Schulzeit(ung)

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Alle reden von der Schule. Alle wollen mehr Bildung, bessere Lehrer und Lehrpläne. Es gibt kaum ein Thema, zu welchem sich derart viele – zumeist selbsternannte – Experten äussern. Dennoch tat sich in Sachen Schulpolitik – bis auf ein Flickwerk von Einzelreformen – in der Schweiz bislang wenig: Erst im Juni 2005 haben die Stimmbürger und Stimmbürgerinnen der Stadt Zürich das neue Volkschulgesetz mit einem Ja-Stimmenanteil von gut 70% angenommen und ermöglichten damit, dass das alte, aus dem Jahr 1899 stammende Gesetz, endlich revidiert und dringend notwendige Reformschritte an der Volksschule umgesetzt werden konnten. Im Wesentlichen geht es dabei um drei zentrale Veränderungen, welche bis 2011 etappenweise eingeführt werden sollen:

Reifeprüfung Schulreform 2009 im Kanton Zürich Im Jahr der Einführung in der Stadt Zürich. Wird sich etwas verändern? Meinungen und Reaktionen aus der Welt der Desillusinierten und Optimisten.

Details und die ausführliche Broschüre zu den Schulreformen finden Sie auf unserer Website.

Aller guten Dinge sind drei Neue Förderpraxis

Im Sinne der neuen, integrativen Förderpraxis werden möglichst alle Kinder in einer Regelklasse unterrichtet. Auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen – das können Kinder mit Deutsch als Zweitsprache, aber auch solche mit besonderen Lernvoraussetzungen sein – besuchen gemeinsam mit allen Schülerinnen und Schülern den Unterricht in der Regelklasse. Im Schulalltag bedeutet dies konkret, dass schulische Heilpädagoginnen und -pädagogen vermehrt zu den speziell zu betreuenden Kindern und Jugendlichen in die Klasse kommen und nicht umgekehrt. Die Klassenlehrpersonen werden durch diese Förderlehrpersonen unterstützt und beraten. Weiterführende Therapien unterstützen einzelne Kinder und Jugendliche im oder ergänzend zum Unterricht. Für Schulen mit einem Anteil von mindestens vierzig Prozent fremdsprachigen Kindern stehen im Rahmen des Projekts Qualität in mulitkulturellen Schulen (QUIMS) zusätzliche Angebote und Massnahmen betreffend der Sprachförderung, dem Schulerfolg sowie der Integration zur Verfügung.

Neue Sek Die zweite zentrale Veränderung betrifft die Sekundarschule. Diese wird ab diesem Schuljahr 09/10 in drei Staffeln neu gestaltet. Ein Modell, das bereits im Schulkreis Limmattal und in 35% aller Gemeinden im Kanton Zürich praktiziert wird. Die neue Struktur umfasst Schulklassen mit zwei Leistungsstufen (SekA und SekB, statt bisher noch SekC) sowie zwei bis drei Fächer in drei Anforderungsstufen. Ziel dieses neuen Ansatzes ist, die individuellen Lernvoraussetzungen der Jugendlichen besser zu berücksichtigen

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und damit die Chancengerechtigkeit zu verbessern. Des Weiteren ermöglicht das neue System einen Wechsel zu höheren Anforderungsstufen ohne Jahresverlust und damit mehr Durchlässigkeit. Das Pilotprojekt der Neugestaltung der 3. Sek, welches im Kanton Zürich derzeit erprobt wird, zielt auf eine inhaltliche und organisatorische Neugestaltung ab und basiert auf einer individuellen Standortbestimmung der Schülerinnen und Schüler. Der Bildungsrat hat sich auf das Schuljahr 09/10 für eine flächendeckende Einführung ausgesprochen.

Tagesstrukturen Die dritte Veränderung zielt darauf ab, Schule und Betreuung zukünftig zu vereinen. Mit den neuen Strukturen können Kinder bei Bedarf den ganzen Tag betreut werden. Bis im Jahr 2011 soll für jedes Kind, das einen Betreuungsplatz braucht, auch ein solcher zur Verfügung stehen. Dabei wird die Betreuung als neuer Fachbereich in die Schulen integriert und der Schulleitung unterstellt. Diese Einbindung macht eine gemeinsame pädagogische Ausrichtung und übereinstimmende erzieherische Werthaltung des gesamten Schulpersonals notwenig.

Grosse Herausforderung für alle „Ich bin mir bewusst, dass diese Schulreformen für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung darstellen. Es handelt sich dabei um den wohl grössten Reformprozess in der 175-jährigen Geschichte der Zürcher Volksschule,“ so Gerold Lauber, Vorsteher des Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich. „Besonders gefordert ist dabei das Schulpersonal. Die zukünftige Ausrichtung des Unterrichts auf die integrative Förderpraxis, die Zusammenarbeit in pädagogischen Teams und die Einbindung der Tagesstrukturen verändern den Lehrberuf nachhaltig.“ Reaktionen seitens der Lehrerschaft auf Reformen konnten zuletzt im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Auffrischung ihrer Englischkenntnisse in den Medien mitverfolgt werden. Aber auch die Eltern sind gefordert. Einerseits profitieren vor allem Familien, Gerold Lauber Vorsteher Schul- und in welchen beide Sportdepartement Elternteile berufstätig sind, von den neuen Tagesstrukturen. Andererseits müssen die Eltern auch bereit sein, sich verstärkt in Form von Elternräten für die Schule und

www.schulzeitung.org – Das Magazin für Jugendliche und Erwachsene


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