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Niklas Horn, Tuba

MUSIKENTDECKUNG AUF DEM FLOHMARKT

VON LEA VATERLAUS Der Tubist Niklas Horn wurde 1995 in Wolfenbüttel geboren. Die Leidenschaft für die Musik entwickelte er durch ein kleines Akkordeon vom Flohmarkt, auf dem er bereits mit drei Jahren Lieder aus dem Radio nachspielte. Mit vier Jahren folgte der Klavierunterricht, bevor er während eines Schulprojekts schliesslich die Tuba für sich entdeckte. Niklas Horn studierte Tuba am Joseph Haydn Konservatorium in Eisenstadt (Österreich), wo er 2018 bei Albert Wieder mit dem Diplom abschloss, sowie bei Professor Jens BjörnLarsen in Hannover. Nach zahlreichen Orchesterengagements, u.a. beim Bühnenorchester der Wiener Staatsoper, beim Göttinger Symphonieorchester sowie in der MendelssohnOrchesterakademie des Gewandhausorchesters Leipzig, ist er seit der Saison 2022/23 fest beim Sinfonieorchester Basel engagiert.

LV Niklas Horn, viele Tubist*innen beginnen ihre musikalische Ausbildung auf einem anderen Blechblasinstrument, bevor sie zur Tuba wechseln.

Wie bist Du zu Deinem Instrument gekommen? NH Ich kam im Alter von zehn Jahren ‹auf die Tuba›. In meiner Schule gab es damals ein Orchesterklassenprojekt, bei dem wir Schüler*innen alle Instrumente aus dem Orchester ausprobieren durften. Bei der Tuba gelang es mir gleich, einige Töne zu spielen, was bei anderen Instrumenten nicht so leicht war. Die Tuba lag mir einfach gut!

LV Gibt es bei Deinem Instrument ähnlich wie bei der Geige auch Viertel- oder Achtel-Tuben, auf denen Kinder spielen können?

NH Ja, es gibt auch kleinere Tuben. Trotz der ‹Kindergrössen› hätte ich aber nicht viel früher als mit zehn Jahren mit dem Spielen beginnen können, dazu braucht dieses Instrument zu viel Kraft. Deshalb beginnen wohl viele Kinder erst auf einem anderen Blechblasinstrument wie der Trompete oder der Posaune.

LV Die Tuba wird im Orchester meist nur einzeln besetzt. Wie fühlt es sich an, immer Solist zu sein? NH Ich sehe mich nicht wirklich als grossen Solisten. Die Tuba ergänzt die anderen Bassstimmen im Orchester, beispielsweise die Kontrabässe, die Posaunen oder die Fagotte. Meine Funktion ist es, das Fundament des Orchesters zu formen. Es macht mich deshalb nicht nervös, dass meine Stimme solistisch besetzt ist. Bei Werken wie Berlioz’ Symphonie fantastique oder bei Werken von Richard Strauss, Igor Strawinsky und zeitgenössischeren Kompositionen kommt es sogar vor, dass zwei Tuben gebraucht werden. Das ist aber doch eher untypisch.

«Die Tuba kann sowohl schön weich, gleichzeitig aber auch stark und direkt klingen. Dies mag ich besonders gerne an meinem Instrument.»

LV Was macht das Blechbläser*innen-

Register, und was macht Dein Instrument aus? NH Das Blech ist gut darin, Akzente zu setzen und das Orchester zu untermalen, beispielsweise bei Chorälen. Die Tuba kann sowohl schön weich, gleichzeitig aber auch stark und direkt klingen. Dies mag ich besonders gerne an meinem Instrument.

LV Gibt es Solo-Stücke für die Tuba? NH Ja, gibt es! Allerdings nicht so viele und sicherlich noch nicht so lange, denn die Tuba ist das jüngste offizielle Orchesterinstrument. Das erste komponierte TubaKonzert stammt von Ralph Vaughan Williams, und der Auftrag war ursprünglich gewesen, ein Solokonzert für ein ungewöhnliches Soloinstrument zu schreiben. Vaughan Williams dachte erst an die Mundharmonika, hat das Konzert dann aber für die Tuba umgeschrieben. (lacht) In den letzten fünfzig Jahren hat sich die Qualität unserer Instrumente zudem stark gesteigert. Je besser die Instrumente, desto mehr Solist*innen gibt es und desto grösser sind die Möglichkeiten der Komponist*innen, für die Tuba zu schreiben.

LV Für die Tuba entstehen also vor allem zeitgenössische Werke. Hast Du auch ein Faible für Neue Musik? NH Ich mag die zeitgenössische Musik sehr gerne, bin aber auch ein grosser Liebhaber der Romantik. Alle Musik, die in den letzten 200 Jahren entstanden ist, gefällt mir besonders gut. Andererseits fasziniert mich Johann Sebastian Bach total, der so komplex komponiert hat, dass man erst beim mehrmaligen Hören eines Stücks erfassen kann, wie viele unterschiedliche

Ebenen bei ihm überhaupt existieren. Privat habe ich aufgehört, in Genres und Kategorien zu denken. Ich höre alle Musik, die ich als gut empfinde, auch Populärmusik.

LV Auf dem Programm dieses Konzerts stehen zwei spannende Werke. Welche

Bezüge hast Du zu Schostakowitsch und Hillborg? NH Anders Hillborg kenne ich bisher nicht so gut, bin aber sehr gespannt auf die schweizerische Erstaufführung seines Cellokonzerts im Stadtcasino Basel. Mit Schostakowitsch fing ich quasi hier in Basel an, als ich in der letzten Spielzeit mit dem Sinfonieorchester Basel die 15. Sinfonie spielen durfte.

LV Wie bist Du schliesslich zu Deiner

Stelle beim Sinfonieorchester Basel gekommen? NH Als ich hier in Basel das Probespiel machte, gewann ich vorerst nur den 2. Platz. Es muss aber sehr knapp gewesen sein, denn als mein Konkurrent eine andere Stelle annahm, wurde mir der Platz sofort angeboten. Das Blechbläser*innenRegister hatte ich ja schon in der vorherigen Spielzeit kennengelernt, weshalb mich die Aufnahme in das Orchester besonders freute.

«Ich finde, dass Basel die perfekte Grösse hat.»

LV Was gefällt Dir hier in Basel besonders gut? NH Ich konnte die Stadt mittlerweile schon etwas kennenlernen, und sie gefällt mir sehr! Ich finde, dass Basel die perfekte Grösse hat, denn trotz des riesigen Angebots an Kultur und sonstigen Veranstaltungen ist man auch schnell in der Natur. Die historische Altstadt und der Rhein machen die Stadt sehr reich, und die Nähe zu den angrenzenden Ländern Deutschland und Frankreich ist wahnsinnig praktisch!

LV Wie lenkst Du Dich vom Musikeralltag ab? NH Ich bin sehr gerne draussen in der Natur, wo ich gerne Rad fahre, campiere, wandere oder Pilze sammle. Dazu koche und backe ich sehr gerne. Dies sind alles Dinge, die nichts mit Musik zu tun haben. Obwohl die Musik mein Beruf und meine Leidenschaft ist, erlebe ich zwischendurch auch gerne etwas anderes.

LV Hast Du Ziele, die Du als Musiker erreichen möchtest? NH Solistisch habe ich keine grossen Bestrebungen, dafür ist die Nachfrage im klassischen Bereich einfach zu klein. Ich habe mir aber vorgenommen, kammermusikalisch etwas aufzubauen und vielleicht ein Ensemble zu gründen. Neben der Tuba spiele ich auch noch leidenschaftlich gerne Klavier – eine Band mit einer Mischung aus Populär und Jazzwerken könnte ich mir auch gut vorstellen!

LV Niklas Horn, herzlichen Dank für das Gespräch!

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