DAV Panorama 4/2010 Kultur & Medien
rungen literarisch verdichteten und nach dem Sinn fragten. Alpine Literatur wird aus dieser Sicht zum Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen und zum Gedächtnis alpiner Geschichte. Etwa beim Extrembergsteiger und Schriftsteller Roland Heer, der im Es-
Nebst jungen Autoren werden Klassiker wieder aufgelegt, wie etwa die Autobiografie „Erinnerungen eines Bergführers“ (AS Verlag, Zürich) des Erschließers der Bergeller Berge, Christian Klucker. Alle zwei Jahre treffen sich Berg- und Literaturfreunde zu einer „Begegnung mit alpiner Literatur“ in Amden hoch über dem Walensee, wo einst Hermann Hesse nackt kletterte und heute Sportkletterer im steilen Kalk trainieren. Auch der eingebürgerte Schweizer Hesse hat wunderbare Wander- und Skitexte verfasst. In Brig im Wallis findet jährlich die Buchausstellung BergBuchBrig statt, in Zusammenarbeit mit dem Festival LetterAltura im italienischen Verbania. Der Bergbuchladen Piz Buch & Berg des Bergführers Lieni Roffler in Zürich ist ein Treffpunkt der bibliophilen Kletterszene geworden. Gian Rupf und René Schnoz, eine Schauspieler-Seilschaft aus Graubünden, präsentieren im Zürcher „sogar theater“, an der literarischen Bergfahrt in Amden, in Alpenvereinshütten und Berghotels und an weiteren Orten szenische Lesungen nach Bergtexten von Hans Morgenthaler, Max Frisch und Ludwig Hohl. Aktuell auch ein Stück über die konfliktreiche Seilschaft des Bergführers Christian Klucker und seines „Herrn“, des russischen Barons Anton von Rydzewski aus Dresden. Bücher, Theater, Lesungen, Ausstellungen, Verlage, Spezialbuchhandlungen: Die alpine Literaturszene der Schweiz ist so lebendig wie schon lange nicht mehr. Ob der kleine Boom anhält, muss sich noch zeigen. o Emil Zopfi, geboren 1943, lebt in Zürich und ist Schriftsteller, Bergsteiger und Sportkletterer. Er schreibt häufig über alpine Themen. 2009 erschien im AS Verlag, Zürich, „Dichter am Berg – Alpine Literatur aus der Schweiz“.
Ticker Ferne Klöster Vom 18. bis 31. Juli ist in der Galerie Lang in Eichstätt die Foto-Ausstellung „Bergklöster in Ladakh“ von Werner Prokschi zu sehen. Ladakh, auch Klein-Tibet genannt, liegt im äußersten Norden Indiens im Himalaya, und seine Klöster haben im Gegensatz zu Tibet keine größeren Zerstörungen erfahren. Die Reise führt entlang des Indus vom Kloster Lamayuru über das Hauptzentrum Leh bis zum Kloster Hemis. Im Mittelpunkt steht die Architektur der im Durchschnitt auf 3500 Meter Höhe gelegenen buddhistischen Bergklöster, begleitet von Bildern der dort lebenden Mönche und Bewohner. Zur Ausstellung erscheint ein rund hundertseitiger Ausstellungskatalog, der im Handel und über den Verlag (www.magenta4. com) erhältlich ist. ISBN 973-3-98075885-9-8, € 24,90.
Berge – Menschen – Abenteuer Vom 24. bis 28. August wird St. Anton am Arlberg wieder zum Treffpunkt der Berg- und Filmbegeisterten: Beim 16. Filmfest werden Altmeister der Szene, wie der Boulderer Fred Nicole, der Abenteurer Bruno Baumann und der Alpinist Thomas Huber erwartet. Zu sehen gibt es außerdem Stephan Siegrist und Ines Papert am Arwa Tower im Himalya und Kletterabenteuer in Südafrika und Patagonien, während Weltklasse-Freerider und -Snowboarder zeigen, was die heimische Bergwelt zu bieten hat. www.filmfest-stanton.at
Richtige Augenblicke Noch bis 12. September läuft im Münchner Stadtmuseum die Ausstellung „Guido Mangold – Fotografien 1958 bis heute“. Der 1934 in Ravensburg geborene Mangold gehört zu den renommiertesten deutschen Landschafts- und Magazin-Fotografen. Von ihm stammen mehrere Bildbände, darunter der bei der Südtiroler Edition Raetia erschienene „Die Stube. Ein Platz für alle Tage“ (2002) und „Das Ötztal“ (Haymon Verlag, 2004). www.muenchner-stadtmuseum.de
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Foto: Werner Prokschi
Selbst Hesse kletterte – nackt
Käthe Rubensohn/Max Frisch Archiv, Zürich, Privatarchiv Albert Vinzens, Originalausgabe 1930 Christian Klucker: Erinnerungen eines Bergführers, Robert Bösch, Stefan Keller
Schriftsteller, Extremkletterer, Bergführer und Schauspieler mit der gleichen Trieb- und Schaffenskraft – der Leidenschaft für die Berge und deren literarische Verdichtung: Max Frisch, Albert Vinzens, Christian Klucker, Roland Heer, René Schnoz und Gian Rupf (v.o.n.u.)
say „Klettern in Zeiten der Unruhe“ erzählt, wie einige Freaks der Zürcher Jugendbewegung um 1980 zu Pionieren des alpinen Sportkletterns wurden: Die Route „Supertramp“ in der Bockmattli-Nordwand zeugt von jenem anarcho-alpinistischen Aufbruch.
Foto: Guido Mangold
ner Felswand und findet die Antwort: „Um dem Gefängnis zu entrinnen.“ Eine literarische Spurensuche für das Buch „Dichter am Berg – Alpine Literatur aus der Schweiz“ (AS Verlag, Zürich), brachte eine Vielfalt von Werken von bekannten oder auch längst vergessenen Autorinnen und Autoren zutage, die wanderten, kletterten und dabei die Triebkräfte ihrer Leidenschaft ergründeten, ihre Grenzerfah-