2015_08_004-015_MAG+GAS_005
22.07.2015
11:31 Uhr
Seite 12
Gastro
abende, die wieder näher an die musikalischen Subkulturen rücken wollen. Zudem wird es wieder eine Konzertbühne mit P.A. geben, die auch für andere Kulturveranstaltungen genutzt werden soll. Deswegen kann der Abend im Carpe zukünftig auch schon mal vor 22 Uhr starten.
CARPE NOCTEM
Disco Revisited
W
er in diesem Monat das »Carpe« besuchen möchte, wird eine verschlossene Tür vorfinden. Aber die Legende ist nicht gestorben, sie hat nur eine kleine Pause eingelegt. Am 11. Juli 2015 fand nach 21 Jahren Discobetrieb als Rockmusik-Instanz der Stadt eine »Closing Party« mit »Restesaufen« und anderen durchaus als sentimental zu bezeichnenden Ritualen statt. Aber das »Carpe« wird es ab Anfang September auch weiterhin geben. »Wir haben uns entschlossen, den Laden unter dem alten Namen weiter zu führen, ihn aber ein bisschen zu modernisieren und zu verjüngen«, erklärt Sanela Hadzic, die mit Willi Schulz und Martin Kläser bereits im Januar 2015 die 400 Quadratmeter große Discothek von den alten Betreibern, der Berg GmbH, übernommen hat. Die alten Geschäftsführer, Olaf Berg, Uli Mader und Silvia Schmitz haben sich weitgehend aus dem Gastronomiegeschäft zurückgezogen, wodurch unter anderem auch die ebenfalls legen-
12 · MAGAZIN
däre Kneipe »Bla«, die angeschlossene »Frittebud« und die »N8schicht« (die bisher alle auch zum Dunstkreis der Berg GmbH gehörten) neue Betreiber bekommen haben. Ein richtiger Neuanfang ist es für das Carpe Noctem indes nicht, denn die neuen Betreiber gehören als Personal schon lange zum Laden und sind mit ihm
gewachsen. Willi Schulz ist von Anfang an dabei, war ganz früher an der Garderobe und der Theke tätig und ist seit 2008 Teil des Teams von Betriebsleitern des Carpe, zu dem auch Sanela Hadzic gehört. Martin Kläser hat vorher professionell Poker gespielt und ist als Freund von Hadzic mit in die Carpe-Familie geraten. Nach der Closing-Party wurde mit umfangreichen Renovierungsarbeiten begonnen, ein neuer Thekenbereich mit zweiter, kleinerer Theke, eine größere Tanzfläche sowie eine Bühne für Konzerte und Kulturveranstaltungen werden das Carpe Noctem zukünftig auszeichnen. Selbstverständlich werden die legendär ranzigen Toiletten von Grund auf erneuert, ebenso wie die Lüftungsanlage und die DJ-Kanzel, die zukünftig näher an den tanzenden Gästen platziert sein wird. Musikalisch soll es wieder »Back to the roots« gehen, wie Schulz anmerkt. Mehr Rock abseits des Mainstreams, mehr Nischenmusik und Themen-
In Zeiten von Bachelor-Studiengängen, G8-Abitur und der Abkehr von klassischen Discotheken-Ritualen, bei denen das junge Publikum längst nicht mehr so feierwütig und spendabel unterwegs ist wie noch vor einigen Jahren, ist es durchaus eine mutige und riskante Entscheidung, auf einen Discothekenbetrieb mit eindeutigem Rock-Schwerpunkt zu setzen. Aber dessen sind sich die neuen Betreiber durchaus bewusst. Sie wollen (gemeinsam mit anderen Gastronomen der Stadt) nicht nur die musikalische Diversität verstärken, sondern Bonn als Partystadt wieder attraktiv machen. »Wir müssen den Zug nach Köln leeren«, bringt es Kläser knapp auf den Punkt. Hierzu gehört nicht nur die Entscheidung, individuellere Inhalte anzubieten, sondern sich auch von Events großer Veranstalter, die von außerhalb kommen, zu distanzieren, und beispielsweise Partyreihen – mit Shuttlebussen und einem gemeinsamen Programm mehrerer teilnehmender Clubs und Kneipen zukünftig selbst zu organisieren. Zur Verjüngung der Institution gehört außerdem die verstärkte Zusammenarbeit mit lokalen Zulieferbetrieben und Künstlern. Der Bonner »Siegfried Gin« wird beispielsweise zukünftig das Sortiment erweitern, mit einer Craft-Beer-Brauerei aus der Gegend ist man derzeit im Gespräch, insgesamt soll der Fokus sich auf kleinere Anbieter konzentrieren. »Wir werden zukünftig auch auf Bier aus dem Zapfhahn verzichten, weil das – abgesehen von den ›Kölsch für einen Euro‹-Parties – fast kaum noch verlangt wird«. Der Zapfhahn geht also in den Ruhestand, bleibt aber trotzdem erstmal an der Theke verankert – man weiß ja nie. Auch bei den DJs wird es eine Mischung aus altem und neuem Personal geben, denn ganz verzichten möchte man auf die alten Werte na[KLAAS TIGCHELAAR] türlich auch nicht. Discothek Carpe Noctem Wesselstraße 5 · 53115 Bonn Tel. (0228) 65 79 71 Ab 22:00 Uhr bis Open End carpe-noctem-bonn.de facebook.com/carpebonn
SCHNÜSS · 08 | 2015