Freunschaft

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Freundschaft

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© Titel: Vivi Abelson 2

Dieses Heft erscheint anlässlich des Berliner Herbstsalon, 8 - 17.11.2013, Maxim Gorki Theater, Berlin, als Begleitheft zur Installation Freundschaft (2013) von Silvina Der-Meguerditchian. Herausgeberin: Silvina Der-Meguerditchian Texte: Silvina Der-Meguerditchian, Erden Kosova (Einleitung) Übersetzungen: Anna-Sophie Springer (Einleitung) Produktionsassistenz Andrea Lopez Goñi © 2013 Silvina Der-Meguerditchian, Manfred Pohl, Gregor Schöllgen, Jehuda L. Wallach,


Freundschaft eine Installation von Silvina Der-Meguerditchian

Die politische Allianz zwischen dem Wilhelminischen Kaiserreich und dem späten Osmanischen Reich galt als „Freundschaft“. Das Verhältnis baute auf der Erwartung eines gegenseitigen Profitierens auf: Deutschland strebte nach wirtschaftlicher und politischer Macht im Nahen Osten während die osmanische Dynastie ums Überleben kämpfte. Wie ein Spinnennetz, das mit einem roten Faden geknüpft wird, hat Der-Meguerditchian fotografische Darstellungen miteinander verflochten, die zeigen, was für katastrophale Auswirkungen diese Allianz auf die Menschen des sich auflösenden Osmanischen Reiches hatte – Zerstörungen, deren Folgen bis heute nicht überwunden sind. 3


Der Besuch

Kaiser Wilhelm II. und seine Frau Augusta Victoria besuchten Konstantinopel im Oktober 1889. Sie waren angereist mit der kaiserlichen Jacht Hohenzoller.

Pergamonaltar

Geschenk-Uhr

Als Gastgeschenk übergab Wilhelm II. Sultan Abdülhamid II. eine prunkvolle Taschenuhr der Uhrmanufaktur A. Lange und Söhne, die mit Brillanten, Rubinen und seinem in Email ausgeführtem Porträt reich verzierte war. 4

Kaiser Wilhe und seine Augusta Victo Schleswig-Hol

Nach dem unter der Leitung des deutschen Ingenieurs Carl Humann der Pergamonaltar freigelegt worden war, wollte die osmanische Regierung zunächst eine Teilung der Funde durchsetzen, jedoch konnte 1878/79 ein Vertrag ausgehandelt werden, der die Funde allein dem Deutschen Reich überließ. Ausschlaggebend waren die aktuelle innenpolitische Schwäche des Osmanischen Reiches und der Dank für die Vermittlerrolle, die Bismarck beim Berliner Kongress eingenommen hatte.


iser Wilhelm II. und seine Frau usta Victoria von leswig-Holstein. Der Deutsche Brunnen

Der Brunnen wurde im Jahre 1900 im Andenken an den Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II. in Istanbul im Jahre 1898 errichtet. Das Geschenk eines Brunnens mit kostenlosem sauberem Wasser für das Volk galt nach nahöstlicher Mentalität als besonders verdienstvolle Wohltat und sollte den Ruhm des hochherzigen Wohltäters, des Kaisers des Deutschen Reiches, mehren und sichern.

Villa Tarabya:

Die Villa Tarabya wurde zwischen 1885 und 1887 als Sommerresidenz errichtet nachdem Sultan Hamid II. das Gründstück Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1880 geschenkt hatte. 5


Otto von Kühlmann Generaldirektor der Anatolischen Eisenbahngesellschaft von 1889 bis 1897

Carl Fürstenberg persönlich haftender Gesellschafter der Berliner Handelsgesellschaft von 1883 bis 1931

Die Bagdadbahn

Titelbild einer Broschüre der Anatolischen Eisenbahngesellschaft (1926) 6


Siegel der Anatolischen Eisenbahngesellschaft

Georg von Siemens

(1839 -1901) war ein deutscher Bankier und Politiker. Ab den 1880er Jahren betrieb die Deutsche Bank unter Siemens’ Federführung die Finanzierung von Industrieunternehmen wie der AEG Emil Rathenaus, Mannesmann, Bayer und der BASF. Ein anderer Schwerpunkt seiner Arbeit war die Finanzierung des internationalen Eisenbahnbaus, unter anderem im Osmanischen Reich (Bagdadbahn).

Siegel der Deutschen bank

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Das Bahnhofsgebäude in Adana, 1912 eröffnet

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Ausflug

der Baugesellschaft auf der anatolischen Hochebene (um 1900)

Die SMS Goeben

Wilhelm II.

in osmanischer Pascha-Uniform (Gemälde von Max Fleck von 1916)

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war ein Großer Kreuzer der kaiserlichen Marine. Ab August 1914 fuhr der Kreuzer unter türkischer Flagge, erhielt den Namen Yavuz Sultan Selim (später kurz Yavuz) und wurde im Schwarzen Meer gegen die russische Flotte und ihre Häfen eingesetzt.


Bodo-Borries von Ditfurth

Fragment

Aktie der Anatolischen Eisenbahngesellschaft von 1884

(1852 -1915) war ein preußischer Offizier, zuletzt Generalmajor sowie Pascha in der Osmanischen Armee unter Sultan Abdülhamid II. Borries von Ditfurth erhielt den Rang eines Generals auf Zeit und den einem General zustehenden Titel Pascha. Zu seinem Aufgabengebiet als „Reformer“ gehörten die Reorganisation und Modernisierung der osmanischen Infanterie.

Die SMS Breslau

war ein Kleiner Kreuzer der deutschen kaiserlichen Marine. 1914 ging er in den Dienst der osmanischen Marine über und wurde in Midilli umbenannt. Der Kreuzer sank 1918 nach Minentreffern vor Imbros.

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Otto Liman von Sanders

Colmar von der Goltz

genannt Goltz-Pascha, gelang es innerhalb kurzer Zeit durch seine Tätigkeit als Militärreformer, für Deutschland eine Monopolstellung für die Rüstungsimporte im Osmanischen Reich zu erwirken. Er konnte den Sultan überzeugen, türkische Offiziere zur Ausbildung nach Preußen zu senden. Dies förderte nachhaltig die Bildung eines prodeutschen Kerns im osmanischen Militär, welches seine Verbindung zu den Deutschen auch nach der jungtürkischen Revolution bis heute nicht verlor.

Armenische Waisen

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Nach seiner Ernennung zum Leiter einer Militärmission am 30. Juni 1913 wurde Liman von Sanders im Dezember in das Osmanische Reich entsandt, um dort die Osmanische Armee, die sich in einem schlechten Zustand befand, neu zu organisieren. Dem Kontrakt der Militärmission gemäß, hatte er, wie auch die übrigen deutschen Offiziere, innerhalb der Osmanischen Armee den um einen Dienstgrad höheren Rang erhalten und wurde somit zum osmanischen General (Birinci Ferik).

gekleidet wie deutsche Soldaten der osmanischen Armee (Mezireh - 1912).


Helmuth von Moltke

Auf Wunsch des Sultans des Osmanischen Reiches wurde er von 1836 bis 1839 als Instrukteur der türkischen Truppen abkommandiert. In dieser Zeit bereiste er Konstantinopel, die Schwarzmeerküste, das Taurusgebirge und die Wüste von Mesopotamien und nahm 1838 an einem Feldzug gegen die Kurden teil. Die Eindrücke seiner Jahre im Osmanischen Reich zeichnete Moltke in seinem Werk Unter dem Halbmond, Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839 auf.

Deutsche Militärmission Türkei 1913

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Friedrich Albert und Bertha Krupp

Die Schienen für den Bau der Bagdadbahn lieferte die Friedrich Krupp AG. Das Unternehmen lieferte auch Hunderte schwere Kanonen und Feldgeschütze zur Befestigung der Dardanellen. Im Jahr 1885 waren es allein 500 schwere und schwerste Krupp-Geschütze. Zur gleichen Zeit brachten Fachleute der Firma Krupp die alten Befestigungen der Çatalca-Linie westlich von Konstantinopel auf den modernsten technischen Stand.

Illustrirte zeitung

Die Illustrirte Zeitung erschien vom 1. Juli 1843 bis zum September 1944 im Verlag J. J. Weber in Leipzig. Verleger und Herausgeber war Johann Jacob Weber. Das abgebildete Titelbild zeigt den Aufbruch zum Heiligen Kriegs in Damaskus. Der Aufstieg und Erfolg des Nationalsozialismus wurde mit einem positiv ästhetisierenden Bildmaterial durch die Illustrirte Zeitung begleitet.

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Mauser Gewehre


Apollo Werke

In den Jahren 1904 bis 1927 stellte A. Ruppe & Sohn (ab 1910 Apollo-Werke AG) in Apolda Automobile der Marken Piccolo und Apollo in verschiedenen Ausführungen her.

Minimax

Das Unternehmen wurde 1902 von Wilhelm Graaff gegründet, der damals die von ihm erfundene „Spitztüte“, den ersten massenfähigen Feuerlöscher, zum Patent anmeldete.

Köhler

Die Vesta-Nähmaschinen-Werke wurde im Jahr 1871 in Altenburg gegründet.

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Elsa Sophia von Kamphoevener

zog 1883 im Alter von 5 Jahren mit ihrer Familie nach Konstantinopel. Dort war ihr Vater Louis Kamphoevener als Major und zudem ab 1895 als osmanischer Muschir (Marschall) mit dem Titel eines Paschas ein deutscher Reorganisator der osmanischen Armee. Das Kind wuchs in der Obhut seiner Mutter Anna, umgeben von türkischem, griechischem und armenischem Personal sowie bewacht von einem türkischen Soldaten auf. Ihre Familie verkehrte mit den Familien preußischer und osmanischer Militärs, Diplomaten, Eisenbahn-Erbauer und Kaufleute. Kamphoevener lernte dabei mehrere Sprachen. Wahrscheinlich hörte die spätere Autorin und Märchenerzählerin orientalische Märchen erstmals bei den Bediensteten ihrer Familie. 14

Titel des Buches An Nachtfeuern der Karawan-Serail von Else Sophian von Kamphoevener


Der Vertrag von Sèvres

vom 10. August 1920, der zwischen der Entente und dem Osmanischen Reich abgeschlossen wurde, gehört zu den Pariser Vorortverträgen, die den Ersten Weltkrieg beendeten. Es handelte sich dabei um einen sogenannten Diktatfrieden. Durch den Vertrag von Sèvres verlor das Osmanische Reich einen Großteil seines Territoriums – Hedschas (1925 von Saudi-Arabien erobert), Armenien und Mesopotamien sollten unabhängig werden. Kurdistan sollte gemäß Artikel 62 Autonomie erhalten, durch Artikel 64 wurde darüber hinaus auch eine mögliche staatliche Unabhängigkeit in Aussicht gestellt.

Nachweise Die Fotografien, Gravuren, Zeichnungen und Texte der Installation wurden aus dem Internet und der Publikation Von Stanbul nach Bagdad von Manfred Pohl übernommen.

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