SEKEM Insight

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SEKEMs Journal für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in Ägypten

SEKEM Insight Nr. 76 - Dezember 2008

Liebe Leserinnen, liebe Leser, SEKEM Insight hat die Bedeutung der vielfältigen Partnerschaften SEKEMs mit Einrichtungen und Einzelpersonen in der ganzen Welt für die Entwicklung der Initiative stets betont. Mit der Auszeichnung durch Preise mit internationalem Renommee entfaltet sich diese Entwicklung seit 2003 mit einem besonders internationalen Charakter. Im November fand in SEKEM die erste Konferenz mit internationaler Beteiligung statt. Mehrere hundert Gäste diskutierten mit SEKEMs Mitarbeitern und Leitungspersönlichkeiten über neue Entwicklungen in der Landwirtschaft, die es insbesondere Unternehmen in Entwicklungsländern gestatten sollen, zur internationalen Entwicklung der landwirtschaftlichen Industrien in nachhaltiger Weise aufzuschließen. SEKEM konnte durch die Veranstaltung zeigen, dass es sich mit großen Einsatz für eine weitere Verbreitung der selbst entwickelten Ansätze und Erfahrungen einsetzt. Gleichzeitig zeigte das Interesse der Fachöffentlichkeit das große Vertrauen, das in SEKEMs Expertise gelegt wird. Und, dass der eingeschlagene Weg der Internationalisierung richtig war.

Ihr Redaktionsteam

Ehrung

Tourismus

Klimawandel

Ibrahim Abouleish für Lebenswerk geehrt

SEKEM erweitert Angebot an Reisen

Erste internationale Konferenz in SEKEM

Dr. Ibrahim Abouleish erhält Bundesverdienstkreuz

Dr. Abouleish empfängt das Bundesverdienstkreuz aus der Hand des Botschafters in Anwesenheit von Ulrich Walter

Am 27.11. wurde Dr. Ibrahim Abouleish, dem Gründer der SEKEM-Initiative in Ägypten, das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Der deutsche Vertreter in Ägypten, Bernd Erbel, überreichte die Auszeichnung in der Kairoer Botschaft. Die Bundesrepublik Deutschland würdigte damit die Lebensleistung von Dr. Ibrahim Abouleish und sein Bemühen um einen interkulturellen und interreligiösen Austausch mit der Bundesrepublik Deutschland. „Ich empfinde es als ein wunderbares Zeichen für die Freundschaft zwischen der ägyptischen SEKEM-

Initiative und Deutschland. Unsere Beziehungen zu vielen Menschen in Deutschland, zu unseren Handelspartnern, zu unserem Förderverein und zu Repräsentanten der Bundesregierung ist und war schon immer besonders wichtig für die Entwicklung von SEKEM“, erklärt Abouleish. Ulrich Walter, Gründer und Geschäftsführer der gleichnamigen Naturkost-Firma mit Sitz in Diepholz, hatte als Kenner von SEKEM und langjähriger Handelspartner die Verleihung angeregt. „Die SEKEMInitiative steht in einem sehr engen Kontakt zu Deutschland. Der gegen-

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seitige Kulturaustausch, den vor allem Herr Dr. Abouleish persönlich pflegt und unterstützt ist für beide Nationen gleichermaßen wichtig. Seine Visionen, sein Mut und seine Erfahrungen inspirieren und spornen an, neue Wege zu gehen. In nunmehr fast 25-jähriger Zusammenarbeit und enger Freundschaft konnte ich vielfach erleben, welche positiven Entwicklungen dadurch in Gang gesetzt wurden, erklärt Ulrich Walter seine Motivation für den Vorschlag.“ Christina Boecker

Innovative Ideen für die Landwirtschaft Am 26. November fand die erste internationale Konferenz in Sekem unter dem Thema „Gemeinsam für innovative Lösungen in der Landwirtschaft“ statt. Über 400 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik aus mehr als 60 Ländern kamen zu der von der UNIDO (United Nations Industrial Development Organization) organisierten Veranstaltung zusammen. In Zeiten der Finanzkrise und der großen Herausforderungen, die Bevölkerungswachstum und Klimawandel an die Landwirtschaft stellen, ist das Thema hoch aktuell. Es ging jedoch weniger um Probleme als um Lösungen und deren Umsetzung. Über 120 innova-

tive Ansätze zu vier Bereichen wurden im Vorfeld eingereicht. Unter dem Thema Liefer- und Wertschöpfungsketten wurden Konzepte vorgestellt, die durch integrative Herangehensweisen „winwin-Situationen“ schaffen. Sekems IAP (International Association for Partnership) ist ein Beispiel dafür, wie Vertrauen zwischen Partnern Werte schaffen kann. Ein weiterer Themenblock behandelte den Umgang mit Standards und Zertifikaten. Für Produzenten bieten diese das Potential zu höheren Margen, können aber zugleich Marktschranken sein. Eine sorgfältige Einführung ist daher umso wichtiger. Anbieter von Dienstleistungen (Schulungen, Vertrieb) sowie Zusammenschlüsse von Produzenten können somit eine wichtige Rolle spielen, indem sie kleinen Produzenten den Zugang zu lukrativen Märkten eröffnen. Im dritten Forum wurden technische Innovationen wie die Passivkühlung vorgestellt. Sie basiert auf gekühlten Aggregaten, die insbesondere für den Transport eingesetzt werden. Die zentralisierte Kühlung ist effizienter und reduziert den Bedarf an teurer Infrastruktur. Im Zentrum standen auch Finanzkonzepte. Im Gegensatz zu anderen Sektoren gibt es kaum finanzielle Produkte, die auf die spezifischen Ansprüche von landwirtschaftlichen Betrieben zugeschnitten sind. Hier müssen Möglichkeiten geschaffen werden die Risiken, die unweigerlich mit landwirtschaftlicher Produktion verbunden sind, abzusichern und dadurch den Zugang zu Krediten zu erleichtern. Die Entscheidung, eine große Konferenz in Sekem abzuhalten, zeigt die Notwendigkeit sowie das Interesse der Welt an innovativen Lösungen. Für Sekem war die Konferenz ein großer Erfolg, nicht nur um die Sekem Vision darzustellen, sondern auch um von anderen erfolgreichen Ansätzen zu lernen.

SEKEMs Amphitheater ist Schauplatz der ersten internationalen Konferenz

Martin Haagen

SEKEM-Fest zieht zahlreiche Besucher an Am 27. November kamen zahlreiche Gäste, SekemmitarbeiterInnen, SchülerInnen und Auszubildende im Amphietheater zusammen, um gemeinsam das 31jährige Bestehen

Jugendliche Musizieren gemeinsam

von Sekem zu feiern. Eröffnet wurde das Fest durch das „Chiba Quartett“ mit vier Musikerinnen rund um Barbara Graf aus Deutschland. Die Vertreter der SEKEM-Firmen und der Sekem Development Foundation berichteten über das vergangene Jahr, die aktuelle Situation und gaben einen Ausblick in die Zukunft. Trotz der schwierigen weltwirtschaftlichen Situation haben sich alle Unternehmen gut entwickelt. Traditionell wurden mehr als 60 MitarbeiterInnen geehrt, die seit sieben Jahren in der Sekem Initiative arbeiten. Der Höhepunkt des Festes war der Lehrerchor unter der Leitung von Bernhard Sieberer. Die Schülerinnen der 6. Klasse verzauberten die Bühne außerdem mit schwingenden bunten Bändern. Das Theaterstück „die Sultania“ wurde von 84 Kindern aus Kindergarten, Unterstufe, Mittelstufe und Berufsschule dargeboten. Der Chor mit SchülerInnen und LehrerInnen der Sekemschule und das Schulorchester begleitete das Theaterstück. Martin Haagen

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Demeter-Imkerei in SEKEM: Ein Pionierprojekt über den arabischen Raum hinaus? Eine Demeter-Imkerei in Arabien? Warum nicht? Aber wo damit beginnen? Ja, wenn nicht auf der SekemFarm, wo dann? Zum Einen existiert dort bereits eine Imkerei mit rund 100 Bienenvölkern, zum Anderen eröffnet dieser Standort aufgrund seiner bestehenden Infrastruktur und vor allem aufgrund verschiedenster biologisch-dynamischer Projekte eine ideale Plattform für das Entstehen einer DemeterImkerei. Ibrahim Abouleish hat mit seiner Vision einen kleinen Teil der Wüste zum Erblühen gebracht - zum Wohle vieler Menschen in Ägypten. Einige Initiativträger haben nun damit begonnen, auf dem Boden dieser Vision ein Zeichen gegen die

in den Kreislauf biologisch-dynamischen Wirtschaftens in die Sekem-Farm einzugliedern? Zu diesem Zweck wurde eine Verbindung zu Imkermeister Günter Friedmann hergestellt. Friedmann betreibt in Süddeutschland die weltweit größte Demeter-Imkerei und wurde mehrfach für seine Pionierarbeit ausgezeichnet. Sekem stellte außerdem einen talentierten jungen ägyptischen Imker, Herrn Islam, zur Betreuung der Bienenvölker ein. Bei seinen ersten Besuchen besichtigte Günter Friedmann gemeinsam mit Islam mehrere größere Imkereien und knüpfte Verbindungen zu biologisch-dynamischen Landwirtschaftsbetrieben sowie zur Abteilung Bienenkunde an den Universitäten Kairo und Assiut und zum ägyptischen Ministerium für Landwirtschaft. Es wurde schnell deutlich, dass an eine sofortige Umstellung auf die DemeterRichtlinien zur Bienenhaltung nicht zu denken war. Die Bienenvölker litten an vielen Brutkrankheiten und zeigten Befall mit Varroamilben. Der Honigertrag lag trotz Zuckereinfütterung sehr niedrig. Die Bienenvölker hatten nicht mehr die Kraft zu einer eigenen gesunden Entwicklung, zum Schwärmen und Naturwabenbau.

Imkerei in SEKEM auf dem Weg zur DemeterQualität

„Verwüstung“ des Wesens Bien zu setzen. Die Bienenhaltung hat in Ägypten eine Jahrtausende alte Tradition. In der Vergangenheit wurde auch auf der Sekem-Farm eine Imkerei betrieben und von einheimischen ägyptischen Imkern nach der in Ägypten üblichen Arbeitsweise betreut. Was lag also näher, als die Bienenhaltung als einen weiteren Baustein ganzheitlichen Handelns

Zunächst musste es darum gehen, die Ursachen dieser Schwächung der Völker herauszufinden. In Gesprächen mit einheimischen Imkern kristallisierte sich folgendes heraus. Vor mehr als 20 Jahren waren in Ägypten noch üppige Honigernten üblich. Seither hat sich die Kulturlandschaft und Landwirtschaft auch in Ägypten stark in Richtung Intensivierung verändert (Einsatz von Insektiziden, Herbiziden, Verschwinden von wichtigen Bienenweidepflanzen). Es wurden Bienenvölker und Königinnen aus Europa eingeführt, die nicht an die klimatischen Verhältnisse in Ägypten angepasst waren. Eine intensivste Nutzung und Ausbeutung der Bienenvölker ohne Rücksicht auf die natürlichen Bedürfnisse

des Biens stand im Vordergrund der imkerlichen Tätigkeit. Die Bekämpfung der Varroamilbe mit Ameisensäure verursachte aufgrund der in Ägypten herrschenden klimatischen Bedingungen starke Bienenverluste und Brutschäden. Es wurde nun ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen, um die Probleme zu bekämpfen. Beispielhaft soll hier nur auf die Varroabekämpfung eingegangen werden: Da sich, wie bereits erwähnt, die Anwendung der Ameisensäure aufgrund des heißen Klimas als ungeeignet erwies, wird seit dem Frühjahr 2008 Milchsäure zur Regulierung eingesetzt. Diese ist sehr gut bienenverträglich und wirkt vollkommen temperaturunabhängig. Ein weiterer Schwerpunkt der imkerlichen Arbeit liegt in der Selektion vitaler und angepasster Bienenvölker. Mit dem Erfolg der bisher durchgeführten Maßnahmen sind wir sehr zufrieden. Die Varroamilbe kann sich durch die Behandlung mit Milchsäure nicht mehr zu einer Bedrohung der Bienenvölker entwickeln. Zusammen mit den weiteren Maßnahmen, kann bereits jetzt in diesem frühen Stadium eine durchgängige Verbesserung der Gesundheit der Bienenvölker festgestellt werden. Günter Friedmann wollte es aber allein dabei nicht belassen Nach hartnäckiger Suche konnte er in Oberägypten noch einige Völker der ursprünglichen ägyptischen Bienensorte finden, die kleiner, anspruchsloser und noch sehr gesund und vital ist. Allerdings ist der Honigertrag etwas geringer. Sekem hat nun in Aussicht, im Frühjahr 2009 ca. 20 dieser Bienenvölker zu erwerben. Im ganzen mittleren Osten ist die Situation ähnlich wie hier in Ägypten. Deshalb kommt dem Bienenprojekt in Sekem wegweisende Bedeutung zu. Es wird hier Pionierarbeit geleistet, um die Honigbiene wieder grundlegend zu stärken. Angela Hofmann/Günter Friedmann

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Neue Reisen nach SEKEM Angeregt durch eine Tagung am Goetheanum in Dornach zum Thema „Weltreligionen“ beschloss 1995 Dietmar Kreuer, Waldorflehrer aus der Bodenseeregion, Bildungsreisen nach SEKEM zu organisieren. Die erste Reise wurde für Teilnehmer an einen Islam-Seminar von SEKEM organisiert, das seitdem jährlich im Frühjahr in SEKEM stattfindet. Das Seminar begeisterte die Teilnehmer und viele von ihnen baten um Fortführung mit dem Ziel ein besseres Austausches der Kulturen. Daraus entwickelte sich eine andauernde Zusammenarbeit und seit dem Jahr 2002 besuchen viele Reisegruppen vermittelt durch die Website www.sekem-reisen. de die SEKEM Farm. Sie erhalten die Gelegenheit die Arbeit und das Leben der Initiative kennenzulernen und durch Besuche in Kairo und der Umgebung auch im Zusammenhang der Ägyptischen Kultur zu verstehen. Viele Kommentare von Reisenden auf der genannten Website haben Dietmar Kreuer und SEKEM darin bestärkt, diese Arbeit in Zukunft auszubauen. So heißt es von Reisenden: „Ende April/Anfang Mai 2008 bin ich mit sekem-reisen nach Kairo geflogen. Die Farm - fast möchte ich dieses gewaltige und beeindruckende Projekt gar nicht so nennen - hat mich zutiefst beeindruckt. Es schien mir enorm, was dort von allen Beteiligten geleistet wurde und wird. Warmherzige Betreuung, fachkundige Führungen und mehrere interessante Gespräche sorgten für ein unvergessliches Erlebnis.“ Ein anderer Reisender betont: „Zusammenfassend kann man sagen, dass die Organisation des Islam-Seminars sowie der gesamten Reise hervorragend war und unsere Berichte im Familien- und

Freundeskreis großes Interesse an der Sekem-Farm geweckt haben.“ Aus dem ursprünglichen Programm von Reisen zur SEKEM-Farm hat sich im Laufe der Jahre eine Vielfalt von Angeboten entwickelt, die mit dem Farmbesuch kombiniert werden können. Die Reisen führen in die Weiße Wüste im Westen Ägyptens, nach Luxor oder ans Rote Meer und sind auf der Webseite unter den Namen „SEKEMplusLuxor“, „ S EK EMp lu sWü s te“, „ SEKEMplusDahab eya“, „SEKEMplusRotesMeer“ zu finden. Alle Leser von SEKEM Insight haben die Möglichkeit, SEKEM über eine solche Reise intensiv persönlich kennen zu lernen. Kontakt: Dietmar Kreuer, info@sekem-reisen.de, www.sekem-reisen.de, Tel. +49(0)7556-931777 Dietmar Kreuer, Christina Boecker

SEKEM nimmt an Pariser EUDN-Konferenz teil Im vergangenen November nahmen Vertreter SEKEMs an der internationalen EUDN-Konferenz in Paris teil. Die Konferenz befasste sich mit dem steigenden Bedarf an natürlichen Ressourcen (landwirtschaftlich nutzbare Böden, Wasser, Raum, fossile Brennstoffe etc.) durch den weltweiten Bevölkerungsanstieg und steigende Wohlstandsansprüche. Es ging dabei vornehmlich um die Frage, ob und wie Wohlstand für alle langfristig sichergestellt werden kann und wie er sich zuverlässig und nachhaltig steuern lässt. Darüber hinaus wurde die Frage diskutiert, wie der Gesetzgeber in den verschiedenen Gesellschaften auf diese Entwicklungen reagieren kann und wie zukünftige politische Entwürfe für ihre globale Steuerung aussehen können. SEKEM beteiligt sich mit der Teilnahme an Konferenzen wie dieser aktiv am internationalen Dialog um neue zukunftsfähige Gesellschaftsentwürfe.

Impressionen

Auch auf SEKEM Sinai grünt es bereits

Wo im Frühjahr noch bei Sandsturm die ersten Bäume auf der neuen SEKEM Farm auf dem Sinai gepflanzt wurden, ist inzwischen ein erstes zartes Grün zu sehen. Auf der Farm auf dem Sinai wurde den ganzen Sommer über trotz der Hitze schwer gearbeitet: unzählige Fuhren an selbst hergestelltem Kompost wurden aufgebracht, die Infrastruktur für die Bewässerung gelegt und die im Frühjahr gesetzten Bäumchen gehegt und gepflegt. Seit dem Herbst sind Klee und andere Legimunosen gesäht, die Stickstoff in den Boden bringen und im Frühjahr eingearbeitet werden. Dann ist der Boden vorbereitet für die ersten Kulturen.

Impressum: Herausgeber: SEKEM, Egypt Die Redaktion von SEKEM Insight dankt allen Korrespondenten, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben. Redakteure: Christina Boecker Bijan Kafi Kontakt: SEKEM-Insight c/o Sekem Holding P.O.Box 2834, El Horreya, Heliopolis, Cairo, Egypt insight@sekem.com

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