Unternehmen, vor allem in den USA, reagieren auf diese Erkenntnis mit der Ernennung eines Chief Digital Officers (CDO). Die digitalen Belange von McDonald’s zum Beispiel treibt seit einem Jahr Atif ­Rafiq voran. Er ist von Amazon gekommen, um die Fastfoodkette zu einem E-Commerce-Unternehmen auszubauen. Etwa ein Viertel der großen US-Firmen wird 2015 die CDO-Po­ sition besetzt haben, schätzt Gartner. Dies ist zunächst ein klares Signal – nach innen wie nach außen –, dass das Thema im Topmanagement angekommen ist und es nun einen Ansprechpartner im Vorstand gibt. Dass CDOs zum Teil auch in der zweiten Führungsebene installiert wer­den, schadet nur bedingt, denn dieses Schicksal teilen sie mit anderen CXOs.


N E X T E X E CU T I V E C I R C L E

Marketingentscheider unter sich. Intensiver Austausch zwischen CMOs und CDOs zu Themen der digitalen Transformation.

„ Jeder, der sich in diesem Bereich als Experte bezeichnet, ist ein Experte für 15 Sekunden, denn schon in Kürze wird seine Expertise von wieder neuen Innovationen überholt SEIN.“

und dem rheingold institut durchgeführten Studie NEXT Generation werfen wir außerdem einen qualitativen Blick auf das Verhalten der jüngsten Nutzergruppen. Darüber hinaus haben wir begonnen, den NEXT Executive Circle als Forum für Entscheider aufzubauen, die sich den He­ rausforderungen der digitalen Transformation stellen wollen. Nach dem Auftakt in Berlin und weiteren Treffen in Hamburg und Paris sind die nächsten Termine für März 2015 in Barcelona und für Mai 2015 wiederum in Berlin geplant. Die Teilnahme an den regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen ist nur auf Einladung möglich. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an matthias.schrader@nextberlin.eu.

T ony D o u glas I nnovations M anager B M W M artin R e c ke

u nd S pre c her a u f der N E X T 1 4

# o u tro

organisiert als Head of Conference Management für SinnerSchrader seit 2006 die NEXT und weitere Events. Als Blogger schreibt er unter anderem auf nextberlin.eu.

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I mpress u m H era u sge b er SinnerSchrader Group, Völckersstraße 38, 22765 Hamburg, Deutschland  M it Beiträgen von Axel Averdung, Peter Bihr, Anni Brück, Laurent Burdin, Nils Jacobsen, Olaf Kolbrück, Martin Recke, Matthias Schrader, Meike Schreiber, Amelia Showalter, Adam Tinworth und Nils Wollny  R edaktion Ina Feistritzer, Benjamin Nickel, Martin Recke, Niko Timm (CD), Nils Wollny  L ektorat Dieter Schlichting  I llu stration Christian Schupp   F otos Thomas Fedra, Nils Hasenau, Katrin Saalfrank, Dan Taylor  G estalt u ng ringzwei, Hamburg L ithografie Johannes Bauer in der Printarena, Hamburg   D r u c k Eurodruck in der Printarena, Hamburg  Copyright 2014 SinnerSchrader Group | Eine Haftung für die Richtigkeit der Angaben kann trotz Prüfung durch die Redaktion vom Herausgeber nicht übernommen werden. Diese Ausgabe, einschließlich aller ihrer Teile und Beiträge, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Herausgebers. www.sinnerschrader.com



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